Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 25. Juli 2018 - 3 U 51/18
Tenor
I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.2.2018, Az. 416 HKO 222/17, wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung einer einstweiligen Urteilsverfügung des Senats wegen geltend gemachter Nichtvollziehung.
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Die Antragstellerin ist mit Urteil des Landgerichts vom 7.10.2016, Az. 416 HKO 122/16, teilweise abgeändert durch Urteil des Senats vom 9.11.2017, Az. 3 U 246/16, im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt worden, eine Handlung zu unterlassen (Anlage AK 1).
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Die einstweilige Urteilsverfügung des Senats ist dem Antragsgegnervertreter von der Geschäftsstelle des Senats als beglaubigte Abschrift zugestellt worden. Diese hat der Antragsgegnervertreter anwaltlich beglaubigt und der Antragstellervertreterin am 13.11.2017 von Anwalt zu Anwalt zugestellt (Anlage AK 2).
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Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, dass darin keine ausreichende Vollziehung der Urteilsverfügung des Senats zu sehen ist. Diese erfordere, dass nicht nur eine vom Anwalt beglaubigte Abschrift einer beglaubigten Abschrift des Urteils, sondern eine beglaubigte Abschrift einer Urteilsausfertigung zugestellt wird. Dies ergebe eine systematische Auslegung der §§ 936, 929 II, 928, 750, 724 ZPO. Auf die Vollziehung seien die Regelungen der Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden. Dies erfordere, wie die Regelungen der §§ 724, 750 I ZPO zeigten, die Zustellung einer Ausfertigung oder einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung des Urteils. Daran habe die Gesetzesänderung des § 317 ZPO nichts geändert. Diese betreffe allein den organisatorischen Ablauf der gerichtlichen Geschäftsstelle und habe keine Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Dies zeige auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/12634, S. 30f). Der Sinn und Zweck erlaube kein einschränkendes Verständnis dieser Regelung. Schließlich sei die Notwendigkeit der Zustellung einer - auch beglaubigten Abschrift - einer Ausfertigung keine überflüssige „Förmelei“. Vielmehr setze sie den Anspruch an ein streng formalisiertes Zwangsvollstreckungsverfahren zur Wahrung der Rechtssicherheit und zum Schutz der Parteien, insbesondere des Schuldners, um.
- 5
Die Antragstellerin hat beantragt,
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die durch das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9.11.2017 (Az. 3 U 246/16) verkündete einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt,
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den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
- 9
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass die Vollziehungsfrist gewahrt sei. Der Verfügungskläger müsse seinen Willen kundgeben, von dem Titel Gebrauch zu machen. Das sei durch die Zustellung einer anwaltlich beglaubigten Ablichtung der beglaubigten Abschrift des Titels in formalisierter und urkundlich belegter Form geschehen.
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Das Landgericht Hamburg hat den Antrag mit Urteil vom 21.02.2018 zurückgewiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird ergänzend auf die landgerichtliche Entscheidung verwiesen.
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Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Berufung. Die Parteien wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzlichen Ausführungen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9.11.2017 (Az. 3 U 246/16) verkündete einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
II.
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Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist nicht begründet.
- 17
1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gemäß §§ 927 I, 936 ZPO auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Senats vom 9.11.2017. Die Antragsgegnerin hat die Vollziehungsfrist gemäß §§ 929 II, 936 ZPO gewahrt.
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a) Gemäß §§ 929 II, 936 ZPO ist die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist.
- 19
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch eine Urteilsverfügung zur Bestandserhaltung vollzogen werden muss (siehe die Nachweise etwa bei Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Auflage 2016, 55. Kapitel, Rn. 38). Die Amtszustellung allein scheidet jedenfalls als Vollziehungsmittel aus (BGH, GRUR 1993, 415, juris Rn. 23f. - Straßenverengung). Die exakten Anforderungen an eine Vollziehung gemäß § 929 II ZPO hat der Gesetzgeber nicht definiert. Wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, ist in § 928 ZPO bestimmt, dass die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung “nur” entsprechend angewendet werden sollen, weil Arrest- und Verfügungsgläubiger im Regelfall lediglich Sicherung, aber nicht Befriedigung verlangen können (BGH, GRUR 1993, 415, juris Rn. 18 - Straßenverengung; siehe auch: G. Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Auflage 2018, § 929 Rn. 9). Zur Vollziehung sind dabei allerdings nur solche Maßnahmen ausreichend, die leicht feststellbar, insbesondere urkundlich belegbar sind, nicht also zum Beispiel bloß (fern-)mündliche Erklärungen (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 41 - Straßenverengung). Das ist jedoch bei der Parteizustellung einer dem Gläubiger erteilten beglaubigten Abschrift des Titels oder einer beglaubigten Abschrift davon der Fall.
- 20
b) Seit dem 01.07.2014 sieht § 317 I ZPO für die Amtszustellung als Regelfall nur noch die Zustellung einer beglaubigten Abschrift vor. Ausfertigungen werden gemäß § 317 II 1 ZPO nur noch auf Antrag erteilt. In der Folge ist auch die Parteizustellung einer beglaubigten Abschrift des Verfügungstitels oder einer vom Rechtsanwalt oder dem Gerichtsvollzieher beglaubigten Abschrift der vom Gericht erteilten beglaubigten Abschrift des Titels zum Normalfall geworden und nicht mehr fehlerhaft (OLG Düsseldorf, 18.05.2015, 2 U 2/15, juris Rn. 7 und 10; OLG Frankfurt, 17.11.2016, 6 U 167/16, juris Rn. 21 (für die Urteilsverfügung - insoweit nicht abgedruckt in CR 2017, 82); OLG München, 14.09.2017, 6 U 1864/17, GRUR 2018, 444, Ls. 1 und juris Rn. 43 (für Urteils- und Beschlussverfügungen); OLG Dresden, 02.05.2018,1 U 1708/17, JurBüro 2018, 310, juris Rn. 25 (für die Beschlussverfügung); Berneke/Schüttpelz, Rn. 588; Harte/Henning/Retzer, § 12, Rn. 532a; Zöller/Feskorn, § 317, Rn. 2, § 329, Rn. 18 und 44). Die gegenteilige Ansicht beruht entweder auf der Gesetzeslage vor dem 01.07.2014 (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.4.2015, 20 U 181/14, WRP 2015, 764, juris Rn. 55 - Diamant Trennscheiben; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.5.2015, 4 U 145/14, WRP 2016, 280 juris Rn. 36, 39) oder setzt sich nicht mit der Gesetzesänderung auseinander (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 4.5.2017, 9 W 650/16, WRP 2017, 863, juris Rn. 5, unter Hinweis auf OLG Celle, WRP 2016, 1281 - beide Entscheidungen lassen nicht erkennen, dass die Neufassung des § 317 ZPO bedacht worden ist; siehe auch Ahrens/Büttner, Der Wettbewerbsprozess, 8. Auflage 2017, 57. Kapitel, Rn. 36; Isele, WRP 2015, 823 (825)).
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Auch durch den Akt der Beglaubigung wird die Übereinstimmung zwischen Urschrift und Abschrift hinreichend sichergestellt (BGH, 22.12.2015, VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255, Rn. 13). Entsprechend der nunmehr in § 317 I 1 ZPO enthaltenen Regel genügt daher etwa auch die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des in vollständiger Form abgefassten Urteils, um den Beginn der Fristen zur Berufungseinlegung und -begründung in Gang zu setzen (BGH, 27.01.2016, XII ZB 684/14, NJW 2016, 1180, Ls und Rn. 14).
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Die Vorschriften der §§ 724 Abs.1, 750 ZPO stehen dem nicht entgegen (A.A. Isele, WRP 2015, 823 (825)). Während die Ahndung von Verstößen tatsächlich eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ist, ist die Vollziehung zwar Voraussetzung für eine solche Zwangsvollstreckung, sie geht aber einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach § 890 I ZPO voraus. Unterlassungsgebote lassen sich nicht durch unmittelbaren Zwang durchsetzen. Die Anordnungen können nur durch Wohlverhalten erfüllt oder durch Nichtbeachtung verletzt werden. Im letztgenannten Fall erfolgt die Zwangsvollstreckung durch mittelbaren Zwang im Verfahren nach § 890 I ZPO (BGH, a.a.O., juris Rn. 19 - Straßenverengung). Durch die dem vorangehende Vollziehung der einstweiligen Verfügung soll dem Schuldner dagegen zunächst deutlich gemacht werden, dass der Gläubiger seine gerichtlich zuerkannten Rechte auch durchsetzen will (BGH, a.a.O., juris Rn. 24 - Straßenverengung; OLG Düsseldorf, 18.05.2015, 2 U 2/15, juris Rn. 5 und 7). Sie dient dem Schutz des Schuldners vor der Erwirkung von Entscheidungen auf Vorrat sowie ihrer Durchsetzung erst nach längerer Zeit und unter veränderten Umständen (BGH, 25.10.1990, IX ZR 211/89, BGHZ 112, 356 (359), juris Rn. 12; Beschl. v. 22.01.2009, I ZB 115/07, GRUR 2009, 890, Rn. 15; OLG Köln, 07.04.2017, 6 U 135/16, WRP 2017, 1005 (1006), juris Rn. 47).
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Deshalb unterliegt die Vollziehung noch nicht den allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen, die einen Titelverstoß des Schuldners voraussetzen. Sofern die Vollziehung durch Parteizustellung erfolgt, muss sie nur den für die Zustellung geltenden Bestimmungen entsprechen (OLG Düsseldorf, 18.05.2015, 2 U 2/15, juris Rn. 5 und 9). Die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen der §§ 724 I, 750 I ZPO müssen erst vorliegen, wenn nach § 890 ZPO vollstreckt werden soll (BGH, 22.01.2009, I ZB 115/07, GRUR 2009, 890, Rn. 14). Dabei ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift stets dann ausreichend, wenn das Gesetz keine andere Regelung enthält. Denn eine besondere Form der Zustellung hat der Gesetzgeber ausdrücklich speziellen materiell- oder prozessrechtlichen Vorschriften vorbehalten (BGH, 22.12.2015, VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255, Rn. 9).
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Solche gelten für die Vollziehung von Unterlassungsverfügungen auch nicht infolge der Verweisung der §§ 928, 936 ZPO auf die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung. Diese sind nach dem Wortlaut des Gesetzes „entsprechend“ anzuwenden. Und bei der Unterlassungsverfügung erfolgt die Vollstreckung regelmäßig nicht zugleich mit der Vollziehung, sondern folgt dieser bei Titelverstößen, die lange nach der Vollziehung geschehen können, nach. § 724 ZPO findet auf einstweilige Verfügungen ohnehin keine Anwendung (§§ 928, 929 I, 936 ZPO; Zöller/G. Vollkommer, § 928, Rn. 6; OLG München, 06.02.2013, 15 U 2848/12, WRP 2013, 674 (675), Rn. 17). Für die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen bedarf es nicht der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung nach § 724 ZPO, sondern nach § 750 I ZPO nur der Zustellung des Titels. Diese Zustellung kann sowohl von Amts wegen als auch im Parteibetrieb erfolgen (§ 750 I 2 1. HS ZPO; OLG München, 06.02.2013, 15 U 2848/12, WRP 2013, 674 (675), Rn. 17). Bei der Urteilsverfügung ist die notwendige Zwangsvollstreckungsvoraussetzung der Zustellung des Titels regelmäßig schon durch die amtswegige Zustellung des Titels erfüllt, die nur den Anforderungen an § 317 I ZPO genügen muss (BGH, a.a.O., juris Rn. 21 - Straßenverengung; Beschl. v. 05.07.2005, VII ZB 14/05, WM 2005, 1995, juris Rn. 6). Sie ist Zustellung i.S. des § 750 I ZPO (Zöller/G. Vollkommer, § 928, Rn. 6.). An die Vollziehung jedenfalls einer - wie im Streitfall - Urteilsverfügung im Parteibetrieb können keine höheren Anforderungen gestellt werden als an eine Amtszustellung des Titels, die die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen des § 750 I 1 ZPO schon herbeiführt.
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Für die Beschlussverfügung gilt nichts anderes. Zwar wird diese jedenfalls dann, wenn das Erlassverfahren zunächst ohne Beteiligung des Schuldners durchgeführt wird (eine Beteiligung des Schuldners auch im Beschlussverfahren ist allerdings möglich) und eine Amtszustellung des Titels deshalb an den Schuldner nicht erfolgt, erst durch die Parteizustellung wirksam (sog. Wirksamkeitsvollziehung). Warum aber an die Vollziehung einer Beschlussverfügung im Wege des Parteibetriebs strengere formelle Anforderungen gestellt werden müssten als an eine die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen schon bewirkende Amtszustellung der Urteilsverfügung, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass es § 750 I 2 ZPO für die Parteizustellung genügen lässt, dass die „Ausfertigung des Urteils“ ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe zugestellt wird, zwingt nicht zu einer solchen Betrachtungsweise. Die Regelung des § 750 I 2 ZPO knüpft an § 750 I 1 ZPO an. Das Gesetz regelt in Absatz 1 Satz 1 den Normalfall der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil, die aufgrund einer mit einer Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (§ 724 ZPO) erfolgt. Dazu stellt Satz 2 der Vorschrift lediglich klar, dass die(se) Ausfertigung im Falle einer Parteizustellung nicht mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen sein muss. Eine einstweilige Verfügung muss aber - wie ausgeführt - nach § 929 Abs. 1 ZPO im Regelfall unabhängig davon, ob sie als Urteilsverfügung oder Beschlussverfügung ergeht, gerade nicht mit einer Vollstreckungsklausel versehen sein. Die Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung erfolgt auch aus einem Titel, der nicht mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist. Daran wird deutlich, dass die in § 750 Abs. 1 ZPO für den Regelfall der Zwangsvollstreckung angeführten allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen für die Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung nicht gleichermaßen erfüllt sein müssen. Das gilt auch für die in Satz 2 der Vorschrift unterstellte Zustellung einer Ausfertigung des Titels im Parteibetrieb. Wie ausgeführt, sind die Zwangsvollstreckungsvorschriften auf die Vollziehung von Arrest und einstweiliger Verfügung nur „entsprechend“ anzuwenden (§§ 928, 936 ZPO) und ist es unter der Geltung der Neuregelung des § 317 I ZPO auch für die Amtszustellung einer einstweiligen Verfügung nicht mehr erforderlich, eine Ausfertigung zuzustellen, um die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen des § 750 I 1 ZPO herbeizuführen. Dass insoweit gegenüber der Amtszustellung für die Parteizustellung eine Verschärfung der formalen Anforderungen zu fordern wäre, kann nicht angenommen werden. Bei einer entsprechenden Anwendung der Zwangsvollstreckungsvorschriften auf die Vollziehung einer Beschlussverfügung auch im Parteibetrieb können keine höheren Anforderungen gestellt werden als an die Amtszustellung einer nicht notwendig mit einer Vollstreckungsklausel versehenen einstweiligen Verfügung, die nur den Anforderungen der §§ 317 I, 750 I 1 ZPO genügen muss.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Einer Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da das Urteil rechtskräftig ist (vgl. Seibel in: Zöller, a.a.O., § 705 Rn. 7). Denn gemäß § 542 II 1 ZPO findet gegen Urteile, durch die über die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, die Revision nicht statt.
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen
Zivilprozessordnung - ZPO | § 936 Anwendung der Arrestvorschriften
Zivilprozessordnung - ZPO | § 750 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung
Zivilprozessordnung - ZPO | § 929 Vollstreckungsklausel; Vollziehungsfrist
Zivilprozessordnung - ZPO | § 317 Urteilszustellung und -ausfertigung
Zivilprozessordnung - ZPO | § 724 Vollstreckbare Ausfertigung
Zivilprozessordnung - ZPO | § 928 Vollziehung des Arrestes
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenHanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 25. Juli 2018 - 3 U 51/18 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2009 - I ZB 115/07
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Dez. 2015 - VI ZR 79/15
Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Sept. 2017 - 6 U 1864/17
Landgericht Hamburg Urteil, 21. Feb. 2018 - 416 HKO 222/17
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2016 - XII ZB 684/14
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2019 - III ZR 115/18
Tenor
I. Der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Urteilsverfügung des OLG Hamburg vom 09.11.2017 (Az.: 3 U 246/16) wird zurückgewiesen.
II. Die Aufhebungsklägerin trägt die Kosten des Aufhebungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens wird auf € 200.000,- festgesetzt.
Tatbestand
- 1
Die Aufhebungsklägerin und Antragsgegnerin des vorangegangenen Verfügungsverfahrens (im Folgenden nur „Aufhebungsklägerin“) begehrt die Aufhebung der am 09.11.2017 vom OLG Hamburg verkündeten Urteilsverfügung aufgrund veränderter Umstände.
- 2
Die Parteien sind miteinander konkurrierende Pharmaunternehmen. Die Aufhebungsklägerin beliefert etwa 16.500 der knapp 20.000 stationären Apotheken in Deutschland. Mit einstweiliger Verfügung des LG Hamburg vom 07.10.2016 (Az. 416 HKO 122/16) ist es ihr unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden, mit bestimmten Aussagen für ihre seit April 2016 vertriebenen Produkte C.® Vaginaler Selbsttest, C1® Vaginalgel und C2® Vaginalkapseln zu werben oder werben zu lassen. Für die Verwendung der betroffenen Produktverpackungen wurde ihr eine Aufbrauchsfrist bis Ende Oktober 2016 gewährt. Auch nach deren Ablauf gelangten jedoch weiterhin Verpackungen mit den angegriffenen Werbeaussagen in Verkehr.
- 3
Auf die Berufung der Antragsgegnerin und Aufhebungsbeklagten (im Folgenden nur Aufhebungsbeklagte) hin hat das OLG Hamburg die Verfügung durch Urteil vom 09.11.2017, auf das Bezug genommen wird, dahingehend abgeändert, dass der Aufhebungsklägerin weitergehende Handlungen untersagt wurden. Beglaubigte sowie einfache Abschriften des Urteils sind den Parteien von Amts wegen zugestellt worden. Die Aufhebungsbeklagte hat der Aufhebungsklägerin am 13.11.2017 eine anwaltlich beglaubigte Kopie einer beglaubigten Abschrift gegen Empfangsbekenntnis übersandt (AK 2 und AK 3).
- 4
Die Aufhebungsbeklagte stellte nach der Durchführung von drei Testkäufen am 02.10. und 12.10.2017 in Apotheken in V., W. und B. fest, dass die Produkte der Aufhebungsklägerin weiterhin in mit den untersagten Werbeaussagen versehenen Verpackungen erhältlich waren und leitete daraufhin am 18.10.2017 ein Ordnungsmittelverfahren ein. Die Aufhebungsklägerin behauptet, der Aufhebungsbeklagten sei bereits seit Ende 2016 bekannt, dass die im Verfügungsverfahren angegriffenen Produktverpackungen auch nach Ablauf der Aufbrauchsfrist noch in Umlauf gebracht wurden. Jedenfalls habe sie diese Kenntnis durch ihren Außendienst erhalten können und müssen. Dieser hätte die betroffenen Produkte bei seinen regelmäßigen Apothekenbesuchen ohne weiteres sehen können, weil sie als nicht rezeptpflichtige Mittel regelmäßig gut sichtbar hinter dem Verkaufstresen platziert gewesen seien. Die Aufhebungsbeklagte sei bis zur mündlichen Berufungsverhandlung am 15.09.2017 bewusst untätig geblieben, um einer möglichen Schadensersatzpflicht zu entgehen.
- 5
Die Aufhebungsklägerin ist der Ansicht, die einstweilige Verfügung sei bereits mangels Vollziehung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO wirkungslos geworden. Hierfür hätte die Zustellung des abändernden Urteils des OLG Hamburg im Parteiwege in Form einer Ausfertigung bzw. der beglaubigten Abschrift einer solchen erfolgen müssen. Zudem habe die Aufhebungsbeklagte die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG durch ein zu zögerliches Betreiben der Vollstreckung widerlegt, indem sie trotz Kenntnis oder jedenfalls grob fahrlässiger Unkenntnis von der fortdauernden Abgabe der betroffenen Produktverpackungen keine Zwangsmaßnahmen veranlasst habe.
- 6
Die Aufhebungsklägerin beantragt,
- 7
die durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 09.11.2017 (Az. 3 U 246/16) verkündete einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.
- 8
Die Aufhebungsbeklagte beantragt,
- 9
den Aufhebungsantrag vom 20.12.2017 zurückzuweisen.
- 10
Sie behauptet, ihren Außendienst nicht dahingehend instruiert zu haben, die Verpackungen der betroffenen Produkte der Aufhebungsklägerin nach Ablauf der Aufbrauchsfrist zu überwachen. Dies könne auch von ihr nicht verlangt werden. Es bestehe keine allgemeine Pflicht zur Marktbeobachtung, sodass sie auf die Einhaltung der Unterlassungsverfügung durch die Aufhebungsklägerin vertrauen durfte. Diese habe ihre Rückrufpflicht jedoch schlicht ignoriert, sodass der auf die fehlende Vollziehung gestützte Aufhebungsantrag rechtsmissbräuchlich und damit bereits unzulässig sei. Zudem liege eine wirksame Vollziehung vor, da bereits die Zustellung einer beglaubigten Abschrift zur Wahrung der Vollziehungsfrist genüge.
- 11
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 12
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
I.
- 13
Der Antrag ist als Aufhebungsantrag nach § 927 Abs. 1 ZPO statthaft. Die von der Aufhebungsklägerin gerügte fehlende Vollziehung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO und die rückwirkende Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG betreffen Umstände, bei deren Vorliegen die einstweilige Verfügung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen und damit aufzuheben wäre (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl. 2016, ZPO § 927 Rn. 6 m.w.N.). Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung des Aufhebungsverfahrens durch die Aufhebungsklägerin rechtsmissbräuchlich wäre.
II.
- 14
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die von der Aufhebungsklägerin geltend gemachten Vollziehungsmängel liegen nicht vor.
- 15
1. Die Vollziehungsfrist wurde nicht versäumt. Gemäß § 929 Abs. 2 ZPO hat der Gläubiger einer einstweiligen Verfügung binnen eines Monats mit deren Vollziehung zu beginnen. Die Frist beginnt im Fall einer Urteilsverfügung mit Verkündung des Urteils. Maßgeblich hierfür ist der 09.11.2017 als Verkündungstermin der durch das OLG Hamburg abgeänderten und erweiterten einstweiligen Verfügung (OLG Hamburg, Urt. v. 22. 12. 2009, Az.: 3 U 33/09; Urt. v. 12.4.2007, Az.: 3 U 290/06).
- 16
Die Vollziehung im Sinne der §§ 936, 928 ZPO erfolgt bei durch Urteil erlassenen Unterlassungsverfügungen regelmäßig durch Zustellung im Parteiwege. Die daneben vorgenommene Zustellung von Amts wegen genügt nicht, weil diese nicht den Willen des Antragstellers belegt, die Vollstreckung aus der Verfügung zu betreiben und sich damit dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO auszusetzen (grdl. BGH NJW 1993, 1076, 1077 f.; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.06.2005, Az.: 3 U 221/04). Dieser Obliegenheit ist die Aufhebungsbeklagte fristgerecht durch Übersendung der anwaltlich beglaubigten Kopie einer beglaubigten Urteilsabschrift gegen Empfangsbekenntnis nachgekommen.
- 17
Die Frage, in welcher Form ein Verfügungsurteil nach Änderung des § 317 ZPO im Parteibetrieb zuzustellen ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur uneinheitlich beurteilt. Nach einer Ansicht ist die Zustellung einer Ausfertigung oder jedenfalls einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung erforderlich (vgl. OLG Koblenz WRP 2017, 863, 864; OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766 f.; Isele, WRP 2015, 823; Ott, WRP 2016, 1455). Dies ergebe sich aus der Anwendung des durch § 928 ZPO verwiesenen § 750 Abs. 1 S. 2 ZPO (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766; Isele, WRP 2015, 823, 825). Nach anderer Ansicht genügt die Zustellung einer einfachen (OLG München WRP 2013, 674; BeckOK ZPO/Mayer, 27. Ed. 1.12.2017, ZPO § 936 Rn. 17) bzw. beglaubigten Urteilsabschrift (Zöller/Vollkommer, 32. Aufl. 2018, ZPO § 929 Rn. 12A; wohl auch Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, 4. Aufl. 2016, UWG § 12 Rn. 532a; wie hier in anwaltlich beglaubigter Kopie: OLG Frankfurt GRUR-RS 2016, 111586). Die Zustellung einer Ausfertigung sei, wenn das Urteil dem Schuldner ohnehin von Amts wegen wirksam zugestellt werde, eine sinnlose Förmelei, da dieser ohne weiteres die Übereinstimmung der ihm im Parteibetrieb und von Amts wegen zugestellten Fassungen feststellen könne (OLG München WRP 2013, 674, 675).
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Für den vorliegenden Fall schließt sich das Gericht der letztgenannten Auffassung an.
- 19
Sinn und Zweck der Vollziehungsfrist ist es, dem Antragsgegner einerseits vor Augen zu führen, dass von der einstweiligen Verfügung Gebrauch gemacht werden soll, ihn aber andererseits davor zu schützen, dass Entscheidungen auf Vorrat erwirkt und erst nach längerer Zeit und unter veränderten Umständen durchgesetzt werden (BGH GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; NJW 1993, 1076, 1077; 1991, 496, 497). Hierfür muss der Gläubiger aber nicht bereits „vorsorglich“ eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift einer solchen zustellen. Aus der Formulierung des § 928 ZPO ergibt sich gerade nicht zwingend, dass zur fristwahrenden Einleitung der Vollziehung i.S.d. § 929 Abs. 2 ZPO stets das Betreiben der Zwangsvollstreckung erforderlich wäre (so aber OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 766; vgl. jedoch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.05.2015, Az.: I-2 U 2/15 – juris, Rn. 4 ff.). Dies wäre im Hinblick auf den Rechtscharakter der (Urteils-)Unterlassungsverfügung auch nicht sinnvoll.
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Die Notwendigkeit der Zustellung einer Ausfertigung ergibt sich folglich auch nicht aus der Geltung des § 750 ZPO im Vollstreckungsverfahren und dem hiermit verbundenen Formalisierungsgrundsatz (a.A. OLG Düsseldorf WRP 2015, 764, 767). Denn die durch Urteil ergangene und gemäß § 890 Abs. 2 ZPO mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundene Unterlassungsverfügung zeitigt bereits mit Verkündung Rechtswirkungen für den Schuldner. Dementsprechend ist zwischenzeitlich anerkannt, dass auch die Schadensersatzpflicht des Gläubigers nach § 945 ZPO auf diesen Zeitpunkt zurückwirken kann, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO ankommt (grdl. BGH GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung). Einer (weitergehenden) Vollstreckung, d.h. auch der Zustellung einer Ausfertigung gemäß § 750 ZPO, aus der vollstreckt werden kann, bedarf es in diesem Fall nicht, solange der Antragsteller eine Zuwiderhandlung nicht feststellt. Ein entsprechender Vollstreckungsdruck kann daher bei Urteilen, anders als bei der Beschlussverfügung, die mangels Parteizustellung noch nicht wirksam und damit für den Antragsgegner noch nicht verbindlich ist, auch durch die Übermittlung bereits einer Abschrift erfolgen (vgl. BGH WRP 2015, 209 Rn. 19 – Nero). Denn zur Wahrung der Vollziehungsfrist genügt grundsätzlich jede Handlung, durch welche der Gläubiger seine Absicht, von dem Titel Gebrauch zu machen, nachweislich dokumentiert. Dies setzt lediglich eine leicht feststellbare, d.h. formalisierte oder urkundlich belegte Vorgehensweise voraus (BGH NJW 1993, 1076, 1079).
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Dies ist im Hinblick auf die unzweifelhaft wirksame Parteizustellung der – doppelt – beglaubigten Urteilsabschrift gemäß § 195 ZPO der Fall. Es ist nicht ersichtlich, weshalb an die Parteizustellung an den Gläubiger zur Dokumentation seines Vollziehungswillens strengere Anforderungen gestellt werden sollten als an die Amtszustellung (OLG Frankfurt GRUR-RS 2016, 111586 Rn. 16; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, 4. Aufl. 2016, UWG § 12 Rn. 532a). Diese erfolgt seit der Neufassung des § 317 ZPO zum 01.07.2014 nur noch durch Übermittlung einer Abschrift, Abs. 1 S. 1, während Ausfertigungen nur noch auf Antrag erteilt werden, Abs. 2 S. 1. Die inhaltliche Übereinstimmung der Zustellexemplare ist dabei für den Schuldner ohne weiteres nachprüfbar, wenn – wie hier – die von Amts wegen erfolgende Zustellung einer Urteilsabschrift – vor Ablauf der Vollziehungsfrist erfolgt.
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2. Schließlich ist auch der Verfügungsgrund nicht entfallen.
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Die Aufhebungsbeklagte hat die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht aufgrund eines zu zögerlichen Betreibens der Vollziehung widerlegt. Denn zwar ist es denkbar, die fehlende Durchsetzung der Verfügung im Ordnungsmittelverfahren nachträglich als dringlichkeitsschädlich zu bewerten. Allerdings sind an ein entsprechendes Verhalten des Gläubigers hohe Anforderungen zu stellen. Eine „Selbstwiderlegung“ setzt voraus, dass sich diesem unzweifelhaft entnehmen lässt, dass er an der Vollziehung kein Interesse mehr hat. Das kann zum einen daraus hervorgehen, dass der Gläubiger in Kenntnis begangener Zuwiderhandlungen ausdrücklich auf die Einleitung eines Ordnungsmittelverfahrens verzichtet (KG GRUR-RR 2015, 181, 183; Urt. v. 08.04.2011, Az.: 5 U 140/10; NJOZ 2010, 1562; Isele, WRP 2017, 1050, 1051), was hier nicht in Rede steht.
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Zum anderen wird in der Rechtsprechung vereinzelt bereits dann eine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung angenommen, wenn der Gläubiger bei Vorliegen positiver Kenntnis schlicht untätig bleibt, weil er sich in diesem Fall bewusst dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO nicht habe aussetzen wollen (OLG Köln WRP 2017, 1005, 1006; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.03.2010, Az.: 6 U 219/09 – Whiskey-Cola). Ob dieser Auffassung zuzustimmen ist, oder ob hierdurch nicht vielmehr in unzulässiger Weise das Risiko eines (bewusst) rechtswidrigen Verhaltens des Schuldners auf den Gläubiger abgewälzt würde (Isele, WRP 2017, 1050, 1052), kann offen bleiben. Denn ein solches widersprüchliches Verhalten der Aufhebungsbeklagten ist vorliegend nicht festzustellen. Die Aufhebungsklägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Aufhebungsbeklagte von der fortgesetzten Abgabe der von der Verfügung erfassten Produktverpackungen positive Kenntnis gehabt hätte. Vielmehr beschränken sich die von ihr vorgetragenen Anknüpfungstatsachen auf bloße Spekulationen.
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Ebenso wenig ergibt sich eine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung unter dem Gesichtspunkt der groben Fahrlässigkeit. Denn ein solches ist der Aufhebungsbeklagten nicht vorzuwerfen. Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB setzte voraus, dass sie nach Ergehen der einstweiligen Verfügung eine proaktive Sorgfaltspflicht zur Überprüfung der eingeräumten Aufbrauchsfrist getroffen hätte. Dies widerspräche jedoch dem allgemeinen Grundsatz, dass eine allgemeine Pflicht des Gläubigers zur Marktbeobachtung nicht besteht (OLG Hamburg WRP 2008, 149, 150 – Gepäckgebühr; OLG Köln GRUR-RR 2003, 187 – Weinbrandpraline). Hierbei ist es entgegen der Ansicht der Aufhebungsklägerin auch unerheblich, ob es um die Erwirkung eines Titels oder dessen Durchsetzung geht. Die Aufhebungsbeklagte hat vielmehr die Ernsthaftigkeit seines Vollziehungswillens bereits durch die Androhung von Ordnungsmitteln sowie die fristwahrende Parteizustellung gewahrt (vgl. Isele, WRP 2017, 1050, 1052 f.).
III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S.1 und 2 ZPO.
IV.
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Die Streitwertfestsetzung ist gemäß § 51 Abs. 1 GKG erfolgt. Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens entspricht – soweit das Verfügungsbegehren erfolgreich war - demjenigen des Anordnungsverfahrens, da nicht nur über den formalen Fortbestand der einstweiligen Verfügung gestritten wurde (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.01.2014, Az.: 6 W 106/13).
(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündeter Urteile bis zum Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung hinausschieben.
(2) Ausfertigungen werden nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die von einer Partei beantragte Ausfertigung eines Urteils erfolgt ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe; dies gilt nicht, wenn die Partei eine vollständige Ausfertigung beantragt.
(3) Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines als elektronisches Dokument (§ 130b) vorliegenden Urteils können von einem Urteilsausdruck erteilt werden.
(4) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
(5) Ist das Urteil nach § 313b Abs. 2 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, dass das Urteil durch Aufnahme der in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden.
Auf die Vollziehung des Arrestes sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
a) Verbraucher durch eigene Vertriebsbeauftragte oder Mitarbeiter zu Wettbewerbszwecken anrufen zu lassen, wenn der jeweils angerufene Verbraucher nicht zuvor ausdrücklich hierzu eingewilligt hat, insbesondere wie geschehen am 16.02.2017 durch Anruf bei Herrn ...
b) und/oder im Rahmen eines Telefonanrufes Verbrauchern gegenüber, um diese zur Preisgabe von Daten zu veranlassen, wahrheitswidrig zu behaupten oder behaupten zu lassen, man wolle aufgrund eines angeblich von diesen in der Vergangenheit vorgenommenen Stromtarifwechsels „Formalitäten klären“ und deren „Daten abgleichen“, damit diese „das Geld zurückbekommen“, insbesondere wie geschehen am 16.02.2017 durch Anruf bei Herrn ...
Der mit der einstweiligen Verfügung tenorierte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5 sowie § 4 Nr. 4 UWG. Die Antragstellerin habe durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Kunden ... (Anlage AS 3) glaubhaft gemacht, dass dieser, ohne vorher eine Einwilligung zu Telefonanrufen durch die Antragsgegnerin erteilt zu haben, von einer Dame angerufen worden sei, die angegeben habe, für die Antragsgegnerin zu handeln und versucht habe, dem Kunden vorzuspiegeln, er habe in der Vergangenheit einmal seinen Stromtarif gewechselt und man wolle nun die Formalitäten klären und die Daten abgleichen, damit er sein Geld zurückbekomme. Dieses Verhalten verstoße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2, § 5 und § 4 Nr. 4 UWG. Der vom Zeugen beschriebene Versuch, ihm mit unlauteren Mitteln persönliche Daten zu entlocken, erfülle den Tatbestand der gezielten Behinderung von Mitbewerbern gemäß § 4 Nr. 4 UWG. Die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin sei dadurch hinreichend glaubhaft gemacht, dass die eidesstattliche Versicherung des Kunden vorgelegt worden sei, in welcher angegeben worden sei, die Anruferin habe mehrmals den Namen der Antragsgegnerin genannt. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, dass jemand bei einem Werbeanruf den Namen einer Firma nenne, von der er nicht in irgendeiner Weise vorher beauftragt worden sei, spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieser Telefonanruf von einem beauftragten der Antragsgegnerin durchgeführt worden sei und dieser über § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei auch nicht durch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Fk (vgl. Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 24.04.2017, Bl. 40/42 d. A.) entkräftet worden. Diese enthalte keinerlei Angaben dazu, welche Recherchen im eigenen Haus der Antragsgegnerin durchgeführt worden seien. Sie befasse sich vielmehr nur mit den Dialer-Listen der Vertriebspartner der Antragsgegnerin. Auch seien die Vertriebspartner der Antragsgegnerin nicht namentlich benannt und die entsprechenden, nach Behauptung der Antragsgegnerin vorliegenden und überprüften Dialer-Listen seien nicht vorgelegt worden, so dass nicht überprüft werden könne, ob es tatsächlich ausgeschlossen sei, dass der streitgegenständliche Anruf aus dem Hause der Antragsgegnerin gekommen sei.
Die einstweilige Verfügung sei auch nicht gemäß § 927 ZPO aufzuheben, da sie jedenfalls durch die erneute Zustellung in der mündlichen Verhandlung rechtzeitig vollzogen worden sei im Sinne von § 929 Abs. 2 ZPO. Ausweislich des sich bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses des Prozessbevolimächtigten der Antragstellern sei die einstweilige Verfügung diesem erst am 24.03.2017 zugestellt worden, so dass die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO bis zum 24.04.2017 gelaufen sei. Für den Beginn des Laufs der Monatsfrist sei die Zustellung der Ausfertigung der einstweiligen Verfügung an den Gläubiger maßgebend. Da die fristwahrende Vollziehung der einstweiligen Verfügung im Regelfall durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen müsse, sei die Übergabe der Ausfertigung der einstweiligen Verfügung an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Termin vom 24.04.2017, die vom Prozessbevollmächtigten der An tragsgegnerin auch durch Unterschrift bestätigt worden sei, ausreichend zur Wahrung der Vollziehungsfrist.
Von Belang für den Sachverhalt im gegenständlichen Zusammenhang sei allein die Tatsache, dass eine ordnungsgemäße Zustellung der Beschlussverfügung vom 17.03.2017 nicht gegeben sei.
Was den ersten Zustellversuch gegenüber der Antragsgegnerin direkt anbelange, so ergebe die vorgelegte Anlage AG 7, dass eine Abschrift, nicht jedoch wie erforderlich eine Ausfertigung bzw. die beglaubigte Kopie einer Ausfertigung der Beschlussverfügung zugestellt worden sei (vgl. eidesstattliche Versicherungen, Anlagen AG 11, AG 12). Die Zustellung der Kopie einer Abschrift reiche aber nicht aus, um eine ordnungsgemäße Zustellung zu bewirken. Eine wirksame Zustellung an die Antragsgegnerin liege auch bereits deshalb nicht vor, weil die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten hätte erfolgen müssen (§ 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin ihre Bevollmächtigung angezeigt hätten. In dem Antwortschreiben vom 13.03.2017 (Anlage AG 1) auf die Abmahnung vom 06.03.2017 sei darauf hingewiesen worden, dass die anwaltlichen Vertreter der Antragsgegnerin für den Fall, dass die Antragstellerin gerichtliche Schritte einleiten sollte, zustellungs- und prozessführungsbevollmächtigt seien.
Die einstweilige Beschlussverfügung des LG München I vom 17.03.2017 - 4 HK O 4011/17, bestätigt durch Urteil des LG München I vom 24.04.2017, wird aufgehoben; der Verfügungsantrag wird zurückgewiesen.
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die einstweilige Verfügung vom 17.03.2017 sei rechtzeitig und ordnungsgemäß vollzogen worden. Die Antragstellerin habe diese letztlich dreimal ordnungsgemäß und rechtzeitig zugestellt.
Gründe
II.
A. Der mit Schriftsatz vom 29.03.2017 (Blatt 16/21 d. A.) eingelegte Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die Beschiussverfügung ist gem. §§ 924, 936 ZPO statthaft und zulässig. Soweit die Antragsgegnerin mit weiterem Schriftsatz vom 24.04.2017 (Bl. 37/39 d. A.) gem. § 927 ZPO die Aufhebung der Beschlussverfügung wegen veränderter Umstände beantragt hat, ist dieses Begehren dahingehend auszulegen, dass die dort geltend gemachten Vollziehungsmängel im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zu prüfen sind, da für eine Aufhebungskiage im laufenden Widerspruchsverfahren - das eine umfassende Prüfungsmöglichkeit eröffnet - das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017; MüKoZPO/Drescher ZPO, 5. Aufl. 2016, § 927 Rn. 2; LG Lüneburg MDR 2008, 528; OLG Koblenz GRUR 1989, 373).
B. Das Landgericht hat das Vorliegen von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund bejaht. Dies wird seitens der Antragsgegnerin mit der Berufung nicht in Frage gestellt.
C. Die am 17.03.2017 erlassene Beschlussverfügung wurde der Antragsgegnerin durch die Antragstelierin rechtzeitig binnen der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO zugestellt. Eine wirksame Zustellung erfolgte zwar weder am 22.03.2017 an die Antragsgegnerin selbst, noch durch die Übermittlung an den Antragsgegnervertreter per Fax (vgl. Empfangsbekenntnis vom 27.03.2017). Mit Zustellung an den Prozessbevolimächtigten der Antragsgegnerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.04.2017 wurde die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO jedoch gewahrt.
III.
(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündeter Urteile bis zum Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung hinausschieben.
(2) Ausfertigungen werden nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die von einer Partei beantragte Ausfertigung eines Urteils erfolgt ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe; dies gilt nicht, wenn die Partei eine vollständige Ausfertigung beantragt.
(3) Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines als elektronisches Dokument (§ 130b) vorliegenden Urteils können von einem Urteilsausdruck erteilt werden.
(4) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
(5) Ist das Urteil nach § 313b Abs. 2 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, dass das Urteil durch Aufnahme der in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden.
(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.
(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges erteilt. Ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden.
(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.
(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.
(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.
(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.
Auf die Vollziehung des Arrestes sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.
(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges erteilt. Ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden.
(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.
(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.
(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.
(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.
(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.
(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.
Auf die Vollziehung des Arrestes sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.