Oberlandesgericht Hamm Grundurteil, 22. Apr. 2015 - 14 U 19/14

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2015:0422.14U19.14.00
bei uns veröffentlicht am22.04.2015

Tenor

Der Klageantrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.


1

 

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Hamm Grundurteil, 22. Apr. 2015 - 14 U 19/14 zitiert 14 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens


(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 282 Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2


Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 447 Vernehmung der beweispflichtigen Partei auf Antrag


Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 833 Haftung des Tierhalters


Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersa

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 834 Haftung des Tieraufsehers


Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ei

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2014 - VI ZR 372/13

bei uns veröffentlicht am 25.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 372/13 Verkündet am: 25. März 2014 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2005 - VI ZR 225/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 225/04 Verkündet am: 20. Dezember 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2009 - VI ZR 166/08

bei uns veröffentlicht am 17.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 166/08 Verkündet am: 17. März 2009 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 22. Okt. 2008 - 9 U 75/07

bei uns veröffentlicht am 22.10.2008

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.4.2007 hinsichtlich Ziffer 1 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12 000 zu zahlen. 2.

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Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 372/13 Verkündet am:
25. März 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr
kommt auch dann regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigteeinen
Hund für mehrere Tage in seiner Hundepension aufgenommen und für diese
Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernommen hat (Fortführung von Senatsurteil
vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08, VersR 2009, 693).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Geschädigten ist gegebenenfalls
nach § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13 - LG Oldenburg
AG Vechta
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 30. Juli 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betreibt gewerblich eine Hundepension. Der Beklagte ist Hundehalter. Er übergab der Klägerin am 15. September 2011 seine Hündin, eine Border-Collie-Mischlingshündin, zur zehntägigen entgeltlichen Betreuung. Die Klägerin macht geltend, der Hund habe sie am 17. September 2011 in die Ober- und Unterlippe gebissen, als sie ihn nach einem Spaziergang habe ableinen wollen. Sie begehrt im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. Das Amtsgericht hat die Klage abge- wiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin, der sich allein aus § 833 Satz 1 BGB ergeben könne, sei nicht gegeben. Es könne dahinstehen, ob der Hund des Beklagten der Klägerin die Gesichtsverletzung zugefügt und ob sich dabei gegebenenfalls eine spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Es könne auch offenbleiben, ob Anhaltspunkte für die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses bestünden. Die Tierhalterhaftung sei jedenfalls unter dem Gesichtspunkt freiwilliger Risikoübernahme ausgeschlossen. Sie sei mit dem Schutzzweck des § 833 Satz 1 BGB nicht vereinbar, weil die Klägerin die Herrschaft über das Tier, mithin die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit für mehrere Tage gewerblich und vorwiegend im eigenen Interesse und auch in Kenntnis der damit verbundenen Gefahren übernommen habe. Demgegenüber sei dem Beklagten in dieser Zeit eine Einflussnahme auf seinen Hund vertragsgemäß nicht möglich gewesen.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die den Beklagten als Halter seines Hundes grundsätzlich treffende Tierhalterhaftung kann im Streitfall nicht mit der Begründung verneint werden, sie sei wegen freiwilliger Risikoübernahme durch die Klägerin mit dem Schutzzweck des § 833 Satz 1 BGB nicht vereinbar.
4
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob sich die Klägerin die Gesichtsverletzung durch einen Biss des Hundes des Beklagten zugezogen hat. Dies ist deshalb im Revisionsverfahren zu ihren Gunsten zu unterstellen.
5
2. § 833 Satz 1 BGB begründet eine Gefährdungshaftung des Tierhalters für den Fall, dass ein anderer durch das Tier in einem der in dieser Vorschrift genannten Rechtsgüter verletzt wird. Der Grund für die strenge Tierhalterhaftung liegt in dem unberechenbaren oder aber auch instinktgemäßen selbsttätigen tierischen Verhalten und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter, also der verwirklichten Tiergefahr (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, BGHZ 67, 129, 130, und vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 7, jeweils mwN; dazu kritisch: Schiemann in Erman, BGB, 13. Aufl., § 833 Rn. 4 mwN; vgl. auch Greger , Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 9 Rn. 12 f.; Moritz in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 833 Rn. 14 ff.). Diese ist dann nicht anzunehmen, wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist. Verletzungen durch Hundebisse sind danach grundsätzlich der spezifischen Tiergefahr zuzurechnen.
6
3. Der Tierhalterhaftung des Beklagten steht nicht entgegen, dass die Klägerin seinen Hund für zehn Tage in ihrer Hundepension aufnahm und für diese Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernahm. Die Haftung des Tierhalters nach § 833 Satz 1 BGB greift nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nämlich grundsätzlich auch dann ein, wenn ein Tieraufseher im Rahmen seiner Aufsichtsführung durch das betreute Tier verletzt wird (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80, VersR 1982, 366, 367; vom 19. Januar 1982 - VI ZR 132/79, VersR 1982, 348 f., und vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91, VersR 1992, 1145, 1146; BGH, Urteil vom 26. Juni 1972 - III ZR 32/70, VersR 1972, 1047, 1048; OLG Hamm, VersR 1975, 865; OLG Frankfurt, VersR 1997, 456; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 453; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 834 Rn. 3; Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 18 Rn. 39; Wussow/Rüge, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 11 Rn. 11; aA MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 833 Rn. 20).
7
4. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 833 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der freiwilligen Risikoübernahme. Bei der Tierhalterhaftung hat der erkennende Senat eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen. Der Umstand, dass sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, ist regelmäßig erst bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 254 BGB zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08, VersR 2009, 693 Rn. 7; vgl. auch Schiemann, aaO Rn. 6; Moritz, aaO Rn. 30; jeweils mwN). Unter welchen Voraussetzungen die Tierhalterhaftung ausnahmsweise bereits im Anwendungsbereich ausgeschlossen sein könnte, weil deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, aaO Rn. 14 ff. mwN), kann hier offenbleiben , denn ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
8
a) Für Fallgestaltungen, in denen sich Personen der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorübergehend aussetzen, ohne dabei die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, wird ein genereller Ausschluss der Tierhalterhaftung sowohl unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr als auch unter Schutzzweckerwägungen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgelehnt (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08, aaO Rn. 11 und 19 mwN). Für Fälle der vorliegenden Art kann grundsätzlich nichts anderes gelten.
9
b) Der Auffassung des Berufungsgerichts, eine Haftung des Beklagten werde deshalb nicht vom Schutzzweck der Norm des § 833 Satz 1 BGB umfasst , weil das Interesse der Klägerin, den Hund aufzunehmen, das des Beklagten überwiege, weil sie mit dem Betrieb der Hundepension ihren Lebensunterhalt verdiene, kann nicht gefolgt werden. Der erkennende Senat ist einer solchen Sichtweise bereits früher entgegengetreten (Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67, VersR 1968, 797, 798). Er hat für den Fall der Verletzung eines Hufschmiedes durch ein zu beschlagendes Pferd ausgeführt, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Hufschmied durch Abschluss des Werkvertrages allein noch nicht die Gefahr einer Verletzung durch das Tier übernehme. Denn es entspreche weder der Interessenlage noch den Erfordernissen von Treu und Glauben, dass der Hufschmied, der sich der mit dem Hufbeschlag notwendig verbundenen Tiergefahr aussetzen müsse, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch die Tiergefahr hervorgerufenen Schadensfolgen auf sich nehme, die das Gesetz dem Tierhalter als dem Urheber der Gefahr anlaste. Zum Wesen des Beschlagvertrages gehöre es, dass der Hufschmied sich einer erhöhten Tiergefahr aussetze, nicht dagegen, dass er den Tierhalter, von dessen Tier die Gefahr ausgehe, von seiner gesetzlichen Haftung für die Schadensfolgen entbinde, die aus der Tiergefahr erwachsen könnten.
10
c) Diese Überlegungen, an denen festzuhalten ist, treffen grundsätzlich auch für den Fall der Obhut über einen Hund in einer Tierpension zu. Die von den Vorinstanzen vertretene einschränkende Anwendung des § 833 Satz 1 BGB entspricht in Fällen der vorliegenden Art nicht der Intention des Gesetzes und ist auch nicht interessengerecht.
11
aa) Der Umstand, dass der Inhaber einer Hundepension - im Unterschied z.B. zum Hufschmied oder Tierarzt - sich dem Tier nicht nur zur Vornahme einzelner Verrichtungen nähert, sondern dessen Beaufsichtigung gegebenenfalls für mehrere Tage vollständig übernimmt und während dieser Zeit die alleinige Herrschaft über das Tier innehat, rechtfertigt insoweit keine abweichende rechtliche Beurteilung. Grundsätzlich unerheblich ist, dass der Tierhalter während der Zeit der Obhut seines Hundes in der Tierpension von einer eigenen Einwirkung auf sein Tier ausgeschlossen ist. Dieser Gesichtspunkt, der genauso auf den Pferdehalter zutrifft, der sein Pferd einem Reiter zum selbständigen Ausreiten überlässt (Senatsurteil vom 30. September 1986 - VI ZR 161/85, VersR 1987, 198, 200 mwN) oder es bei einem Dritten unterstellt, wo es von diesem eigenmächtig zu einer Reitstunde eingesetzt wird (Senatsurteil vom 19. Januar 1988 - VI ZR 188/87, VersR 1988, 609 f. mwN), steht der Tierhalterhaftung grundsätzlich nicht entgegen (aA OLG Nürnberg, VersR 1999, 240, 241). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bleibt die Tierhalterhaftung auch bei länger dauernder Überlassung des Tieres an einen Dritten erhalten, wenn derjenige, der sich des Tieres begibt, weiterhin für die Kosten der Tierhaltung aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Selbst eine etwaige Nutzung des Tieres durch den Dritten auch für eigene Zwecke steht dem nicht entgegen, solange sich nicht der Schwerpunkt der Nutzung des Tieres auf den Dritten verlagert (Senatsurteil vom 19. Januar 1988 - VI ZR 188/87, aaO).
12
bb) Die Tierhalterhaftung des Hundehalters gegenüber dem Tieraufseher , dem er seinen Hund zur Unterbringung in einer Hundepension überlassen hat, kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, der gewerblich tätige Inhaber der Hundepension sei deswegen während der Zeit der Unterbringung des Tieres für dieses allein verantwortlich, weil er aufgrund seiner Professionalität eine Schädigung durch das Tier vermeiden könne. Diese Erwägung ließe außer Acht, dass auch der Fachmann nicht vollständig zu verhindern vermag, dass sich typische, gleichwohl aber auch von ihm nicht zu beherrschende Tiergefahren realisieren (vgl. Wussow/Terbille, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 11 Rn. 35), zumal er mit der gegebenenfalls gerade diesem Tier anhaftenden besonderen Gefahr oftmals weniger vertraut sein wird als der Tierhalter, der die Eigenarten seines Tieres kennt. Der Umstand, dass ein Tieraufseher gewerblich tätig wird, macht ihn nicht weniger schutzwürdig.
13
5. Eine generelle Haftungsfreistellung lässt sich, worauf die Revisionserwiderung abhebt, auch nicht mit einer Übertragung der für den Fahrer von Kraftfahrzeugen in § 8 Nr. 2 StVG getroffenen Regelung begründen, denn diese Norm stellt eine Ausnahmevorschrift dar, die eng auszulegen ist (vgl. zu §§ 8, 8a StVG a.F. Senatsurteile vom 7. Juli 1956 - VI ZR 157/55, VersR 1956, 640, und vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 378/90, VersR 1992, 437, 438; aA Wagner, aaO) und deren Regelungsgehalt auch nicht auf vergleichbare Sachverhalte anderer Gefährdungshaftungen übertragen werden kann. Die Gefährdungshaftungen enthalten für die einzelnen Haftungsbereiche im Hinblick auf die Besonderheiten der jeweiligen Materie und ihrer Entstehungsgeschichte je eigenständige und in sich abgeschlossene Regelungen, die nur aus ihrem jeweiligen Zusammenhang heraus verstanden und angewendet werden können und demgemäß einer entsprechenden Anwendung auf andere Gefährdungshaftungen nicht zugänglich sind (Senatsurteil vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91, aaO S. 1146 f.).
14
6. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die gebotenen Feststellungen, gegebenenfalls auch zur Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08, aaO Rn. 15), nachgeholt werden können. Galke Diederichsen Pauge Stöhr Offenloch
Vorinstanzen:
AG Vechta, Entscheidung vom 04.04.2013 - 11 C 147/13 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 30.07.2013 - 9 S 239/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 225/04 Verkündet am:
20. Dezember 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 833, 242 Cd, 254 Ba, Da
Zu den Voraussetzungen des Ausschlusses der Tierhalterhaftung wegen Handelns
des Geschädigten auf eigene Gefahr.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 5. August 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Pferdekutschenunfall. Dieser ereignete sich bei einem Geländefahrturnier des Reitund Fahrvereins R. e.V., bei dem der Kläger als ehrenamtlicher Schiedsrichter (Bockrichter) auf dem Fahrzeug des Beklagten mitfuhr, der seine Pferde Romeo und Lavinia, für die er haftpflichtversichert ist, selbst lenkte. Beim Durchfahren eines Geländehindernisses wurde die Kutsche instabil und kippte auf die linke Seite. Dabei wurde der Kläger vom Bock geschleudert und verletzte sich schwer.
2
Nachdem der Kläger in erster Instanz behauptet hatte, der Beklagte habe den Unfall durch einen Fahrfehler verschuldet, hat er im Berufungsverfahren diesen Vorwurf nicht mehr aufrechterhalten. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Durch rechtskräftiges Urteil vom 28. März 2003 hat das Sozialgericht U. eine Pflicht der Berufsgenossenschaft des Reit- und Fahrvereins zur Übernahme der Krankheitskosten mangels einer Arbeitnehmereigenschaft des Klägers in dem Verein verneint.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht lehnt einen Anspruch des Klägers aus § 833 BGB ab, auch wenn sich bei dem Unfall unter Zugrundelegung des Vortrags beider Parteien die von den Pferden des Beklagten ausgehende Tiergefahr verwirklicht habe. Zur Begründung führt es aus, es sei ein Haftungsausschluss unter dem Gesichtspunkt der bewussten Risikoübernahme gegeben. Zwar liege zwischen den Parteien ein vertraglicher Haftungsausschluss nicht vor. Dafür fehle zum einen eine klare Absprache. Der Kläger habe zudem ohne eigene Einwirkungsmöglichkeit auf die Pferde und nicht im eigenen Interesse oder in Ausübung seines Berufes an dem Turnier teilgenommen. Außerdem stehe hinter dem Beklagten eine Haftpflichtversicherung. Doch habe der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt. Der Fahrvorgang, der zum Schaden geführt habe, gehe über die mit der normalen Tiergefahr verbundene Risikolage weit hinaus. Der Kläger habe auf dem Gespann des Beklagten an einem Fahrturnier teilgenommen, das als Wettrennen zu qualifizieren sei, weil es dabei darauf ankomme, in möglichst kurzer Zeit die Strecke zu durchfahren. Das Hindernis, bei dessen Durchfahrt es zum Unfall gekommen sei, habe als letzte Station vor der Zeitschranke des Ziels mit mehreren Wendungen und auch unterschiedlicher Lauffläche (feuchtem Gras, Wassergraben) erhöhte Anforderungen an Ross und Reiter gestellt und zugleich ein stark erhöhtes Gefährdungspotential gehabt. Da das Turnier in die Kategorie der "Anforderungen im Anfängerstadium" gefallen sei, habe der Kläger mit unfertigen Pferden und unerfahrenen Lenkern rechnen müssen. Der Fahrer müsse binnen Sekunden auf die typischen Erscheinungsformen der Tiergefahr reagieren, die durch die Eigenwilligkeit der Tiere, durch möglicherweise mangelnde Übung, Scheu vor dem Wasser, unzulängliche Lenkhilfen oder mit dem anderen Zugtier unabgestimmtes Verhalten bedingt sei. Auch hänge das Gelingen nicht nur vom Können des Kutschenlenkers ab, dem der Kläger als Bockrichter ohne eigene Einflussmöglichkeit und Einschätzbarkeit von dessen Fähigkeiten kurz vor dem Start zugewiesen worden sei. Entscheidend seien auch die Erfahrung und das koordinierte Verhalten des Beifahrers auf dem rückwärtigen Trittbrett, der für die geeignete Schwerpunktverlagerung zu sorgen habe. Der Kläger habe sich deshalb auf ein Rennen mit vielen Risikofaktoren eingelassen, die das von einem Pferd ausgehende normale Gefährdungspotenzial , wie es sich auch in einem Ausritt zu manifestieren pflege, überstiegen. Diese hohe Risikolage werde sinnfällig dadurch belegt, dass jede zehnte bis dreizehnte Kutsche bei solchen Turnieren umgeworfen werde.

II.

4
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts rechtfertigen unter den konkreten Umständen des Streitfalles nicht einen vollständigen Haftungsausschluss zu Lasten des Klägers.
5
1. Zutreffend ist der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, dass sich bei dem Unfall eine typische Tiergefahr verwirklicht hat, für die der Beklagte als Halter der Pferde nach § 833 Satz 1 BGB grundsätzlich einstehen muss.
6
a) Das wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger im zweiten Rechtszug keinen Fahrfehler des Beklagten mehr geltend gemacht hat, sondern seinen Anspruch ausschließlich auf die Tierhalterhaftung stützt. Schon nach dem Vortrag des Beklagten hatte die Kutsche vor dem Unfall einen starken Zug nach links gehabt, was nach seiner Darstellung auf die von ihm nicht gewollten Laufwege der Pferde zurückzuführen gewesen sei. Dieses Verhalten entsprang aus der tierischen Eigenwilligkeit. Demnach entsprach die Bewegung der Pferde trotz der Steuerung durch den Beklagten nicht dessen Willen. Dass das Berufungsgericht unter solchen Umständen die Verwirklichung einer typischen Tiergefahr angenommen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
7
b) Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres (vgl. grundlegend Senat BGHZ 67, 129, 132 f. sowie Urteile vom 13. Juli 1976 - VI ZR 99/75 - VersR 1976, 1175, 1176; vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - VersR 1977, 864, 865; vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - VersR 1982, 366, 367; vom 6. März 1990 - VI ZR 246/89 - VersR 1990, 796, 797; vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - VersR 1992, 371, 372; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - VersR 1992, 1145, 1146; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 170/98 - VersR 1999, 1291, 1292). Diese Voraussetzung kann zwar fehlen, wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt und nur daraus der Schaden resultiert, weil er in einem solchen Fall allein durch den Menschen verursacht wird (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1966 - VI ZR 11/65 - VersR 1966, 1073, 1074; vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - aaO; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 275/85 - NJW 1986, 2501; vom 30. September 1986 - VI ZR 161/85 - VersR 1987, 198, 200; BGH, Urteil vom 25. September 1952 - III ZR 334/51 - VersR 1952, 403; RGZ 50, 180 f.; 60, 103 f.; 80, 237, 239; ebenso Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 18 Rdn. 12; a.A. Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 2003, § 833 Rdn. 10; MünchKommBGB/Wagner, 4. Aufl., § 833 Rdn. 11 f.; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 833 Rdn. 7; Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB, Neubearbeitung 2002, § 833 Rdn. 57; Wussow/Terbille, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 11 Rdn. 14 f.). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn ein Pferd auf die - unter Umständen fehlerhafte - menschliche Steuerung anders als beabsichtigt reagiert. Denn diese Reaktion des Tieres und die daraus resultierende Gefährdung haben ihren Grund in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Senatsurteile vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - und vom 6. Juli 1999 - VI ZR 170/98 - beide aaO; Soergel/Zeuner, aaO, § 833 Rdn. 8). Das tierische Verhalten muss auch nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalles sein. Es genügt vielmehr, wenn das Verhalten des Tieres für die Entstehung des Schadens adäquat mitursächlich geworden ist (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2001, 19; OLG Oldenburg, VersR 2002, 1166; Geigel/Haag, aaO, Kap. 18 Rdn. 8; Soergel/Zeuner, aaO, § 833 Rdn. 4).
8
c) Unter den Umständen des Streitfalles hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - zu Recht das Verhalten der Pferde als unfallursächlich angesehen. Denn zu dem Sturz ist es gekommen , weil sie die Lenkvorgaben des Beklagten nicht befolgt haben. Ob sich der Beklagte mit seiner Fahrweise im Rahmen des ihm nach den Turnierregeln Erlaubten gehalten hat, ist hierfür nicht entscheidend.
9
2. a) Soweit das Berufungsgericht einen stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss verneint hat, wird dies von den Parteien nicht in Zweifel gezogen und ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
10
b) Jedoch begegnet durchgreifenden Bedenken, dass das Berufungsgericht einen vollständigen Haftungsausschluss unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr angenommen hat.
11
aa) Grundlage eines solchen Haftungsausschlusses ist der Grundsatz von Treu und Glauben und das sich hieraus ergebende Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Hiernach ist es nicht zulässig , dass der Geschädigte den beklagten Schädiger in Anspruch nimmt, wenn er sich bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begeben hat. Nur bei derartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme mit der Folge eines vollständigen Haftungsausschlusses für den Schädiger ausgegangen werden (BGHZ 34, 355, 363; 39, 156, 161; 63, 140, 144; 154, 316, 322 ff.).
12
bb) Bei der Tierhalterhaftung hat der erkennende Senat eine vollständige Haftungsfreistellung auch des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen, wenn beispielsweise der Geschädigte sich mit der Übernahme des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit dem Reiten oder der Nähe zu einem Pferd verbundenen Gefahr hinausgeht. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Tier erkennbar böser Natur ist oder erst zugeritten werden muss oder wenn der Ritt als solcher spezifischen Gefahren unterliegt, wie beispielsweise beim Springen oder bei der Fuchsjagd (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1954 - VI ZR 255/53 - VersR 1955, 116; vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - und vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - jeweils aaO und m.w.N.). Davon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus.
13
cc) Zwar wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass der Gesichtspunkt des Handels auf eigene Gefahr erst im Rahmen der Abwägung nach § 254 BGB zu berücksichtigen sei und zu keinem vollständigen Haftungsausschluss als Begrenzung der Tierhalterhaftung führen könne (vgl. Bamberger /Roth/Spindler, aaO, § 833 Rdn. 21; Staudinger/Belling/Eberl-Borges, aaO, § 833 Rdn. 192, 197 ff.; Bornhövd, JR 1978, 50, 51 f.). Nach anderer Ansicht setzt ein Haftungsausschluss voraus, dass der Reiter die Tiergefahr erkannt und wissentlich übernommen hat (MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 833 Rdn. 19; für eine teleologische Reduktion Kipp, VersR 2000, 1348, 1349 f.).
14
dd) Demgegenüber hält der erkennende Senat auch nach nochmaliger Überprüfung an seiner bisherigen Auffassung fest. Danach kann der Umstand, dass sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, regelmäßig erst bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 254 BGB Berücksichtigung finden und übrigens auch hier im Ergebnis dazu führen, dass der Verursachungsbeitrag des Tierhalters völlig zurücktritt. Doch sind auch Sachverhalte denkbar, bei denen die Tierhalterhaftung bereits im Anwendungsbereich ausgeschlossen ist, weil deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1966 - VI ZR 11/65 - aaO und vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, 865).
15
(1) Mit Fragen des Haftungsausschlusses außerhalb des Bereichs der Haftung des Tierhalters hat sich der Senat insbesondere bei Verletzungen in Ausübung sportlicher Kampfspiele im Bereich der Verschuldenshaftung befasst.
Nach den dafür entwickelten rechtlichen Grundsätzen verstößt es gegen das Verbot des treuwidrigen Selbstwiderspruchs, wenn der Geschädigte den beklagten Schädiger in Anspruch nimmt, obschon er ebenso gut in die Lage hätte kommen können, in der sich nun der Beklagte befindet, sich dann aber - mit Recht - dagegen gewehrt haben würde, diesem trotz Einhaltens der Spielregeln Ersatz leisten zu müssen (Senat BGHZ 63, 140, 144 ff.; 154, 316, 322 f.; zum Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens vergleiche auch Senat BGHZ 39, 156, 162). Diese Grundsätze gelten über den Bereich sportlicher Kampfspiele hinaus (vgl. Senat, Urteil vom 21. Februar 1995 - VI ZR 19/94 - VersR 1995, 583, 584) allgemein für Wettkämpfe mit erheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht (BGHZ 154, 316, 324; vgl. auch OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2005, 9, 11) und ebenso bei vergleichbarer Interessenlage für die Gefährdungshaftung nach § 833 BGB.
16
(2) Auch hier handelt der Geschädigte selbstwidersprüchlich, wenn er sich Risiken bewusst aussetzt, die über die normale Tiergefahr hinausgehen und er bei Verwirklichung der besonderen Gefahr den Halter aus dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung auf Schadensersatz in Anspruch nimmt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - aaO; Urteil vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - aaO; ebenso OLG Frankfurt, VersR 1976, 1138; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 390, 391 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 10. Oktober 2000 - VI ZR 88/00; Bemmann, VersR 1958, 583, 585; Schmid, JR 1976, 274, 277; Dunz, NJW 1987, 63, 67; zu § 242 BGB als Grundlage des Handelns auf eigene Gefahr Geigel/Hübinger, aaO, Kap. 12 Rdn. 38; vgl. auch Müller, VersR 2005, 1461, 1464; kritisch Staudinger /Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 254 Rdn. 66). Das Bewusstsein der besonderen Gefährdung ist mithin stets Voraussetzung, um ein Handeln des Geschädigten auf eigene Gefahr annehmen zu können. Ob unter diesem Blickpunkt die Haftung des Tierhalters von vornherein entfällt, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - aaO).
17
c) Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht im Streitfall bei der erforderlichen umfassenden Abwägung wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat.
18
aa) Zwar wertet das Berufungsgericht es im Ausgangspunkt zu Recht als erheblich, dass der Kläger bei einem Turnier mitfuhr, welches aufgrund seines Renncharakters und der erheblichen Anforderungen an "Ross und Reiter" durch das schwierige Hindernis am Ende der Strecke ein stark erhöhtes Gefährdungspotential gegenüber einer sonstigen Kutschfahrt aufwies. Doch hat es die Unterschiede des Streitfalls zu den Fällen vernachlässigt, in denen regelmäßig in der Rechtsprechung des Senats ein Haftungsausschluss wegen der Teilnahme an Wettkämpfen mit erheblichem Gefahrenpotential angenommen worden ist.
19
bb) So war der Kläger nicht aktiv als Wettkämpfer beteiligt, sondern versah das Amt eines Bockrichters ohne eigene Herrschaft über das Gespann. Deshalb fehlt im Streitfall der den Haftungsausschluss rechtfertigende Gesichtspunkt der gegenseitigen Gefährdung durch eine gegeneinander gerichtete oder parallel ausgeübte sportliche Betätigung (vgl. auch OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2005, 9, 11), deretwegen beim Wettkampf im allgemeinen für jeden Teilnehmer die Gefahr besteht, durch eigenes Verhalten sowohl Schädiger als auch Geschädigter zu werden (Senat BGHZ 63, 140, 145). Hingegen ist die Rolle des Klägers als ehrenamtlicher Schiedsrichter und sein Mitwirken am Wettkampf mit der Rolle eines aktiven Wettkämpfers nicht vergleichbar, der sich um des Kampfes und Sieges willen auch selbst gefährdet.
20
cc) Auch hat das Berufungsgericht außer Betracht gelassen, dass der Kläger überwiegend im Fremdinteresse handelte. Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts schreibt die für den Hindernisparcours einschlägige Leistungsprüfungsordnung der Deutschen reiterlichen Vereinigung (LPO) das Vorhandensein von Schiedsrichtern bei Fahrveranstaltungen vor, so dass derartige Fahrturniere ohne den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer nicht stattfinden könnten. Die Mitfahrt des Klägers als Schiedsrichter auf dem Kutschbock diente deshalb vor allem dem Interesse der Wettkampfteilnehmer , hier also auch des Beklagten. Während der Turnierfahrer selbst an dem Wettkampf vorwiegend in eigenem Interesse, nämlich um des Sieges willen oder aus Freude an der sportlichen Betätigung teilnimmt, handelt der ehrenamtliche Schiedsrichter durch seinen Einsatz in erster Linie fremdnützig und ermöglicht erst die wettkampfmäßige Austragung des Turniers. Ein Wettkampf ohne den Einsatz des Schiedsrichters wäre nicht möglich. Diese Interessenlage der Beteiligten spricht entscheidend gegen einen vollständigen Haftungsausschluss , zumal eine Haftpflichtversicherung besteht (vgl. hierzu Senat BGHZ 39, 156, 161; 154, 316, 322, 325).
21
4. Die Klage scheitert entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht an einer Haftungsbefreiung des Beklagten nach § 104 Abs. 1 SGB VII, da kein versicherter Arbeitsunfall gemäß den §§ 8, 2 Abs. 2 SGB VII vorliegt. Eine Haftungsprivilegierung käme dem Beklagten nur dann zugute, wenn die Beteiligten im Zeitpunkt der Schädigung selbst Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen wären (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 209, 212; vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03 - VersR 2004, 1045 ff. und vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261; BGH, BGHZ 151, 198, 201 f.
jeweils m.w.N.). Ob dies der Fall ist, wurde im sozialgerichtlichen Verfahren, an dem beide Parteien beteiligt waren, geprüft und abgelehnt. Der vorliegende Rechtsstreit war im Hinblick auf dieses Verfahren nach § 108 Abs. 2 SGB VII ausgesetzt. Das Sozialgericht hat das Vorliegen eines Versicherungsfalls und somit die Zugehörigkeit des Klägers zum Kreis der nach § 2 Abs. 2 SGB VII versicherten Personen (vgl. Senat BGHZ 129, 195, 198; Krasney, NZS 2004; 68, 72) allerdings nur im Verhältnis zum Reit- und Fahrverein verneint (Sozialgericht Ulm, Urteil vom 28. März 2003 - S 8 U 2601/01 - juris).
22
Im Verhältnis der Parteien zueinander käme ebenfalls nur ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII in Betracht. Hierfür wäre Voraussetzung , dass der Kläger im Verhältnis zum Beklagten als "Wie-Beschäftigter" tätig geworden ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03 - aaO). Dafür fehlen im Streitfall ersichtlich die erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen. Bei Tätigkeiten, die von ihrer Zweckbestimmung her nicht fremdwirtschaftlich geprägt sind, sondern gleichermaßen dem fremden wie dem eigenen Unternehmen dienen sollen, ist in der Regel davon auszugehen, dass sie allein zur Förderung der Interessen des Unternehmens übernommen worden sind, von dem der Beschäftigte damit anfänglich beauftragt worden ist. Erst wenn die Tätigkeit nicht mehr als Wahrnehmung einer Aufgabe des ursprünglichen Unternehmens bewertet werden könnte, stellt sich die Frage nach einer Zuordnung der Tätigkeit zu dem fremden Unternehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03 - aaO, 1046 m.w.N.). Die Tätigkeit des Klägers als Schiedsrichter lässt sich danach nicht zugleich wie eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII für den beklagten Wettkampfteilnehmer qualifizieren.
23
Ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis des Klägers zum Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser die Aufgabe des Bockrichters in Erfüllung seiner Pflichten als Mitglied des Reit- und Fahrvereins S. wahrgenommen hat. Die Aufgabe des Klägers bestand darin, die Einhaltung der Turnierregeln zu überprüfen und die Leistungen des Beklagten im Rahmen des vom Reit- und Fahrverein R. e.V. veranstalteten Turniers zu beurteilen. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag demnach nicht in der Unterstützung des Beklagten bei der Teilnahme an dem Wettkampf, sondern in dessen Bewertung und Überwachung.

III.

24
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht über eine möglicher- weise gegebene Mitverantwortlichkeit des Klägers im Rahmen des § 254 BGB und die Höhe der geltend gemachten Schäden entscheiden kann.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 26.02.2004 - 2 O 282/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 05.08.2004 - 2 U 56/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 166/08 Verkündet am:
17. März 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr
kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr
ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen
an dem Tier vorzunehmen.
Deshalb haftet der Tierhalter, soweit die tatbestandlichen Haftungsvoraussetzungen
des § 833 Satz 1 BGB vorliegen, einem Tierarzt, der bei der Behandlung
eines Tieres durch dessen Verhalten verletzt wird (hier: Pferdetritt beim
rektalen Fiebermessen).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Tierarztes kann anspruchsmindernd
nach § 254 BGB berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Tierarzt, verlangt von der Beklagten als Halterin eines Pferdes Ersatz materiellen und immateriellen Schadens, weil er bei der Behandlung des Pferdes verletzt wurde.
2
Die Beklagte hatte ihr Pferd, einen 700 kg wiegenden zehnjährigen Araber , auf dem Hof des Zeugen B. abgestellt. Am 23. Oktober 2006 versuchte der Kläger mit der linken Hand eine rektale Fiebermessung. Dabei wurde er von dem Pferd gegen den rechten Daumen getreten und erlitt dadurch einen Trüm- merbruch. Die Klage richtet sich vor allem auf den Ersatz des behaupteten Verdienstausfallschadens.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da das Schadensereignis bereits nicht vom Schutzbereich des § 833 BGB umfasst sei. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 833 BGB. Zwar habe sich in dem plötzlichen Tritt des Pferdes gegen den Daumen des Klägers eine typische Tiergefahr verwirklicht. Daraus folge aber nicht automatisch eine Bejahung des geltend gemachten Anspruchs. Im vorliegenden Fall träfen die Tierhalterhaftung (Gefährdungshaftung) und die berufsspezifischen Risiken eines Tierarztes aufeinander, so dass sich die Frage nach einem Interessenausgleich stelle. Dabei gehe es letztlich um eine "gerechte Zuweisung des Zufallsschadens". Von den unterschiedlichen Ansätzen, die gegebenenfalls zu einer Einschränkung der Haftung des Tierhalters führen könnten, sei die vom Landgericht für den Streitfall vertretene Einschränkung der Tierhalterhaftung aufgrund von Normzwecküberlegungen abzulehnen. Den Schutzbereich der Norm des § 833 BGB schon dann zu verneinen, wenn ein Anspruchsteller an einer im Zusammenhang mit dem Tier übernommenen Verpflichtung Geld verdiene, würde zu einer nicht vertretbaren Aufweichung der Gefährdungshaftung aus § 833 BGB führen, zumal der Tritt eines Pferdes - wie hier - geradezu die typische Verwirklichung der spezifischen Tier- gefahr sei. Auch der Ansicht, im Rahmen der vom Verletzten übernommenen "eigenen Herrschaft" über das Tier komme es darauf an, ob der Tierhalter noch die Möglichkeit eigener Einflussnahme hatte, sei nicht zu folgen. Das Abgrenzungskriterium der Möglichkeit eigener Einflussnahme als Maßstab für eine Haftungsbeschränkung im Rahmen des § 833 BGB sei insgesamt untauglich, weil es in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig gänzlich irrelevant sei, ob der Tierhalter bzw. wer auch immer an seiner Stelle zugegen war. Abzulehnen sei auch die Ansicht, wonach eine in Fällen der vorliegenden Art als notwendig angesehene Haftungsbeschränkung im Rahmen der Beweislast derart zu erfolgen habe, dass der Tierarzt darlegen und beweisen müsse, was sich in seinem Herrschaftsbereich zugetragen habe. Bei der Frage eines eventuellen Sorgfaltsverstoßes des Tierarztes im Rahmen der von ihm durchgeführten Behandlung handele es sich der Sache nach um einen Mitverschuldenseinwand (§ 254 BGB), für den derjenige darlegungs- und beweisbelastet sei, der sich auf ein Mitverschulden berufe, also gerade nicht der Tierarzt, sondern sein Anspruchsgegner. Schließlich könne auch die Berücksichtigung des Behandlungsvertrages im Rahmen der Tierhalterhaftung im vorliegenden Fall nicht zu einer Haftungsbeschränkung führen. Zwar sei es rechtlich grundsätzlich möglich, dass eine vertragliche Haftungsbeschränkung auch auf außervertragliche Ansprüche durchschlagen könne. Jedoch werde man nicht davon ausgehen können, dass jedem entgeltlichen Vertrag über eine Tätigkeit an einem Tier von vornherein ein vertraglicher Haftungsausschluss zugunsten des Tierhalters innewohne. Die Annahme eines solchen generellen, gleichsam vertragsimmanenten Haftungsausschlusses sei auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB wegen eines wirtschaftlichen Gefälles zwischen Tierarzt und Tierhalter geboten. Für eine ausdrücklich vereinbarte oder zumindest im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründbare vertragliche Haftungsbeschränkung sei im konkreten Fall nichts ersichtlich.
5
Indes sei eine Haftung der Beklagten aus § 833 BGB hier ausgeschlossen , weil der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt habe. Bei der Tierhalterhaftung komme eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn beispielsweise der Geschädigte sich mit der Übernahme des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen Gefahr aussetze. So liege es, wenn - wie hier - die mit der Nähe zu einem Pferd verbundene übliche Gefahr durch die Tätigkeit des Geschädigten gesteigert oder gar erst provoziert werde. Der Kläger habe als dem Pferd zumindest relativ fremde Person ein Fieberthermometer in dessen After einführen wollen. Dazu habe er von der Kruppe her, also im kritischen Bereich der Hinterläufe zunächst den Schweif erreichen müssen, um den After für die Einführung des Thermometers zugänglich zu machen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Pferde darauf abwehrend und dabei auch noch schreckhaft reagieren könnten, weil die natürliche Scheu ein derartiges auch instinkthaftes Verhalten begünstige. Deshalb sei das Prozedere des Klägers besonders geeignet gewesen, die mit dem Umgang mit Pferden verbundene gewöhnliche Gefahr herauszufordern. Dass diese sich dann in einem spontanen Tritt nach hinten äußern mochte, habe auf der Hand gelegen und dem Kläger als ambulant auf dem Lande tätigen, also vielfach mit der Tierhaltung konfrontierten Tierarzt nicht verborgen geblieben sein können. Wenn er sich unter solchen Umständen zur Behandlung des Pferdes entschlossen habe, habe er damit auch das mit der Ausübung seines Berufes typische Risiko übernommen. Dann aber müsse er für die daraus resultierenden Folgen selbst einstehen, zumal er der von ihm selbst aktualisierten Tiergefahr durch entsprechende tatsächliche wie finanzielle Vorsorge, etwa durch Abschluss einer entsprechenden Versicherung, hätte begegnen können.

II.

6
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg.
7
1. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht den aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten an sich zu bejahenden Anspruch des Klägers aus § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr. Bei der Tierhalterhaftung hat der erkennende Senat eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen, wobei ohnehin der Umstand, dass sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, regelmäßig erst bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 254 BGB Berücksichtigung finden kann und lediglich Ausnahmefälle denkbar sind, bei denen die Tierhalterhaftung bereits im Anwendungsbereich ausgeschlossen ist, weil deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße (Senatsurteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418 m.w.N.).
8
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung unter Berufung auf die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen, wie es beim Tierarzt der Fall ist.
9
a) Von einem Handeln auf eigene Gefahr im Rechtssinne kann nur dann die Rede sein, wenn sich jemand in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen, ohne dass dafür ein triftiger - rechtlicher, beruflicher oder sittlicher - Grund vorliegt (Senatsurteil BGHZ 34, 355, 358; BGB-RGRK/ Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 64). Denn die Grundlage eines Haftungsausschlusses wegen Handelns auf eigene Gefahr ist der Grundsatz von Treu und Glau- ben und das sich hieraus ergebende Verbot widersprüchlichen Handelns (Senatsurteile BGHZ 34, 355, 363; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - aaO, S. 417). Von einem widersprüchlichen Verhalten kann indes erkennbar nicht die Rede sein, wenn die vom Tierhalter veranlasste ärztliche Behandlung eines Tieres in Frage steht. Hier liegt ein triftiger Grund dafür vor, dass der Tierarzt sich der Tiergefahr aussetzt.
10
b) Letztlich dient die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr bei der Gefährdungshaftung dazu, diese Haftung in solchen Fällen auszuschließen, in denen sie nach dem Normzweck als unangemessen erscheint, weil der Schaden nicht der Gefahr des Tieres (oder Kraftfahrzeugs u. dergl.), sondern dem Handeln des Geschädigten selbst zuzurechnen ist (vgl. BGB-RGRK/Steffen, aaO; Terbille, VersR 1994, 1151, 1154).
11
Dem entsprechend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein grundsätzlicher Ausschluss der Tierhalterhaftung gegenüber Personen, die sich der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorübergehend aussetzen, ohne die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, zu Recht abgelehnt worden (vgl. RG, JW 1904, 57 - Tierarzt beim Kupieren eines Pferdeschweifs; JW 1912, 797 - Tierarzt beim Aufstechen einer Eiterbeule bei einem Pferd; JW 1911, 89 f. - Hufschmied; Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 - VersR 1968, 797 ff. - Hufschmied) und wird auch in der Literatur verneint (BGBRGRK /Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 68; Erman/Schiemann, BGB, 12. Aufl., § 833 Rn. 6; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 122; MünchKommBGB /Stein, 3. Aufl., § 833 Rn. 25 ff.; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 833 Rn. 18, 29; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 1961, S. 358 f.; Terbille, aaO, S. 1152; vgl. auch Staudinger/Eberl-Borges, Neubearbeitung 2008, § 833 Rn. 189 ff.). Unsachgemäßes Verhalten solcher Personen bei der Berufsausübung , welches für einen Schaden mitursächlich geworden ist, kann - sofern kein vertraglicher Haftungsausschluss vorliegt - nur unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) berücksichtigt werden.
12
c) Das Berufungsgericht erkennt selbst, dass ein Ausschluss der Haftung nach § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur ausnahmsweise in Betracht kommt, meint aber wohl, dass derjenige, der sich einem Tier aus beruflichen Gründen nähert, insoweit keinen Schadensersatzanspruch hat, als er im Rahmen seiner beruflich geschuldeten Verrichtungen besonders risikoreiche Handlungen vornimmt, wobei im Streitfall nicht einmal festgestellt ist, dass das Fiebermessen auf andere Weise hätte bewerkstelligt werden können, als es der Kläger getan hat.
13
Dem kann schlechterdings nicht gefolgt werden. Das Handeln desjenigen , der sich einem Tier aus beruflichen Gründen im Interesse des Tierhalters und mit dessen erklärter oder anzunehmender Billigung helfend nähert, kann nicht rechtlich in ungefährliche Handlungen auf Gefahr des Tierhalters und in gefährliche Handlungen auf Gefahr des Handelnden aufgeteilt werden. Der Tierarzt, der ein Pferd im Auftrag des Tierhalters medizinisch versorgt, handelt in der Regel in keiner Phase der Behandlung auf eigene Gefahr. Vielmehr setzt er sich der Tiergefahr mit triftigem Grund aus, ja muss sich ihr aussetzen, wenn er seinen ärztlichen Auftrag und den Vertrag mit dem Tierhalter erfüllen will. Von einem widersprüchlichen Handeln bei der Inanspruchnahme des Tierhalters aus § 833 BGB kann bei dieser Sachlage nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Dies gilt insbesondere, wenn - wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist - die gefährlichen Handlungen erforderlich sind, um die Behandlung fachgerecht durchzuführen, gilt aber in der Regel auch, wenn der Tierarzt bei dem Behandlungsgeschehen unvorsichtig oder gar fehlerhaft vorgeht.
14
Die Ausführungen des Landgerichts, wer bei Handlungen zu Schaden komme, mit denen er Geld verdiene, könne nicht Schadensersatz aus § 833 BGB verlangen, sind ebenso unrichtig wie die Ausführungen des Berufungsgerichts , wonach ein Anspruch aus der Gefährdungshaftung des § 833 BGB ausscheide , wenn jemand das typische Risiko seines Berufs übernehme. Beide Standpunkte sind letztlich von Normzwecküberlegungen geprägt, denen nicht zugestimmt werden kann. Der erkennende Senat ist einer solchen Sichtweise bereits früher entgegen getreten. Er hat entschieden (Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 - aaO, S. 798), es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Hufschmied durch Abschluss des Werkvertrages allein noch nicht die Gefahr einer Verletzung durch das Tier übernehme. Denn es entspreche weder der Interessenlage noch den Erfordernissen von Treu und Glauben, dass der Hufschmied, der sich der mit dem Hufbeschlag notwendig verbundenen Tiergefahr aussetzen müsse, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch die Tiergefahr hervorgerufenen Schadensfolgen auf sich nehme, die das Gesetz dem Tierhalter als dem Urheber der Gefahr anlaste. Zum Wesen des Beschlagvertrages gehöre es, dass der Hufschmied sich einer erhöhten Tiergefahr aussetze, nicht dagegen, dass er den Tierhalter, von dessen Tier die Gefahr ausgehe, von seiner gesetzlichen Haftung für die Schadensfolgen entbinde, die aus der Tiergefahr erwachsen könnten.
15
Diese Überlegungen, an denen festzuhalten ist, treffen in vollem Umfang auch auf den Behandlungsvertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt zu. Die von den Vorinstanzen vertretene einschränkende Anwendung des § 833 BGB entspricht in Fällen der vorliegenden Art nicht der Intention des Gesetzes und ist auch nicht interessengerecht. Sie ist im Übrigen keinesfalls notwendig, um in Fällen, in denen derjenige, der vertragsgemäß Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen hat, besonders risikoreiche bzw. fehlerhafte Handlungen vornimmt, zu gerechten Ergebnissen zu kommen. Abzulehnen ist hier nur ein grundsätzli- cher Ausschluss der Tierhalterhaftung. Das fehlerhafte Handeln des Geschädigten kann hingegen ohne weiteres im Rahmen einer Abwägung der verschiedenen Verursachungsbeiträge nach § 254 BGB berücksichtigt werden. Bei einem groben Eigenverschulden des Geschädigten kann danach die Haftung des Tierhalters auch ganz ausgeschlossen sein (so in dem dem Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 -, aaO, zugrunde liegenden Fall).
16
d) Das Berufungsurteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Sichtweise. Das Berufungsgericht bejaht einen völligen Haftungsausschluss aus grundsätzlichen Erwägungen. Es prüft deshalb - aus seiner rechtlichen Sicht konsequent - nicht, ob dem Kläger ein Mitverursachungsbeitrag anspruchsmindernd zuzurechnen ist oder ob er bei der Durchführung einer für die Behandlung des Pferdes notwendigen und aus fachlicher Sicht nicht zu beanstandenden Maßnahme verletzt wurde. Diese Prüfung wird nachzuholen sein.
17
2. Die vom Berufungsgericht im Ergebnis gebilligte Klageabweisung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen Haftungsausschluss aus anderen Gründen. Dagegen bringt die Revisionserwiderung auch nichts vor.
18
a) Dass der Vertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt nicht von vornherein einen vertraglichen Haftungsausschluss beinhaltet, ergibt sich schon aus den vorstehenden Ausführungen. Für einen konkret im vorliegenden Einzelfall vereinbarten Haftungsverzicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - VersR 1977, 864, 866) ist nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nichts ersichtlich.
19
b) Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, den Schutzzweckerwägungen des Landgerichts zu einer Einschränkung der Tierhalterhaftung bei dem beruflichen Umgang mit Tieren sei nicht zu folgen.
Auch dies ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen. Damit ist nicht gesagt, dass bei ganz besonders gelagerten Fallgestaltungen die Tierhalterhaftung nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ausgeschlossen sein kann (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865). Unter welchen Umständen dies der Fall ist (vgl. etwa OLG Nürnberg, VersR 1999, 240, 241 - Aufnahme eines Tieres in eine Tierklinik), muss hier nicht entschieden werden.
20
c) Mit Recht stellt das Berufungsgericht für einen möglichen Haftungsausschluss nicht darauf ab, wer in dem Zeitpunkt, als der Kläger das Pferd behandelte , am Behandlungsort anwesend war. Ob Fälle denkbar sind, bei denen sich ein Haftungsausschluss daraus ergibt, dass eine andere Person als der Tierhalter temporär die Herrschaft über das Tier ausübt, kann dahinstehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865 - Reiter; ferner : RGZ 58, 410, 412 ff. und OLG Celle, VersR 1990, 794 f. - eigenverantwortliche Ausbildung eines Pferdes durch einen Trainer; OLG Nürnberg, aaO). Keinesfalls ist die Haftung aus diesem Grund ausgeschlossen, wenn ein Tierarzt das Tier auf dem Hof des Tierhalters oder auf dem Hof eines Dritten, bei dem der Tierhalter das Tier untergestellt hat, vorübergehend tierärztlich behandelt. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, dass die Verwirklichung der Tiergefahr, für die der Tierhalter haftet, in derartigen Situationen im Regelfall nicht davon abhängt, wer sich außer dem Tierarzt noch in der Nähe des Tieres befindet.
21
d) Schließlich ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts zutreffend, dass im Streitfall ein Ausschluss der Tierhalterhaftung nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umkehr der Beweislast bejaht werden kann. Der Ansicht, dass der Tierhalter nicht hafte, wenn der Tierarzt nicht beweist, dass er alle zumutbare Sorgfalt hat walten lassen (so OLG Zweibrücken, VersR 1997, 457; ähnlich OLG Nürnberg, aaO, S. 241 f.; dahin gehend auch die Rspr. des Reichsgerichts, etwa RGZ 61, 54, 56; weitere Nachweise bei BGBRGRK /Steffen, aaO, Rn. 69), ist nicht zu folgen (MünchKomm-BGB/Stein, aaO, Rn. 25; BGB-RGRK/Steffen, aaO, Rn. 69). Die vertragliche Beziehung zwischen Tierhalter und Tierarzt bietet für eine solche Beweislastverteilung, etwa nach dem Gedanken der im Bereich der vertraglichen Haftung geltenden gesetzlichen Beweislastregel des § 282 BGB a.F. und des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F., keine Grundlage. Sofern der Tierhalter grundsätzlich nach § 833 BGB haftet, geht es nicht um die vertraglichen Pflichten des Tierarztes, sondern darum, ob und inwieweit dessen tatsächliches Verhalten Anlass gibt, die Haftung des Tierhalters zu mindern.
22
Ob das Verhalten desjenigen, der sich der Tiergefahr vertragsgemäß aussetzt, ohne Tierhüter zu sein (§ 834 BGB), bei der Schadensverursachung mitgewirkt hat, ist ausschließlich nach § 254 BGB zu beurteilen. Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist aber regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 175, 153, 158), im Anwendungsbereich des § 833 BGB also der Tierhalter (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - VersR 2005, 1254, 1256). Dass dieser zu den Handlungen des Geschädigten beim Umgang mit dem Tier möglicherweise mangels Kenntnis nicht ausreichend vortragen kann, rechtfertigt keine Umkehr der Beweislast. Der Geschädigte hat insoweit im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret zu seinem Handeln vorzutragen, der Schädiger hat sodann zu beweisen, inwieweit der Vortrag des Geschädigten unrichtig ist (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 100, 190, 195 f.; 163, 209, 214, jeweils m.w.N.).
23
Da dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen ist, inwiefern die Parteien zu einem etwaigen Mitverschulden des Klägers vorgetragen haben, ist für das vorliegende Revisionsverfahren ohnehin zu unterstellen, dass der Kläger ord- nungsgemäß gehandelt hat. Für das weitere Verfahren wird das Berufungsgericht aber davon ausgehen können, dass die Beklagte einen haftungsmindernden Mitverursachungsbeitrag des Klägers zu beweisen hat.

III.

24
Mithin ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr etwaigem Vortrag der Parteien zu einem Mitverursachungsbeitrag des Klägers und, soweit danach eine Haftung der Beklagten verbleibt, dem Vortrag zur Schadenshöhe nachzugehen haben. Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 24.09.2007 - 6 O 162/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.06.2008 - I-9 U 229/07 -

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.4.2007 hinsichtlich Ziffer 1 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12 000 zu zahlen.

2. Ziffer 5 des Tenors der angefochtenen Entscheidung entfällt.

3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Streitgegenständlich sind Ansprüche aus einem Unfall, den die damals dreizehnjährige Klägerin beim Ausreiten mit einem Pferd der Beklagten erlitten hat. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen statt gegeben.
Hiergegen richten sich die rechzeitig eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld in Anbetracht der im Einzelnen in der Berufungsbegründung dargestellten erlittenen Schäden unzureichend sei.
Die Beklagte rügt, dass das Landgericht entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung die Beweislastumkehr des § 834 BGB im Rahmen der Schadensmitverursachung nicht berücksichtigt habe. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft. Die gesundheitlichen Folgen des von der Beklagten bestrittenen Vorgangs seien entgegen den Feststellungen des Landgerichts streitig gewesen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes, im Ermessen des Gerichts stehendes Schmerzensgeld zu bezahlen,
2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 10 000 für angemessen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
10 
1. unter teilweiser Abänderung des am 17.04.2007 verkündeten Urteils des LG Konstanz - 6 O 164/06 - die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
12 
Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin für unzulässig, da sie nicht beschwert sei. Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung gegen die Angriffe der Beklagten und wiederholt und vertieft hierbei ihr erstinstanzliches Vorbringen.
13 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der (minderjährigen) Klägerin, die als Zeugin im Termin vom 14.03.2008 gehört worden ist. Außerdem hat es ein schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen C. R. eingeholt, welches dieser im Termin vom 08.10.2008 erläutert hat.
14 
Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Niederschriften der Vernehmungen sowie das schriftliche Gutachten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
15 
Nur die Berufung der Klägerin hat Erfolg, weil das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld im Hinblick auf die weiteren eingetretenen Schadensfolgen nunmehr zu niedrig bemessen erscheint. Demgegenüber hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg, weil sie für den streitgegenständlichen Unfall nach § 833 Satz 1 BGB einzustehen hat und der Mitverursachungsbeitrag der Klägerin hinter dem gravierenden Verschulden der Beklagten zurücktritt.
16 
Zur Berufung der Beklagten:
17 
1. Die Klägerin hat den Unfallhergang, soweit es um die Vorgänge nach dem Anhalten des Pferdes geht, in ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung präzisiert. Der erkennende Einzelrichter ist wie auch das Landgericht der Überzeugung, dass die Klägerin trotz des erkennbaren Eigeninteresses am Ausgang des Verfahrens umfassend und - auch zu ihren Lasten gehend schonungslos - wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Hiernach ist das von ihr gerittene Pony grundlos bei einem Ausritt im Wald durchgegangen. Es gelang der Klägerin mit Mühe, das Pony zum Halten zu bringen. Die Klägerin stieg links ab und hielt das Pferd mit der linken Hand am Zügel fest, ohne den Zügel um die Hand zu wickeln. Das Pferd war dennoch verstört und wollte sich losreißen und wegrennen. Die Klägerin hat überzeugend berichtet, sie habe Angst gehabt, dass das Pferd auf die Straße renne. Sie habe deshalb das Pferd zusätzlich mit der rechten Hand am Steigbügel gehalten, um es vom Weglaufen abzuhalten. Sie sei dann vom Pferd über eine gewisse Strecke weggeschleift worden. Dabei habe ihr das Pferd mit einem der Hinterfüße ins Gesicht getreten.
18 
Damit hat sich die typische, von einem Pferd ausgehende Tiergefahr zulasten der Klägerin realisiert.
19 
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Privilegierungstatbestand nach § 833 Satz 2 BGB von vornherein ausscheide, weil die Pferdehaltung überwiegend privaten Zwecken gedient habe. Hiergegen wendet sich die Beklagte nicht. Anhaltspunkte, die Zweifel an dieser Feststellung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.
20 
3. Allerdings kommt vorliegend grundsätzlich ein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin als Tieraufseherin für den streitgegenständlichen Vorfall in Betracht. Dies hat der Senat in dem Beschluss vom 10.09.2007 im Einzelnen ausgeführt.
21 
(Anm: eingefügt aus dem Beschluss) Allerdings ist der Beklagten einzuräumen, dass vorliegend zu Lasten der Klägerin grundsätzlich eine Mithaftung des Tieraufsehers nach § 834 BGB in Betracht kommt. Der Vater der Klägerin hat nämlich erstinstanzlich bei der Partei Anhörung glaubwürdig berichtet, dass die Eltern keinen konkreten Vertrag mit der Beklagten gehabt hätten. Sie hätten J. in die Obhut der Beklagten gegeben in dem Vertrauen darauf, dass diese wisse, was man J. zumuten könne. Die Zeugin hat berichtet, dass sie bereits früher einmal ohne Begleitung der Beklagten und nur in Begleitung eines noch jüngeren Kindes im Gelände ausgeritten sei. Dies hätten die Eltern gewusst und auch erlaubt. Nachdem die Eltern der Klägerin der Beklagten für jede Reitstunde 15,- Euro gezahlt haben und mit einem Ausritt einverstanden waren, bei denen die Klägerin nicht von der Beklagten, sondern nur von einem noch jüngeren Mädchen begleitet wurde, durfte die Beklagte annehmen, dass die Klägerin mit Einverständnis ihrer gesetzlichen Vertreter auch ohne Beaufsichtigung durch die Beklagte im Gelände reiten dürfe und als Nebenpflicht die selbstständige Überwachung des Tieres übernehme. Wer ein gemietetes Pferd selbstständig ausreitet, ist in der Regel Tierhüter im Sinne von § 834 BGB (BGH NJW 1987, 949). Da die Beklagte während des Ausrittes keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Pferd haben konnte, ist das Verhalten der Parteien in dem Sinne zu werten, dass die Klägerin in dieser Zeit mit Billigung ihrer Eltern rechtsgeschäftlich die Obhut des Pferdes übernommen hat. Damit war sie Tieraufseherin im Sinne der genannten Bestimmung.
22 
Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der verletzte Tieraufseher gegenüber dem Vorwurf des Mitverschuldens nach § 254 BGB den Entlastungsbeweis entsprechend § 834 BGB zu erbringen (vgl. BGH NJW 1992, 2474; VersR 1972, 1047). Diesen Entlastungsbeweis hat die Klägerin vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgreich geführt. Das Landgericht hat, wie bereits dargestellt, festgestellt, dass das Pferd ohne sichtbaren Anlass durchgegangen sei. Ein fehlerhaftes Verhalten der Klägerin während des Reitvorgangs ist somit ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Anhalten des Pferdes fehlerhaft gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Aus der Schilderung der Zeugin über diese Vorgänge ergeben sich keine diesbezüglichen Hinweise. Das Landgericht hat der Zeugin, wie dargelegt, geglaubt und bindende Feststellungen getroffen. Die Beklagte trägt hierzu nichts vor. Auch derjenige, der sich in Folge vermuteten Verschuldens zu entlasten hat, ist nicht gehalten, sämtliche auch nur theoretisch denkbaren fehlerhaften Verhaltensweisen auszuräumen. Sonst würde aus der Haftung wegen vermuteten Verschuldens eine objektive (Gefährdungs-)Haftung.
23 
Der Klägerin kann auch nicht ein Übernahmeverschulden vorgehalten werden. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichtes ist die Klägerin nämlich auf Vorschlag der Beklagten alleine ausgeritten. Unter diesen Voraussetzungen überzeugt die Überlegung des Landgerichts, wonach die zum Unfallzeitpunkt 13-jährige Klägerin in Bezug auf die Einschätzung ihres reiterischen Vermögens nicht „schlauer“ sein musste als die Beklagte, die sich bei Pferden nach ihrer eigenen glaubhaften Darstellung auskennt. Das Landgericht hat überzeugend festgehalten, dass der Beklagten nicht einmal ein fahrlässiges Verhalten vorgehalten werden könne. Dasselbe gilt für die Klägerin.
24 
Nach Einholung des Sachverständigengutachtens steht fest, dass die Klägerin sich in der konkreten Situation fehlerhaft verhalten hat. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass ein Reiter in einer solchen Situation versuchen müsse, das Pferd zu beruhigen. Er solle mit ruhiger Stimme auf das Pferd einreden und versuchen, es mit einer Hand am Hals-Schulterbereich abzuklopfen, damit das Pferd zunächst die Aufmerksamkeit des Reiters wieder erlange. Gemeint ist: Damit der Reiter die Aufmerksamkeit des Pferdes erlangt. Der Reiter solle sich dabei immer im Kopf-Hals-Schulterbereich des Pferdes aufhalten. Der Reiter solle das Pferd beschäftigen und aktiv von der vorherigen Situation des Durchgehens ablenken und beruhigen. Dabei könne er das Pferd um sich herumkreisen lassen und versuchen, es rückwärts zu richten oder ganz aktiv zu führen. Zwecklos seien Versuche, das in Angst befindliche Pferd mit Körperkraft zurückzuhalten und damit das Weglaufen zu verhindern.
25 
4. Dass die Klägerin nach § 828 Abs. 3 BGB für ihr Verhalten nicht einzustehen hätte, macht sie nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich.
26 
5. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB).
27 
Der Mitverursachungsbeitrag, den die Klägerin für den streitgegenständlichen Unfall zu verantworten hat, tritt hinter das schuldhafte Verhalten der Beklagten zurück.
28 
Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin Reitstunden erteilt. Die Klägerin durfte gegen ein Entgelt in Höhe von 15 EUR pro Ritt ein Pferd der Beklagten reiten. Die Beklagte hat bei ihrer zweitinstanzlichen Anhörung wahrheitsgemäß berichtet, dass auf dem Reitplatz das Pferd schon mal schneller gegangen sei. Dagegen sei das Pferd im Gelände nie durchgegangen. Sie habe mit der Klägerin also das Durchgehen im Gelände nicht geübt. Sie sei mit der Klägerin auch durchgegangen, wie man vom Pferd absteigt. Wie man sich verhalten solle, wenn ein Pferd „durchgeht“, habe sie mit der Klägerin jedoch nicht speziell besprochen. Sie habe ihr jedoch gesagt, dass man den Zügel nicht um die Hände wickele, damit man nicht weggezogen werde im Falle eines Falles.
29 
Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Ausbildung des Reiters im Gelände umso erfolgreicher sein werde, je sicherer und erfahrener das dazu zur Verfügung gestellte Pferd sei. Ein noch wenig routinierter Reiter solle auch mit dem besten Pferd nie alleine im Gelände üben, sondern nur in Begleitung und unter der Aufsicht erfahrener Kameraden oder eines Ausbilders sein. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung erläutert, dass er der Akte entnommen habe, dass die Klägerin innerhalb von 2 Jahren insgesamt 6 Mal im Gelände gewesen sei. Dieser Anknüpfungspunkt ist zutreffend. Die Klägerin hat dies bereits erstinstanzlich mit dem Vorbehalt, es seien "ca" 6 Ausritte gewesen, berichtet, sie wisse es aber nicht mehr genau. Das Landgericht hat ihr umfassend geglaubt. Auch das nunmehr erkennende Gericht folgt den Angaben der Klägerin aus den bereits dargelegten Gründen. Das Landgericht ist im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung von mindestens 10 Ausritten ausgegangen. Darauf, welche der Angaben exakt zutrifft, kommt es vorliegend nicht an, weil sich die Anzahl von Ausritten, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt haben, regelmäßig nicht mehr exakt rekonstruieren lässt und die Differenzen für die Bewertung ohne Bedeutung sind. Der Sachverständige hat hieraus gefolgert, dass die Klägerin überhaupt keine Erfahrung im Gelände gehabt habe. Ein erfahrener Reiter reite pro Tag 1 Stunde und nehme zusätzlich praktischen wie theoretischen Unterricht. Diese Bewertung hat der Sachverständige auch auf Vorhalt durch die Beklagte aufrecht erhalten, dass es der Klägerin gelungen sei, das Pferd anzuhalten, nachdem es durchgegangen sei. Das Gericht hält den Sachverständigen für sachkundig. Seine Darlegungen sind überzeugend. Selbst wenn es einem Reiter, der infolge der geringen Anzahl von Ausritten ins Gelände als unerfahren zu bezeichnen ist, gelingt, das Pferd nach dessen Durchgehen zum Stillstand zu bringen, rechtfertigt dies nicht die Bewertung, es handle sich hierbei um einen erfahrenen Reiter. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass ein erfahrener Reiter in dieser Situation überhaupt nicht vom Pferd absteige, vielmehr mit dem Pferd im Schritt weiter reite. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte der Klägerin das Pferd nicht zum Ausritt ins Gelände ohne erfahrene Begleitung überlassen dürfen. Als Reitlehrerin war sie der minderjährigen und unerfahrenen Klägerin gegenüber verpflichtet, deren Können abzuschätzen und sie vor den für einen unerfahrenen Reiter mit einem Ausritt verbundenen erheblichen Gefahren zu bewahren. Es liegt ein gravierender, schuldhaft begangener Fehler vor.
30 
In der konkreten Schadenssituation verliert das fehlerhafte Verhalten der Klägerin demgegenüber an Gewicht. in eine Aufgabe der Beklagten wäre es gewesen, die Klägerin nicht für eine unerfahrene Reiterin schwer beherrschbare Situation zu bringen. Die Klägerin hat sich aus Angst, wie sie glaubwürdig berichtet hat, in der festgestellten Weise verhalten. Sie hat demnach aus Angst in einer Situation einen Fehler begangen, in die sie die Beklagte schuldhaft gebracht hat. Dies lässt ihren Verursachungsbeitrag gegenüber dem rechtswidrigen und erheblich schuldhaften Verhalten der Beklagten gänzlich zurücktreten.
31 
6. Das Landgericht hat im Tatbestand nach § 314 ZPO bindend festgehalten, dass die Verletzungen der Klägerin unstreitig seien. Die Berichtigung des Tatbestandes wurde abgelehnt. Im übrigen sind die Schäden zur Überzeugung des Gerichts durch die erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Atteste und auch die Angaben der Eltern der Klägerin belegt.
32 
7. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind erstattungsfähig. Die Klägerin ist durch die Rückabtretung, die urkundlich nachgewiesen ist, aktiv legitimiert. Die Rechtschutzversicherung der Klägerin hat diese Kosten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits erstattet. Die Klägerin durfte in Anbetracht der komplexen Haftungssituation sofort nach dem Unfall einen Anwalt mit der Schadensregulierung beauftragen. Dass dieser Anwalt versucht hat, den Sachverhalt vorgerichtlich aufzuarbeiten und ggf. zu bereinigen, verstieß entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen die Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB.
33 
Zur Berufung der Klägerin:
34 
8. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert, weil ihr nicht das von ihr angegebene Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR zuerkannt worden ist, sondern lediglich 8.000 EUR.
35 
9. Für die Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes sind sämtliche Umstände des Schadensfalles einzubeziehen. Hierbei kommt es insbesondere auf die Unfallfolgen an, die das Landgericht in dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat. Hierauf wird Bezug genommen. Zweitinstanzlich hat sich infolge des weiteren Zeitablaufs und damit in beachtlicher Weise herausgestellt, dass die Klägerin endgültig ihr langjähriges Hobby des Querflötespielens infolge der dauerhaften Verletzung ihrer Oberlippe aufgeben muss. Das Gericht glaubt auch insoweit der Zeugin, die berichtet hat, dass sie für das Flöten keine ausreichende Oberlippenspannung hervorbringen könne. Bei der Vernehmung der Klägerin wurde die optische Beeinträchtigung der Lippe in Augenschein genommen. Dass die Klägerin hieran besonders leidet, wurde dadurch deutlich, dass die im übrigen insgesamt gefasste Klägerin bei Protokollierung dieses Sachverhalts trotz des erkennbaren Bemühens, sich zu "beherrschen“, ins Weinen geriet und sich nur schwer beruhigt hat. Ersichtlich handelt es sich für die noch junge Klägerin um eine ernsthafte seelische Beeinträchtigung, die nicht etwa nur zu Zwecken eines höheren Schmerzensgeldes vorgespiegelt wurde. Diese weitergehenden Schadensfolgen rechtfertigen nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 12.000 EUR.
36 
10. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.4.2007 hinsichtlich Ziffer 1 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12 000 zu zahlen.

2. Ziffer 5 des Tenors der angefochtenen Entscheidung entfällt.

3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Streitgegenständlich sind Ansprüche aus einem Unfall, den die damals dreizehnjährige Klägerin beim Ausreiten mit einem Pferd der Beklagten erlitten hat. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen statt gegeben.
Hiergegen richten sich die rechzeitig eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld in Anbetracht der im Einzelnen in der Berufungsbegründung dargestellten erlittenen Schäden unzureichend sei.
Die Beklagte rügt, dass das Landgericht entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung die Beweislastumkehr des § 834 BGB im Rahmen der Schadensmitverursachung nicht berücksichtigt habe. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft. Die gesundheitlichen Folgen des von der Beklagten bestrittenen Vorgangs seien entgegen den Feststellungen des Landgerichts streitig gewesen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes, im Ermessen des Gerichts stehendes Schmerzensgeld zu bezahlen,
2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 10 000 für angemessen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
10 
1. unter teilweiser Abänderung des am 17.04.2007 verkündeten Urteils des LG Konstanz - 6 O 164/06 - die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
12 
Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin für unzulässig, da sie nicht beschwert sei. Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung gegen die Angriffe der Beklagten und wiederholt und vertieft hierbei ihr erstinstanzliches Vorbringen.
13 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der (minderjährigen) Klägerin, die als Zeugin im Termin vom 14.03.2008 gehört worden ist. Außerdem hat es ein schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen C. R. eingeholt, welches dieser im Termin vom 08.10.2008 erläutert hat.
14 
Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Niederschriften der Vernehmungen sowie das schriftliche Gutachten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
15 
Nur die Berufung der Klägerin hat Erfolg, weil das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld im Hinblick auf die weiteren eingetretenen Schadensfolgen nunmehr zu niedrig bemessen erscheint. Demgegenüber hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg, weil sie für den streitgegenständlichen Unfall nach § 833 Satz 1 BGB einzustehen hat und der Mitverursachungsbeitrag der Klägerin hinter dem gravierenden Verschulden der Beklagten zurücktritt.
16 
Zur Berufung der Beklagten:
17 
1. Die Klägerin hat den Unfallhergang, soweit es um die Vorgänge nach dem Anhalten des Pferdes geht, in ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung präzisiert. Der erkennende Einzelrichter ist wie auch das Landgericht der Überzeugung, dass die Klägerin trotz des erkennbaren Eigeninteresses am Ausgang des Verfahrens umfassend und - auch zu ihren Lasten gehend schonungslos - wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Hiernach ist das von ihr gerittene Pony grundlos bei einem Ausritt im Wald durchgegangen. Es gelang der Klägerin mit Mühe, das Pony zum Halten zu bringen. Die Klägerin stieg links ab und hielt das Pferd mit der linken Hand am Zügel fest, ohne den Zügel um die Hand zu wickeln. Das Pferd war dennoch verstört und wollte sich losreißen und wegrennen. Die Klägerin hat überzeugend berichtet, sie habe Angst gehabt, dass das Pferd auf die Straße renne. Sie habe deshalb das Pferd zusätzlich mit der rechten Hand am Steigbügel gehalten, um es vom Weglaufen abzuhalten. Sie sei dann vom Pferd über eine gewisse Strecke weggeschleift worden. Dabei habe ihr das Pferd mit einem der Hinterfüße ins Gesicht getreten.
18 
Damit hat sich die typische, von einem Pferd ausgehende Tiergefahr zulasten der Klägerin realisiert.
19 
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Privilegierungstatbestand nach § 833 Satz 2 BGB von vornherein ausscheide, weil die Pferdehaltung überwiegend privaten Zwecken gedient habe. Hiergegen wendet sich die Beklagte nicht. Anhaltspunkte, die Zweifel an dieser Feststellung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.
20 
3. Allerdings kommt vorliegend grundsätzlich ein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin als Tieraufseherin für den streitgegenständlichen Vorfall in Betracht. Dies hat der Senat in dem Beschluss vom 10.09.2007 im Einzelnen ausgeführt.
21 
(Anm: eingefügt aus dem Beschluss) Allerdings ist der Beklagten einzuräumen, dass vorliegend zu Lasten der Klägerin grundsätzlich eine Mithaftung des Tieraufsehers nach § 834 BGB in Betracht kommt. Der Vater der Klägerin hat nämlich erstinstanzlich bei der Partei Anhörung glaubwürdig berichtet, dass die Eltern keinen konkreten Vertrag mit der Beklagten gehabt hätten. Sie hätten J. in die Obhut der Beklagten gegeben in dem Vertrauen darauf, dass diese wisse, was man J. zumuten könne. Die Zeugin hat berichtet, dass sie bereits früher einmal ohne Begleitung der Beklagten und nur in Begleitung eines noch jüngeren Kindes im Gelände ausgeritten sei. Dies hätten die Eltern gewusst und auch erlaubt. Nachdem die Eltern der Klägerin der Beklagten für jede Reitstunde 15,- Euro gezahlt haben und mit einem Ausritt einverstanden waren, bei denen die Klägerin nicht von der Beklagten, sondern nur von einem noch jüngeren Mädchen begleitet wurde, durfte die Beklagte annehmen, dass die Klägerin mit Einverständnis ihrer gesetzlichen Vertreter auch ohne Beaufsichtigung durch die Beklagte im Gelände reiten dürfe und als Nebenpflicht die selbstständige Überwachung des Tieres übernehme. Wer ein gemietetes Pferd selbstständig ausreitet, ist in der Regel Tierhüter im Sinne von § 834 BGB (BGH NJW 1987, 949). Da die Beklagte während des Ausrittes keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Pferd haben konnte, ist das Verhalten der Parteien in dem Sinne zu werten, dass die Klägerin in dieser Zeit mit Billigung ihrer Eltern rechtsgeschäftlich die Obhut des Pferdes übernommen hat. Damit war sie Tieraufseherin im Sinne der genannten Bestimmung.
22 
Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der verletzte Tieraufseher gegenüber dem Vorwurf des Mitverschuldens nach § 254 BGB den Entlastungsbeweis entsprechend § 834 BGB zu erbringen (vgl. BGH NJW 1992, 2474; VersR 1972, 1047). Diesen Entlastungsbeweis hat die Klägerin vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgreich geführt. Das Landgericht hat, wie bereits dargestellt, festgestellt, dass das Pferd ohne sichtbaren Anlass durchgegangen sei. Ein fehlerhaftes Verhalten der Klägerin während des Reitvorgangs ist somit ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Anhalten des Pferdes fehlerhaft gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Aus der Schilderung der Zeugin über diese Vorgänge ergeben sich keine diesbezüglichen Hinweise. Das Landgericht hat der Zeugin, wie dargelegt, geglaubt und bindende Feststellungen getroffen. Die Beklagte trägt hierzu nichts vor. Auch derjenige, der sich in Folge vermuteten Verschuldens zu entlasten hat, ist nicht gehalten, sämtliche auch nur theoretisch denkbaren fehlerhaften Verhaltensweisen auszuräumen. Sonst würde aus der Haftung wegen vermuteten Verschuldens eine objektive (Gefährdungs-)Haftung.
23 
Der Klägerin kann auch nicht ein Übernahmeverschulden vorgehalten werden. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichtes ist die Klägerin nämlich auf Vorschlag der Beklagten alleine ausgeritten. Unter diesen Voraussetzungen überzeugt die Überlegung des Landgerichts, wonach die zum Unfallzeitpunkt 13-jährige Klägerin in Bezug auf die Einschätzung ihres reiterischen Vermögens nicht „schlauer“ sein musste als die Beklagte, die sich bei Pferden nach ihrer eigenen glaubhaften Darstellung auskennt. Das Landgericht hat überzeugend festgehalten, dass der Beklagten nicht einmal ein fahrlässiges Verhalten vorgehalten werden könne. Dasselbe gilt für die Klägerin.
24 
Nach Einholung des Sachverständigengutachtens steht fest, dass die Klägerin sich in der konkreten Situation fehlerhaft verhalten hat. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass ein Reiter in einer solchen Situation versuchen müsse, das Pferd zu beruhigen. Er solle mit ruhiger Stimme auf das Pferd einreden und versuchen, es mit einer Hand am Hals-Schulterbereich abzuklopfen, damit das Pferd zunächst die Aufmerksamkeit des Reiters wieder erlange. Gemeint ist: Damit der Reiter die Aufmerksamkeit des Pferdes erlangt. Der Reiter solle sich dabei immer im Kopf-Hals-Schulterbereich des Pferdes aufhalten. Der Reiter solle das Pferd beschäftigen und aktiv von der vorherigen Situation des Durchgehens ablenken und beruhigen. Dabei könne er das Pferd um sich herumkreisen lassen und versuchen, es rückwärts zu richten oder ganz aktiv zu führen. Zwecklos seien Versuche, das in Angst befindliche Pferd mit Körperkraft zurückzuhalten und damit das Weglaufen zu verhindern.
25 
4. Dass die Klägerin nach § 828 Abs. 3 BGB für ihr Verhalten nicht einzustehen hätte, macht sie nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich.
26 
5. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB).
27 
Der Mitverursachungsbeitrag, den die Klägerin für den streitgegenständlichen Unfall zu verantworten hat, tritt hinter das schuldhafte Verhalten der Beklagten zurück.
28 
Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin Reitstunden erteilt. Die Klägerin durfte gegen ein Entgelt in Höhe von 15 EUR pro Ritt ein Pferd der Beklagten reiten. Die Beklagte hat bei ihrer zweitinstanzlichen Anhörung wahrheitsgemäß berichtet, dass auf dem Reitplatz das Pferd schon mal schneller gegangen sei. Dagegen sei das Pferd im Gelände nie durchgegangen. Sie habe mit der Klägerin also das Durchgehen im Gelände nicht geübt. Sie sei mit der Klägerin auch durchgegangen, wie man vom Pferd absteigt. Wie man sich verhalten solle, wenn ein Pferd „durchgeht“, habe sie mit der Klägerin jedoch nicht speziell besprochen. Sie habe ihr jedoch gesagt, dass man den Zügel nicht um die Hände wickele, damit man nicht weggezogen werde im Falle eines Falles.
29 
Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Ausbildung des Reiters im Gelände umso erfolgreicher sein werde, je sicherer und erfahrener das dazu zur Verfügung gestellte Pferd sei. Ein noch wenig routinierter Reiter solle auch mit dem besten Pferd nie alleine im Gelände üben, sondern nur in Begleitung und unter der Aufsicht erfahrener Kameraden oder eines Ausbilders sein. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung erläutert, dass er der Akte entnommen habe, dass die Klägerin innerhalb von 2 Jahren insgesamt 6 Mal im Gelände gewesen sei. Dieser Anknüpfungspunkt ist zutreffend. Die Klägerin hat dies bereits erstinstanzlich mit dem Vorbehalt, es seien "ca" 6 Ausritte gewesen, berichtet, sie wisse es aber nicht mehr genau. Das Landgericht hat ihr umfassend geglaubt. Auch das nunmehr erkennende Gericht folgt den Angaben der Klägerin aus den bereits dargelegten Gründen. Das Landgericht ist im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung von mindestens 10 Ausritten ausgegangen. Darauf, welche der Angaben exakt zutrifft, kommt es vorliegend nicht an, weil sich die Anzahl von Ausritten, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt haben, regelmäßig nicht mehr exakt rekonstruieren lässt und die Differenzen für die Bewertung ohne Bedeutung sind. Der Sachverständige hat hieraus gefolgert, dass die Klägerin überhaupt keine Erfahrung im Gelände gehabt habe. Ein erfahrener Reiter reite pro Tag 1 Stunde und nehme zusätzlich praktischen wie theoretischen Unterricht. Diese Bewertung hat der Sachverständige auch auf Vorhalt durch die Beklagte aufrecht erhalten, dass es der Klägerin gelungen sei, das Pferd anzuhalten, nachdem es durchgegangen sei. Das Gericht hält den Sachverständigen für sachkundig. Seine Darlegungen sind überzeugend. Selbst wenn es einem Reiter, der infolge der geringen Anzahl von Ausritten ins Gelände als unerfahren zu bezeichnen ist, gelingt, das Pferd nach dessen Durchgehen zum Stillstand zu bringen, rechtfertigt dies nicht die Bewertung, es handle sich hierbei um einen erfahrenen Reiter. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass ein erfahrener Reiter in dieser Situation überhaupt nicht vom Pferd absteige, vielmehr mit dem Pferd im Schritt weiter reite. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte der Klägerin das Pferd nicht zum Ausritt ins Gelände ohne erfahrene Begleitung überlassen dürfen. Als Reitlehrerin war sie der minderjährigen und unerfahrenen Klägerin gegenüber verpflichtet, deren Können abzuschätzen und sie vor den für einen unerfahrenen Reiter mit einem Ausritt verbundenen erheblichen Gefahren zu bewahren. Es liegt ein gravierender, schuldhaft begangener Fehler vor.
30 
In der konkreten Schadenssituation verliert das fehlerhafte Verhalten der Klägerin demgegenüber an Gewicht. in eine Aufgabe der Beklagten wäre es gewesen, die Klägerin nicht für eine unerfahrene Reiterin schwer beherrschbare Situation zu bringen. Die Klägerin hat sich aus Angst, wie sie glaubwürdig berichtet hat, in der festgestellten Weise verhalten. Sie hat demnach aus Angst in einer Situation einen Fehler begangen, in die sie die Beklagte schuldhaft gebracht hat. Dies lässt ihren Verursachungsbeitrag gegenüber dem rechtswidrigen und erheblich schuldhaften Verhalten der Beklagten gänzlich zurücktreten.
31 
6. Das Landgericht hat im Tatbestand nach § 314 ZPO bindend festgehalten, dass die Verletzungen der Klägerin unstreitig seien. Die Berichtigung des Tatbestandes wurde abgelehnt. Im übrigen sind die Schäden zur Überzeugung des Gerichts durch die erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Atteste und auch die Angaben der Eltern der Klägerin belegt.
32 
7. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind erstattungsfähig. Die Klägerin ist durch die Rückabtretung, die urkundlich nachgewiesen ist, aktiv legitimiert. Die Rechtschutzversicherung der Klägerin hat diese Kosten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits erstattet. Die Klägerin durfte in Anbetracht der komplexen Haftungssituation sofort nach dem Unfall einen Anwalt mit der Schadensregulierung beauftragen. Dass dieser Anwalt versucht hat, den Sachverhalt vorgerichtlich aufzuarbeiten und ggf. zu bereinigen, verstieß entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen die Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB.
33 
Zur Berufung der Klägerin:
34 
8. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert, weil ihr nicht das von ihr angegebene Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR zuerkannt worden ist, sondern lediglich 8.000 EUR.
35 
9. Für die Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes sind sämtliche Umstände des Schadensfalles einzubeziehen. Hierbei kommt es insbesondere auf die Unfallfolgen an, die das Landgericht in dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat. Hierauf wird Bezug genommen. Zweitinstanzlich hat sich infolge des weiteren Zeitablaufs und damit in beachtlicher Weise herausgestellt, dass die Klägerin endgültig ihr langjähriges Hobby des Querflötespielens infolge der dauerhaften Verletzung ihrer Oberlippe aufgeben muss. Das Gericht glaubt auch insoweit der Zeugin, die berichtet hat, dass sie für das Flöten keine ausreichende Oberlippenspannung hervorbringen könne. Bei der Vernehmung der Klägerin wurde die optische Beeinträchtigung der Lippe in Augenschein genommen. Dass die Klägerin hieran besonders leidet, wurde dadurch deutlich, dass die im übrigen insgesamt gefasste Klägerin bei Protokollierung dieses Sachverhalts trotz des erkennbaren Bemühens, sich zu "beherrschen“, ins Weinen geriet und sich nur schwer beruhigt hat. Ersichtlich handelt es sich für die noch junge Klägerin um eine ernsthafte seelische Beeinträchtigung, die nicht etwa nur zu Zwecken eines höheren Schmerzensgeldes vorgespiegelt wurde. Diese weitergehenden Schadensfolgen rechtfertigen nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 12.000 EUR.
36 
10. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 166/08 Verkündet am:
17. März 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr
kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr
ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen
an dem Tier vorzunehmen.
Deshalb haftet der Tierhalter, soweit die tatbestandlichen Haftungsvoraussetzungen
des § 833 Satz 1 BGB vorliegen, einem Tierarzt, der bei der Behandlung
eines Tieres durch dessen Verhalten verletzt wird (hier: Pferdetritt beim
rektalen Fiebermessen).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Tierarztes kann anspruchsmindernd
nach § 254 BGB berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Tierarzt, verlangt von der Beklagten als Halterin eines Pferdes Ersatz materiellen und immateriellen Schadens, weil er bei der Behandlung des Pferdes verletzt wurde.
2
Die Beklagte hatte ihr Pferd, einen 700 kg wiegenden zehnjährigen Araber , auf dem Hof des Zeugen B. abgestellt. Am 23. Oktober 2006 versuchte der Kläger mit der linken Hand eine rektale Fiebermessung. Dabei wurde er von dem Pferd gegen den rechten Daumen getreten und erlitt dadurch einen Trüm- merbruch. Die Klage richtet sich vor allem auf den Ersatz des behaupteten Verdienstausfallschadens.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da das Schadensereignis bereits nicht vom Schutzbereich des § 833 BGB umfasst sei. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 833 BGB. Zwar habe sich in dem plötzlichen Tritt des Pferdes gegen den Daumen des Klägers eine typische Tiergefahr verwirklicht. Daraus folge aber nicht automatisch eine Bejahung des geltend gemachten Anspruchs. Im vorliegenden Fall träfen die Tierhalterhaftung (Gefährdungshaftung) und die berufsspezifischen Risiken eines Tierarztes aufeinander, so dass sich die Frage nach einem Interessenausgleich stelle. Dabei gehe es letztlich um eine "gerechte Zuweisung des Zufallsschadens". Von den unterschiedlichen Ansätzen, die gegebenenfalls zu einer Einschränkung der Haftung des Tierhalters führen könnten, sei die vom Landgericht für den Streitfall vertretene Einschränkung der Tierhalterhaftung aufgrund von Normzwecküberlegungen abzulehnen. Den Schutzbereich der Norm des § 833 BGB schon dann zu verneinen, wenn ein Anspruchsteller an einer im Zusammenhang mit dem Tier übernommenen Verpflichtung Geld verdiene, würde zu einer nicht vertretbaren Aufweichung der Gefährdungshaftung aus § 833 BGB führen, zumal der Tritt eines Pferdes - wie hier - geradezu die typische Verwirklichung der spezifischen Tier- gefahr sei. Auch der Ansicht, im Rahmen der vom Verletzten übernommenen "eigenen Herrschaft" über das Tier komme es darauf an, ob der Tierhalter noch die Möglichkeit eigener Einflussnahme hatte, sei nicht zu folgen. Das Abgrenzungskriterium der Möglichkeit eigener Einflussnahme als Maßstab für eine Haftungsbeschränkung im Rahmen des § 833 BGB sei insgesamt untauglich, weil es in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig gänzlich irrelevant sei, ob der Tierhalter bzw. wer auch immer an seiner Stelle zugegen war. Abzulehnen sei auch die Ansicht, wonach eine in Fällen der vorliegenden Art als notwendig angesehene Haftungsbeschränkung im Rahmen der Beweislast derart zu erfolgen habe, dass der Tierarzt darlegen und beweisen müsse, was sich in seinem Herrschaftsbereich zugetragen habe. Bei der Frage eines eventuellen Sorgfaltsverstoßes des Tierarztes im Rahmen der von ihm durchgeführten Behandlung handele es sich der Sache nach um einen Mitverschuldenseinwand (§ 254 BGB), für den derjenige darlegungs- und beweisbelastet sei, der sich auf ein Mitverschulden berufe, also gerade nicht der Tierarzt, sondern sein Anspruchsgegner. Schließlich könne auch die Berücksichtigung des Behandlungsvertrages im Rahmen der Tierhalterhaftung im vorliegenden Fall nicht zu einer Haftungsbeschränkung führen. Zwar sei es rechtlich grundsätzlich möglich, dass eine vertragliche Haftungsbeschränkung auch auf außervertragliche Ansprüche durchschlagen könne. Jedoch werde man nicht davon ausgehen können, dass jedem entgeltlichen Vertrag über eine Tätigkeit an einem Tier von vornherein ein vertraglicher Haftungsausschluss zugunsten des Tierhalters innewohne. Die Annahme eines solchen generellen, gleichsam vertragsimmanenten Haftungsausschlusses sei auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB wegen eines wirtschaftlichen Gefälles zwischen Tierarzt und Tierhalter geboten. Für eine ausdrücklich vereinbarte oder zumindest im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründbare vertragliche Haftungsbeschränkung sei im konkreten Fall nichts ersichtlich.
5
Indes sei eine Haftung der Beklagten aus § 833 BGB hier ausgeschlossen , weil der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt habe. Bei der Tierhalterhaftung komme eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn beispielsweise der Geschädigte sich mit der Übernahme des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen Gefahr aussetze. So liege es, wenn - wie hier - die mit der Nähe zu einem Pferd verbundene übliche Gefahr durch die Tätigkeit des Geschädigten gesteigert oder gar erst provoziert werde. Der Kläger habe als dem Pferd zumindest relativ fremde Person ein Fieberthermometer in dessen After einführen wollen. Dazu habe er von der Kruppe her, also im kritischen Bereich der Hinterläufe zunächst den Schweif erreichen müssen, um den After für die Einführung des Thermometers zugänglich zu machen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Pferde darauf abwehrend und dabei auch noch schreckhaft reagieren könnten, weil die natürliche Scheu ein derartiges auch instinkthaftes Verhalten begünstige. Deshalb sei das Prozedere des Klägers besonders geeignet gewesen, die mit dem Umgang mit Pferden verbundene gewöhnliche Gefahr herauszufordern. Dass diese sich dann in einem spontanen Tritt nach hinten äußern mochte, habe auf der Hand gelegen und dem Kläger als ambulant auf dem Lande tätigen, also vielfach mit der Tierhaltung konfrontierten Tierarzt nicht verborgen geblieben sein können. Wenn er sich unter solchen Umständen zur Behandlung des Pferdes entschlossen habe, habe er damit auch das mit der Ausübung seines Berufes typische Risiko übernommen. Dann aber müsse er für die daraus resultierenden Folgen selbst einstehen, zumal er der von ihm selbst aktualisierten Tiergefahr durch entsprechende tatsächliche wie finanzielle Vorsorge, etwa durch Abschluss einer entsprechenden Versicherung, hätte begegnen können.

II.

6
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg.
7
1. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht den aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten an sich zu bejahenden Anspruch des Klägers aus § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr. Bei der Tierhalterhaftung hat der erkennende Senat eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen, wobei ohnehin der Umstand, dass sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, regelmäßig erst bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 254 BGB Berücksichtigung finden kann und lediglich Ausnahmefälle denkbar sind, bei denen die Tierhalterhaftung bereits im Anwendungsbereich ausgeschlossen ist, weil deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße (Senatsurteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418 m.w.N.).
8
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung unter Berufung auf die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen, wie es beim Tierarzt der Fall ist.
9
a) Von einem Handeln auf eigene Gefahr im Rechtssinne kann nur dann die Rede sein, wenn sich jemand in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen, ohne dass dafür ein triftiger - rechtlicher, beruflicher oder sittlicher - Grund vorliegt (Senatsurteil BGHZ 34, 355, 358; BGB-RGRK/ Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 64). Denn die Grundlage eines Haftungsausschlusses wegen Handelns auf eigene Gefahr ist der Grundsatz von Treu und Glau- ben und das sich hieraus ergebende Verbot widersprüchlichen Handelns (Senatsurteile BGHZ 34, 355, 363; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - aaO, S. 417). Von einem widersprüchlichen Verhalten kann indes erkennbar nicht die Rede sein, wenn die vom Tierhalter veranlasste ärztliche Behandlung eines Tieres in Frage steht. Hier liegt ein triftiger Grund dafür vor, dass der Tierarzt sich der Tiergefahr aussetzt.
10
b) Letztlich dient die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr bei der Gefährdungshaftung dazu, diese Haftung in solchen Fällen auszuschließen, in denen sie nach dem Normzweck als unangemessen erscheint, weil der Schaden nicht der Gefahr des Tieres (oder Kraftfahrzeugs u. dergl.), sondern dem Handeln des Geschädigten selbst zuzurechnen ist (vgl. BGB-RGRK/Steffen, aaO; Terbille, VersR 1994, 1151, 1154).
11
Dem entsprechend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein grundsätzlicher Ausschluss der Tierhalterhaftung gegenüber Personen, die sich der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorübergehend aussetzen, ohne die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, zu Recht abgelehnt worden (vgl. RG, JW 1904, 57 - Tierarzt beim Kupieren eines Pferdeschweifs; JW 1912, 797 - Tierarzt beim Aufstechen einer Eiterbeule bei einem Pferd; JW 1911, 89 f. - Hufschmied; Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 - VersR 1968, 797 ff. - Hufschmied) und wird auch in der Literatur verneint (BGBRGRK /Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 68; Erman/Schiemann, BGB, 12. Aufl., § 833 Rn. 6; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 122; MünchKommBGB /Stein, 3. Aufl., § 833 Rn. 25 ff.; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 833 Rn. 18, 29; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 1961, S. 358 f.; Terbille, aaO, S. 1152; vgl. auch Staudinger/Eberl-Borges, Neubearbeitung 2008, § 833 Rn. 189 ff.). Unsachgemäßes Verhalten solcher Personen bei der Berufsausübung , welches für einen Schaden mitursächlich geworden ist, kann - sofern kein vertraglicher Haftungsausschluss vorliegt - nur unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) berücksichtigt werden.
12
c) Das Berufungsgericht erkennt selbst, dass ein Ausschluss der Haftung nach § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur ausnahmsweise in Betracht kommt, meint aber wohl, dass derjenige, der sich einem Tier aus beruflichen Gründen nähert, insoweit keinen Schadensersatzanspruch hat, als er im Rahmen seiner beruflich geschuldeten Verrichtungen besonders risikoreiche Handlungen vornimmt, wobei im Streitfall nicht einmal festgestellt ist, dass das Fiebermessen auf andere Weise hätte bewerkstelligt werden können, als es der Kläger getan hat.
13
Dem kann schlechterdings nicht gefolgt werden. Das Handeln desjenigen , der sich einem Tier aus beruflichen Gründen im Interesse des Tierhalters und mit dessen erklärter oder anzunehmender Billigung helfend nähert, kann nicht rechtlich in ungefährliche Handlungen auf Gefahr des Tierhalters und in gefährliche Handlungen auf Gefahr des Handelnden aufgeteilt werden. Der Tierarzt, der ein Pferd im Auftrag des Tierhalters medizinisch versorgt, handelt in der Regel in keiner Phase der Behandlung auf eigene Gefahr. Vielmehr setzt er sich der Tiergefahr mit triftigem Grund aus, ja muss sich ihr aussetzen, wenn er seinen ärztlichen Auftrag und den Vertrag mit dem Tierhalter erfüllen will. Von einem widersprüchlichen Handeln bei der Inanspruchnahme des Tierhalters aus § 833 BGB kann bei dieser Sachlage nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Dies gilt insbesondere, wenn - wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist - die gefährlichen Handlungen erforderlich sind, um die Behandlung fachgerecht durchzuführen, gilt aber in der Regel auch, wenn der Tierarzt bei dem Behandlungsgeschehen unvorsichtig oder gar fehlerhaft vorgeht.
14
Die Ausführungen des Landgerichts, wer bei Handlungen zu Schaden komme, mit denen er Geld verdiene, könne nicht Schadensersatz aus § 833 BGB verlangen, sind ebenso unrichtig wie die Ausführungen des Berufungsgerichts , wonach ein Anspruch aus der Gefährdungshaftung des § 833 BGB ausscheide , wenn jemand das typische Risiko seines Berufs übernehme. Beide Standpunkte sind letztlich von Normzwecküberlegungen geprägt, denen nicht zugestimmt werden kann. Der erkennende Senat ist einer solchen Sichtweise bereits früher entgegen getreten. Er hat entschieden (Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 - aaO, S. 798), es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Hufschmied durch Abschluss des Werkvertrages allein noch nicht die Gefahr einer Verletzung durch das Tier übernehme. Denn es entspreche weder der Interessenlage noch den Erfordernissen von Treu und Glauben, dass der Hufschmied, der sich der mit dem Hufbeschlag notwendig verbundenen Tiergefahr aussetzen müsse, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch die Tiergefahr hervorgerufenen Schadensfolgen auf sich nehme, die das Gesetz dem Tierhalter als dem Urheber der Gefahr anlaste. Zum Wesen des Beschlagvertrages gehöre es, dass der Hufschmied sich einer erhöhten Tiergefahr aussetze, nicht dagegen, dass er den Tierhalter, von dessen Tier die Gefahr ausgehe, von seiner gesetzlichen Haftung für die Schadensfolgen entbinde, die aus der Tiergefahr erwachsen könnten.
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Diese Überlegungen, an denen festzuhalten ist, treffen in vollem Umfang auch auf den Behandlungsvertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt zu. Die von den Vorinstanzen vertretene einschränkende Anwendung des § 833 BGB entspricht in Fällen der vorliegenden Art nicht der Intention des Gesetzes und ist auch nicht interessengerecht. Sie ist im Übrigen keinesfalls notwendig, um in Fällen, in denen derjenige, der vertragsgemäß Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen hat, besonders risikoreiche bzw. fehlerhafte Handlungen vornimmt, zu gerechten Ergebnissen zu kommen. Abzulehnen ist hier nur ein grundsätzli- cher Ausschluss der Tierhalterhaftung. Das fehlerhafte Handeln des Geschädigten kann hingegen ohne weiteres im Rahmen einer Abwägung der verschiedenen Verursachungsbeiträge nach § 254 BGB berücksichtigt werden. Bei einem groben Eigenverschulden des Geschädigten kann danach die Haftung des Tierhalters auch ganz ausgeschlossen sein (so in dem dem Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 -, aaO, zugrunde liegenden Fall).
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d) Das Berufungsurteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Sichtweise. Das Berufungsgericht bejaht einen völligen Haftungsausschluss aus grundsätzlichen Erwägungen. Es prüft deshalb - aus seiner rechtlichen Sicht konsequent - nicht, ob dem Kläger ein Mitverursachungsbeitrag anspruchsmindernd zuzurechnen ist oder ob er bei der Durchführung einer für die Behandlung des Pferdes notwendigen und aus fachlicher Sicht nicht zu beanstandenden Maßnahme verletzt wurde. Diese Prüfung wird nachzuholen sein.
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2. Die vom Berufungsgericht im Ergebnis gebilligte Klageabweisung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen Haftungsausschluss aus anderen Gründen. Dagegen bringt die Revisionserwiderung auch nichts vor.
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a) Dass der Vertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt nicht von vornherein einen vertraglichen Haftungsausschluss beinhaltet, ergibt sich schon aus den vorstehenden Ausführungen. Für einen konkret im vorliegenden Einzelfall vereinbarten Haftungsverzicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - VersR 1977, 864, 866) ist nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nichts ersichtlich.
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b) Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, den Schutzzweckerwägungen des Landgerichts zu einer Einschränkung der Tierhalterhaftung bei dem beruflichen Umgang mit Tieren sei nicht zu folgen.
Auch dies ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen. Damit ist nicht gesagt, dass bei ganz besonders gelagerten Fallgestaltungen die Tierhalterhaftung nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ausgeschlossen sein kann (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865). Unter welchen Umständen dies der Fall ist (vgl. etwa OLG Nürnberg, VersR 1999, 240, 241 - Aufnahme eines Tieres in eine Tierklinik), muss hier nicht entschieden werden.
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c) Mit Recht stellt das Berufungsgericht für einen möglichen Haftungsausschluss nicht darauf ab, wer in dem Zeitpunkt, als der Kläger das Pferd behandelte , am Behandlungsort anwesend war. Ob Fälle denkbar sind, bei denen sich ein Haftungsausschluss daraus ergibt, dass eine andere Person als der Tierhalter temporär die Herrschaft über das Tier ausübt, kann dahinstehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865 - Reiter; ferner : RGZ 58, 410, 412 ff. und OLG Celle, VersR 1990, 794 f. - eigenverantwortliche Ausbildung eines Pferdes durch einen Trainer; OLG Nürnberg, aaO). Keinesfalls ist die Haftung aus diesem Grund ausgeschlossen, wenn ein Tierarzt das Tier auf dem Hof des Tierhalters oder auf dem Hof eines Dritten, bei dem der Tierhalter das Tier untergestellt hat, vorübergehend tierärztlich behandelt. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, dass die Verwirklichung der Tiergefahr, für die der Tierhalter haftet, in derartigen Situationen im Regelfall nicht davon abhängt, wer sich außer dem Tierarzt noch in der Nähe des Tieres befindet.
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d) Schließlich ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts zutreffend, dass im Streitfall ein Ausschluss der Tierhalterhaftung nicht unter dem Gesichtspunkt einer Umkehr der Beweislast bejaht werden kann. Der Ansicht, dass der Tierhalter nicht hafte, wenn der Tierarzt nicht beweist, dass er alle zumutbare Sorgfalt hat walten lassen (so OLG Zweibrücken, VersR 1997, 457; ähnlich OLG Nürnberg, aaO, S. 241 f.; dahin gehend auch die Rspr. des Reichsgerichts, etwa RGZ 61, 54, 56; weitere Nachweise bei BGBRGRK /Steffen, aaO, Rn. 69), ist nicht zu folgen (MünchKomm-BGB/Stein, aaO, Rn. 25; BGB-RGRK/Steffen, aaO, Rn. 69). Die vertragliche Beziehung zwischen Tierhalter und Tierarzt bietet für eine solche Beweislastverteilung, etwa nach dem Gedanken der im Bereich der vertraglichen Haftung geltenden gesetzlichen Beweislastregel des § 282 BGB a.F. und des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F., keine Grundlage. Sofern der Tierhalter grundsätzlich nach § 833 BGB haftet, geht es nicht um die vertraglichen Pflichten des Tierarztes, sondern darum, ob und inwieweit dessen tatsächliches Verhalten Anlass gibt, die Haftung des Tierhalters zu mindern.
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Ob das Verhalten desjenigen, der sich der Tiergefahr vertragsgemäß aussetzt, ohne Tierhüter zu sein (§ 834 BGB), bei der Schadensverursachung mitgewirkt hat, ist ausschließlich nach § 254 BGB zu beurteilen. Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist aber regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 175, 153, 158), im Anwendungsbereich des § 833 BGB also der Tierhalter (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - VersR 2005, 1254, 1256). Dass dieser zu den Handlungen des Geschädigten beim Umgang mit dem Tier möglicherweise mangels Kenntnis nicht ausreichend vortragen kann, rechtfertigt keine Umkehr der Beweislast. Der Geschädigte hat insoweit im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret zu seinem Handeln vorzutragen, der Schädiger hat sodann zu beweisen, inwieweit der Vortrag des Geschädigten unrichtig ist (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 100, 190, 195 f.; 163, 209, 214, jeweils m.w.N.).
23
Da dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen ist, inwiefern die Parteien zu einem etwaigen Mitverschulden des Klägers vorgetragen haben, ist für das vorliegende Revisionsverfahren ohnehin zu unterstellen, dass der Kläger ord- nungsgemäß gehandelt hat. Für das weitere Verfahren wird das Berufungsgericht aber davon ausgehen können, dass die Beklagte einen haftungsmindernden Mitverursachungsbeitrag des Klägers zu beweisen hat.

III.

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Mithin ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr etwaigem Vortrag der Parteien zu einem Mitverursachungsbeitrag des Klägers und, soweit danach eine Haftung der Beklagten verbleibt, dem Vortrag zur Schadenshöhe nachzugehen haben. Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 24.09.2007 - 6 O 162/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.06.2008 - I-9 U 229/07 -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.