Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15

bei uns veröffentlicht am24.03.2016

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 08.10.2015, Az. 4 O 123/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Heidelberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt nach erklärtem Widerspruch weitere Zahlungen aus einem im Wege des sogenannten Policenmodells abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag.
Die Klägerin schloss bei der M Lebensversicherung - die zwischenzeitlich in die Beklagte umfirmierte - zum Versicherungsbeginn 01.01.2004 unter der Versicherungsnummer 04147045-01 eine „T- Fondspolice“ ab. Dabei handelt es sich um eine fondsgebundene Lebensversicherung. Die M Lebensversicherung übermittelte mit Schreiben vom 07.09.2004 der Klägerin den Versicherungsschein und weitere Unterlagen.
Der Versicherungsschein, der aus einem Deckblatt und drei weiteren Seiten besteht, enthält im letzten Absatz unmittelbar vor Ausstellungsdatum und Unterschriftenzeile die folgende in Fettdruck gestaltete Belehrung:
„Widerspruchsrecht:
Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz steht Ihnen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Die Versicherung gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen der Versicherung in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung.“
Eine weitere Belehrung in Ziff. 6 der Verbraucherinformationen lautet:
„Können Sie dem Versicherungsvertrag widersprechen?
Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Zusendung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn wir Sie über Ihr Widerspruchsrecht belehrt haben. Wenn wir die Belehrung unterlassen oder Sie die Unterlagen gem. Satz 1 nicht vollständig erhalten haben, erlischt das Widerspruchsrecht jedoch ein Jahr nach Zahlung des ersten oder einmaligen Beitrags.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B1 Bezug genommen.
10 
Von 2004 bis 2011 leistete die Klägerin Prämien auf den Versicherungsvertrag in Höhe von insgesamt 43.593,84 EUR. Die Klägerin kündigte den Versicherungsvertrag zum 01.04.2011. Die Beklagte errechnete einen Rückkaufswert in Höhe von 30.750,30 EUR und zahlte nach Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag sowie Gutschrift eines Beitragsguthabens an die Klägerin 30.610,63 EUR aus.
11 
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.09.2012 ließ die Klägerin gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages Widerspruch einlegen. Die Beklagte kehrte in der Folgezeit an die Klägerin weitere 1.272,24 EUR (einbehaltene Stornokosten) und 173,28 EUR (nicht getilgte Abschluss- und Verwaltungskosten) aus, lehnte weitere Zahlungen aber ab.
12 
Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen sei. Ihr hätten nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen. Mehr als die noch bei der Klägerin vorhandenen Unterlagen seien der Klägerin nicht zugegangen. Es fehle insbesondere an einer Darstellung der Rückkaufswerte, die auch bei fondsgebundenen Lebensversicherungen möglich sei.
13 
Die Widerspruchsbelehrung sei unwirksam. Es sei nicht erkennbar, in welcher Form der Widerspruch zu erklären sei. Zudem verstoße das Policenmodell insgesamt gegen europarechtliche Vorgaben.
14 
Im Wege der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung habe sie Anspruch auf die geleisteten Prämien in Höhe von 43.593,84 EUR zuzüglich der gezogenen Nutzungen in Höhe von mindestens 19.824,89 EUR. Unter Abzug der erhaltenen Zahlungen verbleibe eine Restforderung in Höhe von 29.777,39 EUR.
15 
Nach Erweiterung des ursprünglichen Zahlungsantrags hat sie erstinstanzlich zuletzt beantragt:
16 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.777,39 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 10.09.2012 zu zahlen.
17 
Hilfsweise:
18 
Die Beklagte wird verurteilt,
19 
1. Auskunft darüber zu erteilen, welchen Sparanteil sie den in der Zeit von 2004-2011 durch die Klägerin gezahlten Prämien entnommen hat, wie sie diesen verwendet und in welcher Höhe sie hieraus Nutzungen gezogen hat,
20 
2. gegebenenfalls an Eides statt zu versichern, dass sie die Angaben so vollständig als möglich erteilt hat,
21 
3. gegebenenfalls an die Klägerin Nutzung in noch zu beziffernder Höhe herauszugeben.
22 
Die Beklagte hat beantragt,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Sie hat vorgetragen, der Widerspruch sei verfristet gewesen. Die Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß gewesen. Ansprüche der Klägerin seien daher jedenfalls verwirkt.
25 
Sie habe keine Nutzungen aus den gezahlten Prämien gezogen, da die Sparanteile vereinbarungsgemäß zum Erwerb von Fondsanteilen verwendet worden seien. Zudem müsse die Klägerin sich jedenfalls den Vorteil des erlangten Versicherungsschutzes während der Laufzeit des Vertrages anrechnen lassen.
26 
Mit Urteil vom 08.10.2015 hat das Landgericht Heidelberg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin seien mit dem Anschreiben vom 07.09.2004 der Versicherungsschein nebst Verbraucherinformationen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen übersandt worden. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist sei der Versicherungsvertrag nach dem Policenmodell zustande gekommen. Dieses sei insbesondere mit europarechtlichen Vorschriften vereinbar. Diese Frage könne letztlich aber offen bleiben, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht jedenfalls verwirkt habe. Die erteilten Belehrungen entsprächen den gesetzlichen Vorgaben. Zwar fehle es bei widersprüchlichen Belehrungen an einer unmissverständlichen Belehrung. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Belehrungen enthielten hinsichtlich des Beginns der Widerspruchsfrist keine Widersprüche. Diese stellten vielmehr übereinstimmend auf den Erhalt der Versicherungsunterlagen ab. Der weitere Inhalt der Belehrung in den Verbraucherinformationen, dass die Frist erst nach Belehrung über das Widerspruchsrecht zu laufen beginne, stelle lediglich einen Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. dar. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ergebe sich daraus im Vergleich zur Belehrung im Versicherungsschein kein abweichender Beginn der Widerspruchsfrist. Einer weiteren Aufklärung über den Begriff der „Textform“ habe es nicht bedurft. Die Angabe eines Empfängers im Zweipersonenverhältnis sei entbehrlich. Die Belehrung im Versicherungsschein sei in Fettdruck gehalten und befinde sich an exponierter Stelle unmittelbar vor der abschließenden Unterschriftenzeile. Diese sei damit drucktechnisch deutlich hervorgehoben. Da die Klägerin ordnungsgemäß belehrt worden sei, stelle sich die Erklärung des Widerspruchs nach siebenjähriger Vertragsdurchführung als treuwidrig dar.
27 
Den Erhalt der Verbraucherinformationen habe die Klägerin letztlich nicht mehr moniert, sondern lediglich das Fehlen zwingender Angaben nach § 10a VAG a.F. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung die Angabe künftiger Rückkaufwerte nicht sinnvoll erfolgen und sei daher entbehrlich.
28 
Der hilfsweise gestellte Auskunftsantrag sei ebenfalls unbegründet. Der Klägerin stehe als Mindestrückkaufwert die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals ohne Berücksichtigung von Abschlusskosten zu. Diese Mindestleistung sei jedenfalls erbracht. Woraus sich weitere Ansprüche ergeben können, sei nicht ersichtlich.
29 
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter verfolgt. Die Abweisung des Hilfsantrags wird nicht angegriffen. Sie rügt, dass das Landgericht streitigen Vortrag rechtsfehlerhaft als unstreitig behandelt habe. Die Klägerin habe sich zum Zugang der Verbraucherinformationen mit Nichtwissen erklärt. Die Auffassung des Landgerichts zur Wirksamkeit der Belehrung sei verfehlt. Die Belehrung in den Verbraucherinformationen gestatte einen mündlichen oder fernmündlichen Widerspruch, während die Belehrung im Versicherungsschein Textform verlange und damit höhere Anforderungen stelle. Die Belehrung sei damit nicht mehr klar und unmissverständlich. Hieran fehle es auch aufgrund des Umstands, dass die Belehrungen unterschiedliche Begriffe verwendeten. Während die Belehrung im Versicherungsschein auf den Erhalt der Unterlagen abstelle, spreche die Belehrung in den Verbraucherinformationen von deren Zusendung. An der drucktechnischen Hervorhebung der Belehrung im Versicherungsschein fehle es, weil diese sich unmittelbar an eine weitere Belehrung nach § 5 VVG a.F. anschließe und im Erscheinungsbild von dieser nicht abgehoben oder getrennt sei. Rechtsfehlerhaft sei die Annahme des Landgerichts, es habe nicht der Angabe der Rückkaufwerte bedurft. Bei der Angabe der Rückkaufwerte habe es sich um eine Pflichtangabe gehandelt. Der Gesetzgeber habe an anderer Stelle durchaus zwischen kapitalbildenden und fondsgebundenen Lebensversicherungen unterschieden, sodass sich eine einschränkende Auslegung der Informationspflicht verbiete. Der Verwirkungseinwand greife keinesfalls durch, weil das Policenmodell in Gänze europarechtswidrig sei. Darüber hinaus hätte über die Möglichkeit einer Verwirkung der EuGH zu befinden.
30 
Die Klägerin beantragt:
31 
Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 08.10.2015, Az. 4 O 123/14, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 29.777,39 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 10.09.2012 zu zahlen.
32 
Die Beklagte beantragt,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Es reiche aus, dass lediglich eine Belehrung den Vorgaben des § 5a VVG a.F. entspreche. Eine Widersprüchlichkeit der Belehrungen liege hier nicht vor. Der BGH habe in einer Entscheidung vom 30.07.2015 sogar die Angabe einer in den Verbraucherinformationen enthaltenen abweichenden Frist nicht beanstandet. Die Formulierungen „Zusendung der Versicherungsunterlagen“ und deren „Erhalt“ würden von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der identischen Weise verstanden, dass der Zugang der Unterlagen die Frist in Gang setze. Die erteilte Verbraucherinformation sei vollständig und entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Aufgrund der völlig ungewissen Wertentwicklung der Fonds könnten allenfalls hypothetische Rechenbeispiele angegeben werden. Dabei handele es sich aber gerade nicht um einen Rückkaufwert, der die künftig zu erbringende Leistung des Versicherers bestimme. Hinsichtlich der Nutzungen lege die Klägerin nicht dar, wie sich der von ihr angenommene Betrag ermittele. Darüber hinaus lasse die Klägerin außer Acht, dass es sich um eine fondsgebundene Lebensversicherung handele und bei einer Rückabwicklung nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben seien.
35 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
36 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus demjenigen des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, Anspruch auf Erstattung von Versicherungsprämien und gezogenen Nutzungen.
37 
1. Soweit das Landgericht festgestellt hat, die Klägerin habe die Versicherungsunterlagen entsprechend dem Anlagenkonvolut K9 gemeinsam mit dem Versicherungsschein und dem Anschreiben vom 07.09.2004 erhalten, ist dies nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für den Senat bindend.
38 
Mit ihrer Rüge, das Landgericht habe streitigen Sachvortrag als unstreitig behandelt, kann die Berufung bereits deshalb nicht durchdringen, weil die Klägerin insoweit einen Tatbestandberichtigungsantrag hätte stellen müssen. Unrichtigkeiten des Tatbestands sind einer Korrektur über § 529 ZPO nicht zugänglich. Hier steht allein der gesetzliche Weg des § 320 ZPO offen (Senat NJW-RR 2003, 891). Dass sich die beanstandeten Ausführungen in den Entscheidungsgründen finden, ist dabei unerheblich. Denn auch das in den Entscheidungsgründen enthaltene tatsächliche Vorbringen gehört zum Tatbestand (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A., § 320 Rn. 4 m.w.N.).
39 
Auch wenn es demnach nicht mehr darauf ankommt, teilt der Senat die Bewertung des Landgerichts. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24.04.2015 (AS I 183ff) das Anlagenkonvolut K9 vorgelegt, dass die ihren Vertrag betreffenden, bei ihr vorhandenen Unterlagen beinhalten sollte. Das Anlagenkonvolut beinhaltet aber eine Verbraucherinformation. Das Landgericht hat mit Verfügung vom 21.07.2015 darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Parteien so verstanden werde, dass der Erhalt der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen unstreitig sei. In der Folge hat sich die Klägerin nur noch mit dem Inhalt der Unterlagen auseinandergesetzt. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht den Erhalt der Verbraucherinformation zu Recht als unstreitig angesehen.
40 
Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Anrede des Begleitschreibens „Herr B“ lautet. Denn Adressatin war die Klägerin. Diese war auch als Versicherungsnehmerin bezeichnet, die angegebene Versicherungsnummer betraf „ihre“ Versicherung. Für die Klägerin war damit klar erkennbar, dass die übersandten Unterlagen ihre Versicherung und nicht die ihres Ehemannes betrafen.
41 
2. Die im Versicherungsschein erteilte Belehrung genügt den Anforderungen des § 5a VVG in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.).
42 
2.1. Die im Versicherungsschein enthaltene Belehrung ist drucktechnisch deutlich hervorgehoben.
43 
Der Sinn und Zweck der drucktechnisch hervorgehobenen Belehrung liegt in der Sicherstellung der Rechte des Versicherungsnehmers. Um zu verhindern, dass der Widerspruch aus Unkenntnis der Rechtslage unterbleibt, ist es erforderlich, den Versicherungsnehmer durch eine entsprechende Ausgestaltung auf sein Widerspruchsrecht unübersehbar hinzuweisen (Senat, Urteil vom 15.01.2015, 12 U 78/13, juris, Tz. 45). Die Belehrung muss sich aus dem übrigen Text deutlich herausheben und so die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringen. Sie darf in den Vertragsunterlagen nicht nahezu untergehen und ist so gesondert zu präsentieren beziehungsweise drucktechnisch so stark hervorzuheben, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (Senat, aaO). Ob eine Belehrung diesen Anforderungen genügt, obliegt der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall unter Beachtung der konkret dem Versicherungsnehmer zugeleiteten Schriftstücke (BGH NJW 1996, 1964 Senat, aaO).
44 
Die Bewertung des Landgerichts, die Belehrung sei formal nicht zu beanstanden, ist rechtlich nicht zu beanstanden; sie wird vom Senat geteilt. Die Hervorhebung ergibt sich daraus, dass der gesamte Absatz, der die Belehrung enthält, in Fettdruck gehalten ist. Die Belehrung befindet sich zudem an exponierter Stelle, nämlich am Ende des Versicherungsscheins vor der Unterschriftenzeile. Die Belehrung kann daher auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden, sie sticht geradezu ins Auge.
45 
Der Umstand, dass sich unmittelbar vor der Belehrung eine weitere Belehrung nach § 5 VVG a.F. befindet, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Hervorhebungsfunktion ist zwar dann nicht gewahrt, wenn andere Passagen in vergleichbarer Weise hervorgehoben sind, sodass die Gefahr besteht, dass die Belehrung übersehen werden kann. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Beide Belehrungen befinden sich am Ende des Versicherungsscheins und sind leicht erkennbar. Ein aufmerksamer Versicherungsnehmer wird den gesamten Inhalt der Belehrungen zur Kenntnis nehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. übersehen könnte, weil zuvor in knapper Form über Abweichungen vom Antrag informiert wurde.
46 
2.2. Die Belehrung ist auch inhaltlich ausreichend. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen nicht durch.
a)
47 
Die Ausführungen des Landgerichts zu einem fehlenden Erläuterungsbedarf hinsichtlich des Begriffs der „Textform“, zur Entbehrlichkeit der Angabe eines Adressaten, zum Fristlauf und den Rechtsfolgen eines Widerspruchs sind zutreffend und werden von der Berufung nicht angegriffen. Weitere Ausführungen hierzu sind daher nicht veranlasst.
b)
48 
Die Wirksamkeit der Belehrung wird auch nicht durch die teilweise abweichende Belehrung in Ziff. 6 der Verbraucherinformationen in Frage gestellt.
49 
Ohne Bedeutung ist dabei, dass diese zweite Belehrung dem Hervorhebungserfordernis nicht genügt. Denn § 5a Abs. 2 VVG a.F. erforderte nur eine Belehrung. Es ist daher unschädlich, dass eine drucktechnisch hervorgehobene und deutlich gestaltete Belehrung an anderer Stelle ohne entsprechende Hervorhebung wiederholt wird. Der Sinn und Zweck der Belehrungspflicht, dem Versicherungsnehmer seine Rechte deutlich vor Augen zu führen, wird dadurch nicht tangiert. Eine Wiederholung der Belehrung kann nur zu einer weiteren Verdeutlichung führen.
50 
Allerdings kann - worauf die Berufung zu Recht hinweist - eine inhaltlich abweichende weitere Belehrung dazu führen, dass trotz einer für sich betrachtet wirksamen Erstbelehrung dem Belehrungsbedürfnis nicht genüge getan ist. Davon ist dann auszugehen, wenn durch die weitere Belehrung Unklarheiten über die Voraussetzungen des Widerspruchsrechts entstehen. Denn dann ist das Erfordernis, dem Versicherungsnehmer die Rechtslage unzweifelhaft vor Augen zu führen, nicht erfüllt.
51 
Vorliegend ist die Informationsfunktion der Belehrung im Versicherungsschein aber deshalb nicht beeinträchtigt, weil die Belehrung in Ziff. 6 der Verbraucherinformationen lediglich in der Formulierung, nicht aber inhaltlich abweicht.
52 
Die Belehrung in den Verbraucherinformationen verwendet zwar nicht ausdrücklich den Begriff der „Textform". Allerdings ergibt sich aus dem Begriff des „Absendens“, dass es sich um eine verkörperte Erklärung handeln muss. Mündliche Erklärungen können im Gegensatz zu Briefen, Telefaxen und Emails nicht abgesandt werden (vgl. Senat, Urteil vom 22.05.2015, 12 U 122/12, juris, Tz. 34).
53 
Auch hinsichtlich des Fristbeginns ergeben sich keine Abweichungen. Nach beiden Belehrungen ist die Erteilung der Widerspruchsbelehrung zwingende Voraussetzung für den Fristbeginn. Soweit die Belehrung im Versicherungsschein vom „Erhalt“ der bezeichneten Unterlagen spricht, die Belehrung in den Verbraucherinformationen dagegen von deren „Zusendung“, ist dies nach dem Wortsinn bedeutungsgleich. „Zusenden“ ist insoweit synonym für „zugehen lassen, zustellen“ (zitiert nach Duden online) und beinhaltet anders als beispielsweise der Begriff des „Versendens“ einen Zugang. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist daher bei der Verwendung der Formulierung „zusenden“ nicht zweifelhaft, dass ihm die bezeichneten Unterlagen tatsächlich vorliegen müssen.
54 
3. Die Widerspruchsfrist begann mit Zugang des Schreibens vom 07.09.2004 zu laufen, sodass diese zum Zeitpunkt des erklärten Widerspruchs bereits abgelaufen war.
55 
Der Beginn der Widerspruchsfrist setzt neben einer ordnungsgemäßen Belehrung die Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen voraus (§ 5a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5a Abs. 1 VVG a.F.).
56 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Entgegen der Auffassung der Berufung sind die Verbraucherinformationen nicht wegen der fehlenden Angabe der Rückkaufwerte nach Anlage D, Abschnitt I. Ziff. 2 b) und d) zum VAG in der maßgeblichen Fassung unvollständig. Die Beifügung einer Rückkaufwerttabelle war hier entbehrlich. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der künftige Zeitwert der Versicherung nach § 176 Abs. 3 VVG a.F. bei einer fondsgebundenen Versicherung nicht angegeben werden kann. Wird - wie hier - der jeweilige Sparanteil der Versicherungsprämie zum Erwerb von Anteilen eines oder mehrerer Fonds verwendet, hängt die vom Versicherer zu erbringende künftige Leistung ausschließlich von der Wertentwicklung des bzw. der Fonds ab. Diese lässt sich aber nicht zuverlässig vorhersagen und daher nicht garantieren. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 21.11.2007 ausgeführt, dass es bei fondsgebundenen Lebensversicherungen keine garantierten Rückkaufwerte gebe und diesbezügliche Tabellen daher nicht erstellt werden können (BGH NJW 2008, 378, Tz. 5; siehe auch Prölss/Martin, VVG, 27. A., § 5a Rn. 43). Entgegen der Auffassung der Berufung war dabei auch die Angabe der zu erwartenden Wertentwicklung entbehrlich. Prognostische Angaben zur voraussichtlichen Wertentwicklung eines Fonds haben lediglich den Charakter einer unverbindlichen Hochrechnung. Derartige Angaben sind indes problematisch, weil sie beim Versicherungsnehmer Erwartungen wecken können, die unter Umständen nicht eingehalten werden können (zur aktuellen Rechtslage vgl. Prölss/Martin, VVG. 29. A., § 2 VVG-InfoV, Rn. 10). Bei einer fondsgebundenen Versicherung ist der Versicherer stattdessen zu der Mitteilung verpflichtet, dass Angaben über den künftigen Wert der Fondsanteile nicht gemacht werden können (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2005, 10 U 66/05, juris, Tz. 28; Prölss/Martin, aaO). Zudem war die Beklagte zu Informationen nach Anlage D Abschnitt I Nr. 2 e) zu § 10a VAG a.F. verpflichtet. Aus ihnen müssen die Anlagegrundsätze und die Zusammensetzung des Fonds sowie dessen typische Risiken hervorgehen (vgl. auch zur aktuellen Rechtslage: Prölss/Martin, aaO). Die von der Beklagten überlassenen Informationen genügen diesen Anforderungen. Unter Ziff. 9 der Verbraucherinformationen wird ausgeführt, dass die Höhe der Rückkaufwerte vom Anteilsguthaben abhänge und es daher auch keine garantierte Versicherungssumme gebe. Unter Ziff. 10 wird auf die „T-Fondsübersicht“ und die „T-Anlageinformationen“ verwiesen, die wiederum eine Darstellung über die Zusammensetzung der Fonds und den damit jeweils verbunden Risiken enthalten.
57 
4. Die Frage, ob das Policenmodell als solches mit europarechtlichen Vorschriften vereinbar ist, kann im Ergebnis dahin stehen. Das BVerfG hat zwar in seiner Entscheidung vom 02.02.2015 (2 BvR 2437/14) ausgeführt, dass zur Klärung der Vereinbarkeit des Policenmodells mit der Zweiten und Dritten Lebensversicherungsrichtlinie eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Absatz 3 AEUV erforderlich sei. Auf die Europarechtskonformität des Policenmodells kommt es jedoch vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Denn selbst wenn das Policenmodell europarechtswidrig sein sollte, stünde dem Begehren des Klägers der von Amts wegen zu beachtende - zudem von der Beklagten ausdrücklich erhobene - Einwand eines treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen. Einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformationen und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. erhielt, ist nämlich nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt (BGH NJW 2014, 2723). So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat den Vertrag mehr als sechs Jahre plangemäß durchgeführt und zum 01.04.2011 das vertraglich vorgesehene Gestaltungsrecht der Kündigung ausgeübt, sich also noch zu diesem Zeitpunkt „vertragstreu“ verhalten. Hierdurch hat sie bei der Beklagten einen Vertrauenstatbestand auf vereinbarungsgemäße Vertragsdurchführung geschaffen. Die Klägerin verhält sich widersprüchlich, wenn sie einerseits über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren ihre vertraglichen Pflichten erfüllt und damit zu erkennen gibt, dass sie von der Wirksamkeit der Vereinbarungen ausgeht und andererseits nunmehr so behandelt werden will, als sei von Anfang an kein wirksames Vertragsverhältnis zustande gekommen.
58 
Nach den Ausführungen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 02.02.2015 (aaO, Tz. 42ff) - denen sich der Senat insoweit anschließt -- ist eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union daher nicht veranlasst.
59 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
60 
Grundsätzliche oder einer Rechtsfortbildung bedürftige Fragen wirft der Rechtstreit nicht auf. Eine Zulassung der Revision (§ 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO) war daher nicht geboten. Die von der Berufung aufgeworfene Rechtsfrage der Erforderlichkeit der Angabe von Rückkaufwerten bei fondsgebundenen Lebensversicherungen ist durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Aktenzeichen vom IV ZR 321/05 vom 26.09.2007 (VersR 2007, 1547) und 21.11.2007 (NJW 2008, 378) bereits geklärt. Diesen lag ein Fall zugrunde, in dem bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung Rückkaufwerte nicht angegeben waren.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15 zitiert 15 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 5 Abweichender Versicherungsschein


(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht i

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 176 Anzuwendende Vorschriften


Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

VVG-Informationspflichtenverordnung - VVG-InfoV | § 2 Informationspflichten bei der Lebensversicherung, der Berufsunfähigkeitsversicherung und der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr


(1) Bei der Lebensversicherung hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zusätzlich zu den in § 1 Abs. 1 genannten Informationen die folgenden Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. Anga

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. März 2016 - 12 U 141/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - IV ZR 321/05

bei uns veröffentlicht am 26.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 321/05 Verkündetam: 26.September2007 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Referenzen

(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.

(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.

(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.

(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.

(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Bei der Lebensversicherung hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zusätzlich zu den in § 1 Abs. 1 genannten Informationen die folgenden Informationen zur Verfügung zu stellen:

1.
Angaben zur Höhe der in die Prämie einkalkulierten Kosten; dabei sind die einkalkulierten Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag und die übrigen einkalkulierten Kosten als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen; bei den übrigen einkalkulierten Kosten sind die einkalkulierten Verwaltungskosten zusätzlich gesondert als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen;
2.
Angaben zu möglichen sonstigen Kosten, insbesondere zu Kosten, die einmalig oder aus besonderem Anlass entstehen können;
3.
Angaben über die für die Überschussermittlung und Überschussbeteiligung geltenden Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe;
4.
Angabe der in Betracht kommenden Rückkaufswerte;
5.
Angaben über den Mindestversicherungsbetrag für eine Umwandlung in eine prämienfreie oder eine prämienreduzierte Versicherung und über die Leistungen aus einer prämienfreien oder prämienreduzierten Versicherung;
6.
das Ausmaß, in dem die Leistungen nach den Nummern 4 und 5 garantiert sind;
7.
bei fondsgebundenen Versicherungen Angaben über die der Versicherung zugrunde liegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte;
8.
allgemeine Angaben über die für diese Versicherungsart geltende Steuerregelung;
9.
bei Lebensversicherungsverträgen, die Versicherungsschutz für ein Risiko bieten, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, die Minderung der Wertentwicklung durch Kosten in Prozentpunkten (Effektivkosten) bis zum Beginn der Auszahlungsphase.

(2) Die Angaben nach Absatz 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 haben in Euro zu erfolgen. Bei Absatz 1 Nr. 6 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass das Ausmaß der Garantie in Euro anzugeben ist.

(3) Die vom Versicherer zu übermittelnde Modellrechnung im Sinne von § 154 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes ist mit folgenden Zinssätzen darzustellen:

1.
dem Höchstrechnungszinssatz, multipliziert mit 1,67,
2.
dem Zinssatz nach Nummer 1 zuzüglich eines Prozentpunktes und
3.
dem Zinssatz nach Nummer 1 abzüglich eines Prozentpunktes.

(4) Auf die Berufsunfähigkeitsversicherung sind die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der in den Versicherungsbedingungen verwendete Begriff der Berufsunfähigkeit nicht mit dem Begriff der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsminderung im sozialrechtlichen Sinne oder dem Begriff der Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen in der Krankentagegeldversicherung übereinstimmt.

(5) Auf die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr sind Absatz 1 Nr. 3 bis 8 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(6) Die Effektivkosten gemäß Absatz 1 Nummer 9 werden berechnet wie der Gesamtkostenindikator nach Anhang VI der Delegierten Verordnung (EU) 2017/653 der Kommission vom 8. März 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) durch technische Regulierungsstandards in Bezug auf die Darstellung, den Inhalt, die Überprüfung und die Überarbeitung dieser Basisinformationsblätter sowie die Bedingungen für die Erfüllung der Verpflichtung zu ihrer Bereitstellung (ABl. L 100 vom 12.4.2017, S. 1; L 120 vom 11.5.2017, S. 31; L 186 vom 19.7.2017, S. 17; L 210 vom 15.8.2017, S. 16), die durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/1866 (ABl. L 289 vom 8.11.2019, S. 4) geändert worden ist. Dabei sind die Parameter des angebotenen Vertrags einzusetzen; abweichend davon ist unabhängig von den Parametern des angebotenen Vertrags

1.
stets die jährliche Wertentwicklung vor Kosten zugrunde zu legen, die bei der Berechnung des Gesamtkostenindikators nach Anhang VI der Delegierten Verordnung (EU) 2017/653 verwendet würde, und
2.
die in diesem Gesamtkostenindikator enthaltene Kostenkomponente für das biometrische Risiko zu übernehmen, wenn das zugrunde liegende Produkt eine zumindest 90-prozentige Beteiligung an Risikoüberschüssen gewährleistet.
Die jährliche Wertentwicklung vor Kosten kann durch einen angemessenen Schätzwert ersetzt werden, wenn der in Satz 2 genannte Gesamtkostenindikator nicht zu berechnen ist. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden auf Altersvorsorgeverträge und Basisrentenverträge im Sinne der §§ 1 und 2 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 321/05 Verkündetam:
26.September2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Grundsätze des Senatsurteils vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297) über die
Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 VVG und den Mindestrückkaufswert sind auch
auf die fondsgebundene Lebensversicherung anzuwenden.
BGH, Urteil vom 26. September 2007 - IV ZR 321/05 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. November 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherungsunternehmen , die Rückzahlung von Beiträgen.
2
Er beantragte am 23. Juli 2001 bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht. Die Verbraucherinformation einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) erhielt er vor Unterzeichnung des Antrags ausgehändigt. Mit Versicherungsschein vom 9. August 2001 nahm die Beklagte den Antrag an. Versicherungsbeginn war der 1. September 2001. Der Kläger zahlte von September 2001 bis März 2002 Beiträge in Höhe von insgesamt 10.060,68 €. Mit Schreiben vom 25. Mai 2002 widersprach der Kläger dem Vertragsabschluss gemäß § 5a VVG, weil die Verbraucherinformation nicht § 10a VAG entspreche. Dies ergebe sich aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354 und 373).
3
Kläger Der verlangt die eingezahlten Beiträge zuzüglich Zinsen aus ungerechtfertigter Bereicherung zurück. Er habe dem Vertrag wirksam widersprochen. § 5a VVG sei anwendbar, weil die Verbraucherinformation einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen insbesondere hinsichtlich der Angaben zum Rückkaufswert, zur Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und zur Überschussbeteiligung intransparent und damit nicht vollständig im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG sei. Der Vertrag sei durch die Erklärung vom 25. Mai 2002 aber auch bei Unwirksamkeit des Widerspruchs beendet worden, weil dieser nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei.
4
Die Beklagte hält § 5a VVG nicht für anwendbar, weil der Vertrag nach dem Antragsmodell zustande gekommen sei. Dem Kläger seien alle Versicherungsbedingungen und eine vollständige Verbraucherinformation nach § 10a VAG übergeben worden. Die darin enthaltenen Angaben seien weder lückenhaft noch intransparent, insbesondere zum Rückkaufswert so vollständig und verständlich wie bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung überhaupt möglich. Soweit die Informationen über den Rückkaufswert bei Kündigung, zur Beitragsfreistellung und zur Abschlusskostenverrechnung von den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2001 betroffen seien und die darauf bezogenen Regelungen in §§ 12, 24 AVB unwirksam gewesen sein sollten, habe die Beklagte diese im Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG durch inhaltsgleiche neue Klauseln wirksam ersetzt. Im Übrigen führe die Intransparenz einzelner Informationen und Klauseln nicht zu einem Widerspruchsrecht nach § 5a VVG, sondern sei nach den Vorschriften über unwirksame Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu behandeln.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Der Kläger hat keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der Beiträge, weil ihm ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG nicht zustand. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass ihm ein Anspruch auf Zahlung eines Rückkaufswerts zusteht.
7
Das I. Berufungsgericht nimmt an, der Kläger habe nach § 812 BGB Anspruch auf Rückzahlung der Beiträge, weil sein Widerspruch nach § 5a VVG wirksam sei. Das ihm von der Beklagten übergebene Informationsmaterial werde zumindest in Bezug auf die notwendige Angabe der Rückkaufswerte dem Verständlichkeitsgebot des § 10a VAG und der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 nicht gerecht. Dies begründe ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG.
8
II. 1. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Sie steht im Widerspruch zu dem im Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils bereits ergangenen und veröffentlichten Urteil des Senats vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03 - VersR 2005, 1565 Tz. 49 i.V. mit Tz. 43 f., inzwischen in BGHZ 164, 297, 318 i.V. mit 315 f.).
9
a) Danach ist die Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Unvollständigkeit der Unterlagen im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG nicht gleichzusetzen, auch wenn die Unwirksamkeit auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot beruht. Die Rechtsfolgen der Klauselunwirksamkeit ergeben sich nicht aus § 5a VVG, sondern allein aus § 306 BGB, § 6 AGBG. Das ist nach dem Gemeinschaftsrecht nicht anders. Die Richtlinie 92/96/EWG regelt die Rechtsfolgen einer intransparenten Verbraucherinformation nicht. Sie ergeben sich vielmehr aus der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und decken sich mit dem nationalen Recht (BGHZ 164, 315 m.w.N.).
10
Ein b) Widerspruchsrecht lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass - wie der Kläger meint - zwischen Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation zu unterscheiden sei und an diese höhere Transparenzanforderungen zu stellen seien. Für eine solche Unterscheidung bietet das Gesetz keine Grundlage. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind Bestandteil der Verbraucherinformation, wie sich aus § 10a Abs. 1 VAG und Abschnitt I Nr. 1 b der Anlage D zu dieser Vorschrift ergibt, und zwar der wesentliche, den Inhalt des Vertrages regelnde Teil. Andererseits ist die bei der Lebensversicherung nach Abschnitt I Nr. 2 a bis d zusätzlich notwendige Verbraucherinformation zur Überschussbeteiligung, zum Rückkaufswert, zur prämienfreien Versi- cherung und zum Ausmaß der garantierten Leistungen typischer und notwendiger , weil die Hauptleistungspflicht des Versicherers betreffender Inhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Solche den Vertragsinhalt betreffenden Verbraucherinformationen sind deshalb, sofern sie intransparent sind, wie intransparente AVB-Klauseln zu behandeln und lösen kein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG aus. Das gilt erst recht bei Intransparenz der weiteren nach Abschnitt I zu erteilenden, den Vertragsinhalt nicht unmittelbar regelnden zusätzlichen Informationen.
11
Der c) Kläger hatte deshalb kein Widerspruchsrecht wegen intransparenter Informationen zum Rückkaufswert, zur beitragsfreien Versicherung und zur Überschussbeteiligung. Die Informationen zur Überschussbeteiligung waren im Übrigen hinreichend transparent, wie die Beklagte unter Hinweis auf die Senatsurteile vom 9. Mai 2001 (aaO) ausgeführt hat. Die nach Abschnitt I Nr. 2 e erforderlichen Informationen über die der Versicherung zugrunde liegenden Fonds hat die Beklagte erteilt, wie sich aus den Unterlagen ohne weiteres ergibt.
12
2. Nach dem Vortrag der Parteien kann sich aber aus einem in den Vorinstanzen noch nicht angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkt ein Zahlungsanspruch ergeben.
13
a) Aus dem Urteil des Senats vom 12. Oktober 2005 folgt, dass der Versicherungsnehmer nach Kündigung einen vertraglichen Anspruch unter anderem auf einen Mindestrückkaufswert hat, wenn die Bestimmungen über den Rückkaufswert und die Verrechnung der Abschlusskosten wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sind.
14
aa) Das ist hier der Fall. § 12 Abs. 3 AVB über den Rückkaufswert bei Kündigung und § 24 Abs. 1 AVB über die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren sind in gleicher Weise intransparent wie die vom Senat durch die Urteile vom 9. Mai 2001 (aaO) für unwirksam erklärten Klauseln anderer Lebensversicherer. § 12 Abs. 3 AVB enthält keinen Hinweis auf die für den Versicherungsnehmer mit der Kündigung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile. Darüber muss der Versicherungsnehmer aber bei Vertragsschluss an der Stelle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Grundzügen unterrichtet werden , an der die Regelung der Kündigung angesprochen ist; dass an anderer Stelle, z.B. hier in § 24 Abs. 1 AVB und in Nr. 15 Abs. 1 der Verbraucherinformation, dem Versicherungsnehmer weitere Informationen über die Verrechnung von Abschlusskosten gegeben werden, behebt den Mangel an Transparenz in § 12 Abs. 3 AVB nicht, zumal das Ausmaß des mit der Verrechnung verbundenen Nachteils nicht erkennbar wird (vgl. BGHZ 147, 354, 363 f.). § 24 Abs. 1 AVB ist praktisch wortgleich mit § 15 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die Gegenstand des Urteils BGHZ 147, 354 waren.
15
von Die der Beklagten nach § 172 Abs. 2 VVG vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Klauseln ist unwirksam (vgl. BGHZ 164, 297, 312 ff.).
16
bb) Bei der (herkömmlichen) kapitalbildenden Lebensversicherung wird der Mindestrückkaufswert nach dem Urteil des Senats (BGHZ 164, 297, 318 ff.) durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bestimmt, bei der fondsgebundenen Lebensversicherung dementsprechend durch die Hälfte des ungezillmerten Fondsguthabens (in §§ 8 Abs. 1 Satz 4, 12 Abs. 3 Satz 3 AVB als Deckungskapital bezeichnet).
17
Nach b) § 12 Abs. 1 AVB konnte der Kläger frühestens zum Schluss des ersten Versicherungsjahres kündigen, also zum 1. September 2002. Ob sich zu diesem Stichtag unter Berücksichtigung der noch ausstehenden Beiträge ein Rückkaufswert ergibt, wird das Berufungsgericht zu klären haben.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 15.02.2005 - 3 O 173/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 29.11.2005 - 10 U 66/05 -