Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 22. Dez. 2014 - 9 U 105/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das am 18.06.2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hagen (Az: 8 O 55/14) wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte und Berufungsklägerin.
Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf bis zu 600 € festgesetzt.
Der Streitwert für die erste Instanz wird – unter Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung – auf 1.000,-- EUR festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung zur Unterlassung der Zusendung von E-Mail-Werbung an die Klägerin
4als eine nicht zur Beklagten in einem Wettbewerbsverhältnis stehende Gewerbetreibende.
5Anlass war der einmalige Erhalt einer Werbe-E-Mail durch die Klägerin, deren Versendung die Beklagte in Abrede gestellt hat.
6II.
7Die Berufung der Beklagten war gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Denn die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht erreicht. Maßgebend für den Wert des Beschwerdegegenstandes ist das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, wobei eine wirtschaftliche Betrachtung geboten ist (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 511 Rn. 13).
8Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es keinen nennenswerten Aufwand erfordert, ein Unterlassungsurteil betreffend unverlangter Werbung per E-Mail durch Löschen der Daten der klagenden Person und durch Aufnahme der E-Mail-Adresse in eine Liste der für den Versand von Werbung gesperrten E-Mail-Adressen umzusetzen, so dass die Beschwer der zur Unterlassung von E-Mail-Werbung verurteilten Partei unter € 600,– liegt (vgl. BGH, MMR 2013, 169).
9Die Berufungssumme ist auch nicht wegen der Verurteilung zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 480,20 € erreicht, da diese als Nebenforderung geltend gemacht wurden.
10III.
11Die Entscheidung über die Kosten der Berufung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
12IV.
13Gem. § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG war der Streitwert für die erste Instanz unter Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auf 1.000,-- EUR festzusetzen.
14Bei der Bemessung des Streitwerts gemäß § 3 ZPO ist das Unterlassungsinteresse der Klägerin und somit ihre aufgrund des beanstandeten Verhaltens zu besorgende wirtschaftliche Beeinträchtigung zu berücksichtigen (OLG Hamm, NJOZ 2012, 1502).
15Dementsprechend ist bei auf Unterlassung unerwünschter E-Mail- oder Fax-Werbung gerichteten Klagen von Gewerbetreibenden, die nicht in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, ein Streitwert von 1.000 € bei nur einer einzigen versendeten E-mail ausreichend (vgl. Senat, Beschluss vom 11. 4. 2013 – I-9 W 23/13, NJW-RR 2013, 1023, 1024). Mit diesem Betrag ist das Interesse der Klägerin, von E-Mail-Werbung der Beklagten verschont zu bleiben, hinreichend berücksichtigt. Insoweit ist zu sehen, dass die Festlegung von Streitwerten nicht etwa der Generalprävention zu dienen bestimmt ist, indem etwa eine Abschreckungswirkung geschaffen würde durch Erreichung möglichst hoher Gerichts- und Anwaltskosten. Der Streitwert wegen unerwünschter E-Mail-Werbung hat sich auch nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung zu orientieren, sondern an dem Interesse des Klägers im Einzelfall, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden (BGH, Beschluss vom 30.11.2004 - VI ZR 65/04, BeckRS 2004, 12785). Auch ist ein gewisses „Abstandsgebot“ zum Streitwert in Fällen körperlicher Belästigungen, Stalking usw., zu wahren (OLG Hamm, Urteil vom 17.10.2013 - 6 U 95/13, BeckRS 2013, 20364).
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, der die Beklagte, die mit Mode handelt, in den Vorinstanzen erfolgreich wegen unaufgefordert versandter E-Mail-Werbung in Anspruch genommen hat, wendet sich mit seiner Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Streitwertes des Revisionsverfahrens auf 3.000 € im Senatsbeschluß vom 28. Juni 2004, in welchem die Beklagte, nachdem sie die Revision gegen das am 11. September 2003 verkündete Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin zurückgenommen hatte, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt worden ist. Der Senat ist bei seiner Streitwertfestsetzung einem entsprechenden Beschluß des Kammergerichts vom 11. September 2003 gefolgt, dem der Kläger bislang nicht entgegengetreten war. Nunmehr meint der Kläger, der sich selbst vertreten hat und für sich ein eigenes Kosteninteresse im Sinne des § 10 BRAGO reklamiert, der Streitwert sei im Hinblick auf im vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren, in anderen Entscheidungen des Kammergerichts und weiterer Instanzgerichtehöher festgesetzte Streitwerte zu niedrig, weil der volkswirtschaftliche Gesamtschaden durch unerlaubte E-Mail-Werbung dabei nicht hinreichend berücksichtigt werde. Dieser Auffassung vermag der erkennende Senat nicht beizutreten, da sich die Streitwertfestsetzung im vorliegenden Fall nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung orientiert, sondern an dem Interesse des Klägers im Einzelfall, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden. Diese Belästigung hat das Kammergericht in tatrichterlicher Würdigung als "verhältnismäßig geringfügig" bezeichnet. Hiermit korrespondiert der im Senatsbeschluß vom 28. Juni 2004 auf 3.000 € festgesetzte Streitwert.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1. gegen das am 22.04.2013 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin zu 2/3, dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft im Zusammenhang mit der Zusendung einer Werbe-E-Mail geltend.
4Die Beklagte zu 1. ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2., eine GmbH, deren Komplementärin, die Beklagte zu 3. die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2.
5Die Beklagte zu 1. übersandte einer ihrer Kundinnen über die E-Mail-Adresse [email protected], bis sie die Kontaktdaten dieser Kundin im Jahre 2006 dem Datenbestand passiver Kunden zuordnete, zu denen keine Werbekontakte mehr aufgenommen werden. Nachdem diese Kundin in der Folgezeit ihre E-Mail-Adresse aufgegeben hatte, wies die Deutsche Telekom diese E-Mail-Adresse der Klägerin zu. Nachfolgend wurden die Kontaktdaten der vorerwähnten Kundin aufgrund eines Programmierfehlers wieder dem Bestand aktiver Kunden zugewiesen.
6Am 23.8.2012 um 20.20 Uhr erhielt die Klägerin unter der genannten E-Mail-Adresse eine E-Mail der Beklagten zu 1., in der diese für auf der Internetseite N-Q-.de angebotene Ware warb. Die Klägerin ließ die Beklagte zu 1. daraufhin mit anwaltlichem Schreiben abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung von 627,13 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Fristsetzung bis zum 14.9.2012 auffordern. Die Beklagten löschten daraufhin "physisch" die gespeicherten Daten der Klägerin. Eine darüber hinausgehende Reaktion erfolgte nicht.
7Die Klägerin hat beantragt,
81. a) es der Beklagtenseite bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft für die Beklagten zu 1. und 2. an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit der Klägerin zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass ihre ausdrückliche Einwilligung vorliegt;
9b) die Beklagtenseite zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, welche Daten zu ihrer Person bei ihrem Unternehmen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt wird und an welche Personen oder Stellen diese Daten übermittelt wurden bzw. werden;
105. die Beklagtenseite zu verurteilen, an sie die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren (1,5 Gesch.-geb. Nr. 2300 VV RVG, Postpauschale Nr. 7002 VV RVG und USt) aus dem endgültig festgesetzten Streitwert zu bezahlen;
116. die Beklagtenseite zu verurteilen, den von ihr – der Klägerseite – verauslagten Gerichtskostenvorschuss ab Eingang bei Gericht mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. zu verzinsen.
12Die Beklagten haben beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zu 1. auf Unterlassung der Aufnahme eines geschäftlichen Kontaktes per E-Mail zu Werbezwecken sowie zur Auskunftserteilung verurteilt. Hinsichtlich der Beklagten zu 2. und 3. hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
15Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und verfolgt ihre erstinstanzlich gestellten Anträge mit einer geringfügigen Einschränkung (vorgerichtliche Anwaltskosten: nur noch 1,3-facher Satz) weiter. Die Klägerin meint, dass auch die Komplementärin und ihre Geschäftsführerin für die Zusendung der E-Mail verantwortlich seien.
16Die Beklagte zu 1. hat ihrerseits gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt und begehrt vollständige Klageabweisung.
17Die Klägerin ist sie der Auffassung, die Berufung der Beklagten zu 1. sei nicht zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige.
18II.
19Beide Berufungen sind unzulässig, weil der jeweilige Wert des Beschwerdegegenstandes in beiden Fällen 600 € nicht übersteigt, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
201.
21Die Beschwer der Klägerin durch die Abweisung der Klage gegen die Beklagten 2. und 3. ist äußert gering; der Senat hat sie mit ingesamt 300 € bewertet (Unterlassungsanspruch 2 x 100 €, Auskunftsanspruch 2 x 50 €).
22a)
23Die Ansichten zur richtigen Bewertung eines Unterlassungsanspruchs im Hinblick auf die Zusendung ungebetener E-Mails sind uneinheitlich.
24Während einige Gerichte die Zusendung von E-Mails lediglich mit dreistelligen Werten ansetzen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2008, 262: 500 € bei einstweiliger Verfügung; KG, JurBüro 2002, 371: 350 € bei einmaliger Zusendung, einstweiliges Verfügungsverfahren; OLG Rostock, Beschluss vom 13.10.208, 5 W 147/08: 300 € bei Telefaxwerbung als Irrläufer, einstweiliges Verfügungsverfahren), gibt es andere Gerichte, die mehrere tausend Euro für angemessen halten. Allerdings betreffen die letztgenannten Entscheidungen - soweit ersichtlich - stets den gewerblichen Bereich und nicht - wie hier - den privaten Bereich (z.B. BGH, VI ZR 65/04, Beschluss vom 30.11.2004, juris: 3.000 €; OLG Koblenz, MDR 2007, 356: 10.000 €, in beiden Fällen bei Versendung an ein RA-Büro, vgl. auch die von der Klägerin angeführten Entscheidungen). Zum Teil wird zur Begründung angeführt, es müsse auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden (z.B. OLG Schleswig, JurBüro 2009, 256, wohl auch KG, Beschluss vom 27.2.2007, 21 W 7/07 [nicht veröffentlicht], zit. nach OLG Schleswig, aaO.).
25Den letztgenannten Ansatz teilt der Senat nicht. Mit diesem Argument müsste man den Streitwert etwa in Fällen körperlicher Belästigungen, Stalking usw., exorbitant in die Höhe treiben, wenn die Streitwerthöhe als Abschreckungsinstrument dienen soll. Auch der BGH hat diesem Argument eine Absage erteilt (Beschluss vom 30.11.2004, VI ZR 65/04, juris). Danach hat sich der Streitwert (für ein Revisionsverfahren) wegen unerwünschter E-Mail-Werbung nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung zu orientieren, sondern an dem Interesse des Klägers (dort eines Rechtsanwalts) im Einzelfall, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden.
26Bei der Wertfestsetzung in Fällen der vorliegenden Art muss ein deutlicher Abstand gewahrt werden zu deutlich schwerwiegenderen Fällen, in denen Unterlassung begehrt wird, etwa in Stalking-Fällen, in denen es um ganz andere Formen von Belästigungen bis hin zu echten Verfolgungszuständen und -ängsten geht, die häufig mit dem Auffangwert von früher 4.000 €, jetzt 5.000 € (§ 52 Abs. 2 GKG), bewertet werden (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort „Stalking“ m.w.N.) und deshalb erstinstanzlich meist vor den Amtsgerichten verhandelt werden.
27Der Senat hat sich bei der Bemessung der Beschwer im vorliegenden Fall an einer Entscheidung des BGH vom 9.7.2004 (V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219) orientiert. In dieser Entscheidung hatte der BGH das Interesse der Kläger an der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Einwurfs von Werbematerial mit 75 € nicht beanstandet und hierzu ausgeführt, das Unterlassungsinteresse der Kläger sei bei einem singulären Vorfall ohne erkennbare Weiterungen kaum messbar.
28Ebenso verhält es sich hier. Auch im vorliegenden Falle handelt es sich um einen singulären Vorfall, der auf einem Irrtum beruhte und dessen Wiederholung durch die unstreitige "physische Löschung" der E-Mail-Adresse der Klägerin äußerst unwahrscheinlich geworden ist; präventive Gesichtspunkte können in einem solchen Fall bei der Streitwertfestsetzung gänzlich zurücktreten (ebenso OLG Rostock, aaO.). Zudem ist das Löschen einer einzelnen unerbetenen E-Mail mit einem einzigen Mausklick erledigt und bedarf nur Bruchteile von Sekunden, verursacht also noch weniger Aufwand als die Entsorgung unerbetener Werbung im Briefkasten, die manuell entnommen und anschließend entsorgt werden muss. Auch führt es - anders als bei unerbetenen Faxen - zu keinem Materialverbrauch auf Empfängerseite (zu diesem Gesichtspunkt ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2013, 1023). Schließlich kommt im vorliegenden Fall noch hinzu, dass die Beklagte zu 1., der diese Werbe-E-Mail als werbendes Unternehmen in erster Linie zuzurechnen ist, bereits zur Unterlassung verurteilt ist und ein tatsächliches Bedürfnis zu einer zusätzlichen Verurteilung der Beklagten zu 2. und 3. kaum zu erkennen ist (für unterschiedliche Bewertung bei Klage gegen Gesellschaft und Organ auch KG, JurBüro 2011, 90 [nur Leitsatz]).
29b)
30Das Interesse der Klägerin an einer Verurteilung der Beklagten zu 2) und 3) zur Auskunft ist kaum erkennbar, da diese als Organe der Beklagten zu 1) bereits durch die Verurteilung der Beklagten zu 1) zum Handeln gezwungen werden können; die Verhängung von Zwangshaft nach § 888 ZPO träfe die Beklagte zu 3) in Person als handelndes Organ der Beklagten zu 1). Der Senat hat dieses Interesse daher mit jeweils 50 € bewertet.
312.
32Die Beschwer der Beklagten zu 1. aufgrund des landgerichtlichen Urteils ist – worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – zu bemessen aus dem Nachteil, der sich aus der Befolgung der Unterlassungspflicht ergibt (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 549; GRUR 2013, 1067; Zöller-Herget, aaO., Stichwort „Unterlassung“).
33a)
34Der Senat bewertet die Beschwer der Beklagten zu 1) durch die Verurteilung zur Unterlassung der Zusendung weiterer Werbe-E-Mails mit 50 €.
35Als Belastung aus der Verurteilung zur Unterlassung kommen zwei Gesichtspunkte in Betracht:
36(1) Zum einen kommt eine Belastung der Beklagten zu 1) dadurch in Betracht, dass sie in Zukunft sicherstellen muss, dass keine E-Mails mehr an die Klägerin versendet werden. Diese Belastung besteht in dem Aufwand und den Kosten für eine zuverlässige Löschung der E-Mail-Adresse der Klägerin aus ihrem Datenbestand (KG, MMR 2007, 386, juris, Rdn. 10). Dieser Aufwand und die damit verbundenen Kosten der Löschung einer einzigen E-Mail-Adresse dürften äußerst gering sein (ebenso KG, aaO.). Nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten war die E-Mail-Adresse der Klägerin zudem bereits bei Einlegung der Berufung unwiderbringlich ("physisch") gelöscht. Deshalb ergibt sich für die Beklagte zu 1) keine messbare Belastung.
37(2) Zum anderen ist der Verlust der Möglichkeit zu bewerten, Werbe-E-Mails an die Klägerin zu versenden. Es deutet allerdings nichts darauf hin, dass die Klägerin überhaupt als Kundin der Beklagten zu 1), die Musikinstrumente vertreibt, in Betracht kommt. Vielmehr ist sie nur versehentlich nach einem Wechsel der E-Mail-Adresse kontaktiert worden. Der wirtschaftliche Verlust dürfte daher ebenfalls kaum messbar sein.
38b)
39Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bewertet der Senat mit 100 €.
40Entscheidend ist insoweit der wirtschaftliche Aufwand, der mit der Auskunftserteilung verbunden ist (vgl. BGH, NJW 2010, 2812; Zöller-Herget, aaO., Stichwort „Auskunft“, jeweils m.w.N.).
41Auch wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin neben der Auskunft über die gespeicherten Daten Auskünfte über deren Herkunft und Empfänger verlangt, zudem welcher Zweck mit der Speicherung verbunden ist und an welche Personen oder Stellen diese Daten übermittelt wurden bzw. werden, dürfte der Arbeitsaufwand, soweit entsprechende Auskünfte überhaupt möglich sind, sehr begrenzt sein. Errechnet man unter Berücksichtigung eines angemessenen Stundensatzes (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 2010, 786) die Kosten für die erforderliche Arbeitszeit (allenfalls zwei Stunden), ist die Beschwer der Beklagten zu 1) mit 100 € ausreichend bemessen. Hierfür spricht indiziell auch, dass die Klägerin den Auskunftsanspruch mittlerweile aufgrund der im Prozess erteilten, nicht besonders umfangreichen Informationen in der Hauptsache für erledigt erklärt hat.
42Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.