Oberlandesgericht Köln Beschluss, 22. Juli 2016 - 9 U 187/15
Tenor
Die Berufung der Klagepartei gegen das am 09.09.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 468/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Klagepartei auferlegt.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klagepartei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 27.977,32 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Klagepartei nimmt die Beklagte als Berufshaftpflichtversicherer der U C- und U2gesellschaft mbH (nachfolgend U GmbH) auf Zahlung, hilfsweise auf Feststellung in Anspruch.
4Die U GmbH betrieb eine Steuerberatungsgesellschaft. In dieser Eigenschaft unterhielt sie bei der Beklagten eine Berufshaftpflichtversicherung, bei der es sich um eine Pflichtversicherung i.S.d. §§ 67, 158 Nr. 6 StBerG i.V.m. § 52 DVStB handelt. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Angehörige der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe – AVB-WB – und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Vermögensschaden-Haftpflicht von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten zugrunde. Auf den Inhalt der vorgelegten Versicherungsbedingungen der Beklagten (Anlage B 4) wird Bezug genommen.
5Die K AG, deren Initiator der mehrfach vorbestrafte Herr I war, finanzierte Prozesse durch Vorleistung von Gerichts- und Anwaltskosten. Ziel der Gesellschaft war es, die finanzierten Prozesse erfolgreich durchzuführen und aus den geltend gemachten Rechtsansprüchen Erlöse zu erzielen, die als Entgelt für die Tätigkeit der Gesellschaft deren Vermögen anteilig zufließen sollten. Die dafür erforderlichen finanziellen Mitteln wurden von den zu diesem Zweck gegründeten Fondsgesellschaften, der Ersten bis Vierten K GmbH & Co Prozesskostenfonds KG aufgebracht, an denen sich private und institutionelle Kapitalanleger mit einer Mindestzeichnungssumme von 5.000,- € beteiligen konnten. Die Beteiligung erfolgte nicht unmittelbar, sondern durch Abschluss eines Treuhandvertrags mit der U GmbH, die Treuhandkommanditistin dieser Prozesskostenfonds war und außer ihrem eigenen Kommanditanteil auch Kommanditanteile der jeweiligen Anleger im eigenen Namen, aber für deren Rechnung hielt.
6Die Klagepartei beteiligte sich über die U GmbH mit Beitrittserklärung vom 29.04.2005 (Anlage K 1, Bl. 20) in Höhe einer Hafteinlage von 25.000 € zzgl. 5 % Agio an der Dritten K GmbH & Co Prozesskostenfonds KG. Mit der U GmbH schloss die Klagepartei einen Treuhandvertrag, wegen dessen Inhalt auf die Anlage K 2 (Bl. 21 ff. d. A.) verwiesen wird. Die U GmbH hatte nach Angaben der Klagepartei in der Klageschrift, die sich die Beklagte hilfsweise zu eigen gemacht hat, positiv Kenntnis davon, dass die Entwicklung der Fonds erheblich von den prospektierten Annahmen abwich. Hierüber informierte sie die Klagepartei bei ihrem Beitritt nicht. Auch eine Aufklärung der Klagepartei über die Vorstrafen des Herrn I durch die U GmbH erfolgte nicht.
7Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 08.03.2012 wurde über das Vermögen der U GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. F aus I zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser gab mit einem an die Gläubiger der U GmbH gerichteten Schreiben vom 19.03.2012 den Deckungsanspruch der U GmbH gegen die Beklagte aus der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber den Gläubigern, u.a. der Klagepartei frei. Die Klagepartei meldete in der Folgezeit Schadensersatzansprüche gegen die U GmbH wegen unterlassener Aufklärung im Zusammenhang mit dem Abschluss des Treuhandvertrags zur Insolvenztabelle an, die in Höhe von 24.882,31 € zur Insolvenztabelle festgestellt wurden.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der dort gestellten Schlussanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
9Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 09.09.2015 abgewiesen. Die Klagepartei habe keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Die Klagepartei habe nicht dargelegt, wie sich die Beklagte ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben solle. Die Klagepartei habe keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus dem Berufshaftpflichtversicherungsvertrag.
10Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tätigkeit der U GmbH im Zusammenhang mit der Beteiligung der Klagepartei an den Prozesskostenfonds und dem Abschluss von Treuhandverträgen zwischen ihr und den jeweiligen Anlegern nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst sei, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhalte, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren sei. Der mit der klägerischen Partei geschlossene Treuhandvertrag räume der U GmbH trotz der vertraglich vorgesehenen unmittelbaren Ausübung der Rechte durch die Treugeber/Anleger durchaus Entscheidungsspielräume ein. So habe es der U GmbH nach § 4 des Treuhandvertrags freigestanden, den Erwerbsauftrag entweder durch Erhöhung ihres Kommanditanteils mit anschließendem Halten dieses Anteils treuhänderisch für den jeweiligen Anleger oder durch Begründung eines Treuhandverhältnisses über einen bereits von ihr im eigenen Namen für eigene Rechnung erworbenen Teil des Kommanditanteils zu erfüllen. Weitere Entscheidungsspielräume der U GmbH im Treuhandvertrag ergäben sich in Bezug auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts aus § 8 III Treuhandvertrag mit der Entscheidungsbefugnis über das Ob und den Zeitpunkt der Herbeiführung der Mehrheitsentscheidung sowie in Bezug auf die Liquidation nach § 9 Treuhandvertrag mit der Entscheidungsbefugnis über die Verwertung des Gesellschaftsvermögens unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung. Überdies liege eine unternehmerische Tätigkeit der U GmbH vor.
11Die Klagepartei könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte auf der Grundlage des Emissionsprospektes bereits zugesagt habe, hierfür Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klagepartei habe nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beklagte nach Vorlage des Emissionsprospektes bestätigt habe, dass sie für die damit verbundenen Tätigkeiten Versicherungsschutz – unabhängig von der Risikobeschreibung in den Versicherungsbedingungen und Risikoausschlüssen – gewähre. Der diesbezügliche Vortrag sei ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt. Der Beweisantritt durch Vernehmung der Vorstandsmitglieder der Beklagten sei als Ausforschungsbeweis unbeachtlich. Die Klagepartei könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine entsprechende Markterfahrung berufen.
12Hiergegen richtet sich die von der Klagepartei form- und fristgerecht eingelegte Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Die Klagepartei rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Auffassung, dass ihrer Rüge die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.06.2015 – IV ZR 248/14 – in einem Parallelverfahren nicht entgegenstehe.
13Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht ihr Beweisangebot, dass die Beklagte im Vorfeld Versicherungsschutz zugesagt habe, als Ausforschungsbeweis zurückgewiesen. Dem Beweisangebot habe die einschlägige Markterfahrung zugrundegelegen. Es sei zum damaligen Zeitpunkt üblich gewesen, dass sich Treuhandgesellschaften bei ihrer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung unter Vorlage des Emissionsprospekts bzw. unter detaillierter Darstellung der zu versichernden Tätigkeit des bestehenden Versicherungsschutzes vergewissert hätten. Die U GmbH hätte demgemäß auch nicht ihre Tätigkeit aufgenommen, wäre ihr von der Beklagten nicht der bestehende Versicherungsschutz bestätigt worden.
14Die Klagepartei wendet ein, dass sie zu keinem Zeitpunkt vorgetragen habe, dass die Beklagte ihre Pflichten als Treuhänderin vorsätzlich verletzt habe. Es stünden hier im Rahmen des Treuhandvertrages zwei Pflichtverletzungen im Raum, nämlich zum einen die fehlende Aufklärung über die Vorstrafen des Vorstandes, zum anderen die unterbliebene Aufklärung darüber, dass sich die Vorgängerfonds nicht so entwickelt hätten, wie es in den Prospekten angegeben gewesen sei. Indem die U GmbH hierüber nicht aufgeklärt habe, habe sie ihre Pflicht verletzt, jedoch nicht vorsätzlich. Die U GmbH habe schlichtweg nicht berücksichtigt, dass es diese Aufklärungspflicht gegeben habe.
15Die Klagepartei ist der Auffassung, dass es sich bei der Tätigkeit der U GmbH um eine ganz normale treuhänderische Verwaltung eines Geschäftsanteils handele. Hiermit sei keinerlei geschäftsführende Tätigkeit verbunden. Der vom Landgericht angeführte Entscheidungsspielraum im Hinblick auf den Erwerbsauftrag betreffe nur die Art und Weise, wie die Treuhänderin ihre vertragliche Pflicht gegenüber den Treugebern erfülle. Das Halten von Kommanditanteilen auf eigene Rechnung durch die U GmbH habe keinerlei Auswirkungen auf die Frage der Treuhand, weil diese Kommanditanteile gerade nicht treuhänderisch gehalten würden. Würde man in diesem Punkt der Auffassung des Landgerichts folgen, so wäre jede treuhänderische Tätigkeit eines Steuerberaters unternehmerisch. Schließlich handele jeder Steuerberater als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit. Insoweit habe er selbstverständlich ein eigenes Gewinn- und Verlustrisiko. Die Treuhänderin sei unternehmerisch tätig und habe eine berechtigte Gewinnerzielungsabsicht.
16Die Klagepartei meint, dass die Möglichkeit zur Herbeiführung von Mehrheitsentscheidungen eine bloße Konnexität zwischen den Entscheidungen der jeweiligen Treugeber (gegenüber der Treuhänderin) und dem Abstimmungsverhalten der Treuhänderin in der Gesellschafterversammlung darstelle. Dieses Abstimmungsverhalten erfolge ohne jegliche eigene unternehmerische Entscheidung. Es sei originäre Aufgabe der Treuhänderin, den Treugeber in der Gesellschafterversammlung zu vertreten. Die Aufklärungspflicht der Treuhänderin mache eine Treuhand nicht zur geschäftsführenden Treuhand. Aufklärungspflichten seien jedem Treuhandverhältnis im vorvertraglichen Raum im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB wesensimmanent, sie seien eigene vertragliche Verpflichtungen. Letztlich habe der Treuhänderin keinerlei Ermessen zugestanden, welches den Treuhandauftrag habe „infizieren“ können.
17Die Klagepartei ist der Auffassung, dass der Risikoausschluss „geschäftsführende Treuhand“ in den Bedingungen selbst dann nicht eingriffe, wenn man – wie das Landgericht – von einer geschäftsführenden Treuhand der U GmbH ausgehe. Denn der Risikoausschluss wäre vom Verständnishorizont eines durchschnittlichen Steuerberaters aus eng auszulegen. Auslegungszweifel gingen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten der Beklagten. Die entsprechenden Bedingungen der Beklagten seien widersprüchlich, was die Klagepartei auf Seite 9 f. ihrer Berufungsbegründung näher ausführt. Der durchschnittliche Steuerberater müsse die Bedingungen so verstehen, dass nur eine Tätigkeit als Geschäftsführer ausgeschlossen sei, die Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder sei dementsprechend inkorporiert. Ergänzend nimmt die Klagepartei Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie regt an, die Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.
18Die Klagepartei beantragt,
191. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 09.09.2015 - 20 O 468/14 – die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.977,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte der Klagepartei an der Dritten K GmbH & Co. KG mit einem Nennwert inkl. Agio von 25.000 € zu bezahlen,
20hilfsweise,
21die Beklagte zu verurteilen, den vorbezeichneten Betrag an die U Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH, Hans-Böckler-Allee 26, 30173 Hannover, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. jur. Rainer Eckert, Robert-Enke-Straße 1, 30169 Hannover, zu zahlen,
222. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der ihr obliegenden Leistung in Verzug befindet,
233. äußerst hilfsweise,
24festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der U Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH, Hans-Böckler-Allee 26, 30173 Hannover, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. jur. Rainer Eckert, Robert-Enke-Straße 1, 30169 Hannover, Deckung bezüglich der vorgenannten Schadensersatzansprüche der Klagepartei zu gewähren.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
28Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
29II.
30Der Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO.
31Die zulässige Berufung der Klagepartei hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, offensichtlich keinen Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 16.06.2016 Bezug genommen. An der dort geäußerten Auffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Beratung in geänderter Besetzung uneingeschränkt fest. Das ergänzende Vorbringen der Klagepartei im Schriftsatz vom 13.07.2016, welches sich im Wesentlichen in der zusammenfassenden Wiederholung der eigenen bereits dargelegten Rechtsansicht erschöpft, rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung.
32Ergänzend ist nur folgendes anzumerken:
33Eine Erhebung der angebotenen Beweise zu der von der Klagepartei behaupteten Bestätigung des Versicherungsschutzes vor der Übernahme der Treuhandtätigkeit ist nicht geboten, weil es an einem nachvollziehbaren und schlüssigen Sachvortrag der Klagepartei zur nachträglichen wirksamen Abbedingung der im Versicherungsschein vereinbarten Bedingungen durch die Erteilung einer Deckungszusage fehlt. Dem Vortrag der Klagepartei ist weder der Inhalt der behaupteten Zusage zu entnehmen noch unter welchen Umständen sie erteilt worden sein soll. Deshalb ist eine Bestimmung der Reichweite der behaupteten Deckungszusage im Wege der Auslegung nicht möglich. Die Klagepartei hat auch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Erteilung einer Deckungszusage unter Abbedingung der im schriftlichen Versicherungsvertrag vereinbarten Bedingungen vorgetragen. Ein konkreter Lebenssachverhalt, welcher einer Beweisaufnahme zugänglich wäre, wird nicht geschildert.
34Über die Behauptung der Klagepartei, die U GmbH hätte ihre Tätigkeit nicht aufgenommen, wenn ihr von der Beklagten nicht der bestehende Versicherungsschutz bestätigt worden wäre, ist wegen fehlender rechtlicher Relevanz nicht Beweis zu erheben. Für den Umfang des vereinbarten Versicherungsschutzes kommt es nicht darauf an, ob die U GmbH vor Aufnahme der Treuhandtätigkeit davon ausgegangen ist, dass für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit den K Fondsgesellschaften Versicherungsschutz bei der Beklagten besteht. Maßgeblich ist allein, wie die behauptete Bestätigung des Versicherungsschutzes aus Sicht eines objektiven Empfängers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu verstehen gewesen wäre. Eine Auslegung der vermeintlichen Bestätigung ist aber nicht möglich, weil weiterhin jeglicher Vortrag zum Wortlaut, Inhalt und zu den heranzuziehenden Begleitumständen fehlt.
35Unbehelflich ist der Einwand der Klagepartei, es sei an keiner Stelle im Verfahren behauptet worden, die U GmbH habe wissentlich eine Pflicht verletzt. Die Beklagte hat sich erstinstanzlich und im Berufungsverfahren ausdrücklich auf einen Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung der U GmbH gemäß § 4 Nr. 6 AVB-WB berufen. Das Vorliegen einer wissentlichen Pflichtverletzung folgt aus der rechtlichen Bewertung des Sachvortrags der Klagepartei, den sich die Beklagte hilfsweise zu Eigen gemacht hat. Indem die U GmbH die Klagepartei über die ihr im Zeitpunkt des Beitritts positiv bekannte Abweichung der Entwicklung der K Fonds von den prospektierten Annahmen nicht aufklärte, hat sie gegen elementare Pflichten eines Treuhandkommanditisten verstoßen. Eine Kenntnis der U GmbH von der Kardinalpflicht eines Treuhandkommanditisten zur Aufklärung künftiger Treugeber über ihm bekannte, für die Anlageentscheidung erhebliche nachteilige Abweichungen zum Prospekt kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung vorausgesetzt werden. Umstände, die im vorliegenden Fall Zweifel an einer Kenntnis der U GmbH von ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aufklärung der Anleger begründen könnten, sind nicht vorgetragen oder erkennbar.
36Die Treuhandtätigkeit der U GmbH enthielt nach den konkreten Regelungen im Treuhandvertrag wesentliche Elemente einer geschäftsführenden Treuhand. Auf die im Hinweisbeschluss im Einzelnen aufgeführten Regelungen im Treuhandvertrag und im Gesellschaftsvertrag und deren Bedeutung wird Bezug genommen. Die im Hinweisbeschluss zitierten Entscheidungen dienen nicht der Begründung einer geschäftsführenden Treuhand im vorliegenden Fall, sondern betreffen die höchstrichterlich anerkannte Wirksamkeit des vereinbarten Ausschlusses des Haftpflichtversicherungsschutzes für Tätigkeiten eines Steuerberaters im Bereich eines unternehmerischen Risikos, z.B. als geschäftsführender Treuhänder. Es kommt deshalb nur auf die vorhandene Vergleichbarkeit der vereinbarten Bedingungen an und nicht darauf, ob die Tätigkeit der U GmbH mit einer Treuhandtätigkeit vergleichbar ist, die den im Hinweisbeschluss zitierten Entscheidungen zugrundelag.
37Abschließend weist der Senat darauf hin, dass der begehrte Versicherungsschutz auch an dem Ausschluss gemäß Ziffer B. V. 1 (1) BBR scheitert. Die streitgegenständliche Aufklärungspflichtverletzung aus der Anbahnung des Gesellschaftsverhältnisses fällt in den Bereich des vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen unternehmerischen Risikos. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 16.6.2016, denen die Klagepartei in ihrer ergänzenden Stellungnahme nicht entgegengetreten ist.
38Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung. Der Senat hat bereits in dem Verfahren 9 U 157/13 über Ansprüche von Anlegern der K-Fonds gegen die Beklagte als Berufshaftpflichtversicherer der mitversicherten Treuhandkommanditistin entschieden (Hinweisbeschluss vom 06.02.2014 sowie Zurückweisungsbeschluss vom 02.06.2014). Der Bundesgerichtshof hat die gegen den Zurückweisungsbeschluss des Senats eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 24.6.2015 (IV ZR 248/14) als unzulässig verworfen. In seinen Gründen hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Nichtzulassungsbeschwerde auch unbegründet gewesen wäre, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliege, nach denen der Senat die Revision habe zulassen dürfen. Alle entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Der Senat hat die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Einzelfall angewandt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne des § 543 ZPO folgt nicht daraus, dass die Entscheidung des Senats Auswirkung auf einen größeren Personenkreis hat (Baumbach, ZPO, § 543, Rn. 7 „größerer Personenkreis“). Eine mündliche Verhandlung vor dem Senat ist auch im Übrigen nicht geboten.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 22. Juli 2016 - 9 U 187/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 22. Juli 2016 - 9 U 187/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Beschluss, 22. Juli 2016 - 9 U 187/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerpartei.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerpartei begehrt Zahlung aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Steuerberater, die zwischen der Beklagten und der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH (nachfolgend: S GmbH) abgeschlossen worden war.
3Die K AG finanzierte Prozesse durch Vorleistung von Gerichts- und Anwaltskosten, die von hierfür gegründeten Fondsgesellschaften aufgebracht wurden. Die S GmbH war die Treuhandkommanditistin für verschiedene, in Form von Kommanditgesellschaften konstruierten Prozesskostenfonds, und zwar für die Prozesskostenfonds Erste bis Vierte K GmbH & Co. L- KG. An den Prozesskostenfonds konnten sich private und institutionelle Kapitalanleger mit einer Mindestzeichnungssumme von 5.000,00 € beteiligen. Die Beteiligung erfolgte nicht unmittelbar, sondern durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S GmbH. Die S GmbH hielt den Kommanditanteil im eigenen Namen aber für Rechnung der Anleger.
4Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages der Dritte K GmbH & Co. L- KG sollte die Beteiligung durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH erfolgen, die dann den Kommanditanteil im eigenen Namen für Rechnung der Anleger hielt. Der Treuhandkommanditist sollte seine Gesellschaftsrechte im Interesse der Treugeber ausüben; den Treugebern wurde das Recht eingeräumt, an den Gesellschaftsversammlungen teilzunehmen und bei Beschlussfassungen das auf ihre Beteiligung entfallende Stimmrecht auszuüben. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrages sollte allein die Komplementärin zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sein.
5In § 4 des Treuhandvertrages war geregelt, dass der Treuhänder den ihm erteilten Auftrag durch Erwerb eines Kommanditanteils bzw. Einräumung einer Treugeberstellung an einem bereits erworbenen Kommanditanteil erfüllt. Nach § 8 Ziffer 3 des Treuhandvertrages sollte der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben, was insbesondere für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung gelten sollte. Nach § 12 des Treuhandvertrages sollte der Treuhänder weder für den Eintritt der vom Treugeber verfolgten wirtschaftlichen und steuerlichen Ziele haften noch für die Bonität der Vertragspartner. In Bezug auf die weiteren Regelungen des Treuhandvertrages wird auf den Inhalt des Vertrages verwiesen, Anlage K 2.
6Die S GmbH war als Steuerberatungsgesellschaft bei der Beklagten berufshaftpflichtversichert; es handelte sich um eine Pflichtversicherung i.S.v. §§ 67, 158 Nr. 6 StBerG i.V.m. § 52 DVStB. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, Bl. 97 ff. d.A.) i.V.m. den Besonderen Bedingungen und der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten (Bl. 117 ff. d.A.) zugrunde, was von der Klägerpartei bestritten wird.
7Die Klägerpartei erklärte am 29.04.2005 ihren Beitritt zum Prozesskostenfonds Dritte K GmbH & Co. L- KG und schloss einen Treuhandvertrag mit der S GmbH. Die Hafteinlage belief sich auf 25.000 € zuzüglich Agio i.H.v. 1.250 €.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 08.03.2012 – Az.: 904 IN 1024/11 - wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S GmbH eröffnet. Der Insolvenzverwalter gab den Deckungsanspruch der S GmbH gegenüber der Beklagten aus dem Insolvenzbeschlag frei.
9Mit anwaltlichem Schreiben der Klägerpartei vom 03.09.2013 wurde die Beklagte aufgefordert, die Haftung dem Grunde nach zu erklären. Die Beklagte lehnte eine Haftungsübernahme ab.
10Der Anspruch der Klägerpartei auf Schadensersatz gegen die S GmbH aus Beteiligung an Prozesskostenfonds gemäß Klageschrift wurde am 06.05.2014 nachträglich in Höhe von 24.882,31 € zur Insolvenztabelle festgestellt.
11Die Klägerpartei verlangt nunmehr von der Beklagten die Rückerstattung des investierten Kapitals zuzüglich Agio –abzüglich erhaltener Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 €, die Prozesskosten 1. Instanz im Zusammenhang mit der gerichtlichen Vertretung der Klägerpartei in ihrem Verfahren gegen die S GmbH, die Kosten für das Insolvenzverfahren der S GmbH sowie der K AG und die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
12Die Klägerpartei ist der Auffassung, dass der Abschluss von Treuhandverträgen vom Versicherungsvertrag erfasst sei. Die S GmbH sei nicht als unternehmerische, geschäftsführende Treuhand tätig geworden. Die Treuhand GmbH habe sie im Vorfeld des abgeschlossenen Treuhandvertrages nicht über alle wesentlichen Anlagerisiken aufgeklärt. Sie habe es versäumt, sie über das Vorstrafenregister des J (Vorstand der K AG und Geschäftsführer der K Verwaltungs GmbH) zu informieren. Sie sei auch nicht über die im Zusammenhang mit der Anlage stehenden Weichkosten sowie über die fehlende Erfahrung mit Prozesskostenfinanzierungsmodell informiert worden. Die S GmbH habe ihre Informationspflichten vorsätzlich verletzt. Die Beklagte habe auf der Grundlage des ihr übermittelten Emissionsprospektes Versicherungsschutz zugesagt. Sie, die Klägerpartei, habe lediglich Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 € erhalten.
13Die Klägerpartei hat zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte ihr den Schaden zu ersetzen habe, der dadurch entstanden sei, dass sie sich mit einer Einlage von 25.000 € zuzüglich 5% Agio an der Dritte K GmbH & Prozesskostenfond KG beteiligt hat.
14Nunmehr beantragt die Klägerpartei,
15(1)
16die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 27.977,32 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte der Klägerpartei an der Dritte K GmbH & Co. KG mit einem Nennwert inklusive Agio von 25.000 € zu zahlen.
17Hilfsweise,
18 die Beklagte zu verurteilen, den vorbezeichneten Schadensersatzanspruch an die S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, zu zahlen.
19festzustellen, dass sich die Beklagte mit der obigen Leistung in Verzug befindet.
20Äußerst hilfsweise,
21 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, Deckung bezüglich der vorgenannten Schadensersatzansprüche der Klägerpartei zu gewähren.
22(2)
23die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.196,43 € zu bezahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte widerspricht der Klageänderung. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass der Klägerpartei kein Schadensersatz- und auch kein Direktanspruch gegen sie zustehe. Im Übrigen sei die S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH geschäftsführend tätig geworden. Hilfsweise beruft sie sich auf den Risikoausschluss in § 4 Ziffer 6 AVB (wissentliche Pflichtverletzung). Sie erhebt hilfsweise die Einrede der Verjährung des Deckungsanspruchs.
27Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze mit allen Anlagen Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist zulässig und unbegründet.
30Der Übergang von einer Feststellungsklage auf die Leistungsklage ist ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO und stellt mithin keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar.
31Die Klägerpartei hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Sie hat nicht dargelegt, wie die Beklagte sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben sollte.
32Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann zwar insoweit in einen Zahlungsantrag aus dem Berufshaftpflichtversicherungsvertrag für Schadensersatzansprüche der Klägerpartei gegen die S GmbH ausgelegt werden; ein derartiger Anspruch der Klägerpartei gegen die Beklagte besteht ebenfalls nicht.
33Grundsätzlich steht der Klägerpartei gemäß § 157 VVG a.F. zwar ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Denn nach dieser Vorschrift kann die Klägerpartei als Gläubigerin eines Schadenersatzanspruchs in der Insolvenz des Versicherungsnehmers abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Der Schadensersatzanspruch ist nachträglich zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Er ist daher im Sinne des § 154 VVG a.F. festgestellt, weil die inzwischen widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle ein Anerkenntnis im Sinne des § 154 VVG a.F. darstellt, vgl. OLG Köln, Urt. vom 20.12.2005, in VersR 2006, 1207. Durch die als Anerkenntnis zu wertende widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung durch den Insolvenzverwalter ist der Streit über Grund und Höhe der Haftpflichtforderung dem Deckungsprozess entzogen.
34Die Beklagte kann vorliegend aber mit Erfolg deckungsrechtliche Einwendungen erheben. Die Kammer hält an ihrer im Urteil vom 03.07.2013 – Az.: 20 O 431/12 - getroffenen Feststellung fest, dass die Tätigkeit der S GmbH im Zusammenhang mit den Prozesskostenfonds nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst war, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhaltete, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren waren. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen in dem obengenannten Urteil verwiesen, die vollumfänglich auf den streitgegenständlichen Sachverhalt übertragen werden können:
35„Versichert sind gemäß § 1 Ziffer 1 AVB-S nur diejenigen gesetzlichen Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts, die aus Verstößen in Ausübung der beruflichen Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin herrühren. Die versicherten Tätigkeiten sind in der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Angehörige der steuerberatenden Berufe näher definiert. Nach Ziffer 1.1 der Risikobeschreibung ist die Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder versichert. Nicht versichert sind nach § 4 Ziffer 6 AVB-S Haftpflichtansprüche, die dadurch entstehen, dass der Versicherungsnehmer im Bereich eines unternehmerischen Risikos einen Verstoß begeht, z.B. als geschäftsführender Treuhänder. Die unternehmerische Tätigkeit eines Steuerberaters als geschäftsführender Treuhänder ist nach der Risikobeschreibung wirksam vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, vgl. OLG München, Urt. vom 28.11.1995, in VersR 1997, 961.
36Bei der versicherten aufsichtsführenden Treuhandtätigkeit geht es ausschließlich um die kontrollierende bzw. beratende Wahrnehmung fremder wirtschaftlicher Interessen ohne Entscheidungsspielraum. Jedes Mitbestimmungsrecht des Treuhandkommanditisten macht eine ansonsten rein aufsichtsführende zur geschäftsführenden Treuhand.
37Nach Auffassung der Kammer enthält die Tätigkeit der S GmbH durchaus Elemente der geschäftsführenden Treuhandtätigkeit. Von einer solchen geschäftsführenden Tätigkeit ist trotz der in § 10 des Gesellschaftsvertrages vorgenommen Zuweisung der Geschäftsführerstellung auf die Komplementärin auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob sich die in § 1 des Treuhandvertrages geregelte Bevollmächtigung der S GmbH tatsächlich nur auf den Erwerb des Kommanditanteils bezieht oder entgegen des Wortlauts darüber hinausgeht. Da der Erwerb des Anteils ohnehin im eigenen Namen erfolgen soll, war eine Bevollmächtigung hierzu nicht notwendig.
38Der Treuhandvertrag räumt dem Treuhänder entgegen der Auffassung der Klägerpartei durchaus Entscheidungsspielraum ein, auch wenn grundsätzlich vorgesehen war, dass der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben sollte, auch das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Nach § 4 des Treuhandvertrages stand es dem Treuhänder frei, den Erwerbsauftrag entweder durch Erhöhung seines Kommanditanteils und anschließendes Halten dieses Anteils treuhänderisch für den jeweiligen Treugeber zu erfüllen oder aber durch Begründung eines Treuhandverhältnisses über einen bereits von ihm im eigenen Namen für eigene Rechnung erworbenen Teil des Kommanditanteils zu erfüllen. Hierdurch wurde der Treuhand GmbH ein unternehmerischer Entscheidungsspielraum eingeräumt. Weitere Entscheidungsspielräume wurden der Treuhand GmbH in Bezug auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts und der Liquidation eingeräumt. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung oblag es ihr, zu entscheiden, ob und wann sie Mehrheitsentscheidungen herbeiführte. Im Fall der Liquidation sollte nach § 9 des Treuhandvertrages das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Hinzu kommt, dass die Treuhand GmbH berechtigt war, Kommanditanteile am Fonds für eigene Rechnung zu halten, wodurch es ihr ermöglich wurde, unternehmerisch tätig zu werden, ohne Weisungen der Treugeber zu unterliegen.
39Nach dem Gesellschaftsvertrag ist der Treuhandkommanditist im eigenen Namen an der Gesellschaft beteiligt; die ihm zustehenden Gesellschaftsrechte hat er im Interesse der Treugeber auszuüben. Hinzu kommt, dass den Treuhänder, der die Beteiligung des Anlegers aufgrund des mit ihm geschlossenen Treuhandvertrages treuhänderisch für ihn hält, nach der zutreffenden Auffassung des LG Berlin im Urt. vom 22.12.2011 – Az.: 14 O 160/11 die Verpflichtung trifft, diesen über alle wesentlichen Umstände der Anlage aufzuklären, die ihm bekannt waren oder sein mussten, und unrichtige Angaben von sich aus richtig zu stellen. Dies geht nach Auffassung der Kammer über eine sog. aufsichtsführende Treuhandtätigkeit hinaus und stellt eine geschäftsführende Tätigkeit des Treuhänders. Aus dem vor dem LG Berlin geführten Verfahren ergibt sich aus, dass die S GmbH als Treuhänderin den Treugeber teilweise in der Gesellschafterversammlung vertreten hat
40Nach dem Sinn und Zweck der Pflichtversicherung für Steuerberater geht es darum, Mandanten und Dritte vor Schäden aus beruflichen Fehlleistungen zu schützen. Die streitgegenständliche Tätigkeit der S GmbH gehört nicht zu den mit dem Berufsbild des Steuerberaters zu vereinbarenden Tätigkeiten“.
41Ziffer 1.1, 6. Spiegelstrich der dem dortigen Vertrag zugrundeliegenden Risikobeschreibung entspricht Ziffer I.1, 6. Spiegelstrich der vorliegend zugrundeliegenden Risikobeschreibung und § 4 Ziffer 6 a) AVB-S entspricht Ziffer V.1 der Besonderen Bedingungen. Sowohl die Risikobeschreibung als auch die Besonderen Bedingungen liegen dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde. Dies ist angesichts der zahlreichen, bei der Kammer anhängigen Parallelfälle gerichtsbekannt.
42Mit Beschluss vom 02.06.2014 – Az.: 9 U 157/13 - hat das OLG Köln die Berufung der dortigen Kläger gegen das obengenannte Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung führt das OLG u.a. aus, dass die Abgrenzung einer – versicherten – reinen Überwachung Treuhänderschaft von einer – nicht versicherten – (auch) geschäftsführenden danach zu erfolgen habe, ob das unternehmerische Risiko allein bei der zu überwachenden Gesellschaft verbleibe unter Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität des Treuhandkommanditisten. Vorliegend habe die S GmbH durch die ihr eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob sie Angebote auf den Abschluss von Treuhandverträgen annehmen wollte oder nicht, bereits einen eigenen Handlungsspielraum gehabt, der ihre Rolle in dem Gesellschaftsgefüge von einer rein aufsichtsführenden Treuhändertätigkeit deutlich unterschieden habe. Die S GmbH habe als Treuhänderin auch das Gewinn- und Verlustrisiko getragen; ihre Gesellschafterstellung habe sich nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpft. Diesen zusätzlichen Erwägungen schließt die Kammer sich ausdrücklich an. Mit Beschluss vom 24.06.2015 – Az.: IV ZR 248/14 hat der BGH die Beschwerde der dortigen Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem oben genannten Beschluss als unzulässig verworfen und darauf hingewiesen, dass die Beschwerde im Übrigen auch unbegründet sei, da keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliege, nach denen der Senat die Revision zulassen dürfe. Nach Auffassung des BGH habe die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
43Weitere Entscheidungsspielräume der S GmbH ergeben sich nach Auffassung der Kammer aus §§ 8 Abs. 3, 9 des Treuhandvertrages. Nach § 8 Abs. 3 des Treuhandvertrages sollte die S GmbH eine Mehrheitsentscheidung der Treugeber herbeiführen für die Ausübung von Gesellschafterrechten, für die eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung nicht vorgesehen ist. Der Treuhänderin wurde insoweit ein eigener Spielraum darüber zugebilligt, welche Entscheidung sie den Treugebern zur Abstimmung vorschlägt. Es bestand damit keine Weisungsgebundenheit. Nach § 9 des Treuhandvertrages soll im Fall der Liquidation das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Damit wird der Treuhänderin ein Entscheidungsspielraum darüber eingeräumt, über das Wann und Wie der Liquidation selbst zu entscheiden.
44Eine unternehmerische Tätigkeit der S GmbH ergibt sich auch aus dem Urteil des BGH vom 09.07.2013, u.a. Az.: II ZR 193/11, 9/12). Das Urteil befasst sich mit dem Haftungsanspruch eines Anlegers gegen die S GmbH. Der BGH hat eine Haftung der S GmbH aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der Fondsgesellschaften bejaht. Die S GmbH sei zur Aufklärung der Anleger über die Vorstrafen des Herrn J verpflichtet gewesen.
45Bei der Beurteilung, ob Versicherungsschutz besteht, kann es nicht darauf ankommen, welcher Umfang dem eingeräumten Ermessen des Treuhänders zukommt und ob die Tätigkeit als berufsrechtlich zulässig oder bedenklich erscheint. Es gelten die Grundsätze des „Infektionsprinzips“ oder der „Abfärbetheorie“, vgl. OLG München, Urt. vom 30.01.1987, in VersR 1989, 1293. Jedes geringfügige Ermessen führt zum Verlust des Versicherungsschutzes für den gesamten Treuhandauftrag. Es ist nicht möglich, ein Treuhandauftrag in einen versicherten und ein nicht versicherten Teil zu trennen, vgl. Hartmann/Laufenberg, „Vermögensberatung in der Steuerkanzlei aus dem Blickwinkel des Berufs-, Haftungs- und Versicherungsrechts“, in DStR 2009, 244.
46Die Klägerpartei kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte auf der Grundlage des Emissionsprospektes bereits zugesagt haben soll, hierfür Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klägerpartei hat nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beklagte nach Vorlage des Emissionsprospektes bestätigt hat, dass sie für die damit verbundenen Tätigkeiten Versicherungsschutz – unabhängig von der Risikobeschreibung in den Versicherungsbedingungen und Risikoausschlüssen – gewährt. Der diesbezügliche Vortrag ist ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt. Der Beweisantritt durch Vernehmung der Vorstandsmitglieder der Beklagten ist als Ausforschungsbeweis unbeachtlich. Die Klägerpartei kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass es der Markterfahrung entspricht, dass Emissionsprospekte der Vermögensschadensschadenhaftpflichtversicherung zur Kenntnis übermittelt werden und sie auf dieser Grundlage entscheidet, ob Versicherungsschutz – unabhängig von den Versicherungsbedingungen – gewährt wird. Eine solche Markterfahrung ist der Kammer nicht bekannt. Im Übrigen dient die Einbeziehung der Vertragsbedingungen u.a. dazu, dass die Versicherungen i.d.R. gerade keine Einzelfallprüfung vornehmen.
47Mangels zuerkannter Hauptforderung steht der Klägerpartei auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
49Der Streitwert wird auf 27.977,32 EUR festgesetzt.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Selbständige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet, sich gegen die sich aus ihrer Berufstätigkeit nach den §§ 33 und 57 Absatz 3 Nummer 2 und 3 ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu versichern und diese Berufshaftpflichtversicherung während der Dauer ihrer Bestellung aufrechtzuerhalten.
(2) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Steuerberaterkammer.
(3) Die Steuerberaterkammer erteilt Dritten zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über folgende Daten der Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters, Steuerbevollmächtigten oder der Berufsausübungsgesellschaft:
Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerberater, Steuerbevollmächtigte oder die Berufsausübungsgesellschaft ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat.(1) Die Mindestversicherungssumme muß für den einzelnen Versicherungsfall zweihundertfünfzigtausend Euro betragen.
(2) Ein Selbstbehalt von eintausendfünfhundert Euro ist zulässig. Der Selbstbehalt ist auszuschließen für den Fall, daß bei Geltendmachung des Schadens durch einen Dritten die Bestellung des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten oder die Anerkennung der Berufsausübungsgesellschaft erloschen ist.
(3) Wird eine Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden vereinbart, muß sie mindestens eine Million Euro betragen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Berufsausübungsgesellschaften mit der Maßgabe, dass die Mindestversicherungssumme in den Fällen des § 55f Absatz 3 des Steuerberatungsgesetzes eine Million Euro und in den Fällen des § 55f Absatz 4 des Steuerberatungsgesetzes fünfhunderttausend Euro sowie die Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden mindestens den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme betragen muss.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerpartei.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerpartei begehrt Zahlung aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Steuerberater, die zwischen der Beklagten und der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH (nachfolgend: S GmbH) abgeschlossen worden war.
3Die K AG finanzierte Prozesse durch Vorleistung von Gerichts- und Anwaltskosten, die von hierfür gegründeten Fondsgesellschaften aufgebracht wurden. Die S GmbH war die Treuhandkommanditistin für verschiedene, in Form von Kommanditgesellschaften konstruierten Prozesskostenfonds, und zwar für die Prozesskostenfonds Erste bis Vierte K GmbH & Co. L- KG. An den Prozesskostenfonds konnten sich private und institutionelle Kapitalanleger mit einer Mindestzeichnungssumme von 5.000,00 € beteiligen. Die Beteiligung erfolgte nicht unmittelbar, sondern durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S GmbH. Die S GmbH hielt den Kommanditanteil im eigenen Namen aber für Rechnung der Anleger.
4Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages der Dritte K GmbH & Co. L- KG sollte die Beteiligung durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH erfolgen, die dann den Kommanditanteil im eigenen Namen für Rechnung der Anleger hielt. Der Treuhandkommanditist sollte seine Gesellschaftsrechte im Interesse der Treugeber ausüben; den Treugebern wurde das Recht eingeräumt, an den Gesellschaftsversammlungen teilzunehmen und bei Beschlussfassungen das auf ihre Beteiligung entfallende Stimmrecht auszuüben. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrages sollte allein die Komplementärin zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sein.
5In § 4 des Treuhandvertrages war geregelt, dass der Treuhänder den ihm erteilten Auftrag durch Erwerb eines Kommanditanteils bzw. Einräumung einer Treugeberstellung an einem bereits erworbenen Kommanditanteil erfüllt. Nach § 8 Ziffer 3 des Treuhandvertrages sollte der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben, was insbesondere für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung gelten sollte. Nach § 12 des Treuhandvertrages sollte der Treuhänder weder für den Eintritt der vom Treugeber verfolgten wirtschaftlichen und steuerlichen Ziele haften noch für die Bonität der Vertragspartner. In Bezug auf die weiteren Regelungen des Treuhandvertrages wird auf den Inhalt des Vertrages verwiesen, Anlage K 2.
6Die S GmbH war als Steuerberatungsgesellschaft bei der Beklagten berufshaftpflichtversichert; es handelte sich um eine Pflichtversicherung i.S.v. §§ 67, 158 Nr. 6 StBerG i.V.m. § 52 DVStB. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, Bl. 97 ff. d.A.) i.V.m. den Besonderen Bedingungen und der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten (Bl. 117 ff. d.A.) zugrunde, was von der Klägerpartei bestritten wird.
7Die Klägerpartei erklärte am 29.04.2005 ihren Beitritt zum Prozesskostenfonds Dritte K GmbH & Co. L- KG und schloss einen Treuhandvertrag mit der S GmbH. Die Hafteinlage belief sich auf 25.000 € zuzüglich Agio i.H.v. 1.250 €.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 08.03.2012 – Az.: 904 IN 1024/11 - wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S GmbH eröffnet. Der Insolvenzverwalter gab den Deckungsanspruch der S GmbH gegenüber der Beklagten aus dem Insolvenzbeschlag frei.
9Mit anwaltlichem Schreiben der Klägerpartei vom 03.09.2013 wurde die Beklagte aufgefordert, die Haftung dem Grunde nach zu erklären. Die Beklagte lehnte eine Haftungsübernahme ab.
10Der Anspruch der Klägerpartei auf Schadensersatz gegen die S GmbH aus Beteiligung an Prozesskostenfonds gemäß Klageschrift wurde am 06.05.2014 nachträglich in Höhe von 24.882,31 € zur Insolvenztabelle festgestellt.
11Die Klägerpartei verlangt nunmehr von der Beklagten die Rückerstattung des investierten Kapitals zuzüglich Agio –abzüglich erhaltener Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 €, die Prozesskosten 1. Instanz im Zusammenhang mit der gerichtlichen Vertretung der Klägerpartei in ihrem Verfahren gegen die S GmbH, die Kosten für das Insolvenzverfahren der S GmbH sowie der K AG und die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
12Die Klägerpartei ist der Auffassung, dass der Abschluss von Treuhandverträgen vom Versicherungsvertrag erfasst sei. Die S GmbH sei nicht als unternehmerische, geschäftsführende Treuhand tätig geworden. Die Treuhand GmbH habe sie im Vorfeld des abgeschlossenen Treuhandvertrages nicht über alle wesentlichen Anlagerisiken aufgeklärt. Sie habe es versäumt, sie über das Vorstrafenregister des J (Vorstand der K AG und Geschäftsführer der K Verwaltungs GmbH) zu informieren. Sie sei auch nicht über die im Zusammenhang mit der Anlage stehenden Weichkosten sowie über die fehlende Erfahrung mit Prozesskostenfinanzierungsmodell informiert worden. Die S GmbH habe ihre Informationspflichten vorsätzlich verletzt. Die Beklagte habe auf der Grundlage des ihr übermittelten Emissionsprospektes Versicherungsschutz zugesagt. Sie, die Klägerpartei, habe lediglich Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 € erhalten.
13Die Klägerpartei hat zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte ihr den Schaden zu ersetzen habe, der dadurch entstanden sei, dass sie sich mit einer Einlage von 25.000 € zuzüglich 5% Agio an der Dritte K GmbH & Prozesskostenfond KG beteiligt hat.
14Nunmehr beantragt die Klägerpartei,
15(1)
16die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 27.977,32 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte der Klägerpartei an der Dritte K GmbH & Co. KG mit einem Nennwert inklusive Agio von 25.000 € zu zahlen.
17Hilfsweise,
18 die Beklagte zu verurteilen, den vorbezeichneten Schadensersatzanspruch an die S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, zu zahlen.
19festzustellen, dass sich die Beklagte mit der obigen Leistung in Verzug befindet.
20Äußerst hilfsweise,
21 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, Deckung bezüglich der vorgenannten Schadensersatzansprüche der Klägerpartei zu gewähren.
22(2)
23die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.196,43 € zu bezahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte widerspricht der Klageänderung. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass der Klägerpartei kein Schadensersatz- und auch kein Direktanspruch gegen sie zustehe. Im Übrigen sei die S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH geschäftsführend tätig geworden. Hilfsweise beruft sie sich auf den Risikoausschluss in § 4 Ziffer 6 AVB (wissentliche Pflichtverletzung). Sie erhebt hilfsweise die Einrede der Verjährung des Deckungsanspruchs.
27Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze mit allen Anlagen Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist zulässig und unbegründet.
30Der Übergang von einer Feststellungsklage auf die Leistungsklage ist ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO und stellt mithin keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar.
31Die Klägerpartei hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Sie hat nicht dargelegt, wie die Beklagte sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben sollte.
32Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann zwar insoweit in einen Zahlungsantrag aus dem Berufshaftpflichtversicherungsvertrag für Schadensersatzansprüche der Klägerpartei gegen die S GmbH ausgelegt werden; ein derartiger Anspruch der Klägerpartei gegen die Beklagte besteht ebenfalls nicht.
33Grundsätzlich steht der Klägerpartei gemäß § 157 VVG a.F. zwar ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Denn nach dieser Vorschrift kann die Klägerpartei als Gläubigerin eines Schadenersatzanspruchs in der Insolvenz des Versicherungsnehmers abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Der Schadensersatzanspruch ist nachträglich zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Er ist daher im Sinne des § 154 VVG a.F. festgestellt, weil die inzwischen widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle ein Anerkenntnis im Sinne des § 154 VVG a.F. darstellt, vgl. OLG Köln, Urt. vom 20.12.2005, in VersR 2006, 1207. Durch die als Anerkenntnis zu wertende widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung durch den Insolvenzverwalter ist der Streit über Grund und Höhe der Haftpflichtforderung dem Deckungsprozess entzogen.
34Die Beklagte kann vorliegend aber mit Erfolg deckungsrechtliche Einwendungen erheben. Die Kammer hält an ihrer im Urteil vom 03.07.2013 – Az.: 20 O 431/12 - getroffenen Feststellung fest, dass die Tätigkeit der S GmbH im Zusammenhang mit den Prozesskostenfonds nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst war, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhaltete, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren waren. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen in dem obengenannten Urteil verwiesen, die vollumfänglich auf den streitgegenständlichen Sachverhalt übertragen werden können:
35„Versichert sind gemäß § 1 Ziffer 1 AVB-S nur diejenigen gesetzlichen Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts, die aus Verstößen in Ausübung der beruflichen Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin herrühren. Die versicherten Tätigkeiten sind in der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Angehörige der steuerberatenden Berufe näher definiert. Nach Ziffer 1.1 der Risikobeschreibung ist die Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder versichert. Nicht versichert sind nach § 4 Ziffer 6 AVB-S Haftpflichtansprüche, die dadurch entstehen, dass der Versicherungsnehmer im Bereich eines unternehmerischen Risikos einen Verstoß begeht, z.B. als geschäftsführender Treuhänder. Die unternehmerische Tätigkeit eines Steuerberaters als geschäftsführender Treuhänder ist nach der Risikobeschreibung wirksam vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, vgl. OLG München, Urt. vom 28.11.1995, in VersR 1997, 961.
36Bei der versicherten aufsichtsführenden Treuhandtätigkeit geht es ausschließlich um die kontrollierende bzw. beratende Wahrnehmung fremder wirtschaftlicher Interessen ohne Entscheidungsspielraum. Jedes Mitbestimmungsrecht des Treuhandkommanditisten macht eine ansonsten rein aufsichtsführende zur geschäftsführenden Treuhand.
37Nach Auffassung der Kammer enthält die Tätigkeit der S GmbH durchaus Elemente der geschäftsführenden Treuhandtätigkeit. Von einer solchen geschäftsführenden Tätigkeit ist trotz der in § 10 des Gesellschaftsvertrages vorgenommen Zuweisung der Geschäftsführerstellung auf die Komplementärin auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob sich die in § 1 des Treuhandvertrages geregelte Bevollmächtigung der S GmbH tatsächlich nur auf den Erwerb des Kommanditanteils bezieht oder entgegen des Wortlauts darüber hinausgeht. Da der Erwerb des Anteils ohnehin im eigenen Namen erfolgen soll, war eine Bevollmächtigung hierzu nicht notwendig.
38Der Treuhandvertrag räumt dem Treuhänder entgegen der Auffassung der Klägerpartei durchaus Entscheidungsspielraum ein, auch wenn grundsätzlich vorgesehen war, dass der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben sollte, auch das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Nach § 4 des Treuhandvertrages stand es dem Treuhänder frei, den Erwerbsauftrag entweder durch Erhöhung seines Kommanditanteils und anschließendes Halten dieses Anteils treuhänderisch für den jeweiligen Treugeber zu erfüllen oder aber durch Begründung eines Treuhandverhältnisses über einen bereits von ihm im eigenen Namen für eigene Rechnung erworbenen Teil des Kommanditanteils zu erfüllen. Hierdurch wurde der Treuhand GmbH ein unternehmerischer Entscheidungsspielraum eingeräumt. Weitere Entscheidungsspielräume wurden der Treuhand GmbH in Bezug auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts und der Liquidation eingeräumt. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung oblag es ihr, zu entscheiden, ob und wann sie Mehrheitsentscheidungen herbeiführte. Im Fall der Liquidation sollte nach § 9 des Treuhandvertrages das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Hinzu kommt, dass die Treuhand GmbH berechtigt war, Kommanditanteile am Fonds für eigene Rechnung zu halten, wodurch es ihr ermöglich wurde, unternehmerisch tätig zu werden, ohne Weisungen der Treugeber zu unterliegen.
39Nach dem Gesellschaftsvertrag ist der Treuhandkommanditist im eigenen Namen an der Gesellschaft beteiligt; die ihm zustehenden Gesellschaftsrechte hat er im Interesse der Treugeber auszuüben. Hinzu kommt, dass den Treuhänder, der die Beteiligung des Anlegers aufgrund des mit ihm geschlossenen Treuhandvertrages treuhänderisch für ihn hält, nach der zutreffenden Auffassung des LG Berlin im Urt. vom 22.12.2011 – Az.: 14 O 160/11 die Verpflichtung trifft, diesen über alle wesentlichen Umstände der Anlage aufzuklären, die ihm bekannt waren oder sein mussten, und unrichtige Angaben von sich aus richtig zu stellen. Dies geht nach Auffassung der Kammer über eine sog. aufsichtsführende Treuhandtätigkeit hinaus und stellt eine geschäftsführende Tätigkeit des Treuhänders. Aus dem vor dem LG Berlin geführten Verfahren ergibt sich aus, dass die S GmbH als Treuhänderin den Treugeber teilweise in der Gesellschafterversammlung vertreten hat
40Nach dem Sinn und Zweck der Pflichtversicherung für Steuerberater geht es darum, Mandanten und Dritte vor Schäden aus beruflichen Fehlleistungen zu schützen. Die streitgegenständliche Tätigkeit der S GmbH gehört nicht zu den mit dem Berufsbild des Steuerberaters zu vereinbarenden Tätigkeiten“.
41Ziffer 1.1, 6. Spiegelstrich der dem dortigen Vertrag zugrundeliegenden Risikobeschreibung entspricht Ziffer I.1, 6. Spiegelstrich der vorliegend zugrundeliegenden Risikobeschreibung und § 4 Ziffer 6 a) AVB-S entspricht Ziffer V.1 der Besonderen Bedingungen. Sowohl die Risikobeschreibung als auch die Besonderen Bedingungen liegen dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde. Dies ist angesichts der zahlreichen, bei der Kammer anhängigen Parallelfälle gerichtsbekannt.
42Mit Beschluss vom 02.06.2014 – Az.: 9 U 157/13 - hat das OLG Köln die Berufung der dortigen Kläger gegen das obengenannte Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung führt das OLG u.a. aus, dass die Abgrenzung einer – versicherten – reinen Überwachung Treuhänderschaft von einer – nicht versicherten – (auch) geschäftsführenden danach zu erfolgen habe, ob das unternehmerische Risiko allein bei der zu überwachenden Gesellschaft verbleibe unter Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität des Treuhandkommanditisten. Vorliegend habe die S GmbH durch die ihr eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob sie Angebote auf den Abschluss von Treuhandverträgen annehmen wollte oder nicht, bereits einen eigenen Handlungsspielraum gehabt, der ihre Rolle in dem Gesellschaftsgefüge von einer rein aufsichtsführenden Treuhändertätigkeit deutlich unterschieden habe. Die S GmbH habe als Treuhänderin auch das Gewinn- und Verlustrisiko getragen; ihre Gesellschafterstellung habe sich nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpft. Diesen zusätzlichen Erwägungen schließt die Kammer sich ausdrücklich an. Mit Beschluss vom 24.06.2015 – Az.: IV ZR 248/14 hat der BGH die Beschwerde der dortigen Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem oben genannten Beschluss als unzulässig verworfen und darauf hingewiesen, dass die Beschwerde im Übrigen auch unbegründet sei, da keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliege, nach denen der Senat die Revision zulassen dürfe. Nach Auffassung des BGH habe die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
43Weitere Entscheidungsspielräume der S GmbH ergeben sich nach Auffassung der Kammer aus §§ 8 Abs. 3, 9 des Treuhandvertrages. Nach § 8 Abs. 3 des Treuhandvertrages sollte die S GmbH eine Mehrheitsentscheidung der Treugeber herbeiführen für die Ausübung von Gesellschafterrechten, für die eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung nicht vorgesehen ist. Der Treuhänderin wurde insoweit ein eigener Spielraum darüber zugebilligt, welche Entscheidung sie den Treugebern zur Abstimmung vorschlägt. Es bestand damit keine Weisungsgebundenheit. Nach § 9 des Treuhandvertrages soll im Fall der Liquidation das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Damit wird der Treuhänderin ein Entscheidungsspielraum darüber eingeräumt, über das Wann und Wie der Liquidation selbst zu entscheiden.
44Eine unternehmerische Tätigkeit der S GmbH ergibt sich auch aus dem Urteil des BGH vom 09.07.2013, u.a. Az.: II ZR 193/11, 9/12). Das Urteil befasst sich mit dem Haftungsanspruch eines Anlegers gegen die S GmbH. Der BGH hat eine Haftung der S GmbH aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der Fondsgesellschaften bejaht. Die S GmbH sei zur Aufklärung der Anleger über die Vorstrafen des Herrn J verpflichtet gewesen.
45Bei der Beurteilung, ob Versicherungsschutz besteht, kann es nicht darauf ankommen, welcher Umfang dem eingeräumten Ermessen des Treuhänders zukommt und ob die Tätigkeit als berufsrechtlich zulässig oder bedenklich erscheint. Es gelten die Grundsätze des „Infektionsprinzips“ oder der „Abfärbetheorie“, vgl. OLG München, Urt. vom 30.01.1987, in VersR 1989, 1293. Jedes geringfügige Ermessen führt zum Verlust des Versicherungsschutzes für den gesamten Treuhandauftrag. Es ist nicht möglich, ein Treuhandauftrag in einen versicherten und ein nicht versicherten Teil zu trennen, vgl. Hartmann/Laufenberg, „Vermögensberatung in der Steuerkanzlei aus dem Blickwinkel des Berufs-, Haftungs- und Versicherungsrechts“, in DStR 2009, 244.
46Die Klägerpartei kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte auf der Grundlage des Emissionsprospektes bereits zugesagt haben soll, hierfür Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klägerpartei hat nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beklagte nach Vorlage des Emissionsprospektes bestätigt hat, dass sie für die damit verbundenen Tätigkeiten Versicherungsschutz – unabhängig von der Risikobeschreibung in den Versicherungsbedingungen und Risikoausschlüssen – gewährt. Der diesbezügliche Vortrag ist ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt. Der Beweisantritt durch Vernehmung der Vorstandsmitglieder der Beklagten ist als Ausforschungsbeweis unbeachtlich. Die Klägerpartei kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass es der Markterfahrung entspricht, dass Emissionsprospekte der Vermögensschadensschadenhaftpflichtversicherung zur Kenntnis übermittelt werden und sie auf dieser Grundlage entscheidet, ob Versicherungsschutz – unabhängig von den Versicherungsbedingungen – gewährt wird. Eine solche Markterfahrung ist der Kammer nicht bekannt. Im Übrigen dient die Einbeziehung der Vertragsbedingungen u.a. dazu, dass die Versicherungen i.d.R. gerade keine Einzelfallprüfung vornehmen.
47Mangels zuerkannter Hauptforderung steht der Klägerpartei auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
49Der Streitwert wird auf 27.977,32 EUR festgesetzt.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 19.800 €
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig; sie wäre auch unbegründet.
- 2
- I. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt den Betrag von 20.000 € nicht (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 3
- Der von den Klägern aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses geltend gemachten Forderung gegen den beklagten Haftpflichtversicherer ihres Titelschuldners in Höhe von 21.145 € liegt eine Hauptforderung von lediglich 19.800 € zugrunde. Der Mehrbetrag beruht auf den im Urteil des Landgerichts Berlin titulierten Zinsen sowie den Kosten für den Pfändungsantrag.
- 4
- Diese Beträge bleiben jedoch für die Bemessung des Streitwerts und der Beschwer als Nebenforderung gemäß § 4 ZPO außer Betracht. Dies gilt nicht nur für die Zinsen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 116/14, juris), sondern auch für die Kosten des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses.
- 5
- Zwar sind nach der Rechtsprechung des Senats die Kosten des Haftpflichtprozesses im Deckungsprozess gegen den Haftpflichtversicherer wertmäßig zu berücksichtigen, weil der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Haftpflichtversicherer, ihn von seiner Verpflichtung zur Zahlung der nach verlorenem Haftpflichtprozess festgesetzten Kosten zu befreien oder ihm diese zu ersetzen, sofern er sie selbst schon entrichtet hat, keine Nebenforderung zum Versicherungsschutzanspruch , sondern ein wesentlicher, hauptsächlicher Bestandteil dieses Anspruchs selbst ist (Senatsurteil vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74, VersR 1976, 477 unter I; juris Rn. 34). Für die Kosten des Pfändungsantrags trifft dies aber nicht zu (offen gelassen im Senatsurteil aaO Rn. 35). Die selbständig neben der Pflicht zur Befriedigung begründeter Ansprüche stehende Abwehrverpflichtung des Haftpflichtversicherers erstreckt sich nur auf die Abwehr von geltend gemachten Ansprüchen, die er für unbegründet erachtet, nicht aber auf die Abwehr von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen , die nach Rechtskraft des Haftpflichturteils zur Durchsetzung begründeter Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer durchgeführt werden. Soweit der Haftpflichtversicherer bei begründeten Ansprüchen gegen den Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Leistungspflicht auch diese Kosten zu ersetzen haben sollte, handelt es sich um eine in der Entstehung von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung.
- 6
- II. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf.
- 7
- Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Die Rügen aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG werden vom Senat ebenfalls für nicht durchgreifend erachtet.
- 8
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 03.07.2013- 20 O 431/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2014 - 9 U 157/13 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)