Oberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Sept. 2014 - 16 W 37/13
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2) wird der Beschluss der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.10.2013 – 27 OH 30/07 –aufgehoben. Der Kostenantrag der Antragsgegner sowie die Anträge auf Setzung einer Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin zu 1) zu 25%, die Antragsgegnerin zu 2) zu 60 % und die Antragsgegnerin zu 3) zu 15 %.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin zu 2) realisierte über die von ihr gegründete Antragstellerin zu 1) in angemieteten Räumlichkeiten in L das Projekt „L2“, welches der Vereinbarkeit von Familie und Beruf diente. Das Gebäude enthielt im Untergeschoss eine Kindertagesstätte und im Erdgeschoss Büro- und Konferenzräume, die von Freiberuflern stundenweise angemietet werden konnten. Hierzu ließen die Antragstellerinnen die angemieteten Gewerberäumlichkeiten umfassend umbauen.
4Mit der Planung und Überwachung des Umbaus und der Einrichtungen war die Antragsgegnerin zu 1) beauftragt. Nach dem rechtskräftigen Zwischenurteil des Senats im Verfahren 16 U 77/09 steht fest, dass der Architektenvertrag zwischen der Antragsgegnerin zu 1) und der Antragstellerin zu 2) besteht. Die Antragstellerin zu 2) beauftragte die Antragsgegnerin zu 2) mit den Arbeiten für die Gewerke „Lüftung“ und „Heizung und Sanitär“ und die Antragsgegnerin zu 3) mit dem Gewerk „Elektroarbeiten“.
5Unter dem 7.12.2007 haben die Antragstellerinnen ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung zahlreicher behaupteter Mängel dieser Gewerke eingeleitet. Das Landgericht hat die Einholung mehrerer Sachverständigengutachten zu verschiedenen Gewerken angeordnet, die inzwischen überwiegend vorliegen. Mit der Begutachtung für das Gewerk Baukonstruktion wurde der Sachverständige L3 beauftragt. Dieser teilte mit Schreiben vom 24.7.2013 (Bl. 1628 d.A.) mit, dass der eingezahlte Vorschuss von 1.500 € nicht ausreiche, die Kosten des Gutachtens beliefen sich voraussichtlich auf 3.700 €. Mit Verfügung vom 29.7.2013 übersandte die Kammer das Schreiben den Antragstellerinnen mit dem Zusatz: „Es wird um Mitteilung gebeten, ob der weitere Vorschuss eingezahlt wird und gegebenenfalls bis wann. Einer Stellungnahme binnen 2 Wochen sehe ich entgegen.“ (Bl. 1627R d.A.). Nachdem bis zum 20.8.2013 weder eine Stellungnahme der Antragstellerinnen noch der Vorschuss eingegangen waren, forderte das Landgericht den Sachverständigen auf, die weitere Begutachtung einzustellen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat daraufhin beantragt, den Antragstellerinnen die Kosten des Beweisverfahrens aufzuerlegen, hilfsweise ihnen nach § 494a ZPO Frist zur Klageerhebung zu setzen. Die Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) haben sich den Anträgen angeschlossen.
6Am 5.9.2013 wurde über das Vermögen der Antragstellerin zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 1640 d.A.).
7Mit Beschluss vom 29.10.2013 hat das Landgericht der Antragstellerin zu 2) die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu 1/2 auferlegt.
8Hiergegen wendet sich die Antragstellerin zu 2) mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie u.a. geltend macht, dass sie den Vorschuss ausschließlich deshalb nicht gezahlt habe, weil das Verfahren wegen Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Antragstellerin zu 1) nach § 240 ZPO unterbrochen sei.
9Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
10II.
11Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
121. Das Landgericht hat der Antragstellerin zu 2) zu Unrecht die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt, weil sie den angeforderten Kostenvorschuss nicht gezahlt hat.
13Grundsätzlich ergeht im selbständigen Beweisverfahren keine Kostenentscheidung, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind vielmehr Kosten des Hauptsacheverfahrens und von der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens umfasst, ohne dass dies in der Kostenentscheidung ausdrücklich ausgesprochen werden muss. Eine isolierte Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren, die Grundlage einer Kostenerstattung ist, ist nur in drei Fällen möglich, nämlich bei Zurückweisung des Antrags als unzulässig, bei Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller und in den Fällen des § 494a ZPO (Antrag auf Fristsetzung zur Hauptsacheklage). Diesen Fällen ist gemeinsam, dass es zu einem Hauptsacheverfahren zum selbständigen Beweisverfahren nicht kommt.
14In Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung ist streitig, ob die Nichtzahlung des angeforderten Kostenvorschusses zur Folge hat, dass dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt werden können. Nach wohl mehrheitlicher Auffassung sind dem Antragsteller, der den von ihm geforderten Kostenvorschuss nicht einzahlt, in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3, 4 ZPO auf Antrag des Gegners die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.10.2010 – 8 W 244/10, NJW-RR 2011, 500 m.w.Nachw.; OLG Dresden, Beschl. v. 31.7.2003 – 7 W 934/03, IBR 2004, 173; OLG Jena, Beschl. v. 16.11.2001 – 2 W 506/01, BauR 2002, 667; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.8.1999 – 12 W 32/99, OLGR 1999, 419; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.2.1995 – 22 W 43/94, NJW-RR 1995, 1150; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 13 „Selbständiges Beweisverfahren“; zum Streitstand Seibel, ibr-Online-Kommentar Selbständiges Beweisverfahren, Stand 2.8.2012, § 494a Rn. 28 ff. m.w.Nachw.). Anders als bei der einseitigen Erledigungserklärung wird dies nicht damit begründet, dass das Verhalten des Antragstellers, der das Verfahren nicht weiter betreibt, als Abstandnahme von dem Antrag ausgelegt werden kann. Vielmehr sehen die Vertreter dieser Ansicht ein praktisches Bedürfnis dafür, dem Antragsgegner die Möglichkeit zu geben, eine für ihn günstige Kostenentscheidung herbeizuführen, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht betreibt (OLG Saarbrücken, aaO). Mit der analogen Anwendung von § 269 Abs. 3 ZPO soll die kostenrechtliche Lücke geschlossen werden zwischen der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO bei Antragsrücknahme und der Kostenfolge nach § 494a ZPO, wenn der Antragsteller nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens kein Hauptsacheverfahren einleitet (OLG Saarbrücken, aaO; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.8.1999 – 12 W 32/99, OLGR 1999, 419). Bliebe das Nichtbetreiben des Verfahrens ohne kostenrechtliche Folgen, hätte es der Antragsteller in der Hand, sich durch einfaches Nichtbetreiben des angestrengten selbständigen Beweisverfahrens dessen kostenmäßigen Risiken zu Lasten des Antragsgegners zu entziehen (OLG Saarbrücken, aaO; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.8.1999 – 12 W 32/99, OLGR 1999, 419).
15Die Gegenmeinung verweist darauf, dass die Nichtzahlung des Vorschusses einer Rücknahme nicht gleichgesetzt werden könne. Vielmehr habe das Gericht das Beweisverfahren zu Ende zu führen, alsdann könne der Antragsgegner über § 494a ZPO eine Kostenentscheidung herbeiführen (OLG Köln, Beschl. v. 12.4.2000 – 17 W 480/99, NJW-RR 2001, 1650; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.11.2001 – 21 U 35/01, BauR 2002, 350; Ulrich, Beweisverfahren mit Sachverständigen, ibr-online, Stand 3.3.2008, 9. Kapitel Rn. 41).
16Der Senat stimmt der letztgenannten Auffassung zu. Weder kommt der Nichtzahlung des Vorschusses der Erklärungswert einer Antragsrücknahme zu, noch besteht eine planwidrige Regelungslücke, welche die analoge Anwendung der Kostenvorschrift des § 269 Abs. 3 ZPO rechtfertigt.
17Der unterbliebenen Zahlung des Vorschusses kann nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass der Antragsteller kein Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens hat. Die Nichtzahlung des Vorschusses kann viele Gründe haben. Der Beteiligte kann der Auffassung sein, zur Vorschusszahlung nicht verpflichtet zu sein, er kann sie vergessen haben oder er verfügt nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel. Auch im vorliegenden Fall beruht die Nichtzahlung des Vorschusses nicht erkennbar auf dem Willen, das Beweisverfahren zu beenden. Die Antragstellerin hat sie vielmehr mit der – unzutreffenden (BGH, Beschl. v. 11.12.2003 – VII ZB 14/03, BauR 2004, 531) – Rechtsansicht begründet, das Beweisverfahren sei auch ihr gegenüber wegen Insolvenz der Antragstellerin zu 1) gem. § 240 ZPO unterbrochen.
18Es besteht weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein unabweisbares Bedürfnis für eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers in diesen Fällen. Das selbständige Beweisverfahren endet nur ausnahmsweise mit einer Kostenentscheidung. Nach dem Ende des selbständigen Beweisverfahrens kann der Antragsgegner, für den das Beweisverfahren positiv geendet hat, über § 494a ZPO eine Kostenentscheidung erreichen. Diese Möglichkeit besteht auch in der vorliegenden Konstellation.
19Das Beweisverfahren endet mit seiner sachlichen Erledigung (st. Rsp. BGH, Beschl. v. 24.3.2009 – VII ZR 200/08, BauR 2009, 979; Urt. v. 20.2.2002 – VIII ZR 228/00, BauR 2002, 1115). Diese Erledigung tritt ein, wenn die erforderlichen Beweise erhoben sind. Wird der Auslagenvorschuss trotz Fristsetzung und ordnungsgemäßer Belehrung nicht gezahlt, unterbleibt die weitere Beweisaufnahme, §§ 492 Abs. 1, 402, 379 S. 2 ZPO. Auch hiermit findet das Beweisverfahren seine sachliche Erledigung, was das Gericht durch deklaratorischen Beschluss feststellen kann (Ulrich, Beweisverfahren mit Sachverständigen, ibr-online, Stand 3.3.2008, 9. Kapitel Rn. 41).
202. Der hilfsweise Antrag der Antragsgegner auf Setzung einer Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage nach § 494a ZPO hat ebenfalls keinen Erfolg.
21a) Der Antrag der Antragsgegner zu 2) und 3) auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage durch die Antragstellerin zu 2) ist schon deshalb unbegründet, weil der Antrag der Antragstellerin zu 2) sich nicht gegen sie richtet. Vielmehr ist – soweit das Beweisverfahren sich gegen die Antragsgegner zu 2) und 3) richtet – nur die Antragstellerin zu 1) – die KG – Antragstellerin. Nur sie hat die Werkverträge mit den Antragsgegnern zu 2) und 3) abgeschlossen.
22b) Der Antrag der Antragsgegnerin zu 1) auf Setzung einer Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage ist unbegründet, da das Hauptsacheverfahren bereits anhängig war.
23aa) Hauptsacheverfahren war nicht das vom Senat entschiedene Verfahren 16 U 77/09 = 8 O 400/07 LG Köln.
24Die Antragsgegnerin zu 1) hat in diesem Verfahren die Antragstellerin zu 2) auf restliches Architektenhonorar in Anspruch genommen. Die Antragstellerin zu 2) hatte sich u.a. damit verteidigt, dass das Architektenhonorar wegen Unbrauchbarkeit der Architektenleistung nicht zu zahlen sei und hilfsweise die Aufrechnung mit Ansprüchen wegen Mängeln der Architektenleistung bzw. Pflichtverletzungen aus dem Architektenvertrag erklärt. Die Antragstellerin zu 2) hat zwar zunächst hilfsweise auch Ansprüche aus Mängeln, die Gegenstand des Beweisverfahrens waren, zur Aufrechnung gestellt; sie hat diese Hilfsaufrechnung indes zurückgenommen, so dass sie nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits waren.
25bb) Hauptsacheverfahren zum vorliegenden selbständigen Beweisverfahren ist aber der Rechtsstreit 17 O 11/11 LG Köln, in welchem die Antragstellerin zu 1) die hiesige Antragsgegnerin zu 1) wegen der Mängel, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sind, in Anspruch nimmt. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 2) nicht Partei des Rechtsstreits vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln ist. Ein Beschluss nach § 494a ZPO kann schon dann nicht ergehen, wenn mehrere Antragsteller wegen ihnen zustehender Mängelansprüche aus einem Vertrag ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt haben und der Antragsgegner daraufhin von einem der Antragsteller, der zugleich Rechtsnachfolger des anderen Antragstellers hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Ansprüche geworden ist, im Klagewege in Anspruch genommen wird (BGH, Beschl. v. 23.8.2007 – VII ZB 79/06, BauR 2007, 1993). Beide Antragsteller haben das Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1) eingeleitet. Das haben die Antragstellerinnen mit Schriftsatz vom 12.2.2010 (Bl. 969 d.A.) klargestellt. DieAntragstellerin zu 1) nimmt in dem Verfahren 17 O 11/11 LG Köln die Antragsgegnerin zu 1) u.a. aus abgetretenem Recht der Antragstellerin zu 2) wegen der behaupteten Mängel des Architektenwerks in Anspruch, die auch Gegenstand des vorliegenden selbständigen Beweisverfahrens sind.
26III.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 2 ZPO, die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes aus § 3 ZPO. Der Streitwert setzt sich zusammen aus der Hälfte der geschätzten Rechtsanwaltskosten der Antragsgegnerinnen im Beweisverfahren sowie der von diesen gezahlten Auslagenvorschüsse. Dabei ist der Senat von Anwaltskosten von jeweils 3.405 € ausgegangen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat Auslagenvorschüsse in Höhe von 1.900 € eingezahlt, die Antragsgegnerin zu 2) in Höhe von 9.500 €.
28Die Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die abweichende Auffassung der Oberlandesgerichte Saarbrücken und Stuttgart zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Sept. 2014 - 16 W 37/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Sept. 2014 - 16 W 37/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Sept. 2014 - 16 W 37/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Antragstellerin betreibt gegen die Gemeinschuldnerin ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Baumängeln. Die Parteien streiten darüber, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin gemäß § 240 ZPO das selbständige Beweisverfahren unterbrochen hat. Das Landgericht hat zunächst festgestellt, daß das selbständige Beweisverfahren unterbrochen ist. Die Antragstellerin hat die Aufnahme des Verfahrens erklärt. Daraufhin hat das Landgericht "dem Verfahren Fortgang gegeben". Die von der Insolvenzverwalterin gegen diesen Beschluß eingelegte und vonder Streithelferin unterstützte sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. 1. Das Beschwerdegericht führt aus, das Landgericht habe zu Recht das selbständige Beweisverfahren gefördert. Denn dieses sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.a) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein selbständiges Beweisverfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der Parteien unterbrochen wird. Für eine Unterbrechung sprechen sich aus OLG Hamburg, OLGR 2000, 436; OLG München, BauR 2002, 983; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 6 (a.A. noch 9. Aufl.); MünchKommZPO /Feiber, 2. Aufl., § 239 Rdn. 7. Eine Unterbrechungswirkung verneinen OLG Hamm, NJW-RR 1997, 723; OLG Frankfurt am Main, BauR 2002, 1886; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 239 Rdn. 8; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., vor § 485 Rdn. 6; Hdb. priv. BauR (Oelmaier/Merl), 2. Aufl., § 17 Rdn. 11.
b) Ein selbständiges Beweisverfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen. aa) Die systematische Stellung des § 240 ZPO im ersten Buch der Zivilprozeßordnung spricht für seine Anwendung auf das in der Regel kontradiktori-
sche selbständige Beweisverfahren. Auch enthalten die §§ 485 ff ZPO keine Bestimmung, daß § 240 ZPO nicht gelten solle. Diese Vorschrift steht aber mit Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens nicht in Einklang und ist daher auf dieses Verfahren nicht anzuwenden. Durch das selbständige Beweisverfahren soll dem Antragsteller zum einen die Möglichkeit einer schnellen Beweissicherung auch ohne Zustimmung des Gegners und unabhängig von einem Streitverfahren gegeben werden, wenn Verlust oder erschwerte Benutzung eines Beweismittels zu besorgen sind, § 485 Abs. 1 ZPO. Zum anderen können durch ein selbständiges Beweisverfahren tatsächliche Vorfragen für die Beurteilung eines Anspruchs geklärt werden, wenn der Antragsteller hieran ein rechtliches Interesse hat, insbesondere wenn dadurch ein Rechtsstreit vermieden werden kann, § 485 Abs. 2 ZPO. Das soll den Weg zu einer erfolgversprechenden Güteverhandlung (vgl. § 492 Abs. 3 ZPO) und zu einer raschen und kostensparenden Einigung der Parteien ohne einen sonst zu erwartenden Rechtsstreit ebnen. Um diese Ziele zu erreichen, ist das selbständige Beweisverfahren möglichst zügig und ohne die mit einer Unterbrechung nach § 240 ZPO verbundene zeitliche Verzögerung durchzuführen. Eine auch nur geringe Verzögerung kann bedeuten, daß ein Beweismittel verloren geht oder bedeutsame tatsächliche Umstände nicht mehr festgestellt werden können. Gerade bei Streitigkeiten im Rahmen eines Bauvertrags kann das dazu führen, daß Mängel der Bauleistung oder der von einem Unternehmer erreichte Bautenstand durch nachfolgende Arbeiten verdeckt werden. Der Insolvenzverwalter ist auf das baldige Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens angewiesen, um eine Grundlage für seine weiteren Entscheidungen und für eventuelle Vergleichsgespräche zu haben und
so gegebenenfalls Ansprüche des Gemeinschuldners rasch zugunsten der Masse realisieren zu können. Daß er am selbständigen Beweisverfahren nicht beteiligt ist, steht dem Führen von Vergleichsgesprächen nicht entgegen. Die von Befürwortern einer Unterbrechung empfohlene eilige Aufnahme bei eiligen Verfahren (MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl., § 239 Rdn. 7) ist nur in Grenzen geeignet, die nachteiligen Folgen einer Verfahrensverzögerung zu mildern. bb) Eine Unterbrechung des selbständigen Beweisverfahrens ist nicht deshalb geboten, weil den Beteiligten eine Überlegungsfrist hinsichtlich ihres weiteren Vorgehens eingeräumt werden müßte. Das selbständige Beweisverfahren hat eine vorweggenommene Beweisaufnahme und nicht die Entscheidung möglicherweise schwieriger Rechtsfragen zum Gegenstand. Der Insolvenzverwalter kann sich binnen kurzem einen ausreichenden Überblick verschaffen. Die andere Partei ist ohnehin mit dem Sach- und Streitstand vertraut.
cc) Daß die ebenfalls eilbedürftigen Verfahren des Arrests und der einstweiligen Verfügung gemäß § 240 ZPO unterbrochen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1962 - VIII ZR 189/60, NJW 1962, 591; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 239 Rdn. 8), führt zu keiner anderen Beurteilung. Die unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, weil diese Verfahren zu Vollstrekkungstiteln führen können, die das Schuldnervermögen unmittelbar betreffen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.
(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.
(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.