Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Nov. 2015 - I-26 W 4/15 [AktE]

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2015:1119.I26W4.15AKTE.00
bei uns veröffentlicht am19.11.2015

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 29.05.2015 gegen den Zwischenbeschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12.05.2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens einschließlich der in der Beschwerdeinstanz den Antragstellern entstandenen notwendigen Auslagen sowie die Vergütung und Auslagen der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre.

Der Geschäftswert wird auf 20.000 Euro festgesetzt.


1

A.

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 13 15 16 17 18 19 21 23 24 25

B.

26

I.

27 28 29

II.

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1.

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2.

38

III.

39 40 41

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Umwandlungsgesetz - UmwG 1995 | § 29 Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag


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(1) Bei der Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform oder bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft hat der übertragende Rechtsträger im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluß des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten; § 71 Abs. 4 Satz 2 des Aktiengesetzes und § 33 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz erste Alternative des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind insoweit nicht anzuwenden. Das gleiche gilt, wenn bei einer Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform die Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind. Kann der übernehmende Rechtsträger auf Grund seiner Rechtsform eigene Anteile oder Mitgliedschaften nicht erwerben, so ist die Barabfindung für den Fall anzubieten, daß der Anteilsinhaber sein Ausscheiden aus dem Rechtsträger erklärt. Eine erforderliche Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs als Gegenstand der Beschlußfassung muß den Wortlaut dieses Angebots enthalten. Der übernehmende Rechtsträger hat die Kosten für eine Übertragung zu tragen.

(2) Dem Widerspruch zur Niederschrift im Sinne des Absatzes 1 steht es gleich, wenn ein nicht erschienener Anteilsinhaber zu der Versammlung der Anteilsinhaber zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 26/12
vom
8. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 14 Abs. 1; SpruchG § 1; BörsenG § 39 Abs. 2; AktG § 119
Bei einem Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt
auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf
eine Barabfindung. Es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung
noch eines Pflichtangebotes (Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. November 2002
- II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff.).
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 - II ZB 26/12 - OLG Bremen
LG Bremen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Prof. Dr. Strohn, die
Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 12. Oktober 2012 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden wie folgt verteilt: Die Antragsgegnerin und die Antragsteller tragen jeweils ihre eigenen außergerichtlichen Kosten; die Gerichtskosten trägt die Antragsgegnerin. Gegenstandswert: 200.000 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin, einer Aktiengesellschaft. Mit einer Ad-hoc-Meldung vom 11. Februar 2011 gab die Antragsgegnerin den vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossenen Wechsel vom regulierten Markt der Wertpapierbörse in Berlin in den Entry Standard des Freiverkehrs (Open Market) der Frankfurter Wertpapierbörse bekannt. Am 16. Februar 2011 wurde der Widerruf der Zulassung am regulierten Markt wirksam ; seither sind die Aktien der Antragsgegnerin in den Entry Standard einbe- zogen. Mit ihren am 9. Mai 2011 bzw. 16. Mai 2011 eingegangenen Anträgen haben die Antragsteller ein Spruchverfahren zur Festlegung einer angemessenen Barabfindung beantragt. Das Landgericht hat die Anträge als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerden der Antragsteller sind ohne Erfolg geblieben. Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Antragsteller.

II.

2
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg. Es ist kein Spruchverfahren zur Ermittlung einer Barabfindung durchzuführen. Bei einem Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung. Es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung noch eines Pflichtangebotes.
3
1. Der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt nach § 39 Abs. 2 BörsenG auf Antrag der Gesellschaft führt nicht zu einer Beeinträchtigung des Aktieneigentums. Der Bundesgerichtshof ist allerdings davon ausgegangen, dass für die Minderheits- und Kleinaktionäre, deren Engagement bei einer Aktiengesellschaft allein in der Wahrnehmung von Anlageinteressen besteht, der Wegfall des Handels im regulierten Markt wirtschaftlich gravierende Nachteile mit sich bringt, die auch nicht durch die Einbeziehung der Aktien in den Freihandel ausgeglichen werden können, und dass daher der verfassungsrechtliche Schutz des Aktieneigentums der Minderheitsaktionäre gebietet, dass ihnen mit dem Beschlussantrag an die Hauptversammlung, die über den Widerruf der Börsenzulassung zu entscheiden hat, ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft oder ihren Großaktionär vorzulegen ist (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff.).
Dieser Rechtsprechung ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts , nach der der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts des Aktionärs nicht berührt (BVerfG, ZIP 2012, 1402), die Grundlage entzogen. Der Widerruf der Börsenzulassung nimmt danach dem Aktionär keine Rechtspositionen, die ihm von der Rechtsordnung als privatnützig und für ihn verfügbar zugeordnet sind; er lässt die Substanz des Anteilseigentums in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und seinem vermögensrechtlichen Element unbeeinträchtigt. Zu dem von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Bestand zählt nur die rechtliche Verkehrsfähigkeit, während die tatsächliche Verkehrsfähigkeit eine schlichte Ertrags- und Handelschance ist.
4
Die mitgliedschaftsrechtliche Stellung des Aktionärs wird durch den Rückzug von der Börse nicht wie bei einer Mediatisierung seiner Mitwirkungsrechte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 136 ff.; Urteil vom 26. April 2004 - II ZR 155/02, BGHZ 159, 30, 37 ff.) geschwächt (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47,

54).

5
2. Ein Barabfindungsangebot ist nicht in entsprechender Anwendung von § 207 UmwG erforderlich. Teilweise wird zwar vertreten, dass wegen einer Ähnlichkeit des Verlustes der Börsennotierung mit einem Formwechsel die umwandlungsrechtlichen Vorschriften über den Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) entsprechend anwendbar seien (Drygala/Staake, ZIP 2013, 905, 912; aA Wackerbarth, WM 2012, 2077, 2078; Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645, 653). Dagegen spricht aber schon, dass ein Formwechsel bei einer Aktiengesellschaft nicht immer zu einer Barabfindung führt. Nach § 250 UmwG ist § 207 UmwG auf den Formwechsel einer Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder den umgekehrten Fall nicht anwendbar.
6
Die Unterschiede zwischen einer börsennotierten und einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft kommen einem Formwechsel auch nicht gleich, weil die Vorschriften, die eine Börsennotierung voraussetzen, weder die Organisationsstruktur noch die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft entscheidend verändern. Zwar knüpfen zahlreiche Vorschriften des Aktienrechts an die Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt (§ 32 Abs. 1 BörsenG) an (§ 67 Abs. 6 Satz 2, § 87 Abs. 1 Satz 2, § 93 Abs. 6, § 100 Abs. 2 Nr. 4, § 110 Abs. 3, § 120 Abs. 4 Satz 1, § 121 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4a und Abs. 7, § 122 Abs. 2 Satz 3, § 123 Abs. 3 Satz 3, § 124 Abs. 1 Satz 2, § 124a Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 3, § 126 Abs. 1 Satz 3, § 130 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6, § 134 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Sätze 3 und 4, § 135 Abs. 5 Satz 4, § 149 Abs. 1, § 161 Abs. 1 Satz 1, § 171 Abs. 2 Satz 2, § 175 Abs. 2 Satz 1, § 176 Abs. 1 Satz 1, § 248a Satz 1, § 328 Abs. 3 und § 404 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG über die Legaldefinition in § 3 Abs. 2 AktG, § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG über § 21 Abs. 2 WpHG, der im Inland ebenfalls nur die Zulassung im regulierten Markt betrifft [vgl. § 2 Abs. 5 WpHG, MünchKommAktG /Bayer, 3. Aufl., Anh. § 22, § 21 WpHG Rn. 12]). Weder die Börsenzulassung noch ihr Widerruf erfordern aber nach den genannten aktienrechtlichen Vorschriften in jedem Fall eine Satzungsänderung. Die grundlegende Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft oder die Beteiligungsrechte sind von den genannten Vorschriften nicht betroffen. Die Zulassung zum Handel im regulierten Markt kann schließlich auch ohne Antrag der Gesellschaft, etwa wegen eines geringen Handelsumsatzes, widerrufen werden (§ 39 Abs. 1 BörsenG). Wenn der Widerruf der Zulassung einem Formwechsel gleichkommen soll, müsste auch für diesen Fall ein Formwechsel angenommen werden. Regelun- gen für einen zwangsweisen Formwechsel enthalten die §§ 190 ff. UmwG jedoch nicht.
7
3. Das Erfordernis eines Pflichtangebots folgt auch nicht aus § 243 Abs. 2 Satz 2 AktG. Teilweise wird vertreten, dass der Vorstand einen Beschluss der Hauptversammlung herbeiführen müsse, weil er nicht selbst über die rechtlichen Bedingungen entscheiden dürfe, unter denen er für die Gesellschaft unternehmerische Entscheidungen treffe, und bei Vorhandensein eines Großaktionärs dieser einen ihm durch das Delisting bzw. Downlisting entstehenden Sondervorteil durch ein Abfindungsangebot nach § 243 Abs. 2 Satz 2 AktG ausgleichen müsse (Wackerbarth, WM 2012, 2077, 2079 f.). Dagegen spricht schon, dass aktienrechtlich eine Beteiligung der Hauptversammlung nicht vorgeschrieben ist (§ 119 Abs. 1 AktG). Sie kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Vorstand nicht über die Regeln für seine eigene Vergütung (§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG) mitbestimmen, Berichtspflichten abschaffen (§ 176 Abs. 1 AktG), die Verjährung seiner Haftung bei Pflichtverletzungen verkürzen (§ 93 Abs. 6 AktG), seine Strafbarkeit verringern (§ 404 Abs. 1 AktG) oder über das Stimmrecht von Aktionären entscheiden (§ 328 Abs. 3 AktG) soll. Dass eine Geschäftsführungsmaßnahme auch günstige Auswirkungen auf den Vorstand hat, nimmt ihm nicht die Geschäftsführungsbefugnis. Wenn der Vorstand Geschäftsführungsmaßnahmen nicht alleine verantworten soll, ist in erster Linie der Aufsichtsrat und nicht die Hauptversammlung zur Mitwirkung berufen (§ 111 Abs. 1 und 4 AktG). Abgesehen davon passt die Regelung in § 243 Abs. 2 AktG auf das Delisting nicht. Der Börsenrückzug ist nicht immer ein Sondervorteil, den ein Großaktionär gesucht hat. In § 243 Abs. 2 Satz 2 AktG ist ein angemessener Ausgleich und keine Abfindung für die anderen Aktionäre vorgesehen, und das Fehlen eines angemessenen Ausgleichs führt nicht zu einem Spruchverfahren, sondern zur Nichtigerklärung des Beschlusses (§ 243 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG).
8
4. Auf den Rückzug von der Börse ist auch nicht § 29 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 2 UmwG entsprechend anzuwenden (aA Klöhn, NZG 2012, 1041, 1045; Habersack, ZHR 176 [2012], 463, 464 f.). Allerdings ist die Vorschrift eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die formwahrende Verschmelzung grundsätzlich abfindungsfrei ist. Wenn dennoch bei der Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft ein Abfindungsangebot zu machen ist, beruht dies auf dem Wechsel aus dem regulierten Markt. Daraus kann aber nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit § 29 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 2 UmwG einen allgemeinen Grundsatz anerkennen wollte, dass der Wechsel aus dem regulierten Markt in jedem Fall zu einer Abfindung führt. Dem Anerkenntnis eines solchen allgemeinen Grundsatzes steht entge- gen, dass für andere Fälle des „kalten“ Delistings, in denen Maßnahmen auf indirektem Weg zur Beendigung der Zulassung führen können, wie bei der Eingliederung in eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, keine Barabfindung vorgesehen ist (§ 320b Abs. 1 Satz 2 AktG). Die Gesetzesbegründung verweist auch nicht auf einen allgemeinen Grundsatz, sondern sieht nur in der faktischen Erschwernis der Veräußerbarkeit der Aktien einen Grund zur Gleichbehandlung mit der Verschmelzung auf einen nicht börsenfähigen Rechtsträger (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes , BT-Drucks. 16/2919 S. 13). Bis zur Einfügung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 2 UmwG waren die Aktionäre vor einer Beeinträchti- gung durch das „kalte“ Delisting bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft nicht geschützt. Für das reguläre Delisting enthält dagegen bereits § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG eine Regelung, wonach der Widerruf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen darf.
9
Dass nur der spezielle Fall des sogenannten „kalten“ Delistings bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft geregelt werden sollte und § 29 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 2 UmwG nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes ist, nach dem der Rückzug von der Börse mit einem Barabfindungsangebot einhergehen muss, folgt auch aus der Gesetzgebungsgeschichte des zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. Der Bundesrat hatte unter Berufung auf das Urteil des Senats vom 25. November 2002 (II ZR 133/01, BGHZ 153, 47) darum gebeten, die Aufzählung der dem Spruchverfahrensgesetz unterliegenden Verfahren in § 1 SpruchG um das Delisting zu erweitern (Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 548/06 S. 10). Die Bundesregierung hat dies in ihrer Gegenäußerung (BT-Drucks. 16/2919 S. 28) abgelehnt, weil die Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delistings andauere und der Gesetzgeber keine vorschnelle Antwort geben solle.
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5. Eine Pflicht zu einem Barabfindungsangebot besteht auch nicht aufgrund einer nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, ZIP 2012, 1402, 1406) zulässigen Gesamtanalogie zu gesetzlichen Regelungen anderer gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen (§§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG) (im Ergebnis ebenso Wasmann in KK-AktG, 3. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 25; Bungert/Wettich, DB 2012, 2265, 2268 f.; Goetz, BB 2012, 2767, 2773; Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645, 651 f.). Da keine Gesamtanalogie zu diesen Vorschriften zu bilden ist und der Rückzug von der Börse auch nicht unter den Fällen genannt ist, in denen nach § 119 Abs. 1 AktG die Hauptver- sammlung beschließt, besteht auch keine aktienrechtliche Pflicht, einen Hauptversammlungsbeschluss herbeizuführen.
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a) Der Widerruf der Börsenzulassung ist keine Strukturmaßnahme und ähnelt ihr nicht. Die Binnenstruktur der Gesellschaft erfährt dadurch, dass sie sich aus dem regulierten Markt der Börse zurückzieht, keine Veränderung (Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645, 651 f.; Wackerbarth, WM 2012, 2077, 2078). Die aktienrechtlichen Vorschriften, die auf die Börsennotierung abstellen, dienen nur mittelbar den Vermögens- und Mitgliedsinteressen des einzelnen Aktionärs (BVerfG, ZIP 2012, 1402, 1405 f.). Sie berühren die Interessen des Aktionärs - wie etwa die Besonderheiten bei der Vorstandsvergütung oder der Vorstandshaftung - kaum oder führen - wie etwa die Veränderung der Informationspflichten im Zusammenhang mit der Einberufung der Hauptversammlung - nicht zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen der Beteiligung in einem Ausmaß, das einer Strukturänderung gleichkommt und eines entsprechenden Schutzmechanismus bedarf.
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b) Auch die bedeutenderen Auswirkungen des Rückzugs aus dem regulierten Markt im Kapitalmarktrecht auf die Interessen der Anleger rechtfertigen eine analoge Anwendung der Vorschriften über Strukturmaßnahmen nicht. Die Meldepflichten für einen Beteiligungserwerb sind nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG bei börsennotierten Gesellschaften differenzierter als in § 20 Abs. 1 und 4 AktG; ein Kontrollwechsel kann aber grundsätzlich auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften nicht unbemerkt stattfinden. Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass bei einer nicht börsennotierten Gesellschaft kein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG gemacht werden muss. Allerdings genießen auch die Aktionäre einer börsennotierten Gesellschaft keinen vollständigen Schutz durch ein Barabfindungsangebot nach dem Kontrollerwerb. Die einzel- nen Aktionäre haben keinen Anspruch auf eine Gegenleistung, wenn entgegen § 35 Abs. 2 WpÜG kein Pflichtangebot veröffentlicht wird (BGH, Urteil vom 11. Juni 2013 - II ZR 80/12, WM 2013, 1511 Rn. 11 ff.); vielmehr ist eine Kontrolle öffentlich-rechtlich durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht organisiert. Die Verbote bei Insidergeschäften (§ 14 WpHG) und das Marktmanipulationsverbot (§ 20a WpHG) gelten auch für nicht börsennotierte Gesellschaften, solange sie in den Freiverkehr einbezogen sind (§ 12 Satz 1 Nr. 1 WpHG). Lediglich die Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 WpHG trifft nach § 2 Abs. 7 WpHG nur Gesellschaften, deren Aktien zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind oder die einen Antrag auf Zulassung gestellt haben (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Der Verlust solcher Informationspflichten rechtfertigt aber keine gesellschaftsrechtlichen, sondern allenfalls kapitalmarktrechtliche Maßnahmen.
13
c) Der Schutz der Anleger ist in § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG geregelt. Dass dieser Schutz vor den tatsächlichen Beeinträchtigungen der Verkehrsfähigkeit durch den vollständigen Rückzug von der Börse oder den Wechsel in andere Börsensegmente durch das Börsengesetz unzureichend und darüber hinaus gesellschaftsrechtlich ein Barabfindungsangebot erforderlich ist, lässt sich entgegen der früheren Annahme des Senats (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 54), die allerdings den grundrechtlichen Schutz des Aktieneigentums im Blick hatte, nicht feststellen.
14
§ 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG verlangt, dass der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt nicht dem Schutz der Anleger widersprechen darf. Soweit die Börsenordnungen vorsehen, dass nach der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung den Anlegern ausreichend Zeit verbleiben muss, die vom Widerruf betroffenen Wertpapiere im regulierten Markt zu veräußern, und dazu die Wirksamkeit des Widerrufs bis zu sechs Monate hinausschieben, wenn den Aktionären nicht gleichzeitig ein Kaufangebot unterbreitet wird (z.B. § 40 Abs. 2 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse), bleibt der Schutz der Anleger hinter dem Schutz durch ein Barabfindungsangebot nicht zurück. Der Aktionär kann sich damit selbst für eine Deinvestition entscheiden, wenn er Vermögensnachteile aus dem Börsenrückzug und der Veränderung der Rahmenbedingungen für seine Investition befürchtet. Dass schon die Ankündigung des Börsenrückzugs regelmäßig zu einem Kursverlust führt, lässt sich nicht feststellen (Heldt/Royé, AG 2012, 660, 667 f.). Wenn der Anleger sich unter diesen Voraussetzungen selbst für eine Deinvestition zum aktuellen Börsenkurs entscheidet, steht er im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders als bei einem Barabfindungsangebot. Auch bei einem Barabfindungsangebot muss sich der Anleger zeitnah entscheiden, ob er es annimmt. Er kann nicht die weitere Kursentwicklung abwarten und darf nicht zu Lasten der Gesellschaft oder ihres Großaktionärs spekulieren.
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Auch wenn die Geschäftsführungen der Börse die sofortige Wirksamkeit des Widerrufs ohne ein Kaufangebot an die Anleger zulassen, wie hier offensichtlich die Berliner Börse im Fall des Wechsels in den Freiverkehr der Frankfurter Börse, muss dies nicht notwendig dem in § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG verlangten Schutz der Anleger widersprechen. Die plötzliche Veränderung der Grundlagen der Beteiligung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Eigentumsbeeinträchtigung. Eine Beeinträchtigung der Liquidität der Beteiligung und des Veräußerungswerts muss mit dem Wechsel, etwa vom regulierten Markt einer kleinen Börse in ein gesuchtes Segment des Freiverkehrs einer großen Börse, nicht zwangsläufig verbunden sein. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kurswert der Aktie infolge des Wechsels in den (qualifizierten) Freiverkehr grundsätzlich sinkt (Heldt/Royé, AG 2012, 660, 667 f.). Das war auch im Fall des Downlisting der Aktien der Antragsgegnerin nicht anders. Soweit die Rechtsbeschwerdeführer einen Kursverlust von 10% zwischen Veröffentlichung des Widerrufs und Beschwerdeeinlegung beklagt haben, hat dem die Antragsgegnerin unwidersprochen entgegengehalten, dass der Kursverlust der allgemeinen Kursentwicklung entsprochen habe.
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Wenn die Anleger in der Verwaltungspraxis nicht ausreichend geschützt werden, ist einer unzutreffenden Anwendung von § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG mit den verwaltungsrechtlichen, auch aufsichtsrechtlichen Mitteln zu begegnen. § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsenG bietet, wie der 8. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Stellungnahme zu den Verfassungsbeschwerden, die zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juli 2012 geführt haben, betont hat (1 BvR 3142/07, juris Rn. 35), ausreichende Ansatzpunkte für einen angemessenen, mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung durchsetzbaren Schutz der betroffenen Aktionäre. Hierdurch kann ein effektiver Rechtsschutz auch unabhängig von einer Erstreckung der grundrechtlichen Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG auf die durch eine Börseneinführung gesteigerte Verkehrsfähigkeit der Aktien gewährleistet werden. Soweit der Gesetzgeber im Kapitalmarktrecht den Anlegerschutz allein öffentlich-rechtlich ausgestaltet hat, ist eine Ergänzung durch einen zivilrechtlichen Anspruch der Anleger nicht schon deshalb veranlasst, weil ein individuell durchsetzbarer Anspruch für sinnvoll oder effektiver gehalten wird.
17
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG, die auch für Rechtsmittelverfahren gelten (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 12/11, ZIP 2012, 266 Rn. 21). Angesichts der ungeklärten Rechtslage bestand kein Anlass, aus Billigkeitsgründen die Gerichtskosten den Rechtsbeschwerdeführern aufzuerlegen.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 06.01.2012 - 13 O 128/11 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 12.10.2012 - 2 W 25/12 -

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Bei der Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform oder bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft hat der übertragende Rechtsträger im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluß des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten; § 71 Abs. 4 Satz 2 des Aktiengesetzes und § 33 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz erste Alternative des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind insoweit nicht anzuwenden. Das gleiche gilt, wenn bei einer Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform die Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind. Kann der übernehmende Rechtsträger auf Grund seiner Rechtsform eigene Anteile oder Mitgliedschaften nicht erwerben, so ist die Barabfindung für den Fall anzubieten, daß der Anteilsinhaber sein Ausscheiden aus dem Rechtsträger erklärt. Eine erforderliche Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs als Gegenstand der Beschlußfassung muß den Wortlaut dieses Angebots enthalten. Der übernehmende Rechtsträger hat die Kosten für eine Übertragung zu tragen.

(2) Dem Widerspruch zur Niederschrift im Sinne des Absatzes 1 steht es gleich, wenn ein nicht erschienener Anteilsinhaber zu der Versammlung der Anteilsinhaber zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist.

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Zwischenbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 20.10.2014 über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens (Az. 31 O 27/13 KfH SpruchG) aufgehoben.

2. Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung werden als unzulässig verworfen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten beider Instanzen. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen in beiden Instanzen jeweils ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.

4. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 200.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller des Spruchverfahrens begehren als Minderheitsaktionäre der X AG, E., die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wegen Verlustes der Börsenzulassung der Aktien am regulierten Markt (Delisting). Die Y Beteiligungsgesellschaft mbH (zwischenzeitlich verschmolzen auf die X AG) als Mehrheitsaktionärin hatte den Aktionären im Anhang der Einladung zu der Hauptversammlung vom 21.05.2012, bei der über den Rückzug der Gesellschaft von der Börse entschieden werden sollte, ein Angebot zum Kauf ihrer Aktien an der X AG zum Preis von 5,36 Euro je Aktie mit einer Annahmefrist von zwei Monaten ab Veröffentlichung des Widerrufs unterbreitet (Anlage AG 2, Bl. 222). Die Hauptversammlung der X AG beschloss am 21.05.2012, dass ihr Vorstand ermächtigt wird, den Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum regulierten Markt der ... Wertpapierbörse zu stellen. Der Widerruf wurde am 06.09.2012 wirksam.
Der erste Antrag in dem Spruchverfahren ging am 04.07.2012 ein. Das Spruchverfahren richtet sich gegen die Y Beteiligungsgesellschaft mbH, die zwischenzeitlich auf die X AG verschmolzen wurde, weshalb das Rubrum entsprechend zu berichtigen war. Am 08.10.2013 entschied der Bundesgerichtshof unter Aufgabe der Grundsätze der Macrotron-Entscheidung vom 25.11.2002 (II ZR 133/01, ZIP 2003, 387), dass die Aktionäre bei einem Widerruf der Zulassung einer Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft keinen Anspruch auf eine Barabfindung haben (II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta).
Die Parteien streiten um die Frage, ob das Spruchverfahren durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs unzulässig geworden ist.
Das Landgericht Stuttgart hat mit Zwischenbeschluss vom 20.10.2014, Az. 31 O 27/13 KfH SpruchG, entschieden, dass das Spruchverfahren zulässig sei.
Die Entscheidung des BGH vom 08.10.2013 habe keine rückwirkende Kraft. Für das laufende Spruchverfahren gelte weiterhin die Macrotron-Entscheidung des BGH. Der BGH habe seine Rechtsprechung in Form einer richterlichen Rechtsfortbildung geändert. In der Macrotron-Entscheidung habe der BGH im Wege richterlicher Rechtsfortbildung die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots einschließlich dessen Überprüfung im Spruchverfahren statuiert. Dieser Rechtsfortbildung sei nach Auffassung des BGH durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2012 die Grundlage entzogen worden, weshalb der BGH sie aufgegeben habe. Hierdurch sei die durch Richterrecht geschaffene Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots entfallen. Es könne dahinstehen, ob eine echte oder eine unechte Rückwirkung vorliege, denn in beiden Fällen sprächen überwiegende Gründe des Vertrauensschutzes der antragstellenden Minderheitsaktionäre gegen eine Rückwirkung. Die Antragsteller hätten im Vertrauen auf den Fortbestand der Macrotron-Entscheidung den Weg der Nichtannahme des Pflichtangebots gewählt, weil sie davon ausgegangen seien, das Barangebot auf seine Angemessenheit durch ein gerichtliches Spruchverfahren überprüfen lassen zu können. Dem gegenüber hätten die X AG und die Antragsgegnerin kein schutzwürdiges Vertrauen darin, dass die Macrotron-Rechtsprechung aufgehoben würde. Die Interessen der Antragsteller würden deshalb überwiegen. Auch öffentliche Interessen würden keine Rückwirkung gebieten. Die Kammer räume deshalb der Rechtssicherheit den gewichtigeren Rang ein als der Einzelfallgerechtigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss des Landgerichts verwiesen.
Gegen die Zwischenentscheidung wendet sich die Antragsgegnerin, die hiergegen entsprechend der dem Beschluss angefügten Rechtsmittelbelehrung sofortige Beschwerde eingelegt hat.
Das Landgericht übersehe, dass die Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs bereits den Vertrauensschutz verneine. Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung festgestellt, dass die Antragsteller in Spruchverfahren nicht auf die Macrotron-Entscheidung vertrauen dürften. Er habe den Antragstellern in dem von ihm entschiedenen Verfahren gerade keinen Vertrauensschutz gewährt und die Wirkung der Entscheidung gerade nicht auf künftige Spruchverfahren beschränkt. Dem entsprechend könne auch hier kein Vertrauensschutz gewährt werden, weil dies zu einem willkürlichen Ergebnis – kein Vertrauensschutz im Frosta-Verfahren, Vertrauensschutz dagegen im vorliegenden Verfahren – führen würde.
Zutreffend habe das Landgericht München I mit Beschluss vom 28.05.2014 einen Vertrauensschutz verneint. Die im angegriffenen Beschluss vorgebrachten Überlegungen zu einem Vertrauensschutz griffen dagegen nicht durch. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sei ausschließlich der Schluss der mündlichen Verhandlung. Da eine analoge Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes in Delisting-Fällen nicht mehr in Betracht komme, sei das Spruchverfahren kein statthafter Rechtsbehelf mehr.
10 
Unzutreffend gehe das Landgericht davon aus, dass die Frage der Rückwirkung einer Rechtsprechungsänderung sich grundsätzlich nach den Regeln der Rückwirkung für Gesetze richte. Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof stellten dagegen Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen gerade nicht gleich. Rechtsprechungsänderungen wirkten vielmehr grundsätzlich ab sofort. Eine geänderte Rechtsprechung sei grundsätzlich auf alle zur Entscheidung anstehenden Fälle anzuwenden, sofern das erkennende Gericht nicht ausnahmsweise eine Übergangslösung wähle. Die deutlich geringeren Anforderungen gegenüber Gesetzesrückwirkungen ergäben sich daraus, dass höchstrichterliche Rechtsprechung – auch richterliche Rechtsfortbildung – kein Gesetzesrecht sei. Prozessbeteiligte könnten deshalb von vornherein nicht darauf vertrauen, dass ein Gericht eine bestimmte Rechtsauffassung vertrete und stets an ihr festgehalten werde. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG komme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur in Betracht, wenn die Änderung der Rechtsprechung willkürlich sei. Nur dann seien Vertrauensschutzgesichtspunkte überhaupt zu prüfen. Hier liege schon keine willkürliche Rechtsprechungsänderung vor. Zudem sei kein relevanter Vertrauenstatbestand entstanden. Die Macrotron-Rechtsprechung sei keine besonders gefestigte und langjährige Rechtsprechung. Ein besonderer Vertrauensschutz der Antragsteller, denen es um eine mögliche Optimierung ihrer Finanzen, nicht aber um eine Existenzbedrohung ging, sei nicht geboten.
11 
Die Antragsteller halten dem gegenüber die Beschwerde teilweise bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet und die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend. Sie verweisen überwiegend zur Begründung auf die Gründe der landgerichtlichen Entscheidung. Mehrere Antragsteller sind der Auffassung, dass das Spruchverfahren im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG iVm § 46 BörsO der... Wertpapierbörse statthaft sein müsse, weil auf Grund der Verkürzung der Widerrufsfrist von 6 Monaten auf 3 Monate (Bl. 1434) der Schutz der Aktionäre nur durch ein Spruchverfahren gewahrt sei. Der Bundesgerichtshof habe in der Frosta-Entscheidung ausgeführt, dass der Schutz der Anleger dann nicht hinter dem Schutz durch ein Barabfindungsangebot zurückbleibe, wenn der in § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG vorgesehene Schutz eingehalten werde. Der BGH stelle damit insbesondere auf die den Anlegern zur Verfügung stehende Zeit von sechs Monaten für die Entscheidung über eine Deinvestition ab. Die ... Wertpapierbörse habe dem entsprechend nach § 46 Abs. 2, 3 BörsO angeordnet, dass die Fristverkürzung nur unter der Maßgabe erfolge, dass die Höhe der Barabfindung im Spruchverfahren überprüft werde. Die Aktionäre hätten mit Einräumung einer Abfindung, die ausdrücklich unter das Diktat eines Spruchverfahrens gestellt worden sei, ein vollständiges Recht erworben, das ihnen nicht rückwirkend entzogen werde könne.
12 
Zwei Antragsteller machen zudem geltend, dass auch die Antragsgegnerin immer von der Statthaftigkeit des Spruchverfahrens ausgegangen sei und erstmals mit Schriftsatz vom 15.11.2013, also über ein Jahr nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine angebliche Unzulässigkeit gerügt habe. Einige Antragsteller verweisen darauf, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Spruchverfahrensgesetzes nur deshalb nicht auf das Delisting erweitert habe, weil dieses bereits gerichtlich so entschieden worden sei. Eine vom Gesetzgeber ausdrücklich bestätigte, gefestigte Rechtsprechung könne nicht mit Wirkung in die Vergangenheit widerrufen werden.
13 
Der gemeinsame Vertreter hält die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend. Er äußert zudem erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Jedenfalls sprächen überwiegende Gründe des Vertrauensschutzes für die Zulässigkeit der bereits eingeleiteten Spruchverfahren. Eine Vielzahl von Aktionären habe das Angebot nicht angenommen in dem Vertrauen, den Abfindungsbetrag gerichtlich überprüfen zu können. Zwischenzeitlich sei das Kaufangebot abgelaufen und die Aktionäre hätten keine Möglichkeit mehr, das Angebot anzunehmen. Der Sachverhalt sei mit dem Ablauf der Drei-Monats-Frist für die Aktionäre, die das Angebot nicht angenommen haben, abgeschlossen. Die Anwendung der geänderten Rechtsprechung stelle eine echte Rückwirkung dar, die verfassungsrechtlich unzulässig sei.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
15 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (hierzu unter 1.) und begründet (hierzu unter 2.).
1.
16 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist als einfache Beschwerde zu behandeln und als solche zulässig.
17 
Nach überwiegender Ansicht ist jedenfalls in Spruchverfahren auch nach der Neuregelung des Verfahrensrechts durch das FGG-Reformgesetz (BGBl. I S. 2586, 2587) weiterhin eine Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens zulässig und hiergegen die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 25; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 1; Kölner KommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 3; Lutter/Mennicke, UmwG, 5. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 5; Preuß, NZG 2009, 961, 965; Heidel/Krenek, AktG, 1. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 7, der allerdings die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO für statthaft hält; a. A.: Kölner KommAktG/Puskajler, 3. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 8; zögerlich Emmerich/Habersack/Emmerich, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 2a).
18 
Der Senat teilt die Auffassung der überwiegenden Ansicht und hält jedenfalls in Spruchverfahren weiterhin die analoge Anwendung von § 280 ZPO für zutreffend. Die erstinstanzliche Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens ist analog § 280 Abs. 2 ZPO in Betreff der Rechtsmittel als Endentscheidung anzusehen, so dass hiergegen die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft ist.
19 
Eine analoge Anwendung des § 280 ZPO auf das Spruchverfahren ist auch nach der Neuregelung des Verfahrensrechts durch das FGG-Reformgesetz zulässig und sachgerecht. Es liegen sowohl eine planwidrige Regelungslücke als auch eine vergleichbare Interessenlage vor:
20 
Bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1. September 2009 fand gegen Verfügungen des Gerichts erster Instanz nach § 19 Abs. 1 FGG a.F. die einfache Beschwerde statt. Als Verfügung im Sinne von § 19 Abs. 1 FGG a.F. wurden insbesondere auch Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens angesehen, die demnach nach allgemeiner Auffassung mit der einfachen Beschwerde nach § 19 Abs. 1 FGG a.F. anfechtbar waren (vgl. Spindler/Stilz//Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 23 mN zur Rechtsprechung in FN 81; Simon/Simon, SpruchG, 1. Aufl., § 12 Rn. 5). Eine sofortige Beschwerde nach § 12 SpruchG a.F. war dagegen nur gegen die Endentscheidungen nach § 11 SpruchG, also die die Instanz abschließenden Entscheidungen über das Spruchverfahren, statthaft.
21 
Durch das FGG-Reformgesetz wurde § 12 SpruchG dahingehend geändert, dass nunmehr die Beschwerde, nicht mehr die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidungen nach § 11 SpruchG gegeben ist. Weiterhin bezieht sich § 12 SpruchG grundsätzlich nur auf die Anfechtung der Endentscheidung nach § 11 SpruchG, nicht also auf Zwischenentscheidungen (allg. Ansicht, vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 12 SpruchG Rn. 1). Die über § 17 FamFG anwendbare allgemeine Vorschrift über Beschwerden im FamFG, § 58 FamFG, regelt nunmehr, dass die Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen statthaft ist, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 58 Abs. 2 FamFG unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind, der Beurteilung durch das Beschwerdegericht.
22 
Das FamFG enthält an verschiedenen Stellen Sondervorschriften für Zwischenentscheidungen, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind (vgl. mit entsprechender Auflistung der geregelten Fälle: Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl., § 58 Rn. 2; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. § 58 Rn. 93). Grundsätzlich kann eine Zwischenentscheidung nach der Intention des Gesetzgebers in anderen als diesen ausdrücklich geregelten Fällen nicht isoliert angefochten werden (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 203). Sinn der Regelung ist es insbesondere, ein geordnetes und zügiges Verfahren bis zur Hauptsachenentscheidung zu ermöglichen, was durch die Möglichkeit, jede Zwischenentscheidung, die nur der Vorbereitung dieser Hauptsachentscheidung dient, anzufechten, verhindert würde (vgl. MünchKomm FamFG/Fischer, 2. Aufl., § 58 Rn. 49). Dem entsprechend wurden in der Rechtsprechung seit Inkrafttreten des FamFG Beschwerden in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen Zwischenentscheidungen für unzulässig gehalten, weil sie nicht ausdrücklich zugelassen waren (vgl. BGH XII ZB 227/10, NJW-RR 2011, 577 für die Abgabeentscheidung nach §§ 4 S. 1, 273 S. 1 FamFG; OLG Frankfurt 21 W 29/11, AG 2012, 42 für die Entscheidung über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 6 Abs. 1 SpruchG; OLG Düsseldorf I-26 W 19/12 (AktE), 26 W 19/12 (AktE), AG 2013, 226 für einen Beweisbeschluss und die Vorschussanforderung in Spruchverfahren). Für zulässig erachtet wurde dagegen auf Grund der Besonderheiten der Entscheidung über die internationale Zuständigkeit die Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung über die internationale Zuständigkeit in einer Familiensache (OLG Stuttgart 17 UF 60/14, BeckRS 2014, 09719).
23 
Für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit enthält das FamFG keine gesonderte Regelung. Nach allgemeiner Ansicht ist in Familienstreitsachen über die allgemeine Verweisung in § 113 Abs. 1 FamFG die Regelung des § 280 Abs. 2 ZPO analog anwendbar (vgl. OLG Oldenburg 4 WF 82/12, BeckRS 2012, 19151). Eine derartige allgemeine Verweisungsnorm fehlt für den sonstigen Anwendungsbereich des FamFG, insbesondere auch für Spruchverfahren. Dies schließt aber jedenfalls für Spruchverfahren eine analoge Anwendung von § 280 Abs. 2 ZPO nicht aus. Die Neuregelung des Verfahrensrechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit steht nicht grundsätzlich einer analogen Heranziehung von Vorschriften des ZPO entgegen, vielmehr können die Vorschriften der ZPO insbesondere in echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie dem Spruchverfahren auch weiterhin zur Schließung bestehender Regelungslücken herangezogen werden, sofern das FamFG bzw. die speziellen Verfahrensvorschriften wie das SpruchG keine Regelung enthalten und die Grundsätze des Verfahrensrechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem nicht entgegenstehen (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 1 Rn. 36; MünchKomm FamFG/Ulrici, 2. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 23 ff. Rn. 4; für das Spruchverfahren: Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 17 SpruchG Rn. 2; Preuß, NZG 2009, 961).
24 
Diese Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 280 ZPO liegen jedenfalls für das Spruchverfahren vor. Weder besteht eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich in FamFG oder Spruchverfahrensgesetz, noch sind die Regelungen des FamFG und des Spruchverfahrensgesetzes insoweit abschließend und schließen nach ihren Grundsätzen eine derartige Analogie aus. Im Gegenteil ergibt sich aus der Begründung des Gesetzgebers zur Neuregelung des § 58 FamFG, dass der Gesetzgeber die bisherige Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidungen entsprechend dem damals geltenden Recht regeln wollte und durch die Neuregelungen einen Beitrag zur Vereinheitlichung der Prozessordnungen leisten wollte (BT-Drucks. 16/6308, S. 166 und S. 203). Die Änderungen des Beschwerderechts im Spruchverfahren werden in der Gesetzesbegründung nur als Folgeänderungen bezeichnet (BT-Drucks. 16/6308, S. 330). Dafür, dass der Gesetzgeber die bisherige unstreitige Zulässigkeit einer Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit eines Spruchverfahrens und die bisher unstreitig statthafte Beschwerde hiergegen ändern wollte, bestehen demnach keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass insoweit gerade keine Änderung der bestehenden Rechtslage bewirkt werden sollte. Anders als bei den sonstigen Zwischenentscheidungen, die aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht selbständig anfechtbar sein sollen, hat die Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit einen eigenen Regelungsgehalt im Hinblick auf die Hauptsache, indem über einen Teil des Verfahrens mit Auswirkung auf die Hauptsachentscheidung abschließend, wenn auch nicht verfahrensabschließend, entschieden wird. Insoweit kommen die Argumente, die einen Ausschluss der Beschwerde gegen Zwischenentscheidungen stützen, hier nicht zum Tragen. Deshalb wird auch für echte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit insgesamt eine analoge Anwendung von § 280 ZPO befürwortet (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 38 Rn. 7; Bork/Jakoby/Schwab/Elzer, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 3.), jedenfalls aber für das Spruchverfahren, das als Randgebiet nicht im Fokus des Gesetzgebers des FGG-Reformgesetzes stand (ebenso Preuß, NZG 2009, 961; KölnerKommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14).
25 
Auch die für eine Analogiebildung erforderliche vergleichbare Interessenlage liegt vor. Ebenso wie im Zivilprozess besteht auch in Spruchverfahren als echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Bedürfnis für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit. Die Streitigkeit über Zulässigkeitsfragen, insbesondere auch über die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens, ist mit den entsprechenden Streitigkeiten in Zivilprozessen vergleichbar. Gerade die Prüfung der Begründetheit von Spruchverfahren sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Begründetheit sind häufig zeit- und kostenintensiv und in vielen Fällen mit Kosten eines Sachverständigen oder zumindest des sachverständigen Prüfers verbunden. Es wäre deshalb auch in Spruchverfahren nicht prozessökonomisch, erst eine Entscheidungsreife bezüglich der Begründetheit herbeizuführen, um dann im Beschwerdeverfahren auch über die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens zu entscheiden, ggf. mit dem Ergebnis, dass das Spruchverfahren bereits unzulässig ist.
26 
§ 280 ZPO ist mithin analog anwendbar. Dies führt dazu, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit in Betreff auf Rechtsmittel als Endentscheidung anzusehen ist und somit die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft ist. Eine Anwendung der Regelungen über die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO scheidet dagegen aus, auch wenn das FamFG bei den Vorschriften, die ausnahmsweise ein Rechtsmittel gegen Zwischenentscheidungen vorsehen, auf diese Vorschriften über die sofortige Beschwerde verweist. Die Zivilprozessordnung orientiert sich für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit an den Rechtsmitteln, die gegen die Endentscheidung statthaft sind. Diese Wertung gilt mithin auch bei einer analogen Heranziehung des § 280 ZPO (ebenso: Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 25; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 1; Kölner KommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 3; Lutter/Mennicke, UmwG, 5. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 5; Preuß, NZG 2009, 961, 965; a. A. Heidel/Krenek, AktG, 1. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 7, der die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO für statthaft hält).
27 
Die – entsprechend der Rechtsmittelbelehrung – eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin kann als einfache Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG ausgelegt werden, da davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin das statthafte Rechtsmittel einlegen wollte und zudem für die einfache Beschwerde eine längere Frist von 1 Monat gilt, die die Antragsgegnerin mit Einlegung ihrer sofortigen Beschwerde eingehalten hat.
2.
28 
Die Beschwerde ist begründet.
29 
Die Anträge der Antragsteller auf Durchführung eines Spruchverfahrens im Hinblick auf das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin an die Aktionäre der X Aktiengesellschaft vom 10.04.2012 (AG 2) sind unzulässig und deshalb zu verwerfen.
30 
Ein Spruchverfahren betreffend dieses im Rahmen eines Delisting abgegebene Abfindungsangebot ist nicht statthaft. In Übereinstimmung mit der ganz überwiegend vertretenen Auffassung hält der Senat die Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung auch für laufende Spruchverfahren für zulässig und geboten (vgl. OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; OLG Düsseldorf I-26 W 20/12, ZIP 2015, 123; LG München I 5 HK O 19239/07, ZIP 2014, 1429; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 1 SpruchG Rn. 7; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 905; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 502; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155; Schockenhoff, ZIP 2013, 2429; Linnerz, EWiR 2014, 709; Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33; Bungert/Wettich, EWiR 2014, 3; Wieneke, NZG 2014, 22; a. A. Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491 f.)
a.
31 
Die Zulässigkeit des Antrags auf Durchführung eines Spruchverfahrens ist von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (vgl. OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 10 SpruchG Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 10 SpruchG Rn. 8). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen nach dem Stand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Verfahren ohne mündliche Verhandlung im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen (vgl. für alle MünchKomm ZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., vor § 253 Rn. 16; für das Spruchverfahren: OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 904). Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand von Antragstellerseite, die Zulässigkeitsrüge sei nach §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 3 SpruchG präkludiert, nicht.
32 
Unter Berücksichtigung der nach Verfahrenseinleitung ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 (II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta), der der Senat folgt, ist das Spruchverfahren im Hinblick auf das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin wegen des Delisting der X AG nicht statthaft.
33 
Gesetzlich geregelt ist die Anwendung des Spruchverfahrensrechts für die Fälle des Delisting nicht. § 1 SpruchG zählt das Delisting nicht als mögliche Anwendungsfallgruppe auf und es existiert keine normative Grundlage, die für das Delisting auf das Spruchverfahrensgesetz verweist. Über die gesetzlich geregelten Anwendungsfälle hinaus kommt allerdings die analoge Anwendung der Bestimmungen über das Spruchverfahren in Betracht (vgl. Kölner KommAktG/Wasmann, 3. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 16 f. mN; Hoffmann, Festschrift für Stilz, 2014, S. 267, 268 ff.). Die entsprechende Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes auf die Fälle des Delisting hatte der Bundesgerichtshof in der Macrotron-Entscheidung (II ZR 133/01, ZIP 2003, 387) bejaht vor dem Hintergrund, dass nach dieser Entscheidung den Minderheitsaktionären mit dem Beschlussantrag über ein Delisting ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien zum Anteilswert vorgelegt werden musste. Die analoge Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes war die konsequente Folge hieraus, dient das Spruchverfahren doch gerade der Überprüfung eines Pflichtangebots auf Abfindung oder Ausgleich auf dessen Angemessenheit.
34 
Die Grundlage für die analoge Anwendung des Spruchverfahrensrechts auf das Delisting ist bei Zugrundelegung der Frosta-Rechtsprechung entfallen. Der Senat folgt dieser Entscheidung und deren Begründung. Bedarf ein Delisting hiernach weder eines Hauptversammlungsbeschlusses noch eines Pflichtangebots an die außenstehenden Aktionäre, besteht auch kein Angebot mehr, das im Wege des Spruchverfahrens zu überprüfen ist, so dass keine eine Analogie rechtfertigende vergleichbare Sachlage zu den sonstigen Strukturmaßnahmen, auf die das Spruchverfahren Anwendung findet, gegeben ist.
b.
35 
Auch die Überprüfung des von der Antragsgegnerin bereits vor Aufgabe der Macrotron-Entscheidung abgegebenen Angebots im Spruchverfahren scheidet aus. Das Angebot wurde – wie sich aus der Angebotsunterlage (AG 2) ergibt – zwar im Hinblick auf die Macrotron-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgegeben. Auf diese Rechtsprechung und das dort aufgestellte Erfordernis eines Pflichtangebots wird auf Seite 2 des Abfindungsangebots hingewiesen und ausgeführt, dass es sich um ein solches Angebot handelt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, war das Angebot schon von vornherein nicht erforderlich. Dies ist auch für die Beurteilung der vergangenen Sachverhalte heranzuziehen mit der Folge, dass die noch unter Geltung der ursprünglichen Rechtsprechung abgegebenen Pflichtangebote als freiwillige Angebote zu behandeln sind (vgl. Roßkopf, ZGR 2014, 488, 502).
36 
Wird die in der Frosta-Entscheidung vertretene Auffassung – wie von dem Senat – geteilt, so ist sie auf alle nicht abgeschlossenen Fälle anzuwenden. Es handelt sich bei der Frosta-Entscheidung nicht um eine Gesetzesänderung für die Zukunft, sondern um eine Rechtsprechungsänderung. Entgegen der von Antragstellerseite vorgetragenen Auffassung läge auch dann kein Gesetzesrecht vor, wenn der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung ausdrücklich gebilligt haben sollte. Abgesehen davon ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Umwandlungsgesetzes, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die noch offene Diskussion zum Delisting gerade keine gesetzliche Regelung hierzu treffen wollte: In dem Gesetzgebungsverfahren wurde eine Erweiterung des § 1 SpruchG um das Delisting abgelehnt, weil der Gesetzgeber keine vorschnelle Antwort auf die noch nicht abgeschlossene Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delisting geben wollte (BT-Drucks. 16/2919, S. 28).
37 
Verfassungsrechtliche Gründe und Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten der Antragsteller stehen der Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung für den vorliegenden Fall nicht entgegen.
38 
Auch wenn der Entscheidung des BGH selbst – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – für die Frage ihrer rückwirkenden Anwendung auf Delisting-Fälle keine Aussage entnommen werden kann, weil die Entscheidung zu einem Downgrading und gerade nicht zu einem Delisting erging, ergibt sich die Anwendbarkeit der Entscheidung auf laufende Spruchverfahren aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen.
39 
Höchstrichterliche Rechtsprechung ist kein Gesetzesrecht und erzeugt damit keine vergleichbare Rechtsbindung. Das Abweichen der Rechtsprechung von einer früher vertretenen Rechtsauffassung verstößt grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Es bedarf nicht des Nachweises, dass sich tatsächliche Verhältnisse oder allgemeine Anschauungen in einer bestimmten Weise geändert hätten. Gerichtliche Entscheidungen wirken regelmäßig auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Diese sogenannte unechte Rückwirkung ist grundsätzlich rechtlich unbedenklich. Die Regeln über die Begrenzung rückwirkender Änderungen von Gesetzen können auf die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ohne weiteres übertragen werden (BGH IX ZR 153/95, juris Rn. 25 mN zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. BVerfG 2 BvR 2044/07, juris Rn. 85 – Rügeverkrümmung; BVerfG 1 BvR 1557/01, juris Rn. 9 – Diplomchemiker jeweils mwN). Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (BVerfG 2 BvR 2044/07, juris Rn. 85 mwN).
40 
Schranken der Rückwirkung können sich allenfalls aus Vertrauensschutzgesichtspunkten bei gefestigter langjähriger Rechtsprechung ergeben (vgl. BVerfGE 126, 369, juris Rn. 79 mwN), wenn die von der Rückwirkung betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen durfte und dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen der Gegenpartei und den Anliegen der Allgemeinheit vorrangig ist. Bei der hiernach zu treffenden Abwägung ist zu beachten, dass die materielle Gerechtigkeit einen dem Grundsatz der Rechtssicherheit mindestens ebenbürtigen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips begründet (BGH IX ZR 153/95, juris Rn. 26 mN zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; BVerfG 1 BvR 2378/10, juris Rn. 50: Unechte Rückwirkung nur ausnahmsweise unzulässig, wenn kein angemessener Ausgleich zwischen dem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage, der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit und der grundrechtsgemäßen Ausgewogenheit zwischen den Beteiligten des Arbeitsverhältnisses erfolgt). In privatrechtlichen Streitigkeiten hat eine Partei grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass das Gericht nach dem geltenden materiellen Recht entscheidet und ihr ist es nur dann zuzumuten, ein ihr ungünstiges Urteil hinzunehmen, obwohl sie nach gegenwärtiger höchstrichterlicher Erkenntnis das Recht auf ihrer Seite hat, wenn die daraus für den Gegner erwachsenden Folgen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu unbilligen, ihm nicht zumutbaren Härten führen würden (BGH, IX ZR 153/95, juris Rn. 27). Die unechte Rückwirkung durch eine Rechtsprechungsänderung wurde demnach in der Regel nur in Fällen eingeschränkt, wo es um den Fortbestand eines Dauerschuldverhältnisses ging und die Rückwirkung für den davon Betroffenen möglicherweise existenzbedrohende Auswirkungen hatte (so BGH, IX ZR 153/95, juris Rn. 28 mit Verweis u.a. auf BVerfGE 74, 129, juris Rn. 76 ff.; BGHZ 114, 127, 136 f.). Im Rahmen der Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit ist allerdings zu beachten, dass die durch Rechtsfortbildung aufgestellten Grundsätze dem Gesetzesrecht näher liegen als die reine Gesetzesanwendung, so dass bei einer rechtsfortbildenden Rechtsprechung dem Gedanken der Rechtssicherheit größeres Gewicht zukommt als bei einer rein rechtsanwendenden Rechtsprechung (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159, 167).
41 
Die Anwendung dieser Grundsätze führt in der vorliegenden Konstellation dazu, dass die aus Sicht des Senats zutreffende geänderte Rechtsauffassung zu den Voraussetzungen eines Delisting rückwirkend auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen zwar über das Delisting bereits durch die Hauptversammlung beschlossen und dieses bereits durchgeführt wurde unter Abgabe eines Abfindungsangebots für die Aktien der Minderheitsaktionäre, das Verfahren insoweit aber noch nicht abgeschlossen ist, als ein Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Höhe der Abfindung anhängig ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Macrotron-Entscheidung die Voraussetzungen für das Delisting nicht in Auslegung bestehenden Gesetzesrechts, sondern rechtsfortbildend aufstellte (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159).
42 
Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller liegt keine echte Rückwirkung vor, sondern allenfalls eine zulässige unechte Rückwirkung (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270). Die Anwendung der geänderten Rechtsprechung führt nicht dazu, dass ein bereits entstandener Anspruch der Antragsteller rückwirkend aufgehoben würde (a. A. mit nicht überzeugender Argumentation Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491). Ein Anspruch der Aktionäre auf Zahlung der angebotenen Abfindung entsteht erst mit der Annahme des Abfindungsangebots. Soweit Aktionäre das Abfindungsangebot bereits angenommen haben, ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und diesen Aktionären zu Stande gekommen, dessen Wirksamkeit durch die geänderte Rechtsprechung nicht berührt wird (vgl. Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 154; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 501 f. jeweils auch zutreffend mit Ablehnung eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage). Soweit Aktionäre aber – wie die Antragsteller – das Angebot nicht angenommen haben, ist auch kein Anspruch dieser Aktionäre gegen die Antragsgegnerin auf Übernahme ihrer Aktien gegen Zahlung des angebotenen Betrags entstanden, so dass kein bereits entstandener Anspruch berührt wird. Vielmehr war im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung durch die Einleitung des Spruchverfahrens der Sachverhalt insoweit noch nicht abgeschlossen, als die Angemessenheit der Abfindung noch zu überprüfen und daraufhin die Entscheidung über die Annahme des ggf. erhöhten Abfindungsangebots zu treffen war.
43 
Die Anwendung der neuen Rechtsprechung führt nunmehr dazu, dass das Angebot der Antragsgegnerin als freiwilliges Angebot zu werten ist, das mit Ablauf der Angebotsfrist entfiel, so dass die Antragsteller keine Möglichkeit mehr haben, die Angemessenheit der Abfindung überprüfen zu lassen. Ihnen wird die Chance auf eine Erhöhung des Angebots durch Entscheidung des Gerichts und auf ein Ausscheiden gegen die möglicherweise erhöhte Abfindung genommen. Die Antragsgegner bleiben vielmehr Aktionäre der X AG.
44 
Eine echte Rückwirkung liegt – entgegen dem Vorbringen von Antragstellerseite und des gemeinsamen Vertreters – auch nicht deshalb vor, weil das Delisting mit dem Widerruf der Zulassung abgeschlossen ist und die Antragsteller das Angebot der Antragsgegnerin nicht mehr annehmen können. Die Änderung der Rechtsprechung wirkt sich auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Delisting nicht aus. Der Widerruf der Zulassung und dessen Wirksamkeit bleiben hiervon unberührt. Keine Veränderung ergibt sich auch insoweit, als das ursprüngliche Angebot der Antragsgegnerin von den Antragstellern nicht mehr angenommen werden kann, da dessen Annahmefrist abgelaufen ist. Auch insoweit wirkt die Rechtsprechungsänderung nicht rückwirkend auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ein. Auswirkungen hat die Entscheidung aber insoweit, als den Antragstellern die Chance genommen wird, eine höhere Abfindung im Wege des Spruchverfahrens zu erreichen, und als ihnen möglicherweise auch die Möglichkeit genommen wird, das ursprüngliche Angebot nach Entscheidung über das Spruchverfahren doch noch anzunehmen. Dies greift aber gerade nicht in einen abgeschlossenen vergangenen Sachverhalt ein, sondern bezieht sich auf den durch die Einleitung des Spruchverfahrens offen gehaltenen Sachverhalt. Den Antragstellern werden ansonsten noch offene Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten genommen, was bei der Prüfung der Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung im Rahmen der Abwägung (hierzu unter cc) zu berücksichtigen ist.
45 
Diese Folgen sind für die Antragssteller allerdings hinnehmbar und nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zu korrigieren. Die Voraussetzungen, unter denen eine Heranziehung der Rechtsprechungsänderung für laufende Verfahren abgelehnt werden könnte, liegen nicht vor. Es fehlt angesichts der bestehenden Diskussion zum Delisting und dessen Voraussetzungen bereits ein schützenswertes Vertrauen auf eine fortbestehende gefestigte Rechtsprechung (hierzu unter aa). Zudem war die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sachlich gerechtfertigt, auf Grund der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgerichtig und stellte keine willkürliche Rechtsprechungsänderung dar (hierzu unter bb). Letztlich entsteht den Antragstellern auch kein unzumutbarer Nachteil, der es rechtfertigen würde, von der Anwendung des nunmehr geltenden Rechts abzusehen (hierzu unter cc).
aa.
46 
Es fehlt bereits ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Macrotron-Rechtsprechung. Die Macrotron-Rechtsprechung stellt keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung dar, auf die sich ein schützenswertes Vertrauen hätte gründen können (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270).
47 
Jedenfalls wenn eine Rechtsprechungslösung – nicht nur vereinzelt – angegriffen wird und umstritten ist und bleibt, kann sich kein schutzwürdiges Vertrauen in deren Fortbestand ergeben, da damit gerechnet werden muss, dass die Rechtsprechungslinie auf Grund dieser Kritik von dem Bundesgerichtshof überdacht wird (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159, 168).
48 
Dies ist hier der Fall. Die Macrotron-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war von vornherein umstritten (vgl. jeweils mit ausführlichen Nachweisen Kölner KommAktG/Wasmann, 1. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 27 ff.; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 493; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155). Der Bundesgerichtshof hatte in der Macrotron-Entscheidung in einem obiter dictum erklärt, dass die gravierenden wirtschaftlichen Nachteile durch den Wegfall des Marktes auch nicht durch die Einbeziehung der Aktien in den Freihandel ausgeglichen werden können (vgl. BGH II ZR 133/01, juris Rn. 24), was dafür spricht, dass nach seinen Vorstellungen auch das Downgrading denselben Voraussetzungen unterliegen sollte. Diese Rechtsprechung wurde durch die Oberlandesgerichte überwiegend insoweit nicht fortgesetzt, als diese eine Anwendung der Macrotron-Grundsätze für ein Downgrading in den Bereich der Qualitätssegmente des Freihandels, die allerdings erst nach der Macrotron-Entscheidung entstanden, verneinten (vgl. OLG München 31 Wx 62/07, BB 2008, 1303; KG 2 W 119/08, BB 2009, 1496; OLG Bremen 2 W 25/12, NZG 2013, 749; OLG Frankfurt 21 W 8/11, ZIP 2012, 371: obiter dictum). Diese Entscheidungen zeigten auf, dass die Macrotron-Rechtsprechung jedenfalls nicht für alle Fälle des Rückzugs von dem geregelten Markt Geltung hat und die gesamte Rechtsentwicklung im Bereich Delisting und Downgrading noch im Fluss war.
49 
Der Gesetzgeber lehnte im Zuge der Novellierung des Umwandlungsgesetzes eine Erweiterung des § 1 SpruchG um das Delisting ab, weil er keine vorschnelle Antwort auf die noch nicht abgeschlossene Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delisting geben wolle (BT-Drucks. 16/2919, S. 28).
50 
Die Rechtslage zu Delisting und Downgrading war demnach seit der Macrotron-Rechtsprechung nicht gefestigt, wenn sich auch die Praxis und die Instanzgerichte für den Bereich des Delisting hieran orientierten. Die Entwicklung war aber im Fluss und offensichtlich noch nicht abgeschlossen, so dass eine gefestigte Rechtsprechung, von deren dauerhaftem Fortbestand ausgegangen werden konnte und die ein schützenswertes Vertrauen erwecken konnte, nicht anzunehmen ist (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 905; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 502; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155; a. A. Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491 f.). Schon deshalb bestehen gegen die Heranziehung der Frosta-Entscheidung für laufende Spruchverfahren keine Bedenken, vielmehr scheint diese geboten.
51 
Die weitere Entwicklung bestätigt die fehlende Verfestigung der Macrotron-Rechtsprechung, ohne dass dies hier noch entscheidungserheblich wäre. So befasste sich das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OLG München (31 Wx 62/07) mit dem Downgrading in den qualifizierten Freiverkehr und auf eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des KG (2 W 14/06) mit dem Delisting, was allgemein bekannt und auch im Rahmen einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.12.2011 (PM Nr. 79/20119), in dem die mündliche Verhandlung angekündigt wurde, publik gemacht wurde. In diesen Verfahren ging es entscheidend um die Eigentumsverletzung durch den Rückzug von dem geregelten Markt und damit um die Grundlage der Macrotron-Rechtsprechung. Die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden erging am 11.07.2012 und war maßgeblicher Grund für die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung die Rechtsfortbildung hinsichtlich der Voraussetzungen des Delisting für zulässig gehalten hat, hat es mit der Entscheidung, dass das Delisting keine Eigentumsverletzung darstelle, der Argumentation der Macrotron-Entscheidung die Grundlage entzogen.
bb.
52 
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs war zudem sachlich gerechtfertigt sowie auf Grund der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgerichtig und stellte keine willkürliche Rechtsprechungsänderung dar.
53 
Die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gründet in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Delisting (1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BVerfGE 132, 99), wonach der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt auf Antrag des Emittenten den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts nicht berührt. Hierdurch wurde der Macrotron-Rechtsprechung die Grundlage entzogen, da sich diese maßgeblich auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Aktieneigentums stützte. Der Bundesgerichtshof begründet seine Rechtsprechungsänderung deshalb folgerichtig mit Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BGH II ZB 26/12, juris Rn. 3). Eine willkürliche, den gebotenen Vertrauensschutz verletzende Rechtsprechungsänderung liegt somit nicht vor.
cc.
54 
Schon auf Grund des fehlenden schutzwürdigen Vertrauens, zudem auch auf Grund der Willkürfreiheit der Rechtsprechungsänderung ist die Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung für laufende Spruchverfahren bedenkenfrei. Auf eine Interessenabwägung kommt es somit nicht an. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass das Interesse der Antragsteller bei einer Abwägung mit den Belangen der Gegenpartei und den Anliegen der Allgemeinheit nicht überwiegen würde. Die aus der Anwendung der Rechtsprechungsänderung für die Antragsteller erwachsenden Folgen führen nicht zu unbilligen, ihnen nicht zumutbaren Härten.
55 
Folge der rückwirkenden Anwendung der Rechtsprechungsänderung ist, dass die Antragsteller die Chance verlieren, die angebotene Abfindung gerichtlich überprüfen zu lassen und möglicherweise gegen eine höhere Abfindung als ursprünglich angeboten aus der Gesellschaft auszuscheiden. Der Verlust dieser Chance stellt keine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller dar, die im Verhältnis zu dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit und dem berechtigten Interesse der Antragsgegnerin, dem geltenden Recht entsprechend behandelt zu werden, überwiegen würde. Im Gegenteil beeinträchtigt der Wegfall der Chance zur Überprüfung des Angebots die Antragsteller nicht in geschützten Rechtspositionen, insbesondere nicht in ihrem Eigentumsrecht.
56 
Folge der rückwirkenden Anwendung der Rechtsprechungsregeln ist weiter, dass die Antragsteller, die das nunmehr als freiwillig zu wertende Angebot auf Abfindung nicht angenommen haben, Aktionäre der X AG geblieben sind. Auch insoweit sind sie aber nicht gravierend in ihren Rechten verletzt. Ihnen ist die Rechtsposition verblieben, die sie vor Einleitung des Spruchverfahrens und auch vor dem Delisting hatten. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, beeinträchtigt der Wegfall der Zulassung zum regulierten Markt das Eigentumsrecht der Antragsteller nicht (vgl. 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BVerfGE132, 99). Eine grundrechtlich relevante Rechtsverletzung entsteht somit durch die rückwirkende Anwendung der Rechtsprechungsänderung nicht. Vielmehr bleibt ihnen ihr Eigentum in vollem Umfang erhalten, in Form der von ihnen selbst erworbenen Aktien. Keine für die aufgeworfene Frage entscheidende Beeinträchtigung stellt es dar, dass sie auf Grund der Rechtsprechungsänderung und der damit verbundenen Unzulässigkeit des Spruchverfahrens nicht mehr in der Lage sein dürften, das Angebot anzunehmen (hierzu LG Frankfurt 3-05 O 212/13, ZIP 2014, 320), während bei Statthaftigkeit des Spruchverfahrens auch ohne dessen Erfolg nach der Entscheidung über das Spruchverfahren noch Gelegenheit gewesen wäre, auch gegen Abfindung in ursprünglich angebotener Höhe aus der Gesellschaft auszuscheiden (zur Rechtskonstruktion diesbezüglich vgl. OLG Frankfurt 15 U 125/08, juris Rn. 23 ff.). Die Antragsteller hielten die angebotene Abfindung offensichtlich für zu niedrig, da sie diese ansonsten angenommen hätten. Ein Interesse ihrerseits an der Annahme dieses Angebots bestand somit grundsätzlich nicht, da sie – wie die Einleitung des Spruchverfahrens zeigt – der Auffassung waren, dass die angebotene Abfindung dem Wert ihrer Aktien nicht entspricht. Es beeinträchtigt die Antragsteller deshalb auch nicht in einer den geltend gemachten Vertrauensschutz rechtfertigenden Weise, wenn sie durch die Rechtsprechungsänderung nicht mehr in der Lage sind, dieses von ihnen für unangemessen gehaltene Angebot anzunehmen. Wäre es ihnen entscheidend darauf angekommen, aus der Gesellschaft auszuscheiden, und hätte dies ihrem Willen auch im Falle der Nichterhöhung durch das Spruchverfahren entsprochen, hätten sie dies sichern können, indem sie das Angebot nach Antragstellung im Spruchverfahren annahmen oder jedenfalls für alle Aktien bis auf eine Aktie annahmen. Hierdurch wäre ihnen sowohl die Durchführung des Spruchverfahrens und die Teilhabe an einer eventuellen erhöhten Abfindung gesichert gewesen als auch das Ausscheiden aus der Gesellschaft jedenfalls zu dem angebotenen Betrag. Das Unterlassen dieser Sicherung zeigt auf, dass die Annahme des Angebots zu dem angebotenen Preis für die Antragsteller jedenfalls nicht entscheidend war.
57 
Auch die Tatsache, dass die sechsmonatige Frist des § 45 Abs. 2 S. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse für die Wirksamkeit des Widerrufs der Zulassung auf drei Monate verkürzt wurde, führt nicht zu einem überwiegenden Vertrauensschutz, der die Heranziehung der neuen Rechtsprechung für den vorliegenden Fall unzulässig machen würde. Zwar war Voraussetzung dieser Verkürzung nach § 45 Abs. 3 der Börsenordnung, dass den Aktionären ein Kaufangebot unterbreitet wird, dessen Höhe im Wege eines gesonderten Verfahrens (z.B. Spruchverfahren) überprüft werden kann. § 45 Abs. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse greift damit offensichtlich die bisherige Macrotron-Rechtsprechung auf und hält eine kürzere Frist für die Wirksamkeit des Widerrufs für ausreichend, wenn die Aktionäre die Möglichkeit haben, die Aktien an die Emittentin bzw. den Großaktionär zu verkaufen und das Angebot auf Angemessenheit überprüft werden kann. Diese Voraussetzung ist bei Anwendung der geänderten Rechtsprechung insoweit nicht mehr gegeben, als das Kaufangebot nicht mehr im Wege des Spruchverfahren überprüft werden kann. Wäre dies bereits im Zeitpunkt des Widerrufs bekannt gewesen, wäre der Widerruf erst nach sechs Monaten wirksam geworden; die Antragsteller hätten demnach sechs Monate Zeit gehabt, über eine freiwillige Deinvestition zu entscheiden. Allerdings kann dabei auch nicht außer Acht gelassen werden, dass dann schon kein Kaufangebot seitens der Antragsgegnerin unterbreitet worden wäre, die Antragsgegnerin also von vornherein nur die Möglichkeit gehabt hätten, die Aktien binnen sechs Monaten – bis zur Wirksamkeit des Widerrufs – zu veräußern oder zu behalten. Durch das im Nachhinein betrachtet überobligatorische Angebot hatten die Aktionäre dagegen die Möglichkeit, das Angebot entsprechend der in der Angebotsunterlage angegebenen Frist bis zwei Monate nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung anzunehmen (vgl. Angebotsunterlage AG 2) und damit als Verkaufspreis den nach Umsätzen gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate vor Bekanntgabe der Widerrufsabsicht zu erhalten (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Wertes für das konkrete Angebot Angebotsunterlage AG 2, Seite 6). Sie hatten aber auch die Möglichkeit, binnen drei Monaten nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung – also bis zum Wirksamwerden des Widerrufs - die Aktien über die Börse zu verkaufen. Indem die Antragsteller keine dieser Optionen wahrnahmen, zeigten sie, dass der Verkauf der Aktien zum Börsenkurs oder dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs der vergangenen drei Monate für sie keine Option darstellte, sie vielmehr den Wert der Aktien höher schätzten als den erzielbaren Verkaufspreis. Die Beeinträchtigung der Antragsteller dadurch, dass sie auf Grund der im Nachhinein nicht mehr erfüllten Anforderungen des § 45 Abs. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse nur drei und nicht sechs Monate Zeit hatten, über die freiwillige Deinvestition durch Verkauf über die Börse nachzudenken, stellt angesichts dessen keine gravierende Beeinträchtigung dar.
58 
Sind demnach schon keine gewichtigen Interessen der Antragsteller berührt, die eine Rückwirkung für die Antragsteller als unzumutbar oder auch nur erheblich beeinträchtigend erscheinen lassen, führt dies zu einem Überwiegen der materiellen Gerechtigkeit und des Interesses der Antragsgegnerin, nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht behandelt zu werden.
c.
59 
Ein vertraglicher Anspruch auf Durchführung eines Spruchverfahrens besteht nicht. Die Frage, ob ein Spruchverfahren statthaft ist, steht nicht zur Disposition der Parteien, sondern richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften über die Statthaftigkeit von Spruchverfahren (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 30). Die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens ergibt sich deshalb – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – weder daraus, dass die Antragsgegnerin selbst in ihrem Angebot auf das Spruchverfahren verwiesen hat, noch daraus, dass die X AG nach dem Vortrag einiger Antragsteller bei der Wertpapierbörse ... die Verkürzung der Frist für die Wirksamkeit des Widerrufs nach § 46 Abs. 3 der Börsenordnung für die... Wertpapierbörse beantragt hat im Hinblick auf die Überprüfbarkeit des Angebots in einem Spruchverfahren. Da die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, kann der Antragsgegnerin entgegen der Auffassung einiger Antragsteller auch nicht der Vorwurf des „venire contra factum proprium“ gemacht werden.
3.
60 
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Nach § 68 Abs. 3 FamFG bestimmt sich das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Ob im Beschwerdeverfahren eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, bestimmt sich somit grundsätzlich nach den Vorschriften des ersten Rechtszugs, ergänzt um die zusätzliche Möglichkeit des Absehens von einer mündlichen Verhandlung nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG (vgl. Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 3. Aufl., § 68 Rn. 26; Bork/Jacoby/Schwag/Müther, FamFG, 2. Aufl. § 68 Rn. 13). Wenn demnach schon in der ersten Instanz keine mündliche Verhandlung geboten war, ist sie dies auch in zweiter Instanz nicht. So liegt es hier. Nach § 8 Abs. 1 SpruchG soll das Gericht auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden. Eine Ausnahme wird allgemein und zu Recht angenommen, wenn nur über die Zulässigkeit der Anträge entschieden werden muss (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 20; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 1: wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist; KölnerKommAktG /Puszkajler, 3. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 4: wenn kein zulässiger Antrag vorliegt; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 1). Kann demnach eine Endentscheidung über das Spruchverfahren durch Zurückweisung der Anträge als unzulässig ohne mündliche Verhandlung ergehen, gilt dies erst recht für eine nicht verfahrensabschließende Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit der Anträge. Aus § 280 Abs. 1 ZPO ergibt sich nichts anderes. Zwar ist in Verfahren nach der ZPO über die Zulässigkeit des Verfahrens bei beabsichtigter Zwischenentscheidung hierüber regelmäßig mündlich zu verhandeln (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 280 Rn. 4). Dies ist vor dem Hintergrund, dass auch über die Klage an sich – auch bei Abweisung als unzulässig – nur auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden werden kann, zu verstehen. Für die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf das Spruchverfahren gilt dies nicht. Anders als in den Verfahren der Zivilprozessordnung können nach der Spezialvorschrift des § 8 SpruchG Anträge ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zurückgewiesen werden, so dass dies auch für die die Zulässigkeit feststellende Zwischenentscheidung gelten muss.
61 
Nachdem somit schon in erster Instanz zulässigerweise auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wurde, ist auch in zweiter Instanz keine mündliche Verhandlung durchzuführen.
4.
62 
Die Anträge der Antragsteller auf Durchführung eines Spruchverfahrens sind mithin unzulässig. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die Anträge sind als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH NJW 2008, 373, juris Rn. 17; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 280 Rn. 8).
5.
63 
Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Spruchverfahrens in beiden Instanzen zu tragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG a.F. für das erstinstanzliche Verfahren und § 23 Nr. 14 GNotKG für das Beschwerdeverfahren; zur Übergangsvorschrift vgl. § 134 GNotKG). Eine Billigkeitsentscheidung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. bzw. § 15 Abs. 1 SpruchG n.F. zulasten der Antragsteller kommt nicht in Betracht. Hiernach können zwar die Gerichtskosten einem Antragsteller ausnahmsweise auferlegt werden, wenn sein Antrag bei einer Beurteilung ex ante offensichtlich von vornherein ohne Erfolgsaussichten war (vgl. BGH NZG 2012, 191, juris Rn. 23). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Im Zeitpunkt der Antragstellung konnten die Antragsteller noch von der Zulässigkeit eines Spruchverfahrens ausgehen, so dass es nicht der Billigkeit entspräche, den Antragstellern die Kosten aufzuerlegen (so auch BGH, II ZB 26/12 – Frosta, juris Rn. 17).
64 
Nach § 15 Abs. 4 SpruchG a.F. bzw. § 15 Abs. 2 SpruchG n.F. tragen die Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst, sofern nicht die Kostentragungspflicht des Antragsgegners der Billigkeit entspricht (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 20). Der Senat hält es nicht für angezeigt, der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat in dem Verfahren Erfolg. Allein die Tatsache, dass dies auf einer Änderung der Rechtsprechung beruht, führt nicht dazu, dass sie die Kosten zu tragen hätte. Ob und inwieweit das Verfahren ohne die Rechtsprechungsänderung erfolgreich gewesen wäre, ist nicht absehbar. Angesichts dessen verbleibt es bei der grundsätzlichen Kostentragungspflicht der Antragssteller für ihre eigenen Kosten (so auch die Kostenentscheidung in BGH, II ZB 26/12 – Frosta).
65 
Die entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin können den Antragstellern nicht auferlegt werden, da eine Erstattung der Kosten des Antragsgegners in § 15 SpruchG nicht vorgesehen ist und § 15 SpruchG die Kostenerstattung für die außergerichtlichen Kosten abschließend regelt (vgl. BGH, NZG 2012, 191, juris Rn. 11 ff.).
6.
66 
Da gegenüber der angebotenen Abfindung kein zusätzlicher Betrag festgesetzt wird, ist der Geschäftswert des Verfahrens für beide Instanzen mit 200.000 Euro anzusetzen (§ 15 Abs. 1 SpruchG).
7.
67 
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht (§ 79 Abs. 2 FamFG). Es entspricht – wie oben ausgeführt – nahezu einhelliger Auffassung, dass auf Grund der Änderung der Macrotron-Rechtsprechung bereits anhängige Spruchverfahren betreffend ein Delisting unzulässig werden. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, also eine Rechtsfrage, zu der verschiedene Auffassungen vertreten werden und über die noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, liegt demnach nicht vor. Eine vereinzelte andere Literaturauffassung ändert hieran nichts (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl,, § 543 Rn. 11). Gleiches gilt für die Frage der Zulässigkeit einer Zwischenentscheidung sowie einer dagegen gerichteten Beschwerde.

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 133/01 Verkündet am:
25. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BörsG a.F. § 43 Abs. 4

a) Ein Entlastungsbeschluß ist auch dann anfechtbar, wenn Gegenstand der
Entlastung ein Verhalten vom Vorstand oder Aufsichtsrat ist, das eindeutig
einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet (Klarstellung
von BGH, WM 1967, 503, 507).
Verletzt der Aufsichtsrat seine Berichtspflicht nach § 314 Abs. 2 AktG, ist der
ihm Entlastung erteilende Hauptversammlungsbeschluß anfechtbar.

b) Das reguläre Delisting beeinträchtigt wegen der damit verbundenen erheblichen
Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktien das Aktieneigentum.
Es bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung sowie eines Pflichtangebotes
der Aktiengesellschaft oder des Großaktionärs über den Kauf der
Aktien der Minderheitsaktionäre.
Der Beschluß bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Der Vorstand braucht
dazu keinen Bericht zu erstatten.

c) Ein adäquater Schutz der Minderheit beim regulären Delisting ist nur dann
gewährleistet, wenn Inhalt des Pflichtangebotes die Erstattung des vollen
Wertes des Aktieneigentums ist und die Minderheitsaktionäre diesen Umstand
in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen können.
Die Überprüfung hat entsprechend den Regeln des Spruchverfahrens im
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu erfolgen.
BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als
a) die Anfechtungsklage der Kläger zu 1 und 2 gegen die den Aufsichtsrat entlastenden Hauptversammlungsbeschlüsse vom 21. Mai 1999 (TOP 7 u. 8 der Einladung vom April 1999) abgewiesen und
b) der Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 zurückgewiesen worden ist, den Rechtsstreit mangels Zuständigkeit des Gerichtes der streitigen Zivilgerichtsbarkeit insoweit an das dafür funktionell zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verweisen, als die Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten überprüft werden soll.
2. Auf die Berufung der Kläger zu 1 und 2 wird das Urteil des Landgerichts München I - 5. Kammer für Handelssachen - vom 4. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Anfechtungsklage gegen die den Aufsichtsrat entlasten- den Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Mai 1999 (TOP 7 u. 8 der Einladung vom April 1999) abgewiesen worden ist.
Diese Beschlüsse werden für nichtig erklärt.
3. Auf den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 wird der Rechtsstreit insoweit an das Landgericht München I als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen, als sie die Überprüfung der Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten vom 20./21. Mai 1999 verfolgen.
4. Die in beiden Vorinstanzen entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 1 und 2 zu 93,5 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 64,5 % und die Beklagte zu 6,5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 2 tragen diese zu 93,5 % selbst und die Beklagte zu 6,5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 3 und 4 tragen diese selbst.
Von den in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten tragen die Gerichtskosten die Kläger zu 1 und 2 zu 91,5 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 85 % und die Beklagte zu 8,5 %, die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 2 diese selbst zu 92 % und die Beklagte zu 8 % und die außergerichtlichen Kosten der Be- klagten die Kläger zu 1 und 2 zu 92 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 82 % und die Beklagte zu 8 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 3 und 4 tragen diese selbst. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, eine börsennotierte Aktiengesellschaft, verfügt über ein Grundkapital von 11 Mio. DM, das je zur Hälfte aus Stammaktien und aus stimmrechtslosen Vorzugsaktien besteht. Inhaber des größten Teils der Aktien ist eine ausländische Gesellschaft; in Streubesitz befinden sich noch 1,07 % der Stammaktien und 8,5 % der Vorzugsaktien.
Die Kläger wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage in der Revisionsinstanz noch gegen den von der Hauptversammlung am 21. Mai 1999 zu TOP 9 gefaßten Beschluß (Delisting), die Kläger zu 1 und 2 ferner gegen die zu TOP 5 bis 8 gefaßten Beschlüsse (Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Aktien der Beklagten waren bei der Frankfurter Wertpapierbörse und der Bayerischen Börse zur amtlichen Notierung zugelassen. Da nach dem Vortrag der Beklagten mit Rücksicht auf den niedrigen Streubesitz ein Börsenhandel mit ihren Aktien nur noch in geringem Umfang stattfand, hielt sie den mit der Zulassung verbundenen Kostenaufwand nicht mehr für gerechtfertigt. Sie be-
hauptet zudem, es sei infolge des geringen Aktienhandels zu sprunghaften Kursveränderungen gekommen, die durch die Geschäftsentwicklung der Beklagten nicht gerechtfertigt und für das Unternehmen schadenträchtig gewesen seien. Außerdem habe sie Kursmanipulationen befürchtet. Ihre Hauptversammlung hat daher entsprechend dem Vorschlag der Verwaltung zu TOP 9 den Vorstand ermächtigt, bei den beiden Börsen den Widerruf der Zulassung zu beantragen. Die Beklagte hat ferner bekannt gegeben, ihr Großaktionär beabsichtige , den Minderheitsaktionären ein Kaufangebot für jede Aktie im Nennwert von 50,00 DM über 1.057,00 DM (Stammaktien) bzw. 820,00 DM (Vorzugsaktien ) zu unterbreiten.
Die Kläger halten den Ermächtigungsbeschluß mangels Befristung, fehlender sachlicher Rechtfertigung und Unverhältnismäßigkeit sowie wegen Fehlens eines Vorstandsberichtes für fehlerhaft.
Die Kläger zu 1 und 2 halten ferner die zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gefaßten Beschlüsse (TOP 5 bis 6: Vorstand; TOP 7 bis 8: Aufsichtsrat ) für unrechtmäßig, weil die Abhängigkeitsberichte, die der Vorstand für das Geschäftsjahr 1997/1998 und das Rumpfgeschäftsjahr 1998 erstattet hat, nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen. Soweit man überhaupt davon ausgehen könne, daß der Aufsichtsrat in seinen nach § 171 Abs. 2 AktG erstatteten Bericht das Ergebnis seiner Überprüfung des Abhängigkeitsberichtes des Vorstandes aufgenommen habe, entspreche seine Berichtstätigkeit nicht den gesetzlichen Voraussetzungen.
Das Landgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger sowie den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4, den Rechtsstreit unter Abtrennung des Verfahrens zur Überprüfung
der Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verweisen, zurückgewiesen.
Die Kläger verfolgen ihre Klageanträge in der Revisionsinstanz in dem dargelegten Umfange weiter. Der Senat hat die Revision nicht angenommen, soweit die Anfechtungsklage gegen die den Vorstand entlastenden Beschlüsse abgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Kläger zu 1 und 2 hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die Anfechtungsklage gegen die den Aufsichtsrat entlastenden Hauptversammlungsbeschlüsse abgewiesen hat.
Der Revision der Klägerinnen zu 3 und 4 war stattzugeben, soweit das Berufungsgericht den von ihnen gestellten Hilfsantrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen hat.
Die weitergehende Revision der Kläger zu 1 und 2 und der Klägerinnen zu 3 und 4 ist nicht begründet.
I. Die Revision der Kläger zu 1 und 2 rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die Rechtmäßigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder mit der Begründung bejaht hat, der Aufsichtsrat sei seiner Verpflichtung nachgekommen, der Hauptversammlung über das Ergebnis seiner Prüfung des vom Vorstand erstatteten Abhängigkeitsberichtes
zu berichten. Zudem weist sie zutreffend darauf hin, das Berufungsgericht habe übersehen, daß der Bericht des Aufsichtsrates den Bestätigungsvermerk des Abschlußprüfers nicht enthält. Die Entlastungsbeschlüsse zu TOP 7 und 8 beruhen auf Gesetzesverstößen, so daß sie unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des Landgerichtsurteils für nichtig zu erklären sind (§ 243 Abs. 1 AktG).
1. In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings umstritten, unter welchen Voraussetzungen ein Entlastungsbeschluß angefochten werden kann. Unter Hinweis auf die Regelung der §§ 120 Abs. 2 Satz 2 bzw. 93 Abs. 4 AktG wird die Ansicht vertreten, auch einer pflichtvergessenen Verwaltung, der erhebliche Gesetzes- oder Satzungsverstöße zur Last fielen, könne Entlastung erteilt werden (vgl. OLG München, WM 1991, 1843, 1851; OLG Düsseldorf, WM 1996, 777, 781; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 120 Rdn. 38; Mülbert in: Großkomm. AktG, 4. Aufl. § 120 Rdn. 76; Münchner Handbuch AG/Semler, 2. Aufl. Bd. 4 (AG) § 34 Rdn. 23; Lutter, NJW 1973, 113, 114). In der Entlastung liege allein die Erklärung, daß die Verwaltung unternehmerisch zweckmäßig gehandelt habe und weiterhin das Vertrauen der Aktionäre genieße. Eine Anfechtung kommt danach nur bei Vorliegen von Verfahrensfehlern, insbesondere Informationsmängeln, oder ganz bestimmter Inhaltsmängel in Betracht (vgl. Mülbert aaO, § 120 Rdn. 23 ff., 117 ff.).
Dem steht die Ansicht gegenüber, nach der die Entlastung in erster Linie die Erklärung der Hauptversammlung ist, sie billige die Verwaltung als - im großen und ganzen - gesetz- und satzungsmäßig; nur nebenher sei sie auch Vertrauenserweis für die Zukunft (OLG Hamm, ZIP 1993, 119, 121; Hüffer, AktG 5. Aufl. § 120 Rdn. 12; Kölner Kommentar/Zöllner, § 120 Rdn. 47; Volhard in:
Semler/Volhard [Hrs.], Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung 1999, II C 4; Sethe, ZIP 1996, 1321, 1324).
Die Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage erscheint nicht eindeutig. So wird in einem Urteil ausgeführt, die Hauptversammlung könne selbst dann Entlastung erteilen, wenn Gründe vorlägen, die eine Versagung der Entlastung rechtfertigten. Denn ein Aktionär könne über die Anfechtungsklage nicht den übrigen Aktionären seine Meinung aufzwingen (Urt. v. 30. März 1967 - II ZR 245/63, WM 1967, 503, 507). In einer späteren Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, die Hauptversammlung handele gesetzwidrig, wenn sie trotz fehlender oder fehlerhafter Berichterstattung nach § 314 Abs. 2 AktG den Aufsichtsratsmitgliedern Entlastung erteile (BGHZ 62, 193, 194 f.). Aus einem zur GmbH ergangenen Urteil geht hervor, daß die Gesellschafterversammlung mit der Entlastung - auch - darüber befinde, ob der Geschäftsführer innerhalb der von Gesetz, Satzung oder Einzelanweisung seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gezogenen Grenzen zweckmäßige Entscheidungen getroffen habe (BGHZ 94, 324, 326 f.).
Der Senat hält unter Klarstellung seiner Rechtsprechung daran fest, daß ein Entlastungsbeschluß anfechtbar ist, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellt. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, daß dem die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht entgegensteht (Hüffer aaO, § 120 Rdn. 12). Die in § 243 Abs. 1 AktG getroffene Regelung, daß jeder gesetzesoder satzungswidrige Beschluß der Hauptversammlung angefochten werden kann, erfährt durch die Abtrennung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche von der Entlastung keine Durchbrechung (vgl. Sethe, ZIP 1996, 1321, 1323 f.). Würde man eine solche Durchbrechung für den Entlastungsbeschluß
zulassen, könnte eine zur Billigung rechtsbrechenden Verhaltens entschlossene Mehrheit gegen den Widerstand einer gesetzes- und satzungstreuen Minderheit eine Entlastung der Verwaltung jederzeit durchsetzen (Volhard in: Semler /Volhard aaO, II C 4). Das widerspricht nicht nur der Regelung des § 243 Abs. 1 AktG, sondern wäre auch mit dem Gesichtspunkt der Treupflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit nicht vereinbar (vgl. BGHZ 103, 184, 193 ff. - Linotype).
Dem steht auch die Regelung des § 93 Abs. 4 AktG nicht entgegen. Denn im Gegensatz zu der Vorschrift des § 243 Abs. 1 AktG, die ein uneingeschränktes Anfechtungsrecht bei Verstößen der Hauptversammlung gegen Gesetz oder Satzung vorsieht, läßt § 93 Abs. 4 AktG die Vereinbarung über den Erlaß einer Schadensersatzforderung in beschränktem Umfang zu.
Dieses Verständnis vom Inhalt der Entlastung führt keineswegs dazu, daß der Entlastungsbeschluß nicht widerspruchsfrei gestaltet werden kann (so aber offenbar Mülbert aaO, § 120 Rdn. 25). Ist Gegenstand des Urteils der Hauptversammlung lediglich ein Verhalten, das sich im Rahmen von Gesetz und Satzung bewegt hat, betrifft es das unternehmerisch zweckmäßige Handeln und die Entscheidung über das Vertrauen für die Zukunft. Muß über ein gesetz- oder satzungswidriges Verhalten befunden werden, wird dem Verwaltungsmitglied auch für die Zukunft kein Vertrauen ausgesprochen, wenn ihm die Entlastung insgesamt verweigert wird. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, daß die Hauptversammlung ein Organmitglied nicht trotz des Vertrauensverlustes im Amt belassen darf, wenn sie der Ansicht sein kann, daß das gleichwohl im Interesse der Gesellschaft liege und das Organ künftig Gesetz und Satzung beachten werde.
2. Auch das Berufungsgericht geht zwar im Grundsatz zutreffend davon aus, daß ein Beschluß, der den Verwaltungsmitgliedern trotz eines schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzesverstoßes Entlastung erteilt, selbst gesetzwidrig ist und nach § 243 Abs. 1 AktG angefochten werden kann. Es verneint jedoch im konkreten Fall zu Unrecht einen Verstoß der Aufsichtsratsmitglieder gegen § 314 Abs. 2 AktG.
Es verkennt einmal, daß in den nach § 171 Abs. 2 AktG vom Aufsichtsrat an die Hauptversammlung erstatteten Berichten nicht, wie es § 314 Abs. 2 Satz 1 AktG fordert, zum Ausdruck kommt, der Aufsichtsrat habe die Abhängigkeitsberichte des Vorstandes geprüft. Vielmehr heißt es in den Berichten nur, der Jahresabschluß sowie die Berichte der Geschäftsführung für die Gesellschaften und den Konzern einschließlich der Buchführung für das betroffene Geschäftsjahr seien von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. W. GmbH geprüft und mit deren uneingeschränktem Bestätigungsvermerk versehen worden. Diese Ergebnisse habe der Aufsichtsrat zur Kenntnis genommen, genehmigt und den Jahresabschluß selbst geprüft. Die weiteren Bemerkungen betreffen den konsolidierten Abschluß, den dazu erstatteten Prüferbericht und die Gewinnverwendung. Vom Abhängigkeitsbericht wird nirgends gesprochen. Dessen Prüfung wird auch nicht in dem Passus angesprochen, nach dem alle Vorgänge, für die der Gesetzgeber oder die Unternehmenssatzung die Zustimmung des Aufsichtsrates verlangten, vom Aufsichtsrat geprüft und, soweit erforderlich , genehmigt worden sind. Dabei handelt es sich offensichtlich nur um zustimmungspflichtige Geschäftsvorgänge, wie sie beispielsweise in § 111 Abs. 4 Satz 2 oder in § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG umschrieben werden. Der Abhängigkeitsbericht bedarf aber nach der gesetzlichen Regelung keiner Zustimmung des Aufsichtsrates.
Der Bericht des Aufsichtsrates erwähnt zwar, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. W. GmbH habe "die Berichte der Geschäftsführung" mit dem "uneingeschränkten Bestätigungsvermerk" versehen. Darunter kann auch der vom Vorstand erstattete Abhängigkeitsbericht fallen. Dieser Hinweis genügt jedoch nicht, wie die Revision zutreffend ausführt. Das Gesetz (§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG) verlangt vielmehr, daß "ein von dem Abschlußprüfer erteilter Bestätigungsvermerk in den Bericht aufzunehmen" ist. Von dem Erfordernis der wörtlichen Wiedergabe geht auch das Landgericht München I in dem von den Klägern zu 1 und 2 zu den Senatsakten gereichten Urteil vom 31. Mai 2001 (5 AR O 17738/00) aus.
II. Die Revision hat jedoch keinen Erfolg, soweit sich die Kläger gegen den Beschluß der Hauptversammlung über die Ermächtigung des Vorstandes wenden, das reguläre Delisting der Aktien der Beklagten bei den Börsen in Frankfurt und München zu beantragen (TOP 9).
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung geht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon aus, daß das reguläre Delisting - darunter ist der Rückzug der Gesellschaft aus dem Amtlichen Handel und dem geregelten Markt an allen Börsen zu verstehen - eines mit einfacher Mehrheit gefaßten Beschlusses der Hauptversammlung bedarf.
Allerdings kann die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Entscheidung über das reguläre Delisting nicht daraus hergeleitet werden, daß mit ihr in die Innenstruktur der Aktiengesellschaft oder in die Mitverwaltungsrechte der Aktionäre eingegriffen würde. Denn die innere Struktur der Gesellschaft wird dadurch, daß sie sich von der Börse zurückzieht, nicht verändert (vgl. im einzelnen Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111, 114 f.; Streit, ZIP 2002, 1279, 1287;
grundlegend aus rechtsvergleichender Sicht Hopt, FS Drobnig 1998, S. 525, 536). Ebensowenig werden der Bestand des Mitgliedschaftsrechtes - wie etwa bei der Regelung des "Squeeze out" im Sinne der §§ 327 a ff. AktG - oder das Mitgliedschaftsrecht als relatives Beteiligungsrecht (Dividendenrecht, Anspruch auf Liquidationsanteil) berührt, der Vermögenswert der Beteiligung verwässert (vgl. dazu insgesamt BGHZ 71, 40 - Kali und Salz) bzw. ausgezehrt (BGHZ 135, 374, 378 f. - Guano) oder die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs durch Mediatisierung seiner Mitwirkungsrechte geschwächt (BGHZ 83, 129, 136 ff. - Holzmüller).
Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß dem Aktionär mit dem Rückzug der Gesellschaft aus dem amtlichen Handel (§ 38 Abs. 4 BörsG) oder vom geregelten Markt (§ 52 Abs. 2 BörsG) der Markt genommen wird, der ihn in die Lage versetzt, den Wert seiner Aktien jederzeit durch Veräußerung zu realisieren. Das ist für den Großaktionär oder für Paketbesitzer, die mit ihrer Beteiligung unternehmerische Interessen und nicht lediglich Anlageinteressen verfolgen , ohne Bedeutung. Für die Minderheits- und Kleinaktionäre, deren Engagement bei einer Aktiengesellschaft allein in der Wahrnehmung von Anlageinteressen besteht, bringt der Wegfall des Marktes hingegen wirtschaftlich gravierende Nachteile mit sich, die auch nicht durch die Einbeziehung der Aktien in den Freihandel ausgeglichen werden können.
Dieser Verkehrsfähigkeit der Aktien einer an der Börse zugelassenen Aktiengesellschaft ist mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Wertbestimmung der Anteile eine besondere Bedeutung beizumessen: Steht dem Aktionär nach Abschluß eines Unternehmensvertrages im Sinne des § 291 AktG oder nach Vornahme einer Eingliederung im Sinne der §§ 319 ff. AktG ein Abfindungsanspruch zu, dann muß der Abfindungsbetrag so bemes-
sen sein, daß die Minderheitsaktionäre nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung in dem maßgebenden Zeitpunkt hätten erzielen können (BVerfGE 100, 289 - DAT/Altana; BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670 - Moto Meter; zum variablen Ausgleich vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 - Hartmann & Braun; zum Abfindungsanspruch bei Abschluß eines Unternehmensvertrages vgl. bereits BGHZ 135, 374, 377 ff.). Der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung sind danach Eigenschaften des Aktieneigentums (BVerfGE 100, 289, 305 f. - DAT/Altana), die wie das Aktieneigentum selbst verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Dies muß unmittelbare Auswirkungen auf den Umfang des vermögensrechtlichen Schutzes haben , den das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs genießt. Zwar erstreckt sich der mitgliedschaftliche Vermögensschutz nach der gesetzlichen Regelung unmittelbar lediglich auf die Gewährleistung des Gewinnbezugsrechtes, des Liquidationsanteils und des relativen Vermögenswertes der Beteiligung. Hat der Verkehrswert einschließlich der Verkehrsfähigkeit des Aktienanteils aber Teil an der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, so ist dieser Schutz auch im Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären zu beachten. Unter dieser Voraussetzung betrifft er keineswegs nur das außermitgliedschaftliche Rechtsverhältnis des Aktionärs zu Dritten; er ist vielmehr bei börsennotierten Gesellschaften unerläßlicher Bestandteil des Rechtsverhältnisses zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär (vgl. dazu Hellwig/Bormann, ZGR 2002, 465, 473 ff.; a.A. Wirth/Arnold aaO, S. 115). Da der Schutz des mitgliedschaftlichen Vermögenswertes nicht in den Händen der Geschäftsleitung, sondern der Hauptversammlung liegt, ist für Entscheidungen darüber auch die Hauptversammlung zuständig. Die Hauptversammlung, nicht die Verwaltung hat darüber zu befinden , ob das Delisting als eine die Verkehrsfähigkeit der Aktie und damit den Verkehrswert des Anteils beeinträchtigende Maßnahme im Hinblick auf den
Minderheitenschutz durchgeführt werden darf und soll (i.E. ebenso Hüffer aaO, § 119 Rdn. 24; Hellwig, ZGR 1999, 781, 799; Lutter, FS Zöllner 1998, Bd. I S. 363, 380; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 763; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 474 f.).
2. Der Umstand, daß die Entscheidung über ein Delisting der Hauptversammlung vorbehalten ist, vermag allein keinen hinreichenden Schutz der Minderheitsaktionäre zu gewährleisten. Ein solcher ist nur dann sichergestellt, wenn den Minderheitsaktionären der Wert ihrer Aktien ersetzt wird und ihnen die Möglichkeit offensteht, die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen (BVerfGE 100, 289, 303; BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 aaO, S. 1672 f.).

a) Die einschlägige Regelung des Börsengesetzes gewährleistet keinen wirksamen gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz. Allerdings schreibt § 43 Abs. 4 BörsG a.F. (§ 38 Abs. 4 Satz 2 in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes v. 1. Juli 2002, BGBl. I, 2010) vor, daß der Widerruf der Zulassung dem Schutz der Anleger nicht widersprechen darf. Die nähere Ausgestaltung dieses Schutzes überläßt das Gesetz aber den Börsen (§ 43 Abs. 4 Satz 5 BörsG a.F., § 38 Abs. 4 Satz 5 BörsG n.F.). Die Börsenordnungen sehen zwar Regelungen vor, mit denen ein Anlegerschutz gewährleistet werden soll. Dieser entspricht jedoch nicht den an einen Minderheitenschutz im Aktienrecht zu stellenden Anforderungen.
Einmal können die entsprechenden Bestimmungen der Börsenordnungen von dem zuständigen Börsengremium jederzeit geändert werden. Das zeigt exemplarisch der Fall der Frankfurter Börse: Durfte nach dem bis zum 26. März 2002 geltenden § 54 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BörsO FWB dem Antrag auf Widerruf
der Börsenzulassung nur stattgegeben werden, wenn ein öffentliches Kaufangebot zu einem Preis unterbreitet wurde, der in einem angemessenen Verhältnis zum höchsten Börsenpreis der letzten sechs Monate vor Antragstellung stand, kann nach der neuen Regelung der Widerruf schon dann ausgesprochen werden, wenn den Anlegern nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung genügend Zeit (sechs Monate, vgl. § 54 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsO FWB) verbleibt , die vom Widerruf betroffenen Aktien zu veräußern (vgl. dazu Streit, ZIP 2002, 1279, 1281 f.). Diese Regelung gewährt schon deswegen keinen hinreichenden Anlegerschutz, weil unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Delisting erfahrungsgemäß ein Kursverfall der Aktien eintritt, der es dem Anleger unmöglich macht, die von ihm investierten Vermögenswerte zu realisieren (vgl. dazu Schwark/Geiser, ZHR 161 [1977], S. 739, 762).
Zum anderen schreiben die Börsenordnungen nicht zwingend die Erstattung des Wertes der Aktien vor, sondern verlangen überwiegend - wie früher die Frankfurter Wertpapierbörse - die Erstattung eines Betrages, der in einem angemessenen Verhältnis zu dem höchsten Börsenpreis der letzten, vor der Veröffentlichung des Widerrufs liegenden sechs Monate steht. Da dieser Betrag auch niedriger sein kann als der Wert der Aktien, ist eine - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderliche - volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre nicht sichergestellt.
Das Kapitalmarktrecht schließt demnach nicht aus, daß den Minderheitsaktionären durch das Delisting ein vermögensrechtlicher Nachteil entsteht. Dieser muß somit durch Gewährung eines gesellschaftlichen Minderheitenschutzes ausgeschlossen werden.

b) Ein adäquater Schutz der Minderheitsaktionäre kann nur dadurch er- reicht werden, daß ihnen mit dem Beschlußantrag ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft (in den nach §§ 71 f. AktG bestehenden Grenzen) oder durch den Großaktionär vorgelegt wird. Da den Minderheitsaktionären eine volle Entschädigung zusteht, muß der Kaufpreis dem Anteilswert entsprechen.

c) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß gewährleistet sein, daß der Aktionär in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, ob der ihm erstattete Betrag dem Wert des Anteils entspricht. Dabei hat es offengelassen, ob diese Kontrolle mit dem Institut der Anfechtungsklage oder durch analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren (§ 306 AktG, §§ 305 ff. UmwG) sicherzustellen ist (BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670, 1672 f.).
Dem Senat erscheint es nicht zweckmäßig, die Möglichkeit der Überprüfung , ob das Kaufangebot dem Verkehrswert der Aktien entspricht, durch das Institut der Anfechtungsklage sicherzustellen. Es kann den Interessen beider Parteien nicht vollständig gerecht werden. Die Aktionäre können lediglich eine Kassation des Beschlusses erreichen und dadurch dessen Durchsetzung verhindern. Sie vermögen auf diese Weise nur mittelbar eine Erhöhung des Kaufangebotspreises durch die Gesellschaft oder den Mehrheitsaktionär zu erreichen. Der Gesellschaft entstehen durch das Erfordernis der erneuten Einberufung einer Hauptversammlung unverhältnismäßige Kosten. Ferner können für sie durch die Verzögerung des Delisting erhebliche Nachteile eintreten.
Wie entsprechende Regelungen im Unternehmensvertragsrecht (§ 304 Abs. 3 Satz 2, § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG) und im Umwandlungsrecht (§§ 15, 34,
196, 212 UmwG) zeigen, kann den Belangen der Beteiligten eher dadurch ent- sprochen werden, daß die Höhe des Angebotsbetrages in einem dafür geschaffenen Verfahren (Spruchverfahren) geklärt wird. Diese Überlegungen, die der Einführung des Spruchverfahrens im Unternehmensvertrags- und Umwandlungsrecht zugrunde liegen, treffen auch auf das Verfahren des Delisting zu. Es ist daher sinnvoll, den zwischen den Parteien aufgetretenen Konflikt ebenso wie beim Squeeze out nicht auf dem Weg des Anfechtungsverfahrens, sondern des Spruchverfahrens zu lösen.
Verfassungsrechtlich begegnet eine analoge Anwendung dieser prozeßrechtlichen Vorschriften keinen Bedenken (BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670, 1673). Aber auch unter prozessualen Aspekten ist die Analogiefähigkeit dieser Vorschriften zu bejahen. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, daß prozessuale Regelungen lediglich Hilfsmittel zur Durchsetzung des materiellen Rechts sind und ihre Analogiefähigkeit aus diesem Grunde ebenso gegeben ist wie diejenige des Rechtes, dessen Durchsetzung sie dienen (vgl. BayObLG, ZIP 1998, 2002, 2004; Wiedemann, ZGR 1999, 857, 866 f.; derselbe ZGR 1978, 477, 492; Lutter/Leinekugel, ZIP 1999, 261, 266 f.). Durch die Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren auf den Fall des Delisting wird zugleich gewährleistet, daß durch die gerichtliche Entscheidung der Wert der Aktien für alle Aktionäre verbindlich festgelegt wird.
3. Entgegen der Ansicht der Revision bedarf der Hauptversammlungsbeschluß keiner sachlichen Rechtfertigung, wie sie vom Senat für den Ausschluß des Bezugsrechtes gefordert worden ist (vgl. BGHZ 71, 40; 83, 319; 125, 239; ablehnend auch Hüffer aaO, § 119 Rdn. 24; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; a.A. u.a. Lutter, FS Zöllner 1998, Bd. I
S. 363/381). Die auf Vorschlag des Vorstandes über das Delisting zu treffende Entscheidung hat unternehmerischen Charakter. Da sie von der Hauptversammlung zu treffen ist, liegt es somit im Ermessen der Mehrheit der Aktionäre, ob die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft zweckmäßig ist und geboten erscheint. Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre ist durch das Erfordernis eines Pflichtangebotes, die Aktien zum vollen Wert zu übernehmen , sowie die Möglichkeit sichergestellt, die Höhe in einem Spruchverfahren überprüfen zu lassen.
Eines Vorstandsberichtes entsprechend § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zum Delisting bedarf es nicht. Die Beklagte hat in der Hauptversammlung die Gründe schlüssig dargelegt, aus denen das Delisting betrieben werden soll. Sie hat die Einsparung der Kosten, drohende Kursschwankungen und drohende Nachteile für die Gesellschaft sowie die Gefahr von Kursmanipulationen aufgeführt. Diese Gründe sind aus sich heraus verständlich und tragen die Entscheidung der Hauptversammlung.
Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, ist dem Informationsbedürfnis der Minderheitsaktionäre hinreichend entsprochen worden. Nach dem Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG, der hier entsprechend heranzuziehen ist, genügt es, daß ihnen die Einzelheiten des Widerrufsantrages und das Abfindungsangebot des Mehrheitsaktionärs bekannt gegeben werden. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt.
4. Die Rüge der Revision, der Ermächtigungsbeschluß sei zeitlich nicht hinreichend fixiert, ist ebenfalls nicht begründet. Es ist zwar richtig, daß in den Fällen, in denen das Gesetz der Hauptversammlung erlaubt, den Vorstand zur
Vornahme bestimmter Maßnahmen zu ermächtigen, die Dauer der Ermächtigung im Gesetz befristet wird (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) oder der Hauptversammlung eine Höchstfrist eingeräumt wird, auf die sie die Ermächtigung begrenzen darf (§ 202 Abs. 2 AktG). Trifft das Gesetz keine Regelung über die Dauer der Ermächtigung, ist die Hauptversammlung in der Bestimmung der Frist frei. Befristet sie die Ermächtigung nicht, ist der Vorstand gehalten, aufgrund der ihm als Organ obliegenden Pflichten im Rahmen seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit zu entscheiden, ob und wann er die Maßnahme, zu der er ermächtigt worden ist, durchführt. Über den Stand der Angelegenheit hat er auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung, die jährlich abzuhalten ist (§ 175 Abs. 1 AktG), zu berichten. Ist die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt, kann die Hauptversammlung darüber beschließen, ob die Ermächtigung aufrechterhalten bleibt, oder ob sie widerrufen wird. Die Ermächtigung unterliegt somit einer hinreichend konkreten zeitlichen Kontrolle durch die Hauptversammlung. Eine weitergehende zeitliche Beschränkung ist nicht erforderlich.
Die Revision der Kläger zu 1 und 2 rügt außerdem, das Berufungsgericht sei zu Unrecht dem Vortrag nicht gefolgt, die Maßnahme des Delisting sei mißbräuchlich , weil die Minderheitsaktionäre mit willkürlichen Mitteln aus der Beklagten gedrängt werden sollten. Die Willkür zeige sich darin, daß die Dividende für Stamm- und Vorzugsaktionäre im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gekürzt worden sei, obwohl die Beklagte keine Gewinneinbußen zu verzeichnen gehabt habe. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Revisionserwiderung hat auf den Vortrag der Beklagten verwiesen, nach dem die Gewinnmargen aufgrund eines im Verhältnis zum Umsatz erheblich gestiegenen Materialaufwands stark gesunken seien, so daß sich die Beklagte gezwungen gesehen habe, ihre Kosten durch laufende Investitionen zu senken. Dieser erhöhte
Investitionsaufwand gehe zu Lasten des ausschüttungsfähigen Gewinns. Die Revision zeigt keinen Vortrag auf, mit dem die Kläger zu 1 und 2 diesem in sich schlüssigen Vorbringen der Beklagten mit plausiblen Gründen entgegengetreten sind. Das Berufungsgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, daß von einer mißbräuchlichen Handhabung des Delisting nicht gesprochen werden kann.
III. Die Anwendung der Vorschriften des Spruchverfahrens auf das Verfahren des Delisting zur Festsetzung des den Minderheitsaktionären für ihre Anteile zu gewährenden Verkehrswertes hat zur Folge, daß dem Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 stattgegeben werden muß. Für das Spruchverfahren sind funktionell nicht die ordentlichen Gerichte, sondern die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig. Entsprechend § 17 a Abs. 2 GVG, der auf das Verhältnis zwischen ordentlicher streitiger und freiwilliger Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5. April 2001 - III ZB 48/00, WM 2001, 1045; Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. Vorbem. 11 zu §§ 17-17 b GVG m.w.N.), ist für die Feststellung des Wertes der Aktien der Beklagten der
Rechtsweg vor den Gerichten der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gegeben und daher das Verfahren an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzugeben.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Bei der Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform oder bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft hat der übertragende Rechtsträger im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf jedem Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluß des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten; § 71 Abs. 4 Satz 2 des Aktiengesetzes und § 33 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz erste Alternative des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind insoweit nicht anzuwenden. Das gleiche gilt, wenn bei einer Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform die Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind. Kann der übernehmende Rechtsträger auf Grund seiner Rechtsform eigene Anteile oder Mitgliedschaften nicht erwerben, so ist die Barabfindung für den Fall anzubieten, daß der Anteilsinhaber sein Ausscheiden aus dem Rechtsträger erklärt. Eine erforderliche Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs als Gegenstand der Beschlußfassung muß den Wortlaut dieses Angebots enthalten. Der übernehmende Rechtsträger hat die Kosten für eine Übertragung zu tragen.

(2) Dem Widerspruch zur Niederschrift im Sinne des Absatzes 1 steht es gleich, wenn ein nicht erschienener Anteilsinhaber zu der Versammlung der Anteilsinhaber zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist.

Tenor

I.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 54) und 57) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 28.05.2014 werden verworfen.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 50), 51), 52), 53), 55) und 56) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 28.05.2014 werden zurückgewiesen.

III.

Die Antragsgegnerinnen tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters.

IV.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.

V.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

VI.

Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.856,55 Euro festgesetzt.

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob die nach einem Delisting angebotene Barabfindung im Spruchverfahren auf ihre Angemessenheit zu überprüfen ist.

1. Die Aktien der Antragsgegnerin zu 2) waren im geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Die Antragsgegnerin zu 1) hielt Mitte 2007 rund 86% der Aktien. Die Hauptversammlung fasste am 17.07.2007 den Beschluss, den Vorstand zu ermächtigen, einen Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum geregelten Markt (General Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse zu stellen. Die Mehrheitsaktionärin bot zugleich an, die Aktien der übrigen Aktionäre gegen Zahlung einer Barabfindung in Höhe von 1,89 Euro je Stückaktie zu erwerben, entsprechend dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs des 3-Monats-Zeitraums vor der Ad-Hoc-Mitteilung. Ferner stimmte die Hauptversammlung dem Abschluss eines Beherrschungsvertrages zu. Beide Beschlüsse der Hauptversammlung wurden angefochten und in erster Instanz für nichtig erklärt. Hinsichtlich des Beschlusses zum Delisting wurde das Ersturteil in der Berufungsinstanz aufgehoben und die Anfechtungsklage zurückgewiesen. Nach Rechtskraft des Berufungsurteils beantragte der Vorstand im April 2009 den Widerruf der Börsenzulassung. Die Börse Frankfurt gab dem Antrag mit Beschluss vom 12.05.2009 statt, die Zulassung der Aktie endete am 12.08.2009. In der Folge schloss die Antragsgegnerin zu 2) erneut einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 1) ab, dem die Hauptversammlung am 10.1.2011 zustimmte. Zur Angemessenheit des Ausgleichs und der Abfindung in Höhe von 2,20 € ist ein Spruchverfahren anhängig.

Die Antragsteller haben geltend gemacht, die angebotene Abfindung von 1,89 € sei unangemessen niedrig. Das Spruchverfahren sei auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 aus Gründen des Vertrauensschutzes fortzuführen.

2. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28.05.2014 die Anträge zurückgewiesen mit der Begründung, das Spruchverfahren sei nicht (mehr) statthaft. Der Bundesgerichtshof habe mit Beschluss vom 08.10.2013 seine in dem Urteil vom 25.11.2002 („Macrotron“) vertretene Auffassung aufgegeben, wonach ein Delisting ein der gerichtlichen Kontrolle in einem Spruchverfahren unterliegendes Abfindungsangebot nach sich ziehen müsse. Weder aus Art. 14 Abs. 1 GG noch aus einfach-rechtlichen Vorschriften lasse sich das Erfordernis eines Pflichtangebots mit einem anschließenden Spruchverfahren ableiten. Bei bereits eingeleiteten, noch nicht rechtskräftig beendeten Spruchverfahren sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Darin liege keine unzulässige Rückwirkung und auch kein Verstoß gegen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtsgrundlage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen könne in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen. Eine unzumutbare Härte für die Antragsteller liege nicht vor. Zu einer Verringerung der in einem bestandskräftigen Hauptversammlungsbeschluss festgelegten Kompensation könne es im Spruchverfahren nicht kommen. Ein Vertrauen auf den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechend der Grundsätze der „Macrotron“-Entscheidung sei nicht schutzwürdig. Zudem habe der Bundesgerichtshof diese Entscheidung aus dem Jahre 2002 danach nicht mehr bestätigt. Auch wenn die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse die Frist zur Veräußerung der Aktien im Falle eines nachfolgenden Spruchverfahrens von 6 auf 3 Monate verkürze, habe in dieser verkürzten Zeit hinreichend Zeit bestanden, die Aktien der Antragsgegnerin zu 2) zu veräußern. Aus der Bekanntmachung zur Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) lasse sich kein vertraglicher Anspruch auf Fortsetzung des Spruchverfahrens herleiten.

3. Die Beschwerdeführer und der gemeinsame Vertreter machen insbesondere geltend, die Abkehr des Bundesgerichtshofs von der „Macrotron“-Rechtsprechung sei eine Änderung der geltenden Rechtsregeln und qualitativ etwas anderes als die bloße Änderung einer richterlichen Einsicht zur Interpretation eines Gesetzes. Die Anwendung der geänderten Regeln auf schon zuvor rechtshängige Spruchverfahren wie das vorliegende stelle eine unzulässige echte Rückwirkung dar. Der Vertrauensschutz und der Eigentumsschutz der Antragsteller gebiete es, das Spruchverfahren fortzusetzen. Den Aktionären, die unverzüglich das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin angenommen hätten, werde einseitig zum einzigen Vorteil der Antragsgegnerin eine Vermögensposition in Form der zum damaligen Zeitpunkt nach beiderseitigem Verständnis bestehenden Nachbesserungsoption aus einem Spruchverfahren genommen, ohne dass ihnen -in verfassungskonformer Weise - ein Ausgleich für diesen Vermögenseingriff gewährt würde. Die Aktionäre, die wie die Antragsteller ihre Aktien gehalten hätten, stünden ohne Fortsetzung des Spruchverfahrens schutzlos, da sie nunmehr Aktien besäßen, welche mangels Börsennotiz weder zum Verkehrswert an der Börse noch an die Antragsgegnerin zu einer angemessenen Abfindung veräußert werden könnten. Dass sie die Aktien nicht zwischen Bekanntmachung und Wirksamkeit des Delistings über die Börse veräußert hätten, könne ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil sie im Vertrauen auf die „Macrotron“-Rechtsprechung des BGH davon ausgegangen seien, ihre Aktien zu einer angemessenen Abfindung nach Beendigung des Spruchverfahrens an die Antragsgegnerin veräußern zu können.

Dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 habe ein Fall zugrunde gelegen, bei dem kein Abfindungsangebot unterbreitet worden sei. Hier habe die Antragsgegnerin zu 1) aber

ein Barabfindungsangebot abgegeben. Das Angebot habe sich eindeutig auch auf die bestehende Möglichkeit eines Spruchverfahrens und die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung bezogen. Wenn man darin nicht bereits eine vertragliche Anwendungsvereinbarung des Spruchverfahrens sehe, habe jedenfalls eine analoge Anwendung von § 1 SpruchG zu erfolgen. Das müsse insbesondere vor dem Hintergrund gelten, dass nach § 46 Abs. 2 Satz 3 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse der Widerruf der Börsenzulassung grundsätzlich sechs Monate nach Veröffentlichung wirksam werde, die Frist aber auf Antrag des Emittenten auf drei Monate verkürzt werden könne, wenn den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot unterbreitet werde, dessen Höhe in einem gesonderten Verfahren überprüft werden könne. Von dieser Möglichkeit habe die Antragsgegnerin zu 1) Gebrauch gemacht. Sich nachträglich von der impliziten Zusage der Überprüfbarkeit im Spruchverfahren zu lösen, stelle ein venire contra factum proprium dar. § 46 Abs. 2 Satz 3 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse stelle ein Schutzgesetz zugunsten der Anleger dar, das es den Aktionären, die bereits vor Bekanntmachung des Delisting Aktionäre gewesen seien, ermögliche, die Angemessenheit der Barabfindung gerichtlich überprüfen zu lassen, sei es in einem Spruchverfahren oder einem Schiedsverfahren nach den Regeln des Spruchverfahrensgesetzes. Durch § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG sei der Anlegerschutz nicht ausreichend gewährleistet. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 08.10.2013 keine Bedenken gegen ein Spruchverfahren geäußert, welches auf den Vorschriften in einer Börsenordnung basiere.

II.

A. Die Beschwerden der Antragsteller zu 54) und 57) sind unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sind. Nachdem das Verfahren vor dem 01.09.2009 begonnen hat, ist statthaftes Rechtsmittel die sofortige Beschwerde (Art. 111 Abs.1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.20082008, BGBl I, 2586 - FGG-RG; 12 Abs. 1 S. 1 SpruchG aF; vgl. BGH NJW 2010, 2657 - Stollwerck - Rn. 5).

Die sofortige Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen (§ 17 Abs. 1 SpruchG aF i. V. m. § 22 Abs. 1 FGG aF). Diese Frist ist nicht gewahrt; die Entscheidung des Landgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 54) und 57) am 2.6.2014 zugestellt worden, die Beschwerdeschrift ist erst am 1.7.2014 bei Gericht eingegangen.

B. Im Übrigen sind die sofortigen Beschwerden zulässig, jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung zurückgewiesen. Der Widerruf der Börsenzulassung begründet keine Verpflichtung zu einem Abfindungsangebot und eröffnet kein Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit einer angebotenen Abfindung. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gebietet es nicht, ein bereits vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 anhängiges Spruchverfahren fortzuführen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. Roßkopf, ZGR 2014, 487/503f; Paschos/Klaaßen AG 2014, 33/36; Wienecke, NZG 2014, 22/25; Wasmann/Glock DB 2014, 105/108; a.A. nicht überzeugend Lochner/Schmitz AG 2014, 489/490; unklar Goette, Festschrift Stilz, S. 159ff).

1. Bei einem Widerruf der Zulassung der Akte zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.11.2002 (BGHZ 153, 47 ff. „Macrotron“) aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG einen Anspruch auf ein Barabfindungsangebot und dessen gerichtliche Überprüfung im Spruchverfahren abgeleitet hatte, ist dem durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.7.2012 die Grundlage entzogen. Danach berührt der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts nicht (BVerfG Beschluss vom 11.7.2012, AG 2012, 557). Ein Anspruch auf Barabfindung lässt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 207 UmwG, § 243 Abs. 2 S. 2 AktG oder § 29 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Fall 2 UmwG herleiten, ebenso wenig aus einer Gesamtanalogie zu gesetzlichen Regelungen anderer gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen. Der Senat folgt insoweit der Begründung des Bundesgerichtshofs in dessen Entscheidung vom 08.10.2013 (NJW 2014, 146/147 ff „Frosta“).

2. Das Spruchverfahren ist zur Überprüfung des (freiwilligen) Barabfindungsangebots der Antragsgegnerin zu 1) auf seine Angemessenheit nicht eröffnet. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen das Spruchverfahren gehört, der Zeitpunkt der Entscheidung. Die Prüfung der Zulässigkeit erfolgt von Amts wegen.

a) Eine entsprechende Anwendung von § 1 SpruchG kommt nicht in Betracht, denn ein Delisting ist mit den in § 1 SpruchG - nicht abschließend - aufgezählten Maßnahmen nicht vergleichbar. Diesen ist gemeinsam, dass es sich um Strukturmaßnahmen handelt, mit denen eine Beeinträchtigung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums verbunden ist. Das ist bei einem Widerruf der Börsenzulassung nicht der Fall, denn dieser lässt die Substanz des Anteilseigentums in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und seinem vermögensrechtlichen Element unberührt (BVerfG, Beschluss vom 11.7.2012, AG 2012, 557/559).

b) Ob ein Spruchverfahren statthaft ist oder nicht, unterliegt nicht der Disposition der Beteiligten. Diese können sich deshalb nicht durch ausdrückliche oder konkludente vertragliche Vereinbarung bzw. eine Schiedsabrede darauf verständigen, dass ein - von Gesetzes wegen nicht statthaftes - Spruchverfahren vor dem dafür zuständigen Gericht durchzuführen ist. Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Bekanntmachung der Einberufung zur Hauptversammlung nicht die Erklärung enthält, ein Spruchverfahren ohne gesetzliche Grundlage durchführen zu wollen. Desgleichen ist der Verweis auf die Regelung des § 46 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (in der Fassung vom 24.3.2011) nicht geeignet, die Statthaftigkeit eines Spruchverfahrens zu begründen. Wie nach der gleichlautenden, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Regelung des § 61 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 der genannten Börsenordnung kann danach die Frist für das Wirksamwerden des Widerrufs für den Fall verkürzt werden, dass das „Kaufangebot... im Wege eines gesonderten Verfahrens (z. B. Spruchverfahrens) überprüft werden kann“. Wenn die Antragsgegnerinnen unter Verweis auf die damals geltende Auffassung zum Delisting und der Überprüfung eines entsprechenden Kaufangebots eine Verkürzung die Widerrufsfrist auf 3 Monate erreichten, gaben sie lediglich zu erkennen, sich an den Rahmen der durch die Börsenordnung in Bezug genommenen Regelungen halten zu wollen. Daraus ergibt sich aber nicht der Wille, sich für den Fall der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen an den überholten Bedingungen festhalten lassen zu wollen, zumal ein vernünftiger Aktionär das Verhalten der Antragsgegnerinnen nicht dahin verstehen konnte, dass sie sich verpflichten wollte, den Aktionären auch für den Fall einen Anspruch auf Erhöhung der angebotenen Barabfindung einzuräumen, dass die Rechtsprechung einen solchen nicht mehr anerkennen würde (vgl. dazu auch BGH NJW 2013, 155 Rn.37).

3. Aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Rückwirkungsverbot und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt nicht, dass hier die Anträge auf gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung als zulässig zu behandeln wären, weil sie bereits vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 gestellt worden sind.

a) Höchstrichterliche Rechtsprechung ist kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Eine in der Rechtsprechung bislang vertretene Gesetzesauslegung aufzugeben, verstößt nicht als solches gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Die über den Einzelfall hinausreichende Geltung fachgerichtlicher Gesetzesauslegung beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und der Kompetenzen des Gerichts. Es bedarf nicht des Nachweises wesentlicher Änderungen der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen, damit ein Gericht ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG von seiner früheren Rechtsprechung abweichen kann. Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Soweit durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand begründet wurde, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden (BVerfG, Beschluss vom 15.1.2009, NJW 2009, 1469/1475 Rz. 85 m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 18.10.2012, NJW 2013, 523/524).

Die mit einer Änderung von Rechtsvorschriften oder einer konsistenten höchstrichterlichen Rechtsprechung verbundene Rückwirkung zulasten Einzelner kann deren Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage enttäuschen. Dem setzt das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip durch das ihm innewohnende Teilgebot der Rechtssicherheit Grenzen. Dabei ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung ist gegeben, wenn nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen wird, wenn also ein von der Rückwirkung betroffener Tatbestand in der Vergangenheit nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgewickelt war. Eine grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung liegt vor, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet wird (BVerfG, Beschluss vom 29.2.2012, ZIP 2012, 1979/1980 Rz. 53f. m. w. N.).

b) Die „Macrotron“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2002 stellt keine gefestigte ständige höchstrichterliche Rechtsprechung dar, auf die sich ein schützenswertes Vertrauen der Aktionäre hinsichtlich der ihnen bei einem regulären Delisting zustehenden Ansprüche hätte gründen können.

(1) Gegenstand der Entscheidung vom 25.11.2002 war (neben der - erfolgreichen - Anfechtung der Entlastung des Aufsichtsrats) die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses, mit dem der Vorstand ermächtigt worden war, den Widerruf der Börsenzulassung zu beantragen. Insoweit wies der BGH die Revision zurück, weil er im Ergebnis wie die Vorinstanzen einen Hauptversammlungsbeschluss für erforderlich und eine einfache Mehrheit für ausreichend hielt. Anders als die Vorinstanzen leitete er die Zuständigkeit der Hauptversammlung allerdings daraus ab, dass der Verkehrswert einschließlich der Verkehrsfähigkeit des Aktienanteils an der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG teilhabe. Weiter vertrat er die Auffassung, der Schutz der Minderheitsaktionäre sei nur gewährleistet, wenn ihnen der Wert ihrer Aktien ersetzt werde und ihnen die Möglichkeit offen stehe, die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen. Diese Prüfung habe nicht im Anfechtungsverfahren, sondern im Spruchverfahren zu erfolgen. Entsprechend dem Hilfsantrag gab er deshalb für die Feststellung des Wertes der Aktien das Verfahren an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ab.

(2) Aus welcher materiell rechtlichen Rechtsgrundlage der Anspruch auf Barabfindung beim regulären Delisting herzuleiten ist, lässt sich der „Macrotron“-Entscheidung nicht entnehmen,

(1) ebenso wenig Vorgaben zu wesentlichen verfahrensrechtlichen Fragen wie Antragsberechtigung, Antragsfrist, Antragsbegründung und Antragsgegner. Die „Macrotron“-Entscheidung hat somit weder die zu prüfende materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für die Barabfindung vorgegeben noch die wesentlichen Bestimmungen für das Verfahren zur Prüfung von deren Angemessenheit. Beides haben in der Folge die Instanzgerichte entwickelt. Zudem ist die „Macrotron“-Entscheidung, insbesondere auch im Hinblick auf das Verständnis der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, auf erhebliche Kritik gestoßen (zum damaligen Meinungsstand vgl. KKSpruchG/Wasmann 1. Aufl. 2005 § 1 Rn. 27 ff.). Bereits in einem 2004 beim Landgericht Berlin eingeleiteten Spruchverfahren hat die dortige Antragsgegnerin geltend gemacht, die Auffassung des Bundesgerichtshofs sei verfassungswidrig. Nachdem das Landgericht Berlin (Beschluss vom 17.1.2006), das Kammergericht (Beschluss vom 31.10.2007, AG 2008, 295) und der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 25.6.2008, NJW-RR 2008, 1355) über die aufgeworfenen Zulässigkeitsfragen entschieden hatten, hat die Antragsgegnerin Verfassungsbeschwerde eingelegt, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.7.2012 (AG 2012, 557) war.

(3) Was den Wechsel von regulierten Markt in den (qualifizierten) Freiverkehr („Downgrading“) anbelangt, haben mehrere Landgerichte und Oberlandesgerichte abweichend von der Auffassung des Bundesgerichtshofs in der „Macrotron“-Entscheidung einen Anspruch auf Barabfindung und damit die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens verneint (vgl. LG München I, Beschluss vom 30.8.2007, NZG 2007, 951; OLG München, Beschluss vom 21.5.2008, NZG 2008, 755; KG, Beschluss vom 30.4.2009, AG 2009, 697).

(4) In den von den Antragstellern zu 52) und 53) weiter angeführten Entscheidungen hat sich der Bundesgerichtshof nicht in der Sache mit einem Spruchverfahren nach Delisting befasst, sondern mit dem Wegfall der Vorlagevoraussetzungen bei der Frage der Referenzperiode für den Börsenkurs (AG 2011, 590) und der Nichtzulassung der Revision hinsichtlich der Voraussetzungen eines Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting (ZIP 2010, 622).

(5) Der Umstand, dass der Gesetzgeber keine von der „Macrotron“-Entscheidung abweichende Regelung geschaffen hat, verschafft dieser Entscheidung entgegen der Auffassung der Antragsteller zu 52) und 53) keine normative Qualität. Im Übrigen wurde anlässlich der Änderung des Umwandlungsgesetzes vom Bundesrat vorgeschlagen, die Aufzählung in § 1 SpruchG um das Delisting zu erweitern. Die Bundesregierung folgte dem jedoch nicht und verwies darauf, dass die Diskussion in Wissenschaft und Praxis andauere und der Gesetzgeber keine vorschnelle Antwort geben solle (BT-Drs. 16/2919, S. 25, 28).

c) Abgesehen davon entfaltet die Abkehr des Bundesgerichtshofs von „Macrotron“ allenfalls eine zulässige unechte Rückwirkung, denn sie greift nicht zulasten der Antragsteller und Beschwerdeführer in einen abgewickelten, der Vergangenheit angehörenden Sachverhalt ein. Der maßgebliche Sachverhalt beschränkt sich nicht auf die Beendigung der Börsenzulassung zum 12.8.2009, sondern umfasst auch die daraus folgenden Maßnahmen, insbesondere den Erwerb der Aktien auf Verlangen jeden außenstehenden Aktionärs durch die Antragsgegnerin zu 1) gegen eine Barabfindung. Dieser Sachverhalt war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch nicht abgeschlossen, weil zahlreiche Antragsteller die gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Barabfindung beantragt hatten. Die Frist für die Annahme des Barabfindungsangebots war folglich weiterhin offen, die endgültige Höhe der Abfindung stand noch nicht fest. Dass „theoretisch“ das Landgericht auch vor der „Frosta“-Entscheidung des BGH vom 8.10.2013 (NJW 2014, 146) das Verfahren hätte abschließen können, wie die Antragsteller zu 52) und 53) hervorheben, ändert nichts daran, dass tatsächlich noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen war und damit der Sachverhalt noch nicht abgeschlossen war.

d) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass im hier zu entscheidenden Fall die Beschwerdeführer durch Vermögensdispositionen im Vertrauen auf die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens konkrete nennenswerte Nachteile erlitten hätten.

(1) Dass Antragsteller das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin zu 1) nicht angenommen haben, weil sie sich eine Erhöhung der Barabfindung im Spruchverfahren versprochen haben, begründet keinen Vertrauenstatbestand. Ein Spruchverfahren endet nicht zwangsläufig mit einer Erhöhung der Barabfindung. Soweit Antragsteller vortragen, im Vertrauen auf die infolge des anhängigen Spruchverfahrens noch offene Frist zur Annahme des Angebots ihre Aktien weiterhin gehalten zu haben, erfordert das jedenfalls keine Sachentscheidung im Spruchverfahren zum wahren Wert der Aktie, die ggf. erst nach umfangreicher und kostenaufwändiger Beweisaufnahme ergehen kann. Im Übrigen ist hier die Antragsgegnerin zu 1) ohnehin weiterhin verpflichtet, die Aktien der außenstehenden Aktionäre gegen eine Barabfindung zu erwerben. Denn die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) hat am 10.1.2011 dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 1) vom 25.11.2010 zugestimmt. Die Antragsgegnerin zu 1) hat sich in diesem Zusammenhang verpflichtet, die Aktien der außenstehenden Aktionäre gegen eine Barabfindung von 2,20 € zu erwerben; ein Spruchverfahren zur Angemessenheit dieser Barabfindung ist anhängig.

(2) Das Landgericht hat die Kostenentscheidung an den Regelungen des Spruchverfahrensgesetzes ausgerichtet und den Antragsgegnerinnen nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in erster Instanz auferlegt. Damit sind die Antragsteller nicht schlechter gestellt als bei einer Sachentscheidung, mit der eine tatsächlich geschuldete Barabfindung nicht erhöht wird.

III.

1. Es erscheint angemessen, dass die Antragsgegnerinnen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen (§ 15 SpruchG entsprechend). Das Spruchverfahren war zunächst statthaft. Es erscheint deshalb sachgerecht, die Kostenentscheidung an den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes auszurichten Danach sind die Gerichtskosten grundsätzlich von den Antragsgegnern zu tragen. Es liegen keine durchgreifenden Gründe vor, abweichend hiervon den Antragstellern die Gerichtskosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Die unzulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 54) und 57) haben keine gesonderten Kosten verursacht.

2. Die außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst. Nachdem die Beschwerden erfolglos sind, ist es nicht veranlasst, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer durch die Antragsgegnerinnen anzuordnen.

3. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens schätzt der Senat entsprechend § 74 GNotKG auf 200.000 Euro.

4. Die Entscheidung über die Vergütung des gemeinsamen Vertreters folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 6 Abs. 2 SpruchG. Ohne Erfolg wenden sich die Antragsgegnerinnen gegen die Beteiligung des gemeinsamen Vertreters im Beschwerdeverfahren und die daraus entstehenden Kosten. Das Spruchverfahren ist zum Zeitpunkt der Antragstellung von allen Beteiligten als statthaft angesehen worden, auch von den Antragsgegnerinnen selbst. Dementsprechend hat das Landgericht entsprechend § 6 Abs. 1 SpruchG einen gemeinsamen Vertreter bestellt. Die Zurückweisung der Anträge als unzulässig lässt weder die Bestellung noch die Vertretungsbefugnis gemeinsamen Vertreters entfallen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Zwischenbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 20.10.2014 über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens (Az. 31 O 27/13 KfH SpruchG) aufgehoben.

2. Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung werden als unzulässig verworfen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten beider Instanzen. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen in beiden Instanzen jeweils ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.

4. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 200.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller des Spruchverfahrens begehren als Minderheitsaktionäre der X AG, E., die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wegen Verlustes der Börsenzulassung der Aktien am regulierten Markt (Delisting). Die Y Beteiligungsgesellschaft mbH (zwischenzeitlich verschmolzen auf die X AG) als Mehrheitsaktionärin hatte den Aktionären im Anhang der Einladung zu der Hauptversammlung vom 21.05.2012, bei der über den Rückzug der Gesellschaft von der Börse entschieden werden sollte, ein Angebot zum Kauf ihrer Aktien an der X AG zum Preis von 5,36 Euro je Aktie mit einer Annahmefrist von zwei Monaten ab Veröffentlichung des Widerrufs unterbreitet (Anlage AG 2, Bl. 222). Die Hauptversammlung der X AG beschloss am 21.05.2012, dass ihr Vorstand ermächtigt wird, den Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum regulierten Markt der ... Wertpapierbörse zu stellen. Der Widerruf wurde am 06.09.2012 wirksam.
Der erste Antrag in dem Spruchverfahren ging am 04.07.2012 ein. Das Spruchverfahren richtet sich gegen die Y Beteiligungsgesellschaft mbH, die zwischenzeitlich auf die X AG verschmolzen wurde, weshalb das Rubrum entsprechend zu berichtigen war. Am 08.10.2013 entschied der Bundesgerichtshof unter Aufgabe der Grundsätze der Macrotron-Entscheidung vom 25.11.2002 (II ZR 133/01, ZIP 2003, 387), dass die Aktionäre bei einem Widerruf der Zulassung einer Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft keinen Anspruch auf eine Barabfindung haben (II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta).
Die Parteien streiten um die Frage, ob das Spruchverfahren durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs unzulässig geworden ist.
Das Landgericht Stuttgart hat mit Zwischenbeschluss vom 20.10.2014, Az. 31 O 27/13 KfH SpruchG, entschieden, dass das Spruchverfahren zulässig sei.
Die Entscheidung des BGH vom 08.10.2013 habe keine rückwirkende Kraft. Für das laufende Spruchverfahren gelte weiterhin die Macrotron-Entscheidung des BGH. Der BGH habe seine Rechtsprechung in Form einer richterlichen Rechtsfortbildung geändert. In der Macrotron-Entscheidung habe der BGH im Wege richterlicher Rechtsfortbildung die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots einschließlich dessen Überprüfung im Spruchverfahren statuiert. Dieser Rechtsfortbildung sei nach Auffassung des BGH durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2012 die Grundlage entzogen worden, weshalb der BGH sie aufgegeben habe. Hierdurch sei die durch Richterrecht geschaffene Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots entfallen. Es könne dahinstehen, ob eine echte oder eine unechte Rückwirkung vorliege, denn in beiden Fällen sprächen überwiegende Gründe des Vertrauensschutzes der antragstellenden Minderheitsaktionäre gegen eine Rückwirkung. Die Antragsteller hätten im Vertrauen auf den Fortbestand der Macrotron-Entscheidung den Weg der Nichtannahme des Pflichtangebots gewählt, weil sie davon ausgegangen seien, das Barangebot auf seine Angemessenheit durch ein gerichtliches Spruchverfahren überprüfen lassen zu können. Dem gegenüber hätten die X AG und die Antragsgegnerin kein schutzwürdiges Vertrauen darin, dass die Macrotron-Rechtsprechung aufgehoben würde. Die Interessen der Antragsteller würden deshalb überwiegen. Auch öffentliche Interessen würden keine Rückwirkung gebieten. Die Kammer räume deshalb der Rechtssicherheit den gewichtigeren Rang ein als der Einzelfallgerechtigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss des Landgerichts verwiesen.
Gegen die Zwischenentscheidung wendet sich die Antragsgegnerin, die hiergegen entsprechend der dem Beschluss angefügten Rechtsmittelbelehrung sofortige Beschwerde eingelegt hat.
Das Landgericht übersehe, dass die Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs bereits den Vertrauensschutz verneine. Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung festgestellt, dass die Antragsteller in Spruchverfahren nicht auf die Macrotron-Entscheidung vertrauen dürften. Er habe den Antragstellern in dem von ihm entschiedenen Verfahren gerade keinen Vertrauensschutz gewährt und die Wirkung der Entscheidung gerade nicht auf künftige Spruchverfahren beschränkt. Dem entsprechend könne auch hier kein Vertrauensschutz gewährt werden, weil dies zu einem willkürlichen Ergebnis – kein Vertrauensschutz im Frosta-Verfahren, Vertrauensschutz dagegen im vorliegenden Verfahren – führen würde.
Zutreffend habe das Landgericht München I mit Beschluss vom 28.05.2014 einen Vertrauensschutz verneint. Die im angegriffenen Beschluss vorgebrachten Überlegungen zu einem Vertrauensschutz griffen dagegen nicht durch. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sei ausschließlich der Schluss der mündlichen Verhandlung. Da eine analoge Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes in Delisting-Fällen nicht mehr in Betracht komme, sei das Spruchverfahren kein statthafter Rechtsbehelf mehr.
10 
Unzutreffend gehe das Landgericht davon aus, dass die Frage der Rückwirkung einer Rechtsprechungsänderung sich grundsätzlich nach den Regeln der Rückwirkung für Gesetze richte. Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof stellten dagegen Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen gerade nicht gleich. Rechtsprechungsänderungen wirkten vielmehr grundsätzlich ab sofort. Eine geänderte Rechtsprechung sei grundsätzlich auf alle zur Entscheidung anstehenden Fälle anzuwenden, sofern das erkennende Gericht nicht ausnahmsweise eine Übergangslösung wähle. Die deutlich geringeren Anforderungen gegenüber Gesetzesrückwirkungen ergäben sich daraus, dass höchstrichterliche Rechtsprechung – auch richterliche Rechtsfortbildung – kein Gesetzesrecht sei. Prozessbeteiligte könnten deshalb von vornherein nicht darauf vertrauen, dass ein Gericht eine bestimmte Rechtsauffassung vertrete und stets an ihr festgehalten werde. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG komme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur in Betracht, wenn die Änderung der Rechtsprechung willkürlich sei. Nur dann seien Vertrauensschutzgesichtspunkte überhaupt zu prüfen. Hier liege schon keine willkürliche Rechtsprechungsänderung vor. Zudem sei kein relevanter Vertrauenstatbestand entstanden. Die Macrotron-Rechtsprechung sei keine besonders gefestigte und langjährige Rechtsprechung. Ein besonderer Vertrauensschutz der Antragsteller, denen es um eine mögliche Optimierung ihrer Finanzen, nicht aber um eine Existenzbedrohung ging, sei nicht geboten.
11 
Die Antragsteller halten dem gegenüber die Beschwerde teilweise bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet und die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend. Sie verweisen überwiegend zur Begründung auf die Gründe der landgerichtlichen Entscheidung. Mehrere Antragsteller sind der Auffassung, dass das Spruchverfahren im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG iVm § 46 BörsO der... Wertpapierbörse statthaft sein müsse, weil auf Grund der Verkürzung der Widerrufsfrist von 6 Monaten auf 3 Monate (Bl. 1434) der Schutz der Aktionäre nur durch ein Spruchverfahren gewahrt sei. Der Bundesgerichtshof habe in der Frosta-Entscheidung ausgeführt, dass der Schutz der Anleger dann nicht hinter dem Schutz durch ein Barabfindungsangebot zurückbleibe, wenn der in § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG vorgesehene Schutz eingehalten werde. Der BGH stelle damit insbesondere auf die den Anlegern zur Verfügung stehende Zeit von sechs Monaten für die Entscheidung über eine Deinvestition ab. Die ... Wertpapierbörse habe dem entsprechend nach § 46 Abs. 2, 3 BörsO angeordnet, dass die Fristverkürzung nur unter der Maßgabe erfolge, dass die Höhe der Barabfindung im Spruchverfahren überprüft werde. Die Aktionäre hätten mit Einräumung einer Abfindung, die ausdrücklich unter das Diktat eines Spruchverfahrens gestellt worden sei, ein vollständiges Recht erworben, das ihnen nicht rückwirkend entzogen werde könne.
12 
Zwei Antragsteller machen zudem geltend, dass auch die Antragsgegnerin immer von der Statthaftigkeit des Spruchverfahrens ausgegangen sei und erstmals mit Schriftsatz vom 15.11.2013, also über ein Jahr nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine angebliche Unzulässigkeit gerügt habe. Einige Antragsteller verweisen darauf, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Spruchverfahrensgesetzes nur deshalb nicht auf das Delisting erweitert habe, weil dieses bereits gerichtlich so entschieden worden sei. Eine vom Gesetzgeber ausdrücklich bestätigte, gefestigte Rechtsprechung könne nicht mit Wirkung in die Vergangenheit widerrufen werden.
13 
Der gemeinsame Vertreter hält die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend. Er äußert zudem erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Jedenfalls sprächen überwiegende Gründe des Vertrauensschutzes für die Zulässigkeit der bereits eingeleiteten Spruchverfahren. Eine Vielzahl von Aktionären habe das Angebot nicht angenommen in dem Vertrauen, den Abfindungsbetrag gerichtlich überprüfen zu können. Zwischenzeitlich sei das Kaufangebot abgelaufen und die Aktionäre hätten keine Möglichkeit mehr, das Angebot anzunehmen. Der Sachverhalt sei mit dem Ablauf der Drei-Monats-Frist für die Aktionäre, die das Angebot nicht angenommen haben, abgeschlossen. Die Anwendung der geänderten Rechtsprechung stelle eine echte Rückwirkung dar, die verfassungsrechtlich unzulässig sei.
14 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
15 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (hierzu unter 1.) und begründet (hierzu unter 2.).
1.
16 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist als einfache Beschwerde zu behandeln und als solche zulässig.
17 
Nach überwiegender Ansicht ist jedenfalls in Spruchverfahren auch nach der Neuregelung des Verfahrensrechts durch das FGG-Reformgesetz (BGBl. I S. 2586, 2587) weiterhin eine Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens zulässig und hiergegen die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 25; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 1; Kölner KommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 3; Lutter/Mennicke, UmwG, 5. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 5; Preuß, NZG 2009, 961, 965; Heidel/Krenek, AktG, 1. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 7, der allerdings die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO für statthaft hält; a. A.: Kölner KommAktG/Puskajler, 3. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 8; zögerlich Emmerich/Habersack/Emmerich, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 2a).
18 
Der Senat teilt die Auffassung der überwiegenden Ansicht und hält jedenfalls in Spruchverfahren weiterhin die analoge Anwendung von § 280 ZPO für zutreffend. Die erstinstanzliche Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens ist analog § 280 Abs. 2 ZPO in Betreff der Rechtsmittel als Endentscheidung anzusehen, so dass hiergegen die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft ist.
19 
Eine analoge Anwendung des § 280 ZPO auf das Spruchverfahren ist auch nach der Neuregelung des Verfahrensrechts durch das FGG-Reformgesetz zulässig und sachgerecht. Es liegen sowohl eine planwidrige Regelungslücke als auch eine vergleichbare Interessenlage vor:
20 
Bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1. September 2009 fand gegen Verfügungen des Gerichts erster Instanz nach § 19 Abs. 1 FGG a.F. die einfache Beschwerde statt. Als Verfügung im Sinne von § 19 Abs. 1 FGG a.F. wurden insbesondere auch Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit des Spruchverfahrens angesehen, die demnach nach allgemeiner Auffassung mit der einfachen Beschwerde nach § 19 Abs. 1 FGG a.F. anfechtbar waren (vgl. Spindler/Stilz//Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 23 mN zur Rechtsprechung in FN 81; Simon/Simon, SpruchG, 1. Aufl., § 12 Rn. 5). Eine sofortige Beschwerde nach § 12 SpruchG a.F. war dagegen nur gegen die Endentscheidungen nach § 11 SpruchG, also die die Instanz abschließenden Entscheidungen über das Spruchverfahren, statthaft.
21 
Durch das FGG-Reformgesetz wurde § 12 SpruchG dahingehend geändert, dass nunmehr die Beschwerde, nicht mehr die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidungen nach § 11 SpruchG gegeben ist. Weiterhin bezieht sich § 12 SpruchG grundsätzlich nur auf die Anfechtung der Endentscheidung nach § 11 SpruchG, nicht also auf Zwischenentscheidungen (allg. Ansicht, vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 12 SpruchG Rn. 1). Die über § 17 FamFG anwendbare allgemeine Vorschrift über Beschwerden im FamFG, § 58 FamFG, regelt nunmehr, dass die Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen statthaft ist, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 58 Abs. 2 FamFG unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind, der Beurteilung durch das Beschwerdegericht.
22 
Das FamFG enthält an verschiedenen Stellen Sondervorschriften für Zwischenentscheidungen, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind (vgl. mit entsprechender Auflistung der geregelten Fälle: Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl., § 58 Rn. 2; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. § 58 Rn. 93). Grundsätzlich kann eine Zwischenentscheidung nach der Intention des Gesetzgebers in anderen als diesen ausdrücklich geregelten Fällen nicht isoliert angefochten werden (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 203). Sinn der Regelung ist es insbesondere, ein geordnetes und zügiges Verfahren bis zur Hauptsachenentscheidung zu ermöglichen, was durch die Möglichkeit, jede Zwischenentscheidung, die nur der Vorbereitung dieser Hauptsachentscheidung dient, anzufechten, verhindert würde (vgl. MünchKomm FamFG/Fischer, 2. Aufl., § 58 Rn. 49). Dem entsprechend wurden in der Rechtsprechung seit Inkrafttreten des FamFG Beschwerden in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen Zwischenentscheidungen für unzulässig gehalten, weil sie nicht ausdrücklich zugelassen waren (vgl. BGH XII ZB 227/10, NJW-RR 2011, 577 für die Abgabeentscheidung nach §§ 4 S. 1, 273 S. 1 FamFG; OLG Frankfurt 21 W 29/11, AG 2012, 42 für die Entscheidung über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 6 Abs. 1 SpruchG; OLG Düsseldorf I-26 W 19/12 (AktE), 26 W 19/12 (AktE), AG 2013, 226 für einen Beweisbeschluss und die Vorschussanforderung in Spruchverfahren). Für zulässig erachtet wurde dagegen auf Grund der Besonderheiten der Entscheidung über die internationale Zuständigkeit die Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung über die internationale Zuständigkeit in einer Familiensache (OLG Stuttgart 17 UF 60/14, BeckRS 2014, 09719).
23 
Für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit enthält das FamFG keine gesonderte Regelung. Nach allgemeiner Ansicht ist in Familienstreitsachen über die allgemeine Verweisung in § 113 Abs. 1 FamFG die Regelung des § 280 Abs. 2 ZPO analog anwendbar (vgl. OLG Oldenburg 4 WF 82/12, BeckRS 2012, 19151). Eine derartige allgemeine Verweisungsnorm fehlt für den sonstigen Anwendungsbereich des FamFG, insbesondere auch für Spruchverfahren. Dies schließt aber jedenfalls für Spruchverfahren eine analoge Anwendung von § 280 Abs. 2 ZPO nicht aus. Die Neuregelung des Verfahrensrechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit steht nicht grundsätzlich einer analogen Heranziehung von Vorschriften des ZPO entgegen, vielmehr können die Vorschriften der ZPO insbesondere in echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie dem Spruchverfahren auch weiterhin zur Schließung bestehender Regelungslücken herangezogen werden, sofern das FamFG bzw. die speziellen Verfahrensvorschriften wie das SpruchG keine Regelung enthalten und die Grundsätze des Verfahrensrechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem nicht entgegenstehen (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 1 Rn. 36; MünchKomm FamFG/Ulrici, 2. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 23 ff. Rn. 4; für das Spruchverfahren: Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 17 SpruchG Rn. 2; Preuß, NZG 2009, 961).
24 
Diese Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 280 ZPO liegen jedenfalls für das Spruchverfahren vor. Weder besteht eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich in FamFG oder Spruchverfahrensgesetz, noch sind die Regelungen des FamFG und des Spruchverfahrensgesetzes insoweit abschließend und schließen nach ihren Grundsätzen eine derartige Analogie aus. Im Gegenteil ergibt sich aus der Begründung des Gesetzgebers zur Neuregelung des § 58 FamFG, dass der Gesetzgeber die bisherige Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidungen entsprechend dem damals geltenden Recht regeln wollte und durch die Neuregelungen einen Beitrag zur Vereinheitlichung der Prozessordnungen leisten wollte (BT-Drucks. 16/6308, S. 166 und S. 203). Die Änderungen des Beschwerderechts im Spruchverfahren werden in der Gesetzesbegründung nur als Folgeänderungen bezeichnet (BT-Drucks. 16/6308, S. 330). Dafür, dass der Gesetzgeber die bisherige unstreitige Zulässigkeit einer Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit eines Spruchverfahrens und die bisher unstreitig statthafte Beschwerde hiergegen ändern wollte, bestehen demnach keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass insoweit gerade keine Änderung der bestehenden Rechtslage bewirkt werden sollte. Anders als bei den sonstigen Zwischenentscheidungen, die aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht selbständig anfechtbar sein sollen, hat die Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit einen eigenen Regelungsgehalt im Hinblick auf die Hauptsache, indem über einen Teil des Verfahrens mit Auswirkung auf die Hauptsachentscheidung abschließend, wenn auch nicht verfahrensabschließend, entschieden wird. Insoweit kommen die Argumente, die einen Ausschluss der Beschwerde gegen Zwischenentscheidungen stützen, hier nicht zum Tragen. Deshalb wird auch für echte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit insgesamt eine analoge Anwendung von § 280 ZPO befürwortet (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 38 Rn. 7; Bork/Jakoby/Schwab/Elzer, FamFG, 2. Aufl., § 38 Rn. 3.), jedenfalls aber für das Spruchverfahren, das als Randgebiet nicht im Fokus des Gesetzgebers des FGG-Reformgesetzes stand (ebenso Preuß, NZG 2009, 961; KölnerKommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14).
25 
Auch die für eine Analogiebildung erforderliche vergleichbare Interessenlage liegt vor. Ebenso wie im Zivilprozess besteht auch in Spruchverfahren als echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Bedürfnis für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit. Die Streitigkeit über Zulässigkeitsfragen, insbesondere auch über die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens, ist mit den entsprechenden Streitigkeiten in Zivilprozessen vergleichbar. Gerade die Prüfung der Begründetheit von Spruchverfahren sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Begründetheit sind häufig zeit- und kostenintensiv und in vielen Fällen mit Kosten eines Sachverständigen oder zumindest des sachverständigen Prüfers verbunden. Es wäre deshalb auch in Spruchverfahren nicht prozessökonomisch, erst eine Entscheidungsreife bezüglich der Begründetheit herbeizuführen, um dann im Beschwerdeverfahren auch über die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens zu entscheiden, ggf. mit dem Ergebnis, dass das Spruchverfahren bereits unzulässig ist.
26 
§ 280 ZPO ist mithin analog anwendbar. Dies führt dazu, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit in Betreff auf Rechtsmittel als Endentscheidung anzusehen ist und somit die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft ist. Eine Anwendung der Regelungen über die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO scheidet dagegen aus, auch wenn das FamFG bei den Vorschriften, die ausnahmsweise ein Rechtsmittel gegen Zwischenentscheidungen vorsehen, auf diese Vorschriften über die sofortige Beschwerde verweist. Die Zivilprozessordnung orientiert sich für Zwischenentscheidungen über die Zulässigkeit an den Rechtsmitteln, die gegen die Endentscheidung statthaft sind. Diese Wertung gilt mithin auch bei einer analogen Heranziehung des § 280 ZPO (ebenso: Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 25; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 1; Kölner KommAktG/Wilske, 3. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 14; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 3; Lutter/Mennicke, UmwG, 5. Aufl., § 12 SpruchG Rn. 5; Preuß, NZG 2009, 961, 965; a. A. Heidel/Krenek, AktG, 1. Aufl., § 11 SpruchG Rn. 7, der die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO für statthaft hält).
27 
Die – entsprechend der Rechtsmittelbelehrung – eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin kann als einfache Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG ausgelegt werden, da davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin das statthafte Rechtsmittel einlegen wollte und zudem für die einfache Beschwerde eine längere Frist von 1 Monat gilt, die die Antragsgegnerin mit Einlegung ihrer sofortigen Beschwerde eingehalten hat.
2.
28 
Die Beschwerde ist begründet.
29 
Die Anträge der Antragsteller auf Durchführung eines Spruchverfahrens im Hinblick auf das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin an die Aktionäre der X Aktiengesellschaft vom 10.04.2012 (AG 2) sind unzulässig und deshalb zu verwerfen.
30 
Ein Spruchverfahren betreffend dieses im Rahmen eines Delisting abgegebene Abfindungsangebot ist nicht statthaft. In Übereinstimmung mit der ganz überwiegend vertretenen Auffassung hält der Senat die Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung auch für laufende Spruchverfahren für zulässig und geboten (vgl. OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; OLG Düsseldorf I-26 W 20/12, ZIP 2015, 123; LG München I 5 HK O 19239/07, ZIP 2014, 1429; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 1 SpruchG Rn. 7; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 905; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 502; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155; Schockenhoff, ZIP 2013, 2429; Linnerz, EWiR 2014, 709; Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33; Bungert/Wettich, EWiR 2014, 3; Wieneke, NZG 2014, 22; a. A. Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491 f.)
a.
31 
Die Zulässigkeit des Antrags auf Durchführung eines Spruchverfahrens ist von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (vgl. OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 10 SpruchG Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 305 Anh. § 10 SpruchG Rn. 8). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen nach dem Stand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Verfahren ohne mündliche Verhandlung im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen (vgl. für alle MünchKomm ZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., vor § 253 Rn. 16; für das Spruchverfahren: OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 904). Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand von Antragstellerseite, die Zulässigkeitsrüge sei nach §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 3 SpruchG präkludiert, nicht.
32 
Unter Berücksichtigung der nach Verfahrenseinleitung ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 (II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta), der der Senat folgt, ist das Spruchverfahren im Hinblick auf das Abfindungsangebot der Antragsgegnerin wegen des Delisting der X AG nicht statthaft.
33 
Gesetzlich geregelt ist die Anwendung des Spruchverfahrensrechts für die Fälle des Delisting nicht. § 1 SpruchG zählt das Delisting nicht als mögliche Anwendungsfallgruppe auf und es existiert keine normative Grundlage, die für das Delisting auf das Spruchverfahrensgesetz verweist. Über die gesetzlich geregelten Anwendungsfälle hinaus kommt allerdings die analoge Anwendung der Bestimmungen über das Spruchverfahren in Betracht (vgl. Kölner KommAktG/Wasmann, 3. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 16 f. mN; Hoffmann, Festschrift für Stilz, 2014, S. 267, 268 ff.). Die entsprechende Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes auf die Fälle des Delisting hatte der Bundesgerichtshof in der Macrotron-Entscheidung (II ZR 133/01, ZIP 2003, 387) bejaht vor dem Hintergrund, dass nach dieser Entscheidung den Minderheitsaktionären mit dem Beschlussantrag über ein Delisting ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien zum Anteilswert vorgelegt werden musste. Die analoge Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes war die konsequente Folge hieraus, dient das Spruchverfahren doch gerade der Überprüfung eines Pflichtangebots auf Abfindung oder Ausgleich auf dessen Angemessenheit.
34 
Die Grundlage für die analoge Anwendung des Spruchverfahrensrechts auf das Delisting ist bei Zugrundelegung der Frosta-Rechtsprechung entfallen. Der Senat folgt dieser Entscheidung und deren Begründung. Bedarf ein Delisting hiernach weder eines Hauptversammlungsbeschlusses noch eines Pflichtangebots an die außenstehenden Aktionäre, besteht auch kein Angebot mehr, das im Wege des Spruchverfahrens zu überprüfen ist, so dass keine eine Analogie rechtfertigende vergleichbare Sachlage zu den sonstigen Strukturmaßnahmen, auf die das Spruchverfahren Anwendung findet, gegeben ist.
b.
35 
Auch die Überprüfung des von der Antragsgegnerin bereits vor Aufgabe der Macrotron-Entscheidung abgegebenen Angebots im Spruchverfahren scheidet aus. Das Angebot wurde – wie sich aus der Angebotsunterlage (AG 2) ergibt – zwar im Hinblick auf die Macrotron-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgegeben. Auf diese Rechtsprechung und das dort aufgestellte Erfordernis eines Pflichtangebots wird auf Seite 2 des Abfindungsangebots hingewiesen und ausgeführt, dass es sich um ein solches Angebot handelt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, war das Angebot schon von vornherein nicht erforderlich. Dies ist auch für die Beurteilung der vergangenen Sachverhalte heranzuziehen mit der Folge, dass die noch unter Geltung der ursprünglichen Rechtsprechung abgegebenen Pflichtangebote als freiwillige Angebote zu behandeln sind (vgl. Roßkopf, ZGR 2014, 488, 502).
36 
Wird die in der Frosta-Entscheidung vertretene Auffassung – wie von dem Senat – geteilt, so ist sie auf alle nicht abgeschlossenen Fälle anzuwenden. Es handelt sich bei der Frosta-Entscheidung nicht um eine Gesetzesänderung für die Zukunft, sondern um eine Rechtsprechungsänderung. Entgegen der von Antragstellerseite vorgetragenen Auffassung läge auch dann kein Gesetzesrecht vor, wenn der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung ausdrücklich gebilligt haben sollte. Abgesehen davon ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Umwandlungsgesetzes, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die noch offene Diskussion zum Delisting gerade keine gesetzliche Regelung hierzu treffen wollte: In dem Gesetzgebungsverfahren wurde eine Erweiterung des § 1 SpruchG um das Delisting abgelehnt, weil der Gesetzgeber keine vorschnelle Antwort auf die noch nicht abgeschlossene Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delisting geben wollte (BT-Drucks. 16/2919, S. 28).
37 
Verfassungsrechtliche Gründe und Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten der Antragsteller stehen der Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung für den vorliegenden Fall nicht entgegen.
38 
Auch wenn der Entscheidung des BGH selbst – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – für die Frage ihrer rückwirkenden Anwendung auf Delisting-Fälle keine Aussage entnommen werden kann, weil die Entscheidung zu einem Downgrading und gerade nicht zu einem Delisting erging, ergibt sich die Anwendbarkeit der Entscheidung auf laufende Spruchverfahren aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen.
39 
Höchstrichterliche Rechtsprechung ist kein Gesetzesrecht und erzeugt damit keine vergleichbare Rechtsbindung. Das Abweichen der Rechtsprechung von einer früher vertretenen Rechtsauffassung verstößt grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Es bedarf nicht des Nachweises, dass sich tatsächliche Verhältnisse oder allgemeine Anschauungen in einer bestimmten Weise geändert hätten. Gerichtliche Entscheidungen wirken regelmäßig auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Diese sogenannte unechte Rückwirkung ist grundsätzlich rechtlich unbedenklich. Die Regeln über die Begrenzung rückwirkender Änderungen von Gesetzen können auf die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ohne weiteres übertragen werden (BGH IX ZR 153/95, juris Rn. 25 mN zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. BVerfG 2 BvR 2044/07, juris Rn. 85 – Rügeverkrümmung; BVerfG 1 BvR 1557/01, juris Rn. 9 – Diplomchemiker jeweils mwN). Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (BVerfG 2 BvR 2044/07, juris Rn. 85 mwN).
40 
Schranken der Rückwirkung können sich allenfalls aus Vertrauensschutzgesichtspunkten bei gefestigter langjähriger Rechtsprechung ergeben (vgl. BVerfGE 126, 369, juris Rn. 79 mwN), wenn die von der Rückwirkung betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen durfte und dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen der Gegenpartei und den Anliegen der Allgemeinheit vorrangig ist. Bei der hiernach zu treffenden Abwägung ist zu beachten, dass die materielle Gerechtigkeit einen dem Grundsatz der Rechtssicherheit mindestens ebenbürtigen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips begründet (BGH IX ZR 153/95, juris Rn. 26 mN zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; BVerfG 1 BvR 2378/10, juris Rn. 50: Unechte Rückwirkung nur ausnahmsweise unzulässig, wenn kein angemessener Ausgleich zwischen dem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage, der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit und der grundrechtsgemäßen Ausgewogenheit zwischen den Beteiligten des Arbeitsverhältnisses erfolgt). In privatrechtlichen Streitigkeiten hat eine Partei grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass das Gericht nach dem geltenden materiellen Recht entscheidet und ihr ist es nur dann zuzumuten, ein ihr ungünstiges Urteil hinzunehmen, obwohl sie nach gegenwärtiger höchstrichterlicher Erkenntnis das Recht auf ihrer Seite hat, wenn die daraus für den Gegner erwachsenden Folgen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu unbilligen, ihm nicht zumutbaren Härten führen würden (BGH, IX ZR 153/95, juris Rn. 27). Die unechte Rückwirkung durch eine Rechtsprechungsänderung wurde demnach in der Regel nur in Fällen eingeschränkt, wo es um den Fortbestand eines Dauerschuldverhältnisses ging und die Rückwirkung für den davon Betroffenen möglicherweise existenzbedrohende Auswirkungen hatte (so BGH, IX ZR 153/95, juris Rn. 28 mit Verweis u.a. auf BVerfGE 74, 129, juris Rn. 76 ff.; BGHZ 114, 127, 136 f.). Im Rahmen der Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit ist allerdings zu beachten, dass die durch Rechtsfortbildung aufgestellten Grundsätze dem Gesetzesrecht näher liegen als die reine Gesetzesanwendung, so dass bei einer rechtsfortbildenden Rechtsprechung dem Gedanken der Rechtssicherheit größeres Gewicht zukommt als bei einer rein rechtsanwendenden Rechtsprechung (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159, 167).
41 
Die Anwendung dieser Grundsätze führt in der vorliegenden Konstellation dazu, dass die aus Sicht des Senats zutreffende geänderte Rechtsauffassung zu den Voraussetzungen eines Delisting rückwirkend auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen zwar über das Delisting bereits durch die Hauptversammlung beschlossen und dieses bereits durchgeführt wurde unter Abgabe eines Abfindungsangebots für die Aktien der Minderheitsaktionäre, das Verfahren insoweit aber noch nicht abgeschlossen ist, als ein Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Höhe der Abfindung anhängig ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Macrotron-Entscheidung die Voraussetzungen für das Delisting nicht in Auslegung bestehenden Gesetzesrechts, sondern rechtsfortbildend aufstellte (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159).
42 
Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller liegt keine echte Rückwirkung vor, sondern allenfalls eine zulässige unechte Rückwirkung (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270). Die Anwendung der geänderten Rechtsprechung führt nicht dazu, dass ein bereits entstandener Anspruch der Antragsteller rückwirkend aufgehoben würde (a. A. mit nicht überzeugender Argumentation Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491). Ein Anspruch der Aktionäre auf Zahlung der angebotenen Abfindung entsteht erst mit der Annahme des Abfindungsangebots. Soweit Aktionäre das Abfindungsangebot bereits angenommen haben, ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und diesen Aktionären zu Stande gekommen, dessen Wirksamkeit durch die geänderte Rechtsprechung nicht berührt wird (vgl. Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 154; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 501 f. jeweils auch zutreffend mit Ablehnung eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage). Soweit Aktionäre aber – wie die Antragsteller – das Angebot nicht angenommen haben, ist auch kein Anspruch dieser Aktionäre gegen die Antragsgegnerin auf Übernahme ihrer Aktien gegen Zahlung des angebotenen Betrags entstanden, so dass kein bereits entstandener Anspruch berührt wird. Vielmehr war im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung durch die Einleitung des Spruchverfahrens der Sachverhalt insoweit noch nicht abgeschlossen, als die Angemessenheit der Abfindung noch zu überprüfen und daraufhin die Entscheidung über die Annahme des ggf. erhöhten Abfindungsangebots zu treffen war.
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Die Anwendung der neuen Rechtsprechung führt nunmehr dazu, dass das Angebot der Antragsgegnerin als freiwilliges Angebot zu werten ist, das mit Ablauf der Angebotsfrist entfiel, so dass die Antragsteller keine Möglichkeit mehr haben, die Angemessenheit der Abfindung überprüfen zu lassen. Ihnen wird die Chance auf eine Erhöhung des Angebots durch Entscheidung des Gerichts und auf ein Ausscheiden gegen die möglicherweise erhöhte Abfindung genommen. Die Antragsgegner bleiben vielmehr Aktionäre der X AG.
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Eine echte Rückwirkung liegt – entgegen dem Vorbringen von Antragstellerseite und des gemeinsamen Vertreters – auch nicht deshalb vor, weil das Delisting mit dem Widerruf der Zulassung abgeschlossen ist und die Antragsteller das Angebot der Antragsgegnerin nicht mehr annehmen können. Die Änderung der Rechtsprechung wirkt sich auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Delisting nicht aus. Der Widerruf der Zulassung und dessen Wirksamkeit bleiben hiervon unberührt. Keine Veränderung ergibt sich auch insoweit, als das ursprüngliche Angebot der Antragsgegnerin von den Antragstellern nicht mehr angenommen werden kann, da dessen Annahmefrist abgelaufen ist. Auch insoweit wirkt die Rechtsprechungsänderung nicht rückwirkend auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ein. Auswirkungen hat die Entscheidung aber insoweit, als den Antragstellern die Chance genommen wird, eine höhere Abfindung im Wege des Spruchverfahrens zu erreichen, und als ihnen möglicherweise auch die Möglichkeit genommen wird, das ursprüngliche Angebot nach Entscheidung über das Spruchverfahren doch noch anzunehmen. Dies greift aber gerade nicht in einen abgeschlossenen vergangenen Sachverhalt ein, sondern bezieht sich auf den durch die Einleitung des Spruchverfahrens offen gehaltenen Sachverhalt. Den Antragstellern werden ansonsten noch offene Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten genommen, was bei der Prüfung der Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung im Rahmen der Abwägung (hierzu unter cc) zu berücksichtigen ist.
45 
Diese Folgen sind für die Antragssteller allerdings hinnehmbar und nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zu korrigieren. Die Voraussetzungen, unter denen eine Heranziehung der Rechtsprechungsänderung für laufende Verfahren abgelehnt werden könnte, liegen nicht vor. Es fehlt angesichts der bestehenden Diskussion zum Delisting und dessen Voraussetzungen bereits ein schützenswertes Vertrauen auf eine fortbestehende gefestigte Rechtsprechung (hierzu unter aa). Zudem war die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sachlich gerechtfertigt, auf Grund der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgerichtig und stellte keine willkürliche Rechtsprechungsänderung dar (hierzu unter bb). Letztlich entsteht den Antragstellern auch kein unzumutbarer Nachteil, der es rechtfertigen würde, von der Anwendung des nunmehr geltenden Rechts abzusehen (hierzu unter cc).
aa.
46 
Es fehlt bereits ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Macrotron-Rechtsprechung. Die Macrotron-Rechtsprechung stellt keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung dar, auf die sich ein schützenswertes Vertrauen hätte gründen können (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270).
47 
Jedenfalls wenn eine Rechtsprechungslösung – nicht nur vereinzelt – angegriffen wird und umstritten ist und bleibt, kann sich kein schutzwürdiges Vertrauen in deren Fortbestand ergeben, da damit gerechnet werden muss, dass die Rechtsprechungslinie auf Grund dieser Kritik von dem Bundesgerichtshof überdacht wird (vgl. Goette, Festschrift für Stilz, 2014, S. 159, 168).
48 
Dies ist hier der Fall. Die Macrotron-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war von vornherein umstritten (vgl. jeweils mit ausführlichen Nachweisen Kölner KommAktG/Wasmann, 1. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 27 ff.; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 493; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155). Der Bundesgerichtshof hatte in der Macrotron-Entscheidung in einem obiter dictum erklärt, dass die gravierenden wirtschaftlichen Nachteile durch den Wegfall des Marktes auch nicht durch die Einbeziehung der Aktien in den Freihandel ausgeglichen werden können (vgl. BGH II ZR 133/01, juris Rn. 24), was dafür spricht, dass nach seinen Vorstellungen auch das Downgrading denselben Voraussetzungen unterliegen sollte. Diese Rechtsprechung wurde durch die Oberlandesgerichte überwiegend insoweit nicht fortgesetzt, als diese eine Anwendung der Macrotron-Grundsätze für ein Downgrading in den Bereich der Qualitätssegmente des Freihandels, die allerdings erst nach der Macrotron-Entscheidung entstanden, verneinten (vgl. OLG München 31 Wx 62/07, BB 2008, 1303; KG 2 W 119/08, BB 2009, 1496; OLG Bremen 2 W 25/12, NZG 2013, 749; OLG Frankfurt 21 W 8/11, ZIP 2012, 371: obiter dictum). Diese Entscheidungen zeigten auf, dass die Macrotron-Rechtsprechung jedenfalls nicht für alle Fälle des Rückzugs von dem geregelten Markt Geltung hat und die gesamte Rechtsentwicklung im Bereich Delisting und Downgrading noch im Fluss war.
49 
Der Gesetzgeber lehnte im Zuge der Novellierung des Umwandlungsgesetzes eine Erweiterung des § 1 SpruchG um das Delisting ab, weil er keine vorschnelle Antwort auf die noch nicht abgeschlossene Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delisting geben wolle (BT-Drucks. 16/2919, S. 28).
50 
Die Rechtslage zu Delisting und Downgrading war demnach seit der Macrotron-Rechtsprechung nicht gefestigt, wenn sich auch die Praxis und die Instanzgerichte für den Bereich des Delisting hieran orientierten. Die Entwicklung war aber im Fluss und offensichtlich noch nicht abgeschlossen, so dass eine gefestigte Rechtsprechung, von deren dauerhaftem Fortbestand ausgegangen werden konnte und die ein schützenswertes Vertrauen erwecken konnte, nicht anzunehmen ist (ebenso OLG München 31 Wx 292/14, ZIP 2015, 270; Glienke/Röder, BB 2014, 899, 905; Roßkopf, ZGR 2014, 487, 502; Arnold/Rothenburg, DStR 2014, 150, 155; a. A. Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 491 f.). Schon deshalb bestehen gegen die Heranziehung der Frosta-Entscheidung für laufende Spruchverfahren keine Bedenken, vielmehr scheint diese geboten.
51 
Die weitere Entwicklung bestätigt die fehlende Verfestigung der Macrotron-Rechtsprechung, ohne dass dies hier noch entscheidungserheblich wäre. So befasste sich das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OLG München (31 Wx 62/07) mit dem Downgrading in den qualifizierten Freiverkehr und auf eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des KG (2 W 14/06) mit dem Delisting, was allgemein bekannt und auch im Rahmen einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.12.2011 (PM Nr. 79/20119), in dem die mündliche Verhandlung angekündigt wurde, publik gemacht wurde. In diesen Verfahren ging es entscheidend um die Eigentumsverletzung durch den Rückzug von dem geregelten Markt und damit um die Grundlage der Macrotron-Rechtsprechung. Die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden erging am 11.07.2012 und war maßgeblicher Grund für die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung die Rechtsfortbildung hinsichtlich der Voraussetzungen des Delisting für zulässig gehalten hat, hat es mit der Entscheidung, dass das Delisting keine Eigentumsverletzung darstelle, der Argumentation der Macrotron-Entscheidung die Grundlage entzogen.
bb.
52 
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs war zudem sachlich gerechtfertigt sowie auf Grund der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgerichtig und stellte keine willkürliche Rechtsprechungsänderung dar.
53 
Die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gründet in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Delisting (1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BVerfGE 132, 99), wonach der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt auf Antrag des Emittenten den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts nicht berührt. Hierdurch wurde der Macrotron-Rechtsprechung die Grundlage entzogen, da sich diese maßgeblich auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Aktieneigentums stützte. Der Bundesgerichtshof begründet seine Rechtsprechungsänderung deshalb folgerichtig mit Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BGH II ZB 26/12, juris Rn. 3). Eine willkürliche, den gebotenen Vertrauensschutz verletzende Rechtsprechungsänderung liegt somit nicht vor.
cc.
54 
Schon auf Grund des fehlenden schutzwürdigen Vertrauens, zudem auch auf Grund der Willkürfreiheit der Rechtsprechungsänderung ist die Heranziehung der Frosta-Rechtsprechung für laufende Spruchverfahren bedenkenfrei. Auf eine Interessenabwägung kommt es somit nicht an. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass das Interesse der Antragsteller bei einer Abwägung mit den Belangen der Gegenpartei und den Anliegen der Allgemeinheit nicht überwiegen würde. Die aus der Anwendung der Rechtsprechungsänderung für die Antragsteller erwachsenden Folgen führen nicht zu unbilligen, ihnen nicht zumutbaren Härten.
55 
Folge der rückwirkenden Anwendung der Rechtsprechungsänderung ist, dass die Antragsteller die Chance verlieren, die angebotene Abfindung gerichtlich überprüfen zu lassen und möglicherweise gegen eine höhere Abfindung als ursprünglich angeboten aus der Gesellschaft auszuscheiden. Der Verlust dieser Chance stellt keine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller dar, die im Verhältnis zu dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit und dem berechtigten Interesse der Antragsgegnerin, dem geltenden Recht entsprechend behandelt zu werden, überwiegen würde. Im Gegenteil beeinträchtigt der Wegfall der Chance zur Überprüfung des Angebots die Antragsteller nicht in geschützten Rechtspositionen, insbesondere nicht in ihrem Eigentumsrecht.
56 
Folge der rückwirkenden Anwendung der Rechtsprechungsregeln ist weiter, dass die Antragsteller, die das nunmehr als freiwillig zu wertende Angebot auf Abfindung nicht angenommen haben, Aktionäre der X AG geblieben sind. Auch insoweit sind sie aber nicht gravierend in ihren Rechten verletzt. Ihnen ist die Rechtsposition verblieben, die sie vor Einleitung des Spruchverfahrens und auch vor dem Delisting hatten. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, beeinträchtigt der Wegfall der Zulassung zum regulierten Markt das Eigentumsrecht der Antragsteller nicht (vgl. 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BVerfGE132, 99). Eine grundrechtlich relevante Rechtsverletzung entsteht somit durch die rückwirkende Anwendung der Rechtsprechungsänderung nicht. Vielmehr bleibt ihnen ihr Eigentum in vollem Umfang erhalten, in Form der von ihnen selbst erworbenen Aktien. Keine für die aufgeworfene Frage entscheidende Beeinträchtigung stellt es dar, dass sie auf Grund der Rechtsprechungsänderung und der damit verbundenen Unzulässigkeit des Spruchverfahrens nicht mehr in der Lage sein dürften, das Angebot anzunehmen (hierzu LG Frankfurt 3-05 O 212/13, ZIP 2014, 320), während bei Statthaftigkeit des Spruchverfahrens auch ohne dessen Erfolg nach der Entscheidung über das Spruchverfahren noch Gelegenheit gewesen wäre, auch gegen Abfindung in ursprünglich angebotener Höhe aus der Gesellschaft auszuscheiden (zur Rechtskonstruktion diesbezüglich vgl. OLG Frankfurt 15 U 125/08, juris Rn. 23 ff.). Die Antragsteller hielten die angebotene Abfindung offensichtlich für zu niedrig, da sie diese ansonsten angenommen hätten. Ein Interesse ihrerseits an der Annahme dieses Angebots bestand somit grundsätzlich nicht, da sie – wie die Einleitung des Spruchverfahrens zeigt – der Auffassung waren, dass die angebotene Abfindung dem Wert ihrer Aktien nicht entspricht. Es beeinträchtigt die Antragsteller deshalb auch nicht in einer den geltend gemachten Vertrauensschutz rechtfertigenden Weise, wenn sie durch die Rechtsprechungsänderung nicht mehr in der Lage sind, dieses von ihnen für unangemessen gehaltene Angebot anzunehmen. Wäre es ihnen entscheidend darauf angekommen, aus der Gesellschaft auszuscheiden, und hätte dies ihrem Willen auch im Falle der Nichterhöhung durch das Spruchverfahren entsprochen, hätten sie dies sichern können, indem sie das Angebot nach Antragstellung im Spruchverfahren annahmen oder jedenfalls für alle Aktien bis auf eine Aktie annahmen. Hierdurch wäre ihnen sowohl die Durchführung des Spruchverfahrens und die Teilhabe an einer eventuellen erhöhten Abfindung gesichert gewesen als auch das Ausscheiden aus der Gesellschaft jedenfalls zu dem angebotenen Betrag. Das Unterlassen dieser Sicherung zeigt auf, dass die Annahme des Angebots zu dem angebotenen Preis für die Antragsteller jedenfalls nicht entscheidend war.
57 
Auch die Tatsache, dass die sechsmonatige Frist des § 45 Abs. 2 S. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse für die Wirksamkeit des Widerrufs der Zulassung auf drei Monate verkürzt wurde, führt nicht zu einem überwiegenden Vertrauensschutz, der die Heranziehung der neuen Rechtsprechung für den vorliegenden Fall unzulässig machen würde. Zwar war Voraussetzung dieser Verkürzung nach § 45 Abs. 3 der Börsenordnung, dass den Aktionären ein Kaufangebot unterbreitet wird, dessen Höhe im Wege eines gesonderten Verfahrens (z.B. Spruchverfahren) überprüft werden kann. § 45 Abs. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse greift damit offensichtlich die bisherige Macrotron-Rechtsprechung auf und hält eine kürzere Frist für die Wirksamkeit des Widerrufs für ausreichend, wenn die Aktionäre die Möglichkeit haben, die Aktien an die Emittentin bzw. den Großaktionär zu verkaufen und das Angebot auf Angemessenheit überprüft werden kann. Diese Voraussetzung ist bei Anwendung der geänderten Rechtsprechung insoweit nicht mehr gegeben, als das Kaufangebot nicht mehr im Wege des Spruchverfahren überprüft werden kann. Wäre dies bereits im Zeitpunkt des Widerrufs bekannt gewesen, wäre der Widerruf erst nach sechs Monaten wirksam geworden; die Antragsteller hätten demnach sechs Monate Zeit gehabt, über eine freiwillige Deinvestition zu entscheiden. Allerdings kann dabei auch nicht außer Acht gelassen werden, dass dann schon kein Kaufangebot seitens der Antragsgegnerin unterbreitet worden wäre, die Antragsgegnerin also von vornherein nur die Möglichkeit gehabt hätten, die Aktien binnen sechs Monaten – bis zur Wirksamkeit des Widerrufs – zu veräußern oder zu behalten. Durch das im Nachhinein betrachtet überobligatorische Angebot hatten die Aktionäre dagegen die Möglichkeit, das Angebot entsprechend der in der Angebotsunterlage angegebenen Frist bis zwei Monate nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung anzunehmen (vgl. Angebotsunterlage AG 2) und damit als Verkaufspreis den nach Umsätzen gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate vor Bekanntgabe der Widerrufsabsicht zu erhalten (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Wertes für das konkrete Angebot Angebotsunterlage AG 2, Seite 6). Sie hatten aber auch die Möglichkeit, binnen drei Monaten nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung – also bis zum Wirksamwerden des Widerrufs - die Aktien über die Börse zu verkaufen. Indem die Antragsteller keine dieser Optionen wahrnahmen, zeigten sie, dass der Verkauf der Aktien zum Börsenkurs oder dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs der vergangenen drei Monate für sie keine Option darstellte, sie vielmehr den Wert der Aktien höher schätzten als den erzielbaren Verkaufspreis. Die Beeinträchtigung der Antragsteller dadurch, dass sie auf Grund der im Nachhinein nicht mehr erfüllten Anforderungen des § 45 Abs. 3 der Börsenordnung der... Wertpapierbörse nur drei und nicht sechs Monate Zeit hatten, über die freiwillige Deinvestition durch Verkauf über die Börse nachzudenken, stellt angesichts dessen keine gravierende Beeinträchtigung dar.
58 
Sind demnach schon keine gewichtigen Interessen der Antragsteller berührt, die eine Rückwirkung für die Antragsteller als unzumutbar oder auch nur erheblich beeinträchtigend erscheinen lassen, führt dies zu einem Überwiegen der materiellen Gerechtigkeit und des Interesses der Antragsgegnerin, nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht behandelt zu werden.
c.
59 
Ein vertraglicher Anspruch auf Durchführung eines Spruchverfahrens besteht nicht. Die Frage, ob ein Spruchverfahren statthaft ist, steht nicht zur Disposition der Parteien, sondern richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften über die Statthaftigkeit von Spruchverfahren (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 1 SpruchG Rn. 30). Die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens ergibt sich deshalb – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – weder daraus, dass die Antragsgegnerin selbst in ihrem Angebot auf das Spruchverfahren verwiesen hat, noch daraus, dass die X AG nach dem Vortrag einiger Antragsteller bei der Wertpapierbörse ... die Verkürzung der Frist für die Wirksamkeit des Widerrufs nach § 46 Abs. 3 der Börsenordnung für die... Wertpapierbörse beantragt hat im Hinblick auf die Überprüfbarkeit des Angebots in einem Spruchverfahren. Da die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, kann der Antragsgegnerin entgegen der Auffassung einiger Antragsteller auch nicht der Vorwurf des „venire contra factum proprium“ gemacht werden.
3.
60 
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Nach § 68 Abs. 3 FamFG bestimmt sich das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Ob im Beschwerdeverfahren eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, bestimmt sich somit grundsätzlich nach den Vorschriften des ersten Rechtszugs, ergänzt um die zusätzliche Möglichkeit des Absehens von einer mündlichen Verhandlung nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG (vgl. Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 3. Aufl., § 68 Rn. 26; Bork/Jacoby/Schwag/Müther, FamFG, 2. Aufl. § 68 Rn. 13). Wenn demnach schon in der ersten Instanz keine mündliche Verhandlung geboten war, ist sie dies auch in zweiter Instanz nicht. So liegt es hier. Nach § 8 Abs. 1 SpruchG soll das Gericht auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden. Eine Ausnahme wird allgemein und zu Recht angenommen, wenn nur über die Zulässigkeit der Anträge entschieden werden muss (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 20; Bürgers/Körber/Ederle/Theusinger, AktG, 3. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 1: wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist; KölnerKommAktG /Puszkajler, 3. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 4: wenn kein zulässiger Antrag vorliegt; Schmidt/Lutter/Klöcker, AktG, 2. Aufl., § 8 SpruchG Rn. 1). Kann demnach eine Endentscheidung über das Spruchverfahren durch Zurückweisung der Anträge als unzulässig ohne mündliche Verhandlung ergehen, gilt dies erst recht für eine nicht verfahrensabschließende Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit der Anträge. Aus § 280 Abs. 1 ZPO ergibt sich nichts anderes. Zwar ist in Verfahren nach der ZPO über die Zulässigkeit des Verfahrens bei beabsichtigter Zwischenentscheidung hierüber regelmäßig mündlich zu verhandeln (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 280 Rn. 4). Dies ist vor dem Hintergrund, dass auch über die Klage an sich – auch bei Abweisung als unzulässig – nur auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden werden kann, zu verstehen. Für die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf das Spruchverfahren gilt dies nicht. Anders als in den Verfahren der Zivilprozessordnung können nach der Spezialvorschrift des § 8 SpruchG Anträge ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zurückgewiesen werden, so dass dies auch für die die Zulässigkeit feststellende Zwischenentscheidung gelten muss.
61 
Nachdem somit schon in erster Instanz zulässigerweise auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wurde, ist auch in zweiter Instanz keine mündliche Verhandlung durchzuführen.
4.
62 
Die Anträge der Antragsteller auf Durchführung eines Spruchverfahrens sind mithin unzulässig. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die Anträge sind als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH NJW 2008, 373, juris Rn. 17; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 280 Rn. 8).
5.
63 
Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Spruchverfahrens in beiden Instanzen zu tragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG a.F. für das erstinstanzliche Verfahren und § 23 Nr. 14 GNotKG für das Beschwerdeverfahren; zur Übergangsvorschrift vgl. § 134 GNotKG). Eine Billigkeitsentscheidung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. bzw. § 15 Abs. 1 SpruchG n.F. zulasten der Antragsteller kommt nicht in Betracht. Hiernach können zwar die Gerichtskosten einem Antragsteller ausnahmsweise auferlegt werden, wenn sein Antrag bei einer Beurteilung ex ante offensichtlich von vornherein ohne Erfolgsaussichten war (vgl. BGH NZG 2012, 191, juris Rn. 23). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Im Zeitpunkt der Antragstellung konnten die Antragsteller noch von der Zulässigkeit eines Spruchverfahrens ausgehen, so dass es nicht der Billigkeit entspräche, den Antragstellern die Kosten aufzuerlegen (so auch BGH, II ZB 26/12 – Frosta, juris Rn. 17).
64 
Nach § 15 Abs. 4 SpruchG a.F. bzw. § 15 Abs. 2 SpruchG n.F. tragen die Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst, sofern nicht die Kostentragungspflicht des Antragsgegners der Billigkeit entspricht (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 20). Der Senat hält es nicht für angezeigt, der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat in dem Verfahren Erfolg. Allein die Tatsache, dass dies auf einer Änderung der Rechtsprechung beruht, führt nicht dazu, dass sie die Kosten zu tragen hätte. Ob und inwieweit das Verfahren ohne die Rechtsprechungsänderung erfolgreich gewesen wäre, ist nicht absehbar. Angesichts dessen verbleibt es bei der grundsätzlichen Kostentragungspflicht der Antragssteller für ihre eigenen Kosten (so auch die Kostenentscheidung in BGH, II ZB 26/12 – Frosta).
65 
Die entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin können den Antragstellern nicht auferlegt werden, da eine Erstattung der Kosten des Antragsgegners in § 15 SpruchG nicht vorgesehen ist und § 15 SpruchG die Kostenerstattung für die außergerichtlichen Kosten abschließend regelt (vgl. BGH, NZG 2012, 191, juris Rn. 11 ff.).
6.
66 
Da gegenüber der angebotenen Abfindung kein zusätzlicher Betrag festgesetzt wird, ist der Geschäftswert des Verfahrens für beide Instanzen mit 200.000 Euro anzusetzen (§ 15 Abs. 1 SpruchG).
7.
67 
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht (§ 79 Abs. 2 FamFG). Es entspricht – wie oben ausgeführt – nahezu einhelliger Auffassung, dass auf Grund der Änderung der Macrotron-Rechtsprechung bereits anhängige Spruchverfahren betreffend ein Delisting unzulässig werden. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, also eine Rechtsfrage, zu der verschiedene Auffassungen vertreten werden und über die noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, liegt demnach nicht vor. Eine vereinzelte andere Literaturauffassung ändert hieran nichts (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl,, § 543 Rn. 11). Gleiches gilt für die Frage der Zulässigkeit einer Zwischenentscheidung sowie einer dagegen gerichteten Beschwerde.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Das Gericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluss.

(2) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung bedacht sein. Kommt eine solche Einigung aller Beteiligten zustande, so ist hierüber eine Niederschrift aufzunehmen; die Vorschriften, die für die Niederschrift über einen Vergleich in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten, sind entsprechend anzuwenden. Die Vollstreckung richtet sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Das Gericht hat seine Entscheidung oder die Niederschrift über einen Vergleich den Beteiligten zuzustellen.

(4) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten

1.
dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder
2.
einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.
Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Beschluss ist den Beteiligten zuzustellen.

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.