Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 12. Juni 2014 - 34 U 16/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.11.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund – 2 O 100/11 – wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.543,28 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 € nicht.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (im Folgenden: Zedent) und nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit der Beteiligung des Zedenten an zwei Schiffsfonds auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten sind die Erben des zwischenzeitlich verstorbenen Gründungskommanditisten beider Fondsgesellschaften.
4Der Zedent – Diplom-Betriebswirt von Beruf – beteiligte sich am 19.09.1994 als Direktkommanditist mit einer Einlage von 20.000 DM an dem C-Fonds N2 GmbH & Co. D KG (nachfolgend: C-Fonds; vgl. Beitrittserklärung Anlage K 3, Anlagenband zur Klageschrift). Darüber hinaus trat er am 02.12.1995 als Kommanditist mit einer Einlage von 30.000 DM der C2-Fonds N GmbH & Co. D KG bei (nachfolgend: C2-Fonds; vgl. Beitrittserklärung Anlage K 4, Anlagenband zur Klageschrift). Bei Zeichnung fiel jeweils ein Agio in Höhe von 5 % bezogen auf den Nennwert des Kommanditkapitals an.
5Beide Fondsbeteiligungen erbrachten nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg.
6Ihr auf Rückabwicklung des Anlagegeschäfts und vor allem auf die Erstattung entgangenen Gewinns gerichtetes Schadensersatzbegehren hat die Klägerin erstinstanzlich sowohl auf den Gesichtspunkt der fehlerhaften Anlageberatung als auch auf Prospekthaftung gestützt. Neben den Erwerbskosten von insgesamt 26.842,83 € einschließlich Agio macht sie für beide Fondsbeteiligungen als entgangenen Gewinn hypothetische Anlagezinsen in Höhe von 46.208,38 € geltend. Abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen von 11.299,55 € beziffert sie ihre Klageforderung auf 61.751,66 €.
7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung darauf verwiesen, dass Prospektfehler nicht gegeben und etwaige Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung jedenfalls verjährt sein.
8Mit ihrer zulässig erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren weiter.
9Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
10II.
11Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil der Senat - einstimmig - davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Im Übrigen ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten.
12Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im Hinweisbeschluss des Senats vom 15.05.2014 ausführlich dargelegten Gründe, an denen der Senat nach nochmaliger, eingehender Beratung festhält, Bezug genommen. Der Senat bleibt dabei, dass die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift nicht geeignet sind, einen Prospektmangel oder eine beratungsvertragliche Pflichtverletzung schlüssig zu begründen.
13Die Klägerin hat innerhalb der ihr eingeräumten Frist zum Hinweisbeschluss des Senats nicht Stellung genommen.
14III.
15Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Auf § 26 Nr. 8 EGZPO wird hingewiesen.
16Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist auf insgesamt 15.543,28 € festzusetzen. Der geltend gemachte entgangene Gewinn in Höhe von 46.208,38 € für eine hypothetische Alternativanlage erhöht als Nebenforderung den Streitwert nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 27.06.2013 – III ZR 143/12, zit. nach juris).
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zutragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.804,88 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen behaupteter fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an der I. und GmbH & Co. KG gegen die Beklagte geltend. Seine Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat in seinem gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO gefassten Beschluss die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Wert der Beschwer entspreche der Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Beschluss (bis 22.000 €).
II.
- 2
- Die Beschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erfor- derliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
- 3
- 1. Mit dem Klageantrag zu 1 hat der Kläger die Rückzahlung des angelegten Kapitals zuzüglich einer Abwicklungsgebühr von zusammen 16.105,69 € begehrt, wovon 2.300,81 € in Abzug zu bringen sind, die er als Ausschüttung erhalten hat; es verbleiben danach 13.804,88 €.
- 4
- Diesem Betrag hat der Kläger "entgangenen Gewinn" von 6.146,20 € hinzugerechnet. Dies entspricht dem Zinsertrag, den er in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2008 erzielt hätte, wenn er die Beteiligungssumme in den Erwerb eines Bundesschatzbriefs Typ B investiert hätte. Er errechnet so für den Klageantrag zu 1 insgesamt einen Betrag von 19.951,08 €.
- 5
- Dem kann nicht gefolgt werden.
- 6
- Die Beschwer des Klägers beträgt hinsichtlich des Klageantrags zu 1 lediglich 13.804,88 €. Entgangener Gewinn, der als gleichbleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe (Zinsen) - im Streitfall als Gesamtsumme des Kapitalzuwachses mit 6.146,20 € berechnet - geltend gemacht wird, ist eine Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO der ebenfalls eingeklagten Hauptforderung und erhöht den Streitwert nicht. Der Senat schließt sich insofern der neueren Rechtsprechung des XI. Zivilsenats an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446 Rn. 14 und vom 15. Januar 2013 - XI ZR 370/11, BeckRS 2013, 02155; siehe auch Senatsbeschluss vom heutigen Tag - III ZR 257/12).
- 7
- Wenn der Kläger statt der gesetzlichen Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen oder zusätzlich zu diesen entgangene Anlagezinsen geltend macht, ändert dies nichts daran, dass es sich auch in diesem Fall um eine von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung handelt. Das gilt entsprechend, wenn entgangene Zinsen - wie auch vorliegend - für den Zeitraum vor Eintritt des Verzugs oder der Rechtshängigkeit begehrt werden (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 aaO unter Hinweis auf RGZ 158, 350, 351). Die Forderung auf Ersatz der wegen einer hypothetischen Alternativanlage entgangenen Anlagezinsen setzt notwendig voraus, dass die Forderung auf Ersatz des verloren gegangenen Kapitals tatsächlich besteht. Nur wenn und soweit das tatsächlich getätigte Anlagegeschäft der Rückabwicklung unterliegt, ist ein ersatzfähiger Gewinn wegen einer dadurch entgangenen anderweitigen Anlagemöglichkeit denkbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2012 - I-6 U 253/10, juris Rn. 6 mwN).
- 8
- Die mangelnde Berücksichtigung von als Zinsen geltend gemachten entgangenem Gewinn entspricht im Übrigen dem Gedanken, dass die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte gemäß § 4 Abs. 1 ZPO nicht durch die Schwierigkeit der Wertermittlung derartiger Nebenforderungen aufgehalten werden soll, und dem daraus folgenden Postulat einer praktischen, einfachen und klaren Wertermittlung (RG aaO mwN; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1960 - VII ZR 42/59, LM ZPO § 4 Nr. 14).
- 9
- 2. Zu dem danach für den Klageantrag zu 1 maßgeblichen Wert von 13.804,88 € sind bei der Berechnung der Beschwer des Klägers 2000 € (§ 3 ZPO) für den Klageantrag zu 3 hinzuzurechnen, wie dies auch die Beschwerde geltend macht. Es ergibt sich danach eine Beschwer von insgesamt 15.804,88 €.
- 10
- Der mit dem Klageantrag zu 4 begehrten Feststellung des Annahmeverzugs kommt bei der Bemessung der Beschwer neben der im Klageantrag zu 1 verfolgten Zug-um-Zug-Verurteilung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Die Frage des Annahmeverzugs ist lediglich ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295, 1296 Rn. 16).
- 11
- Auch der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Betrag von 1.561,28 € ist bei der Ermittlung der Beschwer und des Streitwerts nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um vorgerichtlich entstandene Anwaltskos- ten und damit ebenfalls um eine Nebenforderung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 Rn. 5 mwN).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 15.07.2011 - 9 O 1426/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.04.2012 - 5 U 1232/11 -