Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Aug. 2016 - 19 SchH 15/16
Tenor
Der Antrag des Schiedsbeklagten vom 26.4.2016, den Einzelschiedsrichter Dr. S G. C in dem Schiedsverfahren DIS-SV-SP-10/15 abzulehnen, wird zurückgewiesen.
Der Schiedsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Schiedsbeklagten vom 6.7.2016 ist zwar zulässig, aber unbegründet.
3Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 1025 Abs. 3 ZPO für die gerichtliche Entscheidung sachlich und örtlich zuständig. Der Schiedsbeklagte hat am 6.7.2016 und damit gemäß § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO binnen eines Monats, nachdem ihm am 6.6.2016 der das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschluss des Schiedsgerichts vom 31.5.2016 zugegangen ist, beim Oberlandesgericht eine Entscheidung über die Ablehnung beantragt.
4In der Sache hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung indes keinen Erfolg. Das Ablehnungsgesuch des Schiedsbeklagten, gestützt auf die angebliche Besorgnis der Befangenheit des Einzelschiedsrichters Dr. S G. C wegen des Inhalts der in dem Schiedsverfahren DIS-SV-SP-10/15 getroffenen Verfahrensverfügung Nr. 6 vom 20.4.2016, ist nicht gerechtfertigt.
5Ein Schiedsrichter kann nach § 18.1 DIS-SportSchO und § 1036 Abs. 2 ZPO nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Entsprechend § 42 Abs. 2 ZPO findet danach die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Maßgebend dafür ist, ob aus der Sicht der den Richter ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6.4.2006 - V ZB 194/05, in: NJW 2006, 2492).
6Derartige Umstände sind vorliegend auch nach dem Vorbringen des Schiedsbeklagten nicht erkennbar. Insbesondere kann die Besorgnis der Befangenheit nicht darauf gestützt werden, dass der Einzelschiedsrichter in der Verfahrensverfügung Nr. 6 vom 20.4.2016 den Schriftsatz des Schiedsbeklagten vom 14.4.2016 als verspätet zurückgewiesen, den Erlass eines Teil-Schiedsspruchs angekündigt und – sinngemäß – zum Ausdruck gebracht hat, den Erlass der – mittlerweile vorliegenden – Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum sog. Fall Pechstein (Urteil vom 7.6.2016 - KZR 6/15, in: NJW 2016, 2266 ff.) nicht abwarten zu wollen.
7Behauptete Verfahrensfehler oder unrichtige Entscheidungen des Richters geben keinen Ablehnungsgrund, wenn keine unsachliche Einstellung des Richters erkennbar ist. Denn die Richterablehnung dient nicht dazu, sich gegen eine für unrichtig gehaltene Rechtsauffassung des Richters oder Kollegialgerichts zu wehren, es sei denn, die Rechtsauffassung beruht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 2.5.2011 – 10 UF 42/11 m.w.N., abrufbar bei juris). Darauf, wie der Richter die Sach- und Rechtslage beurteilt, kann ein Ablehnungsgesuch deshalb grundsätzlich nicht gestützt werden. Dass ein Richter eine von der Auffassung der Partei abweichende Rechtsansicht, auch zur Gestaltung des Verfahrens, vertritt und seiner Verfahrensführung zugrunde legt, muss von der Partei hingenommen werden, zumal es in der Natur der Sache liegt, dass der Richter nur eine der unterschiedlichen Ansichten der streitenden Parteien für richtig halten kann. Die Überprüfung der Richtigkeit einer Entscheidung sowie des zu ihr führenden Verfahrens ist deshalb grundsätzlich einem Rechtsmittel in der Sache selbst vorbehalten. Das Ablehnungsverfahren ist weder dazu bestimmt noch geeignet, die Rechtsauffassung des Richters zur Überprüfung durch andere mit der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch befasste Richter zu stellen; es ist kein Instrument zur Fehler- oder Verfahrenskontrolle (vgl. etwa BAG, Beschluss vom 29.10.1992 - 5 AZR 377/92, in: NJW 1993, 879; KG, Beschluss vom 21.8.1998 – 28 W 6180/98, in: KGR Berlin 1998, 359; Musielak/Heinrich, Zivilprozessordnung, 12. Auflage 2015, § 42 ZPO Rn 10 m.w.N.). Auch tatsächliche oder behauptete Verfahrensfehler, die einem Richter bei der Verfahrensleitung unterlaufen, sind deshalb grundsätzlich kein Ablehnungsgrund. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich das prozessuale Verhalten des Richters so sehr von der normalerweise geübten Verfahrensweise entfernt, dass sich der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung einer Partei geradezu aufdrängt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9.2.1998 - 1Z BR 10/98, in: NJW-FER 1996, 256; OLG Köln, Beschluss vom 30.12.2008 – 2 W 127/08, in: JMBl. NW 2009, 89 ff.; KG, Beschluss vom 12.4.2004 - 15 W 2/04, in: NJW 2004, 2104, 2105; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.11.1999 - 13 W 66/99, in: OLGR Frankfurt 2000, 36; Musielak/Heinrich, Zivilprozessordnung, a.a.O., § 42 ZPO Rn 11 m.w.N.). Diese zur Ablehnung im Zivilprozess gemäß § 42 Abs. 2 ZPO entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen für die Ablehnung eines Schiedsgerichts oder Einzelschiedsrichters wegen Besorgnis der Befangenheit (vgl. etwa OLG München, Beschluss vom 24.11.2015 – 34 SchH 5/15, in: NJW 2016, 881 ff. m.w.N.).
8Danach ist ein Ablehnungsgrund vorliegend nicht gegeben:
9Die Ankündigung des Erlasses eines „Teil-Schiedsspruchs“ gibt auch aus der Sicht des Schiedsbeklagten bei vernünftiger Würdigung keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Einzelschiedsrichters zu zweifeln. Der damit angekündigte Erlass einer – mittlerweile durch den Teilprozessschiedsspruch vom 29.6.2016 getroffenen - Zwischenentscheidung zu den auch nach der Darstellung in der Antragsbegründung vom 6.7.2016 zwischen den Parteien kontrovers diskutierten Fragen der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung vom 22.10./26.11.2014 und des Fortbestehens einer etwaigen Disziplinargewalt nach (angeblichem) Rücktritt vom Leistungssport entsprach nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung in der Verfahrensverfügung Nr. 7 vom 31.5.2016 den in der mündlichen Verhandlung vom 1.3.2016 getroffenen Absprachen und lag nicht zuletzt im wohlverstandenen Interesse des Schiedsbeklagten an einer frühzeitigen Klärung von rechtlichen Aspekten, von denen abhängt, ob und ggf. wie das Verfahren fortgeführt wird. Eine Festlegung im Sinne einer Bejahung der Zuständigkeit und/oder fortbestehenden Disziplinargewalt oder gar eine Entscheidung entsprechend dem Begehren der Schiedsklägerin in der Sache war damit erkennbar nicht verbunden und ergibt sich entgegen der Auffassung des Schiedsbeklagten insbesondere nicht aus der Bezeichnung der beabsichtigten Zwischenentscheidung als „Teil-Schiedsspruch“ in der Verfahrensverfügung Nr. 6 vom 20.4.2016. Bei verständiger Würdigung entsprechend §§ 133, 157 BGB ist diese Formulierung ergebnisoffen zu verstehen, da aus der Verfügung selbst folgt, dass – nur - „über die Fragen der wirksamen Schiedsvereinbarung sowie zum Fortbestehen der Disziplinargewalt der Schiedsklägerin über den Schiedsbeklagten vorab durch Teil-Schiedsspruch entschieden werden soll“. Eine solche Vorab-Entscheidung konnte – anders als der Schiedsbeklagte meint – auch nicht denknotwendig nur zu seinen Lasten ausfallen. Unabhängig von den Ausführungen in der Verfahrensverfügung Nr. 7 vom 31.5.2016, weshalb die Formulierung eher im umgekehrten Sinne zu verstehen sein könnte, ergibt sich bei einer nicht nur am Wortlaut eines einzelnen Bestandteils der Verfügung vom 20.4.2016 orientierten, sondern den Gesamtzusammenhang berücksichtigenden Auslegung, dass entsprechend den Absprachen in der mündlichen Verhandlung vom 1.3.2016 eine Zwischenentscheidung über einen Teil der zwischen den Parteien streitigen Fragen ergehen sollte. Damit hatte sich der Einzelschiedsrichters weder hinsichtlich dieser Beurteilung dieser Fragen noch in der Sache selbst abschließend zu Lasten des Schiedsbeklagten (oder umgekehrt) festgelegt. Inwiefern sich dies aus Randziffer 22 der Verfahrensverfügung Nr. 7 ergeben soll, ist nicht nachvollziehbar. Eine Zwischenentscheidung in Form eines „Teil-Schiedsspruchs“ ist auch nicht prozessual unzulässig, sondern für bestimmte Fragen, mit denen die vorliegend streitigen jedenfalls eng zusammenhängen, sogar in § 1040 ZPO ausdrücklich vorgesehen. Im Übrigen wird das schiedsrichterliche Verfahren gemäß § 24.1 Satz 2 DIS-SportSchO vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt. Dass eine Vorab-Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht zuletzt aus Gründen der Prozessökonomie allgemein oder im konkreten Fall ermessensfehlerhaft wäre, ist weder vom Schiedsbeklagten dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
10Auch die Zurückweisung des Schriftsatzes des Schiedsbeklagten vom 14.4.2016 als verspätet in der Verfahrensverfügung Nr. 6 vom 20.4.2016 begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit des Einzelschiedsrichters. Abgesehen davon, dass nach den oben dargestellten Grundsätzen selbst eine etwaige fehlerhafte Rechtsanwendung keinen Ablehnungsgrund darstellt, sind nachvollziehbare Gründe, dass und weshalb der Schiedsbeklagte bzw. dessen Verfahrensbevollmächtigte an der Einhaltung der in der mündlichen Verhandlung vom 1.3.2016 einvernehmlich für beide Parteien gesetzten Frist zur abschließenden Stellungnahme bis zum 8.4.2016, deren Verlängerung auch nicht beantragt wurde, gehindert waren, nicht ersichtlich. Selbst wenn auf Seiten des Schiedsbeklagten eine Erwiderung auf die Ausführungen in dem – fristgemäß eingereichten – Schriftsatz der Schiedsklägerin als erforderlich angesehen wurde, erklärt dies nicht, wieso eine eigene Stellungnahme nicht innerhalb der gesetzten Frist erfolgen konnte, zumal der Schriftsatz vom 14.4.2016 nach eigener Einschätzung des Schiedsbeklagten im Wesentlichen Rechtsausführungen beinhaltet.
11Schließlich kann das Ablehnungsgesuch auch nicht darauf gestützt werden, dass der Einzelschiedsrichter vor Erlass der beabsichtigten Zwischenentscheidung das am 7.6.2016 verkündete Urteil des Bundesgerichtshofs (KZR 6/15) nicht abwarten wollte. Unabhängig davon, ob jene Entscheidung für das vorliegende Verfahren vorgreiflich ist und dass soweit ersichtlich kein „förmlicher“ Aussetzungsantrag gestellt wurde, liegt die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens – wie bereits erwähnt – abgesehen von zwingenden Erfordernissen im freien Ermessen des Schiedsgerichts. Die „Richtigkeit“ oder Zweckmäßigkeit dieser Prozessgestaltung unterliegt keiner Überprüfung im Ablehnungsverfahren und begründet nach den vorstehend wiedergegebenen Beurteilungsmaßstäben keinen Ablehnungsgrund i.S.d. § 42 ZPO.
12Auf vor der Verfahrensverfügung Nr. 6 vom 20.4.2016 liegende Umstände, etwa die in der Begründung des Antrags vom 6.7.2016 ebenfalls erwähnte Verfahrensverfügung Nr. 4 vom 4.2.2016, kann das Ablehnungsgesuch gemäß § 18 Ziffer 2 DIS-SportSchO nicht gestützt werden, weil sie nicht rechtzeitig geltend gemacht wurden (vgl. auch § 1037 Abs. 2 ZPO).
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
14Die vorliegende Entscheidung ist unanfechtbar (§ 1065 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
15Gegenstandswert: bis 3.000,00 €.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Aug. 2016 - 19 SchH 15/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Aug. 2016 - 19 SchH 15/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Aug. 2016 - 19 SchH 15/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend
- 1.
die Bestellung eines Schiedsrichters (§§ 1034, 1035), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037) oder die Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038); - 2.
die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032) oder die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040); - 3.
die Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041); - 4.
die Aufhebung (§ 1059) oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff.) oder die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061).
(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 erste Alternative, Nr. 3 oder Nr. 4 kein deutscher Schiedsort, so ist für die Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht.
(3) In den Fällen des § 1025 Abs. 3 ist für die Entscheidung das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(4) Für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme und sonstige richterliche Handlungen (§ 1050) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist.
(5) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht übertragen werden; die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Ländergrenzen hinaus vereinbaren.
(1) Die Parteien können vorbehaltlich des Absatzes 3 ein Verfahren für die Ablehnung eines Schiedsrichters vereinbaren.
(2) Fehlt eine solche Vereinbarung, so hat die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinne des § 1036 Abs. 2 bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Tritt der abgelehnte Schiedsrichter von seinem Amt nicht zurück oder stimmt die andere Partei der Ablehnung nicht zu, so entscheidet das Schiedsgericht über die Ablehnung.
(3) Bleibt die Ablehnung nach dem von den Parteien vereinbarten Verfahren oder nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren erfolglos, so kann die ablehnende Partei innerhalb eines Monats, nachdem sie von der Entscheidung, mit der die Ablehnung verweigert wurde, Kenntnis erlangt hat, bei Gericht eine Entscheidung über die Ablehnung beantragen; die Parteien können eine andere Frist vereinbaren. Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.
(1) Eine Person, der ein Schiedsrichteramt angetragen wird, hat alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können. Ein Schiedsrichter ist auch nach seiner Bestellung bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens verpflichtet, solche Umstände den Parteien unverzüglich offen zu legen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat.
(2) Ein Schiedsrichter kann nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen, oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine Partei kann einen Schiedsrichter, den sie bestellt oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, die ihr erst nach der Bestellung bekannt geworden sind.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz von Feuchtigkeitsschäden, die nach seinem Vortrag durch Bauarbeiten an dem Haus der Beklagten auf dem benachbarten Grundstück entstanden sein sollen. Der Kläger hat gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben. Die Beklagte hat in dem Rechtsstreit Beweiseinreden gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen unter Vorlage einer Stellungnahme eines von ihr eingeholten Gutachtens erhoben.
- 2
- Das Landgericht hat durch den Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung Termin zur Anhörung des Sachverständigen anberaumt. Dieser ist auf Anträge der Parteien mehrfach verlegt worden. Dem vierten Antrag der Beklagten auf erneute Verlegung des Termins zur Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Verhinderung des von ihr beauftragten Sachverständigen hat das Gericht nicht stattgegeben.
- 3
- Die Beklagte hat ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit des Einzelrichters gestellt, das sie mit Äußerungen des Richters über strafgerichtliche Verurteilungen der Beklagten in einem anderen Zivilrechtsstreit sowie mit der Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung begründet hat.
- 4
- Das Landgericht hat mit Entscheidung der Kammer das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung durch den Einzelrichter an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Beklagte, das Ablehnungsgesuch unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses für begründet zu erklären.
II.
- 5
- Das Beschwerdegericht meint, nach der Neuregelung der funktionellen Zuständigkeit des Einzelrichters in §§ 348, 348a ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1881, 1887) habe über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter nicht mehr die Kammer, sondern der durch deren Geschäftsverteilungsplan nach § 21g Abs. 4 GVG zu dessen Vertreter bestimmte Richter als Einzelrichter zu entscheiden.
- 6
- Eine eigene Entscheidung in der Sache hält das Beschwerdegericht nicht für sachdienlich, weil bei prozessordnungsgemäßer Behandlung die Sache nicht bei dem Senat, sondern nach § 568 Satz 1 ZPO bei dem zuständigen Senatsmitglied als Einzelrichter angefallen wäre.
III.
- 7
- 1. a) Die Rechtsbeschwerde ist auf Grund der Zulassung im Beschluss des Beschwerdegerichts statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
- 8
- b) Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen nach § 575 ZPO zulässig. Die Beklagte ist durch den Beschluss des Beschwerdegerichts beschwert, obwohl das Beschwerdegericht den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Landgerichts vom 26. September 2005 aufgehoben hat. Die Beschwer wird hier durch die Nichtbescheidung des Antrags in der Sache begründet (vgl. zum Berufungsverfahren: BGHZ 18, 107, 108; 31, 358, 361).
- 9
- 2. Die Rechtsbeschwerde bleibt indes im Ergebnis ohne Erfolg.
- 10
- a) Zu Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings gegen die Bestimmung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nach § 45 Abs. 1 ZPO zuständigen Richters durch das Beschwerdegericht.
- 11
- aa) Die Frage, ob die Kammer, ohne den abgelehnten Einzelrichter, oder der Vertreter des abgelehnten Einzelrichters, für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig ist, ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte streitig.
- 12
- Die Oberlandesgerichte Köln (OLGR 2005, 481, 482), Frankfurt (OLGR 2004, 271), Schleswig (OLGR 2005, 10, 11) sowie der 14. Zivilsenat (NJW-RR 2005, 1660) und der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2005, 82) vertreten die Auffassung, dass auch nach den Änderungen durch das Zivilprozessrechtsreformgesetz weiterhin die Kammer nach § 45 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung berufen sei. Demgegenüber sind die Oberlandesgerichte Karlsruhe (OLGR 2003, 523 und OLGR 2004, 490), Naumburg (OLGR 2005, 789, 791 und 830, 832), der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2005, 592), das Kammergericht (NJW 2004, 2104, 2105) sowie das Beschwerdegericht der Ansicht, dass der Vertreter eines abgelehnten Einzelrichters als Einzelrichter für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig sei.
- 13
- Im Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Kammer für diese Entscheidung zuständig sei (Hartmann in Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 45 Rdn. 4; HKZPO /Kayser, § 45 Rdn. 2; Musielak/Smid, ZPO, 4. Aufl., § 45 Rdn. 2; SteinJonas /Bork, ZPO, 22. Aufl., § 45 Rdn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 45 Rdn. 1; Zimmermann, ZPO, 7. Aufl., § 45 Rdn. 1; Zöller /Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 45 Rdn. 2; a.A. Fölsch, SchlHAnz 2004, 137 ff).
- 14
- bb) Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdegerichts nicht. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter an einem Kollegialgericht wird auch nach der Neuregelung der Zuständigkeit des Einzelrichters in §§ 348, 348a ZPO allein durch § 45 Abs. 1 ZPO bestimmt. Danach ist hier die Kammer unter Ausschluss des abgelehnten Richters zuständig.
- 15
- (1) § 45 Abs. 1 und 2 ZPO enthalten Vorschriften zur Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Der zuständige Richter für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter an einem Kollegialgericht wird durch § 45 Abs. 1 ZPO, derjenige für ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter des Amtsgerichts durch § 45 Abs. 2 ZPO festgelegt.
- 16
- (a) Für die Zuständigkeit der Kammer spricht bereits der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO. Danach entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Der Rechtsbeschwerde ist darin zuzustimmen, dass diese Regelung nur dann einen Sinn ergibt, wenn man bei dem Landgericht unter dem Gericht im Sinne der Vorschrift die nach § 60 GVG zu bildende und nach § 72 GVG mit drei Richtern unter Einschluss des Vorsitzenden besetzte Kammer versteht (so auch OLG Schleswig OLGR 2005, 10 f.), während bei einer Zuständigkeit des Einzelrichters der letzte Satzteil „ohne dessen Mitwirkung“ nicht passte, weil ein Einzelrichter nicht an der Entscheidung mitwirkt, sondern diese trifft und der abgelehnte Einzelrichter über ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch nicht selbst entscheiden darf.
- 17
- (b) Ein anderer Wille des Gesetzgebers lässt sich der Entstehungsgeschichte des Zivilprozessrechtsreformgesetzes nicht entnehmen. Diese weist vielmehr darauf hin, dass es - wie zuvor - bei der Zuständigkeit der Kammer bleiben sollte. Mit dem Reformgesetz wurde der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO dahin geändert, dass der nicht zur Zuständigkeit des Einzelrichters passende Nachsatz „ohne dessen Mitwirkung“ eingefügt wurde. Die Begründung dazu lässt erkennen, dass insoweit eine Klarstellung entsprechend der bisherigen Rechtsprechung gewollt war und die Vorschrift damit § 27 StPO angepasst werden sollte (BT-Drucks. 14/3750, S. 189). Eine Absicht des Gesetzgebers dahin, nunmehr entsprechend den für die Hauptsache geltenden Anordnungen in §§ 348, 348a ZPO eine Zuständigkeit des Vertreters des Einzelrichters auch für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch zu bestimmen, lässt sich hieraus nicht entnehmen. Im Gegenteil; der aus der Begründung ersichtliche Wille des Gesetzgebers ging dahin, die bisherige, sich auf die Zuständigkeit der Kammer beziehende Rechtsprechung zu bestätigen und fortzuführen.
- 18
- (2) Die Zuständigkeit des (Vertreters des) Einzelrichters lässt sich auch nicht unter Verweis auf die Regelung der Zuständigkeit für die Hauptsache in §§ 348, 348a ZPO damit begründen, dass diese Anordnung sich auch auf alle Nebenverfahren beziehe (so aber OLG Naumburg OLGR 2005, 789, 790). Das Verfahren in der Hauptsache und das Ablehnungsverfahren sind voneinander zu trennen. Der gesetzliche Richter für das selbständige Zwischenverfahren der Richterablehnung (Zöller/Vollkommer, ZPO, 64. Aufl., § 46 Rdn. 1) ist in § 45 Abs. 1 ZPO abweichend bestimmt worden (OLG Schleswig OLGR 2005, 10, 11). Der dazu berufene Richter soll danach gerade nicht der Richter sein, der anstelle des Abgelehnten für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig wäre.
- 19
- b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist aus den vorstehenden Gründen rechtsfehlerhaft und deshalb aufzuheben.
- 20
- aa) Eine Zurückverweisung an das Beschwerdegericht kommt indes nicht in Betracht, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
- 21
- Das Rechtsbeschwerdegericht ist bei einer die Ausgangsentscheidung aufhebenden Entscheidung des Beschwerdegerichts auch gegenüber der Rechtsbeschwerdeführerin zu einer solchen Endentscheidung befugt, ohne damit gegen das Verbot der Verschlechterung (reformatio in peius) zu verstoßen , wenn das Beschwerdegericht auch nach einer Zurückverweisung zu keiner anderen Entscheidung in der Sache gelangen könnte (vgl. für das Revisionsverfahren : BGH, Urt. v. 22. Januar 1997, VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716).
- 22
- bb) So ist es hier. Das Landgericht hat zu Recht das Ablehnungsgesuch der Beklagten für unbegründet erklärt. Die von der Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe vermögen eine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht zu begründen.
- 23
- (1) Eine solche Besorgnis ist aus dem in anderer Sache erfolgten, in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Hinweis auf strafgerichtliche Verurteilungen der Beklagten nicht gerechtfertigt.
- 24
- (a) Das Landgericht hat die Geltendmachung dieses Ablehnungsgrundes aus einer Äußerung des Richters einem anderen Verfahren schon nach § 43 ZPO als ausgeschlossen angesehen, weil die Beklagte auch nach der jetzt als Ablehnungsgrund vorgetragenen Äußerung des Richters weiter streitig verhandelt und am Schluss jener Sitzung Sachanträge gestellt habe. Für einen solchen verfahrensübergreifenden Ausschluss hat sich das OLG Hamm (NJW 1967, 1864, 1865) ausgesprochen. Demgegenüber vertreten das OLG Karlsruhe (MDR 1992, 409) sowie das Schrifttum (HK-ZPO/Kayser, § 43 Rdn. 4; MünchKomm-ZPO/Felber, 2. Aufl., § 43 Rdn. 8, Stein-Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 43 Rdn. 6; Zimmermann, ZPO, 7. Aufl., § 43 Rdn. 2; Zöller /Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 44 Rdn. 7) die Ansicht, dass der Verlust des Ablehnungsrechtes infolge weiterer Verhandlung vor dem Richter nach Kenntnis der Partei von dem Ablehnungsgrund sich nur auf das jeweilige Verfahren beziehe und dessen Geltendmachung in einem anderen Rechtsstreit nicht ausschließe (innerprozessuale Präklusionswirkung). Eine vermittelnde Auffassung (OLG Celle NJW 1960, 1670; OLG Koblenz MDR 1968, 60, 61; MDR 1989, 647) geht schließlich davon aus, dass § 43 ZPO der Geltendmachung des Ab- lehnungsgrundes aus einem anderen Verfahren nur dann entgegenstehe, wenn zwischen den Verfahren ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht oder die Partei in Kenntnis des Ablehnungsgrundes aus einem anderen Verfahren sich in diesem Rechtsstreit in eine Verhandlung eingelassen oder Sachanträge gestellt hat.
- 25
- Die Rechtsbeschwerde hat die Anwendung des § 43 ZPO durch das Landgericht als rechtsfehlerhaft gerügt. Einer Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es hier indes nicht.
- 26
- (b) Der protokollierte Hinweis des abgelehnten Richters auf strafrechtliche Verurteilungen der Beklagten in einem anderen Verfahren ist kein Ablehnungsgrund nach § 42 Abs. 2 ZPO. Maßgebend dafür ist, ob aus der Sicht der den Richter ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (st. Rspr., BGHZ 77, 70, 72; Senat, BGHZ 156, 269, 270). Dies ist hier nicht der Fall.
- 27
- Nach dem vorgelegten Protokoll aus dem vorangegangen Rechtsstreit ist der Hinweis des abgelehnten Richters über die strafgerichtlichen Verurteilungen nicht „aus heiterem Himmel“ erfolgt, sondern war eine Reaktion auf das Vorbringen der Parteien. Die Gegenseite hatte der Beklagten (die Klägerin im vorangegangenen Verfahren war) Urkundenfälschung vorgeworfen, was die Beklagte mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen hatte, dass sie nicht vorbestraft sei.
- 28
- (aa) Bei dieser Sachlage war ein richterlicher Hinweis auf die Verurteilungen nicht fernliegend. Angesichts dieses Streits im Vorprozess um die Redlichkeit und Glaubwürdigkeit der Beklagten war der jetzt abgelehnte Richter berechtigt , die ihm bekannten Umstände dazu mitzuteilen. Rechtskräftige Verurtei- lungen einer Partei in Strafsachen, von denen der Richter aus seiner dienstlichen Tätigkeit weiß, sind gerichtsbekannte Tatsachen (Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 291 Rdn. 2). Die unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen der Beklagten wegen Nötigung, übler Nachrede und falscher Verdächtigung gehörten zu den Umständen, die bei der Würdigung des Wahrheitsgehalts des Vortrags der Beklagten nach § 138 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden konnten. Der Richter ist - wenn zwischen den Parteien Streit darüber entstanden ist, ob eine Partei zur Verfolgung ihrer Ziele im Rechtsstreit möglicherweise auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurückschreckt - im Hinblick auf das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet, diejenigen Tatsachen, die er bei der Würdigung des Vortrages der Parteien zu berücksichtigen gedenkt, den Parteien mitzuteilen, indem er sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung macht (vgl. BVerfGE 10, 177, 182). Das ist hier geschehen. Die Beklagte musste insoweit auch die Offenbarung der für sie unangenehmen Tatsache einer vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilung hinnehmen. Für die Prüfung eines vom Gegner vorgehaltenen Verstoßes gegen das Wahrheitsgebot aus § 138 Abs. 1 ZPO war es auch nicht entscheidend, dass das Strafmaß bei der vorangegangenen Verurteilung unter der für die Aufnahme in das Strafregister in § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a BRZG bestimmten Grenze zurückblieb und die Beklagte sich daher nach § 53 Abs. 1 BRZG als unbestraft bezeichnen durfte.
- 29
- (bb) Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde, dass der abgelehnte Richter den gebotenen Hinweis nicht korrekt erteilt habe. Insoweit rügt die Beklagte zwar zu Recht, dass der Richter nicht nur die einschlägigen Verurteilungen erwähnt, sondern die Klägerin als vorbestraft bezeichnet hat, ohne dabei zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen der geringen Höhe der gegen sie verhängten Strafe sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRZG als unbestraft bezeichnen durfte. Bei vernünftiger Würdigung des Gesamtzusammenhanges der protokollierten Vorgänge stellt sich der richterliche Hinweis jedoch nicht als unsachliches, unangemessenes Verhalten dar, das Misstrauen gegenüber der Unparteilichkeit des Richters begründen könnte. Bei verständiger Würdigung der Umstände war die Äußerung des Richters eine auf Grund des Vortrages der Beklagten veranlasste Reaktion, um den Eindruck zu korrigieren, dass keine strafrechtlichen Verurteilungen vorlägen , die Zweifel an der Beachtung der Wahrheitspflicht begründen könnten.
- 30
- Der Umstand, dass die Äußerung von der Beklagten nicht beanstandet wurde, sondern die Parteien zunächst über eine vergleichsweise Lösung und nach dem Scheitern der Vergleichsbemühungen des Gerichts streitig weiter verhandelt haben, weist darauf hin, dass auch die Beklagte diesen Hinweis des Gerichts damals nicht anders verstanden hat.
- 31
- (2) Das Ablehnungsgesuch ist auch nicht im Hinblick darauf begründet, dass der Richter dem Terminsverlegungsantrag vom 1. Juli 2005 nicht stattgegeben hat. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen , die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte (BGHZ 27, 163, 167; OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 1291, 1292) oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Köln NJW-RR 1997, 828; KG MDR 2005, 708). An beidem fehlt es.
- 32
- Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Gericht die von der Beklagten geltend gemachte Verhinderung des Dipl. Ing. R. , den diese bei der Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen zuziehen wollte, zwar bei dem Antrag auf Terminsverlegung vom 31. Mai 2005 als erheblichen Grund, bei dem Antrag vom 8. Juli 2005 jedoch als unerheblich bewertet hat. Die Rechtsbeschwerde berücksichtigt nicht, dass der Antrag vom 8. Juli 2005 der vierte Terminsverlegungsantrag der Beklagten für die von ihr beantragte Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen war. Den vorhergehenden Anträgen vom 17. Mai, 31. Mai und 8. Juni 2005, die sie mit einer Verhinderung ihres Anwalts oder eines zur Anhörung hinzuzuziehenden Gehilfen begründet hatte, war von dem Richter entsprochen worden. Der Grund, den die Partei für eine Vertagung benennt, kann unterschiedlich zu würdigen sein, wenn er bei mehrfach hintereinander erfolgten Verlegungsanträgen wiederholt vorgebracht wird. Da das Gericht auch das Interesse des Gegners an einer Beendigung des Rechtsstreits berücksichtigen muss (OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 1291, 1292), konnte der Richter den Antrag auf Terminsverlegung wegen Verhinderung eines Gehilfen schließlich zurückweisen, ohne das Grundrecht der Beklagten auf rechtliches Gehör zu verletzen oder den Kläger zu bevorzugen.
III.
- 33
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts, der hier dem Wert der Hauptsache entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Januar 1968, IV ZB 3/68, NJW 1968, 796), aus § 3 ZPO.
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 26.09.2005 - 2 O 182/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 18.11.2005 - 3 W 220/05 -
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
Gründe
Oberlandesgericht München
34 SchH 5/15
Beschluss
vom 24.11.2015
34. Zivilsenat
Leitsatz:
In dem gerichtlichen Verfahren
betreffend die Schiedssache A.
- Antragsteller und Schiedskläger -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte W.
gegen
S.
- Antragsgegnerin und Schiedsbeklagte -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin D.
wegen Ablehnung von Schiedsrichtern
erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher, den Richter am Oberlandesgericht Kramer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler am 24. November 2015 folgenden Beschluss
I.
Der Antrag, die Schiedsrichter Dr. G. und Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 160.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Abschließend ist festzustellen, dass zwischen den Parteien keine Innengesellschaft zustande gekommen ist.
und
Somit kommt auch für die Zahlung ... ein nachträglicher finanzieller Ausgleich nicht in Betracht.
sowie
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dem Antragsteller für die von ihm vorgetragenen ... finanziellen Zuwendungen und Arbeitsleistungen ... ein Ausgleichsanspruch nicht zusteht.
die beiden Schiedsrichter unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.5.2015 für befangen zu erklären.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.
(2) Die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. Von der Erhebung einer solchen Rüge ist eine Partei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters mitgewirkt hat. Die Rüge, das Schiedsgericht überschreite seine Befugnisse, ist zu erheben, sobald die Angelegenheit, von der dies behauptet wird, im schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt. Das Schiedsgericht kann in beiden Fällen eine spätere Rüge zulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(3) Hält das Schiedsgericht sich für zuständig, so entscheidet es über eine Rüge nach Absatz 2 in der Regel durch Zwischenentscheid. In diesem Fall kann jede Partei innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mitteilung des Entscheids eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
(1) Die Parteien können vorbehaltlich des Absatzes 3 ein Verfahren für die Ablehnung eines Schiedsrichters vereinbaren.
(2) Fehlt eine solche Vereinbarung, so hat die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinne des § 1036 Abs. 2 bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Tritt der abgelehnte Schiedsrichter von seinem Amt nicht zurück oder stimmt die andere Partei der Ablehnung nicht zu, so entscheidet das Schiedsgericht über die Ablehnung.
(3) Bleibt die Ablehnung nach dem von den Parteien vereinbarten Verfahren oder nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren erfolglos, so kann die ablehnende Partei innerhalb eines Monats, nachdem sie von der Entscheidung, mit der die Ablehnung verweigert wurde, Kenntnis erlangt hat, bei Gericht eine Entscheidung über die Ablehnung beantragen; die Parteien können eine andere Frist vereinbaren. Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung eines Staatsvertrages beruht. Die §§ 707, 717 sind entsprechend anzuwenden.