Oberlandesgericht Hamm Urteil, 20. Aug. 2014 - 20 U 267/13
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. November 2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ############# fortbesteht und nicht durch Anfechtung und Rücktritt seitens der Beklagten beendet wurde.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sein bei der Beklagten geführter Krankenversicherungsvertrag fortbesteht und nicht durch eine Anfechtungs- und Rücktrittserklärungen der Beklagten erloschen ist.
4Anlässlich eines Beratungstermins des Klägers Anfang Dezember 2009 in den Räumlichkeiten der Sparkasse C in C2 stellte sein Bankberater, der Zeuge K, den Kontakt zur Versicherungsvertreterin der Beklagten, der Zeugin T (damaliger Name: T2), her. Nach diesem ersten Gespräch fand am 10.12.2009 ein weiterer Termin mit der Versicherungsvertreterin statt, in dem der Versicherungsantrag (Bl. 16 ff. GA) von der Versicherungsvertreterin ausgefüllt und vom Kläger unterzeichnet wurde. Dieser schriftliche Antrag enthält diverse frühere Erkrankungen und Behandlungen des Klägers nicht, wobei streitig ist, welche Erklärungen der Kläger mündlich abgegeben hat. Die Beklagte nahm den Versicherungsantrag des Klägers an.
5Im Rahmen von Leistungsprüfungen stellte die Beklagte im Jahr 2012 Nachfragen beim Kläger und recherchierte bei behandelnden Ärzten. Nach Eingang der Auskunft Praxis D vom 30.04.2012 (Bl. 123 GA), der Auskünfte der Praxis D2 vom 07.05.2012 (Bl. 118 GA) und vom 16.05.2012 (Bl. 119 GA) sowie einer Auskunft Dr. Q vom 14.05.2012 (Bl. 117 GA) erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2012 (Bl. 13 GA) die Anfechtung des Krankenversicherungsvertrages und hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag.
6Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angegriffenen Entscheidung und die genannten Schriftstücke Bezug genommen.
7Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen K und T die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe eine arglistige Täuschung durch den Kläger bewiesen. Dies ergebe sich aus den Angaben der Zeugin T. Diese habe zwar keine konkrete Erinnerung an das Vermittlungsgespräch gehabt. Sie habe jedoch überzeugend ausgeführt, dass sie im Rahmen einer Antragsaufnahme Frage für Frage durchgehe und die Antworten des Kunden entsprechend im Formular aufnehme. Der Zeuge K habe die Angaben der Zeugin T teilweise bestätige. Soweit Widersprüche zwischen den Angaben beider Zeugen vorhanden seien, sei dem Zeugen K nicht zu folgen, weil er teilweise weitergehende Angaben des Klägers bestätigt habe, obwohl der Kläger selbst entsprechende Angaben gar nicht behauptet habe.
8Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Da der Zeuge K den Vortrag des Klägers zumindest hinsichtlich der Rückenerkrankung und der Prostatitis bestätigt habe, sei die Beweiswürdigung des Landgerichts falsch. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Versicherungsvertreterin keinerlei Erinnerung an das konkrete Vermittlungsgespräch gehabt habe.
9Der Kläger beantragt,
10das am 07.11.2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster, Az. 115 O 153/12, abzuändern und festzustellen, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ############# fortbesteht und nicht durch Anfechtung und Rücktritt der Beklagten erloschen ist.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Argumentation.
14Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugen K und T. Wegen des Ergebnisses wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 20.08.2014 Bezug genommen.
15II.
16Die zulässige Berufung des Klägers, der ein berechtigtes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der Feststellung des Fortbestehens seines privaten Krankenversicherungsvertrages hat, hat auch in der Sache Erfolg. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Krankenversicherungsvertrag ist weder durch die mit Schreiben der Beklagten vom 22.05.2012 erklärte Anfechtung als nichtig anzusehen noch hat der in diesem Schreiben hilfsweise erklärte Rücktritt zur Beendigung des Krankenversicherungsvertrages geführt.
171.
18Der Krankenversicherungsvertrag ist nicht gem. §§ 22 VVG, 142, 143, 123 BGB nichtig. Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger sie bei Antragstellung arglistig getäuscht hat.
19a)
20Soweit die Beklagte die Anfechtung des Versicherungsvertrages auf die im schriftlichen Antragsformular unvollständige und falsche Beantwortung der Fragen 6.5 und 6.6 hinsichtlich der massiven Rückenbeschwerden des Klägers stützt, steht bereits nicht fest, dass der Kläger objektiv falsche Angaben gemacht hat. Nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen K und T steht nicht mit der für die Beweisführung erforderlichen Sicherheit fest, dass der Kläger gegenüber der Zeugin T nicht angegeben hat, durchgehend wegen seiner Rückenbeschwerden in Behandlung gewesen zu sein. Die Kenntnis des Versicherungsvertreters steht der Kenntnis des Versicherers gleich (§§ 73, 70 S. 1, 69 Abs. 3 VVG). Den Versicherer trifft die Last des Negativbeweises dafür, dass der Versicherungsnehmer die Fragen gegenüber dem Versicherungsvertreter nicht zutreffend beantwortet hat, wenn der Versicherungsnehmer – wie hier – substantiiert, glaubhaft und in sich schlüssig behauptet, den Vertreter mündlich richtig informiert zu haben (sog. Auge- und Ohr-Rechtsprechung, zusammenfassend Römer-Langheid, VVG, 4. Auflage 2014, § 19 Rn. 36 ff. m.w.N.).
21Die Zeugin T hatte bereits keinerlei Erinnerung an den Kläger und an den Inhalt des streitigen Vermittlungsgespräches. Dieser Umstand, der unter Berücksichtigung des Zeitablaufes und der Vielzahl der zu führenden Vermittlungsgespräche nachvollziehbar ist, steht zwar der der Beklagten obliegenden Beweisführung nicht zwingend entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 14.07.2004, Az. 20 U 20/04, Tz. 48, zitiert nach juris). Im konkreten Fall war die Aussage der Zeugin T jedoch nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, dass der Kläger die von ihm substantiiert behaupteten Angaben zu seinen Rückenbeschwerden im Rahmen des Vermittlungsgespräches nicht gemacht hat.
22Die Zeugin konnte – mangels Erinnerung an das konkrete Gespräch – nur den üblichen Ablauf der von ihr geführten Vermittlungsgespräche schildern. Hierbei war die Aussage von einem ausweichenden Verhalten der Zeugin geprägt. Sie hat wiederholt auf übliche Abläufe in der Versicherungswirtschaft zurückgegriffen, statt entsprechend der gestellten Fragen ihre persönliche Praxis zu schildern. Zudem hat die Zeugin konkrete Fragen trotz Nachfragen nicht beantwortet. So wurde ihr wiederholt die Frage gestellt, ob sie im Rahmen der von ihr geschilderten Rücksprachen mit Sachbearbeitern der Risikoprüfungsabteilung Anträge vorab unterschreiben lasse. Die Zeugin gab jeweils ausweichende Antworten.
23Auch die Angaben der Zeugin T in der Sache lassen eine Überzeugungsbildung von der Richtigkeit des durch die Beklagte behaupteten Inhalts des Vermittlungsgespräches nicht zu. Denn soweit die Zeugin T ihre persönliche Vorgehensweise geschildert hat, ist es durchaus möglich, dass der Kläger tatsächlich entsprechend seiner Behauptung erklärt hat, unter Rückenbeschwerden zu leiden und regelmäßig behandelt zu werden. Die Zeugin hat geschildert, dass die beim Kläger bereits zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Rückenbeschwerden normalerweise dazu führen, dass eine Zusatzerklärung ausgefüllt werde. Im Rahmen ihrer weiteren Vernehmung hat sie dann erklärt, in Terminen keine Zusatzfragebögen griffbereit zu haben. Zudem hat die Zeugin T erklärt, dass sie vor Stellung eines Antrages, bei dem das Risiko der Ablehnung bestehe, häufig vorab mit dem Sachbearbeiter der Risikoprüfungsabteilung telefoniere. In einem solchen Fall, so die Zeugin weiter, halte man den Antrag zunächst zurück. Die Frage, ob der Antrag, der zurückgehalten werde, dann bereits unterzeichnet sei, hat die Zeugin trotz Nachfragen nicht beantwortet. Sie hat jedoch erklärt, keine Durchschriften des Antrages auszuhändigen, wenn sie noch etwas zu klären habe. Zudem hat die Zeugin auf Vorhalt der Angaben des Zeugen K geschildert, dass hier möglicherweise ein Fehler nicht auszuschließen sei.
24Danach ist es möglich, dass der Kläger entsprechend seiner eigenen Schilderung und den Angaben des Zeugen K die Rückenbeschwerden benannt hat und die Zeugin T zunächst entsprechend ihrer teilweisen Praxis vor Weiterleitung des Antrages an die Beklagte eine Klärung mit der Risikoprüfungsabteilung herbeiführen wollte, die dann, aus welchen Gründen auch immer, unterblieben ist. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger die Rückenbeschwerden geschildert hat, weil ihm daran gelegen war, dass die Kosten der wöchentlich erforderlichen Physiotherapien auch von der neuen Krankenversicherung getragen werden. Zudem ist nachvollziehbar, dass sich der Zeuge K an die Thematisierung der Rückenbeschwerden erinnern konnte. Denn er hat es nach seiner Schilderung als ungewöhnlich empfunden, dass ein aktiver Triathlet wie der Kläger an Rückenbeschwerden leide. Schließlich hat der Kläger durchgehend behauptet, keine Durchschriften seines Antrages erhalten zu haben. Auch dieser eher ungewöhnliche Ablauf lässt sich mit der beabsichtigten weiteren Abklärung des Antrages durch die Zeugin T erklären.
25Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis objektiv falscher Angaben nicht geführt.
26b)
27Soweit der Kläger wegen einer Prostatitis behandelt worden ist, hat die Beklagte ebenfalls nicht bewiesen, dass der Kläger diese Behandlung im Rahmen des Vermittlungsgespräches nicht angegeben hat. Hinsichtlich der Unzuverlässigkeit der Aussage der Zeugin T wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Zudem haben sowohl der Kläger als auch der Zeuge K erklärt, im Rahmen des Gespräches vom 10.12.2009 habe der Kläger eine „Männersache“ angesprochen.
28c)
29Hinsichtlich der weiteren Behandlungen des Klägers, die er unstreitig nicht angegeben hat, hat die Beklagte nicht bewiesen, dass der Kläger arglistig gehandelt hat. Allein mit dem Beweis vorsätzlich falscher oder vorsätzlich nicht angezeigter Umstände steht der Täuschungsvorsatz noch nicht fest. Er setzt neben der Kenntnis der Gefahrerheblichkeit des bestreffenden Umstandes die billigende Erkenntnis voraus, die Versicherung könne durch das Vorgehen über einen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden (BGH, Urteil vom 14.07.2004, AZ. IV ZR 161/03, zitiert nach juris).
30Der Kläger hat eingeräumt, die Darmdivertikel-Behandlung im Oktober 2009 nicht angegeben zu haben. Er sei 2 Wochen lang mit Antibiotika behandelt worden, dabei sei nach zwei oder drei Tagen alles wieder in Ordnung gewesen. Es sei für ihn letztlich so etwas wie ein Schnupfen gewesen. Die weiteren unstreitig nicht angegebenen Behandlungen durch Dr. Q stehen in dessen Auskunft jeweils unter dem Stichwort „Check up“, so dass wegen der Angabe „Kontrolluntersuchungen“ im schriftlichen Antrag vom 10.12.2009 bereits eine Falschangabe zweifelhaft ist. Der Kläger hat aber insoweit ebenso wie hinsichtlich der Darmdivertikel-Behandlung jedenfalls nicht arglistig gehandelt.
31Da der Kläger nachvollziehbar und überzeugend geschildert hat, dass kleinere Beschwerden bei ihm als Triathlet normal seien, kann die Kenntnis der Gefahrerheblichkeit nicht festgestellt werden. Vor dem Hintergrund der Art der Vertragsanbahnung lässt sich ebenfalls nicht feststellen, dass der Kläger die billigende Erkenntnis hatte, die Versicherung könne durch das Vorgehen über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden. Der Kläger war bereits bei einem anderen Unternehmen privat krankenversichert und wurde anlässlich eines Beratungsgespräches in seiner Hausbank zu einem Wechsel des Versicherers veranlasst. Er hat das Gespräch überzeugend als in freundlicher Atmosphäre geführt geschildert und erklärt, er habe sich sicher gefühlt, schließlich sei er in seiner Sparkasse gewesen. Allein die mit dem Wechsel des privaten Krankenversicherers verbundene Beitragseinsparung genügt nicht für die Annahme einer Arglist des Klägers. Dies insbesondere, weil der Kläger nicht aktiv nach dieser Einsparungsmöglichkeit gesucht hat, sondern es sich hierbei um das Argument handelte, mit dem der Zeuge K und die Versicherungsvertreterin der Beklagten den Kläger zum Wechsel veranlasst haben.
322.
33Der zwischen den Parteien geschlossene Krankenversicherungsvertrag ist auch nicht durch die hilfsweise Rücktrittserklärung der Beklagten gem. § 19 Abs. 2 VVG beendet worden. Ein Rücktrittsrecht steht der Beklagten nicht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat, § 19 Abs. 5 S. 1 VVG.
34Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung abhob. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insbesondere zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Absatz 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes – Fragen des Versicherers enthaltendes – Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11, NJW 2013, 873, m.w.N., zu § 28 Abs. 4 VVG).
35a)
36Die auf der ersten Seite des Antragsformulars (Bl. 16 GA) enthaltene Belehrung genügt diesen Anforderungen an die Gestaltung nicht. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten hat im Rahmen des Verhandlungstermins einen besser als die vorgelegten Kopien lesbaren, nicht ausgefüllten Antragsausdruck vorgelegt. Hieraus ergibt sich zwar, dass der Belehrungstext im Fettdruck gestaltet ist. Gleichwohl wird diese Passage nicht ausreichend wahrgenommen. Hierzu führt die sehr kleine Schriftgröße. Zudem befindet sich oberhalb der Belehrung eine Passage in derselben Schriftgröße, die teilweise ebenfalls im Fettdruck gestaltet ist. Zur Wahrnehmung der Belehrung als Fließtext trägt weiter bei, dass das Formular auf dieser Seite verschiedene Gliederungsüberschriften enthält, die ebenfalls im Fettdruck und einer größeren Schriftgröße als die Belehrung gestaltet sind. Soweit sich oberhalb und unterhalb des Belehrungstextes Striche befinden, führen diese ebenfalls nicht zu einer deutlichen Hervorhebung. Denn das Formular enthält wiederholt entsprechende Gestaltungen. Schließlich wird die Aufmerksamkeit auf die oberhalb und unterhalb der Belehrung vorhandenen auszufüllenden Felder gelenkt. Die Belehrung befindet sich am Ende des Abschnittes „1. Antragsteller/Versicherungsnehmer“. Nachdem die oberhalb der Belehrung vorhandenen Felder ausgefüllt sind, wird die Aufmerksamkeit sogleich auf die etwa doppelt so groß wie der Belehrungstext gestaltete Überschrift „2. Zu versichernde Person(en)“ gelenkt.
37b)
38Soweit diese Belehrung auf einen „Hinweis nach § 19 Absatz 5 VVG auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ auf der Rückseite des Antragsformulars verweist, von dem der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten im Senatstermin einen Ausdruck überreicht hat, genügt dies ebenfalls nicht. Ob und ggf. in welcher Form es möglich ist, durch eine Verweisung eine ausreichende Belehrung sicherzustellen (zu dieser Frage OLG Stuttgart, Urteil vom 17.04.2014, Az. 7 U 253/13, zitiert nach juris), bedarf keiner Entscheidung. Der Hinweis in der Belehrung auf der ersten Seite des Antragsformulars ist – wie bereits ausgeführt – nicht hinreichend hervorgehoben. Weitere Verweisungen enthält das Formular nicht. Insbesondere die „Zusatzerklärung“ vor dem Unterschriftenfeld verweist lediglich auf die „Vertragsgrundlagen und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person“ und nicht auf den „Hinweis nach § 19 Absatz 5 VVG auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“.
39Da der Krankenversicherungsvertrag der Parteien danach durch die im Schreiben der Beklagten vom 22.05.2012 enthaltenen Willenserklärungen nicht beendet worden ist, hat die Berufung des Klägers Erfolg.
40III.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
43Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.
Die §§ 69 bis 72 sind auf Angestellte eines Versicherers, die mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Versicherungsverträgen betraut sind, und auf Personen, die als Vertreter selbständig Versicherungsverträge vermitteln oder abschließen, ohne gewerbsmäßig tätig zu sein, entsprechend anzuwenden.
Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis des Versicherers erheblich ist, steht die Kenntnis des Versicherungsvertreters der Kenntnis des Versicherers gleich. Dies gilt nicht für die Kenntnis des Versicherungsvertreters, die er außerhalb seiner Tätigkeit als Vertreter und ohne Zusammenhang mit dem betreffenden Versicherungsvertrag erlangt hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger fordert von der Beklagten Rentenleistun gen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sowie die Freistellung von der Beitragspflicht. Den Abschluß des Versicherungsvertrages hatte er im Mai 1994 bei der Beklagten beantragt. Im Antragsformular sind sämtliche Fragen nach bestehenden Erkrankungen, Störungen oder Beschwerden verneint, obwohl beim Kläger schon im August 1990 und Oktober 1991 ein myotendogener Schulterschmerz rechts sowie ein Dorso-Lymbalsyndrom bei Blockierung der Wirbelsäule diagnostiziert worden waren, er imAugust 1993 eine Thoraxprellung erlitten hatte und seit November 1993 wegen eines Morbus Scheuermann und chronischer Wirbelsäulenbeschwerden behandelt worden war. Er hatte außerdem im Januar 1994 unter einer Gastroenteritis und seit März 1994 unter einer Epikondylitis humeri radialis des rechten Ellenbogens (sog. Tennisellenbogen) gelitten , die bis Juni 1994 behandelt wurde.
Durch einen Sturz bei Eisglätte im November 1999 z og sich der Kläger, der bis dahin als Schreiner gearbeitet hatte, Beschwerden im Bereich des 10. Brustwirbelkörpers zu. Er hatte seither schmerzhafte Bewegungseinschränkungen , was schließlich zur Berufsunfähigkeit führte.
Die Beklagte hat den Rücktritt vom Versicherungsve rtrag erklärt und diesen wegen arglistiger Täuschung angefochten. Der Kläger habe seine Vorerkrankungen, auf denen die Berufsunfähigkeit hier beruhe, bei der Antragstellung verschwiegen. Das Antragsformular sei seinerzeit von dem Zeugen B. in Gegenwart des Klägers vollständig ausgefüllt worden, wobei der Zeuge die in dem Formular enthaltenen Fragen jeweils an den Kläger gerichtet und das Formular sodann entsprechend dessen Antworten ausgefüllt habe.
Der Kläger behauptet, der Versicherungsvertrag sei im Zusammenhang mit einer Baufinanzierung durch den Zeugen H. , der insoweit als Agent der Beklagten gehandelt habe, vermittelt worden. Dieser habe ihn allein nach Gewicht, Größe und behandelndem Arzt gefragt. Weitere Fragen seien ihm weder mündlich noch schriftlich gestellt worden. Er habe den Antrag auf Geheiß des Zeugen H. der an vorge-
sehenen Stelle unterzeichnet. Erst später habe der ZeugeB. das Antragsformular ohne sein Beisein ausgefüllt.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein in den V orinstanzen erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht meint, die Leistungspflich t der Beklagten sei infolge ihres Rücktritts vom Versicherungsvertrag nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VVG entfallen. Daß es sich bei den Vorerkrankungen des Klägers um gefahrerhebliche Umstände gehandelt habe, sei nicht mehr im Streit. Entgegen der Auffassung des Klägers sei jedenfalls davon auszugehen, daß ihn bei der Antragstellung hinsichtlich dieser erheblichen Vorerkrankungen eine spontane Anzeigepflicht getroffen habe, weil der Versicherungsnehmer nach § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG auch ohne ausdrückliche Fragen des Versicherers gehalten sei, alle ihm bekannten, gefahrerheblichen Umstände anzuzeigen. Zwar könne sich ein Versicherer dann nicht auf die unterlassene Anzeige berufen, wenn dem Versicherungsnehmer die im Antragsformular gestellten Fragen durch das Verhalten eines Versicherungsagenten nur zum Teil zur Kenntnis gebracht worden seien. Aus der gesetzlichen Wertung des § 18 VVG ergebe sich jedoch, daß diese Einschränkung nur dann gelte, wenn der Antragsteller nicht arglistig gehandelt habe.
Hier treffe den Kläger der Vorwurf arglistigen Ver haltens. Dabei könne offen bleiben, ob schon die beim Kläger diagnostizierten Vorerkrankungen des Bewegungsapparats und ihre Behandlung den Schluß auf ein arglistiges Verschweigen bei Antragstellung rechtfertigten, weil sich der damalige konkrete Gesundheitszustand des Klägers aus Sicht eines an der erstrebten Versicherung interessierten Durchschnittsbürgers als relevant im Sinne einer Offenbarungspflicht habe darstellen müssen. Darlegungs- und beweisbelastet für die fehlende Arglist sei nämlich der Versicherungsnehmer. Ein arglistiges Verhalten des Klägers schiede allenfalls dann aus, wenn sich der Ablauf der Antragstellung so zugetragen hätte, wie vom Kläger behauptet. Insoweit gehe es zu seinen Lasten, daß ihm der Beweis dafür nach Vernehmung seiner von ihm benannten Ehefrau und des Zeugen H. nicht gelungen sei. Auf die Vernehmung des gegenbeweislich von der Beklagten benannten Zeugen B. komme es daher nicht mehr an.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat den objektiven Geschehens ablauf bei der Ausfüllung des Versicherungsantragsformulars nicht geklärt und insbesondere auch nicht danach gefragt, wer die Beweislast hierfür trägt. Es hat sich damit möglicherweise den Blick dafür verstellt, daß die von ihm vorgenommene Beweislastverteilung bei der nachfolgenden Frage der Arglist des Versicherungsnehmers im Sinne von § 18 VVG zu dem widersinnigen Ergebnis führt, daß dieselbe Beweisfrage (nach dem Geschehen bei Antragstellung) im Rahmen der zu treffenden Entscheidung
einmal vom Versicherer, sodann aber vom Versicherungsnehmer bewiesen werden müßte mit der Folge, daß die Nichterweislichkeit im Ergebnis immer zu Lasten des Versicherungsnehmers ginge. Dieses Ergebnis steht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats.
1. Legt der Versicherer dem Versicherungsnehmer ei nen Verstoß gegen dessen vorvertragliche Anzeigeobliegenheit aus § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG zur Last, so betrifft die Frage, ob dem Versicherungsnehmer bei Anbahnung des Versicherungsvertrages bestimmte Fragen des Versicherers nach gefahrerheblichen Umständen (hier Gesundheitsfragen) tatsächlich gestellt worden sind, den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1996 - IV ZR 218/95 - VersR 1996, 1529 unter 2 b; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. §§ 16, 17 Rdn. 27 und 38; Knappmann, r+s 1996, 81, 82 m.w.N.). Ihn zu beweisen ist Sache des Versicherers. Hat - wie hier unstreitig - ein Versicherungsagent es übernommen, das Formular eines Versicherungsantrags für den Antragsteller auszufüllen, so erbringt allein der ausgefüllte Antrag nicht den Beweis für die falsche Beantwortung der im Antragsformular stehenden Fragen, wenn der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend informiert zu haben oder von ihm mit den einzelnen Fragen gar nicht konfrontiert worden zu sein (BGHZ 107, 322, 324 f.; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1996 aaO). Vielmehr muß in einem solchen Fall der Versicherer beweisen, daß alle im schriftlichen Formular beantworteten Fragen dem Antragsteller tatsächlich gestellt und so wie niedergelegt von ihm beantwortet worden sind (BGHZ aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. November 1989 - IVa ZR 269/88 - VersR 1990, 77 unter 2; Urteil vom 11. Juli 1990 - IV ZR 156/89 - VersR 1990, 1002 unter 2 d).
Das Berufungsgericht ist dieser Frage nicht nachge gangen. Es hat weder den von der Beklagten insoweit angebotenen ZeugenB. gehört noch im übrigen dargelegt, ob die Beklagte anhand der vernommenen Zeugen den ihr obliegenden Beweis für die Behauptung erbracht hat, der Zeuge B. habe alle im Fragebogen niedergelegten Fragen an den Kläger gerichtet und den Fragebogen entsprechend dessen Antworten ausgefüllt.
2. Stattdessen ist das Berufungsgericht anscheinen d davon ausgegangen , es komme auf den wirklichen Geschehensablauf bei Ausfüllung des Antragsformulars letztlich nicht an, weil der Kläger - auch ohne dazu ausdrücklich befragt worden zu sein - jedenfalls infolge seiner spontanen Anzeigepflicht verpflichtet gewesen sei, dem Versicherer bei Antragstellung seine erheblichen Vorerkrankungen anzuzeigen. Es hat also im weiteren offenbar unterstellt, die Beklagte habe die substantiierte Behauptung des Klägers nicht widerlegt, er sei lediglich nach Gewicht, Größe und behandelndem Arzt gefragt worden.
a) Davon ausgehend ist im Ansatz nicht zu beanstan den, daß das Berufungsgericht annimmt, den künftigen Versicherungsnehmer treffe bei der Antragstellung auch in einem solchen Fall nach § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG die Obliegenheit, alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände dem Versicherer anzuzeigen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1996 aaO unter 2 c). Richtig ist auch, daß der Versicherer sich - abgesehen vom Fall der Arglist des Antragstellers - auf die unterlassene Anzeige gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG dann nicht berufen kann, wenn er im Antragsformular zwar ausdrücklich und schriftlich Fragen nach gefahrerhebli-
chen Umständen gestellt hat, diese Fragen dem Antragsteller aufgrund eines Verhalten des Versicherungsagenten aber nur zum Teil zur Kenntnis gebracht werden (BGH aaO). Das folgt aus der gesetzlichen Wertung des § 18 VVG. Sie gebietet es nach der Senatsrechtsprechung auch hier, die Rücktrittsmöglichkeit des Versicherers auf solche Fälle zu beschränken , in denen der Antragsteller einen gefahrerheblichen Umstand arglistig verschweigt (BGH aaO).
b) Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefo lgt werden, daß der Versicherungsnehmer im Rahmen des - aus den vorgenannten Gründen entsprechend anwendbaren - § 18 VVG die Beweislast dafür trägt, daß er nicht arglistig gehandelt habe. Insoweit erweist sich das Berufungsurteil als fehlerhaft.
aa) Zwar stützt sich das Berufungsgericht auf eine teilweise in der Literatur vertretene Rechtsauffassung. Ihr zufolge soll sich aus den §§ 16 Abs. 3 und 17 Abs. 2 VVG die Grundregel ergeben, daß der Versicherungsnehmer in allen Fällen des Rücktritts des Versicherers wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht den Vorwurf des Verschuldens widerlegen müsse. § 18 VVG verschärfe insoweit lediglich den Verschuldensmaßstab, ohne aber etwas daran zu ändern, daß der Versicherungsnehmer auch den qualifizierten Schuldvorwurf ausräumen müsse. Auch das in § 22 VVG angelegte Nebeneinander von Rücktritts- und Anfechtungsmöglichkeit spreche dafür, daß der Versicherungsnehmer die Beweislast für fehlende Arglist im Rahmen des § 18 VVG trage. Denn wenn der Versicherer die Voraussetzungen für eine Arglistanfechtung nach den §§ 22 VVG, 123 BGB beweisen könne, sei er auf die rechtlich schwächere Rücktrittsmöglichkeit, bei der er im Falle folgenloser Anzei-
gepflichtverletzung sogar leistungspflichtig bleibe (§ 21 VVG), nicht mehr angewiesen. Sinn mache die Regelung des § 18 VVG für den Versicherer mithin nur, wenn das Rücktrittsrecht - sozusagen als niederschwellige Möglichkeit für den Versicherer, sich vom Vertrage zu lösen - bereits bei ungeklärter Arglistfrage zum Zuge käme (Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 18 Rdn. 3; ders. in Baumgärtel/Prölss, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Bd. 5 Versicherungsrecht § 18 VVG Rdn. 3; Bruck/ Möller, VVG 8. Aufl. § 18 Anm. 8; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 18 Rdn. 5).
bb) Beide Argumente überzeugen nicht.
§ 18 VVG geht tatbestandlich davon aus, daß der Ve rsicherungsnehmer seine Anzeigeobliegenheit durch Beantwortung ihm vom Versicherer gestellter Fragen nach Gefahrumständen zu erfüllen hat, dabei aber die Anzeige eines Umstandes unterbleibt, nach dem vom Versicherer nicht ausdrücklich gefragt worden ist. An die bloße Verwirklichung dieses Tatbestandes knüpft die Vorschrift kein Rücktrittsrecht des Versicherers ; ein solches Recht kommt ihm vielmehr erst unter der weiteren Voraussetzung zu, daß der Versicherungsnehmer den Umstand arglistig verschwiegen hat. § 18 VVG bestimmt danach keinen Ausschluß des Rücktrittsrechts wie die §§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 2 VVG, sondern regelt das Rücktrittsrecht des Versicherers für eine besondere Situation und verlangt als Voraussetzung dafür ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers. Diese Voraussetzung zu beweisen, ist Sache des Versicherers , der sich auf das Rücktrittsrecht beruf (BK/Voit, § 18 VVG Rdn. 14).
§ 18 VVG trägt im übrigen einer vom Regelfall der Verletzung der Anzeigeobliegenheit wesentlich abweichenden Interessenlage Rechnung. Nach der Systematik der §§ 16 Abs. 3 und 17 Abs. 2 VVG indiziert dort die objektive Verletzung der Anzeigeobliegenheit ein Verschulden des Versicherungsnehmers. Das erscheint auch sachgerecht, denn an falsche oder unterbliebene Angaben über gefahrerhebliche Umstände kann regelmäßig die Annahme geknüpft werden, der Versicherungsnehmer habe zumindest fahrlässig gehandelt. Anders stellt sich die Situation unter den Voraussetzungen des § 18 VVG dar. Sein Tatbestand beschreibt eine Situation, in der der Versicherungsnehmer irritiert sein kann, weil schriftlich vorformulierte Fragen des Versicherers den Blick dafür verstellen können, daß von ihm unter Umständen auch Angaben gefordert sind, die über die Beantwortung der schriftlichen Fragenstellungen hinausreichen. Dem steht der Fall gleich, daß schriftlich vorformulierte Fragen infolge eines Verhaltens des Versicherungsagenten dem Versicherungsnehmer nicht zur Kenntnis gelangen. In beiden Fällen erscheint es schon nicht mehr gerechtfertigt, an einen objektiv gegebenen Obliegenheitsverstoß ohne weiteres die Vermutung einfachen Verschuldens zu knüpfen. Erst recht kann daran nicht die Vermutung eines qualifizierten Verschuldens (Arglist) geknüpft werden, zumal eine solche Arglistvermutung der Rechtsordnung auch im übrigen fremd ist (Knappmann, aaO S. 82; Voit, aaO).
3. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Berufungsgericht hat zwar angedeutet, es ließen sich aus der Vielzahl und Schwere der Vorerkrankungen des Klägers Hinweise darauf entnehmen, daß er diese Erkrankungen, deren Gefahrerheblichkeit auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer er-
kennbar sei, arglistig verschwiegen habe. Insoweit fehlt es bislang aber an ausreichenden Feststellungen. Es ist schon ungeklärt, ob der Agent dem Kläger die vorformulierten Antragsfragen gestellt hat; der insoweit von der Beklagten angebotene Beweis wird zu erheben sein (vgl. oben unter 1). Sollte es erneut darauf ankommen, ob der Kläger Umstände arglistig verschwiegen hat, wird zu berücksichtigen sein, daß allein mit dem Beweis vorsätzlich falscher oder vorsätzlich nicht angezeigter Umstände der Täuschungsvorsatz noch nicht feststeht. Er setzt neben der Kenntnis der Gefahrerheblichkeit des betreffenden Umstandes die billigende Erkenntnis voraus, die Beklagte könne durch sein Vorgehen über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluß des Versicherungsvertrages beeinflußt werden (vgl. schon BGH, Urteil vom 13. Mai 1957 - II ZR 56/56 - VersR 1957, 331; Senatsurteil vom 11. November 1986 - IVa ZR 186/85 - VersR 1987, 91 unter II; vgl. auch OLG Saarbrücken VersR 1996, 48).
Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Ent scheidung.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Firmenschutzversicherung, welche auch den Schutz vor Einbruchsdiebstahl umfasst, ferner die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach seiner Behauptung wurde in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2009 in die Räume seines Fliesenlegerbetriebes eingebrochen und eine Reihe von Werkzeugen und Maschinen entwendet , deren Wert der Kläger auf jedenfalls 31.000 € beziffert. Im Zuge von Verhandlungen mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten unterzeichnete der Kläger ein ihm unterbreitetes Formular, welches mit "Vergleich und Abfindungserklärung" überschrieben war. Darin heißt es unter anderem: "Mit Bewilligung einer Vergütung von 31.000 € erkläre ich mich hinsichtlich aller Entschädigungsansprüche, die ich anläßlich meines Versicherungsfalles vom 29.05.09 (…) er- hebe, für abgefunden. (…) An diesen Vergleichsvorschlag halte ich mich nur dann gebunden , wenn die oben genannte Gesellschaft innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieser Erklärung ihre Annahme durch Zahlung erklärt."
- 2
- Zu einer Zahlung des genannten Betrages kam es nicht. Stattdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009 auf, zahlreiche weitere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung zu beantworten. Der Text des zweiseitigen Schreibens lautet am Ende: "Abschließend erteilen wir Ihnen folgende Belehrung: (Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunftsund Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall
)
Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen haben Sie uns nach Eintritt des Versicherungsfalles alle Angaben zu machen , die der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sind (sogenannte Aufklärungsobliegenheit) oder zur Feststellung des Versicherungsfalls bzw. des Umfanges unserer Leistungspflicht erforderlich sind (sogenannte Auskunftsobliegenheit).
Verletzen Sie arglistig oder vorsätzlich die Obliegenheit zur Auskunft oder zur Aufklärung, werden wir von der Verpflichtung zur Leistung frei. Verstoßen Sie hingegen grob fahrlässig gegen eine dieser Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Die Kürzung wirdunterbleiben, wenn Sie nachweisen, dass die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt wurde. Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheit zur Auskunft oder Aufklärung bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet , als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war."
- 3
- Dieser Text unterscheidet sich nicht von dem sonstigen Schriftbild des Schreibens, lediglich das einleitende Wort "Belehrung" ist fett, der nachfolgende in Klammern stehende Zusatz kursiv gedruckt.
- 4
- Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vorsätzlich die in dem Schreiben gestellten Fragen - und ebenso weitere Fragen aus nachfolgenden zwei Schreiben - nicht ausreichend, teilweise auch unzutreffend beantwortet. Sie hält sich schon deshalb für leistungsfrei, bestreitet aber auch das Vorliegen eines Versicherungsfalls mit Nichtwissen und zieht dabei insbesondere das Vorhandensein der vom Kläger als gestohlen gemeldeten Geräte am Versicherungsort und deren angegebenen Wert in Zweifel.
- 5
- Der Kläger meint, die Beklagte sei bereits infolge eines wirksam abgeschlossenen Vergleichs zur Leistung verpflichtet; auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung könne sie sich unter anderem deshalb nicht berufen, weil ihre Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
- 6
- Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Dieses hat ausgeführt:
- 9
- Ein Vergleich über die Versicherungsleistung sei nicht zustande gekommen.
- 10
- Auf den Versicherungsvertrag könne der Kläger sein Begehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen, weil die Beklagte infolge der vorsätzlichen Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit leistungsfrei sei. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Kläger die Frage nach einer Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem Vorliegen von Vollstreckungstiteln nicht bzw. nicht zutreffend beantwortet habe. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils stelle bindend fest, der Kläger habe unstreitig zum fraglichen Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben gehabt und ein vollstreckbarer Titel gegen ihn habe vorgelegen. Dem Bestreiten dieser Umstände in zweiter Instanz stehe § 314 ZPO entgegen, nachdem ein Tatbestandberichtigungsantrag des Klägers erfolglos geblieben sei. Als neues Vorbringen könne dieses Bestreiten nicht zugelassen werden, da die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vorlägen. Angesichts der im Schriftverkehr der Parteien wiederholten Hinweise der Beklagten auf die Folgen unzureichender Auskünfte sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Einen Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG habe er nicht geführt.
- 11
- Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit genüge den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG. Für eine "gesonderte Mitteilung" reiche ein drucktechnisch hervorgehobener Absatz am Ende eines Fragebogens aus. Die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung erscheine noch ausreichend.
- 12
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Offen bleiben kann, ob der Kläger seine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 314 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden war, der Kläger habe unstreitig früher einmal die eidesstattliche Versicherung abgegeben und es liege ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vor.
- 14
- 2. Vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG kann schon deshalb nicht eintreten, weil die dem Kläger erteilte Belehrung über diese Rechtsfolgen den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG nicht genügt.
- 15
- a) Allerdings trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass eine schriftliche Belehrung des Versicherungsnehmers auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder - wie hier - in einem individuellen Schrei- ben des Versicherers, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung eines behaupteten Versicherungsfalls gestellt werden, das Erfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" i.S. des § 28 Abs. 4 VVG erfüllt.
- 16
- aa) Der Wortlaut des vom Versicherungsvertragsgesetz jeweils mit Blick auf Belehrungs- oder Hinweispflichten des Versicherers aufgestellten Formerfordernisses (vgl. neben § 28 Abs. 4 auch die §§ 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 VVG) macht für sich genommen nicht hinreichend deutlich, ob "gesondert" eine absolute Trennung der Mitteilung von jeglichen anderen Texten oder lediglich von bestimmten Dokumenten fordert. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben darüber keinen Aufschluss (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Dort wird nur für die gesonderte schriftliche Informations-Verzichtserklärung des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG erläutert , deren Zweck, formularmäßige Verzichte zu vermeiden, erfordere eine ausdrückliche Erklärung in einem "gesonderten" Schriftstück (BTDrucks. 16/3945 S. 60). Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen , es sei auch nach § 28 Abs. 4 VVG stets eine absolute Trennung in der Weise geboten, dass die Belehrung nur mittels einer eigens verfassten Urkunde, die als "Extrablatt" neben der Belehrung keine weiteren Informationen enthalten dürfe, wirksam erfolgen könne (Funck, VersR 2008, 163, 166; Neuhaus, r+s 2008, 45, 52 - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Präve, VersR 2007, 1046; Reusch, VersR 2007, 1313, 1319 f. - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Rolfs in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 19 Rn. 115 m.w.N.; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 114).
- 17
- bb) Dem ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung nimmt stattdessen zutreffend an, die von § 28 Abs. 4 VVG geforderte Belehrung könne zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden (Grote /Schneider, BB 2007, 2689; Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl.; § 28 Rn. 177; Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch, 2. Aufl. § 14 Rn. 8; Leverenz, VersR 2008, 709, 710; Marlow/Spuhl, Das Neue Versicherungsrecht kompakt, 4. Aufl. S. 89; Marlow, VersR 2010, 468; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 130; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 154; Schimikowski in HK-VVG, 2. Aufl. zu § 19 Rn. 42; Schimikowski , r+s 2009, 353, 356; Wandt in MünchKomm, VVG § 28 Rn. 340; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Nürnberg-Fürth r+s 2010, 412, 415; LG Dortmund VersR 2010, 465, 466 - zu § 19 Abs. 5 VVG). Das folgt aus dem Gesetzeszweck. Danach ist eine gesonderte Mitteilung in Textform im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG als eine anlassbezogene , lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen.
- 18
- (1) Die nach § 28 Abs. 4 VVG gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Grün- den der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden (vgl. dazu auch Rixecker in Römer /Langheid, VVG 3. Aufl. § 28 Rn. 104). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht (vgl. zum ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auch BT-Drucks. 16/3945 S. 65, 66). Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im Versichersicherungsschein, den Versicherungsbedingungen , sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 VVG wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen , wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.
- 19
- (2) Diesem Zweck der Belehrung kann einerseits mittels eines - vom Wortlaut des § 28 Abs. 4 VVG jedenfalls auch gedeckten - eigens für die Belehrung erstellten Dokuments ("Extrablattes") Rechnung getragen werden; andererseits lässt es sich mit dem Gesetzeszweck ebenso vereinbaren, die anlassbezogene Belehrung auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder in einem Schreiben zu erteilen, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung eines Versicherungsfalles stellt. Ein Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers, die Belehrung nicht im Kontext mit solchen Fragen zu erhalten, ist nicht erkennbar. Denn sie wird ihrer vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und auch räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird.
- 20
- (3) Diese am Geschehenszweck orientierte Auslegung des Begriffs der "gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG steht nicht im Widerspruch dazu, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG vorausgesetzte "gesonderte schriftliche Erklärung" des Versicherungsnehmers (über einen Verzicht auf Vertragsinformationen) eine von sonstigen Erklärungen getrennte Urkunde verlangt. Die Gefahr vorschneller, weil formularmäßig vorbereiteter Verzichtserklärungen von Versicherungsnehmern , welcher § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG entgegenwirken will (vgl. dazu BT-Drucks. 16/3945 S. 60), besteht im Falle der von § 28 Abs. 4 VVG geforderten Belehrung, bei der es sich um eine einseitige, nicht unmittelbar auf die Begründung von Rechten oder Pflichten gerichtete Informationserklärung des Versicherers handelt, nicht (vgl. Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Vielmehr kann es gemessen an ihrer Warnfunktion durchaus sinnvoll sein, wenn sie in demjenigen Formular enthalten ist, dessen unvollständige oder unrichtige Beantwortung für den Versicherungsnehmer Gefahren bergen kann.
- 21
- b) Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung ist aber zu beanstanden, weil ihre drucktechnische Gestaltung nicht den Anforderungen genügt, die an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG zu stellen sind.
- 22
- aa) Mit dem Belehrungserfordernis hat der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 VVG ein wesentliches Element der vom Senat zu § 6 Abs. 3 VVG a.F. allein für Fälle vorsätzlicher, folgenloser Obliegenheitsverletzungen entwickelten Relevanzrechtsprechung (vgl. unter anderem Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - IV ZR 645/68, BGHZ 53, 160, 164; vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182 m.w.N.; vgl. im Übrigen zur Ent- wicklung der Relevanzrechtsprechung: Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 51-55; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rn. 101) übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 69). Die Beschränkung der Belehrungspflicht auf vorsätzliche, folgenlose Obliegenheiten ist dabei entfallen, weil letztere infolge des in § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG erweiterten Kausalitätserfordernisses ohnehin keine Leistungskürzung mehr zur Folge haben. Die Belehrungspflicht betrifft nunmehr alle nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten.
- 23
- bb) Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt , dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war (Römer aaO Rn. 64; BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 - II ZR 17/65, BGHZ 48, 7, 9), sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung (OLG Köln VersR 2009, 251, 252; OLG Nürnberg ZfSch 1995, 338) abhob.
- 24
- cc) Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem ähnlichen Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.) besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Dortmund, Urteil vom 10. März 2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 20; VersR 2010, 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; Wandt in MünchKomm-VVG § 28 Rn. 340; vgl. zu § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG: OLG Naumburg VersR 2012, 973, 974).
- 25
- dd) Dem genügt die hier in Rede stehende Belehrung nicht. Ihr Text hebt sich weder in Schriftart oder -größe noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder Schriftfarbe ausreichend vom übrigen Text des Schreibens vom 3. September 2009 ab. Andere graphische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung werden ebenfalls nicht eingesetzt. Allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung des nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, reichen nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den nachfolgenden, normal gedruckten Belehrungstext zu lenken, der sich über vier Absätze erstreckt, ohne dass aufgrund deren äußerer Gestaltung erkennbar wäre, dass es sich insoweit um eine vom sonsti- gen Inhalt des Schreibens gesondert erteilte rechtliche Information handelt.
- 26
- Es kommt hinzu, dass die Fristsetzung zur Beantwortung der Fragen bis zum "30.09.2009" unmittelbar über dem Wort "Belehrung" ebenfalls fett gedruckt und zudem zentriert gesetzt ist, so dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich zieht und von der Bedeutung des nachfolgenden Textes ablenkt.
- 27
- Auch der abschließende nahtlose Übergang von der Belehrung zur Grußformel lässt die rechtliche Bedeutung des Belehrungstextes nicht hinreichend erkennen.
- 28
- III. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil nunmehr geprüft werden muss, ob ein Versicherungsfall vorliegt und in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Schäden erlitten hat.
- 29
- Anders als der Kläger meint, ist seiner Klage nicht bereits aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs stattzugeben. Die darauf zielenden Revisionsrügen erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die tatrichterliche Auslegung des Formulars "Vergleich und Abfindungserklärung" sowie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob ein Vergleich mündlich abgeschlos- sen worden ist, durch eigene, vermeintlich bessere Erwägungen zu ersetzen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 564 ZPO abgesehen.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 31.03.2011- 6 O 2019/09 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 10.10.2011- 3 U 13/11 -
(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.
(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.
(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Tübingen - 4 O 290/12 - vom 26.11.2013
abgeändert und neu gefasst:
a) Es wird festgestellt, dass der Versicherungsvertrag der Klägerin bei der Beklagten mit der Nr. ... 848-01 durch die Anfechtungserklärung vom 11.06.2012 nicht beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
b) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Versicherungsvertrag mit der Nr. ... 848-01 nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 03.08.2011 rückwirkend zum 01.11.2010 angepasst worden ist.
c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird
zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 6.300 EUR
Gründe
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(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.