Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Apr. 2014 - VII-Verg 35/13
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Detmold vom 27. September 2013 - VK.2-04/13 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 230.000 Euro
1
G r ü n d e :
2I. Die Antragsgegnerin, ein von Kommunen in Ost-Westfalen beherrschtes Unternehmen, ließ auf der Nordwestböschung der stillgelegten Abfalldeponie Dörentrup im Jahr 2013 zu einem Auftragswert von weniger als fünf Millionen Euro eine Photovoltaikanlage errichten, deren im Boden verankerte Unterkonstruktion zugleich als Abdichtung der Deponie gegen durchsickerndes Niederschlagswasser dient. Die Antragsgegnerin hatte dazu Anfang 2013 in einem „beschränkten Bieterverfahren“, praktisch einem Verhandlungsverfahren, mehrere potentielle Bieterunternehmen - unter anderem die Antragstellerin - zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Die Antragstellerin beteiligte sich mit einem Angebot, erlangte den zwischenzeitlich erteilten und ausgeführten Auftrag jedoch nicht. Sie hat deswegen einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie geltend gemacht hat:
3Nach den für sog. typengemischte Aufträge geltenden Rechtsregeln sei der vergebene Auftrag als Lieferauftrag zu beurteilen, den die Antragsgegnerin unionsweit habe bekanntgeben müssen. Der Lieferanteil am Auftrag betrage 80 %. Er bestehe hauptsächlich aus der Lieferung der Photovoltaikanlage. Bauleistungen träten als Nebenzweck zurück.
4Die Antragsgegnerin habe außerdem mehrfach gegen Vergaberecht verstoßen. So habe sie unbestimmte und intransparente Zuschlagskriterien verwendet, dem Wettbewerber, welcher den Zuschlag erhalten habe, geheimzuhaltende Details aus ihrem, der Antragstellerin, Angebot offenbart sowie vor Auftragserteilung keine Bieterinformation erteilt. Die Antragstellerin hat vor der Vergabekammer Untersagung des Zuschlags, hilfsweise Feststellung der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses sowie die Feststellung einer Rechtsverletzung und die Anordnung geeigneter Maßnahmen begehrt, Rechtsverstöße zu beseitigen.
5Die Antragsgegnerin ist dem Nachprüfungsantrag entgegengetreten. Ihrer Meinung zufolge ist der vergebene Auftrag seinem Hauptgegenstand nach ein Bauauftrag unterhalb des für eine Nachprüfung nach dem GWB erforderlichen Auftragsschwellenwerts gewesen, bei dem das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist.
6Dieser Auffassung hat sich die Vergabekammer angeschlossen. Sie hat den Nachprüfungsantrag (als unzulässig) verworfen. Auf die Beschlussgründe wird verwiesen.
7Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen weiter verfolgt.
8Die Antragstellerin beantragt,
9unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass sie im Vergabeverfahren betreffend die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf der Nordwestböschung der Abfalldeponie Dörentrup durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt worden ist.
10Die Antragsgegnerin beantragt,
11die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer und trägt dazu ergänzend vor.
13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der Vergabekammer und die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
14II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
15Der Nachprüfungsantrag ist unstatthaft, weil er nach nochmaliger Prüfung durch den Senat einen Bauauftrag betrifft, der den maßgebenden Auftragsschwellenwert von 5.000.000 Euro unterschreitet (§ 100 Abs. 1 GWB), und der einem Nachprüfungsverfahren nach den §§ 107 ff. GWB darum nicht zugänglich ist. Die Auftragswertschätzung lag unterhalb von 4.000.000 Euro netto. Die beiden in die Wertung gekommenen Angebote bewegten sich um 3.500.000 Euro netto. Also ist - nach unstreitiger Hauptsacheerledigung infolge zwischenzeitlicher Ausführung des Auftrags durch einen Wettbewerber der Antragstellerin - auch der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung nach §§ 123, 114 Abs. 2 GWB unzulässig, denn er setzt einen zulässigen (und begründeten) Nachprüfungsantrag voraus.
16Wäre der Auftrag ein Lieferauftrag, ist der Nachprüfungsantrag im Übrigen unbegründet. Die Feststellung einer Rechtsverletzung scheidet aus, weil das Angebot der Antragstellerin aus zwingenden Gründen von der Wertung auszuschließen war.
171. Bei dem umstrittenen Auftrag (Abdichtung der Deponie und Errichten einer Photovoltaikanlage) handelt es sich um einen Bauauftrag im Bereich des Anlagenbaus.
18a) Der Auftrag enthält sowohl Liefer- als auch Bauleistungsmerkmale. Nach der Rechtsprechung des Gerichthofs der Europäischen Union bestimmt sich, wenn ein Vertrag zugleich Elemente eines Bauauftrags und solche eines Auftrags anderer Art aufweist, die Rechtsnatur des Vertrages nach seinem Hauptgegen-stand (vgl. EuGH, Urteil vom 21.2.2008 - C-412/04, NVwZ 2008, 397, Rn. 47; Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rn. 226). Maßgebend für einen Bauauftrag ist, ob Bauleistungen den Hauptgegenstand des Vertrages bilden oder ob sie im Verhältnis zum Hauptgegenstand lediglich Nebenarbeiten sind.
19Dabei ist auf die anteiligen Wertverhältnisse nicht maßgebend abzustellen. Sie geben lediglich indizielle Anhaltspunkte und eine erste Orientierung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. März 2003 - Verg 49/02, BA 15). Entscheidend ist die funktionale Zuordnung der Leistungen zum jeweiligen Vertragstyp und deren gegenständliche, vertragliche Bedeutung (so auch Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rn. 226, 224 m.w.N.).
20Das heißt, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Regel des § 99 Abs. 10 Satz 2 GWB auch zur Unterscheidung zwischen Bau- und Lieferaufträgen heranzuziehen ist. Das ist so auch von der Vergabekammer gesehen worden. Die Prüfung, welchen Hauptgegenstand das Vergabeverfahren hat, hat nach den Erörterungen im Senatstermin ebenfalls zum Ergebnis, dass hauptsächlich Bauleistungen im Sinn der ersten Variante der übereinstimmenden Definitionen des Bauauftrags in § 99 Abs. 3 GWB und Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2004/18/EG sowie Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2004/17/EG (dies für den Fall, dass die Antragsgegnerin Sektorenauftraggeber ist) Vertragsgegenstand waren.
21Im Sinn der ersten Variante sind öffentliche Bauaufträge Aufträge unter anderem über die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I der Richtlinie 2004/18 oder in Anhang XII der Richtlinie 2004/17 genannten Tätigkeiten. Bauaufträge nach der ersten Variante müssen in den Anhängen I oder XII abschließend aufgeführte Tätigkeiten (Bauleistungen) betreffen (vgl. Erwägungsgründe 10 zur Richtlinie 2004/18 und 16, UA 2 zur Richtlinie 2004/17). Die Anhänge I und XII sind im Wortlaut identisch. Aber nur wenn die in den Anhängen aufgeführten Tätigkeiten Hauptgegenstand des Vertrages sind, kann sich der Vertrag auch auf Leistungen anderer Art, namentlich auf Lieferungen, beziehen, ohne deswegen den Charakter als Bauauftrag einzubüßen.
22Die Tätigkeiten müssen einem Bauvorhaben gelten. Der vergaberechtlich nicht definierte Begriff des Bauvorhabens ist weit zu verstehen, wie die umfangreiche und umfassende Aufzählung der Bautätigkeiten in den genannten Anhängen I und XII anzunehmen gebietet (so auch Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rn. 160, 161). Als Bauvorhaben ist danach jedes Vorhaben anzusehen, eine bauliche Anlage (ein Bauwerk) zu errichten oder zu ändern. Bauliche Anlagen (Bauwerke) sind mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Dabei muss es sich nicht notwendig um Gebäude handeln (dies ist ein Unterbegriff), mithin um überdachte Bauwerke mit Räumen, die betreten werden können und der Aufnahme von Menschen, Tieren oder Waren dienen. Bauliche Anlagen (Bauwerke) können zum Beispiel auch Werbeanlagen, Fahrradabstellanlagen, Aufschüttungen und Abgrabungen sowie im Streitfall ebenso eine Deponieabdichtung und eine Photovoltaikanlage sein.
23b) Im Senatstermin sind die Positionen des Leistungsverzeichnisses („Ausschreibung“ genannt) mit den Vertretern der Verfahrensbeteiligten im Einzelnen erörtert worden. Dabei sind nicht die Leistungen bei der Deponieabdichtung und bei der Errichtung einer Photovoltaikanlage gegenüberzustellen gewesen, denn beide Auftragsteile haben sowohl Lieferungen als auch Bauleistungen erfordert, sondern es sind die Lieferanteile bei der Abdichtung der Deponie und beim Errichten der Photovoltaikanlage mit den jeweiligen Bauleistungen zu vergleichen gewesen. Dem Vergleich sind die in den Anhängen I und XII der Richtlinien definierten Bauleistungen zugrunde gelegt worden.
24Im Ergebnis weist das Leistungsverzeichnis zahlreiche Bauleistungen im Sinn der ersten Variante der Definition des Bauauftrags auf, und zwar solche der Gruppen 45.1 (vorbereitende Baustellenarbeiten), 45.2 (Hoch- und Tiefbau) und 45.3 (Bauinstallation), und zwar sowohl bei der Deponieabdichtung als auch beim Erstellen der Photovoltaikanlage. Bauleistungen machen - gemessen am Schätz- und Angebotspreis - gut 30 % des Auftragswerts aus. Dabei hat der Senat hinsichtlich einzelner streitiger Leistungspositionen und deren Aufteilung in Liefer- und Bauleistungen im Schätzungsweg Mittelwerte angenommen (entsprechend § 287 ZPO, §§ 73 Nr. 2, 120 Abs. 2 GWB). Weitere Beweiserhebungen sind in diesem Punkt nicht vonnöten. Sie sind von der Antragstellerin ebenso wenig beantragt worden. Das Ergebnis ist einigermaßen entfernt von der ungesicherten Feststellung der Vergabekammer, der Wertanteil der Bauleistungen belaufe sich auf etwa 50 %.
25Darüber hinaus ist bei der rechtlichen Einordnung des Auftrags jedoch zu berücksichtigen:
26Der Auftrag betrifft einen Anlagenbau. Die Montageleistungen waren für die ordnungsgemäße Funktion der Photovoltaikanlage wesentlich und unerlässlich. Nicht schon die Lieferung der Bauteile, die in der Leistungsbeschreibung („Ausschreibung“) gefordert war („liefern und fachgerecht montieren“), konnte die vorausgesetzten Funktionen gewährleisten, sondern erst eine fachgerechte Montage der Photovoltaikanlage, wobei diese sich aus zahlreichen Elementen und komplexen Einzelleistungen zusammensetzte. Die Elemente der Photovoltaikanlage waren miteinander funktionssicher zu verkabeln sowie anzuschließen und gemäß der Leistungsbeschreibung („Ausschreibung“) zu integrieren.
27Die Abdichtung der Deponie hat neben der Errichtung einer Photovoltaikanlage keinen nur untergeordneten Zweck (so aber die Beschwerde). Sie hat bei stillgelegten Abfalldeponien zentrale Bedeutung als eine hauptsächliche Barriere gegen Umweltverunreinigungen; sie soll das Grundwasser vor eindringendem Niederschlagswasser und mit ihm durchsickernden Schadstoffen schützen. Die Abdichtung und die Photovoltaikanlage waren - wie außer Streit steht - für mehrere Jahrzehnte konzipiert. Zugleich sollte die regensichere Abdichtung als Unterkonstruktion die Photovoltaikanlage aufnehmen. Auch die Bauarbeiten an der Abdichtung und Unterkonstruktion, insbesondere deren mit Blick auf regelmäßig zu besorgende Bodensetzungen sichere Gründung, waren demnach nicht nur für die Funktion und einen dauerhaften Schutz des Grundwassers, sondern auch für die Funktion der Photovoltaikanlage, die durch Absenkungen der Unterkonstruktion ebenfalls beeinträchtigt werden kann, von ganz erheblichem Belang.
28Die für die regensichere Unterkonstruktion und die Photovoltaikanlage zu verwendenden Materialien waren neu. Mängel waren daran praktisch weniger zu erwarten, wohingegen Montageleistungen (Bauleistungen) eher fehleranfällig, sorgfältig auszuführen und detailgenau zu überwachen waren.
29Der Unternehmensgegenstand der Bieter (die in die Wertung gelangten Angebote stammten allein von Photovoltaikanlagebauern) ist entgegen der Ansicht der Beschwerde bei der Unterscheidung zwischen Liefer- oder Bauauftrag nicht zu bewerten.
30Trotz eines Anteils der Bauleistungen von lediglich gut 30 % sind diese im Ergebnis nicht nur als Nebenarbeiten zu qualifizieren. Ihrer gegenständlichen Bedeutung nach sollten vor allem durch die Bauarbeiten die Funktion und die Qualität der Abdichtung und der Photovoltaikanlage sichergestellt werden. Bauleistungen hatten einen die ordnungsgemäße Vertragserfüllung prägenden Charakter. Dies gebietet, die Bauleistungen trotz ihres geringeren Wertanteils als den Hauptgegenstand des Vertrages anzusehen.
31c) Der Vertrag erfüllt dagegen nicht auch die Voraussetzungen der zweiten, möglichen Variante eines Bauauftrags, die unter anderem durch die Ausführung eines Bauwerks gekennzeichnet ist, welches das spezifische Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll (vgl. § 99 Abs. 3 GWB; Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2004/18; Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2004/17 in Verbindung mit den jeweiligen Anhängen I und XII). Zwar sind vollständige Bauwerke (Gesamtheiten) errichtet worden, doch machen die allein der Gruppe 45.2 der Anhänge (Hoch- und Tiefbauarbeiten) unterfallenden Arbeiten einen so deutlich unterliegenden Anteil an der Gesamtleistung aus, dass ihnen nicht mehr der Charakter eines Hauptgegenstands des Vertrages zuzumessen ist. Daran gemessen haben die Oberlandesgerichte Brandenburg (Beschluss vom 29. März 2012 - Verg W 2/12, VergabeR 2013, 49) und Dresden (Beschluss vom 2. November 2004 - W Verg 11/04, VergabeR 2005, 258; ähnlich OLG Jena, VergabeR 2003, 97) anders entschieden, weil sie den Fall einer zweiten Variante des Bauauftrags trotz nicht gegebener Tief- oder Hochbauarbeiten angenommen haben. Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gebietet dies nicht. Im Streitfall ist die Verneinung der zweiten Variante des Bauauftrags nicht entscheidungserheblich, also nicht tragend.
322. Sofern - nicht streitentscheidend - der Vertrag als ein öffentlicher Lieferauftrag anzusehen wäre, hätte die Antragsgegnerin die Ausschreibung möglicherweise nach Maßgabe der SektVO vorzunehmen gehabt. Die Antragsgegnerin ist Sektorenauftraggeberin nach § 98 Nr. 3 GWB, weil sie sich auf dem Gebiet der Energieversorgung betätigt und Auftraggeber, die unter Nr. 1 des § 98 GWB fallen (Gebietskörperschaften), auf sie einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Die maßgebende Sektorentätigkeit ist - wie außer Streit steht, durch Einspeisen von Strom - das Versorgen des allgemeinen Stromnetzes mit Elektrizität im Sinn von Nr. 2 Satz 1, 1. Halbsatz der Anlage zu § 98 Nr. 4 GWB (so auch Franßen in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., Anlage zu § 98 Nr. 4 GWB Rn. 15 m.w.N.). Die Antragsgegnerin war zwar auch bei einem Bauauftrag Sektorenauftraggeberin; doch hat der Senat dies im vorstehenden Zusammenhang nicht erörtert, weil es dort darauf nicht angekommen ist.
33a) Im Fall eines Lieferauftrags unterlag der Auftrag dem Vergaberechtsregime des GWB. Der Auftragswert überstieg den für Sektorenauftragsvergaben (Errichten einer Photovoltaikanlage) geltenden Schwellenwert von 400.000 Euro (gemäß der Verordnung Nr. 1251/2011 der Kommission) und den für gewöhnliche Lieferungen (Abdichten der Deponie) maßgebenden Schwellenwert von 200.000 Euro.
34b) Das Interesse an der Feststellung einer Rechtsverletzung hat die Antragstellerin im Senatstermin prozessual zulässigerweise mit dem Vorhaben, Schadensersatzansprüche an die Antragsgegnerin zu richten, begründet.
35c) Handelte es sich um einen Lieferauftrag, ist der Streitfall indes durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Vertrag sich sowohl auf einen Sektorenbauauftrag (Errichten einer Photovoltaikanlage) als auch auf einen dem allgemeinen Vergaberecht oberhalb des Schwellenwerts unterliegenden Lieferauftrag bezog (Abdichten der Deponie).
36Fragen des im Vergabeverfahren konkret anzuwendenden Rechtsregimes sind für solche Fälle in § 99 Abs. 11 und 12 GWB geregelt.
37Absatz 11 von § 99 GWB regelt den Fall, dass ein Sektorenauftrag zusammen mit einem dem Vergaberecht nach GWB unterfallenden anderen Auftrag oder zusammen mit einem nicht dem Vergaberechtsregime unterliegenden Auftrag erteilt werden soll. In diesem Fall richtet sich die Rechtsnatur des Auftrags danach, welche Tätigkeit den Hauptgegenstand des Auftrags darstellt.
38§ 99 Abs. 12 GWB trifft Bestimmungen allein für den Fall, dass der Hauptgegenstand des Vertrages nicht festzustellen ist: Kommt ein Sektorenauftrag (im Streitfall das Errichten der Photovoltaikanlage) mit einem anderen, nach GWB auszuschreibenden Auftrag eines Auftraggebers nach § 98 Nr. 1 bis 3 GWB zusammen (hier mit dem Abdichten der Deponie), ist das oberhalb der Schwellenwerte geltende allgemeine Vergaberecht anzuwenden (Satz 1). Trifft ein der Ausschreibungspflicht unterliegender Sektorenauftrag mit einem nicht nach dem GWB auszuschreibenden Auftrag anderer Art zusammen, gelten für die Auftragsvergabe die Vorschriften der SektVO (Satz 2; wie vorstehend ebenfalls Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rn. 226a bis 229 m.w.N.).
39Im Streitfall muss hinsichtlich des geltenden Rechtsregimes keine Entscheidung getroffen werden. Entweder war bei der hier zu beurteilenden Auftragsvergabe von der Antragsgegnerin die SektVO oder die VOL/A-EG anzuwenden. Die für den Streitfall einschlägigen Bestimmungen sind inhaltlich gleich.
40d) Ob der Antragsgegnerin - daran gemessen - Vergaberechtsverstöße unterlaufen sind, kann offen bleiben. So ist die Auftragsvergabe zwar nicht unionsweit bekannt gemacht worden. Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung war außerdem unzulässig (vgl. § 6 Abs. 2 SektVO, § 3 Abs. 4 VOL/A-EG), weil keine der daran zu stellenden Anforderungen gegeben war. Dies hat sich auf die Auftragschancen der Antragstellerin jedoch nicht nachteilig ausgewirkt, weil sie am Vergabeverfahren beteiligt worden ist. Sog. Popularklagen zugunsten nicht beteiligter Wettbewerber sind auch in Vergabeprozessen ausgeschlossen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. März 2013 - VII-Verg 6/13).
41Der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung ist jedenfalls unbegründet, wenn das rechtfertigende Interesse, im Streitfall ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin, nicht durchgesetzt werden kann und eine entsprechende Klage aussichtslos ist (OLG Celle, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - 13 Verg 2/05, NZBau 2006, 197, 198; OLG Koblenz, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682, 684; OLG Jena, Beschluss vom 30. März 2009 - 9 Verg 12/08; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 114 GWB Rn. 21; Thiele in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 114 GWB Rn. 70). Eine Klage ist aussichtslos, weil das Angebot der Antragstellerin wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen aus der Wertung zu nehmen war und auch bei einem rechtmäßig verlaufenen Vergabeverfahren nicht den Zuschlag hätte erlangen können (vgl. dazu Franßen in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 126 GWB Rn. 66 f.; Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 126 GWB Rn. 76 jeweils m.w.N.). Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin im Anschreiben vom 22. Februar 2012 zum Angebot mitgeteilt, das Angebot basiere auf den gültigen Technischen Anschlussbedingungen des Verteilnetzbetreibers E...; bei Überarbeitung und Änderungen behalte sie sich eine Anpassung des Angebots und der Preise vor. Damit ist die Antragstellerin abgewichen von den Angebotsgrundlagen gemäß den Allgemeinen Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis (dort unter Nr. 2). Die Antragstellerin hat dem Angebot ferner die in ihrem Unternehmen geltenden „Liefer- und Geschäftsbedingungen zur Verwendung im Geschäftsverkehr gegenüber Unternehmen“ wie der Antragsgegnerin beigefügt und hat stillschweigend darauf Bezug genommen. Zumindest im Punkt „Eigentumsvorbehalt“ haben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin den Vorgaben der Antragsgegnerin in den Allgemeinen Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis widersprochen (dort Nr. 19), wonach Eigentumsvorbehalte nicht anerkannt werden sollten. Infolge der Bezugnahme auf abweichende Vertragsbedingungen ist das Angebot der Antragstellerin aufgrund § 19 Abs. 3 Buchst. d, § 16 Abs. 4 VOL/A-EG auszuschließen (so auch OLG München, Beschluss vom 21. Februar 2008 - Verg 1/08; a.A. zwar OLG Celle, Beschluss vom 22. Mai 2008 - 13 Verg 1/08, doch sind, mit Blick auf § 124 Abs. 2 GWB, die vom OLG Celle angewandten Rechtssätze für die Entscheidung nicht tragend). Der Ausschlussgrund greift, weil er zwingend ist, unabhängig davon ein, ob der Auftraggeber im Vergabeverfahren davon Gebrauch gemacht hat oder nicht. Zwar nennt die SektVO eine Änderung der Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich als einen Ausschlussgrund. Der Ausschluss folgt jedoch aus allgemeinen Vergabeprinzipien. Werden die vom Auftraggeber festgelegten Regularien der Ausschreibung nicht gleichermaßen von allen Bietern beachtet, lassen sich vergleichbare Angebote nicht erzielen und ist die praktische Wirksamkeit des Gleichbehandlungsgebots und der Chancengleichheit der Bieter gefährdet.
42Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78, 120 Abs. 2 GWB.
43Der Streitwertfestsetzung (§ 55 Abs. 2 GKG) ist der Bruttowert des Angebots der Antragstellerin zugrunde gelegt worden.
44Dicks Brackmann Rubel
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Annotations
(1) Sektorenauftraggeber sind
- 1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, - 2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn - a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder - b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.
(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.
(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3
- 1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt, - 2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder - 3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.
(1) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme aus, wenn sie Kenntnis davon haben, dass eine Person, deren Verhalten nach Absatz 3 dem Unternehmen zuzurechnen ist, rechtskräftig verurteilt oder gegen das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig festgesetzt worden ist wegen einer Straftat nach:
- 1.
§ 129 des Strafgesetzbuchs (Bildung krimineller Vereinigungen), § 129a des Strafgesetzbuchs (Bildung terroristischer Vereinigungen) oder § 129b des Strafgesetzbuchs (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland), - 2.
§ 89c des Strafgesetzbuchs (Terrorismusfinanzierung) oder wegen der Teilnahme an einer solchen Tat oder wegen der Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel in Kenntnis dessen, dass diese finanziellen Mittel ganz oder teilweise dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, eine Tat nach § 89a Absatz 2 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zu begehen, - 3.
§ 261 des Strafgesetzbuchs (Geldwäsche), - 4.
§ 263 des Strafgesetzbuchs (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden, - 5.
§ 264 des Strafgesetzbuchs (Subventionsbetrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden, - 6.
§ 299 des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), §§ 299a und 299b des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen), - 7.
§ 108e des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern), - 8.
den §§ 333 und 334 des Strafgesetzbuchs (Vorteilsgewährung und Bestechung), jeweils auch in Verbindung mit § 335a des Strafgesetzbuchs (Ausländische und internationale Bedienstete), - 9.
Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Geschäftsverkehr) oder - 10.
den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b bis 233a des Strafgesetzbuches (Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung).
(2) Einer Verurteilung oder der Festsetzung einer Geldbuße im Sinne des Absatzes 1 stehen eine Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach den vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten gleich.
(3) Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.
(4) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus, wenn
- 1.
das Unternehmen seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist und dies durch eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde oder - 2.
die öffentlichen Auftraggeber auf sonstige geeignete Weise die Verletzung einer Verpflichtung nach Nummer 1 nachweisen können.
(5) Von einem Ausschluss nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist. Von einem Ausschluss nach Absatz 4 Satz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist oder ein Ausschluss offensichtlich unverhältnismäßig wäre. § 125 bleibt unberührt.
(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.
(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3 zu. Gegen eine Verfügung, durch die eine Erlaubnis nach § 42 erteilt wird, steht die Beschwerde einem Dritten nur zu, wenn er geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde zulässig, auf deren Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Kartellbehörde den Antrag auf Vornahme der Verfügung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzuachten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.
(5) Der Bundesgerichtshof entscheidet als Beschwerdegericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts
jeweils einschließlich aller selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen.Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken.
(2) Ein Interessenkonflikt besteht für Personen, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang eines Vergabeverfahrens nehmen können und die ein direktes oder indirektes finanzielles, wirtschaftliches oder persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.
(3) Es wird vermutet, dass ein Interessenkonflikt besteht, wenn die in Absatz 1 genannten Personen
- 1.
Bewerber oder Bieter sind, - 2.
einen Bewerber oder Bieter beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten, - 3.
beschäftigt oder tätig sind - a)
bei einem Bewerber oder Bieter gegen Entgelt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs oder - b)
für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum öffentlichen Auftraggeber und zum Bewerber oder Bieter hat.
(4) Die Vermutung des Absatzes 3 gilt auch für Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen nach Absatz 3 Nummer 1 bis 3 erfüllen. Angehörige sind der Verlobte, der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Geschwister der Eltern sowie Pflegeeltern und Pflegekinder.
(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn
- 1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat, - 2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat, - 3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, - 4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, - 5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann, - 6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann, - 7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat, - 8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder - 9.
das Unternehmen - a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, - b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder - c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.
(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.
Die Gebühr für die Durchführung des Zwangsverwaltungsverfahrens bestimmt sich nach dem Gesamtwert der Einkünfte.
