Oberlandesgericht Köln Urteil, 08. Mai 2015 - 19 U 47/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.02.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 26 O 376/11 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, werden der Klägerin auferlegt.
Das angefochtene sowie das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.
4Mit Zustimmung der Parteien ist durch Beschluss vom 12.03.2015 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet worden.
5II.
6Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
7Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
8Der Klägerin steht gegen die Beklagten der mit insgesamt 7.049,34 € geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus dem Vorfall vom 29.03.2011 nicht zu. Die Haftungsvoraussetzungen der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 und 2 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG, 1 PflVG sind nicht erfüllt, weil es sich erwiesenermaßen um einen sog. fingierten bzw. gestellten Unfall handelt.
9Soweit das Landgericht seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt hat, dass die Klägerin im Zeitpunkt des behaupteten Unfalls nicht Eigentümerin des unfallbeschädigten Fahrzeugs P A, amtliches Kennzeichen X-XX 2939, gewesen sei, kann die Frage der Aktivlegitimation dahinstehen, auch nachdem die Klägerin mit der Berufungsbegründung eine von ihr und ihrem Ehemann, dem Zeugen Q, unterzeichnete „Abtretungserklärung“ vom 16.05.2013 hinsichtlich „evt. Forderung aus dem Verkehrsunfall vom 29.03.2011“ (Anl. K6, Bl. 198 GA) vorgelegt hat.
10Die von der Klägerin geltend gemachte Beschädigung des vorgenannten Kraftfahrzeugs ist nämlich mit einer die Rechtswidrigkeit ausschließenden Einwilligung erfolgt.
11Ein Schadensersatzanspruch besteht nicht, wenn der Schädiger oder der Haftpflichtversicherer den von ihm zu führenden Nachweis (vergleiche zur Beweislast des Schädigers: BGH, Urteil vom 13.12.1977, VI ZR 206/75, zitiert nach juris) erbracht hat, dass die Rechtsgutverletzung mit Einwilligung des Verletzten erfolgte und der Verkehrsunfall manipuliert, mithin nur vorgetäuscht war. Unabhängig davon, dass in Ausnahmefällen besonders typischer Gestaltung des Unfallgeschehens der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen eines gestellten Unfalls in Betracht kommt (vergleiche BGH, a.a.O.; Urteil vom 06.03.1978, VI ZR 269/76, zitiert nach juris), kann gerade die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation nach der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dafür sprechen, dass ein gestellter Unfall vorliegt (vergleiche BGH, Urteil vom 13.12.1977, VI ZR 206/75). In solchen Fällen wird nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit vorausgesetzt (vergleiche BGH, a.a.O.). Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsgutverletzung ausschließt (vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2004, 13 U 183/03; OLG Schleswig, Urteil vom 24.06.2010, 7 U 102/09; OLG Köln, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 25/10; jeweils zitiert nach juris). Es kommt nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände. Dabei mögen in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können (vergleiche OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; KG Berlin, Urteil vom 07.09.2010, 12 U 210/09, zitiert nach juris).
12Aufgrund des Sachvortrags der Parteien, des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Anhörung der Parteien sowie Zeugenvernehmung und der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Stellungnahme liegen hier in ihrer Gesamtheit so viele gewichtige Anzeichen für eine Unfallmanipulation vor, dass der Senat von dem Vorliegen eines sog. gestellten Verkehrsunfalls überzeugt ist.
13Für eine Unfallmanipulation spricht besonders deutlich der Umstand, dass die Schäden an den beiden beteiligten Kraftfahrzeugen P und D nicht mit dem von dem Beklagten zu 3 als Fahrer des PKW D sowie der Klägerin geschilderten Hergang des Geschehens in Einklang zu bringen sind und auch im Übrigen nicht durch ein Unfallgeschehen aus dem Verkehrsfluss heraus resultieren können. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Auswertung des Vortrags der Parteien, insbesondere der Schilderung des Hergangs durch den Beklagten zu 3 bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht, einerseits und dem Ergebnis des in zweiter Instanz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. T nebst dessen ergänzender Stellungnahme andererseits fest.
14Der Beklagte zu 3 will mit dem PKW D beim Vorbeifahren an dem geparkten Pkw P aus Versehen nach links gelenkt und dabei das vorgenannte parkende Auto gestreift haben. Dem entspricht der Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 3 beim Vorbeifahren mit der linken Seite des von ihm geführten Kraftfahrzeugs ihren geparkten PKW gestreift und auf der gesamten rechten Fahrzeugseite beschädigt haben soll.
15Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. T in seinem Gutachten vom 04.08.2014 festgestellt, dass an beiden beteiligten Fahrzeugen P und D Kratzspuren mit unterschiedlicher räumlicher Ausprägung, einmal mit diagonaler und einmal mit waagerechter Ausrichtung vorliegen, die mehreren Anstößen zugeordnet werden konnten. Der Sachverständige ist vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Unfallgeschehen aus dem Verkehrsfluss aus technischer Sicht nicht darstellbar sei. Damit sind die Angaben des Beklagten zu 3 sowie der Klägerin zum Hergang des vermeintlichen Unfallgeschehens als widerlegt anzusehen. Denn ein Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Feststellungen des im Bereich der Unfallrekonstruktion erfahrenen Gerichtssachverständigen Prof. T ist nicht ersichtlich. Grundlage des Gutachtens ist der Inhalt der dem Sachverständigen vorliegenden Gerichtsakten (bis Bl. 222), einschließlich dem von der Klägerin vorgelegten Schadensgutachten des Sachverständigenbüros L & Kollegen vom 04.04.2011 betreffend den PKW P (Bl. 5 ff. GA) sowie dem von den Beklagten zu 1 und 2 vorgelegten Gutachten der E vom 18.05.2011 (Bl. 52 ff. GA), ferner von den Parteien zur Verfügung gestellte Lichtbilder und Schadensgutachten zu den beiden beschädigten Fahrzeugen und ein Luftbild sowie Google-Street-View-Bild von dem Verlauf der Straße am Ort des vermeintlichen Unfalls. Durch die Analyse der Schäden, eine Wankanalyse sowie Vergleichsversuche sei – so der Sachverständige in seinem Gutachten – nach Ermittlung des Kollisionswinkels sowie der Kollisionsgeschwindigkeit die Anstreifrichtung von vorne nach hinten an dem stoßenden PKW D festzustellen gewesen. An dem PKW P – so der Sachverständige weiter – sei eine Anstreifrichtung von vorne nach hinten aber auch umgekehrt zu ermitteln gewesen, woraus zu schließen sei, dass an dem PKW P mehrere Anstöße mit unterschiedlicher Anstreifrichtung erfolgt sein müssen, die nicht aus einem Unfallereignis zu erklären seien. Den weiteren Feststellungen des Sachverständigen zufolge lagen an dem PKW D mehrere Kratzspuren sowohl mit diagonaler als auch mit waagerechter Ausrichtung vor, was für Anstöße mit unterschiedlicher Relativgeschwindigkeit spreche. Entsprechendes hat der Sachverständige an dem PKW P festgestellt. Auch dort hätten Kratzspuren mit unterschiedlicher räumlicher Ausprägung (diagonal und waagerecht) vorgelegen, ferner Spurenkreuzungen, die über einen Vergleichsversuch ebenfalls mehreren Anstößen zuzuordnen gewesen seien. Ein Unfallgeschehen aus dem Verkehrsfluss – so der Sachverständige abschließend – sei aus technischer Sicht nicht darstellbar. Die einzelnen Schritte und Ergebnisse der Unfallrekonstruktion mit Analyse der Schäden hat der Sachverständige nachvollziehbar in den Anlagen zu seinem Gutachten anhand von Erläuterungen, Lichtbildern und Skizzen dokumentiert. Der Sachverständige hat seine gutachterlichen Feststellungen im Rahmen seiner Stellungnahme vom 13.01.2015 anhand der klägerseits ergänzend gestellten Fragen erläutert. Dabei hat er nochmals ausgeführt, die Spuren an dem PKW P zeigten, dass das Fahrzeug einmal von vorne nach hinten sowie einmal von hinten nach vorne angestreift worden sei und dass die unterschiedliche Anstoßrichtung der Kratzspuren auf Unfallereignisse mit differierenden Geschwindigkeiten schließen lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige sein Ergebnis bekräftigt, dass ein Unfallgeschehen wie geschildert aus technischer Sicht nicht nachvollzogen werden könne, auch nicht ein solches, bei dem der PKW D an dem PKW P festgefahren und rückwärts wieder getrennt worden wäre. Besonderheiten an dem beteiligten Fahrzeug D hinsichtlich der fehlenden Zierleiste hinten links und etwaiger Vorschäden, auf die klägerseits im Rahmen der ergänzenden Befragung hingewiesen wurde, hat der Sachverständige Rechnung getragen. Die Art und Weise der von ihm vorgenommenen Analyse hat er bei seiner Stellungnahme ergänzend erläutert. Den Feststellungen des Sachverständigen ist nach dessen Stellungnahme vom 13.01.2015 weder von Seiten der Klägerin noch von dem Beklagten zu 3 entgegengetreten worden. Von beiden ist nicht ansatzweise versucht worden, eine Erklärung für die Unvereinbarkeit ihrer Angaben zum Hergang des angeblichen Verkehrsunfalls mit den Feststellungen des Sachverständigen zu liefern.
16Eine mehrfache Kollision des Schädigerfahrzeugs gegen ein geparktes Fahrzeug, die nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nicht als unabsichtlich zu erklären ist, spricht deutlich für das Einverständnis des Geschädigten und die Feststellung eines manipulierten Unfalls (vergleiche KG Berlin, Urteil vom 08.12.2005, 12 U 201/05, zitiert nach juris).
17Darüber hinaus sprechen hier weitere Indizien für das Vorliegen eines gestellten Unfalls:
18Beschädigt wurde mit dem PKW P A ein zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls etwa viereinhalb Jahre altes (Erstzulassung: 25.10.2006) durchaus werthaltiges Fahrzeug (Wiederbeschaffungswert gemäß Schadensgutachten: 13.200 €) mit einer schon erheblichen Laufleistung (am 30.03.2011: 91.501 km). Das Fahrzeug wurde nur wenige Monate vor dem Schadensfall auf die Klägerin angemeldet (Eintragung in der Zulassungsbescheinigung am 03.01.2011). Es handelt sich mithin um ein für manipulierte Unfallgeschehen typischerweise verwendetes Fahrzeug (vergleiche OLG Schleswig, Urteil vom 24.07.2010, 7 U 102/09, zitiert nach juris).
19Dasselbe gilt für das von dem Beklagten zu 3 geführte Fahrzeug D. Dieses war seinerzeit ca. 16 Jahre alt (Erstzulassung Mai 1995), wies eine Laufleistung von ca. 237.000 km auf und hatte erhebliche Vorschäden. Dies steht aufgrund der Angaben in dem beklagtenseits vorgelegten Gutachten der E vom 18.05.2011 fest. Es entspricht der typischen Vorgehensweise, einen derart wertlosen PKW bei einem gestellten Unfall als Schädigerfahrzeug einzusetzen (vergleiche Senat, Urteil vom 25.03.1994, 19 U 168/93; OLG Schleswig, a.a.O.).
20Hinzu kommt hier noch, dass der Beklagte zu 3 den von ihm geführten Pkw von einem Dritten geliehen hatte, der nach Erwerb des Fahrzeugs dieses noch nicht umgemeldet hatte. Hiervon geht der Senat aufgrund der Angaben des Beklagten zu 1 sowie des Beklagten zu 3 im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht aus, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist. Als Halter war zum Zeitpunkt des vermeintlichen Unfalls nach wie vor der Beklagte zu 1 eingetragen, worauf die Klägerin selbst unter Vorlage der polizeilichen Unfallmitteilung (Bl. 4 GA) hingewiesen hat. Demnach entstand dem Schädiger selbst durch die Kollision kein materieller Schaden, was ebenfalls deutlich für eine Unfallmanipulation spricht (vergleiche KG Berlin, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O).
21Dass der Beklagte zu 3 bei seiner Anhörung vor dem Landgericht nicht einmal den Namen desjenigen nennen konnte, von dem er den PKW D geliehen hatte, lässt das Geschehen erst recht dubios erscheinen.
22Ein weiterer Umstand, der für eine Unfallmanipulation spricht, ist die schlechte wirtschaftliche Lage des Beklagten zu 3, über dessen Vermögen am 05.01.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war (Amtsgericht Köln, 74 IN 380/10). Finanzielle Bedrängnis eines oder beider an einem gestellten Unfall Beteiligten ist keineswegs außergewöhnlich (vergleiche OLG Köln, Urteil vom 02.03.2010, 9 U 122/09, zitiert nach juris ; OLG Schleswig, a.a.O.).
23Auch die Umstände des Vorfalls vom 29.03.2011 sprechen deutlich für eine Unfallmanipulation. Der Beklagte zu 3 will entsprechend seinen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht durch „zwei Jungs“, die etwas auf die Straße geworfen haben, abgelenkt worden sein. Dass sich ein Fahrzeugführer dadurch bei sehr geringer Geschwindigkeit von seiner Fahrlinie abbringen lässt und gegen ein am Fahrbahnrand geparktes Fahrzeug gerät, erscheint sehr ungewöhnlich. Hat ein kaum zu erklärenden Fahrfehler zu dem angeblichen Unfall geführt, spricht auch dies für eine Unfallmanipulation (vergleiche OLG Celle, Urteil vom 25.10.2001, 14 U 73/01; OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2004, 13 U 183/03; jeweils zitiert nach juris).
24Typisch für die Konstellation eines gestellten Unfalls ist zudem die Zeit des Geschehens, nämlich spät abends (22:00 Uhr), wenn üblicherweise keine Zeugen zugegen sind (vergleiche OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Koblenz, Urteil vom 13.03.1989, 12 U 434/88; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2010, 9 U 122/09; jeweils zitiert nach juris). So ist es auch hier: Unfallzeugen sind von den Parteien nicht benannt worden und ergeben sich auch nicht aus der polizeilichen Unfallmitteilung (Bl. 4 GA).
25Auch die Art der Kollision, nämlich (gegebenenfalls sogar mehrfaches) Streifen des am Fahrbahnrand geparkten PKW P spricht für einen gestellten Unfall. Denn für die Unfallmanipulation wird häufig eine solche Anstoßvariante gewählt, bei der einerseits nicht die Gefahr einer Verletzung besteht, andererseits aber ein beträchtlicher Sachschaden entsteht (vergleiche OLG Schleswig, a.a.O.).
26Schließlich ist darüber hinaus die Abrechnung des Schadens auf fiktiver Reparaturkostenbasis nach nicht belegter Reparatur in Eigenleistung typisch für die Schadensabwicklung nach einer Unfallmanipulation (vergleiche KG Berlin, a.a.O.).
27Es findet sich mithin eine solch bemerkenswerte Vielzahl von Indizien, die für sich betrachtet unkritisch erscheinen mögen, jedoch in ihrer Gesamtschau aufgrund der auffälligen Häufung für eine Unfallmanipulation sprechen, so dass der Senat vom Vorliegen eines sog. gestellten Unfalls überzeugt ist.
28Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagten zu 1 und 2 den Nachweis dafür, dass sich die Klägerin und der Beklagte zu 3 bereits vor dem Unfall gekannt hätten, nicht geführt haben. Denn es muss nicht zwingend eine direkte Bekanntschaft zwischen vermeintlichem Geschädigten und vermeintlichem Unfallverursacher bestehen, zumal derartige Unfallmanipulationen auch über Dritte „organisiert“ werden (OLG Schleswig, a.a.O.; Senat, Beschluss vom 23.10.2014, 19 U 79/14).
29Mangels eines Hauptanspruchs entfallen auch die auf Zinsen und Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichteten Nebenforderungen.
30III.
31Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
32IV.
33Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
34V.
35Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.049,34 EUR
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 22.04.2014 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 10 O 89/12 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
41.
5Völlig zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil es sich vorliegend um einen manipulierten bzw. gestellten Verkehrsunfall gehandelt hat. Rechtlich korrekt eingeordnet - ohne dies allerdings ausdrücklich so anzugeben - hat es einen Schadensersatzanspruch damit mangels Rechtswidrigkeit des Eingriffes aufgrund Einwilligung abgelehnt. Darüber hinaus scheidet die Einstandspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers bei - wie hier - gestellten Verkehrsunfällen wegen der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles nach § 103 VVG aus. Dies gilt allerdings nur im Verhältnis zum vorsätzlich handelnden Fahrer des versicherten Fahrzeuges (S, ehemaliger Beklagter zu 1.). Im Verhältnis zum - wie hier - personenverschiedenen Halter (Fa. N GmbH), dem selbst kein vorsätzliches Handeln anzulasten ist, bleibt die Direktleistungspflicht hingegen bestehen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, VVG, § 103 Rn. 47; BGH, NJW 2013, 1163, 1165), weshalb § 103 VVG hier im Ergebnis eine Klageabweisung allein nicht tragen könnte.
6Sowohl im Ansatz als auch in der Begründung hat das Landgericht zutreffend erkannt, dass eine Haftung der Beklagten (jedenfalls) ausscheidet, weil die Rechtsgutsverletzung mit Einwilligung des Klägers erfolgt ist. Es hat damit die Klage allerdings erst in der 2. Stufe des Verteidigungsvorbringens der Beklagten abgewiesen, was im Ergebnis zwar (auch) richtig ist. Es hätte die Klage aber bereits in der 1. Stufe, nämlich mit der zu verneinenden Feststellung des vom Kläger behaupteten äußeren Schadenshergangs, abweisen können (zu den einzelnen Prüfungsstufen vgl. van Bühren/Lehmke/Jahnke, Anwalts-Handbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2012, Teil 6 Rz. 23 ff.).
7Im Rahmen der verkehrsrechtlichen (Direkt-)Haftung nach §§ 7 Abs. 1 StVG; 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 VVG trägt der klagende Geschädigte in der 1. Stufe die Darlegungs- und Beweislast für den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung. Er muss - im Falle des Bestreitens durch den Gegner - nachweisen, dass der Unfallhergang, also der äußere die Ersatzpflicht begründende Schadenshergang, tatsächlich wie behauptet stattgefunden hat. Eine Haftung setzt nämlich voraus, dass der Betrieb eines Kraftfahrzeugs adäquat kausal zu einem Schaden geführt hat. Für diesen Kausalzusammenhang ist der Geschädigte mit dem strengen Maßstab des § 286 ZPO beweispflichtig (vgl. Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2010, Kap. 25 Rn. 9, 249). Kann er diesen Beweis nicht führen, sind die Ersatzansprüche schon deshalb zurückzuweisen. Der behauptete Unfallhergang und damit die Schadenskausalität ist nicht bewiesen und ein anderer einen Ersatzanspruch begründender Hergang ist schon nicht dargelegt (vgl. Lehmke, a. a. O., Rz. 24; Born, NZV 1996, 257, 260).
8Dieser Nachweis ist insbesondere nicht geführt, wenn Zweifel daran bestehen, ob sich der Unfall in der vom Kläger nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich so zugetragen hat, selbst wenn die Schäden kompatibel sein mögen (sog. „So-Nicht-Unfall“, vgl. Senat, r + s 1996, 176; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 356; NZV 2013, 438; OLG Nürnberg, NJW-RR 2012, 720; Lehmke, a. a. O., Rz. 44; Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 5. Aufl., 2011, Teil 14 Rn. 92, 93). Dabei genügt der Geschädigte seiner Beweislast vor allem nicht, wenn sich nach Durchführung der Beweisaufnahme Zweifel an Ort und Zeit des tatsächlichen Geschehens ergeben und zugleich (etwa aufgrund bestehender Schadenskompatibilität) gewichtige Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass beide Fahrzeuge an anderer Stelle unter nicht dargelegten Umständen miteinander kollidiert sind. Denn im Zivilprozess wird ein konkreter (zweigliedriger) Streitgegenstand zur Entscheidung gestellt, indem der Kläger die von ihm in Anspruch genommene Rechtsfolge (Klageantrag) aus einem tatsächlichen Geschehen, dem sog. Lebenssachverhalt (Klagegrund), herleitet, dessen Elemente die tatsächlichen Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm ausfüllen. Nur der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt bildet den Streitgegenstand der Klage. Deshalb ist der Beweis für das den Anspruch begründende Schadensereignis erst dann erbracht, wenn das Gericht nach § 286 ZPO die volle Überzeugung gewonnen hat, dass sich der Unfall in der vom Kläger nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 356; NZV 2013, 438; KG, BeckRS 2009, 23504).
9In der Regel hängt der Nachweis des Schadensereignisses entscheidend von der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Unfallgeschehens durch die Unfallbeteiligten ab, an deren Glaubwürdigkeit das Gericht gewöhnlich nur dann zweifeln wird, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Allerdings können solche hinreichend konkreten Anhaltspunkte im Einzelfall auch Umstände sein, die nach anerkannter Rechtsprechung Beweisanzeichen (Indizien) dafür sind, dass der Geschädigte mit einer Schädigung einverstanden war (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 356, 357). Deshalb kommt es in solchen Fällen auch ganz maßgeblich nicht nur auf die jeweils geschilderten Einzelheiten (bzw. Ungereimtheiten) zum Kerngeschehen, sondern auch und vor allem auf solche zum Randgeschehen an.
10Auf den vorliegenden Fall übertragen gilt folgendes:
11Die durchaus kompatiblen Schäden am klägerischen Fahrzeug lassen sich nach dem von den Parteien insoweit nicht angegriffenen Gutachten des Sachverständigen X vom 03.12.2013 nur bei einem mehraktigen (mindestens 2-fachen) Rangierkontakt der beteiligten Fahrzeuge erklären. Nun hat der Kläger zwar behauptet, dass der (ursprüngliche) Beklagte zu 1. (Fahrer des LKW) beim Befahren bzw. beim Rangieren mit seinem LKW gegen das geparkte Fahrzeug des Klägers gestoßen sei (vgl. Bl. 3 GA). Da die Anforderungen auf der Darlegungsebene zum genauen Unfallhergang nicht überspannt werden dürfen, es also keines dezidierten Vortrages zum genauen Unfallmechanismus bzw. zu Art und Weise, wie die beteiligten Fahrzeuge miteinander kollidierten, bedarf (vgl. OLG Saarbrücken, NZV 2013, 438), lässt sich der klägerische Vortrag (Rangieren) wohl noch mit dem Ergebnis der Begutachtung in Einklang bringen, da der Kläger jedenfalls keinen bloßen einaktigen Streifvorgang behauptet hat. Allerdings hat der Kläger unter Berücksichtigung der vom ursprünglichen Beklagten zu 1. stammenden Unfallschilderung damit noch nicht nachgewiesen, dass die Kollision tatsächlich - wie von ihm behauptet - zwischen dem 02.09.20011, 16.00 Uhr und dem 03.09.2011, 12.00 Uhr (vgl. seine Unfallanzeige vom 03.09.2011) auf der C in Waldbröl stattgefunden hat. In Würdigung sämtlicher Umstände bestehen vielmehr gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass das Schadensereignis tatsächlich zu anderer Zeit und an anderer Stelle stattgefunden hat und die C in Waldbröl lediglich nachträglich als Unfallort „gestellt“ bzw. „präsentiert“ worden ist. Dem Senat ist eine solche Beurteilung nicht im Hinblick auf § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwehrt. Zwar hat das Landgericht ausweislich des Tatbestands und der Gründe des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Schadensereignis am 02.09.2011 gegen 20:20 Uhr auf der C in Waldbröl stattgefunden habe. Hieran ist der Senat allerdings nicht gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründen. Das Berufungsgericht hat allen Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen nachzugehen, wenn es Anhaltspunkte unabhängig vom Parteivortrag - etwa auf Grund lediglich gerichtsbekannter Tatsachen und/oder dem erstinstanzlichen Vortrag der Parteien - gewinnen kann (vgl. BGH, NJW 2004, 1876, 1878 f.; 2005, 1583, 1584; NJOZ 2005, 230, 231). Hinreichende Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich dabei bereits aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524; NJW 2005, 1487) und insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme selbst anders würdigen will (BVerfG, a. a. O.; BGH, NJW 2005, 1583, 1584). So ist es hier.
12Die Unfallmitteilung des vormaligen Beklagten zu 1. an seinen Arbeitgeber (Bl. 19 der Ermittlungsakte) lässt sich nämlich mit den gutachterlichen Feststellungen nicht in Einklang bringen. S hat dort zum Unfallhergang angegeben, dass er nach Abhängen des Anhängers wieder auf die Straße gefahren sei. Es sei aufgrund einer vorhandenen Baustelle eng gewesen. Der geparkte PKW sei dadurch „gestreift“ worden. S selbst spricht also lediglich von einer einaktigen streifenden Schadensverursachung. Ein schadenskausales Rangiermanöver wird von ihm hingegen nicht geschildert. Diese von S stammende Unfallschilderung wurde auch bestätigt durch die unfallaufnehmenden Polizeibeamten. POK´in I hat hierzu am 18.09.2011 vermerkt, dass sich am Unfallort ein LKW-Fahrer (UB 01) bemerkbar gemacht habe, der beim Vorbeifahren einen silbernen Mercedes touchiert hatte (vgl. Bl. 28 EA). PK M hat am 07.09.2011 berichtet, dass S am 02.09.2011 gegen 20:30 Uhr einen Verkehrsunfall mit seinem LKW gemeldet hat. Zum Unfallhergang befragt habe er erklärt, dass er ca. 100 m von der Unfallstelle entfernt (Unterstreichung durch den Senat) einen Anhänger habe abstellen müssen. Nachdem er dies getan habe, sei er wieder auf die C gefahren und dabei mit dem rechts neben der Fahrbahn abgestellten Pkw des UB 02 kollidiert. Zum Unfallzeitpunkt sei er lediglich etwas schneller als Schrittgeschwindigkeit gefahren, da er gerade im Anfahren begriffen gewesen sei (vgl. Bl. 29 EA). Ein ggf. mit dem Abkoppeln des Anhängers verbundenes Rangiermanöver war nach dieser Darstellung aber bereits deutlich vor dem von S geschilderten Schadenseintritt abgeschlossen. Daran ändern auch die ergänzenden Feststellungen des Sachverständigen X nichts, soweit er ausführt, dass juristisch zu diskutieren sei, dass der (01) die Kollision beim Rangieren nicht bemerkt und diese dann lediglich (tatsächlich unzutreffend) seinem späteren Vorfahren durch die Baustelle zugeordnet habe (Bl. 30 des Gutachtens), was der Kläger in der Berufungsbegründung freilich aufgreift. Denn diese Möglichkeit liegt schon deshalb fern, weil ein Rangieren nach der mitgeteilten Darstellung von S unabhängig von der taktilen Wahrnehmbarkeit der Kollision zweifelsohne nicht in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem von ihm geschilderten Schadensereignis stehen kann. Bei verständiger Würdigung ist der Schilderung von S nämlich nicht ansatzweise zu entnehmen, dass das Abkoppeln des Anhängers und ein damit eventuell verbundenes Rangieren überhaupt im unmittelbaren Nahbereich des abgestellten klägerischen Fahrzeuges durchgeführt worden ist. Den vom Sachverständigen insoweit angestellten Überlegungen (Bl. 29 des Gutachtens) fehlt es nicht nur an ausreichendem Substrat. Sie stehen sogar im offensichtlichen Widerspruch zur mitgeteilten Schilderung von S, dass er ca. 100 m von der Unfallstelle entfernt einen Anhänger abstellen musste; ein damit zusammenhängendes Rangieren kann schon hiernach bei lebensnaher Betrachtung rein örtlich gesehen nicht schadensursächlich gewesen sein. Unabhängig davon lässt sich die vom Sachverständigen unterstellte Möglichkeit dem Wortlaut und der zeichnerischen Darstellung von S in der Unfallmitteilung ebenfalls nicht entnehmen. Dieser hat nämlich gerade nicht zum Ausdruck gebracht bzw. erkennbar bringen wollen, dass das Abhängen des Anhängers tatsächlich im örtlichen Nahbereich zum klägerischen Fahrzeug stattgefunden hat oder gar schadensursächlich gewesen sein kann. Er hat das Abhängen des Anhängers lediglich erwähnt, es aber wegen der deutlichen Entfernung zum eigentlichen Schadensort ersichtlich nicht (auch nicht unwissentlich) mit der eigentlichen Schadensverursachung in Zusammenhang bringen wollen. Die vom Sachverständigen ins Feld geführte Möglichkeit krankt auch daran, dass bei fehlender taktiler Wahrnehmung (und bloßer fehlerhafter Zuordnung) gar nicht erklärbar ist, warum und wie S die Kollision letztlich doch wahrgenommen hat. Dass er sie wahrgenommen hat (bzw. haben will, weil seine Unfallschilderung im Ergebnis nicht glaubhaft ist), steht außer Frage, weil er sonst den Unfall nicht noch vor Ort angezeigt hätte.
13Durchgreifende Zweifel an dem vom Kläger präsentierten Unfallhergang bestehen auch deshalb, weil die zeichnerische Darstellung von S in der Unfallmitteilung ersichtlich nicht mit den örtlichen Gegebenheiten zum Schadenszeitpunkt übereinstimmt. So wie er die Baustelle dort eingezeichnet hat, war sie seinerzeit auf der C gar nicht eingerichtet, was unschwer den von der Polizei bei der Unfallaufnahme angefertigten Fotos (in Farbe abgedruckt auf Bl. 27 ff. des Sachverständigengutachtens X) entnommen werden kann. Nach der Skizze von S soll ihn die Baustelle gezwungen haben, nach rechts in Richtung des abgeparkten Klägerfahrzeuges auszuweichen. Die Baustelle hat zwar zu einer Verengung der C geführt. Faktisch hat sie aber das klägerische Fahrzeug gleichsam vor dem fließenden Verkehr „abgeschirmt“, weil dieser durch die angeordneten Warnbaken gezwungen war, deutlich vor dem Standort des Klägerfahrzeuges auf die linke Fahrbahnseite auszuweichen. Hier liegt ein unüberbrückbarer Widerspruch zur offensichtlich falschen Darstellung von S. Bei Betrachtung der von der Polizei gefertigten Fotos wird zudem deutlich, dass das vom Sachverständigen für möglich gehaltene Rangiermanöver unmittelbar im Bereich des klägerischen Fahrzeuges auch deshalb äußerst abwegig erscheint, weil nicht nachvollziehbar ist, wieso S den Anhänger gerade an dieser Stelle habe abstellen wollen, zumal die Straße und die Verkehrsführung in diesem Bereich hierfür ersichtlich keinen ausreichenden Raum boten.
14Im Weiteren ungereimt ist es, dass der Zeuge H den vom Kläger behaupteten Anlass zur Fahrt nach Wiehl gänzlich anders bekundet hat. Nach dessen Aussage handelte es sich gerade nicht um eine Firmenfeierlichkeit, an der beide teilnehmen wollten und zu der er den Kläger mitnehmen sollte. Vielmehr sei so gewesen, dass er - der Zeuge H - den Kläger auf dessen Bitte lediglich nach Wiehl habe fahren sollen, weil er sich dort mit anderen Personen habe treffen wollen. H will den Kläger dementsprechend auch in Wiehl auf einem Parkplatz von Rewe abgesetzt haben, ohne selbst dort verblieben zu sein. Von einer gemeinsamen (Firmen)-Feier war erst recht keine Rede. Die Fahrt nach Wiehl sollte damit ersichtlich als Alibi für den Kläger herhalten.
15Nach alledem kann der Senat nicht zu der Überzeugung gelangen, dass sich das Unfallgeschehen zeitlich und örtlich tatsächlich so, wie vom Kläger behauptet, ereignet hat.
162.
17Damit kommt es im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob das Landgericht den Sachverhalt in der 2. Stufe (Einwilligung in die Schädigung) zutreffend erfasst und gewürdigt hat, wenngleich dies zweifelsohne der Fall ist.
18Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht ausgeführt, dass die äußeren Umstände des vorliegenden Falles für das Vorliegen eines manipulierten Unfalles sprechen. Der Senat kann zur Vermeidung von Wiederholungen uneingeschränkt auf die vom Landgericht herangezogenen Indizien und die hiervon ausgehenden Beweiswirkungen verweisen. Lediglich ergänzend sei folgendes angemerkt:
19Zwar muss der Schädiger darlegen und beweisen, dass der Geschädigte mit der Rechtsgutverletzung einverstanden war. In Ausnahmefällen, insbesondere bei Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten, kann für die behauptete Einwilligung in die Schädigung aber ein Anscheinsbeweis sprechen (vgl. Senat, BeckRS 2013, 16609; OLG Koblenz, NZV 2006, 262; OLG Schleswig, NJW-RR 2011, 176; OLG Köln - 9 U 122/09 - r + s 2010, 192; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, StVG, § 7 Rn. 48; a. A. OLG Düsseldorf, NZV 1996, 321; BeckRS 2009, 09214: nur Indizienbeweis, da es für individuelle Willensentscheidungen keine Typizität gebe; zweifelnd auch Eggert, a. a. O., Rn. 106 und Lehmke, a. a. O., Rz. 54, die aber zu Recht darauf verweisen, dass es bei zahlreichen Anhaltspunkten für eine Unfallmanipulation eines Anscheinsbeweises häufig nicht bedarf, weil die Feststellung der Einwilligung dann auch im Wege des Indizienbeweises möglich ist).Unerheblich ist dabei, ob diese Anzeichen bzw. Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Koblenz, a. a. O.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2007, 603; OLG Köln - 11 U 149/01- BeckRS 2010, 06359; OLG Köln - 4 U 25/10 - BeckRS 2011, 19429). Dabei bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache allerdings keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen (vgl. Senat, a. a. O.; OLG Hamm, Schaden-Praxis 2004, 222).
20Aufgrund des Sachvortrages der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie aller sonstigen Umstände liegen in ihrer Gesamtheit so viele gewichtige Anzeichen für einen gestellten Unfall vor, dass auch der Senat bei lebensnaher Betrachtung von dem Vorliegen einer einvernehmlichen Schädigung überzeugt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat erneut auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Urteil. Soweit der Kläger einwendet, dass das Landgericht es fehlerhaft als tragendes Indiz habe ausreichen lassen, dass für eine Bekanntschaft zwischen dem Kläger und dem vormaligen Beklagten zu 1. lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche, dringt er damit nicht durch. Der Senat geht nicht nur mit dem Landgericht von einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Bekanntschaft aus, sondern ist vielmehr davon überzeugt, dass die Unfallbeteiligten sich tatsächlich kennen. Für die vom Kläger bemühten Zufälle ist bei der gebotenen lebensnahen Würdigung der Umstände (der Senat begrüßt insofern ausdrücklich den Appell einzelner Stimmen zu einer „mutigen“ Beweiswürdigung, vgl. Eggert, a. a. O., Rn. 110) mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Wahrscheinlichkeit kein Raum. Unabhängig davon ist es aber auch nicht zwingend erforderlich, dass der Schädiger bzw. der verklagte Haftpflichtversicherer den Nachweis einer Bekanntschaft zwischen den Unfallbeteiligten führen kann. Gerade weil es auf eine Gesamtschau sämtlicher Indizien ankommt, kann es bereits ausreichen, dass neben weiteren zahlreichen Manipulationsanzeichen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Bekanntschaft spricht, insbesondere wenn es sich - wie hier - bei den Unfallbeteiligten und präsentierten Zeugen ausnahmslos um ausländische Landsleute handelt, die zudem in einem Ort wohnen oder gewohnt haben. Außerdem bedarf es auch keiner direkten Bekanntschaft, da manipulierte Unfälle auch über Dritte „organisiert“ werden können (vgl. dazu OLG Schleswig, NJW-RR 2011, 176).
21II.
22Der Kläger wird auf die Möglichkeit der Berufungsrücknahme und die damit einhergehende Kostenersparnis nach Nr. 1220 KV-GKG hingewiesen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.