Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. März 2016 - 32 SA 11/16
Gericht
Tenor
Zum zuständigen Gericht bestimmt wird das Landgericht C.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt mit der vor dem Landgericht C erhobenen Klage die Beklagten in Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz als Gesamtschuldner Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, auf Feststellung des Annahmeverzuges hinsichtlich der Abtretung, auf Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung zu weiterem Schadensersatz und auf gesamtschuldnerische Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte zu 1) hat seinen allgemeinen Gerichtsstand in H, der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) haben ihn in H2 im Landgerichtsbezirk B.
4Nach dem Vortrag der Klägerin nahm sie nach einer Beratung durch den Beklagten zu 1), die in ihrer Wohnung stattfand, Kontakt zu den Beklagten zu 2) und 3) auf. Die Beklagten zu 2) und 3) vermittelten der Klägerin eine Beteiligung an der F GmbH und Co. KG.
5Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht C sei nach den §§ 29 ZPO und 29c ZPO für die Klage gegen alle Beklagten zuständig. Sie beantragt hilfsweise die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 ZPO. Die Beklagten zu 2) und 3) haben die Zuständigkeit des Landgerichts C gerügt.
6Das Landgericht C hat darauf hingewiesen, dass für die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) kein besonderer Gerichtsstand in dem Bezirk des Landgerichts C gegeben sei.
7
II.
81.
9Das Oberlandesgericht Hamm ist als das nächsthöhere Gericht über den Landgerichten C und B gemäß § 36 Abs. 2, Abs. 1 ZPO zu der Bestimmung der Zuständigkeit berufen, da das Landgericht C zunächst mit der Sache befasst war.
102.
11Der Zuständigkeitsbestimmung steht nicht entgegen, dass der Rechtsstreit bereits rechtshängig ist (st. Rspr., z.B. BGH, Beschluss vom 23.02.2011 - X ARZ 388/10, juris Rn. 6f.; Senat, Beschluss vom 22.10.2012 - 32 SA 42/12, juris Rn. 14f.; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 36 ZPO Rn. 16). Voraussetzung ist allerdings, dass der Prozess nur so weit fortgeschritten ist, dass der Zweck der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts noch erreicht werden kann. Das ist nicht mehr der Fall, wenn aufgrund des Prozessstands die Bestimmung eines anderen als des angerufenen Gerichts aus Gründen der Prozessökonomie praktisch ausscheidet und damit dem übergeordneten Gericht im Ergebnis keine Wahlmöglichkeit bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bleibt (Vollkommer in: Zöller, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 15; Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage 2015, § 36 ZPO Rn. 21) oder wenn der Kläger die Beklagten an ihren allgemeinen Gerichtsständen bereits einzeln verklagt hat (BGH, Beschluss vom 23.02.2011 - X ARZ 388/10, juris Rn. 8; BGH, Beschluss vom 17.09.2013 - X ARZ 423/13, juris Rn. 7).
12Das vorliegende Verfahren, in dem bislang lediglich schriftsätzlich vorgetragen worden ist, ist nicht so weit fortgeschritten, dass die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands unzweckmäßig wäre.
133.
14Die Beklagten werden als Gesamtschuldner auf denselben Schadensersatz und damit als Streitgenossen im Sinne der §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen.
154.
16Es kann dahinstehen, ob für die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) gemäß § 29 ZPO oder gemäß § 29c ZPO ein Gerichtsstand bei dem Landgericht C begründet ist. Ein bei einem anderen Gericht begründeter gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand aller Beklagten kommt nicht in Betracht. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist bei verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen mehrerer als Streitgenossen in Anspruch genommener Beklagter auch bei Vorliegen eines gemeinsamen Gerichtsstands möglich, wenn das angerufene Gericht des möglichen gemeinsamen Gerichtsstands seine Zuständigkeit selbst ernsthaft in Frage gestellt hat (st. Rspr., z.B. OLG Naumburg, Beschluss vom 31.1.2014 – 1 AR 30/13, NJW-RR 2014, 957, beck-online; Vollkommer in: Zöller, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 15; Heinrich in: Musielak, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 18, beck-online, jeweils m.w.N.). Das ist vorliegend der Fall. Das Landgericht C hat sowohl in dem Hinweisbeschluss vom 10.11.2015 wie auch mit der Vorlage an das OLG Hamm mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass und weshalb es seine Zuständigkeit für die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) als nicht gegeben ansieht.
175.
18Der Senat hat das Landgericht C zum zuständigen Gericht bestimmt.
19Die Bestimmung des zuständigen Gerichts hat nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen (st. Rspr., z.B. BGH, Beschluss vom 07.02.2007 - X ARZ 423/06, juris Rn. 14; Vollkommer in: Zöller, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 18 m.w.N.).
20Zweckmäßig und prozesswirtschaftlich ist der Prozess vor dem Landgericht C zu führen. In dessen Bezirk hat der Beklagte zu 1) seinen allgemeinen Gerichtsstand und hat die streitgegenständliche Anlageberatung durch den Beklagten zu 1) auch stattgefunden. Damit sind sowohl eine Anhörung der Klägerin und des Beklagten zu 1) wie auch eine Beweisaufnahme – zu der vorrangig Zeugen aus dem C Bereich in Betracht kommen - dort wirtschaftlicher durchzuführen als in B. Das Landgericht C ist zudem mit einem parallelen Verfahren (9 O 95/14) befasst. Dahinter tritt zurück, dass das persönliche Erscheinen der Beklagten zu 2) und 3) in C aufwändiger ist. Gründe, die eine Rechtsverteidigung in C den Beklagten zu 2) und 3) unzumutbar erscheinen ließen, sind – auch vor dem Hintergrund, dass die Beziehung der Klägerin zu den Beklagten zu 2) und 3) auch nach deren Vortrag über die Vermittlung des Beklagten zu 1) in C begründet worden ist - nicht ersichtlich.
moreResultsText
Annotations
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.
Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Für Klagen aus außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Verbraucher zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Verbraucher ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) Verbraucher ist jede natürliche Person, die bei dem Erwerb des Anspruchs oder der Begründung des Rechtsverhältnisses nicht überwiegend im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(3) § 33 Abs. 2 findet auf Widerklagen der anderen Vertragspartei keine Anwendung.
(4) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.