Oberlandesgericht Köln Urteil, 22. Dez. 2015 - 20 U 146/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19. August 2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 59/15 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Vertrag Nr. xx-xxxxxx23 zurückgewiesen worden sind. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger schloss mit Rechtsvorgängerinnen der Beklagten vier fondsgebundene Lebensversicherungen (Verträge Endz. -51, 02, -87 und -23) mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 1999, 1. Juni 2000 bzw. 1 Dezember 2004 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 28. Februar 2014 erklärte er zu allen Verträgen den Widerspruch nach § 5a VVG und vorsorglich den Rücktritt nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 14. März 2014 kündigte er die Verträge hilfsweise. Die Beklagte akzeptierte die Kündigungen und zahlte die von ihr ermittelten Rückkaufswerte aus.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich der ausgekehrten Beträge.
Der Kläger hat behauptet, bei Antragstellung seien ihm keinerlei weitere Unterlagen überlassen worden. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. sei er noch im Jahr 2014 zum Widerspruch berechtigt gewesen. Nachdem die Beklagte zu den Verträgen -51, -02 und -87 die Versicherungsanträge vorgelegt hat, hat die Klägerin einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell unstreitig gestellt (GA 193, 195) und den Standpunkt vertreten, die Rücktrittsbelehrungen seien unzureichend.
5Der Kläger hat beantragt,
6- 7
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.662,47 € nebst 5 Prozent-punkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen;
- 8
2. die Beklagte zu verurteilen, an die D-GmbH außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.952,55 € nebst 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte hat in Abrede gestellt, dass der Kläger noch zum Rücktritt nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. bzw. zum Widerspruch nach § 5a VVG a.F. berechtigt ist.
12Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. August 2015, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen.
13Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt Er hält die Rücktrittsbelehrungen, soweit die Verträge im Antragsmodell geschlossen wurden, sowie die Widerspruchsbelehrung zum Vertrag mit der Endz. -23 weiterhin für unzureichend.
14Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
15Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
16II.
17Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
18A.
19Verträge Endziff. -51, -02 und -87
201.
21Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf die Versicherungsverträge geleisteten Prämien abzüglich der ausgekehrten Beträge gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Die Versicherungsverträge sind auf der Grundlage des insoweit auch nach Auffassung des Klägers zur Anwendung kommenden Antragsmodells wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 1999 bzw. zum 1. Juni 2000 zustande gekommen. Der Kläger ist nicht innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss der Verträge von diesen zurückgetreten (§ 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 28. Februar 2014 (GA 70) erklärte Rücktritt war verfristet.
22Die Rücktrittsbelehrung, die sich gleichlautend in den Versicherungsanträgen vom 1. Dezember 1999 (GA 130, 148) und vom 14. Mai 2000 (GA 152) findet, ist seitlich neben dem Text mit dem Wort „Rücktrittsrecht“ versehen und lautet:
23„Sofern mir alle gesetzlichen Verbraucherinformationen und alle für diesen Antrag geltenden Versicherungsbedingungen ausgehändigt werden, steht mir folgendes Rücktrittsrecht vom Vertrag zu: Ich kann innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluß des Vertrages vom Vertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung an den Versicherer. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung durch Unterschrift bestätigt hat. Unterbleibt die Belehrung, so erlischt das Rücktrittsrecht einen Monat nach Zahlung des ersten Beitrages. Sofern ich nicht die oben genannten Verbraucherinformationen bei Antragstellung alle erhalten habe, gilt nicht das Rücktrittsrecht, sondern das Widerspruchsrecht, über das ich mit Erhalt des Versicherungsscheines belehrt werde.“
24Diese Belehrung genügt formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. § 8 Abs. 5 Satz 2 VVG a.F. verlangt lediglich eine Belehrung über das Rücktrittsrecht, ohne näher zu beschreiben, welche Form und welchen Inhalt die Belehrung haben muss. Gleichwohl ist zu verlangen, dass die Belehrung inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus der Sicht der Verbraucher eindeutig sein muss; sie muss ferner so gestaltet sein, dass sie dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (BGH, VersR 2015, 224 und VersR 2013, 1513).
25An einer ausreichenden drucktechnischen Hervorhebung kann es fehlen, wenn die Belehrung inmitten eines Textblocks abgedruckt ist, der weitere Informationen, etwa über die Ermächtigung zur Entbindung von der Schweigepflicht, zur Datenverarbeitung und zum Widerspruch in der Unfallversicherung, enthält, und der Hinweis auf das Rücktrittsrecht innerhalb des Textblocks in keiner Weise drucktechnisch hervorgehoben wird (so im Fall BGH, VersR 2015, 224).
26Die vorliegende Belehrung im Antragsformular genügt in formaler Hinsicht noch den Anforderungen. Der gesamte Belehrungstext ist in einer ausreichend großen Schrifttype gehalten und zudem durch die seitlich angebrachte Überschrift „Rücktrittsrecht“ hervorgehoben. Die Beklagte arbeitet zwar auch in einer anderen Passage des Antrags mit diesem Hervorhebungsmittel („Gesetzliche Verbraucherinformationen“). Gleichwohl geht die Belehrung über das Rücktrittsrecht nicht in dem Gesamttext des Antrags unter, sondern ist dadurch, dass sie in einem gesonderten Absatz enthalten und mit dem seitlich neben dem Text angebrachten Wort „Rücktrittsrecht“ gekennzeichnet ist und sich schließlich nahe der Unterschriftszeile befindet, noch so hervorgehoben, dass sie bei aufmerksamem Durchlesen des jeweils nur aus einer Seite bestehenden Antrags zur Kenntnis genommen werden kann.
27Der Kläger hat die Rücktrittsbelehrung auch, wie es § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. verlangt, durch seine Unterschrift bestätigt. Dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. ist nicht zu entnehmen, dass die Rücktrittsbelehrung durch eine gesonderte Unterschrift zu bestätigen ist. Sie muss vielmehr nur „durch Unterschrift“ bestätigt werden. Hierzu reicht die Unterschrift unter den Antrag, in dem die Belehrung enthalten ist, aus (OLG Köln - 20. Zivilsenat -, Urt. v. 1. August 2014 - 20 U 21/14 -; Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 8, Rn. 54 mit Rn. 46; Römer in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 8, Rn. 64). Soweit das OLG Düsseldorf in dem vom Kläger herangezogenen Urteil vom 24. März 2015 - 4 U 99/13 - zu dem dort verwendeten Antragsformular die Auffassung vertreten hat, es liege keine hinreichende Bestätigung der dortigen Belehrung durch Unterschrift vor, ist zu bemerken, dass es sich vorliegend um ein anderes Antragsformular handelt. Vorliegend ist die Belehrung - wie ausgeführt - hinreichend deutlich hervorgehoben und findet sich auch nahe der Unterschriftszeile, so dass hier kein Zweifel daran bestehen kann, dass die Unterschrift auch die Belehrung bestätigt.
28Die Rücktrittsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Belehrung weist zutreffend darauf hin, dass die Rücktrittsfrist nach Abschluss des Vertrags beginnt. Das entspricht dem Gesetzestext des § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. und muss nicht näher erläutert werden. Auch bedarf es keines Hinweises auf die Rechtsfolgen des ausgeübten Rücktritts; das verlangt § § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. nicht.
29Die Belehrung ist auch nicht deshalb intransparent, weil auch auf ein eventuell bestehendes Widerspruchsrecht hingewiesen wird. Die Belehrung trennt deutlich zwischen Rücktritts- und Widerspruchsrecht. Ob die Belehrung über das Widerspruchsrecht ausreichend wäre, ist unerheblich, weil es vorliegend alleine um das Recht zum Rücktritt geht.
30Die Rücktrittsfrist von 14 Tagen ab Vertragsschluss ist somit wirksam in Gang gesetzt worden, so dass der erst 2014 erklärte Rücktritt verfristet ist. Auf die Monatsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. kommt es vorliegend nicht an.
31B. Vertrag Endziff. -23
321.
33Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Betrages gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 zustande gekommen. Der Kläger hat dem Vertragsschluss nicht binnen der vorliegend maßgebenden Frist von 30 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen (§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 28. Februar 2014 (GA 70) erklärte Widerspruch war verfristet.
34Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
35Dass dem Kläger mit dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen überlassen worden sind, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Der Kläger hat dies ausdrücklich zugestanden (S. 3 der Klageschrift; GA 3).
36Die Widerspruchsbelehrung, die in dem 2-seitigen Policenbegleitschreiben vom 3. Dezember 2004 (GA 18R) enthalten ist, ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie lautet:
37Widerspruchsrecht
38Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
39Im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben macht die Belehrung dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Allerdings erwähnt die Belehrung nicht ausdrücklich, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt. Der Senat hält dies aber für unschädlich. Die Belehrung stellt klar, dass die Widerspruchsfrist erst nach „Überlassung der Unterlagen“ beginnt. Damit ist verdeutlicht, dass weder alleine die Überlassung des Versicherungsscheins noch die Überlassung der Versicherungsbedingungen ausreichen, um die Frist in Gang zu setzen, sondern dass es vielmehr noch der Überlassung weiterer Unterlagen bedarf. Welche Unterlagen dies sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer aber ohne weiteres aus dem weiteren Text des Policenbegleitschreibens, auf das die Belehrung mit der Formulierung „Überlassung der Unterlagen“ ersichtlich Bezug nimmt. In dem Policenbegleitschreiben heißt es einleitend:
40„wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen
41H Variable Fondspolice.“
42Bei diesen Unterlagen handelt es sich im Wesentlichen um den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen (vgl. GA 19 ff.). Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer mithin unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens noch hinreichend klar, dass der Lauf der Widerspruchsfrist auch die Überlassung der Verbraucherinformationen voraussetzt.
43Diese vom Senat bereits zu einer im Wortlaut identischen Belehrung vertretene Auffassung (Senatsurt. v. 6. Dezember 2013 - 20 U 144/13 -) hat der Bundesgerichtshof mit Hinweisbeschluss vom 30. Juni 2015 - IV ZR 16/14 - bestätigt, indem dort angeführt ist, der Senat habe mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung die Ansicht vertreten, dass die Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des Policenbegleitschreibens dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich mache, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Der abweichenden Auffassung des OLG Hamm (Beschl. v. 24. Juli 2013 - 20 U 106/13 -) folgt der Senat nicht, zumal in dem dortigen Fall auch im Versicherungsschein die Verbraucherinformationen nicht erwähnt wurden, während vorliegend die „Verbraucherinformationen zu den Anlagemöglichkeiten“ im Versicherungsschein als „Beilagen zum Versicherungsschein“ angeführt worden sind (GA 20; Bl. 3 des Versicherungsscheins). Entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe (Urt. v. 11. August 2015 - 12 U 41/15 -) wird trotz der Verwendung des Begriffs „Beilagen“ im Versicherungsschein hinreichend klar, dass es sich auch bei den unter diesem Begriff angeführten Verbraucherinformationen um Unterlagen im Sinne der Widerspruchsbelehrung handelt. Die Formulierung in der Belehrung und im Policenbegleitschreiben grenzt den Kreis der Unterlagen nicht ein, so dass für den Versicherungsnehmer nicht der Eindruck entstehen kann, die Verbraucherinformationen gehörten nicht zu den für den Fristbeginn maßgebenden Unterlagen.
44Weitere Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit der Belehrung erhebt der Kläger mit der Berufung nicht mehr. Wegen der erstinstanzlich insoweit noch erhobenen weiteren Bedenken wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
45Da die Beklagte den Kläger mithin über sein Widerspruchsrecht wirksam belehrt und ihm die notwendigen Vertragsunterlagen mit Zusendung des Versicherungsscheins überlassen hat, hätte der Kläger das Widerspruchsrecht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Unterlagen ausüben müssen, was vorliegend nicht geschehen ist.
462.
47Ob § 5a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 VVG a.F. gegen europäisches Recht verstößt, bedarf keiner Entscheidung. Der Senat ist auch nicht gehalten, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob das Policenmodell im Einklang steht mit den Bestimmungen in Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchstabe A der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 bzw. Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Buchstabe A der die erstgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 sowie mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990) bzw. Art. 35 der die vorgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002. Einer Vorlage bedarf es deshalb nicht, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vereinbar ist, nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. dazu BVerfG, VersR 2015, 693).
48Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformationen und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. erhalten hat, auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach nationalem Recht gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (BGH, VersR 2014, 1065). Dem schließt sich der Senat an.
49Es bedarf auch keiner Vorlage an den EuGH zur Entscheidung darüber, ob das Recht zur Lösung vom Vertrag verwirkt sein kann. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auf den Einzelfall obliegt dem nationalen Gericht. Die generellen Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt (BGH, aaO, Rz. 42; BVerfG, aaO, Rz. 43 ff.). Danach ist eine missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet (zuletzt etwa EuGH, ZfZ 2014, 100, Rz. 29). Rechtsmissbräuchliches Verhalten kann sich auf der Grundlage lediglich objektiver Kriterien ergeben, soweit die mit der einschlägigen Bestimmung verfolgten Zwecke beachtet werden (so insbes. EuGH, Slg. 2000, I-1705, Rz. 34). Wenn – wie vorliegend – der Versicherungsnehmer über sein Vertragslösungsrecht vor Wirksamwerden des Vertrags ordnungsgemäß belehrt wird und er die notwendigen Vertragsunterlagen rechtzeitig erhalten hat, dann sind die mit der Dritten Richtlinie Lebensversicherung angestrebten Ziele erreicht worden (s. BGH, aaO, Rz. 42; BVerfG, aaO, Rz. 47). Demgemäß ist es treuwidrig, wenn sich der solchermaßen belehrte und informierte Versicherungsnehmer unter Berufung auf ein (unterstelltes) gemeinschaftswidriges Zustandekommen des Vertrags von diesem nach Jahren wieder lösen will. Er würde sich dadurch gegenüber den vertragstreuen Versicherungsnehmern einen objektiv widerrechtlichen Vorteil verschaffen.
50Die Treuwidrigkeit des Verhaltens des Klägers ergibt sich vorliegend daraus, dass er den Vertrag bis zur Widerspruchserklärung mehr als 9 Jahre lang durch Zahlung der Prämien durchgeführt und dadurch bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrags begründet hat.
51C.
52Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
53Der Senat lässt die Revision in Bezug auf Ansprüche des Klägers zum Vertrag End. -23 zu, weil er - bei identischer Widerspruchsbelehrung und gleichem Text („Beilagen“) im Versicherungsschein - von der Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe (aaO), das die Belehrung für unzureichend gehalten hat, abweicht. Soweit es die nach dem Antragsmodell geschlossenen Verträge angeht, besteht kein Anlass zur Zulassung der Revision.
54Berufungsstreitwert: 16.662,47 €
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 22. Dez. 2015 - 20 U 146/15
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten
Gesetz über den Versicherungsvertrag
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch
Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen
Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Urteil, 22. Dez. 2015 - 20 U 146/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
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(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
(2) Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem folgende Unterlagen dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind:
- 1.
der Versicherungsschein und die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen, die nach der VVG-Informationspflichtenverordnung mitzuteilen sind, und - 2.
eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem Versicherungsnehmer seine Rechte entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels deutlich macht und die den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Absatzes 1 Satz 2 enthält.
(3) Das Widerrufsrecht besteht nicht
- 1.
bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat, - 2.
bei Versicherungsverträgen über vorläufige Deckung, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
bei Versicherungsverträgen bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 4.
bei Versicherungsverträgen über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2.
(4) Die nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zu erteilende Belehrung genügt den dort genannten Anforderungen, wenn das Muster der Anlage zu diesem Gesetz in Textform verwendet wird. Der Versicherer darf unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 von dem Muster abweichen. Beschränkt sich die Abweichung unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 auf Format und Schriftgröße oder darauf, dass der Versicherer Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Versicherers anbringt, so ist Satz 1 anzuwenden.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
(2) Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem folgende Unterlagen dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind:
- 1.
der Versicherungsschein und die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen, die nach der VVG-Informationspflichtenverordnung mitzuteilen sind, und - 2.
eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem Versicherungsnehmer seine Rechte entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels deutlich macht und die den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Absatzes 1 Satz 2 enthält.
(3) Das Widerrufsrecht besteht nicht
- 1.
bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat, - 2.
bei Versicherungsverträgen über vorläufige Deckung, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
bei Versicherungsverträgen bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 4.
bei Versicherungsverträgen über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2.
(4) Die nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zu erteilende Belehrung genügt den dort genannten Anforderungen, wenn das Muster der Anlage zu diesem Gesetz in Textform verwendet wird. Der Versicherer darf unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 von dem Muster abweichen. Beschränkt sich die Abweichung unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 auf Format und Schriftgröße oder darauf, dass der Versicherer Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Versicherers anbringt, so ist Satz 1 anzuwenden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Januar 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen ‑ 9 O 307/13 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen
1
Gründe
2I.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten eine fondgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. Februar 1996 ab. Der Kläger kündigte den Vertrag mit Wirkung zum 1. Juni 2010; die Beklagte zahlte einen Gesamtbetrag von 112.644,60 € aus. Mit Anwaltsschreiben vom 31. Mai 2013 erklärte der Kläger den Rücktritt nach § 8 Abs. 5 VVG a.F.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Betrags.
5Der Kläger hat vorgetragen, er sei berechtigt gewesen, noch im Jahr 2013 vom Vertrag, der nach dem Antragsmodell geschlossen worden sei, zurückzutreten. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht im Antrag reiche nicht aus; vielmehr sei die Beklagte gehalten gewesen, ihn (auch) bei Übersendung des Versicherungsscheins über das Rücktrittsrecht zu belehren. Auch fehle es an einer Bestätigung der Belehrung durch eine gesonderte Unterschrift. Das Rücktrittsrecht bestehe deshalb weiterhin. Die Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F., wonach das Rücktrittsrecht einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlösche, sei nicht europarechtskonform und deshalb nicht anzuwenden.
6Hilfsweise hat der Kläger die Klage auf einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über Rückvergütungen, die von den Fondsgesellschaften an die Beklagte geflossen seien, gestützt. Die Kick-back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch auf den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung zu übertragen.
7Der Kläger hat beantragt,
81. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 82.802,90 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Juni 2010;
92. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Verpflichtung zur Zahlung vorprozessualer Anwaltsgebühren gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.607,17 € freizustellen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Rücktrittsbelehrung im Antrag genüge den gesetzlichen Anforderungen. Etwaige Ansprüche seien zudem verwirkt. Die Kick-back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auf die vorliegende Konstellation nicht anzuwenden.
13Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2014, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Ausübung des Rücktrittsrechts sei treuwidrig. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, über Rückvergütungen der Fondsgesellschaften aufzuklären.
14Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt, Der Kläger führt an, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts etwaige Ansprüche auf Rückerstattung der Prämien nicht verwirkt seien, weil das Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Es liege auch keine unzulässige Rechtsausübung vor. Den Rücktritt nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. hält der Kläger für wirksam.
15Der Kläger verfolgt auch einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über Rückvergütungen, die die Beklagte von den Fondsgesellschaften erhalten habe, weiter. Die Kick-back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei übertragbar auf den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung, weil die Interessenlage dieselbe sei.
16Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
17Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
18II.
19Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
20Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich der ausgekehrten Beträge gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Antragsmodells wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. Februar 1996 zustande gekommen. Der Kläger ist nicht innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages vom Vertrag zurückgetreten (§ 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 31. Mai 2013 erklärte Rücktritt war verfristet.
21Die Rücktrittsbelehrung, die sich im Versicherungsantrag vom 1. Dezember 1995 (GA 30) findet, lautet:
22„Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung (§ 4 AVB).“
23Diese Belehrung genügt formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. § 8 Abs. 5 Satz 2 VVG.aF. verlangt lediglich eine Belehrung über das Rücktrittsrecht, ohne näher zu beschreiben, welche Form und welchen Inhalt die Belehrung haben muss. Gleichwohl ist – wie der Bundesgerichtshof zu der früheren Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. entschieden hat (VersR 2013, 1513) – zu verlangen, dass die Belehrung inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus der Sicht der Verbraucher eindeutig sein muss; sie muss ferner so gestaltet sein, dass sie dem Aufklärungsziel Rechnung trägt. Sie darf deshalb nicht im sonstigen Klauselwerk untergehen; es muss gewährleistet sein, dass die Belehrung vom Durchschnittskunden auch tatsächlich zur Kenntnis genommen wird (OLG Stuttgart, VersR 1995, 202). Sie darf nicht in den sonstigen Erklärungen „versteckt“ werden (BGH, VersR 1996, 221; s. auch OLG Köln – 20 Zivilsenat – Urt. v. 3. Februar 2012 – 20 U 140/11).
24Die vorliegende Belehrung im Antragsformular genügt diesen Anforderungen. Sie ist drucktechnisch hinreichend dadurch hervorgehoben, dass sie unter der Überschrift „Wichtige Hinweise“ vollständig in Fettdruck gehalten ist und zudem durch eine Umrahmung des Texts auffällig gestaltet wurde. Sie befindet sich zudem unmittelbar über den Unterschriftszeilen und fällt deshalb besonders in den Blick.
25Auch inhaltlich ist sie nicht zu beanstanden. Insbesondere muss sich die Belehrung – was der Kläger vorliegend allerdings auch nicht rügt – nicht über die mögliche Form der Rücktrittserklärung verhalten, weil nicht einmal das Gesetz eindeutig Schriftlichkeit verlangt (OLG Köln - 20. Zivilsenat -, Urt. v. 21. Oktober 2011 - 20 U 138/11-).
26Der Kläger hat die Rücktrittsbelehrung auch, wie es § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. verlangt, durch seine Unterschrift bestätigt. Dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. ist nicht zu entnehmen, dass die Rücktrittsbelehrung durch eine gesonderte Unterschrift zu bestätigen ist. Sie muss vielmehr nur „durch Unterschrift“ bestätigt werden. Hierzu reicht die Unterschrift unter den Antrag, in dem die Belehrung enthalten ist, aus (OLG Köln - 20. Zivilsenat -, Urt. v. 21. Oktober 2011 - 20 U 138/11 -; Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 8, Rn. 54 mit Rn. 46; Römer in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 8, Rn. 64).
27Schließlich ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu verlangen, dass die Belehrung über das Rücktrittsrecht (ggf. nochmals) mit der Übersendung des Versicherungsscheins erteilt werden muss. § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. verlangt nur allgemein eine Belehrung und legt damit den Zeitpunkt der Belehrung (anders als etwa gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG, wonach die Widerspruchsbelehrung bei Aushändigung des Versicherungsscheins zu erfolgen hat) nicht fest. Deswegen reicht eine Belehrung im Versicherungsantrag aus (Prölss in: Prölss/Martin, aaO). Dies entspricht auch den europarechtlichen Vorgaben, denn gemäß Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchst. A, Unterpunkt a.13 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 92/96/EWG) sind die Modalitäten des Rücktrittsrechts vor Abschluss des Vertrags mitzuteilen; in der Übersendung des Versicherungsscheins liegt – bei Vertragsschluss nach dem Antragsmodell – aber schon die Vertragsannahme durch den Versicherer, so dass eine Belehrung zu diesem Zeitpunkt verspätet wäre.
28Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung über etwaige Rückvergütungsleistungen der Fondsgesellschaften an die Beklagte zu. Zu einer solchen Aufklärung war die Beklagte nicht verpflichtet. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen klargestellt, dass die von ihm entwickelte Kick-back-Rechtsprechung nur für den Bereich der Kapitalanlageberatung gilt (BGH, ZIP 2012, 67 ff., Rz. 39). Die bloße Vermittlung einer Lebensversicherung ist im Regelfall kein Kapitalanlagegeschäft. Der Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mag auch der Kapitalanlage dienen; zumindest in etwa gleichwertig wird aber in aller Regel die Absicherung des Todesfallrisikos bezweckt (BGH, VersR 2012, 1149, Rz. 23). Allenfalls dann, wenn ausnahmsweise und bei Vorliegen besonderer Umstände die Absicherung des Todesfallrisikos gegenüber der Renditeerwartung erkennbar von untergeordneter Bedeutung ist, können sich erweiterte Pflichten nach den Grundsätzen zur Aufklärung über Anlagegeschäfte ergeben (vgl. BGH, WM 2012, 1577). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
29Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
30Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
31Berufungsstreitwert: 82.802,90 €
(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
(2) Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem folgende Unterlagen dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind:
- 1.
der Versicherungsschein und die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen, die nach der VVG-Informationspflichtenverordnung mitzuteilen sind, und - 2.
eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem Versicherungsnehmer seine Rechte entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels deutlich macht und die den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Absatzes 1 Satz 2 enthält.
(3) Das Widerrufsrecht besteht nicht
- 1.
bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat, - 2.
bei Versicherungsverträgen über vorläufige Deckung, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
bei Versicherungsverträgen bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen, es sei denn, es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 4.
bei Versicherungsverträgen über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2.
(4) Die nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zu erteilende Belehrung genügt den dort genannten Anforderungen, wenn das Muster der Anlage zu diesem Gesetz in Textform verwendet wird. Der Versicherer darf unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 von dem Muster abweichen. Beschränkt sich die Abweichung unter Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 auf Format und Schriftgröße oder darauf, dass der Versicherer Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Versicherers anbringt, so ist Satz 1 anzuwenden.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Juli 2013 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 252/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger schloss bei der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 ab. Er kündigte die Versicherung zum 1. Januar 2011. Daraufhin zahlte die Beklagte einen Rückkaufswert von 8.625,64 € (GA 60) aus. Mit Anwaltsschreiben vom 15. Februar 2012 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a VVG.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien (16.500,- €) abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2012 gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Er hat bestritten, dass ihm die allgemeinen Versicherungsbedingungen vor der Antragstellung übermittelt worden seien. Ihm sei nicht erinnerlich, zu irgendeinem Zeitpunkt über das Widerspruchsrecht belehrt worden zu sein. Er könne nicht mehr sicher sagen, „dass sie die Unterlagen erhalten hat; sie kann dies auch nicht ausschließen“ (GA 12). Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das in § 5 a VVG a.F. normierte Policenmodell verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Er hat seinen Anspruch ferner auf eine Verletzung vorvertraglicher Beratungs- und Informationspflichten (auch über nicht offen gelegte Kick-back-Zahlungen) sowie auf eine fehlerhafte Kapitalanlageberatung gestützt und ein Widerrufsrecht wegen vereinbarter unterjähriger Zahlung der Beiträge gegen Zuschlag geltend gemacht.
5
Der Kläger hat beantragt,
61. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.724,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. März 2012 zu zahlen;
72. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.213,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. März 2012 zu zahlen;
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe den Versicherungsschein und mit dessen Übersendung die notwendigen Vertragsunterlagen erhalten.
11Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2013, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen.
12Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Er hält die Widerspruchsbelehrung für fehlerhaft. Er habe „mit Schriftsatz“ (GA 128) vorgetragen, ihm seien die Verbraucherinformationen weder bei noch nach Vertragsschluss übersandt worden. § 5a VVG a.F. hält der Kläger weiterhin für europarechtswidrig. Der Vortrag zum Widerrufsrecht nach verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften werde „einstweilen nicht aufrechterhalten“; gleichwohl möge „ das erkennende Gericht dies abschließend würdigen“.
13Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
14Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
15II.
16Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
17Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 zustande gekommen. Der Kläger hat dem Vertragsschluss nicht binnen der vorliegend maßgebenden Frist von 30 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen (§ 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 15. Februar 2012 erklärte Widerspruch war verfristet.
18Nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
19Dass dem Kläger die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen gemäß § 10 a VAG mit dem Versicherungsschein übersandt wurden, ist prozessual als unstreitig zu behandeln. Der Kläger hat den Erhalt der Unterlagen unter Hinweis auf seine mangelnde Erinnerung der Sache nach mit Nichtwissen bestritten. Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist es einer Partei grundsätzlich verwehrt, eigene Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen zu bestreiten. Nur ausnahmsweise darf sich in Abweichung hiervon eine Partei auch zu eigenen Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen erklären, wenn nach der Lebenserfahrung glaubhaft ist, dass sie sich hieran nicht mehr erinnert (BGH NJW-RR 2002, 612, 613; ebenso aus jüngerer Zeit OLG Brandenburg, Urt. v. 21. Dezember 2012 - 11 U 40/12 -, juris-Rz. 14; OLG Hamm, VersR 2012, 745; OLG Celle, Urt. v. 9. Februar 2012 - 8 U 191/11 -, juris-Rz. 34; OLG München, Urt. v. 25. September 2012 - 25 U 1828/12 -, juris-Rz. 11). Die bloße Behauptung, sich nicht erinnern zu können, reicht indes nicht aus (so bereits BGH NJW 1995, 130). Vorliegend ist mit keinem Wort näher dargelegt, ob und in welcher Weise sich der Kläger konkret bemüht hat, seine Erinnerung aufzufrischen bzw. aus welchen Gründen ihm dies nicht möglich war (vgl. zu einer insoweit bestehenden Obliegenheit: OLG Brandenburg, aaO). Vielmehr erschöpft sich auch der zweitinstanzliche Vortrag in allgemeinen, ersichtlich nicht konkret fallbezogenen Ausführungen.
20Die Widerspruchsbelehrung, die in dem 2-seitigen Policenbegleitschreiben vom 20. Dezember 2004 (Anlage B 2) enthalten ist, ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie lautet:
21Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
22Im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben macht die Belehrung dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Allerdings erwähnt die Belehrung nicht ausdrücklich, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Frist des § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt. Der Senat hält dies aber für unschädlich. Die Belehrung stellt klar, dass die Widerspruchsfrist erst nach „Überlassung der Unterlagen“ beginnt. Damit ist verdeutlicht, dass weder alleine die Überlassung des Versicherungsscheins noch die Überlassung der Versicherungsbedingungen ausreichen, um die Frist in Gang zu setzen, sondern dass es vielmehr noch der Überlassung weiterer Unterlagen bedarf. Welche Unterlagen dies sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer aber ohne weiteres aus dem weiteren Text des Policenbegleitschreibens, auf das die Belehrung mit der Formulierung „Überlassung der Unterlagen“ ersichtlich Bezug nimmt. In dem Policenbegleitschreiben heißt es einleitend:
23„wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen
24H Variable Fondspolice.“
25Bei diesen Unterlagen handelt es sich im wesentlichen um den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen (vgl. Anlage B 4). Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer mithin unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens noch hinreichend klar, dass der Lauf der Widerspruchsfrist auch die Überlassung der Verbraucherinformationen voraussetzt.
26Die Belehrung ist auch in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt. Dies fordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Verwendung einer hinreichend großen Schrift voraus (vgl. BGH, NJW 2011, 1061). Darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbliche Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift oder Fettdruck) aus dem übrigen Text hervorheben (vgl. BGH, NJW 2009, 3060). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Widerspruchsbelehrung ist in dem lediglich 2 Seiten umfassenden Policenbegleitschreiben durch Fettdruck und Unterstreichung vom sonstigen Text, der sonst keine fettgedruckten Abschnitte enthält, deutlich abgehoben. Er stellt überdies den letzten Absatz des Schreibens dar und befindet sich unmittelbar unter der Unterschrift der für die Beklagte handelnden Personen. Damit ist entgegen der Auffassung des Klägers gewährleistet, dass die Belehrung nicht übersehen wird.
27Da die Beklagte den Kläger mithin über sein Widerspruchsrecht wirksam belehrt und ihm die notwendigen Vertragsunterlagen mit Zusendung der Versicherungsscheins überlassen hat, hätte der Kläger das Widerspruchsrecht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Unterlagen ausüben müssen, was vorliegend nicht geschehen ist.
28§ 5 a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 VVG a.F. steht im Einklang mit europäischem Recht. Diese Gesetzesbestimmungen stellen sich insbesondere nicht als fehlerhafte Umsetzung der Bestimmungen in Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchstabe A der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 bzw. Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Buchstabe A der die erstgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 dar.
29Die Richtlinienbestimmungen führen aus: „Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang .. (II nach Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96 EWG bzw. III nach Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG) Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen.“ In dem jeweils genannten Anhang werden sodann die erforderlichen Angaben im Einzelnen aufgeführt.
30Diesen Anforderungen wird § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. inhaltlich gerecht. Soweit er die Übermittlung der Verbraucherinformation nach § 10 a Abs. 1 VAG a.F., in dem die Angaben aus den Anhängen der Richtlinien übernommen worden sind, nicht zwingend bis zur Antragstellung verlangt, bleibt der Vertrag bis zum Ablauf einer vierzehntägigen Widerspruchsfrist nach Überlassung der Unterlagen schwebend unwirksam (vgl. dazu Senat, VersR 2011, 245 und 248 sowie RuS 2011, 216; OLG Düsseldorf VersR 2001, 837 ff.; OLG Frankfurt, VersR 2005, 631 ff.). Diese rechtliche Konstruktion gewährleistet, dass eine vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers richtlinienkonform erst nach der gebotenen Verbraucherinformation eintritt (Senat, aaO).
31Die Ausführungen der Generalanwältin T in ihren Schlussanträgen vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12, die sich ‑ über die Frage des Vorlagebeschlusses des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, VersR 2012, 608) hinaus – in der Sache auch mit der Europarechtskonformität des Policenmodells als solchem beschäftigen, geben dem Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Auffassung, wonach das Policenmodell als solches mit europäischem Recht in Einklang steht, abzuweichen.
32Soweit es eine mögliche Europarechtswidrigkeit in Bezug auf Art. 31 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992) angeht, bleibt es bei den im vorgenannten Hinweisbeschluss angeführten Erwägungen. Die Generalanwältin dürfte zwar (anders als die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 2006 im Vertragsverletzungsverfahren 2007/5046) die Konstruktion einer schwebenden Vertragsunwirksamkeit bis zum Ablauf der wirksam in Gang gesetzten Widerspruchsfrist, die dem Policenmodell des § 5a Abs. 1 VVG a.F. zugrunde liegt, erkannt haben (Schlussanträge Ziff. 28). Sie argumentiert indes, die nach der Richtlinie erforderlichen Informationen müssten vor der Wahl eines bestimmten Versicherers und eines bestimmten Vertrags erfolgen (Ziff. 59), also letztlich vor der Abgabe eines konkreten Angebots des Versicherungsnehmers auf Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags (vgl. Ziff. 62). Hergeleitet wird dies aus dem Zweck der Mitteilungspflicht, den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen (Ziff. 59). Dies wird gestützt auf den 23. Erwägungsgrund der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie, der lautet:
33Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muß er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.
34Aus der Formulierung in Satz 2 des 23. Erwägungsgrundes („…Vertrag auszuwählen“) kann aber nicht zwingend hergeleitet werden, dass die notwendigen Informationen erfolgen müssen, bevor der Versicherungsnehmer eine ihn wegen des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. noch nicht bindende Vertragserklärung abgegeben hat. Demgemäß heißt es in Art. 31 Absatz 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie auch nicht, dass die erforderlichen Informationen vor Abgabe einer auf einen Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung, sondern „vor Abschluss des Versicherungsvertrags“ zu erfolgen haben. Daraus muss gefolgert werden, dass dem Zweck der Informationspflicht auch dann genügt ist, wenn die Informationen erfolgen, bevor für den Versicherungsnehmer eine vertragliche Bindung eingetreten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs vom 13. Juni 2013 in der Rechtssache E-11/12. Dort ist lediglich ausgeführt, Ziel der Dritten Lebensversicherungsrichtline sei es, den Verbraucher dadurch zu schützen, dass dieser im Besitz der notwendigen Informationen ist, wenn er seine Wahl trifft (Ziff. 62 der Entscheidungsgründe). Diese Wahl kann der Versicherungsnehmer beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell durch die Ausübung des Widerspruchsrechts, das keiner näheren Begründung bedarf, ausüben.
35Das Policenmodell steht auch im Einklang mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990). Nach Abs. 1 des Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie muss einem Versicherungsnehmer bei einem Lebensversicherungsvertrag von dem Zeitpunkt an, zu dem er davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, eine Frist zwischen 14 und 30 Tagen eingeräumt werden, um vom Vertrag zurücktreten zu können. Den Ausführungen der Generalanwältin dürfte zu entnehmen sein, dass sie die Auffassung vertritt, Art. 15 Absatz 1 verlange, dass das Rücktrittsrecht zu einem Zeitpunkt zu gewähren ist, zu dem der Vertrag bereits für beide Teile bindend geschlossen worden ist (s. Ziff. 60 der Schlussanträge: „Es liegt auf der Hand, dass ein Rücktritt von einem Vertrag, der noch nicht geschlossen ist, weil kein Angebot und keine Annahme vorliegen, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führen, nicht möglich ist.“).
36Nach nationalem Recht hat der Versicherungsnehmer bei einem Vertragsabschluss nach dem Policenmodell kein Rücktrittsrecht. Dieses wird nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 6 VVG a.F. durch das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. ersetzt. Die Generalanwältin scheint demgegenüber verlangen zu wollen, dass dem Versicherungsnehmer bei der Konstruktion des Vertragsabschlusses nach dem Policenmodell ein Rücktrittsrecht einzuräumen ist, wenn der Vertrag mit Ablauf der Widerspruchsfrist bindend geworden ist (so Ziff. 63 und 64).
37Art. 15 Absatz 1 Zweite Richtlinie Leben geht davon aus, dass die Rücktrittsfrist beginnt, wenn der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, „dass der Vertrag geschlossen ist“. Damit muss aber nicht zwingend ein für beide Seiten uneingeschränkt bindender Vertrag gemeint sein Die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Konstruktion der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bei Abschluss nach dem Policenmodell bedeutet nicht, dass der Vertrag bis zum Ablauf der Frist ohne jegliche Bindung ist. Auch ein schwebend unwirksamer Vertrag entfaltet eine Bindungswirkung: Insbesondere kann sich der andere Vertragspartner (vorliegend die Versicherung) nicht einseitig vom Vertrag lösen (vgl. zur Bindungswirkung bei schwebender Unwirksamkeit: Staudinger-Knothe, Neubearbeitung 2011, § 108 BGB, Rn. 3). Wenn die Versicherung beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell den Versicherungsschein nebst den erforderlichen Unterlagen und der Belehrung über das Widerspruchsrecht übersendet, dann lässt sich das durchaus als Mitteilung, dass damit der Vertrag geschlossen ist, deuten (so auch OLG München, Urt. v. 10. Oktober 2013 – 14 U 1804/13 -, juris-Rz. 40). Aus Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie lässt sich nicht herleiten, dass dem Versicherungsnehmer bei Abschluss nach dem Policenmodell zwei Lösungsrechte zugebilligt werden müssen (nämlich ein Widerspruchsrecht und anschließend noch ein Rücktrittsrecht). Auch bei Vertragsschluss nach dem Policenmodell hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit, sich innerhalb der Frist, die Art. 15 Absatz 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie vorschreibt, vom Versicherungsvertrag zu lösen, indem er den Widerspruch erklärt. Dass diese Erklärung nach der Konstruktion des Policenmodells bewirkt, dass der Vertrag als von vornherein nicht zustande gekommen anzusehen ist, begünstigt den Versicherungsnehmer sogar, weil das europarechtliche Rücktrittsrecht eine solche Rückwirkung nicht notwendig entfalten muss, denn die Rechtswirkungen des Rücktritts beschreibt Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie dahin, dass der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit ist.
38Nach allem hält der Senat das Policenmodell als solches weiterhin für europarechtskonform. Welche Folgen sich aus einer etwaigen Europarechtswidrigkeit des Policenmodells bzw. der Regelung über die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für die Anwendung des nationalen Rechts ergeben würden, bedarf keiner abschließenden Erörterung (vgl. dazu OLG München, aaO). Allerdings könnte in dem hier gegebenen Fall, in dem der Widerspruch erst nach Kündigung und Abwicklung des Vertrags erklärt wird, zu erwägen sein, ob das Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Europarechtswidrigkeit des Policenmodells jedenfalls dann erlischt, wenn die beiderseitigen Leistungen vollständig erbracht worden sind. Es liegt nicht fern, die insoweit vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zum Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 4 VVG in der Fassung des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (Urt. v. 16. Oktober 2013 - IV 52/12 -) auf die vorliegende Fallkonstellation zu übertragen.
39Ein Widerrufsrecht nach verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften steht dem Kläger nicht zu. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen zutreffend entschieden, dass eine vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs darstellt (VersR 2013, 341).
40Der Senat lässt die Revision zu. Ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist, dürfte sich unter Berücksichtigung der Äußerungen der Generalanwältin T nunmehr als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen. Mit Blick auf die Revisionszulassung sieht der Senat von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ab (vgl. Art. 267 AEUV).
41Berufungsstreitwert: 11.724,21 €
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Poli- cenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. In der Folge zahlte d. VN die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom Dezember 2010 erklärte er die Kündigung des Versicherungsvertrages, woraufhin der Versicherer den Rückkaufswert auszahlte. Mit Schreiben vom Februar 2012 erklärte er den Widerspruch nach § 5a VVG. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen , eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
- 2
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
- 3
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
- 4
- II. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Er sei ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden und der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
- 5
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 6
- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 7
- 1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, da es meinte , es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist. Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht.
- 8
- a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Die Revision rügt ohne Erfolg, der Begriff der "Textform" in der Widerspruchsbelehrung sei erläuterungsbedürftig. Mit Urteil vom 10. Juni 2015 hat der Senat entschieden, dass der Begriff der "Textform" in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. nicht erläuterungsbedürftig ist (IV ZR 105/13). Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil verwiesen. Damit ist diese entscheidungserhebliche Frage geklärt. Mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung war das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, auch der Ansicht, dass die Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des Gesamtinhalts des Policenbegleitschreibens d. VN noch ausreichend deutlich mache, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt.
- 9
- b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14, WM 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über Jahre die Versicherungsprämien bis er im Jahr 2010 die Kündigung erklärte. Er ließ dann nochmals über ein Jahr verstreichen bis zur Erklärung des Widerspruchs. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits bei Vertragsschluss 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
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- 2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 15.07.2013- 26 O 252/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.12.2013 - 20 U 144/13 -
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2015 - 9 O 108/14 - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Beklagten leisten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)