Oberlandesgericht Hamm Urteil, 26. Juli 2016 - 9 U 150/15
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 18.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Gerichtskosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 73% und die Beklagte zu 2) zu 27%.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und 73% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2).
Die Beklagte zu 2) trägt 27% der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger und die Beklagte zu 2) machen gegenseitig Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 20.12.2013 auf einem Parkplatzgelände in C geltend.
4Die Beklagte zu 2) zahlte als Krafthaftpflichtversicherer des Beklagten zu 1) im März 2014 auf der Grundlage ihres Abrechnungsschreibens vom 03.03.2014 an den Kläger auf den von diesem mit 20.433,60 € bezifferten Gesamtschaden einen Betrag von 5.460,42 €. Die Abrechnung nahm die Beklagte zu 2) auf Totalschadensbasis vor, wobei sie von einer Haftungsquote von 50 % ausging.
5Mit vorliegender Klage hat der Kläger nach Instandsetzung des Fahrzeugs den noch offenen Betrag von 14.973,18 € verlangt.
6Das Landgericht hat den Kläger gem. § 141 ZPO persönlich angehört und ein schriftliches verkehrsanalytisches Gutachten über den Hergang des Unfalls durch den Sachverständigen Prof. T eingeholt.
7Dieses hat ergeben, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des von dem Kläger gesteuerten Mercedes zwischen 30 und 40 km/h betrug, während die Geschwindigkeit des von dem Beklagten zu 1) gefahrenen Toyotas 0 bis 2 km/h betrug. Nach Vorlage des Gutachtens hat die Beklagte zu 2) widerklagend Rückzahlung des von ihr vorprozessual gezahlten Betrages von 5.460,42 € verlangt, da sie die Regulierung in Unkenntnis der von dem Kläger gefahrenen überhöhten Geschwindigkeit vorgenommen habe.
8Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts Anderes ergibt, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin antragsgemäß verurteilt.
9Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge unter Einschluss des Verlangens auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weiter verfolgt. Das Landgericht habe verkannt, dass er gegenüber dem Beklagten zu 1) vorfahrtsberechtigt gewesen sei. Selbst wenn dem nicht so wäre, habe der Beklagte zu 1) jedenfalls die Kurve stark geschnitten, so dass er ihm in vollem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Widerklageforderung sei unbegründet, weil ein Rückforderungsrecht der Beklagten zu 2) nicht bestehe. Denn diese habe die Zahlung ohne jeden Vorbehalt erbracht.
10Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
11Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 1) persönlich gem. § 141 ZPO angehört und den Sachverständigen Prof. T um mündliche Ergänzung seines schriftlichen Gutachtens gebeten. Hinsichtlich des wesentlichen Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 15.07.2016 verwiesen.
12II.
13Die Berufung des Klägers hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten der auf die §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gestützte Schadensersatzanspruch nicht zu, so dass das erstinstanzliche Urteil insoweit Bestand hat. Hingegen hat die Berufung insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Zuerkennung der Widerklage richtet. Auf die Berufung des Klägers war das angefochtene Urteil daher teilweise abzuändern und die Widerklage abzuweisen.
14Zur Klage:
151.
16Die Voraussetzungen für die Haftung des Beklagten zu 1) gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB und für die Haftung der Beklagten zu 2) gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG sind dem Grunde nach unproblematisch gegeben und vom Landgericht zutreffend bejaht worden. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH v. 07.02.2012 - VI ZR 133/11 - juris - NJW 2012, 1953).
17Die hiernach vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG ergibt, dass dem Kläger gegen die Beklagten aus dem Verkehrsunfallereignis vom 20.12.2013 keine Schadensersatzansprüche zustehen.
182.
19Den Beklagten zu 1) belastet zunächst die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr. Die Gefährdungshaftung erfasst auch solche beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs (oder Anhängers) verursachten Schäden nach § 7 Abs. 1 StVG, die auch der „Idealfahrer”, der den Unfall trotz über den gewöhnlichen Durchschnitt erheblich hinausgehender Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht sowie trotz geistesgegenwärtigen und sachgemäßen Handelns im Augenblick der Gefahr im Rahmen des Menschenmöglichen nicht vermeiden konnte (Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, § 7 StVG, Rn. 139).
20Der Beklagte zu 1 ) hatte nach den Ausführungen des Prof. T die theoretische Möglichkeit, einer Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers zu entgehen, indem er orientiert am rechten Rand seiner Fahrgasse zunächst bis zu den im Winkel von 90 Grad angeordneten gegenüberliegenden Parkbuchten geradeaus fuhr, und dann unter Überfahren der kompletten Breite dieser Parkbuchten mit maximalem Lenkeinschlag nach links gelenkt hätte.
212.1
22Einen darin liegenden schuldhaften und unfallursächlichen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 8 StVO verneint der Senat bereits aus rechtlichen Gründen.
23Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem - wie hier - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar (Senat U.v. 29.08.2014 – 9 U 26/14 – juris Rn. 16 – MDR 2014, 1313 m.w.N.). Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ein- und Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In diesen Fällen sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten deshalb erhöht und einander angenähert. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es nicht (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. § 8 StVO Rn. 31 a). Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum sein wird. Vielmehr wird hier - anders als im fließenden Verkehr - regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr zu berücksichtigen sein (Scheidler, DAR 2012, 313).
24Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Handelt es sich bei einer bzw. mehreren der Zufahrtswege um eine gegenüber den Durchfahrtsgassen zwischen den Parkplätzen nochmals baulich größer und breiter ausgestalteten Zufahrtsstraße, so kann § 8 StVO, ob unmittelbar oder analog zur Anwendung kommen (KG v. 12.10.2009 - 12 U 233/08 -, juris, vgl. hierzu auch OLG Sachsen-Anhalt v. 28. Juli 2006 - 10 U 28/06 – juris - VerkMitt 2007, Nr. 43, OLG Düsseldorf v. 23.10.2010 - 1 U 156/09 – juris).
25Hiervon ausgehend kam dem Kläger kein Vorfahrtsrecht gegenüber dem Beklagten zu 1) zu. Auch die von dem Kläger benutzte Fahrgasse diente dem Parkplatzsuch-verkehr. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass auch auf dieser Fahrgasse Parkboxen angeordnet sind. Darauf, ob diese in der konkreten Situation belegt waren, und hierdurch die Breite der Fahrgasse eingeschränkt war, kommt es nicht an.
262.2
27Dem Beklagten zu 1) kann auch kein unfallursächlicher Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO angelastet werden, weil dieser aus einer dem linken Rand seines Fahrweges angenäherten Position nach links abgebogen ist, wobei es noch im Abbiegevorgang zur Kollision mit dem sich von links mittig auf der dortigen Fahrspur herannahenden Fahrzeug des Klägers kam. Prof. T hat anhand einer Zeit – Weg – Berechnung überzeugend dargelegt, dass auch in dem Fall, in dem der Kläger von dem rechten Rand seines Fahrweges nach links abgebogen wäre, der Kläger mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) kollidiert wäre, wenn auch nur mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h.
282.3
29Ebensowenig kann dem Beklagten zu 1) vorgeworfen werden, er sei zu schnell unterwegs oder unaufmerksam gewesen. Der Beklagte zu 1) ist vor der Kollision mit so reduzierter Geschwindigkeit gefahren, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beklagte zu 1) im Kollisionszeitpunkt bereits stand. Daraus folgt weiter, dass er sofort auf das von links auftauchende Fahrzeug des Klägers reagiert hat.
303.
31Auch den Kläger belastet die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr. In die Abwägung ist weiter ein schuldhafter und unfallursächlich gewordener Verstoß des Klägers gegen § 3 StVO bzw. § 1 Abs. 2 StVO einzustellen. Nach den schlüssigen Ausführungen des Prof. T näherte sich der Kläger in jedem Fall der Kollisionsstelle mit einer für die örtlichen Parkplatzverhältnisse und seine nach rechts hin durch Grünbewuchs gravierend eingeschränkten Sichtmöglichkeiten deutlich übersetzten Ausgangsgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h, wobei er hinzukommend auch noch verspätet reagiert hat. Hätte der Kläger die Fahrgasse mit der für die konkreten örtlichen Verhältnisse angemessenen Geschwindigkeit von etwa 10 km/h befahren und rechtzeitig reagiert, wäre der Unfall vermieden worden.
324.
33Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist gleichwohl gem. § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen, weil der Unfall aus Sicht des Beklagten zu 1) durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden ist, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt nach der vorgenannten Vorschrift ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.
34Gestützt auf die Ausführungen des Prof. T gelangt der Senat zu der Auffassung, dass der Unfall für einen sogenannten Idealfahrer, d.h. einen Fahrer, der trotz über den gewöhnlichen Durchschnitt erheblich hinausgehender Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht sowie trotz geistesgegenwärtigen und sachgemäßen Handelns im Augenblick der Gefahr im Rahmen des Menschenmöglichen den Unfall nicht vermeiden konnte, und damit hier auch für den Beklagten zu 1) unvermeidbar war. Prof. T hat eindrucksvoll aufgezeigt, welchen einzig in Betracht kommenden Fahrweg der Beklagte zu 1) hätte nehmen müssen, um eine Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers zu vermeiden. Das Einfahren in die querende Fahrgasse bis zum Beginn der vor Kopf liegenden Parkbuchten, um dann unter Ausnutzung des kleinstmöglichen Wendekreises nach links einzuschlagen, ist eine solch unnatürlich anmutende Fahrweise, dass nach Einschätzung des Senats kein sogenannter Idealfahrer sich in dieser Weise verhalten hätte.
35Da nach den vorstehenden Ausführungen der Unfall für den Beklagten zu 1) unvermeidbar iSd § 17 Abs. 3 StVG gewesen ist, haftet er dem Kläger nicht für die diesem durch den Zusammenstoß entstandenen Schäden.
365.
37Hiervon ausgehend kann der Kläger auch nicht den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen.
38Zur Widerklage:
39Auch wenn der Kläger nach dem Vorhergesagten von den Beklagten keinen Schadensersatz beanspruchen kann, so ist er andererseits nicht verpflichtet, der Beklagten zu 2) auf deren Widerklage hin den aufgrund der von dieser vorprozessual erbrachten Zahlung erhaltenen Betrag iHv 5.460,42 € nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB herauszugeben.
401.
41Gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet. Die Voraussetzungen eines Herausgabeverlangens nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB liegen vor. Denn die Beklagte zu 2) hat zur Regulierung der an sie herangetragenen Schadensersatzansprüche des Klägers vorprozessual einen Betrag von 5.460,42 € gezahlt. Tatsächlich war die Beklagte zu 2) dem Kläger aber, wie durch die rechtskräftige Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit festgestellt, nicht zur Leistung verpflichtet, weil dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall nicht zusteht.
422.
43Das Herausgabeverlangen der Beklagten zu 2) scheitert aber an § 814 BGB, wonach das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Diese Norm beruht auf dem Gedanken der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens. Sie will den Leistenden benachteiligen, während der Empfänger darauf vertrauen darf, dass er eine Leistung, die bewusst zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden ist, behalten darf.
443. Die zurückzufordernde Leistung muss in Kenntnis der Nichtschuld erbracht worden sein. Erforderlich ist die positive Kenntnis des Leistenden zum Zeitpunkt seiner Leistung, dass er zu dieser Leistung nicht verpflichtet ist. Dabei sind präzise Rechtskenntnisse auf Seiten des Leistenden nicht zu fordern. Es muss eine der Rechtslage entsprechende Parallelwertung in der Laiensphäre genügen. |
Dass der Leistende Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt, reicht nicht aus. Er muss vielmehr gerade wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Somit schließen Rechts- und Tatbestandsirrtümer des Leistenden eine Anwendung des § 814 BGB zwingend aus. |
Auch grob fahrlässige Unkenntnis des Nichtbestehens einer Verpflichtung genügt nicht zum Ausschluss des Rückforderungsanspruches (vgl. Martinek in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 814 BGB Rn. 10 ff). 4. Der Beklagten zu 2) war bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung aufgrund der Angaben des eigenen Versicherungsnehmers und der Einsichtnahme in die Bußgeldakten bekannt, dass der Kläger den Parkplatz mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit befahren haben soll, während ihr Versicherungsnehmer zum linken Rand der Fahrgasse hin orientiert nach links abbiegen wollte. Bei dieser Sachlage kam durchaus in Betracht, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten zu 2) neben dem Kläger schuldhaft zum Zustandekommen des Verkehrsunfalls beigetragen hatte, aber auch, dass die Beklagten nur aus der Betriebsgefahr oder wegen Zurücktreten der Betriebsgefahr gar nicht haften würden. Danach lässt sich nicht die erforderliche Feststellung treffen, dass die Beklagte zu 2) aufgrund der ihr bekannten Tatsachengrundlage im Zeitpunkt der Leistungserbringung positiv gewusst hat, dass sie nach der Rechtslage nichts schuldet. 5. Auch wenn bloße Zweifel am Bestehen der Nichtschuld einem Herausgabe-verlangen nicht entgegenstehen, kann nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bei Leistung trotz bestehender Zweifel ein Verzicht auf Bereicherungs-ansprüche zu sehen sein, wenn der Empfänger aus dem Verhalten des Leistenden nach Treu und Glauben den Schluss ziehen durfte, der Leistende wolle die Leistung gegen sich gelten lassen, unabhängig vom Bestehen der Schuld (BGH v. 09.05.1960 - III ZR 32/59 - juris Rn. 28 - BGHZ 32, 273,280). Erforderlich ist eine erkennbare Absicht des Leistenden, seine Leistung auch für den Fall der Nichtschuld bewirken zu wollen. Maßgeblich ist dabei, wie das Verhalten des Leistenden im Einzelfall objektiv aufzufassen ist (Palandt - Sprau, BGB, 74 Aufl., § 814 Rn. 13, Martinek in: Herberger/Martinek/Rüßmann a.a.O. § 814 BGB). Bestehen Zweifel, ob das Verhalten des Leistenden als Rückforderungsverzicht auszulegen ist, gehen diese zu Lasten des Empfängers (RG v. 24.04.1937 - V 24/37 – RGZ 154, 388 397). Wenn auch vor allem im kaufmännischen Geschäftsverkehr eine solche vorbehaltlose Leistung trotz beiderseitiger Zweifel der Parteien über die Schuld nach Treu und Glauben als Verzicht auf eine Rückforderung zu deuten sein wird, so ist nach Auffassung des Senats der vorliegende Fall ebenfalls nach diesen Grundsätzen zu behandeln. 6. Obwohl die Beklagte zu 2) aufgrund der damaligen Tatsachenbehauptungen ihres Versicherungsnehmers und des durch Schadensgutachten belegten gravierenden Schadensbildes an dem Mercedes einen schuldhaften Verursachungsbeitrag des Klägers in Betracht gezogen hat, hat sie mit der Begründung, auch ihr Versicherungsnehmer sei unaufmerksam gewesen, eine hälftige Schadensverteilung vorgenommen. Dabei hat sie darauf verzichtet, ihre auf dieser Grundlage erbrachte Leistung als vorläufig zu bezeichnen oder unter den Vorbehalt zu stellen, dass die Regulierung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge. Im Gegenteil, sie hat dem Kläger gegen entsprechenden Nachweis die Erstattung angefallener Mehrwertsteueranteile zugesagt. Hiervon ausgehend hat die Beklagte zu 2) ihre Regulierungsleistung aus der Sicht eines verständigen Dritten bei dem objektiv bis dahin nicht weiter aufgeklärten Unfallgeschehen – möglicherweise zur Vermeidung der kostenintensiven unfallanalytischen Aufklärung und im Sinne einer zügigen Erledigung eines Massengeschäfts - unbedingt erbringen wollen, so dass Rückforderungsansprüche ausgeschlossen sind und nicht geltend gemacht werden können, nachdem das Ergebnis des gerichtlich eingeholten unfallanalytischen Gutachtens des Prof. T die Position der Beklagten gestärkt hat. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO. |
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(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger befuhr am 6. März 2008 mit seinem Pkw die Friedrichstraße in N.-I., um an der mit einer Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung nach links in die Frankfurter Straße abzubiegen. Der Beklagte zu 1 befuhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw die auf diese Kreuzung in Ge- genrichtung zuführende Wilhelmstraße. Er beabsichtigte, geradeaus in die Friedrichstraße weiterzufahren. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision beider Fahrzeuge, die jeweils auf der rechten Seite beschädigt wurden. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige schätzte den Wiederbeschaffungswert seines Pkw auf 7.300 € brutto und den Restwert auf 2.700 €. Der Kläger hat Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands von 4.600 € und der Sachverständigenkosten von 747,57 €, die Zahlung einer Kostenpauschale von 26 € und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr in Höhe von 2.988,02 € nebst Zinsen sowie hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Anwaltskosten stattgegeben. Es hat dem Kläger jeweils 50 % des mit 4.428,90 € errechneten Nettowiederbeschaffungsaufwands und der Kostenpauschale nebst Ummeldekosten von insgesamt 52 € zuerkannt und ihm einen Anspruch auf vollumfänglichen Ersatz der Sachverständigenkosten von 747,57 € zugebilligt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit sie zur Zahlung von mehr als 579,91 € nebst Zinsen und zur Erstattung vorgerichtlicher Kosten von mehr als 41,77 € nebst Zinsen verurteilt worden sind.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in SP 2011, 255 veröffentlicht ist, billigt dem Kläger gemäß § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte des ihm entstandenen Schadens zu. Sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1 hätten gegen Verkehrsvorschriften verstoßen. Der Kläger habe als Linksabbieger das Vorrecht des ihm entgegen- kommenden Beklagten zu 1 missachtet (§ 9 Abs. 3 StVO); der Beklagte zu 1 habe gegen § 37 Abs. 2 StVO verstoßen, indem er bei Gelb oder sogar bei Rot in die Kreuzung eingefahren sei. Da beide Sorgfaltspflichtverstöße gleich schwerwiegend seien, sei eine hälftige Haftungsteilung gerechtfertigt. Die Haftungsquote gelte für den zu ersetzenden Wiederbeschaffungsaufwand und die Kostenpauschale, nicht jedoch auch für die geltend gemachten Sachverständigenkosten. Diese seien vielmehr vollumfänglich zu ersetzen, weil es sich um Kosten handele, die in voller Höhe der Schadensfeststellung dienten. Eine Quotelung solcher Kosten könne nur in Betracht kommen, wenn der Geschädigte die Möglichkeit habe, ihr Entstehen entsprechend der späteren gerichtlichen Quotelung zu begrenzen, er mithin bei korrekter Einschätzung der Haftungsquote nicht auf einem Teil des Schadens sitzen bleibe. Dies sei ihm in der Praxis aber nicht möglich. Da der Geschädigte vielmehr immer den gesamten Fahrzeugschaden durch einen Gutachter ermitteln lassen müsse, seien die Sachverständigenkosten auch im Falle einer Haftungsteilung in vollem Umfang erforderliche Kosten der Schadensfeststellung. Da die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu uneinheitlich sei, werde die Revision zugelassen.
II.
- 3
- 1. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere uneingeschränkt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Urteils. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit (vgl. dazu Senatsurteil vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08, VersR 2010, 642 Rn. 11; BGH, Urteil vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351, 2352) entnehmen.
- 4
- 2. Die Revision ist begründet.
- 5
- a) Sie beanstandet mit Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, VersR 2006, 369 Rn. 16; vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 173/06, VersR 2008, 126 Rn. 16; vom 17. November 2009 - VI ZR 58/08, VersR 2010, 270 Rn. 11 und vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08, aaO Rn. 13, jeweils mwN; BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 139/96, NJW 2000, 217, 219 und vom 14. September 1999 - X ZR 89/97, NJW 2000, 280, 281 f.). Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten , d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 228/03, VersR 2005, 954, 956) Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (Senatsurteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, VersR 2011, 1540 Rn. 14 mwN); das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil nicht stand.
- 6
- b) Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht den Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1 als ebenso schwerwiegend bewertet hat wie denjenigen des Klägers. Eine solche Beurteilung berücksichtigt nicht in hinreichendem Maß das unterschiedliche Gewicht der beiderseitigen Verkehrsverstöße.
- 7
- aa) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 bei Rot in die Kreuzung eingefahren ist, sondern hält dies nur für möglich. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Lichtzeichenanlage für den Beklagten zu 1 noch nicht auf Rot umgesprungen war. Das Berufungsgericht hat allerdings festgestellt, dass der Beklagte zu 1 in die Kreuzung eingefahren ist, obwohl die Lichtzeichenanlage für ihn schon längere Zeit Gelb zeigte. Darin hat es mit Recht einen Verstoß gegen § 37 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 StVO gesehen, wonach das Wechsellichtzeichen Gelb an einer Kreuzung anordnet, auf das nächste Zeichen zu warten. Hiergegen hat der Beklagte zu 1 verstoßen, denn das Berufungsgericht nimmt an, dass er in die Kreuzung eingefahren ist, obwohl die Lichtzeichenanlage für ihn schon mehrere Sekunden lang Gelb zeigte. Im Hinblick darauf ist es davon ausgegangen , dass es ihm möglich gewesen wäre, seinen Pkw vor der Kreuzung anzuhalten , wozu er mithin auch verpflichtet gewesen wäre.
- 8
- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht diesen unfallursächlichen Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1 indessen als ebenso schwerwiegend bewertet wie das Verkehrsverhalten des Klägers. Letzterer ist an der Kreuzung nach links abgebogen, obwohl ihm erkennbar der von dem Beklagten zu 1 gelenkte Pkw entgegenkam. Damit hat der Kläger, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, gegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss, wer links abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Den Linksabbieger trifft mithin eine Wartepflicht. Deren Nichtbeachtung stellt nach ständiger Rechtsprechung einen besonders schwerwiegenden Verkehrsverstoß dar. Genügt ein Verkehrsteilnehmer dieser Wartepflicht nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 352/03, VersR 2005, 702 mwN). Der Linksabbieger muss den Vorrang des Gegenverkehrs grundsätzlich auch dann beachten, wenn dieser bei Gelb oder bei frühem Rot einfährt (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, Stand: 10. Januar 2010, § 14 Rn. 125). Selbst eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung des geradeaus Fahrenden hebt dessen Vorrecht nicht auf (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1984 - VI ZR 229/82, VersR 1984, 440; OLG Hamm, NZV 2001, 520). In Fallgestaltungen dieser Art wird allerdings je nach Gewichtung der beiderseitigen Verursachungsanteile unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände regelmäßig eine Mithaftung beider Unfallbeteiligter anzunehmen sein. Eine überwiegende Haftung des geradeaus Fahrenden als auch eine Haftungsquote von 50 % ist nur ausnahmsweise in besonders gelagerten Einzelfällen gerechtfertigt (vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 12. Aufl. Rn. 222 und Vorbemerkung vor Rn. 221). Eine Haftungsteilung je zur Hälfte ist in der Rechtsprechung teilweise bei einer Kollision zwischen dem wartepflichtigen Linksabbieger und einem entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer auf einer mit einer Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung etwa dann angenommen worden, wenn der entgegenkommende Unfallgegner in später Gelbphase oder beginnender Rotphase an anderen, auf einem parallelen Fahrstreifen bereits haltenden Fahrzeugen vorbei in den Kreuzungsbereich eingefahren ist (vgl. OLG Düsseldorf [Urteil vom 16. Oktober 1975 - 12 U 156/74] r+s 1976, 205; KG, VerkMitt 1984, 36 f.; OLG Hamm, VersR 90, 99). Um eine solche oder eine ähnlich zu bewertende Fallgestaltung handelt es sich vorliegend jedoch nicht.
- 9
- cc) Das Berufungsgericht hat abgesehen von dem Gelblichtverstoß des Beklagten zu 1 keine Besonderheiten festgestellt, die vorliegend ein Abweichen von dem allgemeinen Grundsatz rechtfertigen könnten, dass der Linksabbieger, der die ihn gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet, regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften hat. Im Hinblick darauf erweist sich die vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile als rechtsfehlerhaft. Bei dieser Sachlage kann die angeordnete Haftungsquote von 50 % keinen Bestand haben.
- 10
- c) Die Revision hat auch insoweit Erfolg, als sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht dem Kläger trotz Annahme einer Mithaftungsquote von 50 % einen Anspruch auf vollumfänglichen Ersatz der Sachverständigenkosten zugebilligt hat. Der in der Rechtsprechung und im Schrifttum vereinzelt vertretenen Auffassung, der Schädiger habe auch im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten zu 100 % zu erstatten, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.
- 11
- aa) Nach der außer vom Berufungsgericht insbesondere vom OLG Rostock (vgl. OLG Rostock DAR 2011, 263, 264 und NJW 2011, 1973 f. mit Anm. Balke, SVR 2011, 337 f. und Anm. Nugel, jurisPR-VerkR 10/2011 Anm. 2) im Anschluss an das AG Siegburg (vgl. AG Siegburg, NJW 2010, 2289 mit Anm. Poppe, jurisPR-VerkR 12/2010 Anm. 1; Winnefeld, DAR 1996, 75) und vereinzelten Stimmen in der Literatur (vgl. Poppe, DAR 2005, 669 f.; ders., jurisPR-VerkR 12/2010 Anm. 1; Kappus, DAR 2010, 727, 729; Janetz, SVR 2011, 213 f.) vertretenen Auffassung ist der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten nicht entsprechend der Verursachungsquote zu kürzen. Diese Kosten seien vielmehr in vollem Umfang erstattungsfähig, weil sie nur entstünden , wenn der Geschädigte seinen erstattungsfähigen Anteil des Gesamtschadens gegenüber dem Schädiger beziffern und belegen müsse; sie fielen überhaupt nicht an, wenn der Geschädigte den Unfall allein verursacht habe, und dienten ausschließlich dazu, den aufgrund der jeweiligen Haftungsquote erstattungsfähigen Anteil von dem Schädiger ersetzt zu bekommen. Auch könne hier nicht - anders als bei den Rechtsanwaltskosten - ein Anteil entsprechend den Schadensverursachungsbeiträgen errechnet werden, weil der Sachverständige seine Leistung insoweit nicht teilen könne.
- 12
- bb) Diese Auffassung ist abzulehnen, denn sie findet im Gesetz keine Stütze und ist mit den Grundsätzen des Schadensersatzrechts nicht vereinbar (vgl. OLG Düsseldorf, r+s 2011, 268 f. mit Anm. Balke, SVR 2011, 335 ff. und Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 11/2011 Anm. 3; OLG Celle, Urteil vom 24. August 2011 - 14 U 47/11, juris Rn. 26 ff. mit Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 23/2011 Anm. 3; vgl. auch LG Aurich, SP 2011, 281; AG Landshut, SP 2010, 404; Wortmann, NJW 2011, 3482, 3483 f.).
- 13
- (1) Wird ein Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt, hat der Schädiger dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Soweit zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs eine Begutachtung durch einen Sachverständigen erforderlich und zweckmäßig ist, gehören die Kosten eines vom Geschädigten eingeholten Schadensgutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen (vgl. Senatsurteile vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 und vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 11; BGH, Urteil vom 29. November 1988 - X ZR112/87, NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1973 - VI ZR 27/73, VersR 1974, 90, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt; vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84, VersR 1985, 441, 442; vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03, aaO und vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 11; Wortmann, VersR 1998, 1204, 1210 f.). Unter beiden Gesichtspunkten sind diese Kosten grundsätzlich in vollem Umfang erstattungsfähig.
- 14
- (2) Ist der geschädigte Fahrzeughalter in erheblicher Weise für den Schaden mitverantwortlich, so führt dies nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG allerdings zu einer Beschränkung von Grund und Umfang des Schadensersatzanspruchs. Die Bestimmung statuiert - ebenso wie § 254 Abs. 1 BGB, § 9 StVG und § 4 HaftPflG - eine Ausnahme von dem Grundsatz der Totalreparation (Alles -oder-Nichts-Prinzip des Schadensersatzrechts). Sie hat zur Folge, dass auch der Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Sachverständigengutachtens nur ungeschmälert fortbestehen kann, wenn sich aus "den Umständen", insbesondere aus der Feststellung, "inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist" (§ 17 Abs. 1 StVG) ein solches Ergebnis rechtfertigen lässt (OLG Düsseldorf, aaO).
- 15
- (3) Aus den "Umständen", insbesondere den Verursachungsbeiträgen, ergibt sich eine solche Rechtfertigung hier nicht. Auch die Kosten des Sachverständigengutachtens sind durch den Unfall verursacht, denn ohne die Unfallbeteiligung des Geschädigten wäre es dazu nicht gekommen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dient die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht allein dem Nachweis des vom Schädiger zu tragenden Schadensanteils. Sie liegt auch im eigenen Interesse des Geschädigten, weil das Gutachten ihm Gewissheit über das Ausmaß des Schadens und die von ihm zu tragenden Kosten verschafft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen zur Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltskosten, denn bei dieser Schadensposition handelt es sich um eine Nebenforderung, deren Höhe sich erst bestimmen lässt, wenn die Hauptforderung konkretisiert ist. Das trifft auf Sachverständigenkosten nicht zu, denn diese sind, wie oben ausgeführt, dem Sachschaden zuzurechnen und damit auch Bestandteil der Hauptforderung (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, aaO Rn. 10 ff.; OLG Düsseldorf, aaO). Zudem hängt ihre Höhe nicht in gesetzlich bestimmter Weise vom Umfang des übrigen Schadens ab. Während bei den Anwaltskosten eine Berücksichtigung der Mitverantwortung des Geschädigten nicht durch eine Quotelung der Kosten, sondern durch eine Quotelung des Streitwerts erfolgt, der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren bestimmt, kennt das für den Ersatz von Sachverständigenkosten maßgebende Schadensersatzrecht eine solche Differenzierungsmöglichkeit nicht. Hier kann die Mitverantwortung des Geschädigten für die Schadensentstehung nicht anders als durch eine Quotelung dieser Kosten Berücksichtigung finden (OLG Düsseldorf, aaO). Einer solchen Quotelung steht auch die sogenannte Differenzhypothese nicht entgegen, wonach die Frage, ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen , die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 2011 - VI ZR 325/09, BGHZ 188, 78 Rn. 8 und vom 15. November 2011 - VI ZR 4/11, z.V.b., jeweils mwN), denn diese Grundsätze betreffen allein die Frage der Schadenshöhe, nicht die Frage der Haftungsverteilung (OLG Düsseldorf, aaO; a.A.: AG Siegburg, aaO; Poppe DAR 2005, 669). Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten mithin im Umfang der Haftungsquote zu erstatten (vgl. auch OLG Hamm DAR 2012, 20; OLG München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 10 U 3379/09, juris Rn. 24 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2011, 464, 465).
- 16
- 3. Das angefochtene Urteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zu Ziffer II. 2. über die Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1 StVG erneut zu befinden haben. Galke Zoll Pauge Stöhr von Pentz
LG Darmstadt, Entscheidung vom 03.03.2009 - 27 O 259/08 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 05.04.2011 - 22 U 67/09 -
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht,
- 1.
wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder - 2.
für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.
(1a) Ist an der Einmündung in einen Kreisverkehr Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.
(2) Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.01.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (2 O 364/13) unter Klageabweisung und Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner weitere 10.993,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2013 zu zahlen sowie den Kläger von vorgerichtlichen weiteren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 156,00 Euro freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegen die Beklagten vollen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 18.06.2013 gegen 17:12 h auf dem an der BAB 44 auf Höhe Km 88,5 gelegenen Rastplatz Eringerfeld in Geseke ereignet hat. Der Angestellte des Klägers, Herr T, befuhr mit dem Lastzug des Klägers einen im weiteren Verlauf zur Auffahrt zur BAB führenden Zufahrtsweg, an den rechtsseitig ca. 18 schräg angeordnete LKW-Stellplätze angrenzen, von denen die Einfahrt in die Zufahrtstraße möglich ist. Auf dem letzten Stellplatz führte der Beklagte zu 2) mit dem Lastzug der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Beklagten zu 1) Rangierbewegungen durch. Dabei kam es im Bereich der rechten Fahrspur der Zufahrtstraße zur Kollision beider Lastzüge. Die Beklagte zu 3) hat vorprozessual auf der Grundlage einer 50%igen Haftung unter Kürzung einzelner Schadenspositionen hinsichtlich des Fahrzeugsachschadens die von dem Kläger geltend gemachten Forderungen reguliert.
4Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs.1 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt, hat das Landgericht auf der Grundlage einer hälftigen Haftung dem Kläger einen weiteren Betrag von 1.295,46 € nebst Zinsen zuerkannt und die Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 52,- € verurteilt. Nach Ansicht des Landgerichts sei der Unfall in gleichem Ausmaß von den Beteiligten verursacht worden. Die von dem Fahrer des klägerischen Lastzugs befahrene Zufahrtsstraße diene nicht dem fließenden Verkehr und vermittle gegenüber dem aus dem Stellplatz anfahrenden Beklagten zu 2) kein Vorfahrtsrecht. Zudem sei der Fahrer T mit den in der Klageschrift angegebenen ca. 40 km/h zu schnell unterwegs gewesen, da er jederzeit mit ausparkenden Fahrzeugen habe rechnen müssen.
5Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser auf der Grundlage einer 100%igen Haftung der Beklagten Ausgleich des restlichen Schadens verlangt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts, und durch die vorgelegten Lichtbilder belegt, handele es sich bei der von dem Fahrer T befahrenen Fahrbahn um eine dem fließenden Verkehr dienende Straße, auf der der Zeuge T gegenüber dem aus der rechts gelegenen Parkbox einfahrenden Beklagten zu 2) die Vorfahrt zugestanden habe.
6Ein Mitverschulden des Zeugen T an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls liege nicht vor. Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil von mindestens 40 km/h ausgehe, sei dies nicht bewiesen. Die Auswertung des Fahrtenschreibers habe nichts ergeben.
7Der Kläger beantragt,
8das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 10.993,28 € nebst Zinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz s.d. 10.08.2013 zu zahlen,
9sowie ihn von weiteren 651,80 € vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.
10Die Beklagten beantragen,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
13II.
14Die Berufung des Klägers hat in der Hauptsache überwiegend Erfolg. Abstriche waren lediglich hinsichtlich des Zinsforderung und der Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorzunehmen.
15Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.993,28 € gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 823 Abs. 1 BGB zu. Denn die Beklagten haften dem Kläger in vollem Umfang auf Ersatz der diesem durch den Verkehrsunfall entstandenen Schäden.
16A.
17Unzweifelhaft hat sich der Unfall beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. „Idealfahrers“ (König in: Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl., § 17 StVG Rn. 22). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher die Kollision verhindert hätte.
18Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, NJW 2012, 1953).
19B.
20I.
211.
22Die Beklagten müssen sich neben der von dem Lastzug des Beklagten zu 1) ausgehenden Betriebsgefahr nach Anscheinsbeweisgrundsätzen ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 2) wegen Verstoßes gegen § 10 StVO anrechnen lassen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der von anderen Straßenteilen oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so verhalten, dass jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
232.
24Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem - wie hier - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar (OLG Frankfurt, ZfSch 2010, 19; Scheidler, DAR 2012, 313, 314); Senat, NJW-RR 2013, 33). Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ein- und Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In diesen Fällen sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten deshalb (verglichen mit den Pflichten aus §§ 9, 10 StVO) erhöht und einander angenähert. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des „fließenden“ Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es nicht (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. § 8 StVO Rn. 31 a). Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum sein wird. Vielmehr wird hier - anders als im fließenden Verkehr - regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr zu berücksichtigen sein (Scheidler, DAR 2012, 313, 316).
25Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Handelt es sich bei einer bzw. mehreren der Zufahrtswege um eine gegenüber den Durchfahrtsgassen zwischen den Parkplätzen nochmals baulich größer und breiter ausgestalteten Zufahrtsstraße, so kann § 10 StVO, ob unmittelbar oder analog zur Anwendung kommen (KG, B.v. 12.10.2009 – 12 U 233/08 -, juris, vgl. hierzu auch OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. Juli 2006 – 10 U 28/06 – VerkMitt 2007, Nr. 43, OLG Düsseldorf, U.v. 23.10.2010 – 1 U 156/09 -, juris, LG Bremen, U.v. 20.06.2013 – 7 O 485/12 -.).
263.
27Hiervon ausgehend hat die nördlich parallel zur BAB 44 verlaufende Zufahrtsstraße, auf der sich der Unfall ereignet hat, Straßencharakter. Bereits der bauliche Ausbau belegt den Straßencharakter. Die Zuwegung ist zweispurig ausgebaut und durch einen Mittelstreifen gekennzeichnet. Dem Straßencharakter steht nicht entgegen, dass rechtsseitig die Parkplätze für Lastkraftwagen schräg angeordnet an die Zufahrtsstraße angrenzen. Das rechtfertigt nicht die Einordnung als eine dem Parkplatz suchenden Verkehr dienende Zufahrtsstraße. Zum einen ist diese Fläche im Gegensatz zur asphaltierten Fahrbahn in roten Verbundsteinen ausgeführt und damit optisch von dem Randbereich abgegrenzt. Von maßgeblicher Bedeutung ist darüber hinaus, dass aufgrund der baulichen Gestaltung der Benutzer der zweispurigen Fahrbahn allenfalls mit einfahrendem, den Parkplatz verlassenden LKW - Verkehr und nicht mit Parkplatz suchendem LKW - Verkehr rechnen muss. Die Zufahrtsstraßen auf dem Parkplatz sind so angeordnet, dass der auf den Parkplatz einfahrende LKW - Verkehr die mittlere Zufahrtsstraße nehmen muss, um von dieser aus nach schräg links in die Parkbucht einzufahren. Diese verlässt er anschließend vorwärts über die nördlich gelegene Zufahrt. Damit ist faktisch ein Ringstraßensystem in Form einer Einbahnstraße geschaffen worden. Danach stellt sich das Einfahren in die nördliche Zufahrtsstraße als das Anfahren von einem seitlich gelegenen Parkplatz in eine dem fließenden Verkehr dienende Fahrbahn dar.
28Den Entlastungsbeweis haben die Beklagten nicht führen können. Zwar hat der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass er sich vor der Einfahrt in den rechten Fahrstreifen durch einen Blick nach links darüber vergewissert habe, dass sich kein Verkehr auf der Zufahrtstraße näherte. Er habe bereits 5 bis 10 Sekunden in der Fahrspur gestanden, als der Fahrer des klägerischen Lastzuges, Herr T, in seinen Lastzug hineingefahren sei. Die Unfallschilderung des Beklagten zu 2) vermag den Senat nicht zu überzeugen und ist auch unter ergänzender Berücksichtigung der vorhandenen Lichtbilder nicht geeignet, einen anderen Geschehensablauf als bewiesen anzusehen.
29Die Lichtbilder in dem Anlagenband zur Klageschrift zeigen die Endstellung der verunfallten Lastzüge. Der LKW des Beklagten zu 2) ist ca. bis auf 75 cm an den die beiden Fahrbahnen trennenden Mittelstreifen herangefahren. Hätte der Beklagte zu 2) in dieser Position bereits mindestens 5 Sekunden unverändert gestanden, so bedeutete dies, dass der Fahrer T beim Befahren der über mehr als 100 m frei überschaubaren Durchfahrtsgasse in höchstem Maße unaufmerksam gewesen sein müsste, um erst im letzten Moment ein Ausweichmanöver einzuleiten, wie es die in den Lichtbildern dokumentierte Endstellung wiedergibt. Dieser – nicht unter Beweis gestellten - Unfallschilderung kommt jedenfalls keine höhere Glaubhaftigkeit als der des Klägers zu, so dass der gegen den Beklagten zu 2) sprechende Anscheinsbeweis nicht erschüttert ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 2) seinerseits uneingeschränkte Sicht auf den auf der Durchfahrtsgasse von links herannahenden Verkehr hatte, so dass nicht plausibel ist, warum der Beklagte zu 2) den aus dem in etwa 80 Meter entfernt gelegenen ersten Stellplatz auf die Durchfahrtsgasse eingefahrenen LKW des Klägers während seines gesamten Rangiermanövers nicht bemerkt haben will. Ausweislich der Feststellungen der den Unfall aufnehmenden Beamten ist es schließlich so gewesen, dass der Beklagte zu 2) mit seinem LKW gegen den vorbeifahrenden LKW des Herrn T gefahren ist.
30II.
31Ein Verschulden des Fahrers des klägerischen LKWs, des Herrn T, ist nicht festzustellen.
321.
33Das Landgericht wirft dem Herrn T vor, gegen die allgemeinen Pflichten aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen zu haben, weil er die rechte Fahrspur nicht mit Schrittgeschwindigkeit und stetiger Bremsbereitschaft befahren habe. Hierzu sei er verpflichtet gewesen, weil er damit habe rechnen müssen, dass LKW unvermittelt auf die Zufahrtsstraße einfahren könnten. Das gelte unter Berufung auf OLG Frankfurt, NZV 2001, 36 selbst dann, wenn der Zufahrtsstraße Straßencharakter zukäme.
342.
35In der Sache dürfte nicht § 1 Abs. 2 StVO, sondern § 3 Abs. 1 S. 2 StVO einschlägig sein. Nach dieser Vorschrift hat der Fahrzeugführer seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßenverkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Anders als in der zitierten Entscheidung, in der es um einen belebten Parkplatz in einem Einkaufszentrum ging, sind hier andere Umstände prägend. Es handelt sich vorliegend um einen Autobahnparkplatz im Bereich der LKW-Standplätze. Mit erwähnenswertem Fußgängerverkehr ist bei ca. 18 Stellplätzen nicht zu rechnen. Insassen geparkter Personenkraftwagen sind nicht zu erwarten, weil deren Parkplätze weiter südlich liegen. Mit Suchverkehr ist auf der Durchfahrtstrasse nicht zu rechnen. Dass der Parkplatz in der konkreten Situation überfüllt war, so dass die LKWs auch außerhalb der eingezeichneten Stellplätze standen, ist nicht vorgetragen. Daher stellte sich die Situation für den herannahenden, aber auch den ausparkenden LKW-Fahrer sehr wohl als überschaubar dar. Für beide waren die Sichtverhältnisse über mehr als 100 m uneingeschränkt. Aus den vorgelagerten Parkboxen auf die Zufahrtstraße einbiegende LKW beschleunigen entsprechend langsam, so dass sich jeder weitere LKW Fahrer darauf einstellen kann.
36Gesicherte Feststellungen zur Geschwindigkeit des klägerischen LKW lassen sich nicht treffen. Unzutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass Herr T mindestens 40 km/h gefahren ist. In der Klageschrift heißt es, dass die Geschwindigkeit des klägerischen LKW ca. 40 km/h betragen habe. Dabei geht der Vortrag davon aus, dass Herr T nach dem Einfahren auf die Zufahrtsstraße 400 m zurückgelegt hat. Das Luftbild, Bl. 110 d.A., belegt, dass die zurückgelegte Strecke nur 80 m beträgt. Ob der LKW innerhalb dieser Strecke auf 40 km/h beschleunigen konnte oder nicht, ist aus Sicht des Senats unerheblich. Denn auch eine Geschwindigkeit von ca. 40 km/h ist angesichts der Örtlichkeiten – insbesondere der guten Sichtverhältnisse für den Beklagten zu 2) - nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei der Zufahrtsstraße nicht um eine Beschleunigungsspur, die übergangslos in den Beschleunigungsstreifen der BAB 44 übergeht. Angesichts der Schwerfälligkeit eines LKW ist es aber nicht zu beanstanden, wenn dessen Fahrer die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs bereits in diesem Bereich maßvoll erhöht, damit er bei Auffahren auf die BAB nicht so langsam ist, dass er verkehrsgefährdend wirkt.
373.
38Eine unter § 1 Abs. 2 StVO zu fassende schuldhafte Reaktionsverzögerung des Herrn T lässt sich nicht feststellen. Das beantragte Sachverständigengutachten entbehrt der erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Dass der Beklagte zu 2) mit weniger als Schritttempo in die Zufahrtsstraße eingefahren und deshalb frühzeitig zu sehen gewesen sei, können die Beklagten nicht beweisen. Dass Herr T auf den LKW des Beklagten zu 2) reagiert hat, zeigt die Endstellung der Fahrzeuge. Das Zugfahrzeug des Klägers ist nach links ausgewichen. Im Übrigen zeigen die Lichtbilder in der Anlage zur Klageschrift, dass Herr T nicht weit von der Kollisionsstelle zum Stehen gekommen ist.
394.
40Dem Fahrer des klägerischen LKW ist auch nicht vorzuwerfen, dass er den rechten, und nicht den linken Fahrstreifen benutzt hat. Herr T hat sich an § 2 Abs. 2 StVO gehalten, als er den rechten Fahrstreifen gewählt hat. Er hätte den linken Fahrstreifen wählen dürfen, wenn es die Verkehrslage rechtfertigte, § 7 Abs. 1 StVO. Eine dahingehende Verpflichtung bestand vorliegend keinesfalls.
415.
42Angesichts des schwerwiegenden Verschuldens des Beklagten zu 2) ist es aus Sicht des Senats gerechtfertigt, die von dem LKW des Klägers ausgehende Betriebsgefahr im Rahmen der nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge unberücksichtigt zu lassen mit der Folge, dass die Beklagten dem Kläger in vollem Umfang für die diesem entstandenen unfallbedingten Schäden einzustehen haben.
43III.
441.
45Im Rahmen des Fahrzeugschadens sind die Verbringungskosten nach der Rechtsprechung des Senats auch bei fiktiver Abrechnung zu ersetzen, wenn sie bei Durchführung der Reparatur entstehen. Die übrigen Einwände der Beklagten zum Fahrzeugsachschaden hat das Landgericht bereits zutreffend behandelt, sodass insoweit verwiesen werden kann. Danach ergibt sich ein Fahrzeugsachschaden von 20.526,36 €. Nachdem das Landgericht hierauf nach der vorprozessualen Zahlung weitere 1.295,46 € zuerkannt hat, verbleiben die beantragten 10.993,28 €.
462.
47Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger Freistellung in Höhe weiterer 156,- € verlangen.
48Eine Gebühr nach einem Gegenstandswert von bis zu 22.000,- € beträgt 646,- € nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des RVG. Die 1,3 fache Gebühr beträgt 839,80 € zzgl. 20,- Pauschale = 859,80 €. Mehrwertsteuer kann der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger nicht verlangen. Hierauf hat die Beklagte zu 3) ausweislich ihres Abrechnungsschreibens v. 13.08.2013 den Betrag von 651,80 € gezahlt. Danach verbleiben noch 208,- € offen, hinsichtlich derer der Kläger von den Beklagten Freistellung verlangen kann. Unter Berücksichtigung des bereits vom Landgericht zuerkannten Betrages stehen weitere 156,- € offen.
49Soweit der Kläger über die bereits gezahlten 651,80 € weitere 703,80 € abzgl. zuerkannter 52,- € beansprucht, berücksichtigt er dabei nicht, dass der Kläger vorprozessual den Gesamtbetrag einschließlich Sachverständigenkosten und Pauschale geltend gemacht. Es handelt sich daher um eine Angelegenheit, auf die die geleisteten Zahlungen der Beklagten zu 3) iHv 651,80 € anzurechnen sind. Der Kläger kann nicht die Angelegenheit in eine Gebührensache vor und eine nach der Teilzahlung aufspalten.
503.
51Der Zinsanspruch ist aus Verzug, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB ab dem 13.08.2013, dem Tag des Zugangs des Abrechnungsschreibens mit dem die Beklagte zu 3) weitere Ansprüche abgelehnt hat, begründet.
524.
53Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 92 Abs. 2, 708 Nr.10, 713 ZPO
545.
55Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.
(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht,
- 1.
wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder - 2.
für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.
(1a) Ist an der Einmündung in einen Kreisverkehr Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.
(2) Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.
(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.
(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.
(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen
- 1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h, - 2.
außerhalb geschlossener Ortschaften - a)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen, - bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger, - cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie - dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
- b)
für - aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, - bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie - cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
- c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t 100 km/h. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.
(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.