Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 02. Juni 2016 - 6 UF 6/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 6.1.2016 gegen den Schlussbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Paderborn vom 2.12.2015 (Az. 80 F 153/14) wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Antragsgegnerin vom 5.2.2016 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 64.343,11 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht durch einen Rechtsanwalt eingelegt wurde, § 114 Abs. 1 FamFG. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.
31.
4Die Frist zur Einlegung der Beschwerde nach § 63 Abs. 1 FamFG ist nicht eingehalten worden. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
5Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 7.12.2015 zugestellt worden. Damit lief die Frist zur Einlegung der Beschwerde am 7.1.2016 ab.
6Der mit Schriftsatz vom 6.1.2016 eingelegte „Widerspruch“ gegen die Entscheidung vom 2.12.2015 stellt kein zulässiges Rechtsmittel dar, da er von der Antragsgegnerin persönlich eingelegt wurde. Nach § 114 Abs. 1 FamFG müssen sich die Beteiligten in selbstständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Die von den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten durch Schriftsatz vom 5.2.2015 eingelegte Beschwerde ging erst nach Ablauf der Beschwerdefrist ein.
72.
8Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat keinen Erfolg. Nach § 117 Abs. 5 FamFG, 233 ZPO ist einem Beteiligten, der ohne sein Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Grundsätzlich kann auch eine Erkrankung eines Beteiligten eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass er infolge der Erkrankung nicht mehr in der Lage war, den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen und diesen sachgemäß zu unterrichten (BGH, Beschluss vom 10.6.2015 – IV ZB 27/14 -, juris Rn. 10 m.w.N.; Zöller-Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 233 Rn. 23 Stichwort „Krankheit“; Musielak-Grandel, ZPO, 13. Auflage 2016, § 233 Rn. 7). Wenn es um die Frage der Einlegung eines Rechtsmittels geht, kommt eine Wiedereinsetzung in Betracht, wenn der Beteiligte gehindert war, einen sachgemäßen Beschluss bezüglich der Einlegung des Rechtsmittels zu fassen, insbesondere sich mit dem Anwalt zu beraten.
9a)
10Im vorliegenden Fall behauptet die Antragsgegnerin, dass sie in der Zeit ab Dezember 2015 bis Ende Januar 2016 krankheitsbedingt nicht in der Lage war, die Tragweite des Beschlusses des Amtsgerichts Paderborn sowie die notwendigen und erforderlichen Schritte zur ordnungsgemäßen Einlegung der Beschwerde zu verstehen. Insbesondere sei sie nicht in der Lage gewesen, die Rechtsbehelfsbelehrung zu verstehen und nachzuvollziehen.
11Diese Angaben und auch das vorgelegte Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie X vom 5.2.2016 reichen nicht aus, um eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen. Denn es wird nicht dargelegt, aufgrund welcher Untersuchungen eine depressive Phase Anfang Dezember 2015 festgestellt wurde. Da sich die Antragsgegnerin bereits seit längerer Zeit wegen einer Depression in Behandlung befand, müsste substantiiert dargelegt werden, aufgrund welcher Umstände und Befunde für den Zeitraum ab Dezember 2015 eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation diagnostiziert werden konnte.
12Die Antragsgegnerin ist durch Verfügung des Senats vom 30.03.2016 aufgefordert worden, zu den Umständen der Erkrankung näher vorzutragen. Dieser Auflage ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen.
13b)
14Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum die Antragsgegner nicht eine dritte Person mit der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten beauftragen konnte. Noch im Betreuungsverfahren ist durch Beschluss vom 14.9.2015 (Aktenzeichen AG Paderborn 10 XVII 490/15) eine Betreuung abgelehnt worden, weil geeignete Personen vorhanden sind, die die Antragsgegnerin bevollmächtigen kann. Jedenfalls war die Antragsgegnerin in der Lage, unterstützt von Frau K (vgl. deren Schreiben an das Amtsgericht vom 6.1.2016, Bl. 178), am 23.12.2015 einen an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz zu verfassen (Bl. 176). Dann aber war es auch möglich, die Rechtsmittelbelehrung zu lesen und sich gegebenenfalls mit ihrer Verfahrensbevollmächtigten der ersten Instanz in Verbindung zu setzen.
153.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO
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(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.
(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht
- 1.
im Verfahren der einstweiligen Anordnung, - 2.
in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind, - 3.
für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags und für den Widerruf der Zustimmung zur Scheidung, - 4.
für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung, - 5.
im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, - 6.
in den Fällen des § 78 Abs. 3 der Zivilprozessordnung sowie - 7.
für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes.
(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.
(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht
- 1.
im Verfahren der einstweiligen Anordnung, - 2.
in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind, - 3.
für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags und für den Widerruf der Zustimmung zur Scheidung, - 4.
für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung, - 5.
im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, - 6.
in den Fällen des § 78 Abs. 3 der Zivilprozessordnung sowie - 7.
für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes.
(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.
(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.
(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.
(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung