Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 20. Sept. 2017 - 1 U 44/17

bei uns veröffentlicht am20.09.2017

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Az. 336 O 221/17 vom 13.02.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 46.043,76 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird gestattet, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. GmbH (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) verlangt von der Beklagten an diese bzw. Rechtsvorgängerinnen gezahlte Sozialversicherungsbeiträge im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzuerstatten. Aufgrund eines Antrages vom 28.01.2011 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin am 09.03.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte hatte in der Zeit vom 11.05.2009 bis zum 10.08.2010 von der Insolvenzschuldnerin Zahlungen auf Beitragsforderungen in Gesamthöhe von 31.088,83 € erhalten, die vom Kläger angefochten worden sind. Die erste dieser Zahlungen wurde von der Insolvenzschuldnerin am 11.05.2009 durch Überweisung von dem Geschäftskonto bei der ... Bank auf den am 27.03.2009 fälligen Sozialversicherungsbeitrag für März 2009 in Höhe von 1.532,74 € geleistet. Die am 28.04.2009 fällige Beitragsforderung für April 2009 in Höhe von 1.491,53 € wurde vom gleichen Konto am 10.06.2009 überwiesen und die am 27.05.2009 fällige Beitragsforderung in Höhe von 1.579,44 € für Mai 2009 am 08.07.2009. Bezüglich des Beitrages für Juni 2009 i.H.v. 1.598,80 € beauftrage die Beklagte das Hauptzollamt Hamburg-Stadt mit der Vollstreckung, welches unter dem 27.07.2009 eine Vollstreckungsankündigung an die Insolvenzschuldnerin übersandte. Die Insolvenzschuldnerin beglich den Beitrag durch Zahlung an das Hauptzollamt Hamburg-Stadt am 20.08.2009. Es folgten sodann Zahlungen auf weitere Beitragsrückstände nachdem bereits Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamtes Hamburg-Stadt erfolgt waren, wobei es auch zu Teilzahlungen kam.

2

Der Kläger hat des weiteren Zahlungen der Insolvenzschuldnerin an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ... Gesundheit in Gesamthöhe von 30.712,98 € angefochten. Die erste angefochtene Zahlung vom 10.01.2008 in Höhe von 1.020,40 € wurde auf den Beitrag für Dezember 2007 geleistet. Die weiteren angefochtenen Zahlungen erfolgten ebenfalls verspätet, überwiegend mit einem Rückstand von zwei bis drei Wochen. Vereinzelt erfolgten Überweisungen auch mit einem Rückstand von 4 Wochen. Der Beitrag für Oktober 2009 wurde 5 Wochen verspätet überwiesen, derjenige für Mai 2009 sechs Wochen zu spät. Vorangegangen war diesen Zahlungen eine Zwangsvollstreckung der ... Gesundheit gegen die Schuldnerin bezüglich des Beitrages für November 2007. Aufgrund einer entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 02.01.2008 erhielt die ... Gesundheit eine Drittschuldnerzahlung der H... in Höhe des Beitragsrückstandes für November 2007 in Höhe von 967,80 € am 08.01.2008. Dem wiederum war voraus gegangen, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Beiträge an die ... Gesundheit im Zeitraum Januar bis Oktober 2007 immer erst zwei bis drei Wochen nach Fälligkeit beglichen hatte.

3

Schließlich hat der Kläger Zahlungen der Insolvenzschuldnerin an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die H. ... Krankenversicherung in Höhe von 19.559,14 € angefochten. Den angefochtenen Zahlungen, beginnend mit einer Ratenzahlung auf die Beiträge für August und September 2007 vom 14.10.2007 war eine Ratenzahlungsbitte der Insolvenzschuldnerin gerichtet an die H. ... Krankenversicherung vom 24.09.2007 vorausgegangen, die wie folgt lautete:

4

„(...) wir nehmen Bezug auf Ihre oben genannte Mahnung / Ihren oben genannten Beitragsbescheid über Euro 1.223,26.

5

Leider laufen die Dinge im Geschäftsleben nicht immer „rund“. So hat sich bei uns leider die Situation ergeben, dass einerseits größere Zahlungen zu leisten waren und sich andererseits erhebliche Außenstände aufgebaut haben. Diese Schere zwischen Zahlungsaus- und Eingängen hat zu einer Situation geführt, die uns jetzt zwingt, bei Ihnen um Zahlungsaufschub zu bitten.

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Wir beantragen, etwaige Vollziehungsschritte auszusetzen und einer dreimonatigen Ratenzahlung zuzustimmen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würden wir den offenen Betrag in drei Raten, beginnend Anfang Oktober, an sie überweisen. Unser Ziel ist es, zum Jahreswechsel ein ausgeglichenes Konto bei Ihnen zu haben. Bei einer kurzfristigen Verbesserung unserer Finanzlage werden wir selbstverständlich weitere Teilzahlungen leisten. (...)“.

7

Die H. ... Krankenversicherung antwortete mit Schreiben vom 25.09.2007:

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„(...) Ihrem Ratenzahlungsvorschlag stimmen wir zu.

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Zur Zeit sind Gesamtsozialversicherungsbeiträge für August und September 2007 in Höhe von € 2434,52 nicht ausgeglichen. Für 9/07 kommen Säumniszuschläge in Höhe von 12,00 € dazu.

10

Bei einer 3-monatigen Ratenzahlung wären € 815,51 zu zahlen, ohne den, am drittletzten Banktag fälligen, Beitragsmonat Oktober 2007 zu berücksichtigen.

11

Bei Nichteinhaltung der Ratenzahlung sind wir gehalten, das Vollstreckungsverfahren wieder aufzunehmen. (...)“

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Die Insolvenzschuldnerin zahlte am 14.10.2007, am 14.11.2007 und am 07.12.2007 jeweils eine Rate in Höhe von 815,51 €, laufende Beiträge zahlte die Insolvenzschuldnerin an die H. ... Krankenkasse indes nicht, weshalb die H. ... Krankenkasse mit Schreiben vom 29.11.2007 die Ratenzahlungsvereinbarung widerrief. Zuvor, nämlich bereits im Jahr 2006 hatte die H. ... Krankenkasse bereits das Hauptzollamt Hamburg-Stadt mit der Vollstreckung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Februar und März 2006 beauftragt, woraufhin am 16.05.2006 eine Vollstreckungsankündigung erfolgte, für die Monatsbeiträge April und Mai 2006 erging eine Vollstreckungsankündigung am 17.07.2006 und für den Beitrag September 2006 am 22.11.2006. Eine an den Vollziehungsbeamten des Hauptzollamtes getätigte Zahlung von 1000,00 € vom 05.04.2007 wurde in Höhe von 245,68 € auf den Beitragsrückstand für September 2006 verrechnet, im Übrigen erhielten andere Kassen Zahlungen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und wegen der beim Landgericht Hamburg gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

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Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P., M. und O. Mit Urteil vom 13.02.2017 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es habe sich nicht feststellen lassen, dass die Beklagte oder ihre Rechtsvorgängerinnen Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin gehabt hätten, auch sei eine Kenntnis von einer bestehenden oder drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Beklagten selbst sei bis zum Zeitpunkt der letzten angefochtenen Zahlung vom 10.08.2010 nicht festzustellen, dass diese Indizien gekannt habe, die den zwingenden Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin begründet hätten. Im Gegenteil habe die Beklagte aus dem Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin seit dem Jahr 2009 gewusst, dass geringfügige Beitragsrückstände von 1 bis 2 Monatsbeiträgen bestanden hätten und regelmäßig beglichen worden seien. Nach den Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamtes vom 27.07.2009 und 25.08.2009 seien die Beitragsrückstände zeitnah beglichen worden. Ein Beitragsrückstand von 1 bis 2 Monaten stelle unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person der Insolvenzschuldnerin, und des Zuschnitts ihres Geschäftsbetriebes kein ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit dar. Da es nicht zu fruchtlosen Vollstreckungsversuchen gekommen sei und weitere Beweisanzeichen für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit nicht vorgelegen hätten, sei ein sicherer Schluss auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin nicht zu ziehen gewesen.

15

Auch die ... Gesundheit habe im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen keine sichere Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt.

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Das Gleiche gelte schließlich für H. ... Krankenkasse. Es habe kein Beitragsrückstand von mehr als drei Monaten bestanden. Zwar habe die Insolvenzschuldnerin einmalig um Ratenzahlungen gebeten, aus der damit verbundenen unspezifischen Erklärung lasse sich der Rückschluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit indes sicher nicht ziehen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

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Mit seiner fristgerecht erhobenen und begründeten Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und begründet sein Rechtsmittel im Wesentlichen wie folgt:

19

Das Landgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, dass die Beklagte eine institutionelle Gläubigerin sei. Es habe zudem Beweislastregeln missachtet. Es sei die Beklagte, die dafür beweisbelastet gewesen sei, dass die Insolvenzschuldnerin wieder zahlungsfähig geworden sei. Die Insolvenzschuldnerin sei bereits 2001 zahlungsunfähig gewesen. In Bezug auf die Kenntnis der Beklagten habe das Landgericht wesentlichen Vortrag des Klägers übergangen. Bereits Anfang 2009 habe die Beklagte Kenntnis von einer schleppenden Zahlungsweise gehabt. Die Beiträge März bis Mai 2009 seien mehr als 40 Tage zu spät entrichtet worden, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein mehrmonatiger Rückstand bestanden habe. Was für sich bereits für die Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ausreiche. Auch der Umstand, dass für Juli 2009 zunächst nur eine Teilzahlung erfolgt sei, sei vom Landgericht nicht gewürdigt worden. Soweit das Landgericht von Zahlungen vom 11.09.2009 und 23.10.2009 ausgehe, sei dies falsch, weil dies Zahlungen an die ... Gesundheit betreffe. Auch habe das Landgericht das Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Beklagten von Oktober 2009 bis Dezember 2009 nicht berücksichtigt, weshalb die Feststellung des Landgerichts, dass Rückstände von nur 1 - 2 Monaten bestanden hätten, unzutreffend sei. Das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass sich immer wieder erneuernde Rückstände schon länger als 10 Monate bestanden hätten, dass „taktisches Zahlen“ ein Indiz für eine Zahlungseinstellung sei, dass die sich immer wieder erneuernden Rückstände darauf hinwiesen, dass ein wesentlicher Teil der Verbindlichkeiten betroffen gewesen sein musste, dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Hauptzollamt eingestanden habe, nicht zahlen zu können, dass die Beklagte sich die Kenntnisse des Hauptzollamtes hätte zurechnen lassen müssen, dass auch Vollstreckungsmaßnahmen, die ggfs. zu Zahlungen führten, Indiz einer Zahlungseinstellung seien und dass die Beklagte hätte davon ausgehen müssen, dass auch gegenüber anderen Schuldnern Rückstände bestanden haben.

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Im Hinblick auf die Kenntnis der ... Gesundheit habe das Landgericht verkannt, dass schon die Vielzahl der Mahnungen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung sei.

21

Im Hinblick auf die H. ... Krankenkasse mache bereits die Ratenzahlungsbitte deutlich, dass die Insolvenzschuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen sei zu zahlen. Unberücksichtigt gelassen habe das Landgericht insoweit ferner, dass auch gegenüber Vollstreckungsbeamten des Hauptzollamtes mehrfach um Ratenzahlung mangels Liquidität nachgesucht worden sei (Anlage K 47). Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe die Insolvenzschuldnerin nicht „fleißig gezahlt“, das Landgericht habe die Beitragsrückstände für die Monate von Oktober 2007 bis Mai 2008 nicht beachtet.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 81.360,45 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2011 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt zur weiteren Begründung aus, die hier relevanten Zahlungen hätten nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Die vom Kläger insgesamt angefochtenen Zahlungen überschritten wertmäßig bei weitem die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen. Zudem habe der BGH jüngst klargestellt (BGH Urteil vom 22.06.207, IX ZR 111/14), dass außerhalb des Dreimonatszeitraums ein Insolvenzverwalter sich allenfalls darauf berufen könne, dass bestimmte Zahlungen gegen prinzipiell gleiche Befriedigungschancen verstießen. Da vorliegend titulierte Forderungen der Beklagten in Rede stünden, bestünden keine prinzipiell gleichen Befriedigungschancen mit nicht titulierten Forderungen. Ferner fehle es für die Annahme des Benachteiligungsvorsatzes an der objektiven Pflichtwidrigkeit der angefochtenen Zahlungen ebenso, wie nicht festgestellt werden könne, dass der Geschäftsführer zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zahlungen einen endgültigen Forderungsausfall anderer Gläubiger billigend in Kauf genommen habe.

27

Schließlich leide die gesamte „Beweisanzeichen-Rechtsprechung“ an dem entscheidenden Mangel, dass es hierfür an jeglicher empirischen Grundlage fehle. So zeige der vorliegende Fall, dass ein Schuldner, der 2001 angeblich seine Zahlungen eingestellt haben solle, kaum hätte bis 2010 weiterwirtschaften können, ohne dass gegen ihn ein Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt werde. Auch blende der Kläger aus, dass die hiesige Insolvenzschuldnerin ausschließlich solvente Schuldnerinnen gehabt habe und mit Forderungsausfällen nicht habe rechnen müssen, auch wenn es zu verzögerten Zahlungen gekommen sei.

28

Die Beklagte ist schließlich der Ansicht, der Kläger könne, da das Verfahren am 05.04.2017 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei, im Hinblick auf Art. 103 j Abs. 2 EG InsO Zinsen erst ab Verzugseintritt/Rechtshängigkeit und keine Nutzungsentschädigung mehr verlangen.

II.

29

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Hinblick auf die angefochtenen Zahlungen an die Beklagte überwiegend (dazu unter 1.) und an die H. ... Krankenkasse (dazu unter 3.) vollständig Erfolg im Hinblick auf die ebenfalls angefochtenen Zahlungen an die ... Gesundheit (dazu unter 2.) bleibt sie dagegen erfolglos.

30

1. Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund der erfolgten Anfechtung nach §§ 129, 133, 143 InsO (a.F.) Rückzahlung aller angefochtenen Beitragszahlungen an die Beklagte ab der am 20.08.2008 an das Hauptzollamt Hamburg-Stadt geleisteten Zahlung in einer Gesamthöhe von 26.484,62 € verlangen. Im Hinblick auf die an die Beklagte gezahlten und angefochtenen Sozialversicherungsbeiträge für die Monate März, April und Mai 2009 dagegen kann die erforderliche Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin nicht festgestellt werden, so dass eine Rückzahlung nicht zu erfolgen hat.

31

a. Die angefochtenen Zahlungen sind durch Rechtshandlungen der Insolvenzschuldnerin innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Insolvenzeröffnungsantrag vom 28.01.2011 erfolgt. Streitgegenständlich sind per Überweisung durch die Insolvenzschuldnerin von eigenen Konten erfolgte Zahlungen und (freiwillige) Barzahlungen der Insolvenzschuldnerin an Vollstreckungsbeamte des Hauptzollamtes Hamburg-Stadt aus den Jahren 2009 und 2010.

32

b. Entgegen der Ansicht der Beklagten waren die in Rede stehenden Rechtshandlung auch mit einer objektiven Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO verbunden. Hätte die Insolvenzschuldnerin die Überweisungen und Barzahlungen nicht getätigt, stünden diese Beträge noch zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Die Kausalität zwischen den Rechtshandlungen und der Gläubigerbenachteiligung ist daher gegeben (BGH, Urteil vom 11.05.1989, IX ZR 222/88, juris, Rn. 9 m.w.N.). Sie entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger in der Summe höhere Zahlungen angefochten hat, als Insolvenzforderungen zur Tabelle angemeldet worden sind. Auch insoweit kommt es auch bei Erfolg aller Anfechtungen nicht zu einem „Überschuss“ der Insolvenzmasse, weil jede erfolgreiche Insolvenzanfechtung sogleich zu einer Anmeldung der nunmehr (wieder) offenen Forderung des jeweiligen Anfechtungsgegners zur Insolvenztabelle führt. Zur weiteren Begründung verweist das Berufungsgericht auf die beiden Parteivertretern bekannte ausführliche Auseinandersetzung des Senates mit der Ansicht der Beklagten in dem Hinweisbeschluss vom 25.03.2013 und dem finalen Beschluss vom 29.04.2013 in der Sache 1 U 76/12 (hiesiger Kläger gegen Freie und Hansestadt Hamburg).

33

c. Die Insolvenzschuldnerin handelte auch mit dem erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15 –, Rn. 13, juris m.w.N.).).

34

Im Streitfall war aufgrund einer Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) seit dem Jahre 2002 Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin eingetreten.

35

Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, ZInsO 2012, 976 Rn. 8). Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 vom Hundert seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 vom Hundert erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 vom Hundert oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZInsO 2006, 1210 Rn. 27 ständig). Im Insolvenzanfechtungsprozess ist die Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht erforderlich, wenn auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 27; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 20). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12; vom 6. Dezember 2012, aaO). Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 13; vom 6. Dezember 2012, aaO).19(c) Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12; Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15 –, Rn. 19, juris). Soweit die Beklagte die „Beweisanzeichen-Rechtsprechung“ des BGH kritisiert, weil keine empirischen Grundlagen hierfür bestünden, verkennt sie, dass es nicht darum geht zu prognostizieren, ob andere Gläubiger womöglich doch noch irgendwann Zahlungen erhalten oder ob der Schuldner irgendwann seine Zahlungen wieder vollständig wird aufnehmen können, sondern darum, für einen bestimmten Zeitpunkt aus einzelnen Beweisanzeichen auf eine Zahlungseinstellung zu schließen. Das ist der Fall, wenn aufgrund der Beweisanzeichen eine andere Erklärung als eine Zahlungseinstellung für das Verhalten des Schuldners nicht mehr in Betracht kommt. Für eine solche Beurteilung bedarf es keiner empirischen Grundlagen.

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Aufgrund eines Unternehmenskaufvertrages vom 27.05.1997 (Anlage K 50) schuldete die Insolvenzschuldnerin dem Verkäufer den Kaufpreis in Höhe von 100.000 €. Dieser zunächst für fünf Jahre gestundete Betrag wurde am 27.05.2002 fällig, konnte von der Insolvenzschuldnerin aber unstreitig nicht beglichen werden und war auch nach der Pfändung dieser Forderung durch das Finanzamt Hamburg-Hansa im September 2002 weiterhin vollständig offen, bevor aufgrund einer Vereinbarung des Finanzamtes mit der Insolvenzschuldnerin hierauf monatliche Raten in Höhe von zunächst 1.000 € gezahlt wurden.

37

Die die Zahlungseinstellung begründende Nichtzahlung der erheblichen Kaufpreisschuld über Monate hinweg war dem Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, dem Zeugen O. bekannt (vgl. die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers, Anlage K 5), so dass er wusste, dass die liquiden Mittel nicht reichten, alle Gläubiger zu befriedigen. Hieran ändert es nichts, dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gehofft haben mag, irgendwann in der Zukunft nicht nur sämtliche rückständigen Zahlungen ausgleichen zu können, sondern auch neue Forderungen bei Fälligkeit begleichen zu können, denn damit richtet sich seine Hoffnung darauf, irgendwann wieder zahlungsfähig zu werden, das beseitigt aber nicht das Wissen um die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit.

38

Die Feststellung der Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin im Jahr 2002 wirkt fort, bis sie ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen hat. Für eine solche Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit sind nicht nur die vereinbarten Zahlungen gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, sondern der Schuldner muss zumindest auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 18; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 36; vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 11 mwN). Die Wiederaufnahme der Zahlungen gegenüber allen Gläubigern hat der Anfechtungsgegner als derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 33; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, ZInsO 2016, 214 Rn. 27; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 24; vom 24. März 2016, aaO). Hierzu ist von der Beklagten nichts vorgetragen worden, es spricht auch nichts dafür. So hat der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben, die Begleichung von Sozialversicherungsbeiträgen sei seit langer Zeit (gemeint ist zum Zeitpunkt der Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt) mit einer Verspätung von jedenfalls drei bis fünf Wochen ständig erfolgt.

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d. Erst mit der Zahlung vom 20.08.2009 (in der Klage noch als Zahlung vom 17.08.2009 aufgeführt) an den Vollziehungsbeamten des Hauptzollamtes, dessen Kenntnis sich die Beklagte insoweit zweifelsfrei zurechnen lassen musste, hatte auch die Beklagte Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin.

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Die Beklagte hatte im Hinblick auf die Liquiditätslage der Insolvenzschuldnerin - im Gegensatz zum Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin - nur Kenntnisse, die sich aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber ergaben. Zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlungen im Mai, Juni und Juli 2009 lagen der Beklagten lediglich Kenntnisse über das Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin seit 01.01.2009, dem Beginn der Beschäftigung von bei der Beklagten versicherten Arbeitnehmern vor. Dieses Zahlungsverhalten stellte sich so dar, dass von Beginn an die Beiträge verspätet gezahlt wurden. Die (nicht angefochtenen) Beiträge für Januar 2009 und Februar 2009 wurden am 16.02.2009 und 23.03.2009 per Überweisung gezahlt. Die nächst drei (angefochtenen) Zahlungen für März, April und Mai 2009 erfolgten dann sechs Wochen verspätet.

41

Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266a StGB) ein Beweisanzeichen, das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 15 mwN; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30). In Fällen einer verspäteten Zahlung wird angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, WM 2006, 1631 Rn. 6; Beschluss vom 24. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 2). Eine solche Gestaltung war vorliegend nicht gegeben, weil die Sozialversicherungsbeiträge lediglich mit einer Verzögerung von jeweils sechs Wochen und damit weniger als zwei Monaten beglichen wurden. Das Beweisanzeichen ist überdies auch deshalb als nicht sehr schwerwiegend zu gewichten, weil die Zahlungsrückstände angesichts von Beträgen um die 1.500 € bzw. nach Fälligkeit des Folgebeitrages mit etwa 3.000 € mit Rücksicht auf den Umfang des Geschäftsbetriebs der Insolvenzschuldnerin welche im Jahr 2007 ein Geschäftsvolumen von mehr als 900.000 € aufwies (Anlage K 37) keine besonders hohen Summen erreichten. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Beklagte die Insolvenzschuldnerin und ihr Zahlungsverhalten aufgrund der erst seit kurzem bestehenden „Geschäftsbeziehung“ schlecht beurteilen konnte. Ein zwingender Schluss dahin, dass als Ursache für die verspäteten Zahlungen nur eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit in Betracht kam und nicht auch Nachlässigkeit, ist daher bis Juli 2009 noch nicht zu ziehen gewesen.

42

Etwas anderes gilt dann für die Zahlung vom 20.08.2009 und alle nachfolgenden Zahlungen. Als Indizien, die jetzt zwingend auf eine bei der Insolvenzschuldnerin zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, sind neben der Kenntnis der nunmehr seit mehr als einem halben Jahr schleppenden Zahlungsweise folgende Umstände anzuführen: Der zeitliche Rückstand mit dem gezahlt wurde stieg noch einmal auf deutlich über 7 Wochen an. Obwohl von der Beklagten bzw. vom Hauptzollamt Hamburg-Stadt durch Vollstreckungsandrohung vom 27.07.2009 zusätzlich Vollstreckungsdruck aufgebaut wurde, erfolgte hierauf - nicht wie das Landgericht angenommen hat - zeitnah eine Zahlung, sondern wurde der Beitrag erst dreieinhalb Wochen nach der Vollstreckungsandrohung gezahlt. Dass trotz Vollstreckungsdruck zunächst nicht gezahlt wurde und die Verzugszeiten sich noch einmal erhöht haben, lässt die Erklärung einer Nachlässigkeit für dieses Zahlungsverhalten ausgeschlossen erscheinen, so dass nur noch die Erklärung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nachvollziehbar ist. Auch die Berücksichtigung des Umstandes, dass nach wie vor nur ein Rückstand mit einem eher geringfügigen Betrag von bis zu 3.000 € bestand, vermag angesichts der übrigen Umstände nicht mehr die Annahme einer nur geringfügigen Liquiditätslücke zu rechtfertigen. Seit mehr als einem halben Jahr hatte die Insolvenzschuldnerin entsprechende Rückstände vor sich her geschoben und diese auch auf Vollstreckungsdruck nicht ausgeglichen. Hätte es sich um die einzigen Rückstände der Insolvenzschuldnerin gehandelt, wäre davon auszugehen, dass sie spätestens nach der Vollstreckungsandrohung andere, gerade erst fällig gewordene Forderungen zunächst unbezahlt lässt und diese Forderung begleicht. Dass sie dies nicht getan hat, macht deutlich, dass auch andere Forderungen offenbar nicht bei Fälligkeit oder zumindest kurzfristig danach gezahlt werden konnten. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, ob auch im Hinblick auf die Zahlung vom 20.08.2009 das Vorgehen so war, wie es der Zeuge Otten in seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 24.01.2017 geschildert hat, dass nämlich dieser Zahlung eine frühere Besprechung mit dem Vollziehungsbeamten des Hauptzollamtes vorausging, in der der Zeuge dem Vollziehungsbeamten schilderte, dass und warum der beizutreibende Betrag nicht gezahlt werden kann. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte sich mit Einschaltung des Hauptzollamtes sämtliches Wissen, welches dort über die Insolvenzschuldnerin auch im Hinblick auf andere Kassen oder Berufsgenossenschaften vorhanden ist, zurechnen lassen muss und also hier die Kenntnis darüber, dass bereits seit Jahren andere Sozialversicherungsträger mit Hilfe des Hauptzollamtes rückständige Zahlungen beitreiben.

43

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 22.06.2017, IX Zr111/14. Vielmehr wiederholt und bekräftigt der BGH in diesem Urteil noch einmal die Grundsätze nach denen die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz zu beurteilen ist. Eine Privilegierung öffentlich rechtlicher Gläubiger, die ihre Forderung selber titulieren können sieht weder das Gesetz vor, noch hat der BGH mit seiner Feststellung dass im Rahmen der Vorsatzanfechtung nach § 133 abs. 1 InsO das Interesse der Gläubiger geschützt wird, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (a.a.O. Rn. 20) eine solche Privilegierung schaffen wollen. Vielmehr hat er lediglich den bereits früher aufgestellten Rechtssatz, dass eine Befriedigung durch Zwangsvollstreckung im Rahmen des § 133 abs. 1 InsO als kongruent anzusehen ist (a.a.O.) insoweit aus dem Zweck der Vorschrift erneut hergeleitet.

44

2. Die vom Kläger angefochtenen Zahlungen an die ... Gesundheit in Höhe von 30.712,98 € muss die Beklagte dagegen nicht nach §§ 129, 133, 143 InsO (a.F.) zurückgewähren. Die ... Gesundheit hatte zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlungen keine Kenntnis von dem bestehenden (s.o.) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin. Allein aus dem Umstand, dass wegen des rückständigen Novemberbeitrages 2007 gegen die Insolvenzschuldnerin die Zwangsvollstreckung betrieben wurde und die Erfüllung infolge eine Drittzahlung auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfolgte, begründet keine Kenntnis der ... Gesundheit vom bestehenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin. Der Schluss auf eine Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Schuldners im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO lässt sich nicht schon daraus ziehen, dass eine Forderung zwangsweise durchgesetzt wurde, wenn der Gläubiger außer dieser Forderung und den von ihm zur zwangsweisen Durchsetzung unternommenen erfolgreichen Schritten keine weiteren konkreten Tatsachen über die Zahlungsunfähigkeit oder die Vermögenslage des Schuldners kennt (BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, IX ZR 111/14, juris, Rn. 19). So war es hier. Der ... Gesundheit war zu Beginn des Jahres 2008 (erste angefochtene Zahlung am 10.01.2008) lediglich bekannt, dass der Ende November fällige Beitrag in Höhe von weniger als 900 € am 08.01.2008 (also etwa fünf Wochen zu spät) zwangsweise beigetrieben werden konnte, dass das Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin also ausreichend Deckung aufwies. Hinzu kam die Kenntnis, dass im vergangenen Jahr 2007 zwar nicht pünktlich aber lediglich mit einem Rückstand von zwei bis drei Wochen und damit innerhalb des für eine Kreditbeschaffung eröffneten Zeitraums gezahlt wurde. Auch der Umstand, dass die erste angefochtene Forderung bereits zwei Tage nach der erfolgreichen Kontenpfändung erfolgte, also auch nach der Pfändung und Überweisung noch ausreichend liquide Mittel für die Begleichung des noch nicht zwei Wochen fälligen Dezemberbeitrages vorhanden waren, lässt die Annahme einer Kenntnis der ... Gesundheit von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder einer Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin nicht zu.

45

Das gilt auch nachdem in der Folge ganz vereinzelt der Dreiwochenzeitraum bei Beitragszahlungen überschritten wurde, insbesondere als mit der Überweisung vom 08.07.2009 in Höhe von 1.150,20 € auf den Maibeitrag einmalig ein Rückstand von 6 Wochen entstanden war. Angesichts der geringen Höhe des Rückstands insbesondere im Verhältnis zum Geschäftsumfang der Insolvenzschuldnerin (s.o.) und des noch im Rahmen des Normalen liegenden Zahlungsverhaltens in der Vergangenheit musste die ... Gesundheit allenfalls vom Vorliegen einer geringfügigen Liquiditätslücke ausgehen und musste nicht annehmen, dass andere Gläubiger nicht bezahlt werden konnten. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die ... Gesundheit die Schuldnerin regelmäßig gemahnt hatte. Aus dem Umstand, dass sie selbst nach Fälligkeit Mahnungen verschickt hatte, folgten für die ... Gesundheit keine über die Kenntnis von Höhe und Länge des Zahlungsverzuges hinausgehenden weiteren Erkenntnisse im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin.

46

3. Dem Kläger steht nach §§ 129, 133, 143 InsO gegen die Beklagte ein Rückgewährsanspruch in Höhe von 19.559,14 € wegen Beitragszahlungen auf Sozialversicherungsbeiträge an die H... M... Krankenkasse seit dem 23.06.2008 zu. Auch insoweit hat es sich um Rechtshandlungen der Insolvenzschuldnerin gehandelt, die die Gläubiger benachteiligt haben und von der Insolvenzschuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geleistet wurden. Wegen der Begründung kann auf die Ausführungen unter 1. a. - c. verwiesen werden.

47

Es lagen zudem Umstände vor, die den Schluss auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin bereits vor der ersten angefochtenen Zahlung zwingend machten. Ein Indiz für eine Zahlungseinstellung ist eine Bitte um Ratenzahlung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können. Das in den Gründen zu I. wörtlich zitierte Schreiben der Schuldnerin vom 24.09.2007 stellt insofern keine „unspezifische Erklärung“ dar, wie das Landgericht gemeint hat, sondern beschreibt eindeutig eine bei der Insolvenzschuldnerin zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Die Insolvenzschuldnerin legt dar, größere Zahlungen leisten zu müssen, den hierfür erforderlichen Liquiditätszufluss aber nicht realisieren zu können (“erhebliche Außenstände“) weswegen eine erhebliche Differenz zwischen benötigter und vorhandener Liquidität bestehe (Schere) die auch nicht anders beseitigt werden könne als durch den erbetenen Zahlungsaufschub (“die uns zwingt“) und die nicht nur von ganz vorübergehender Dauer ist (Ausgleich Ende des Jahres angestrebt). Aus diesem Schreiben wird hinreichend deutlich, dass es sich nicht nur um eine nur die Beitragsforderung der H. ... Krankenkasse betreffende kleine vorübergehende Liquiditätslücke handelt, sondern dass erhebliche Liquiditätsprobleme bestehen, von denen auch andere Gläubiger betroffen sind und die auch nicht kurzfristig gelöst werden können. Damit ist allein aufgrund der Erkenntnisse aus dieser Ratenzahlungsbitte der Schluss auf eine Zahlungseinstellung bei der Insolvenzschuldnerin zwingend gewesen.

48

Darauf, dass die Insolvenzschuldnerin auch im Jahr 2006 bereits erhebliche Probleme hatte, die Beitragszahlungen an die H. ... Krankenkasse zu leisten und hierbei zum Teil mit mehreren Monatsbeiträgen in Rückstand geriet und wiederholt nur Teilzahlungen leistete (Anlagen K 44 ff.) kommt es daher streitentscheidend nicht mehr an. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der H. ... Krankenkasse aufgrund der Einschaltung des Hauptzollamtes dessen Wissen im Hinblick auf die Vollstreckungen anderer Krankenkassen zuzurechnen ist, so dass sie auch aus diesem Grund vom Vorhandensein anderer Gläubiger mit unbezahlten Forderungen hätte ausgehen müssen.

49

4. Die Beklagte hat den zurückzuzahlenden Betrag von insgesamt 46.043,76 € gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO a. F., Art. 103j Abs. 2 Satz 1 EGInsO in Verbindung mit §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1, 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzinsen (BGH, Urt. v. 1. Februar 2007 – IX ZR 96/04, ZIP 2007, 488, 489 Rn. 13 ff.). Zwar ist nunmehr, d. h. nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, laut Art. 103j Abs. 2 Satz 2 EGInsO auf im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Herausgabe von Nutzungen für die Zeit ab dem 5. April 2017 § 143 Abs. 1 Satz 3 InsO in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung anzuwenden. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist eine Geldschuld nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 BGB vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen. Vorliegend waren allerdings bereits vor dem Stichtag 5. April 2017 die Voraussetzungen des § 291 BGB erfüllt, weil die Klageschrift bereits am 25. Februar 2015 zugestellt worden und damit Rechtshängigkeit eingetreten ist, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO (so auch Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 22. Juni 2017 – 4 U 96/16 –, Rn. 63, juris). Für die Zeit vor dem 05. April 2017 bleibt es bei den bis dahin bereits entstandenen Zinsansprüchen nach altem Recht. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung offenbar Passagen aus einem Parallelrechtsstreit übernommen hat, mit denen sie geltend macht, auch die bereits vor dem Stichtag entstandenen Zinsen und Nutzungen seien nach der Übergangsvorschrift entfallen, widerspricht dies dem Wortlaut der Vorschrift.

50

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 129 Grundsatz


(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Insolvenzordnung - InsO | § 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung


(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Regist

Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung - EGInsO | Art 103j Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz


(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 5. April 2017 eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden. (2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die H

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 61/14 Verkündet am: 17. Dezember 2015 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 81.360,45 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. I. S.- und K. P. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin). Er macht gegen die Beklagte nach erfolgter Insolvenzanfechtung eine Rückgewährforderung geltend.

2

Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ist mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 09.03.2011 (Anlage K 1) das Insolvenzverfahren eröffnet und zugleich der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Dem Beschluss lag ein Insolvenzeröffnungsantrag der T. Krankenkasse vom 28.01.2011, eingegangen bei Gericht am 01.02.2011, zugrunde.

3

Die Insolvenzschuldnerin war verpflichtet, für bei ihr beschäftigte Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge an die Beklagte, die BKK G. bzw. die H. M. Krankenkasse abzuführen. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der BKK G. und seit 01.01.2010 Rechtsnachfolgerin der H. M. Krankenkasse.

4

Die Insolvenzschuldnerin erbrachte in den Jahren 2007 bis 2010 die nachfolgenden Zahlungen in Höhe von insgesamt € 81.360,45, davon Zahlungen in Höhe von € 31.088,83 an die Beklagte, € 30.712,98 an die BKK G. und € 19.559,14 an die H. M. Krankenkasse:

5

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin zu Lasten
des bei der H. Sparkasse geführten Geschäftskontos
an die Beklagte

19. November 2009  

72,90 €

        

        

18. Januar 2010

905,99 €

        

        

6. Mai 2010

1.442,72 €

        

        

Zwischensumme

        

   2.421,61 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin zu Lasten
des Geschäftskontos bei der D. Bank AG
an die Beklagte

11. Mai 2009

1.532,74 €

        

        

10. Juni 2009

1.491,53 €

        

        

8. Juli 2009

1.579,44 €

        

        

19. Januar 2010

1.988,60 €

        

        

10. März 2010

2.513,36 €

        

        

13. April 2010

3.617,13 €

        

        

10. Juni 2010

1.515,23 €

        

        

09. Jul 10

2.111,05 €

        

        

10. Aug 10

1.382,56 €

        

        

Zwischensumme

        

17.731,64 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin
an das Hauptzollamt H. auf Forderungen
der Beklagten

17. August 2009

1.637,30 €

        

        

14. Oktober 2009

1.565,50 €

        

        

16. Dezember 2009

1.435,14 €

        

        

14. Januar 2010

1.073,11 €

        

        

24. Feb 10

932,70 €

        

        

24. Feb 10

2.349,71 €

        

        

7. Mai 2010

1.941,62 €

        

        

        

        

10.935,08 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin z.L.
des bei der H. Sparkasse geführten Geschäftskontos
an die BKK G.

10. Januar 2008

1.020,40 €

        

        

15. Februar 2008

1.129,31 €

        

        

21. Feb 08

40,60 €

        

        

25. Feb 08

24,30 €

        

        

10. März 2008

741,92 €

        

        

17. März 2008

166,20 €

        

        

27. Mrz 08

967,96 €

        

        

15. Mai 2008

1.141,69 €

        

        

6. Juni 2008

920,51 €

        

        

4. Juli 2008

994,40 €

        

        

23. Sep 08

10,80 €

        

        

11. November 2008

737,18 €

        

        

10. Dezember 2008

1.061,01 €

        

        

12. Januar 2009

1.135,87 €

        

        

20. Januar 2009

16,30 €

        

        

17. März 2009

1.107,02 €

        

        

8. April 2009

813,53 €

        

        

12. Mai 2009

736,04 €

        

        

27. Juli 2009

1.040,81 €

        

        

18. August 2009

667,83 €

        

        

2. Dezember 2009

1.074,81 €

        

        

5. Januar 2010

788,72 €

        

        

20. Januar 2010

7,00 €

        

        

16. April 2010

1,80 €

        

        

7. Juni 2010

1.393,12 €

        

        

4. August 2010

6,00 €

        

        

        

        

17.745,13 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin z.L.
des Geschäftskontos bei der D. Bank AG
an die BKK G.

7. August 2008

985,37 €

        

        

9. September 2008

1.080,90 €

        

        

10. Oktober 2008

791,45 €

        

        

10. Februar 2009

923,76 €

        

        

16. April 2009

8,80 €

        

        

8. Juli 2009

1.150,20 €

        

        

11. September 2009

755,67 €

        

        

15. Oktober 2009

10,00 €

        

        

23 Oktober 2009

948,67 €

        

        

22. Dezember 2009

966,26

        

        

9. Februar 2010

721,88 €

        

        

15. Februar 2010

38,48 €

        

        

10. März 2010

866,66 €

        

        

13. April 2010

1.114,72 €

        

        

6. Mai 2010

1.003,70 €

        

        

9. Juli 2010

1.601,33 €

        

        

        

        

12.967,85 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin z.L.
des bei der H. Sparkasse geführten Geschäftskontos
an die H. M. Krankenkasse

14. Oktober 2007

815,51 €

        

        

14. November 2007

815,51 €

        

        

7. Dezember 2007

815,51 €

        

        

9. Juli 2008

912,78 €

        

        

13. August 2008

78,00 €

        

        

23. Sep 08

78,50 €

        

        

11. November 2008

992,88 €

        

        

10. Dezember 2008

944,88 €

        

        

12. Januar 2009

935,88 €

        

        

16. Januar 2009

9,00 €

        

        

17. März 2009

929,28 €

        

        

5. Mai 2009

921,08 €

        

        

9. November 2009

923,70 €

        

        

14. Dezember 2009

900,90 €

        

        

        

        

10.073,41 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin z.L.
des Geschäftskontos bei der D. Bank AG
an die H. M. Krankenkasse

23. Juni 2008

912,78 €

        

        

8. August 2008

594,18 €

        

        

9. September 2008

935,88 €

        

        

10. Oktober 2008

993,38 €

        

        

10. März 2009

1.361,20 €

        

        

10. Juni 2009

930,08 €

        

        

9. Juli 2009

964,38 €

        

        

11. August 2009

937,45 €

        

        

8. Oktober 2009

923,70 €

        

        

        

        

8.553,03 €

        

Zahlungen der Insolvenzschuldnerin
an das Hauptzollamt H. auf Forderungen
der H. M. Krankenkasse

18. Februar 2010

932,70 €

        

        

6

Wegen der Einzelheiten der Daten und Verwendungszwecke der Zahlungen wird auf die tabellarische Darstellung auf den Seiten 5-8 der Klageschrift vom 29. Januar 2015 Bezug genommen.

7

Die Insolvenzschuldnerin zahlte ihre Monatsbeiträge an die BKK G. im Zeitraum Januar bis Oktober 2007 mit einer Verspätung von 2-3 Wochen. Der Beitrag für den Monat November 2007 wurde erst aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 02.01.2008 durch die H. Sparkasse als Drittschuldnerin einer Kontenpfändung am 08.01.2008 gezahlt.

8

Mit der H. M. Krankenkasse traf die Insolvenzschuldnerin mit Korrespondenz vom 24./25. September 2007 (Anlage K11, K12) eine Ratenzahlungsvereinbarung für die Beitragsmonate August 2007 und September 2007. Die Insolvenzschuldnerin zahlte drei Raten am 14.10.2007, 14.11.2007 und 07.12.2007, jedoch nicht den laufenden Monatsbeitrag Oktober 2007. Daraufhin widerrief die H. M. Krankenkasse die Ratenzahlungsvereinbarung mit Schreiben vom 29.11.2007 (Anlage K 13).

9

Die Insolvenzschuldnerin geriet im Jahr 2009 mit der Zahlung der Beiträge an die Beklagte in einen Rückstand von jeweils ca. 3 Wochen. Die Beklagte erließ monatliche Vollstreckungsanordnungen, daraufhin wurde der ausstehende Monatsbeitrag bezahlt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tabelle auf Seite 13/14 der Klageschrift verwiesen. Mit Schreiben vom 23.09.2010 (Anlage K8) teilte das Hauptzollamt H. der Beklagten mit, dass fruchtlos gepfändet worden ist.

10

Der Kläger behauptet, sämtliche Zahlungen stellten Rechtshandlungen der Insolvenzschuldnerin dar und minderten die Aktivmasse zum Nachteil der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. In den Fällen von Barzahlungen an das Hauptzollamt habe der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, der Zeuge O., den zu vollstreckenden Betrag nach Absprache mit dem Vollstreckungsbeamten bereitgestellt (Quittungen in Anlage K4), der Zeuge O. habe die Kasse auf Ankündigung des Vollstreckungsbeamten aufgefüllt und glatte Beträge, die im laufenden Geschäftsbetrieb nicht in der Kasse der Insolvenzschuldnerin vorhanden seien, für den Vollstreckungsbeamten bereitgehalten (Stellungnahme des Zeugen O., Anlage K5).

11

Die Insolvenzschuldnerin habe mit Vorsatz zur Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gehandelt, denn sie habe gewusst, dass sie drohend zahlungsunfähig und überschuldet sei.

12

Die Insolvenzschuldnerin sei zur Zeit jeder einzelnen angefochtenen Zahlung zahlungsunfähig gewesen, weil sich aus den Rückständen hinsichtlich der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern eine Zahlungseinstellung ergebe. Die Insolvenzschuldnerin sei zudem überschuldet gewesen, dies ergebe sich aus der Bilanz auf den 31. Dezember 2004 (Anlage K 35), dem vorläufigen Abschluss auf den 31. Oktober 2006 (Anlage K36) und dem Jahresabschluss auf den am 31. Dezember 2007 (Anlage K 37).

13

Die Beklagte, die BKK G. bzw. die H. M. Krankenkasse hätten zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt, weil das schleppende Zahlungsverhalten und die Vielzahl der Mahnungen und Vollstreckungsanordnungen diesen Rückschluss begründeten. Weitere Indizien ergäben sich aus dem Wortlaut der Ratenzahlungsanfrage vom 24.09.2007 (Anlage K 11) und den mündlichen Terminsabsprachen zu Bargeldübergaben des Zeugen O. an Vollziehungsbeamte des Hauptzollamts H..

14

Der Kläger beantragt nach Rücknahme des weitergehenden Zinsantrages zuletzt,

15

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 81.360,45 nebst Zinsen ab 9. März 2011 zu zahlen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2016, 16. Januar 2017 und 24. Januar 2017 Bezug genommen.

19

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P., M. und O.. Hinsichtlich der Beweisergebnisse wird auf die genannten Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von € 81.360,45 nebst Zinsen aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO.

21

Die angefochtenen Zahlungen der Insolvenzschuldnerin erfolgten ausnahmslos außerhalb des Dreimonatszeitraums vor Eingang des Insolvenzeröffnungsantrags - am 01.02.2011 - beim Amtsgericht H.. Ihre Anfechtung bemisst sich ausschließlich nach § 133 Abs. 1 InsO.

22

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Anfechtungsnorm liegen nach dem klägerischen Vortrag aber nicht vor. Dabei kann für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen, wann die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig geworden ist oder die Zahlungsunfähigkeit jedenfalls gedroht hat. Ebenfalls kann es auf sich beruhen, ob/wann die angefochtenen Zahlungen seitens der Insolvenzschuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erbracht worden sind.

23

Denn jedenfalls ist nicht festzustellen, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin hatten. Auch die Voraussetzung des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - Kenntnis von einer bestehenden oder drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin - ist nicht ersichtlich.

1.

24

Die Beklagte kannte Indizien für eine drohende Zahlungsunfähigkeit und damit den etwaigen Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin frühestens ab 23. September 2010, dem Zeitpunkt der ersten fruchtlosen Vollstreckungsmaßnahme. Sie vereinnahmte jedoch die späteste angefochtene Zahlung bereits zuvor am 10. August 2010. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte sie keine Indizien, die den zwingenden Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin begründeten.

25

Im Gegenteil, die Beklagte wusste aus dem Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin seit dem Jahr 2009, dass geringfügige Beitragsrückstände von 1-2 Monatsbeiträgen bestanden und auch regelmäßig beglichen wurden, sodass der Beitragsrückstand nicht signifikant anstieg. Die Beklagte erließ ab 23.04.2009 nahezu monatlich Vollstreckungsanordnungen (Tabelle Seite 13 der Klageschrift), daraufhin zahlte die Insolvenzschuldnerin stets. Erstmals erging am 10.07.2009 eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes für die Beitragsforderung für den Beitragsmonat Mai 2009, allerdings hatte die Insolvenzschuldnerin diese Forderung bereits zwei Tage vorher, am 08.07.2009, in Höhe von € 1.579,44 zu Lasten des bei der D. Bank AG geführten Geschäftskontos an die Beklagte überwiesen. Sodann ergingen zwei Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts am 27.07.2009 und 25.08.2009, sie betrafen den Beitragsmonat Juni 2009 bzw Juli 2009 und wurden durch zeitnahe Barzahlungen an das Hauptzollamt am 17.08.2009 bzw 14.10.2009 beglichen. Die anschließenden Vollstreckungsankündigungen vom 12.10.2009 und 10.11.2009 wegen der Beitragsmonate August und September 2009 ergingen, obwohl die Insolvenzschuldnerin bereits am 11.09.2009 und 23.10.2009 Überweisungen an die Beklagte geleistet hatte. Auch in der Zeit von Januar bis Mai 2010 blieben Vollstreckungsankündigungen nicht fruchtlos, sondern die Forderungen der Beklagten wurden jeweils beglichen. Ob die Beklagte aus diesen Vorgängen Kenntnis von Liquiditätsschwierigkeiten der Insolvenzschuldnerin erlangte, ist nicht mit der für eine Klagestattgabe erforderlichen Sicherheit festzustellen. Die durch den Zeugen O. glaubhaft bekundete Praxis, er habe mit dem Vollziehungsbeamten des Hauptzollamts telefonische Abreden getroffen, wann welche Beträge in der Kasse bereitzuhalten sind, und diese Absprachen sodann verlässlich eingehalten, begründet dies nicht. Der Zeuge O. schilderte die Abrechnungspraxis seines Pflegedienstunternehmens und erläuterte, dass die Krankenkassen als Schuldner seiner Pflegedienstvergütungen zuweilen verzögert zahlen, eine drohende Zahlungsunfähigkeit ergibt sich daraus indes nicht, weil er weiß, dass seine Pflegeleistungen erbracht und abgerechnet sind und täglich mit dem Eingang der Honorarzahlung zu rechnen ist. Dementsprechend schilderte der Zeuge seine Auskunft an den Vollziehungsbeamten. Erstmals am 23.09.2010 blieb ein Vollstreckungsversuch fruchtlos (Anlage K8), sodass die Beklagte am 19.10.2010 (Anlage K9) der Insolvenzschuldnerin mitteilte, dass sie nunmehr einen Insolvenzantrag vorbereite. Nach diesem ersten fruchtlos gebliebenen Vollstreckungsversuch vom 23.09.2010 liegen indes angefochtene Rechtshandlungen nicht mehr.

26

Vorher fehlt es an einer Kenntnis der Beklagten bezüglich der Liquiditätslage der Insolvenzschuldnerin aus weiteren Erkenntnisquellen als dem Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin. Stellt man auf diese Tatsachen ab, war die Insolvenzschuldnerin ab dem Jahr 2009 vorübergehend mit der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Rückstand geraten und es bestand zu den Zeitpunkten der angefochtenen Zahlungen ein Beitragsrückstand von 1-2 Monaten. Ein solches unregelmäßiges Zahlungsverhalten stellt unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person der Insolvenzschuldnerin und des Zuschnitts ihres Geschäftsbetriebes kein ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit dar. Zwar deutet nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. Februar 2009- IX ZR 62/08 - NJW 2009, 1202 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 16), der sich die erkennende Kammer anschließt, gerade die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, die typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit ausgeglichen werden, wenn die hierfür erforderlichen Geldmittel nicht vorhanden sind, auf eine Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hin. In Fällen einer verspäteten Zahlung wird aber angenommen, dass erst eine mehrmonatige - in der Regel halbjährige - Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 7. November 2013- IX ZR 49/13 -, zitiert nach Juris, Rn. 13). Das war hier sicher nicht der Fall.

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass mehrere der Zahlungen erst erfolgten, nachdem die Beklagte Vollstreckungsanordnungen erlassen hatte. Denn es gelang der Insolvenzschuldnerin, die Vollstreckungsmaßnahmen durch Zahlungen zu bedienen, so dass es vor dem 23.09.2010 auch nicht zu fruchtlosen Vollstreckungsversuchen gekommen ist, bei denen hätte offenbar werden können, dass die Insolvenzschuldnerin es nicht nur für unbedingt nötig befunden hatte, die in der Vollstreckung befindlichen Beträge sofort vollständig aufzutreiben, sondern dass sie hierzu unter keinen Umständen in der Lage war.

28

Weitere Beweisanzeichen, welche im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zusammen mit den Beitragsrückständen von weniger als sechs Monaten den zweifelsfreien Schluss auf eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit rechtfertigen können - etwa geplatzte Schecks, zurückgegebene Lastschriften, fruchtlose Vollstreckungsmaßnahmen, Zahlung nur auf den Arbeitnehmeranteil -, haben hier nicht vorgelegen.

2.

29

Es ist auch sicher nicht festzustellen, dass die BKK G. im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin besaß. Die Insolvenzschuldnerin entrichtete die Beiträge an die BKK G. seit dem Jahr 2007 regelmäßig monatlich mit geringfügigen Verspätungen von nur zwei bis drei Wochen (Tabelle auf Seite 16 der Klageschrift). Die einzige Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 02.01.2008 betraf nur einen Monatsbeitrag, die soeben fällige Beitragsforderung für November 2007. Diese Kontenpfändung blieb auch nicht fruchtlos, sondern führte zu einer umgehenden Drittschuldnerzahlung der H. Sparkasse binnen 6 Tagen am 08.01.2008. Zu diesem Zeitpunkt bestand für wenige Tage ein Beitragsrückstand von 2 Monaten (November und Dezember 2007), bis die Zahlung vom 08.01.2008 einging. Die streitgegenständlichen angefochtenen Zahlungen an die BKK G. datieren sämtlich aus der Zeit zwischen dem 10.01.2008 und dem 04.08.2010. In dieser Zeit ergingen keine weiteren Pfändungs- und Überweisungsverfügungen. Vollstreckungsanordnungen und eine Einschaltung des Hauptzollamts erfolgten durch die BKK G. nicht.

3.

30

Schließlich ist auch nicht festzustellen, dass die H. M. Krankenkasse die relevante Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz besaß.

31

Soweit ersichtlich, beglich die Insolvenzschuldnerin ihre laufenden Beitragsverbindlichkeiten regelmäßig und es bestand kein Beitragsrückstand von mehr als drei Monatsbeiträgen. Die am 16.05.2006 ergangene Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes (Anlagenkonvolut K14) betraf zwei Beitragsmonate (Februar und März 2006), hinzu kam der bereits rückständige Beitrag für April 2006, insgesamt drei Monatsbeiträge. In der Zeit von Dezember 2006 bis Oktober 2009 ergingen keine Pfändungen und auch keine Vollstreckungsankündigungen.

32

Zwar bat die Insolvenzschuldnerin mit ihrer E-Mail vom 24. September 2007 (Anlage K11) einmalig um eine Ratenzahlungsvereinbarung für die Beitragsforderungen der Monate August 2007 und September 2007. Aber aus der unspezifischen Erklärung, es bestünden Forderungsaußenstände, sodass man um die Erlaubnis für eine dreimonatige Ratenzahlung bitte, lässt sich der Rückschluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit sicher nicht ziehen. Im Gegenteil, die Insolvenzschuldnerin kündigt an, bei Verbesserung der Finanzlage sogar weitere Teilzahlungen zu leisten. Eine solcherart vage und zugleich optimistisch formulierte Ratenzahlungsanfrage entspricht im Lichte der Beitragskontoentwicklung lediglich umsichtiger kaufmännischer Sorgfalt und wurde daher durch die H. M. Krankenkasse auch am Folgetag sogleich angenommen (Schreiben vom 25.09.2007, Anlage K12). Denn die Insolvenzschuldnerin hatte ihr Beitragskonto in der Vergangenheit durch fleißige Zahlungen immer wieder ausgeglichen. Zur Zeit der Ratenzahlungsanfrage bestand ein Rückstand von nur zwei Monatsbeiträgen (August und September 2007), die letzte Vollstreckungsankündigung vor der Ratenzahlungsanfrage lag zehn Monate zurück, sie datierte vom 22.11.2006.

33

Die Ratenzahlungen wurden vereinbarungsgemäß erbracht. Die Insolvenzschuldnerin zahlte zwei Raten am 14.10.2007 und 14.11.2007, allerdings jedoch nicht den laufenden Monatsbeitrag Oktober 2007. Daraufhin widerrief die H. M. Krankenkasse die Vereinbarung mit Schreiben vom 29.11.2007 (Anlage K 13) und forderte die Insolvenzschuldnerin zum Ausgleich des Rückstands von € 3.274,02 auf. Dieser Aufforderung kam die Insolvenzschuldnerin nach und zahlte die 3. Rate vor dem ursprünglichen Zahlungstermin (14.12.2007) bereits am 07.12.2007. Für die Beitragszahlungen bis Mai 2008 werden Verspätungen nicht behauptet, sie sind nicht Gegenstand der Anfechtung. Im Jahr 2008 erfolgten gar keine Pfändungen oder Vollstreckungsversuche, erst recht keine fruchtlosen Maßnahmen. Die Überweisungen (Tabelle Seite 8 der Klageschrift) erfolgten zeitnah und regelmäßig.

4.

34

Auch die Tatsache, dass die Insolvenzschuldnerin über einen insgesamt längeren Zeitraum ihre Sozialversicherungsbeiträge nur mit Verspätung abgeführt hat, führt zu keiner dem Kläger günstigeren Entscheidung. So hat das OLG Rostock (Urteil vom 10. Juli 2006 - 3 U 158/05 - zitiert nach juris -) im dort entschiedenen Fall nicht allein aus dem Umstand, dass über einen langen Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge verspätet abgeführt worden waren, auf die Kenntnis der dortigen Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der dortigen Schuldnerin geschlossen. Vielmehr kam als wesentliches Indiz hinzu, dass die dortige Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der dortigen Beklagten geschlossen, diese aber nicht eingehalten hatte. Auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Beschluss vom 28. Juli 2009 - 1 U 62/09 - hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Rostock (a.a.O.) nicht zu entnehmen sei, dass ein auch über einen längeren Zeitraum anhaltendes, zögerliches Beitragszahlungsverhalten allein auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners hinweist:

35

„Auch sonstige besondere Umstände, welche im Rahmen einer Gesamtwürdigung zusammen mit Beitragsrückständen von weniger als sechs Monaten ein negatives Urteil über die Liquiditätsgesamtlage der Schuldnerin rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan. Der vom OLG Rostock mit Urteil vom 10. Juli 2006 (3 U 15/05, zitiert nach juris) entschiedene Fall, in dem es heißt, dass die lange Zeitdauer um jeweils einen Monat verspäteter Zahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen von eineinhalb Jahren ein hinreichendes Beweisanzeichen für eine Zahlungsunfähigkeit bilde, auch wenn der Anteil der nicht befriedigten Verbindlichkeiten weit unter 10 % der Gesamtverbindlichkeiten liege (a.a.O., Rn. 25), wies weitere Besonderheiten wie eine nicht eingehaltene Ratenzahlungsvereinbarung auf (a.a.O., Rn. 30), die im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. ...“

36

Vielmehr liegt es auf der Hand, dass der Geschäftsführer O. der Insolvenzschuldnerin - wie es der Kläger ausdrücklich auf Seite 20 der Klageschrift behauptet - in den Jahren 2006 bis August 2010 aus pragmatischen kaufmännischen Erwägungen eine systematische Verzögerung der Beitragszahlungen vornahm, um eine faktische „Stundung“ der Beitragsforderung zu erreichen und die Kreditkosten der Inanspruchnahme des Überziehungskredits auf dem Geschäftskonto zu reduzieren. Dadurch reizte der Geschäftsführer O. die Geduld der Einzugsstellen aus und verzögerte die Zahlungen jeweils bis zur Vollstreckungsankündigung. Auf die Durchführung tatsächlicher Vollstreckungsmaßnahmen ließ er es indes nicht ankommen, die Zahl der Vollstreckungsmaßnahmen ist gering, fruchtlos blieben sie erst ab September 2010, als wesentliche Veränderungen im Personal- und Patientenbestand der Insolvenzschuldnerin zu Umsatzrückgängen führten. Erst ab diesem Moment der fruchtlosen Pfändung erwog die Beklagte an die Vorbereitung eines Insolvenzantrages (Schreiben vom 19.10.2010).

II.

37

Die Nebenentscheidungen finden ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

19
b) Insoweit hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zu geringe Anforderungen an den Nachweis der von § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO geforderten Kenntnis des Gläubigers gestellt. Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich der Schluss auf eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht schon dann ziehen, wenn der Gläubiger die vollständige Erfüllung seiner einzigen Forderung alsbald nach einem von ihm erstrittenen Versäumnisurteil erreicht. Setzt ein Gläubiger seine Forderung zwangsweise durch, ermöglicht dies keinen zwingenden Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung, wenn der Gläubiger außer dieser Forderung und den von ihm zur zwangsweisen Durchsetzung der Forderung unternommenen erfolgreichen Schritten keine weiteren konkreten Tatsachen über die Zahlungsunfähigkeit oder die Vermögenslage seines Schuldners kennt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

13
a) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, ZInsO 2012, 138 Rn. 14 mwN). Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, aaO Rn. 15 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 30 mwN).

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

13
a) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, ZInsO 2012, 138 Rn. 14 mwN). Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, aaO Rn. 15 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 30 mwN).
11
bb) Anders verhält es sich, wenn feststeht, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hatte, bevor Ratenzahlung vereinbart wurde. Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 33 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 24). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt es hierfür nicht, dass mit der Ratenzahlungsvereinbarung diejenige Verbindlichkeit als gestundet gilt, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt. Der Anfechtungsgegner hat vielmehr zu beweisen, dass der Schuldner seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hat. Dazu gehört zum einen, dass er die vereinbarten Raten zahlt. Darüber hinaus muss der Schuldner aber auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 188; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 23; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 24 ff; vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, WM 2008, 840 Rn. 21; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 18; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 36; Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 17 Rn. 18; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn. 135). Dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen.
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aa) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung konnte nur beseitigt werden , indem die Schuldnerin alle Zahlungen wieder aufnahm. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjektiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt Entsprechendes. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, WM 2008, 840 Rn. 23; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 33). Die Schlussfolgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein. Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand (BGH, Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 10 ff, 16; vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 15; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 39).
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a) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) konnte nur beseitigt werden, indem die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnahm. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter - wie hier - für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjektiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt Entsprechendes. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 33 mwN).

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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b) Insoweit hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zu geringe Anforderungen an den Nachweis der von § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO geforderten Kenntnis des Gläubigers gestellt. Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich der Schluss auf eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht schon dann ziehen, wenn der Gläubiger die vollständige Erfüllung seiner einzigen Forderung alsbald nach einem von ihm erstrittenen Versäumnisurteil erreicht. Setzt ein Gläubiger seine Forderung zwangsweise durch, ermöglicht dies keinen zwingenden Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung, wenn der Gläubiger außer dieser Forderung und den von ihm zur zwangsweisen Durchsetzung der Forderung unternommenen erfolgreichen Schritten keine weiteren konkreten Tatsachen über die Zahlungsunfähigkeit oder die Vermögenslage seines Schuldners kennt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 5. April 2017 eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

(2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Herausgabe von Nutzungen unterliegen vor dem 5. April 2017 den bis dahin geltenden Vorschriften. Für die Zeit ab dem 5. April 2017 ist auf diese Ansprüche § 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzordnung in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung anzuwenden.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 5. April 2017 eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

(2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Herausgabe von Nutzungen unterliegen vor dem 5. April 2017 den bis dahin geltenden Vorschriften. Für die Zeit ab dem 5. April 2017 ist auf diese Ansprüche § 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzordnung in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung anzuwenden.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.