Landgericht Köln Urteil, 09. Sept. 2015 - 20 O 468/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerpartei.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerpartei begehrt Zahlung aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Steuerberater, die zwischen der Beklagten und der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH (nachfolgend: S GmbH) abgeschlossen worden war.
3Die K AG finanzierte Prozesse durch Vorleistung von Gerichts- und Anwaltskosten, die von hierfür gegründeten Fondsgesellschaften aufgebracht wurden. Die S GmbH war die Treuhandkommanditistin für verschiedene, in Form von Kommanditgesellschaften konstruierten Prozesskostenfonds, und zwar für die Prozesskostenfonds Erste bis Vierte K GmbH & Co. L- KG. An den Prozesskostenfonds konnten sich private und institutionelle Kapitalanleger mit einer Mindestzeichnungssumme von 5.000,00 € beteiligen. Die Beteiligung erfolgte nicht unmittelbar, sondern durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S GmbH. Die S GmbH hielt den Kommanditanteil im eigenen Namen aber für Rechnung der Anleger.
4Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages der Dritte K GmbH & Co. L- KG sollte die Beteiligung durch Abschluss eines Treuhandvertrages mit der S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH erfolgen, die dann den Kommanditanteil im eigenen Namen für Rechnung der Anleger hielt. Der Treuhandkommanditist sollte seine Gesellschaftsrechte im Interesse der Treugeber ausüben; den Treugebern wurde das Recht eingeräumt, an den Gesellschaftsversammlungen teilzunehmen und bei Beschlussfassungen das auf ihre Beteiligung entfallende Stimmrecht auszuüben. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrages sollte allein die Komplementärin zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sein.
5In § 4 des Treuhandvertrages war geregelt, dass der Treuhänder den ihm erteilten Auftrag durch Erwerb eines Kommanditanteils bzw. Einräumung einer Treugeberstellung an einem bereits erworbenen Kommanditanteil erfüllt. Nach § 8 Ziffer 3 des Treuhandvertrages sollte der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben, was insbesondere für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung gelten sollte. Nach § 12 des Treuhandvertrages sollte der Treuhänder weder für den Eintritt der vom Treugeber verfolgten wirtschaftlichen und steuerlichen Ziele haften noch für die Bonität der Vertragspartner. In Bezug auf die weiteren Regelungen des Treuhandvertrages wird auf den Inhalt des Vertrages verwiesen, Anlage K 2.
6Die S GmbH war als Steuerberatungsgesellschaft bei der Beklagten berufshaftpflichtversichert; es handelte sich um eine Pflichtversicherung i.S.v. §§ 67, 158 Nr. 6 StBerG i.V.m. § 52 DVStB. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, Bl. 97 ff. d.A.) i.V.m. den Besonderen Bedingungen und der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten (Bl. 117 ff. d.A.) zugrunde, was von der Klägerpartei bestritten wird.
7Die Klägerpartei erklärte am 29.04.2005 ihren Beitritt zum Prozesskostenfonds Dritte K GmbH & Co. L- KG und schloss einen Treuhandvertrag mit der S GmbH. Die Hafteinlage belief sich auf 25.000 € zuzüglich Agio i.H.v. 1.250 €.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 08.03.2012 – Az.: 904 IN 1024/11 - wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S GmbH eröffnet. Der Insolvenzverwalter gab den Deckungsanspruch der S GmbH gegenüber der Beklagten aus dem Insolvenzbeschlag frei.
9Mit anwaltlichem Schreiben der Klägerpartei vom 03.09.2013 wurde die Beklagte aufgefordert, die Haftung dem Grunde nach zu erklären. Die Beklagte lehnte eine Haftungsübernahme ab.
10Der Anspruch der Klägerpartei auf Schadensersatz gegen die S GmbH aus Beteiligung an Prozesskostenfonds gemäß Klageschrift wurde am 06.05.2014 nachträglich in Höhe von 24.882,31 € zur Insolvenztabelle festgestellt.
11Die Klägerpartei verlangt nunmehr von der Beklagten die Rückerstattung des investierten Kapitals zuzüglich Agio –abzüglich erhaltener Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 €, die Prozesskosten 1. Instanz im Zusammenhang mit der gerichtlichen Vertretung der Klägerpartei in ihrem Verfahren gegen die S GmbH, die Kosten für das Insolvenzverfahren der S GmbH sowie der K AG und die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
12Die Klägerpartei ist der Auffassung, dass der Abschluss von Treuhandverträgen vom Versicherungsvertrag erfasst sei. Die S GmbH sei nicht als unternehmerische, geschäftsführende Treuhand tätig geworden. Die Treuhand GmbH habe sie im Vorfeld des abgeschlossenen Treuhandvertrages nicht über alle wesentlichen Anlagerisiken aufgeklärt. Sie habe es versäumt, sie über das Vorstrafenregister des J (Vorstand der K AG und Geschäftsführer der K Verwaltungs GmbH) zu informieren. Sie sei auch nicht über die im Zusammenhang mit der Anlage stehenden Weichkosten sowie über die fehlende Erfahrung mit Prozesskostenfinanzierungsmodell informiert worden. Die S GmbH habe ihre Informationspflichten vorsätzlich verletzt. Die Beklagte habe auf der Grundlage des ihr übermittelten Emissionsprospektes Versicherungsschutz zugesagt. Sie, die Klägerpartei, habe lediglich Ausschüttungen i.H.v. 3.994,52 € erhalten.
13Die Klägerpartei hat zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte ihr den Schaden zu ersetzen habe, der dadurch entstanden sei, dass sie sich mit einer Einlage von 25.000 € zuzüglich 5% Agio an der Dritte K GmbH & Prozesskostenfond KG beteiligt hat.
14Nunmehr beantragt die Klägerpartei,
15(1)
16die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 27.977,32 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte der Klägerpartei an der Dritte K GmbH & Co. KG mit einem Nennwert inklusive Agio von 25.000 € zu zahlen.
17Hilfsweise,
18 die Beklagte zu verurteilen, den vorbezeichneten Schadensersatzanspruch an die S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, zu zahlen.
19festzustellen, dass sich die Beklagte mit der obigen Leistung in Verzug befindet.
20Äußerst hilfsweise,
21 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der S GmbH, vertreten durch den Insolvenzverwalter Dr. F, T-Straße, 30169 Hannover, Deckung bezüglich der vorgenannten Schadensersatzansprüche der Klägerpartei zu gewähren.
22(2)
23die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.196,43 € zu bezahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte widerspricht der Klageänderung. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass der Klägerpartei kein Schadensersatz- und auch kein Direktanspruch gegen sie zustehe. Im Übrigen sei die S Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH geschäftsführend tätig geworden. Hilfsweise beruft sie sich auf den Risikoausschluss in § 4 Ziffer 6 AVB (wissentliche Pflichtverletzung). Sie erhebt hilfsweise die Einrede der Verjährung des Deckungsanspruchs.
27Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze mit allen Anlagen Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist zulässig und unbegründet.
30Der Übergang von einer Feststellungsklage auf die Leistungsklage ist ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO und stellt mithin keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar.
31Die Klägerpartei hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Sie hat nicht dargelegt, wie die Beklagte sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben sollte.
32Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann zwar insoweit in einen Zahlungsantrag aus dem Berufshaftpflichtversicherungsvertrag für Schadensersatzansprüche der Klägerpartei gegen die S GmbH ausgelegt werden; ein derartiger Anspruch der Klägerpartei gegen die Beklagte besteht ebenfalls nicht.
33Grundsätzlich steht der Klägerpartei gemäß § 157 VVG a.F. zwar ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Denn nach dieser Vorschrift kann die Klägerpartei als Gläubigerin eines Schadenersatzanspruchs in der Insolvenz des Versicherungsnehmers abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Der Schadensersatzanspruch ist nachträglich zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Er ist daher im Sinne des § 154 VVG a.F. festgestellt, weil die inzwischen widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle ein Anerkenntnis im Sinne des § 154 VVG a.F. darstellt, vgl. OLG Köln, Urt. vom 20.12.2005, in VersR 2006, 1207. Durch die als Anerkenntnis zu wertende widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung durch den Insolvenzverwalter ist der Streit über Grund und Höhe der Haftpflichtforderung dem Deckungsprozess entzogen.
34Die Beklagte kann vorliegend aber mit Erfolg deckungsrechtliche Einwendungen erheben. Die Kammer hält an ihrer im Urteil vom 03.07.2013 – Az.: 20 O 431/12 - getroffenen Feststellung fest, dass die Tätigkeit der S GmbH im Zusammenhang mit den Prozesskostenfonds nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst war, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhaltete, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren waren. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen in dem obengenannten Urteil verwiesen, die vollumfänglich auf den streitgegenständlichen Sachverhalt übertragen werden können:
35„Versichert sind gemäß § 1 Ziffer 1 AVB-S nur diejenigen gesetzlichen Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts, die aus Verstößen in Ausübung der beruflichen Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin herrühren. Die versicherten Tätigkeiten sind in der Risikobeschreibung für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Angehörige der steuerberatenden Berufe näher definiert. Nach Ziffer 1.1 der Risikobeschreibung ist die Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder versichert. Nicht versichert sind nach § 4 Ziffer 6 AVB-S Haftpflichtansprüche, die dadurch entstehen, dass der Versicherungsnehmer im Bereich eines unternehmerischen Risikos einen Verstoß begeht, z.B. als geschäftsführender Treuhänder. Die unternehmerische Tätigkeit eines Steuerberaters als geschäftsführender Treuhänder ist nach der Risikobeschreibung wirksam vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, vgl. OLG München, Urt. vom 28.11.1995, in VersR 1997, 961.
36Bei der versicherten aufsichtsführenden Treuhandtätigkeit geht es ausschließlich um die kontrollierende bzw. beratende Wahrnehmung fremder wirtschaftlicher Interessen ohne Entscheidungsspielraum. Jedes Mitbestimmungsrecht des Treuhandkommanditisten macht eine ansonsten rein aufsichtsführende zur geschäftsführenden Treuhand.
37Nach Auffassung der Kammer enthält die Tätigkeit der S GmbH durchaus Elemente der geschäftsführenden Treuhandtätigkeit. Von einer solchen geschäftsführenden Tätigkeit ist trotz der in § 10 des Gesellschaftsvertrages vorgenommen Zuweisung der Geschäftsführerstellung auf die Komplementärin auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob sich die in § 1 des Treuhandvertrages geregelte Bevollmächtigung der S GmbH tatsächlich nur auf den Erwerb des Kommanditanteils bezieht oder entgegen des Wortlauts darüber hinausgeht. Da der Erwerb des Anteils ohnehin im eigenen Namen erfolgen soll, war eine Bevollmächtigung hierzu nicht notwendig.
38Der Treuhandvertrag räumt dem Treuhänder entgegen der Auffassung der Klägerpartei durchaus Entscheidungsspielraum ein, auch wenn grundsätzlich vorgesehen war, dass der Treugeber seine Rechte unmittelbar ausüben sollte, auch das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Nach § 4 des Treuhandvertrages stand es dem Treuhänder frei, den Erwerbsauftrag entweder durch Erhöhung seines Kommanditanteils und anschließendes Halten dieses Anteils treuhänderisch für den jeweiligen Treugeber zu erfüllen oder aber durch Begründung eines Treuhandverhältnisses über einen bereits von ihm im eigenen Namen für eigene Rechnung erworbenen Teil des Kommanditanteils zu erfüllen. Hierdurch wurde der Treuhand GmbH ein unternehmerischer Entscheidungsspielraum eingeräumt. Weitere Entscheidungsspielräume wurden der Treuhand GmbH in Bezug auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts und der Liquidation eingeräumt. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung oblag es ihr, zu entscheiden, ob und wann sie Mehrheitsentscheidungen herbeiführte. Im Fall der Liquidation sollte nach § 9 des Treuhandvertrages das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Hinzu kommt, dass die Treuhand GmbH berechtigt war, Kommanditanteile am Fonds für eigene Rechnung zu halten, wodurch es ihr ermöglich wurde, unternehmerisch tätig zu werden, ohne Weisungen der Treugeber zu unterliegen.
39Nach dem Gesellschaftsvertrag ist der Treuhandkommanditist im eigenen Namen an der Gesellschaft beteiligt; die ihm zustehenden Gesellschaftsrechte hat er im Interesse der Treugeber auszuüben. Hinzu kommt, dass den Treuhänder, der die Beteiligung des Anlegers aufgrund des mit ihm geschlossenen Treuhandvertrages treuhänderisch für ihn hält, nach der zutreffenden Auffassung des LG Berlin im Urt. vom 22.12.2011 – Az.: 14 O 160/11 die Verpflichtung trifft, diesen über alle wesentlichen Umstände der Anlage aufzuklären, die ihm bekannt waren oder sein mussten, und unrichtige Angaben von sich aus richtig zu stellen. Dies geht nach Auffassung der Kammer über eine sog. aufsichtsführende Treuhandtätigkeit hinaus und stellt eine geschäftsführende Tätigkeit des Treuhänders. Aus dem vor dem LG Berlin geführten Verfahren ergibt sich aus, dass die S GmbH als Treuhänderin den Treugeber teilweise in der Gesellschafterversammlung vertreten hat
40Nach dem Sinn und Zweck der Pflichtversicherung für Steuerberater geht es darum, Mandanten und Dritte vor Schäden aus beruflichen Fehlleistungen zu schützen. Die streitgegenständliche Tätigkeit der S GmbH gehört nicht zu den mit dem Berufsbild des Steuerberaters zu vereinbarenden Tätigkeiten“.
41Ziffer 1.1, 6. Spiegelstrich der dem dortigen Vertrag zugrundeliegenden Risikobeschreibung entspricht Ziffer I.1, 6. Spiegelstrich der vorliegend zugrundeliegenden Risikobeschreibung und § 4 Ziffer 6 a) AVB-S entspricht Ziffer V.1 der Besonderen Bedingungen. Sowohl die Risikobeschreibung als auch die Besonderen Bedingungen liegen dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde. Dies ist angesichts der zahlreichen, bei der Kammer anhängigen Parallelfälle gerichtsbekannt.
42Mit Beschluss vom 02.06.2014 – Az.: 9 U 157/13 - hat das OLG Köln die Berufung der dortigen Kläger gegen das obengenannte Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung führt das OLG u.a. aus, dass die Abgrenzung einer – versicherten – reinen Überwachung Treuhänderschaft von einer – nicht versicherten – (auch) geschäftsführenden danach zu erfolgen habe, ob das unternehmerische Risiko allein bei der zu überwachenden Gesellschaft verbleibe unter Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität des Treuhandkommanditisten. Vorliegend habe die S GmbH durch die ihr eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob sie Angebote auf den Abschluss von Treuhandverträgen annehmen wollte oder nicht, bereits einen eigenen Handlungsspielraum gehabt, der ihre Rolle in dem Gesellschaftsgefüge von einer rein aufsichtsführenden Treuhändertätigkeit deutlich unterschieden habe. Die S GmbH habe als Treuhänderin auch das Gewinn- und Verlustrisiko getragen; ihre Gesellschafterstellung habe sich nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpft. Diesen zusätzlichen Erwägungen schließt die Kammer sich ausdrücklich an. Mit Beschluss vom 24.06.2015 – Az.: IV ZR 248/14 hat der BGH die Beschwerde der dortigen Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem oben genannten Beschluss als unzulässig verworfen und darauf hingewiesen, dass die Beschwerde im Übrigen auch unbegründet sei, da keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliege, nach denen der Senat die Revision zulassen dürfe. Nach Auffassung des BGH habe die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
43Weitere Entscheidungsspielräume der S GmbH ergeben sich nach Auffassung der Kammer aus §§ 8 Abs. 3, 9 des Treuhandvertrages. Nach § 8 Abs. 3 des Treuhandvertrages sollte die S GmbH eine Mehrheitsentscheidung der Treugeber herbeiführen für die Ausübung von Gesellschafterrechten, für die eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung nicht vorgesehen ist. Der Treuhänderin wurde insoweit ein eigener Spielraum darüber zugebilligt, welche Entscheidung sie den Treugebern zur Abstimmung vorschlägt. Es bestand damit keine Weisungsgebundenheit. Nach § 9 des Treuhandvertrages soll im Fall der Liquidation das Gesellschaftsvermögen unter Wahrung der Interessen aller Treugeber mit wirtschaftlich vertretbarer Beschleunigung verwertet werden. Damit wird der Treuhänderin ein Entscheidungsspielraum darüber eingeräumt, über das Wann und Wie der Liquidation selbst zu entscheiden.
44Eine unternehmerische Tätigkeit der S GmbH ergibt sich auch aus dem Urteil des BGH vom 09.07.2013, u.a. Az.: II ZR 193/11, 9/12). Das Urteil befasst sich mit dem Haftungsanspruch eines Anlegers gegen die S GmbH. Der BGH hat eine Haftung der S GmbH aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der Fondsgesellschaften bejaht. Die S GmbH sei zur Aufklärung der Anleger über die Vorstrafen des Herrn J verpflichtet gewesen.
45Bei der Beurteilung, ob Versicherungsschutz besteht, kann es nicht darauf ankommen, welcher Umfang dem eingeräumten Ermessen des Treuhänders zukommt und ob die Tätigkeit als berufsrechtlich zulässig oder bedenklich erscheint. Es gelten die Grundsätze des „Infektionsprinzips“ oder der „Abfärbetheorie“, vgl. OLG München, Urt. vom 30.01.1987, in VersR 1989, 1293. Jedes geringfügige Ermessen führt zum Verlust des Versicherungsschutzes für den gesamten Treuhandauftrag. Es ist nicht möglich, ein Treuhandauftrag in einen versicherten und ein nicht versicherten Teil zu trennen, vgl. Hartmann/Laufenberg, „Vermögensberatung in der Steuerkanzlei aus dem Blickwinkel des Berufs-, Haftungs- und Versicherungsrechts“, in DStR 2009, 244.
46Die Klägerpartei kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte auf der Grundlage des Emissionsprospektes bereits zugesagt haben soll, hierfür Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klägerpartei hat nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beklagte nach Vorlage des Emissionsprospektes bestätigt hat, dass sie für die damit verbundenen Tätigkeiten Versicherungsschutz – unabhängig von der Risikobeschreibung in den Versicherungsbedingungen und Risikoausschlüssen – gewährt. Der diesbezügliche Vortrag ist ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt. Der Beweisantritt durch Vernehmung der Vorstandsmitglieder der Beklagten ist als Ausforschungsbeweis unbeachtlich. Die Klägerpartei kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass es der Markterfahrung entspricht, dass Emissionsprospekte der Vermögensschadensschadenhaftpflichtversicherung zur Kenntnis übermittelt werden und sie auf dieser Grundlage entscheidet, ob Versicherungsschutz – unabhängig von den Versicherungsbedingungen – gewährt wird. Eine solche Markterfahrung ist der Kammer nicht bekannt. Im Übrigen dient die Einbeziehung der Vertragsbedingungen u.a. dazu, dass die Versicherungen i.d.R. gerade keine Einzelfallprüfung vornehmen.
47Mangels zuerkannter Hauptforderung steht der Klägerpartei auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
49Der Streitwert wird auf 27.977,32 EUR festgesetzt.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 09. Sept. 2015 - 20 O 468/14
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Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 09. Sept. 2015 - 20 O 468/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Selbständige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet, sich gegen die sich aus ihrer Berufstätigkeit nach den §§ 33 und 57 Absatz 3 Nummer 2 und 3 ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu versichern und diese Berufshaftpflichtversicherung während der Dauer ihrer Bestellung aufrechtzuerhalten.
(2) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Steuerberaterkammer.
(3) Die Steuerberaterkammer erteilt Dritten zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über folgende Daten der Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters, Steuerbevollmächtigten oder der Berufsausübungsgesellschaft:
Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerberater, Steuerbevollmächtigte oder die Berufsausübungsgesellschaft ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat.(1) Die Mindestversicherungssumme muß für den einzelnen Versicherungsfall zweihundertfünfzigtausend Euro betragen.
(2) Ein Selbstbehalt von eintausendfünfhundert Euro ist zulässig. Der Selbstbehalt ist auszuschließen für den Fall, daß bei Geltendmachung des Schadens durch einen Dritten die Bestellung des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten oder die Anerkennung der Berufsausübungsgesellschaft erloschen ist.
(3) Wird eine Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden vereinbart, muß sie mindestens eine Million Euro betragen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Berufsausübungsgesellschaften mit der Maßgabe, dass die Mindestversicherungssumme in den Fällen des § 55f Absatz 3 des Steuerberatungsgesetzes eine Million Euro und in den Fällen des § 55f Absatz 4 des Steuerberatungsgesetzes fünfhunderttausend Euro sowie die Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden mindestens den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme betragen muss.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
Ist das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben worden, verändert sich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Das Recht, wegen der Verletzung der Anzeigepflicht von dem Vertrag zurückzutreten, steht dem Versicherer abweichend von § 19 Abs. 2 nur zu, wenn er den Vertrag bei richtiger Altersangabe nicht geschlossen hätte.
(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 03.07.2013 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln, Az. 20 O 431/12, wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.07.2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
G R Ü N D E
1I.
2Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Steuerberater in Anspruch, welche die zwischenzeitlich in Insolvenz gefallene U C mbH (nachfolgend: „U“) bei der Beklagten unterhielt.
3Durch rechtskräftiges Urteil des LG Berlin vom 22.12.2011 - 14 O 160/11 - wurde die U verurteilt, an die Kläger insgesamt 19.800,- EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen und die Kläger von sämtlichen etwaigen Ansprüchen freizustellen, die an sie im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Vierte K GmbH & Co Q KG gerichtet werden. Das Landgericht Berlin sah in dem Urteil vom 22.12.2011 (Anlage K9, Bl. 107ff GA), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, den von den Klägern erhobenen Vorwurf unzureichender Aufklärung über Prospekt- und Informationsfehler hinsichtlich der mit der Beteiligung verbundenen Risiken als begründet an. Nach Pfändung und Überweisung des vermeintlichen Deckungsanspruchs der U haben die Kläger vor dem Landgericht Köln Klage gegen die Beklagte erhoben, weil sich diese auf den Standpunkt stellte, dass die Treuhandtätigkeit der U im Zusammenhang mit ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin für den Q nicht zum Bereich ihrer versicherten beruflichen Tätigkeit gehöre. Mit dem angefochtenen Urteil hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Tätigkeit der U Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit aufgewiesen habe, weshalb sie gemäß § 4 Ziffer 6 AVB – S als unternehmerische Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgenommen sei. Wegen aller Einzelheiten - einschließlich der erstinstanzlichen Anträge - wird auf das Urteil der 20. Zivilkammer vom 03.07.2013 (Bl. 224 ff GA) verwiesen.
4Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerechte Berufung der Kläger, mit der sie fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht rügen. Das Landgericht habe die Regelungen des Steuerberatungsgesetzes und die zur Einstandspflicht der Berufshaftpflichtversicherer bei Treuhandtätigkeiten von Steuerberatern ergangene Rechtsprechung missachtet, wonach eine geschäftsführende Treuhand nur anzunehmen sei, wenn der Treuhänder die Geschäfte des Fonds führe, was hier aber nicht der Fall gewesen sei.
5Die Kläger beantragen,
6unter Abänderung des angefochtenen Urteils
7die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 21.145,00 EUR zuzüglich weiterer Tageszinsen auf diese Forderung ab dem 01.06.2012 in Höhe von 2.816,00 EUR zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wobei die Beklagte ihren Vortrag erster Instanz wiederholt und vertieft.
11II.
12Die zulässige Berufung ist in der Sache offensichtlich unbegründet. Den Klägern steht der mit ihrem Rechtsmittel weiterverfolgte Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen in Höhe von 21.145,- EUR aus dem zwischen der Beklagten und der U geschlossenen Berufshaftpflichtversicherungsvertrag gemäߠ § 1 VVG in Verbindung mit § 4 Nr. 6 AVB- S nicht zu. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit der U im Zusammenhang mit den Q nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst war, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhaltete, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren waren.
13Der Senat nimmt insoweit gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf die Begründung seines Beschlusses vom 06.02.2014 Bezug.
14Diese wird durch das Vorbringen der Kläger mit Schriftsatz vom 02.04.2014 nicht entkräftet. Soweit die Kläger es inhaltlich und rechtlich für nicht nachvollziehbar halten, woraus sich die vom Senat in seinem Hinweisbeschluss erwähnte Bindungswirkung der vom LG Berlin im Haftungsprozess getroffenen Feststellungen ergeben soll, ist anzumerken, dass die aus dem materiellen Leistungsversprechen des Haftpflichtversicherers folgende Bindungswirkung an die im Haftpflichtprozess getroffenen Feststellungen wesentliches Korrektiv des im Haftpflichtversicherungsrecht geltenden Trennungsprinzips ist (BGH VersR 1992, 1504 und ständig); sie bewirkt, dass die im Haftpflichtprozess rechtskräftig getroffenen Feststellungen zur Haftpflichtfrage auch für den Deckungsprozess Gültigkeit haben.
15Danach ist für die Entscheidung im vorliegend nach Erwirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch die Kläger eingeleiteten Deckungsprozess davon auszugehen, dass die U den Klägern wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne schadensersatzpflichtig ist, §§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V. m. § 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB, weil sie die Kläger entgegen den in ihrer Eigenschaft als Treuhandkommanditistin begründeten Pflicht, die künftigen Treugeber über alle für die Anlageentscheidung maßgeblich bedeutsamen Umstände zu informieren, nicht darüber aufgeklärt hatte, dass der Emissionsprospekt unzureichende Informationen über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken beinhaltete. Auf der Grundlage der in dem Urteil des LG Berlin vom 22.12. 2011 im Weiteren getroffenen Feststellungen sowie der unstreitigen, u.a. aus dem Anlageprospekt selbst hervorgehenden Erkenntnisse ist ferner im hiesigen Deckungsprozess davon auszugehen, dass sich die Gesellschafterstellung der U nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpfte, sondern die U auch einen eigenen Anteil hielt und damit nicht nur Treuhandgesellschafterin war, sondern auch „normale“ Gesellschafterin (vgl. dazu BGH, Urteil vom 09.07.2013- II ZR 193/11). Durch die ihr eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob sie Angebote auf den Abschluss von Treuhandverträgen annehmen wollte oder nicht, hatte die U zudem einen eigenen Handlungsspielraum, der ihre Rolle in dem Gesellschaftsgefüge von einer rein aufsichtführenden Treuhändertätigkeit deutlich unterschied. Die vom Landgericht in dem angefochtenen Urteil aufgezeigten hinzutretenden Besonderheiten ihrer Aufgabenzuweisungen belegen, wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 06.02.2014 dargelegt hat, noch zusätzlich den unternehmerischen Charakter der von der U ausgeübten Funktionen. Indem die Kläger den vom Landgericht genannten Beispielen aus dem Katalog der von der U wahrzunehmenden Aufgaben und Befugnisse einen unternehmerischen Charakter absprechen, setzen sie ohne Erfolg lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der zutreffenden Beurteilung des Landgerichts.
16III.
17Die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen auch ansonsten vor. Die Sache hat keine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
19Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.
20Wert des Berufungsverfahrens: 21.145,00 €
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 19.800 €
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig; sie wäre auch unbegründet.
- 2
- I. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt den Betrag von 20.000 € nicht (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 3
- Der von den Klägern aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses geltend gemachten Forderung gegen den beklagten Haftpflichtversicherer ihres Titelschuldners in Höhe von 21.145 € liegt eine Hauptforderung von lediglich 19.800 € zugrunde. Der Mehrbetrag beruht auf den im Urteil des Landgerichts Berlin titulierten Zinsen sowie den Kosten für den Pfändungsantrag.
- 4
- Diese Beträge bleiben jedoch für die Bemessung des Streitwerts und der Beschwer als Nebenforderung gemäß § 4 ZPO außer Betracht. Dies gilt nicht nur für die Zinsen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 116/14, juris), sondern auch für die Kosten des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses.
- 5
- Zwar sind nach der Rechtsprechung des Senats die Kosten des Haftpflichtprozesses im Deckungsprozess gegen den Haftpflichtversicherer wertmäßig zu berücksichtigen, weil der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Haftpflichtversicherer, ihn von seiner Verpflichtung zur Zahlung der nach verlorenem Haftpflichtprozess festgesetzten Kosten zu befreien oder ihm diese zu ersetzen, sofern er sie selbst schon entrichtet hat, keine Nebenforderung zum Versicherungsschutzanspruch , sondern ein wesentlicher, hauptsächlicher Bestandteil dieses Anspruchs selbst ist (Senatsurteil vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74, VersR 1976, 477 unter I; juris Rn. 34). Für die Kosten des Pfändungsantrags trifft dies aber nicht zu (offen gelassen im Senatsurteil aaO Rn. 35). Die selbständig neben der Pflicht zur Befriedigung begründeter Ansprüche stehende Abwehrverpflichtung des Haftpflichtversicherers erstreckt sich nur auf die Abwehr von geltend gemachten Ansprüchen, die er für unbegründet erachtet, nicht aber auf die Abwehr von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen , die nach Rechtskraft des Haftpflichturteils zur Durchsetzung begründeter Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer durchgeführt werden. Soweit der Haftpflichtversicherer bei begründeten Ansprüchen gegen den Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Leistungspflicht auch diese Kosten zu ersetzen haben sollte, handelt es sich um eine in der Entstehung von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung.
- 6
- II. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf.
- 7
- Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Die Rügen aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG werden vom Senat ebenfalls für nicht durchgreifend erachtet.
- 8
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 03.07.2013- 20 O 431/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2014 - 9 U 157/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 21. August 2006 über die T. mbH Steuerberatungsgesellschaft H. (im Folgenden: frühere Beklagte, Schuldnerin) als Treuhänderin an der V. GmbH & Co. P. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einer Einlage in Höhe von 50.000 € nebst 5 % Agio. Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft und deren Geschäftsbesorgerin ist die J. AG, Komplementärin die J. Verwaltungs GmbH, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der J. AG. Deren Vorstand und zugleich Geschäftsführer der J. Verwaltungs GmbH war M.
H.
- 2
- Das Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages gab der Anleger durch Unterzeichnung einer vorformulierten Beitrittserklärung ab. Diese sollte an die Fondsgesellschaft geschickt und von dort an die frühere Beklagte weitergeleitet werden. Angenommen wurde die Beitrittserklärung nach der Feststellung des Berufungsgerichts jeweils von der früheren Beklagten und der Fondsgesellschaft.
- 3
- Gegen H. wurde am 18. Februar 2009 Anklage wegen mehrfacher Untreue und Urkundsdelikten erhoben. Er ist ausweislich der Eintragungen im Bundeszentralregister 23-mal vorbestraft.
- 4
- Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie über diese Vorstrafen, aber auch über negative Presseberichte und den Umstand, dass eine Bankgarantie noch nicht vorlag, von der früheren Beklagten hätte informiert werden müssen. Da das nicht geschehen ist, hat sie mit ihrer Klage - nach einer teilweisen Klagerücknahme in Höhe von 15.000 € im Hinblick auf eine an sie geleistete Ausschüttung - Zahlung in Höhe von 37.500 € verlangt, das ist die Einlage nebst Agio abzüglich erhaltener Ausschüttungen, zuzüglich 2.429,27 € außergerichtliche Anwaltskosten, Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Rechte aus der Beteiligung , und die Feststellung begehrt, dass die frühere Beklagte im Annahmeverzug ist.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin.
- 6
- Während des dem Revisionsverfahren vorangegangenen Beschwerdeverfahrens ist über das Vermögen der früheren Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt worden. Die Klägerin hat den Rechtsstreit aufgenommen, nachdem sie ihre Forderung in Höhe des ursprünglichen Klagebetrags von 52.500 € nebst 11.100 € Zinsen zur Insolvenztabelle angemeldet und der Beklagte ihr widersprochen hatte.
- 7
- Die Klägerin hat beantragt, das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klageforderung in Höhe von 37.500 € zuzüglich 8.320,83 € Zinsen in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zur Tabelle festzustellen.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen, soweit die Klägerin Zahlung in Höhe von 37.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der Fondsgesellschaft verlangt hat. Die übrigen Anträge (außergerichtliche Anwaltskosten und Feststellung des Annahmeverzugs) hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht weiterverfolgt.
- 9
- Die Sache ist hinsichtlich der nunmehr begehrten Feststellung der Forderung in Höhe von 37.500 € nebst 8.320,83 Zinsen zur Insolvenztabelle jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif und daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 10
- I. Die Änderung des von der Klägerin bisher gestellten Zahlungsantrags nach § 179 Abs. 1 InsO auf die Feststellung der Klageforderung in Höhe von 37.500 € nebst Zinsen zur Insolvenztabelle ist auch in der Revisionsinstanz zu- lässig (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 1994 - VIII ZR 28/94, ZIP 1994,
1193).
- 11
- II. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Schuldnerin verneint.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 13
- Ansprüche aus § 13 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz oder aus Prospekthaftung im engeren Sinne schieden aus, weil die Schuldnerin nicht für den Prospektinhalt verantwortlich sei und die Klägerin auch nicht durch den Prospekt zu ihrer Anlageentscheidung veranlasst worden sei.
- 14
- Die Schuldnerin habe auch keine vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt. Sie sei als Treuhandkommanditistin insbesondere nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Vorstrafen des M. H. hinzuweisen. Denn die durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass die Schuldnerin von diesem Umstand Kenntnis gehabt habe. Auch müsse sich dieSchuldnerin nicht ein etwaiges Verschulden des Vermittlers B. oder der Fondsgesellschaft zurechnen lassen. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass die Schuldnerin den Vermittler oder die Fondsgesellschaft mit der Vertragsanbahnung beauftragt habe.
- 15
- Über die vereinzelt gebliebene negative Berichterstattung habe die Schuldnerin ebenfalls nicht aufklären müssen. Die von der Klägerin bemängelte Bankgarantie sei rechtzeitig vorgelegt worden.
- 16
- 2. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Insolvenzmasse haftet die Klägerin auf Schadensersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Fondsbeitritt.
- 17
- a) Die Schuldnerin war aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der Fondsgesellschaften zur Aufklärung der Klägerin über die Vorstrafen des M. H. verpflichtet.
- 18
- aa) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB (st. Rspr., s. etwa BGH, Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 9 und II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 23). Danach obliegen dem, der selbst oder durch einen Verhandlungsgehilfen einen Vertragsschluss anbahnt, gewisse Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet (MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 112). Diese Haftung wird - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - durch die spezialgesetzlichen Formen der Prospekthaftung nicht außer Kraft gesetzt (Suchomel, NJW 2013, 1126, 1129 ff.; Nobbe, WM 2013, 193, 204; Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 15 Rn. 187, aA Reinelt, NJW 2009, 1, 3; zur Haftung von Wirtschaftsprüfern s. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12, ZIP 2013, 935 Rn. 13; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2013 - III ZR 182/12, ZIP 2013, 921 Rn. 23).
- 19
- Abgesehen von dem Sonderfall des § 311 Abs. 3 BGB, in dem auch ein Dritter haften kann, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, trifft die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 23). Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter. Denn der Aufnahmevertrag wird bei einer Personengesellschaft zwischen dem neu eintretenden Gesellschafter und den Altgesellschaftern geschlossen (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 9). Die Komplementärin kann dabei bevollmächtigt werden, im Namen der übrigen Gesellschafter zu handeln, was hier in § 5 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge geschehen ist.
- 20
- Bei einer Publikumsgesellschaft - wie hier bei der Fondsgesellschaft - ist eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nur insoweit ausgeschlossen , als sie sich gegen Altgesellschafter richten würde, die nach der Gründung der Gesellschaft rein kapitalistisch beigetreten sind und auf die Vertragsgestaltung und die Beitrittsverhandlungen und -abschlüsse erkennbar keinerlei Einfluss haben (BGH, Urteil vom 24. April 1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, 286; Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7). Sie sind in der Regel bei ihrem Beitritt ebenso nicht ordnungsgemäß über die Risiken der Anlage aufgeklärt worden wie die Neugesellschafter. Es wäre deshalb unbillig, wenn bei dieser Sachlage die früher beigetretenen Anlagegesellschafter den später beigetretenen haften würden.
- 21
- Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob die Schuldnerin zu den Gründungskommanditisten der Fondsgesellschaft gehört. Denn jedenfalls war sie schon Gesellschafterin, als sich die ersten Anleger an der Fondsgesellschaft beteiligt haben. Diese Gesellschafterstellung erschöpfte sich auch nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber. Die Schuldnerin hielt vielmehr auch einen eigenen Anteil. Damit war sie nicht nur Treuhandgesellschafterin , so dass offen bleiben kann, ob ein Treuhandgesellschafter, der ausschließlich als solcher beteiligt ist, einem geringeren Pflichtenkatalog unter- liegt. Die Schuldnerin haftet vielmehr - auch - als „normale“ Gesellschafterin. Ihr kommen die Haftungserleichterungen für rein kapitalistische Anleger nicht zugute. Anders als jene verfolgt sie nicht ausschließlich Anlageinteressen. Sie erhält für ihre Dienste nach § 11 des Treuhandvertrages ein einmaliges Entgelt und sodann eine jährliche Vergütung. Auch war sie nicht - wie ein nur kapitalistisch beteiligter Anlagegesellschafter - erkennbar von jedem Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Einwerbung von neuen Gesellschaftern ausgeschlossen. Unabhängig von der Frage, ob sie tatsächlich auf die Gestaltung des Gesellschafts - und des Treuhandvertrages Einfluss genommen hat, war das aufgrund ihrer Einbindung in die Gesellschaftsstruktur jedenfalls aus der Sicht der Anleger nicht ausgeschlossen. Die Anleger mussten daher auch nicht davon ausgehen, dass die Schuldnerin zu ihrem Gesellschaftsbeitritt und ihrer Tätigkeit als Treuhänderin ausschließlich mit den Informationen gewonnen worden war, die sich aus dem Prospekt ergaben. Zumindest aber hatte die Schuldnerin insoweit einen eigenen Handlungsspielraum, als sie die Angebote auf Abschluss von Treuhandverträgen annehmen oder ablehnen konnte und ohne ihre Annahmeerklärung solche Verträge nicht zustande kommen konnten.
- 22
- Dass die Klägerin nicht - unmittelbar - als Kommanditistin, sondern nur mittelbar über die Schuldnerin als Treuhänderin beteiligt werden wollte - wie das Berufungsgericht festgestellt hat und was die Revision daher ohne Erfolg in Frage stellt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11) -, ist für die Haftung der Schuldnerin als Gesellschafterin der Fondsgesellschaft ebenfalls ohne Bedeutung. Denn aufgrund der Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses in § 6 des Gesellschaftsvertrages und § 8 des Treuhandvertrages sollte die Klägerin im Innenverhältnis so gestellt werden, als wäre sie - unmittelbare - Gesellschafterin (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 - II ZR 69/12, ZIP 2012, 1289 Rn. 17 f.; Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 9 und II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 10; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7). Dann aber würde ihr die Schuldnerin - in ihrer Eigenschaft als Altgesellschafterin - persönlich für Verletzungen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht auf Schadensersatz haften.
- 23
- Dass die Beitrittsinteressenten neben dem Treuhandmodell die Möglichkeit hatten, auch als - unmittelbare - Gesellschafter der Fondsgesellschaft beizutreten , spielt keine Rolle. Denn jedenfalls war die Schuldnerin für den Großteil der Anleger, die nur treuhänderisch beitreten wollten, notwendige Vertragspartnerin (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08, ZIP 2010, 1801 Rn. 9).
- 24
- bb) Auf die Vorstrafen des M. H. hätte die Klägerin in dem Emissionsprospekt oder auf andere Weise hingewiesen werden müssen.
- 25
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, verständlich und vollständig aufgeklärt werden, wozu auch eine Aufklärung über Umstände gehört, die den Vertragszweck vereiteln können (s. etwa BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 13 mwN). Dazu gehörte es hier, über die Vorstrafen des für die Verwaltung des Fondsvermögens zuständigen M. H. zu informieren.
- 26
- Eine derartige Offenbarungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn die abgeurteilten Straftaten nach Art und Schwere geeignet sind, ein Vertrauen der Anleger in die Zuverlässigkeit der betreffenden Person zu erschüttern. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Es ging nicht nur um vereinzelt gebliebene Verurteilungen und auch nicht um Verurteilungen, die nur andere als Vermögensdelikte betrafen. Vielmehr war M. H. unter ande- rem wegen Eigentumsdelikten, mehrfachen Betruges, Meineids, mehrfacher Beitragsvorenthaltung und Insolvenzverschleppung verurteilt worden. Die Fülle der Vorstrafen und der Umstand, dass sich H. trotz zum Teil vollzogener Freiheitsstrafen nicht von der Begehung weiterer Straftaten hatte abhalten lassen , stellt eine Information dar, die von ausschlaggebender Bedeutung für den Entschluss der Anleger war, ihr Geld gerade ihm anzuvertrauen. Dass die Strafen noch nicht ausreichten, um ihn von dem Amt des Geschäftsführers einer GmbH oder des Vorstands einer Aktiengesellschaft nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 AktG für die Dauer von fünf Jahren auszuschließen, ist für die Aufklärungspflicht ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob und inwieweit die Strafen auch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 der am 6. Dezember 2011 in Kraft getretenen Vermögensanlagen -Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) in einem Verkaufsprospekt nach § 1 Abs. 2 VermAnlG zu offenbaren gewesen wären. Zum einen handelt es sich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VermVerkProspV bei dieser Aufzählung lediglich um Mindestangaben, zum anderen betrifft sie nur die spezialgesetzlich angeordnete Prospekthaftung nach §§ 1, 6 ff. VermAnlG, nicht dagegen die Prospekthaftung im weiteren Sinne, also die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss.
- 27
- b) Dass der Aufklärungsmangel für den Abschluss des Beteiligungsvertrages durch die Klägerin ursächlich geworden ist und dass die Klägerin dadurch einen Schaden in der geltend gemachten Höhe erlitten hat, wird von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellt.
- 28
- c) Ob die Schuldnerin ein persönliches Verschulden an der Aufklärungspflichtverletzung trifft, kann offen bleiben. Denn jedenfalls ist ihr das Verschulden der J. Verwaltungs GmbH und ihres Geschäftsführers M. H. nach § 278 BGB zuzurechnen.
- 29
- Für eine Zurechnung des Verschuldens eines Verhandlungsgehilfen nach § 278 Satz 1 BGB reicht es aus, dass der spätere Vertragspartner - hier die Schuldnerin hinsichtlich des im Innenverhältnis einer Beteiligung als Gesellschafter gleichstehenden Treuhandvertrages - die Vertragsverhandlungen nicht selbst führt und dabei auch nicht selbst die etwaigen Aufklärungspflichten erfüllt , sondern sich dazu der Hilfe eines anderen bedient (BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 - II ZR 69/12, ZIP 2012, 1289 Rn. 10; Urteil vom 21. September 1987 - II ZR 265/86, NJW-RR 1988, 161). Der Verhandlungsgehilfe muss entgegen der Auffassung der Revision keine Abschlussvollmacht haben (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 259/87, NJW 1990, 1661, 1662; Erman /Kindl, BGB, 13. Aufl., § 311 Rn. 24). Entscheidend ist allein, dass er nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird (BGH, Urteil vom 8. Februar 1974 - V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124, Urteil vom 9. Oktober 1986 - I ZR 138/84, BGHZ 98, 330, 334; Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08, WM 2011, 1465 Rn. 24).
- 30
- Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Schuldnerin hat sich bei der Anwerbung von Anlegern als Treugeber oder - unmittelbare - Gesellschafter der der Komplementärin J. Verwaltungs GmbH als Verhandlungs- und damit Erfüllungsgehilfin im Sinne des § 278 Satz 1 BGB bedient. Diese wiederum hat die J. AG als Gründungskommanditistin und Geschäftsbesorgerin mit der Durchführung der Vertragsanbahnungen beauftragt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 - II ZR 69/12, ZIP 2012, 1289 Rn. 14). Der Beklagte kann sich daher nicht auf fehlendes eigenes Verschulden der Schuldnerin berufen.
- 31
- Ob der Vorstandsvorsitzende der J. AG und zugleich Geschäftsführer der Komplementärin der Fondsgesellschaft, nämlich M. H. , um dessen Vorstrafen es geht, selbst gehandelt hat, kann offen bleiben. Jedenfalls wäre sein Wissen von den Vorstrafen den beiden Gesellschaften in entspre- chender Anwendung der §§ 166, 31 BGB zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 37). Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei den Vorstrafen um privat erlangte Kenntnisse des M. H. handelt. Zwar wird im Schrifttum die Meinung vertreten, dass privat erlangtes Wissen eines Organmitglieds der Gesellschaft nur dann zuzurechnen sei, wenn der Wissensträger selbst gehandelt habe (Fleischer, NJW 2006, 3239, 3242; Buck-Heeb, WM 2008, 281, 283; s. auch BGH, Urteil vom 9. April 1990 - II ZR 1/89, ZIP 1990, 636, 637 aE; Urteil vom 30. April 1955 - II ZR 5/54, WM 1955, 830, 832). Ob dem zu folgen ist, kann jedoch offen bleiben. Denn diese Einschränkung kann jedenfalls dann nicht gelten, wenn es sich bei dem privat erlangten Wissen um einen Umstand handelt, der für den Erfolg des Gesellschaftsunternehmens von ganz wesentlicher Bedeutung und bei jedem Vertriebsvorgang zu beachten ist. Das ist hier der Fall. Auf die Vorstrafen des M. H. ist bei jeder Werbung eines Anlegers hinzuweisen, und damit steht und fällt der Erfolg der Fondsgesellschaft.
- 32
- d) Die Haftung der Schuldnerin ist nicht durch den Inhalt der Beitrittserklärung ausgeschlossen. Dort heißt es:
- 33
- Mir ist bewusst, dass der Treuhänder und die Rechtsanwälte nicht für die Plausibilität des Angebots haften und sie die Beteiligung nicht geprüft haben.
- 34
- Diese Klausel unterliegt der AGB-rechtlichen Kontrolle, da es sich nicht um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt und daher die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig ist. Das hat der Senat für eine Verjährungsklausel in einem Emissionsprospekt ausgesprochen (BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 41 mwN). Es gilt für eine Haftungsfreizeichnungsklausel in einem vorformulierten Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages ebenso.
- 35
- Wie der Senat ebenfalls schon entschieden hat, sind derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB bzw. § 9 AGBG nichtig (BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 41/00, NJW-RR 2002, 915 Rn. 24; s. auch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414, 415 f.; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 11 ff.). Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Das gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (s. § 309 Nr. 7b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit. Damit kann offen bleiben, ob die Klausel hier - da nur die Plausibilität der Anlage angesprochen wird - überhaupt anwendbar wäre.
- 36
- Das Gleiche gilt für den Haftungsausschluss in § 12 Abs. 3 des Treuhandvertrages. Auch diese Klausel ist unwirksam.
- 37
- e) Die in § 6 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages geregelte Ausschlussfrist von sechs Monaten steht dem Schadensersatzanspruch gegen die Schuldnerin ebenfalls nicht entgegen.
- 38
- Die Klausel schließt - ebenso wie eine entsprechende Verjährungsverkürzung (s. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 41) - die Haftung auch für grobes Verschulden mittelbar aus. Als Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Klauselverbots nach § 309 Nr. 7b BGB sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine generelle Verkürzung der Verjährungsfrist an (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 34 f.; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, ZIP 2009, 1430 Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 56/08, NJW-RR 2009, 1416 Rn. 20 f. mwN; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 8). Die Anordnung einer Ausschlussfrist befasst sich zwar nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Da sie aber keine Ausnahme enthält, ist davon auszugehen, dass alle Ansprüche unabhängig von der Art des Verschuldens erfasst werden. Mittelbar führt die generelle Einführung einer Ausschlussfrist also dazu, dass sich die Schuldnerin nach Fristablauf auf die Ausschlussfrist hinsichtlich aller etwaigen Schadensersatzansprüche unabhängig von dem jeweiligen Haftungsmaßstab berufen kann und so ihre Haftung für jedwede Art des Verschuldens entfällt. Die Klausel lässt es nicht zu, sie auf einen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen
- 40
- III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie hinsichtlich des geänderten Antrags auf Feststellung zur Insolvenztabelle noch nicht zur Endentscheidung reif ist.
- 41
- Da die Klägerin die Forderung eines (bezifferten) Schadensersatzanspruchs hinsichtlich der Beteiligung an der Fondsgesellschaft mit dem vollen Zahlungsbetrag ohne die ursprünglich beantragte Zug um Zug-Einschränkung angemeldet hat, hängt die Entscheidung über den Widerspruch des Beklagten von dem Wert der Zug um Zug zu übertragenden Beteiligung ab. Denn die Einschränkung des Zahlungsanspruchs durch die Zug um Zug zu leistende Übertragung der Rechte aus der Beteiligung stellt einen Anwendungsfall der den Anspruch unmittelbar betreffenden Vorteilsausgleichung dar (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, ZIP 2009, 870 Rn.14).
- 42
- Die nunmehr zur Feststellung zur Insolvenztabelle begehrte Forderung in Höhe von 37.500 € nebst Zinsen ist in dieser Höhe nach dem bisherigen Vorbringen der Klägerin folglich nur dann begründet, wenn die Zug um Zug zu übertragende Beteiligung die Höhe der Forderung nicht berührt. Ansonsten kommt in Betracht, den Wert der Zug um Zug-Einschränkung in entsprechender Anwendung des § 45 Satz 1 InsO auf einen Geldbetrag zu schätzen und von dem Schadensersatzbetrag abzuziehen. Da nach dem gemäß § 559 Abs. 1 ZPO der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegenden Vorbringen der Parteien nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Beteiligung wertlos ist, und die Parteien dies in der Revisionsinstanz auch nicht unstreitig gestellt haben, bedarf es insoweit der weiteren Aufklärung durch den Tatrichter.
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 12.11.2010 - 13 O 317/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 10.08.2011 - 9 U 130/10 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.