Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 23. Apr. 2014 - 1 AK 27/14

bei uns veröffentlicht am23.04.2014

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten nach Polen zur Strafvollstreckung aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts in P. vom 12. Mai 2010 wird für nicht zulässig erklärt.

2. Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 21. März 2014 wird aufgehoben. Die sofortige Freilassung des Verfolgten wird angeordnet.

3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Verfolgten fallen der Staatskasse zur Last.

4. Eine Entschädigung für die erlittene Auslieferungshaft wird nicht bewilligt.

Gründe

 
I.
Gegen den sich seit seiner vorläufigen Festnahme am 19.02.2014 derzeit in Auslieferungshaft befindlichen Verfolgten besteht ein Europäischer Haftbefehl des Bezirksgerichts in P./Polen vom 12.05.2010, aus welchem sich ergibt, dass er mit Urteil des Amtsgerichts in M. vom 11.12.2007 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde, von welcher noch neun Monate und 21 Tage zur Vollstreckung anstehen. Die dem Verfolgten zur Last liegenden Straftaten werden im Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts in P. vom 12.05.2010 nebst rechtlicher Bewertung wie folgt umschrieben:
wird ausgeführt
Der Verfolgte hat einer vereinfachten Auslieferung bei seinen richterlichen Anhörungen am 20.02.2014, 13.03.2014 und 10.04.2014 vor dem Amtsgericht F. nicht zugestimmt und über seinen Rechtsbeistand angegeben, er wohne seit Ende des Jahres 2007 in Italien, habe dort einen festen Wohnsitz und ein festes Einkommen. Auch seine Mutter und seine weiteren Bekannten lebten in Italien. Bereits im Jahre 2011 sei er in Italien in dieser Sache aufgrund eines Europäischen Haftbefehls der polnischen Justizbehörden festgenommen worden und habe sich drei Monate in „Hausarrest“ befunden.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 14.03.2014 beantragt, die Auslieferung im nachgesuchten Umfang für zulässig zu erklären; zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernisse geltend zu machen.
Aus dem dem Senat vorliegenden Urteil des Oberlandesgerichts S./Italien vom 18.11.2011 ergibt sich, dass aufgrund des Urteils des Amtsgerichts M./Polen vom 12.11.2007 am 05.12.2010 ein Europäischer Haftbefehl des Bezirksgerichts M./Polen in dieser Sache erlassen und der Verfolgte aufgrund dieses Europäischen Haftbefehls zunächst am 15.09.2011 in A./Italien verhaftet und am 16.09.2011 gegen ihn in Absehung einer weiteren Inhaftierung durch das Oberlandesgericht S. die Zwangsmaßnahme eines Hausarrestes angeordnet wurde. Auch hat das Oberlandesgerichts S. in seinem Urteil vom 18.11.2011 dem Auslieferungsersuchen der polnischen Justizbehörden nicht stattgegeben, weil der Verfolgte seit 2007 in Italien lebe und seit etwa vier Jahren dort seinen persönlichen, familiären und arbeitstechnischen Mittelpunkt habe. Gleichzeitig hat es angeordnet, das die gegen den Verfolgten durch Urteil des Amtsgerichts M./Polen vom 12.11.2007 verhängte Freiheitsstrafe in Italien zu verbüßen sei, worüber die polnischen Justizbehörden zu informieren seien.
II.
Die Auslieferung des Verfolgten nach Polen aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts in P. vom 12.05.2010 ist nicht zulässig.
Allerdings liegen die materiellen Auslieferungsvoraussetzungen vor. Die dem Verfolgten zur Last gelegten Taten erfüllen nach deutschem Strafrecht unbeschadet einer Einstufung als Katalogtaten nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V. § 81 Nr. 4 IRG jedenfalls die Strafvorschriften der §§ 239, 223, 240, 53 StGB und stellen sich damit als auslieferungsfähige Straftaten im Sinne des § 81 Nr. 2 IRG dar.
Es besteht jedoch ein Auslieferungshindernis, weil eine Auslieferung des Verfolgten jedenfalls in der besonderen vorliegenden Fallkonstellation einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Verfolgten auf Achtung seines Privat- und Familienlebens darstellen würde (Art. 8 MRK i.V.m. § 73 Satz 2 IRG).
1. Gegenstand des Auslieferungsersuchens der polnischen Justizbehörden ist ein Europäischer Haftbefehl, welchem nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses 2002/584 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 13.06.2002 (RbEuHb) der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von justitiellen Entscheidungen zugrunde liegt. Nach Art. 1 Abs. 2 RbEuHb sind die Mitgliedstaaten danach grundsätzlich verpflichtet, einen Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bedeutet jedoch keine uneingeschränkte Verpflichtung zur Vollstreckung des Haftbefehls. Nach dem System des Rahmenbeschlusses, wie es insbesondere Art. 4 RbEuHb zu entnehmen ist, können die Mitgliedstaaten den zuständigen Justizbehörden nämlich unter bestimmten Umständen erlauben, zu entscheiden, dass eine verhängte Strafe im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsmitgliedstaats vollstreckt werden muss. Dies gilt insbesondere für Art. 4 Nr. 6 RbEuHb, wonach es die vollstreckende Justizbehörde ablehnen kann, einen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellten Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken, wenn sich die gesuchte Person „im Vollstreckungsmitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehöriger ist oder dort ihren Wohnsitz hat“ und dieser Staat sich verpflichtet, die Strafe nach seinem innerstaatlichen Recht zu vollstrecken (siehe hierzu EuGH, Urteil vom 05.09.2012, C-42/11 - Lopes da Silva Jorge - NJW 2013, 141). Von dieser Möglichkeit haben die italienischen Justizbehörden aufgrund der Regelungen ihres nationalen Rechts vorliegend Gebrauch gemacht und angeordnet, dass der Verfolgte aufgrund seiner in Italien erfolgten Integration in die Gesellschaft die gegen ihn durch das Amtsgerichts M./Polen vom 12.11.2007 verhängte Freiheitsstrafe jedenfalls bezüglich des noch ausstehenden Strafrestes in Italien verbüßen soll.
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2. Diese im Verhältnis zwischen Polen und Italien bestehende auslieferungsrechtliche Lage entfaltet für den Senat keine unmittelbare Bindung. Insoweit sieht das deutsche Recht in § 83 b Abs.2 lit b IRG nur die Möglichkeit vor, eine Auslieferung eines Verfolgten, welcher im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, deshalb abzulehnen, weil sein schutzwürdiges Interesse an einer Vollstreckung im Inland überwiegt, insbesondere seine Resozialisierung im Inland besser gewährleistet ist (vgl. Senat NStZ-RR 2009, 107; EuGH, Urteil vom 17.07.2008, C-66/08 - Kozlowski - NJW 2008, 3201; ders., Urteil vom 05.09.2012, C-42/11 - Lopes da Silva Jorge - NJW 2013, 141, ders., Urteil vom 06.10.2009, C -123/08 - Wolzenburg - NJW 2010, 283; siehe hierzu auch den Rahmenbeschluss 2008/909/Ji des Rates vom 27.11.2008). Auf die Frage, ob eine Resozialisierung in einem Drittstaat noch besser als im Inland gewährleistet sein könnte, kommt es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht an. Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Doppelbestrafungsverbot des § 83 Nr.1 IRG, weil es hier nicht um die Frage geht, ob innerhalb der Mitgliedstaaten dieselbe Tat mehrfach abgeurteilt und vollstreckt werden kann, sondern nur darum, in welchem Staat der Verfolgte eine in einem Mitgliedstaat verhängte Strafe - hier aus dem Urteil des Amtsgerichts M./Polen vom 12.11.2007 - verbüßen soll.
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3. Im vorliegenden Verfahren besteht jedoch die Besonderheit, dass es nicht in erster Linie um die Frage geht, in welchem Staat ein Verfolgter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und seine Resozialisierung am besten gesichert ist, sondern hier wurde nach Aktenlage bereits zwischen zwei Mitgliedstaaten - Polen und Italien - im Rahmen der Auslieferung aufgrund eines im selben Verfahren erlassenen Europäischen Haftbefehls eine Regelung hierzu getroffen. Dass der Verfolgte sich insoweit der ihm in Italien drohenden Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts M./Polen vom 12.11.2007 hätte entziehen wollen, ist weder dem Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts in P./Polen vom 12.05.2010 zu entnehmen noch erscheint eine solche Annahme als wahrscheinlich, da der Verfolgte bei seiner richterlichen Anhörung am 20.02.2014 vor dem Amtsgericht F. glaubhaft angegeben hat, nur wegen des Verkaufs eines Kraftfahrzeugs kurzzeitig nach Deutschland eingereist zu sein. Auch haben die polnischen Justizbehörden im Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts in P./Polen vom 12.05.2010 keine Umstände mitgeteilt, aus welchem Grunde eine Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe in Italien nunmehr nicht mehr in Betracht kommen sollte.
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Insoweit ist der Senat der Ansicht, dass jedenfalls in einem solchen Ausnahmefall eine Auslieferung des Verfolgten nach Polen auch und gerade im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts in S./Italien vom 18.11.2011 einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Verfolgten auf Achtung seines Privat- und Familienlebens darstellen (Art. 8 MRK) würde, so dass der Kernbereich dieser Garantie verletzt ist und damit ein Auslieferungshindernis besteht (§ 73 Satz 2 IRG).
III.
13 
Die Feststellung der Unzulässigkeit der Auslieferung bedingt die Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 21.03.2014.
IV.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 IRG i.V.m. § 467 Abs.1 StPO.
15 
Dagegen scheidet eine Entschädigungspflicht der Staatskasse nach dem Gesetz über die Entschädigung in Strafverfolgungssachen für die vollzogene Auslieferungshaft aus, weil eine entsprechende Anwendung dieses Gesetzes auf die Auslieferungshaft grundsätzlich ausgeschlossen ist (BGHSt 32, 221) und ein Fall, in welchem Behörden der Bundesrepublik Deutschland die nach deutschem Recht unberechtigte Verfolgung zu vertreten hätten, nicht vorliegt (OLG Hamm StraFo 1997, 93).

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Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Strafgesetzbuch - StGB | § 239 Freiheitsberaubung


(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 73 Grenze der Rechtshilfe


Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leis

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83 Ergänzende Zulässigkeitsvoraussetzungen


(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn 1. der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sankti

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 81 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung


§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass 1. die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten b

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 77 Anwendung anderer Verfahrensvorschriften


(1) Soweit dieses Gesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und seines Einführungsgesetzes, der Strafprozeßordnung, des Jugendgerichtsgesetzes, der Abgabenordnung und des Gesetzes

Referenzen

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

(1) Soweit dieses Gesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und seines Einführungsgesetzes, der Strafprozeßordnung, des Jugendgerichtsgesetzes, der Abgabenordnung und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sinngemäß.

(2) Bei der Leistung von Rechtshilfe für ein ausländisches Verfahren finden die Vorschriften zur Immunität, zur Indemnität und die Genehmigungsvorbehalte für Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Räumen eines Parlaments Anwendung, welche für deutsche Straf- und Bußgeldverfahren gelten.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.