Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 25. März 2015 - L 8 SO 8/13

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2015:0325.L8SO8.13.0A
25.03.2015

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der am ... 1960 geborene Kläger erstrebt im Berufungsverfahren noch höhere Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII), nachdem der beklagte Landkreis auf die am 12. Juni 2009 erhobene Klage (mit dem Ziel einer "Ernährungspauschale") im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Magdeburg am 18. Dezember 2012 in der Sache folgendes Teilanerkenntnis abgegeben hat:

2

Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit der Beklagte seinen Bescheid vom 5. Februar 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 18. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 aufgehoben und die Höhe der Leistungen neu festgesetzt hat.

3

Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wird aufgehoben, soweit die Aufhebung der mit Bescheid vom 22. Juni 2009 bewilligten Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Juli 2011 einen Betrag von 18,26 EUR und für den Bewilligungszeitraum ab 1. August 2011 einen Betrag von monatlich 63,26 EUR übersteigt.

4

Nachdem der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende Kläger das Teilanerkenntnis nicht angenommen hat, hat das Sozialgericht den Beklagten mit Urteil auf diese mündliche Verhandlung in das Anerkenntnis verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich des Bescheides vom 5. Februar 2009 sei die Klage unzulässig, da der Kläger hierdurch nicht beschwert sei. Der Beklagte habe bei der Ermittlung des Bedarfs - offenbar in Anlehnung an den Bescheid des vorausgehend zuständigen Jobcenters vom 2. Januar 2009 - pauschal 81,00 EUR als Kosten der Unterkunft und 55,35 EUR als Heizkosten berücksichtigt. Insgesamt lägen die tatsächlichen Kosten des Klägers erheblich unter dem von dem Beklagten pauschal angesetzten Betrag. Der Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 sei rechtmäßig, soweit er nicht im Rahmen des Teilanerkenntnisses des Beklagten aufgehoben worden sei. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) sei dadurch eingetreten, dass der Kläger ab dem 1. Juli 2009 Einkommen in Form der Erwerbsminderungsrente erzielt habe. Diese Änderung sei nach dem Erlass des Bewilligungsbescheides erfolgt und habe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zu einer Minderung des Anspruchs des Klägers auf laufende Leistungen geführt. Ermessen sei bei dieser Entscheidung nicht auszuüben gewesen. Auch der Bescheid vom 23. Juni 2011 sei rechtmäßig, soweit er nicht im Rahmen des Teilanerkenntnisses abgeändert worden sei. Formell sei der Bescheid rechtmäßig, da der Mangel der vor der Änderungsentscheidung unterbliebenen Anhörung des Klägers im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X geheilt worden sei. Die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Änderungsbescheides vom 22. Juni 2009 vorgelegen hätten und für die Gewährung der Leistungen an den Kläger rechtserheblich gewesen seien, hätten sich insbesondere mit der Erhöhung der ihm gewährten Erwerbsminderungsrente ab dem 1. Juli 2011 auf monatlich 392,09 EUR und der laufenden Zahlung von Wohngeld ab dem 1. Juli 2011 in Höhe von 45,00 EUR wesentlich geändert. Ab dem 1. Juli 2011 setze sich der Bedarf des Klägers aus dem Regelsatz in Höhe von 364,00 EUR sowie den mit den Vorbescheiden bestandskräftig bewilligten Pauschalen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 81,00 EUR und Heizung in Höhe von 55,35 EUR zusammen. Für den Monat Juli 2011 sei auf den Gesamtbedarf in Höhe von 500,35 EUR das Einkommen aus der Erwerbsminderungsrente in Höhe von 392,09 EUR sowie Wohngeld in Höhe von insgesamt 82,86 EUR anzurechnen. Damit ergebe sich ein Leistungsanspruch in Höhe von 25,40 EUR für diesen Monat. Das Teilanerkenntnis des Beklagten in Höhe von 18,26 EUR berücksichtige den bereits gewährten Betrag in Höhe von 7,14 EUR. Für die Folgemonate ab August 2011 seien auf den Gesamtbedarf in Höhe von 500,35 EUR die Erwerbsminderungsrente in Höhe von 392,09 EUR sowie Wohngeld in Höhe von 45,00 EUR anzurechnen. Damit ergebe sich ein monatlicher Leistungsanspruch in Höhe von 63,26 EUR. Soweit der Bewilligungsbescheid nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft teilweise aufzuheben gewesen sei, sei von dem Beklagten kein Ermessen auszuüben gewesen.

5

Der Kläger hat gegen das ihm am 24. Januar 2013 zugestellte Urteil am 19. Februar 2013 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er erstrebe die Gewährung von Leistungen in Höhe von monatlich 1.835,00 EUR, weil dies der Geldbetrag sei, den ein Bundeswehrsoldat monatlich erhalte. Als Rechtsgrundlage hat er auf die Haager Landkriegsordnung vom 18. Oktober 1907 verwiesen, die im Gesetzesrang über dem SGB XII stehe.

6

Die Kläger beantragt,

7

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 abzuändern und ihm höhere Leistungen in Höhe von monatlich 1.835,00 EUR ab dem 18. Dezember 2008 zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil, soweit dieses angefochten ist, für zutreffend.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus den Hauptsacheverfahren L 8 SO 8/13 und L 8 SO 9/13, aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes L 8 SO 9/14 B ER sowie der Verwaltungsakten des Beklagten und des Jobcenters Jerichower Land Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung ist unbegründet.

13

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2012 ist, soweit dieses angefochten ist, nicht zu beanstanden. Der Kläger ist durch den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 und des Bescheides vom 22. Juni 2009 sowie den Bescheid vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011, in der Fassung, die diese Bescheide durch das nur von dem Kläger angefochtene Urteil gefunden haben, nicht in seinen Rechten verletzt (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

14

Die Ansprüche des Klägers bestimmen sich nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches. Soweit er Zahlungen auf der Grundlage der zum Völkergewohnheitsrecht gehörenden Haager Landkriegsordnung verfolgt, ist der Beklagte nicht passivlegitimiert. Eine Zuständigkeit des Landkreises J. L. zur Ausführung der Haager Landkriegsordnung ist nicht erkennbar. Nach § 75 Abs. 5 SGG können nur Versicherungsträger, Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Träger der Sozialhilfe, Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land nach der Beiladung verurteilt werden, sodass auch eine Beiladung Dritter durch den Senat den Kläger nicht in seinem Begehren hätte unterstützen können.

15

Für Dezember 2008 und Januar 2009 hat der Kläger mit den bestandskräftig gewordenen Bescheiden des Jobcenters vom 13. August 2008 (Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2008) und vom 2. Januar 2009 (vorläufige Leistungen nach dem SGB II für Januar 2009) 519,50 EUR monatlich erhalten, die nach § 107 Abs. 1 SGB X einen Anspruch gegenüber dem Beklagten ausschließen. Soweit dem Teilanerkenntnis vor dem Sozialgericht ein darüberhinausgehender Anspruch des Klägers zu entnehmen sein sollte, ist dieser zumindest nicht beschwert. Einen Anspruch auf Zahlung von mehr als 519,50 EUR hat der Kläger für Dezember 2008 (anteilig) und für Januar 2009 nicht. Es kann damit offen bleiben, in welchem Umfang sich darüber hinaus Ansprüche aus dem Teilanerkenntnisurteil nach Maßgabe des Bescheides des Beklagten vom 5. Februar 2009 ergeben. Die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII für Dezember 2008 in Höhe von 227,43 EUR und ab dem Monat Januar 2009 in Höhe von 487,35 EUR monatlich erfolgte jeweils unter Berücksichtigung des Regelsatzes in Höhe von 351,00 EUR und Kosten der Unterkunft in Höhe von 136,35 EUR.

16

Dem Kläger stehen nach der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichts im Übrigen die mit Bescheid vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 22. Juni 2009 bewilligten Leistungen vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 487,35 EUR und vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2011 in Höhe von monatlich 105,82 EUR unter Berücksichtigung der Regelungen in den §§ 44 ff. SGB X zu.

17

Die damit für den Zeitraum von Dezember 2008 bis Juni 2011 gewährten Leistungen übersteigen den sich rechnerisch ergebenden sozialhilferechtlichen Hilfebedarf des Klägers in Höhe von 168,13 EUR für Dezember 2008, 370,11 EUR für die Monate Januar bis Juni 2009, 378,11 EUR für die Monate Juli bis Dezember 2009, 381,33 EUR für die Monate Januar bis Dezember 2010 und 387,23 EUR für die Monate Januar bis Juni 2011 nach Maßgabe der §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 27 ff. SGB XII. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers aus der ihm ab Juli 2009 laufend gezahlten Rente wegen voller Erwerbsminderung (bewilligt vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2010 mit einer Weitergewährung bis zum 31. Mai 2013 mit einem monatlichen Zahlbetrag ab dem 1. Juli 2009 in Höhe von 389,53 EUR, ab dem 1. Januar 2011 388,24 EUR und ab dem 1. Juli 2011 392,09 EUR) hätte sich ab dem 1. Juli 2009 unter Addition von Regelbedarf und Kosten der Unterkunft kein Leistungsanspruch des Klägers mehr ergeben. Soweit das Sozialgericht einen gesonderten Anspruch des Klägers für Unterkunft und Heizung als von dem Beklagten bestandskräftig bewilligt berücksichtigt hat, verbleibt dem Kläger dieser Anspruch nach Maßgabe des Teilanerkenntnisses des Beklagten.

18

Ein höherer Bedarf des Klägers, der nicht durch sein Einkommen und die bereits bewilligten Leistungen abgedeckt wird, ergibt sich auch nicht durch einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen. Vielmehr war nur der Regelbedarf nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 und 3 SGB XII (bzw. des § 27a Abs. 1 bis 3 SGB XII ab dem 1. Januar 2011) für Dezember 2008 bis Juni 2009 in Höhe von monatlich 351,00 EUR (anteilig für Dezember 2008), für Juli 2009 bis Dezember 2010 in Höhe von monatlich 359,00 EUR und ab dem 1. Januar 2011 in Höhe von monatlich 364,00 EUR zu berücksichtigen.

19

Soweit dem Kläger für den Zeitraum bis Januar 2008 mit Bescheid des Jobcenters J. L. vom 19. Juni 2007 Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung (in Höhe von 30,68 EUR) bewilligt wurden, lag dieser Entscheidung die ärztliche Bescheinigung der Hausärztin des Klägers, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H., vom 21. Dezember 2004 zugrunde, die einen Mehrbedarf für vorerst eine Dauer von zwölf Monaten befürwortet hatte. Bei dem Kläger liege ein toxisches Leber- und Nierenleiden bei einem Zustand nach chronischem Alkoholabusus vor. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 und sämtlichen nachfolgenden Bescheiden wurden dem Kläger sodann Leistungen nach dem SGB II ab Januar 2008 nur noch ohne Berücksichtigung eines solchen Mehrbedarfs bewilligt.

20

Von Seiten des Klägers wurden im Rahmen des Verwaltungs-, Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahrens keine medizinischen Gesichtspunkte vorgetragen, die Grundlage für die Feststellung sein könnten, dass er einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Er ist mit Richterbrief vom 19. Juli 2013 gebeten worden, seine Einwilligung zur Einholung eines Befundberichts von einem behandelnden Arzt zu erteilen, und mit Richterbrief vom 24. April 2014 an diese Mitwirkung erinnert worden, die auch in der Folgezeit unterblieben ist. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht geboten, da ein Krankheitsbild des Klägers, das in Bezug auf einen Bedarf an kostenaufwändiger Ernährung weiter aufgeklärt werden könnte, nicht erkennbar geworden ist. Das toxische Leber- und Nierenleiden bei einem Zustand nach chronischem Alkoholabusus, welches der Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 21. Dezember 2004 zu entnehmen ist, begründet nicht die Notwendigkeit einer bestimmten Ernährungsform, für die dem Kläger höhere Kosten entstehen könnten. Der Kläger hat auch selbst nicht vorgetragen, einem besonderen Diätregime zu folgen. Er befindet sich nach dem Gutachten der Medizinal-Direktorin Dr. W. vom 16. Dezember 2008 in einem guten Allgemein- und Kräftezustand. Auch Anhaltspunkte für eine gestörte Nährstoffaufnahme oder -verwertung, ein Nierenleiden im Stadium einer Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer eiweißdefinierten Kosten oder Dialysediät oder einer Zölliakie/Sprue (Erkrankungen im Sinne der Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe) sind nicht erkennbar. Eine sonstige Notwendigkeit einer speziellen Ernährung des Klägers ist nicht vorgetragen worden und ergibt sich auch aus dem Akteninhalt nicht.

21

Belegt sind Kosten des Klägers für die Unterkunft in dem von ihm bewohnten Eigenheim im Jahr 2009 in Höhe von 19,11 EUR monatlich, im Jahr 2010 in Höhe von 22,33 EUR und im Jahr 2011 in Höhe von 23,23 EUR monatlich. Laufende Kosten der Unterkunft des Klägers sind nur in Bezug auf die Grundsteuer (fällig jeweils Februar, Mai, August und November; im Jahr 2009 jeweils 29,52 EUR, im Jahr 2010 29,52 EUR, 33,82 EUR, 31,67 EUR und 31,69 EUR und im Jahr 2011 jeweils 31,67 EUR) und die Kosten der Abfallbeseitigung (fällig jeweils März und August; im Jahr 2009 jeweils 55,62 EUR, im Jahr 2010 jeweils 70,44 EUR und im Jahr 2011 jeweils 76,00 EUR) nachgewiesen. Soweit der Kläger bei der Erstantragstellung bei dem Beklagten im Januar 2009 laufende Kosten für sein Grundstück in Höhe von "8 % Zinsen" bei einem Kaufpreis von 5.000,00 EUR auf der Grundlage eines Vertrages vom 15. März 2004 angab, hat die Darlehensgeberin Frau S. unter dem 17. April 2014 die Zahlung von Zinsen durch den Kläger nicht bestätigt. Nach ihren Angaben wurde in den Jahren 2008 bis 2012 nur der reine Kreditbetrag zurückgezahlt. Der Grunderwerbssteuer ist nach dem Grunderwerbssteuerbescheid vom 14. Juni 2004 im Übrigen nur ein Kaufpreis in Höhe von nur 3.000,00 EUR zugrunde gelegt worden. Der Kläger ist mit Richterbrief vom 19. Juli 2013 gebeten worden, u.a. Nachweise in Form von Rechnungen, Gebühren- oder Abgabenbescheiden für Wasser/Abwasser, Straßenreinigung, Gebäudeversicherung, Schornsteinfegergebühren und Strom vorzulegen. Er hat daraufhin mit Schriftsatz vom 13. August 2013 Angaben gemacht, die dem hier streitigen Zeitraum nicht zuzuordnen sind. Die von dem Senat angeforderten Abfallgebührenbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 und Grundsteuerbescheide für die Jahre ab 2008 weisen die vorgenannten Beträge aus.

22

Die zur Beheizung des Eigenheimes des Klägers benötigten Festbrennstoffe sind Gegenstand gesonderter Bescheide gewesen, die bestandskräftig geworden sind.

23

Da das Sozialgericht den Beklagten für Leistungen ab dem 1. Juli 2011 in das Teilanerkenntnis verurteilt hat, sieht der Senat für einen diesen Zeitraum betreffenden Leistungsanspruch des Klägers die Grundlage in der insoweit rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Sozialgerichts. Nach der Bescheidlage ergibt sich ein über das Teilankerkenntnis hinausgehender Leistungsanspruch des Klägers nicht.

24

Mit Bescheid vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des vorgenannten Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 wurde die Bewilligung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ab dem 1. Juli 2011 aufgehoben, da der Bedarf des Klägers durch die Rente und das ihm ab dem 1. Juli 2011 in Höhe von monatlich 45,00 EUR gezahlte Wohngeld abgedeckt sei. Den Aufhebungsbescheid vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2011 konnte der Kläger in einem gesonderten Verfahren anfechten (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 5 RE 12/14 R - juris). Die am 6. Oktober 2011 hiergegen erhobene Klage (S 47 SO 175/11) hat das Sozialgericht in dem Verfahren mit Urteil vom 18. Dezember 2012 abgewiesen, da dieser Bescheid Gegenstand des Verfahrens S 7 SO 90022/09 geworden sei. Die hiergegen eingelegte Berufung (Az. L 8 SO 9/13) hat der Kläger im Erörterungstermin am 5. März 2014 zurückgenommen. Es kann offen bleiben, ob der Senat im Rahmen eines fairen Verfahrens an die Einschätzung des Sozialgerichts, der vorgenannte Bescheid werde nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens L 8 SO 8/13, gebunden ist. Da die Aufhebung der Bewilligung mit dem 1. Juli 2011 vor dem Hintergrund der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X mit der Bewilligung des Wohngeldes und der Erhöhung der Rente auf 392,09 EUR keinen Bedenken begegnet, ist der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens zumindest unter Berücksichtigung der materiellen Rechtslage auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 2011 beschränkt. Bezüglich der Voraussetzungen des § 48 SGB X für die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab dem 1. Juli 2011 wird nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, da die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg hat. Soweit das Sozialgericht einen gesonderten Anspruch auf Kosten der Unterkunft als bestandskräftig bewilligt berücksichtigt hat, verbleibt dem Kläger dieser Anspruch nach Maßgabe des Teilanerkenntnisses des Beklagten.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

26

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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Tenor Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten

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(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2012 teilweise aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum Februar 2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 67,71 Euro zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Ansprüche des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter, insbesondere über das Vorliegen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Lebensgemeinschaft des Klägers mit dem Zeugen C.

Der 1938 geborene, ledige Kläger stellte am 05.11.2009 einen Antrag auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Er bezieht eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) (Stand 07/2009: 226,29 Euro). Er wohnt gemeinsam mit dem Zeugen in einer Wohnung, der Mietvertrag wurde gemeinsam abgeschlossen. An Versicherungen bestanden für den Kläger eine Unfall- und eine Trauerfallversicherung, für die der Zeuge jeweils als Bezugsberechtigter im Todesfall angegeben war. Weiterhin besteht eine Pflegerentenversicherung sowie zusätzlich zu der freiwilligen Krankenversicherung bei der DAK drei weitere Zusatzkrankenversichrungen.

Mit Bescheid vom 05.03.2010 lehnte die Beklagte den Sozialhilfeantrag mit der Begründung ab, zwischen dem Kläger und dem Zeugen bestehe eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft. Bei der gemeinsamen Vorsprache im Amt seien keine Äußerungen gemacht worden, die gegen eine Lebensgemeinschaft sprächen. Es sei davon auszugehen, dass nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Partner kein Anspruch auf Grundsicherung gegeben sei. Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Zeugen waren nicht angestellt worden.

Der Kläger erhob Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid und führte u.a. aus, die Unfallversicherung bestehe nicht mehr. Vor Erlass eines Ablehnungsbescheides hätte ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden müssen. Außerdem hätte ein ablehnender Bescheid erst bei konkreter Feststellung eines entsprechend hohen Einkommens des Zeugen ergehen dürfen.

Im Widerspruchsverfahren ermittelte die Beklagte im EDV-System der Bundesagentur für Arbeit, dass der Zeuge von 1970 bis 1993 selbstständig als Manager tätig war. Von 1993 bis 2008 war er als Manager Kommunikation IR und Marketing bei P. angestellt. Vom 01.12.2008 bis 28.02.2010 bezog der Zeuge Arbeitslosengeld (Alg I). Hierbei wurden ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 173,63 Euro und ein täglicher Zahlbetrag von 53,33 Euro berücksichtigt. Am 01.03.2010 erreichte er die Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente (geboren 18.02.1945).

Auf der Basis eines Alg I-Einkommens in Höhe von täglich 53,33 Euro stellte die Beklagte am 27.06.2011 eine Berechnung an, nach der das gemeinsame laufende Einkommen des Klägers und des Zeugen den gemeinsamen laufenden Bedarf um 112,04 Euro überstieg. Dabei wurden die Krankenversicherungsbeiträge zwar beim Kläger, aber nicht bei dem Zeugen als Bedarf berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2011, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11.10.2011, wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05.03.2010 zurück. Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 11.11.2011 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Es liege weder eine Wirtschaftsgemeinschaft noch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor, sondern lediglich eine reine Wohngemeinschaft.

Während des Klageverfahrens hat der Kläger beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, der mit Beschluss vom 04.10.2012 abgelehnt wurde (S 48 SO 473/12 ER). Beschwerde hat der Kläger nicht eingelegt.

Am 11.12.2012 hat das SG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und den Zeugen einvernommen. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 01.11.2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, ohne die Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen als Partner in einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, zu gewähren. Die Entscheidung hat das SG darauf gestützt, dass eine lebenspartnerschaftsähnliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen nach den Schilderungen des Klägers und des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht vorläge. Der Kläger selbst sei jedoch nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt durch sein Einkommen und Vermögen zu bestreiten. Der Zeuge habe glaubwürdig ausgesagt, dass zwischen ihm und dem Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Paarbeziehung bestanden habe, sondern immer ausschließlich ein freundschaftliches Verhältnis. Der Zeuge habe in der mündlichen Verhandlung am 11.12.2012 detailreich, farbig und widerspruchsfrei geschildert, wie er den Kläger kennengelernt und wie sich ihre Freundschaft in der Folgezeit entwickelt habe. Er habe dabei einen offenen, seriösen und glaubhaften Eindruck gemacht. Zudem habe er versichert, dass er nicht homosexuell sei. Eine Einstandspflicht gem. § 43 Abs. 1 SGB XII (bzw. § 20 SGB XII) scheide somit aus. Dem Anspruch stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt vorläufig durch den Einsatz von Geldmitteln sichergestellt habe, die ihm von seinem Mitbewohner darlehensweise zur Verfügung gestellt worden seien. Denn Mittel aus einem Darlehen könnten jedenfalls dann nicht als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gewertet werden, wenn das Darlehen dadurch notwendig geworden sei, dass der Sozialhilfeträger - wie hier - einen Leistungsanspruch des Hilfesuchenden zu Unrecht abgelehnt habe.

Am 14.01.2013 hat die Beklagte beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung gegen das am 19.12.2012 zugestellte Urteil des SG eingelegt.

Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft liege vor. Dies ergebe sich folgenden Indizien:

* Zusammenwohnen seit 35 Jahren

* Mehrere gemeinsame Umzüge, darunter ein Umzug von K-Stadt nach A-Stadt (gemeinsame Verlegung des Lebensmittelpunktes)

* Gemeinsamer Abschluss des Mietvertrages

* Einsetzung des Zeugen als Begünstigten in Versicherungen

* Finanzielle Unterstützung durch den Zeugen ohne schriftliche Vereinbarung und Festlegung von Rückzahlungsmodalitäten

* Der Zeuge habe sein Fahrzeug verkauft und einen Minijob angenommen, um den Kläger finanziell unterstützen zu können.

Allein die Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung, er sei nicht homosexuell, reiche nicht aus, um eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft zu verneinen. Sonst könnten Kläger bzw. Klägerinnen durch entsprechende Aussagen jeglicher Argumentation des Sozialhilfe-Trägers ausweichen. Die Rechtsprechung gehe davon aus, dass auf Grund von Indizien geurteilt werden müsse, wobei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls alle Anhaltspunkte einzeln und jeweils in ihrem Zusammenwirken zu bewerten und zu gewichten seien. Die Aussage des Zeugen sei unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass er vom Nichtbestehen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft profitieren würde. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge dem Kläger Darlehen gewährt habe, weil die Rückzahlungsmodalitäten völlig offen gelassen worden seien. Die finanzielle Unterstützung durch den Zeugen lasse die Hilfebedürftigkeit entfallen.

Der Kläger wendet hiergegen ein, die Dauer der Wohngemeinschaft und die zwei gemeinsamen Umzüge begründeten keine Einstandsgemeinschaft. Dies gelte auch für den gemeinsamen Abschluss eines Mietvertrages. Die Unfallversicherung bestehe nicht mehr; die Trauerfallversicherung decke nur die Beerdigungskosten ab und biete dem Zeugen als Begünstigtem keine Vorteile. Darlehensvereinbarungen seien auch ohne Einhaltung der Schriftform gültig. Die Rückzahlungsmodalitäten seien dahingehend festgelegt, dass der Kläger die Darlehen tilgen solle, sobald ihm dies finanziell möglich sei. Der Zeuge habe kein Fahrzeug verkauft, sondern lediglich ein geleastes Fahrzeug nicht übernommen, um Kosten zu sparen. Einnahmen habe er in diesem Zusammenhang nicht erzielt. Einen Minijob habe der Zeuge angenommen, allerdings nicht, um den Kläger zu unterstützen, sondern aus anderen Gründen.

Weder der Kläger noch der Zeuge seien homosexuell. Eine Beziehung, die andere Beziehungen ausgeschlossen hätte, habe nie bestanden. Der Zeuge habe während des Zusammenwohnens mit dem Kläger auch Beziehungen zu Frauen gehabt.

Die Beklagte habe nachzuweisen, dass eine lebenspartnerschaftsähnliche Beziehung bestehe. Wenn es nicht ausreiche, dass der Kläger homosexuelle Neigungen bestreite, komme dies einer Beweislastumkehr gleich. Auch eine Wirtschaftsgemeinschaft bestehe nicht. Ein Hausbesuch erscheine zur Sachverhaltsaufklärung nicht zielführend.

Am 18.09.2014 hat beim LSG ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Kläger hat dabei erklärt, er habe den Zeugen 1972 in K-Stadt kennengelernt. Zu dieser Zeit habe er gerade eine Trennung von einer Frau hinter sich gehabt. Er sei ein spiritueller Mensch und bete viel. Seitdem wohne er mit dem Zeugen zusammen. Es bestehe eine Wohngemeinschaft. In der Folgezeit habe er gelegentlich noch sexuelle Beziehungen zu Frauen gehabt, aber nicht für längere Zeit angelegte Beziehungen. Eine Beendigung der Wohngemeinschaft sei nicht geplant. Derzeit beziehe er eine geringe Rente. Der Zeuge unterstütze ihn mit einem monatlichen Darlehen von 150 €. Früher habe er sein Essen immer selbst gekauft. Er habe als Sänger gearbeitet und dadurch zeitweise Einnahmen erzielt. Er habe auch Geld von seinen Eltern und Geschwistern erhalten, dieses jedoch bis heute nicht zurückgezahlt. Die Miete habe stets der Zeuge bezahlt. Wenn er Geld gehabt habe, habe er seinen Anteil in bar gegeben; wenn nicht, dann habe der Zeuge ein Darlehen gewährt. Aktuell habe er Schulden bei dem Zeugen in Höhe von ca. 30.000 € bis 40.000 €. Die Möbel für das Wohnzimmer habe der Zeuge gekauft. Er selbst habe sich dabei beteiligt. Die Möbel seien schon alt. Die Möbel in seinem Zimmer habe er selbst bezahlt. Er sei einmal mit dem Zeugen zusammen in Urlaub gefahren. Es sei ein Besuch bei seinem Vater in M. gewesen. In der Wohnung würden Küche und Wohnzimmer gemeinsam genutzt. Im Übrigen habe jeder ein eigenes Zimmer und ein eigenes Badezimmer. Er, der Kläger, benutze das Gästebad. Der Zeuge und er selbst hätten unschiedliche Gewohnheiten, was das Essen betreffe. Für ihn sei eine Wohngemeinschaft wichtig, weil er in A-Stadt keine Freunde habe und nicht wolle, dass er nach seinem Tod lange in der Wohnung liege und nicht gefunden werde.

Der Zeuge hat erklärt, er wohne seit 1975 in einer Wohnung mit dem Kläger. Dies solle bis auf weiteres so bleiben. Sie hätten beide ein gewisses Alter erreicht und könnten nicht auf Unterstützung ihrer Familien zählen. Dies liege vor allem daran, dass es nur noch wenig Familie gebe; in seinem Fall gar keine. Liebesbeziehungen habe er seit 1975 nicht gehabt; lediglich Freundschaften und Bekanntschaften. Am längsten sei er mit dem Kläger befreundet. Die Wohnung sei so aufgeteilt, dass jeder ein eigenes Zimmer habe; das Wohnzimmer und die Küche würden gemeinsam benutzt. Es gebe zwei Toiletten in der Wohnung, von denen jeder eine benutze. Möbel habe jeder für sich gekauft; für das Wohnzimmer habe man sich abgesprochen. Der Kläger habe ungefähr 35.000 € Schulden bei ihm. Diese Schulden seien seit November 2009 aufgelaufen. Er habe monatlich 450 € Mietanteil für den Kläger getragen und ihm 150 € Bargeld gegeben. Schulden aus der Zeit vor 2009 bestünden nicht. Der Kredit werde gewährt, weil das Sozialamt den Grundsicherungsantrag abgelehnt habe. Da man nicht wisse, wie lange dies andauere, könne auch die Kreditobergrenze nicht angegeben werden. Er helfe, solange er helfen könne.

Sie würden weder gemeinsam Lebensmittel einkaufen noch würden sie gemeinsam essen. Sie hätten unterschiedliche Gewohnheiten. Die Mietverträge hätten sie immer gemeinsam unterschrieben. Er habe die Miete bezahlt und der Kläger habe seinen Anteil regelmäßig an den Zeugen bezahlt. Der Kläger und der Zeuge hätten sich gegenseitig als Begünstigte der Sterbegeldversicherung eingesetzt. Vollmachten bestünden nicht, auch keine Betreuungsvollmachten oder Vollmachten für ärztliche Behandlung. Eine Lebensversicherung bestehe nicht. Seit 2008 sei er als Unternehmensberater pensioniert. Seit 2010 beziehe er eine Rente; vorher habe er Arbeitslosengeld I bezogen.

Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen wollte der Zeuge keine Angaben machen. Er sei der Auffassung, ihm stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weil es um einen Anspruch des Klägers und nicht um seinen eigenen Anspruch gehe.

In der mündlichen Verhandlung am 22.09.2015 hat der Kläger weiter erklärt, dass er sich um finanzielle Dinge nicht besonders kümmere. Er sei froh, den Zeugen als Freund gefunden zu haben, weil er ihm viele organisatorische Dinge, z.B. im Umgang mit Ämtern, abnehme. Da sei er etwas nachlässig und übernehme nicht viel Verantwortung. Der Zeuge sei der Einzige, der sich um ihn kümmere, seine Freunde und Verwandten würden weit weg wohnen, z.B. Teile der Familie in P-Stadt. Er könne sich in jeder Hinsicht auf den Zeugen verlassen; auch während seiner psychischen Episoden habe ihm der Zeuge immer wieder geholfen. Der Kläger hat weiter bekundet, dass er nicht gerne allein sein wolle, auch im Hinblick auf künftige Schicksalsschläge. So habe er miterlebt, wie ein älterer Mann aus seiner Nachbarschaft verstorben sei und erst einen Monat später gefunden wurde. Dies habe ihn sehr betroffen gemacht.

Der Zeuge hat bekundet, dass die Religion auch einen Teil ihrer Freundschaft ausmache. Sie respektierten beide ihre Freiräume und hätten auch keine festen Spielregeln, was die materiellen Dinge betreffe. Diesbezüglich gäben sie sich gegenseitig keine Rechenschaft. Die Freundschaft hätte auch weiter Bestand gehabt, wenn einer eine Partnerschaft mit einer Frau eingegangen wäre. Nur habe sich das nicht ergeben. Für das Alter würden beide auf gegenseitigen Beistand hoffen. In sozialer Hinsicht sei der Kläger die wichtigste Person, aber angesichts seiner religiösen Lebenseinstellung könnten andere Dinge wichtiger sein.

Darauf ist folgendes Zwischenurteil ergangen:

Es wird festgestellt, dass seit dem November 2009 eine lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen besteht.

Der gerichtlichen Aufforderung, seine Einkommens- und Vermögenssituation vollständig durch Nachweise zu belegen, kam der Zeuge nach Erlass eines Beschlusses vom 18.04.2016, mit dem festgestellt wurde, dass dem Zeugen kein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe und er daher zur Zeugenaussage sowie zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet sei, sowie nach Androhung eines Zwangsgeldes und mehreren Aufforderungen, im August 2016 nach. Danach bezieht der Zeuge seit 01.03.2010 eine Altersrente des DRV i. H. von rund 1.100.- Euro, eine österreichische Rente von rund 180.- Euro und eine Betriebsrente von rund 1.100.- Euro. Er besitzt zwei Girokontos sowie ein Cashkonto beim gleichen Bankinstitut. An Versichrungen bestehen für den Zeugen eine Pflegerenten-, eine Lebens- und eine Rechtsschutzversicherung, eine gemeinsame Haftpflicht-, Hausrats- und Glasversicherung (Partnertarif) und eine Unfallversicherung, mit der auch der Kläger versichert ist.

Die Beklagte kam nach Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis, dass aufgrund des vorhandenen Vermögens, insbesondere auf dem Cashkonto des Zeugen, der Vermögensfreibetrag seit Antragstellung überschritten sei und bereits deshalb ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII für den Kläger nicht bestehe.

Auf Nachfrage hat der Zeuge erklärt, dass sich der Einkommens- und Vermögensstatus seit August 2016 nicht geändert habe. Aus dem beigefügten Kontoauszug ist ein Kontostand des Cashkontos am 25.04.2017 mit 12.700,17 Euro ersichtlich.

Am 01.06.2017 hat der Kläger einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII gestellt.

In der mündlichen Verhandlung am 20.06.2017 hat die Vertreterin der Beklagten beantragt das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 05. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2011 abzuweisen.

Der Klägerbevollmächtigte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Streitgegenstand sind Leistungen der Grundsicherung im Alter, die das SG ab 01.11.2009 zugesprochen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 02.02.2010, B 8 SO 21/08 R, Rn. 9) führen zwischenzeitlich ergangene neue Bescheide für den von ihnen betroffenen Zeitraum zu einer Erledigung eines früheren Ablehnungsbescheides nach § 39 Abs. 2 SGB X (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. August 2013 - L 8 SO 157/10). Der Antragsteller hat zwar am 01.06.2017 einen neuen Leistungsantrag gestellt, dieser ist jedoch bislang nicht verbeschieden worden. Daher ist der Zeitraum vom 01.11.2009 bis zur Entscheidung in der mündlichen Verhandlung steitig. Damit sind laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Dass das SG die zugesprochenen Leistungen nicht beziffert hat, spielt in diesem Zusammenhang noch keine Rolle.

Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 2 SGG).

B.

Die Berufung der Beklagten ist auch größtenteils begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben und eine Einstandsgemeinschaft verneint. Eine solche besteht zwischen dem Kläger und dem Zeugen, so dass dessen Einkommen und Vermögen auf den Bedarf des Klägers anzurechnen ist. Unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen ergibt sich nur für den Monat Februar 2017 ein geringfügiger Hilfebedarf des Klägers. Der Bescheid des Klägers hatte daher zum größten Teil Bestand.

I.

Streitgegenstand ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis zur mündlichen Verhandlung am 20.06.2017. Diesen Anspruch macht der Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG geltend (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R, RNr. 17).

Mit dem Zwischenurteil des Senats vom 22.09.2015 gem. § 130 Abs. 2 SGG wurde nicht über den Anspruch dem Grunde nach entschieden, sondern über die entscheidungserhebliche Sachfrage, ob eine Einstandsgemeinschaft nach § 43 Abs. 1 SGB XII besteht. Dieses Zwischenurteil war nicht gesondert anfechtbar, es entfaltet Bindungswirkung nur innerhalb der Instanz (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 130 Rn. 11). Es geht damit im Endurteil auf, mit dem über den gesamten Rechtstreit entschieden wird.

II.

Die Beklagte hat überwiegend zu Recht mit Bescheid vom 05.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 06.10.2011 eine Leistungsbewilligung abgelehnt.

1. Die Leistungsablehnung war statthaft.

Über eine Leistungsablehnung begründet mit fehlender Hilfebedürftigkeit kann der Sozialhilfeträger erst nach Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten entscheiden. Eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Hilfesuchenden ist zuvor nicht statthaft (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R, Rn. 17). Eine Auskunftspflicht besteht auch für den Partner einer lebensparterschaftsähnlichen Beziehung im Rahmen eines Anspruchsbegehrens nach dem vierten Kapitel des SGB XII gem. § 117 Abs. 1 S. 3 SGB XII (LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2013, L 9 SO 13/13 B ER).

Die Beklagte hat bei Erlass des Ablehnungsbescheides am 05.03.2010 keine ausreichenden Ermittlungsanstrengungen unternommen, um vom Zeugen die erforderlichen Auskünfte über sein Einkommen und Vermögen zu erhalten. Insbesondere wurde der Zeuge nicht unter Androhung einer Geldbuße (§ 117 Abs. 6 SGB XII) aufgefordert, die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde dieser Verfahrensfehler jedoch geheilt, als die Beklagte durch eigene Ermittlungen das Einkommen des Zeugen in Form von Arbeitslosengeld ermittelt und nach einer Bedarfsberechnung die Hilfebedürftigkeit des Klägers wegen übersteigenden Einkommens abgelehnt hat.

2. Der Kläger hat bis auf den Monat Februar 2017 im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen des SGB XII.

Rechtsgrundlage hierfür stellt § 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar. Danach ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.

Der 1938 geborene Kläger erfüllt alleine betrachtet dem Grunde nach die Leistungsvoraussetzungen dieser Vorschrift: Er hatte bei Antragstellung im November 2009 die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII von 65 Jahren erreicht und kann seinen Lebensunterhalt nicht durch sein Einkommen und Vermögen bestreiten.

Die Hilfebedürftigkeit verlangt aber auch die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen einer Einstandsgemeinschaft. Nach § 43 Abs. 1 SGB XII sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII übersteigen, zu berücksichtigen. Der Senat verkennt nicht, dass das Wort „lebenspartnerschaftsähnlichen“ erst mit Wirkung zum 01.01.2011 - nach Antragstellung vom 05.11.2009 - in das Gesetz eingefügt wurde (Gesetz vom 24.03.2011, BGBl. I S. 453). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404, Seite 128) heißt es hierzu: „Die Neufassung von § 43 Absatz 1 stellt eine redaktionelle Überarbeitung dar. Berücksichtigt wird dabei die bei der Anpassung des SGB XII an das Lebenspartnerschaftsgesetz unterbliebene Einbeziehung der „lebenspartnerschaftsähnlichen“ Gemeinschaft. … ". Dies bedeutet jedoch keine Änderung der Rechtslage. Bis 31.12.2010 enthielt § 43 Abs. 1 SGB XII zwar nicht den Begriff „lebenspartnerschaftsähnlich“ er verwies jedoch auf §§ 19 und 20 Satz 1 SGB XII. § 20 Abs. 1 SGB XII lautete schon seit 01.08.2006: „Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten.“.

a. Dem Kläger sind Einkommen und Vermögen des Zeugen zuzurechnen, weil, wie mit Zwischenurteil vom 22.09.2015 festgestellt, zwischen beiden eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft besteht.

Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist bereits zu den Vorläuferregelungen des § 20 SGB XII durch das Bundesverfassungsgericht konkretisiert worden. Die vom BVerfG zum Arbeitslosenhilferecht vorgenommene Konkretisierung beansprucht auch für die Regelung im Sozialhilferecht Geltung, weil die Zielrichtungen der Regelungen übereinstimmen. Das BVerfG hatte § 137 Abs. 2a AFG nur mit der Maßgabe für mit Art. 3 Abs. 1 GG für vereinbar gehalten, dass der Begriff der eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer auf Dauer angelegten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft verstanden wird. Erfasst werden danach neben der jedenfalls erforderlichen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft nur Gemeinschaften, in denen die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, 1 BvL 8/87). Nach der Entscheidung des BVerfG ist eine Vergleichbarkeit mit nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nur gegeben, wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse einsetzen (Voelzke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 20 Rn. 19 m.w.N.).

Aufbauend auf den in der Entscheidung des BVerfG niedergelegten Grundlagen hat das BSG den Begriff der Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit dem Urteil vom 23.08.2012 (B 4 AS 34/12 R) näher ausdifferenziert. Die Grundsätze der zum SGB II ergangenen Entscheidung sind - soweit sie sich nicht auf die im Sozialhilferecht nicht anzuwendende Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II beziehen - auf die Rechtslage nach dem SGB XII zu übertragen (Voelzke, a.a.O., Rn. 20).

Danach liegt eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nur vor, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: Es muss sich um Partner handeln, die in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzung) und zwar so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).

Diese für die eheähnliche Gemeinschaft entwickelten Grundsätze, sind ohne Abweichungen auf die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft übertragbar. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb und in welcher Weise eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft anderen Kriterien unterliegen sollte wie eine gemischtgeschlechtliche Partnerschaft.

aa. Der Kläger und der Zeuge sind Partner. Von einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (BSG, a.a.O., Rn. 20). Es muss sich zudem um eine auf Dauer angelegte Bindung handeln (Voelzke, a.a.O., Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Für die Ausschließlichkeit der Beziehung spricht, dass weder der Kläger noch der Zeuge angegeben haben, seit 1975 eine andere Beziehung von vergleichbarer Intensität und Dauer geführt zu haben. Beide sehen sich gegenseitig als wichtigste und am nächsten stehende Bezugsperson an. Der Kläger hat selbst erklärt, er habe in A-Stadt keine Freunde, obwohl er seit 1985 in A-Stadt wohnt. Der Zeuge sei der Einzige, der sich um ihn kümmere. Der Zeuge hat erklärt, am längsten sei er mit dem Kläger befreundet. Beide würden für das Alter auf gegenseitigen Beistand hoffen. Die seit 1975 bestehende Verbindung ist daher auf Dauer angelegt.

Die rechtliche Möglichkeit der Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG besteht seit Inkrafttreten des LPartG am 01.08.2001 (BGBl. I, 266). Nicht erforderlich für die Annahme einer Partnerschaft ist die Feststellung geschlechtlicher Beziehungen (Voelzke, a.a.O., Rn. 39). Damit waren auch Feststellungen zur sexuellen Orientierung entbehrlich. Das Fehlen einer sexuellen Beziehung, wie vom Kläger und dem Zeugen bekundet, ist ohne Bedeutung. Insofern teilt der Senat nicht die Ansicht des SG, das sich zu keinen weiteren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen veranlasst fühlte.

Die Maßgeblichkeit der Beziehung zeigt sich besonders darin, dass sich beide einander als Begünstigte von Sterbegeldversicherungen eingesetzt haben und der Zeuge und der Kläger über eine gemeinsame Unfallversicherung verfügen, mit der sie sich im Todesfall gegenseitig absichern.

bb. Auch eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft liegt vor. Eine Wohngemeinschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen besteht, dies wird auch nicht bestritten.

Ebenso besteht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Das wesentliche Vergleichselement zwischen Ehe bzw. Lebenspartnerschaft und eheähnlicher Gemeinschaft bzw. lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft bildet das „Wirtschaften aus einem Topf“. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der gemeinsame Einkauf bestimmter gemeinsam genutzter Artikel des täglichen Lebens (Nahrungsmittel, Reinigungs- und Sanitärartikel) genügt allein nicht, weil eine derartige Deckung von Grundbedürfnissen auch in reinen Wohngemeinschaften durchaus üblich ist (Voelzke, a.a.O., Rn. 28).

Die Merkmale einer Wirtschaftsgemeinschaft sind vielmehr erst zu bejahen, wenn die Haushaltsführung und das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, wobei es nicht zwingend auf gleichwertige Beiträge ankommt. Vielmehr genügt eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Beiträge zum Wohl des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligung an der Haushaltsführung einerseits von der wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner und andererseits von den individuellen Absprachen abhängig ist (Voelzke, a.a.O., Rn. 29).

Eine Wirtschaftsgemeinschaft in diesem Sinne liegt vor. Es bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger und der Zeuge die notwendigen Entscheidungen über die Haushaltsführung und die hierfür zu tragenden Kosten gemeinsam treffen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen beiden Personen ein erheblicher Unterschied in der finanziellen Leistungsfähigkeit besteht. Es spricht daher maßgeblich für ein gemeinsames Wirtschaften, dass der Zeuge die gesamte Miete trägt, damit der gemeinsame Haushalt in der jetzigen Form fortbestehen kann. Auch trägt der Zeuge alleine die Kosten für die gemeinsame Unfallversicherung und die gemeinsame Haftpflicht-, Glas- und Hausratsversicherung. Auch bestehen nach Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung keine „Spielregeln, was die materiellen Dinge betrifft“ und es wird keine Rechenschaft über materielle Dinge gegeben. Aus dieser Formulierung kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Lebenshaltungskosten gemeinschaftlich bestritten werden, je nach finanzieller Leistungsfähigkeit. Gerade die geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers deutet auf gemeinsames Wirtschaften hin, da sonst die wirtschaftliche Existenz des Klägers gefährdet wäre. Insbesondere gilt dies auch für die unentgeltliche Wohnungsüberlassung. Der Kläger wäre selbst nicht imstande, sich eine solch teure Wohnung zu leisten. Hier besteht eine Übereinkunft, die - ebenso wie die vorgebrachte Darlehensvereinbarung - auf Absprachen i. S. eines gemeinsamen Wirtschaftens beruht.

dd. Auch der erforderliche Einstehens- und Verantwortungswille als subjektives Element liegt vor.

Zusätzlich zu den objektiven Merkmalen der eheähnlichen Partnerschaft ist ein subjektives Element erforderlich, um diese Partnerschaft von der reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft abzugrenzen. Die subjektive Seite der eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist erfüllt, wenn die Partner den gemeinsamen Willen haben, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen. Es muss eine enge personale Bindung dergestalt bestehen, dass ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Die Partner müssen in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dergestalt leben, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden (Voelzke, a.a.O., Rn. 30). Diese innere subjektive Seite ist regelmäßig nur anhand von Indizien (Hilfstatsachen) festzustellen. Durch die Auswertung objektiv vorliegender Tatsachen ist zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft gerechtfertigt sind. Der Katalog der heranzuziehenden Indizien ist nicht abschließend. Vielmehr sind zu einer abschließenden Beurteilung alle Umstände des Einzelfalles in ihrer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der Dauer des Zusammenlebens wird in der Rechtsprechung und Literatur eine herausgehobene Bedeutung zuerkannt (LSG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2007, L 5 B 21/07 ER AS, Grube in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Aufl., § 20 Rn. 13).

Vom Vorliegen des gegenseitigen Verantwortungs- und Einstandswillen ist der Senat auf Grund folgender objektiver Hilfstatsachen überzeugt: Der Kläger und der Zeuge leben seit 1975 zusammen und sind zweimal zusammen umgezogen, darunter einmal von K-Stadt nach A-Stadt. Sie haben sich gegenseitig in Sterbegeldversicherungen und in der gemeinsamen Unfallversicherung eingesetzt. Der Zeuge unterstützt den Kläger in Sozialhilfe-Angelegenheiten (lt. Bescheid vom 05.03.2010 haben beide gemeinsam vorgesprochen), auch die erneute Antragstellung am 01.06.2017 erfolgte durch den Zeugen. Der Zeuge hat folgendes im Termin vor dem SG ausgesagt: „Es ist zeitgemäß und für uns wünschenswert, im Alter nicht allein zu wohnen. Auf diese Weise hoffen wir, länger selbstbestimmt leben zu können.“ Auffallend ist hier zunächst die Wir-Form. Inhaltlich ist diese Aussage so zu verstehen, dass beide einander bei altersbedingt zunehmenden Gesundheitsstörungen (die zu den „Not- und Wechselfällen des Lebens“ zählen) nach besten Kräften unterstützen (also „füreinander einstehen“) wollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gab der Zeuge an, dass beide für das Alter auf gegenseitigen Beistand hoffen würden. Der Zeuge ist bereit, dem Kläger finanzielle Hilfe zu gewähren (Aussage im Erörterungstermin beim LSG am 18.09.2014: Er helfe, solange er helfen könne). Dass die Hilfe darlehensweise gewährt wird, spricht nicht gegen den Einstandswillen, zumal eine Rückzahlung - wie die Beteiligten wissen - praktisch nur möglich ist, wenn der Kläger im vorliegenden Verfahren obsiegt. Tatsächlich wird die Unterstützung nach Angaben der Beteiligten seit November 2009 (Antragstellung) in Höhe von monatlich ca. 600,- Euro gewährt und beläuft sich dementsprechend mittlerweile auf ca. 55.200.- Euro. Je größer dieser Umfang im Verhältnis zum Einkommen und Vermögen des Zeugen erscheint, desto deutlicher wird, dass dieser tatsächlich bereit ist, eigene Bedürfnisse zu Gunsten des Klägers zurückzustellen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger gegenüber dem SG mit Schriftsatz vom 19.09.2012 (mit Anlagen) dargestellt hat, dass der Zeuge durch die Situation finanziell stark belastet sei. So hat der Kläger ausgeführt, der Zeuge habe einen Minijob angenommen und sein Fahrzeug aufgegeben, um Kosten zu sparen. Nur auf Grund dieser Umstände habe er die Miete allein tragen können. Die spätere Einlassung (Schriftsatz vom 06.05.2013 gegenüber dem LSG), der Zeuge habe den Minijob nicht angenommen, um den Kläger zu unterstützen, sondern aus „anderen Gründen“, ist demgegenüber wenig substantiiert. Außerdem relativiert der Kläger seine Aussage umgehend selbst, indem er ausführt, der Zeuge habe nur deshalb so gehandelt, um den Kläger so lange zu unterstützen, bis dieser Leistungen erhalte. Dabei verkennt er, dass auch eine derart motivierte Unterstützung durch Darlehen für die Bereitschaft spricht, füreinander einzustehen. Die - aus Sicht des Klägers rechtswidrige - Verweigerung von Sozialhilfeleistungen zählt zu den „Not- und Wechselfällen des Lebens“, in denen sich die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft für den Kläger bewährt.

Zwar ist es unzulässig, die Hilfebedürftigkeit abzulehnen, wenn Leistungen eines Sozialleistungsträgers zu Unrecht abgelehnt werden und ein Dritter deshalb notfallmäßig Unterstützung leistet. Es ist jedoch möglich und zulässig, das Verhalten dieses Dritten wertend bei der Frage des Vorliegens eines Verantwortungs- und Einstandswillens zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Zeitdauer des anhängigen Klageverfahrens.

Da somit von einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Zeugen und dem Kläger auszugehen ist, sind nach § 43 Abs. 1 SGB XII zur Beurteilung der Hilfebedürftigkeit des Klägers auch Einkommen, Vermögen und Bedarf des Zeugen zu berücksichtigen.

b. Unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen besteht jedoch - bis auf den Monat Februar 2017 - kein Bedarf an Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB XII, so dass der Kläger nicht hilfebedürftig ist. Im Zeitraum bis März 2016 lag bereits Vermögen des Zeugen vor, das kontinuierlich während dieses Zeitraums über der jeweils maßgeblichen Vermögensfreigrenze lag und mit dem der Bedarf des Klägers nach § 42 SGB XII gedeckt werden konnte, so dass bereits aus diesem Grund ein Anspruch nicht gegeben war. Ab April 2016 konnte der Bedarf des Klägers mit dem Einkommen des Zeugen gedeckt werden.

Der Bedarf des Klägers setzt sich zusammen aus dem Regelsatz nach §§ 42 Nr. 1 i. V. m. 27, 28 SGB XII sowie der Anlage zu § 28 SGB XII in der jeweiligen Fassung zuzüglich des Zuschlags der Beklagten nach § 28 Abs. 3 SGB XII, den Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach §§ 42 Nr. 4 i. V. m. 35 SGB XII, hier die hälftigen tatsächlichen Mietkosten und den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung nach §§ 42 Nr. 2 i. V. m. 32 SGB XII.

Exemplarisch wird der Bedarf für den Zeitpunkt der Antragstellung berechnet:

Der Kläger selber konnte im streitigen Zeitraum diesen Bedarf nicht durch sein einsetzbares Einkommen und Vermögen decken. An Vermögenswerten hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 05.11.2009 nach seinen Angaben 1.760.- Euro. Einkommen erzielte er lediglich in Form der Altersrente, bei Antragstellung i. H. v. 221,58 Euro.

aa. Dem ungedeckten Bedarf des Klägers stand jedoch im Zeitraum ab Antragstellung am 05.11.2009 bis März 2016 nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB XII einzusetzendes, verwertbares Vermögen des Zeugen in Form eines Guthabens bei seinem Bankinstitut gegenüber. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Ausnahmetatbestände nach § 90 Abs. 2 SGB XII sind nicht ersichtlich, insbesondere handelt es sich bei dem Vermögenswert nicht um einen kleineren Geldwert nach § 90 Nr. 9 SGB XII (sog Schonvermögen). Dieser Wert wird durch die Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a der Verordnung in der Fassung gültig bis 31.03.2017 lag das Schonvermögen bei einem Hilfesuchenden, der wie der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat, bei 2.600.- Euro, zzgl. 614.- Euro für den Zeugen als lebenspartnerschaftsähnlichen Partner gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Verordnung, insges. somit 3.214.- Euro.

Berücksichtigt werden muss jedoch, dass im Zeitraum 01.11.2009 bis 28.02.2010 eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft bestand, da der am 18.02.1945 geborene Zeuge aufgrund Erreichen der Altersgrenze erst ab 01.03.2010 dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB XII war und zuvor eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB II bestand. Daher ist für den Zeugen für diesen Zeitraum unter Annahme eines Härtefalles nach § 90 Abs. 2 SGB XII das nach § 12 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB II zu berechnende Schonvermögen zu Grunde zu legen, somit 9.750 Euro, insges. somit 12.350 Euro (BSG, Urteil vom 20. September 2012, B 8 SO 13/11 R).

Ab dem 01.04.2017 lag das Schonvermögen für den Kläger und den Zeugen bei je 5.000.- Euro, insges. somit 10.000.- Euro nach § 1 S. 1 Nr. 1 der Verordnung in der aktuellen Fassung vom 22.03.2017.

Das Schonvermögen gestaltet sich für den Kläger und den Zeugen zusammen daher wie folgt:

„01.11.2009 bis 28.02.2010 12.350.- Euro

01.03.2010 bis 31.03.2017 3.250.- Euro

01.04.2017 bis 31.05.2017 10.000.- Euro“

Der Zeuge verfügt über ein Cashkonto bei der Stadtsparkasse A-Stadt, sowie zwei Girokonten, ebenfalls bei der Stadtsparkasse. Das Cashkonto wies am 30.10.2009, somit kurz vor Antragstellung des Klägers, einen Kontostand von 31.126,44 Euro aus, der insbes. aus einer Abfindungszahlung des letzten Arbeitgebers des Zeugen resultiert. Dieser Kontostand verringerte sich sukzessive im streitigen Zeitraum bis zu einen Kontostand von 12.770,17 Euro am 29.04.2017. Das Girokonto mit der Nr. … wies am 30.10.2009 einen negativen Saldo von 1.170,34 Euro aus, dieser erhöhte sich und lag im streitigen Zeitraum zwischen ca. -6.000.- Euro bis ca. -1.000.- Euro. Das andere Girokonto mit der Nr. … wies im streitigen Zeitraum Salden von ca. 1.000.- Euro bis - ca. 600.-Euro aus. Insgesamt ergibt sich nach einer umfassenden Prüfung der vorgelegten Kontoauszüge, dass sich das Vermögen des Zeugen sukzessive verringert hat. So hat sich das Vermögen auf dem Cashkonto sukzessive verringert, der Negativsaldo auf dem Konto 18116277 lag im Schnitt bei ca. - 10.000 Euro, der Saldo auf dem Konto 18125955 schwankte bei geringen positiven und negativen Salden.

Als Vermögen gilt die Summe aller aktiven Vermögenswerte. Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn die nachfragende Person ihre zur Verfügung stehenden Mittel verbraucht hat. Insbesondere spricht auch die Systematik des § 90 SGB XII gegen ein Verständnis des Vermögens als Differenzbetrag zwischen Aktiva und Passiva. So ist vor allem der Aufzählung einzelner, nicht als Vermögen zu berücksichtigender Vermögensgegenstände in § 90 Abs. 2 SGB XII zu entnehmen, dass alle Vermögensbestandteile einzeln zu betrachten und nicht in einer Gesamtrechnung zu saldieren sind (Mecke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 14). Das Cashkonto wies den gesamten streitigen Zeitraum über hohe Positivbestände aus, die für sich betrachtet jeweils ein Vermögen über dem Schonbetrag darstellen würden. Da es sich hier jedoch bei dem Cashkonto um ein reines Tagesgeldkonto handelt, von dem nicht selbst Bargeld abgehoben oder Überweisungen getätigt werden können, sondern allein Umbuchungen auf das Korrespondenzgirokonto erfolgen können, war hier eine Gesamtschau der Kontostände der beiden Girokonten und des Cashkontos des Zeugen vorzunehmen. Im Zeitraum bis 28.01.2010 lag das so ermittelte Vermögen des Zeugen über dem bis dahin maßgeblichen Schonvermögen von 12.350.-Euro. Bis zum März 2016 lag das Vermögen des Zeugen über dem maßgeblichen Schonvermögen von 3.250.-Euro (Positivsaldo am 31.03.2016: 5.461,13 Euro). In diesem Zeitraum bestand daher bereits aufgrund einzusetzenden verwertbaren Vermögens des Zeugen kein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Ab April 2016 lag jedoch insgesamt ein Vermögen unterhalb dieses Schonvermögens vor (so z. B. am 14.04.2016 Positivsaldo 2.878.-Euro, am 10.08.2016 Positivsaldo 2.437,59 Euro).

bb. Auch für den Zeitraum ab April 2016 besteht jedoch kein Anspruch des Klägers auf Grundsicherung im Alter, da das Einkommen des Klägers und des Zeugen gemeinsam ausreichend ist, um den Bedarf für den Lebensunterhalt des Klägers zu sichern.

Der Kläger hatte im April 2016 einen Bedarf bestehend aus dem Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 364.-Euro zzgl. 19.-Euro Münchenzuschlag, hälftige tatsächliche Mietkosten in Höhe von 584.-Euro, sowie Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung bei der DAK i. H. v.41,91 Euro. Das Einkommen des Klägers aus der Rente in Höhe von 243,68 Euro war nicht ausreichend, seinen Bedarf von insgesamt 1.008,91 Euro zu decken. Es bestand daher ein nicht gedeckter Bedarf von 765,23 Euro.

Der Zeuge hatte im April 2016 jedoch Einkünfte bestehend aus der Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 1.081,72 Euro, eine Rente der Pensionsversicherungsanstalt Österreich in Höhe von 178,43 Euro sowie eine Betriebsrente in Höhe von 1.086,85 Euro, insgesamt somit 2.346,40 Euro. Abzüglich des Bedarfs des Zeugen, bestehend aus dem Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 364.-Euro zuzüglich Münchenzuschlag in Höhe von 19.-Euro, hälftigen tatsächlichen Mietkosten in Höhe von 584.-Euro sowie Beiträgen zur Krankenund Pflegeversicherung in Höhe von 356,04 Euro, insgesamt somit 1.323,04 Euro ergibt sich ein übersteigendes Einkommen von 1.023,36 Euro.

Weiterhin hat der Zeuge im April und im Oktober eines jeden Jahres ein weiteres Einkommen, da in diesen Monaten die österreichische Rente doppelt ausgezahlt wird (vgl. § 105 Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. Nr. 18/1956 (DFB),NR: GP VII RV 599 AB 613 S. 79. BR: S. 108.) Dieses Einkommen ist gem. § 82 Abs. 4 SGB XII in der maßgeblichen Fassung vom 23.12.2015 in dem Monat anzurechnen, in dem es zufließt, wenn für diesen Monat keine Leistungen gezahlt wurden (was hier gegeben ist).

Vom Einkommen des Klägers und des Zeugen sind nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, abzusetzen. Versicherungsbeiträge sind dabei nicht monatlich mit einem Teilbetrag anzurechnen, sondern gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII in dem Monat einkommensmindernd abzusetzen, in dem sie gezahlt werden.

Der Kläger verfügt über eine Pflegerentenversicherung und eine „Trauerfalldirekt-Schutz-Versicherung“. Letztere stellt eine Lebensversicherung dar, da der begünstigte Zeuge im Falle des Todes des Klägers einen Geldbetrag ohne Zweckbindung erhält. Weiterhin verfügt der Kläger über drei weitere Krankenzusatzversicherungen zusätzlich zur Versicherung bei der DAK.

Der Zeuge verfügt über eine Hausratsversicherung, eine Glasversicherung, eine Haftpflichtversicherung (die auch den Kläger versichert), eine Rechtsschutzversicherung, eine Unfallversicherung (die auch den Kläger versichert), eine Lebensversicherung und eine Pflegerentenversicherung.

Diese Beiträge sind nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII dann einkommensmindernd abzusetzen, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Nach der herrschenden Meinung sind Beiträge für solche Versicherungen als angemessen anzusehen, die einer Sicherung entsprechen, die für in bescheidenen Verhältnissen lebende Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage üblich ist. Das BSG hat aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50% der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen (Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R). Ergänzend erscheint es sinnvoll, zur Ermittlung der Angemessenheit vom Zweck der Vorschrift auszugehen. Die Einnahmen sollen nur um solche Aufwendungen gemindert werden, die unvermeidbar oder notwendig sind oder den Zielen der Sozialhilfe entsprechen (Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 82 SGB XII Rn. 74).

Einkommensmindernd zu berücksichtigen sind danach die Beiträge für die private Haftpflichtversicherung des Klägers und des Zeugen sowie die Hausratsversicherung, nicht jedoch die Beiträge für die Rechtsschutzversicherung des Zeugen (vergleiche BSG, Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R), die Glasversicherung (Geiger in LPK-SGB XII, § 82 Rn. 82), die zusätzlichen Krankenversicherungen des Klägers, da keine besonderen Gründe für diese Versicherungen vorgetragen oder ersichtlich sind (Schmidt a. a. O., Rn. 80.1) und die Lebensversicherungen des Klägers und des Zeugen (Geiger a. a. O.).

Ebenso nicht zu berücksichtigen ist die Unfallversicherung des Zeugen. Bezüglich dieser Versicherung ist die Rechtslage uneindeutig (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. September 2016 - L 8 SO 295/14). Hier scheint nach den Ausführungen des Senats im oben genannten Urteil die Unfallversicherung in der Höhe nicht angemessen. Denn nach den Empfehlungen für den Abschluss einer Unfallversicherung („Merkblatt Unfallversicherung“ des Bundes der Versicherten e. V.) wird für einen 50 jährigen Berufstätigen das Vierfache des Bruttojahreseinkommens als ausreichend angesehen. Der Kläger und der Zeuge sind bei Vollinvalidität in Höhe von 120.000 Euro versichert. Weiterhin erhalten der Kläger und der Zeuge beim Tod des Anderen eine Todesfallleistung von 10.000 Euro, auch sind weitere Leistungen wie ein Unfall-Krankenhaustagegeld sowie eine Kurkostenbeihilfe versichert. Da der Kläger und der Zeuge kein Erwerbseinkommen erzielen, erscheint diese Unfallversicherung nicht notwendig. Denn eine Unfallversicherung soll insbesondere den Einkommensausfall aufgrund von Invalidität auffangen. Die Rente erhalten der Kläger und der Zeuge jedoch unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit.

Bzgl. der Pflegerentenversicherung ist anzunehmen, dass für Personen, die aufgrund geringer Mittel und Ersparnisse im Pflegefall ohnehin auf Grundsicherungsleistungen angewiesen wären, der Abschluss einer Zusatz-Pflegeversicherung nicht lohnt (Geiger a. a. O.). So liegt der Fall hier bzgl. des Klägers: Der Kläger wäre aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation im Pflegefall wie bereits jetzt ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen auf Sozialhilfe angewiesen.

Bezüglich des Zeugen erscheint die Pflege-Rentenversicherung jedoch angemessen, da er aufgrund seines Einkommens wohl im Pflegefall keine Sozialhilfe beziehen würde und es daher sinnvoll erscheint, für diese Situation zusätzlich Vorsorge zu betreiben, um im Falle der Pflegebedürftigkeit finanziell einen größeren Handlungsspielraum zu haben.

Einkommensmindernd zu berücksichtigen ist gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII daher nur die Pflege-Rentenversicherung des Zeugen in Höhe von 58,55 Euro.

Insgesamt besteht daher ab April 2016 kein Bedarf des Klägers, da das den Bedarf des Zeugen übersteigende Einkommen des Zeugen (1.023,36 Euro abzügl. 58,55 Euro: 964,81 Euro ausreichend ist, den nicht durch das Einkommen des Klägers abgedeckten Bedarf (765,23 Euro) zu decken (übersteigendes Einkommen: 199.58 Euro).

Im Folgezeitraum haben sich an der Einkommenssituation des Klägers und des Zeugen sowie an ihrer Bedarfslage keine wesentlichen Änderungen ergeben. Die DRV-Rente des Klägers stieg zum 01.07.2016 auf 236,75 Euro, die DRV-Rente des Zeugen auf 1.050,91 Euro. Aufgrund des erhöhten Einkommens ergibt sich ein höheres übersteigendes Einkommen und demnach auch für den Zeitraum ab 01.07.2016 kein Anspruch auf Leistungen.

Zum 01.01.2017 ist der Regelsatz auf 368.-Euro gestiegen, der Münchenzuschlag verblieb unverändert bei 19.-Euro. Der Bedarf hat sich danach für den Kläger und den Zeugen zusammen um 8.- Euro erhöht. Auch für den Zeitraum ab 01.01.2017 ist daher wegen übersteigenden Einkommens grundsätzlich kein Anspruch gegeben.

cc. Etwas anderes ergibt sich für den Monat Februar 2017, in dem die Jahresprämien für die Hausrats- und Haftpflichtversicherungen fällig wurden und gezahlt wurden. Die Prämien betrugen 93,80 für die Haftpflichtversicherung und 173,49 Euro für die Hausratsversicherung. Die Glasversicherung ist nicht angemessen (s. o.).Es errechnet sich ein Bedarf von 67,71 Euro (Versicherungsbeiträge 267,29 abzügl. übersteigendes Einkommen 199,58 Euro des Zeugen; vgl. Einkommens- und Bedarfsberechnung des Klägers und des Zeugen oben).

Im Ergebnis ist das Urteil des SG vom 11.12.2012 daher teilweise aufzuheben, dem Kläger nur für den Zeitraum Februar 2016 Leistungen i. H. v. 67,71 Euro zuzusprechen und die Klage im Übrigen abzuweisen. Insoweit ist auch der Ablehnungsbescheid vom 05.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2011 abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des nur marginalen Erfolgs der Klage, die auf Angaben des Zeugen beruht, die dieser erst im Berufungsverfahren getätigt hat, war eine anteilige Kostentragung der Beklagten nicht angezeigt.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.

(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:

1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.

(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.

(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat

1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen. Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen. Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar. Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden. Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.

(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 werden aufgehoben, soweit die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. September 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 Beiträge auf der Grundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt hat.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge vom 1.2. bis 31.12. 2006, insbesondere darüber, ob die Beklagte der Beitragsbemessung die im Kalenderjahr 2004 tatsächlich erzielten Einkünfte (5643 EUR) oder ein hochgerechnetes (Jahres-)Arbeitseinkommen (14 206,15 EUR) zugrunde legen muss.

2

Die Klägerin nahm am 9.8.2004 als Existenzgründerin eine selbständige Tätigkeit auf und bezog einen Existenzgründungszuschuss (§ 421l SGB III) iHv 600 EUR monatlich. Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Mecklenburg-Vorpommern stellte fest, dass die Klägerin ab dem 9.8.2004 nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI in der bis zum 31.3.2012 geltenden (Alt-)Fassung als selbständig tätige Person für die Bezugsdauer des Existenzgründungszuschusses in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, und setzte den Beitrag ab dem 1.9.2004 auf Basis der monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage iHv 400 EUR auf 78 EUR im Monat fest, weil "kein positives Arbeitseinkommen nachgewiesen" sei (Bescheid vom 27.9.2004).

3

Im Kalenderjahr 2004 erzielte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 5643 EUR (Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Rostock vom 15.11.2005). Nachdem die Beklagte dies bei der Finanzverwaltung ermittelt hatte, setzte sie den Beitrag rückwirkend ab dem 1.2.2006 auf 232,79 EUR monatlich fest (Bescheid vom 16.1.2007 und Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008). Diesen Monatsbeitrag errechnete sie, indem sie die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) mit dem Beitragssatz für das Jahr 2006 in der allgemeinen Rentenversicherung (19,5 %) multiplizierte und das Ergebnis (2793,47 EUR) durch die Anzahl der Kalendermonate eines Jahres (12) dividierte. Die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) hatte sie "maschinell" ermittelt, indem sie die Einkünfte aus dem Jahr 2004 iHv 5643 EUR durch die Anzahl der Tage, in denen sie erzielt worden waren (143 Tage vom 9.8. bis 31.12.2004), dividiert, den Wert des Quotienten (39,46 EUR) mit 360 Tagen (Kalenderjahr iS von § 123 Abs 3 S 2 SGB VI) multipliziert und das derart hochgerechnete (Jahres-)Einkommen von 14 206,15 EUR mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0084 (= 29 304 EUR vorläufiges Durchschnittsentgelt 2006 ./. 29 060 EUR Durchschnittsentgelt 2004) multipliziert hatte (vgl Hinweisschreiben der Beklagten vom 2.3.2007).

4

Das SG Rostock hat den "Bescheid der Beklagten vom 16.1.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 [richtig: 24.1.2008] teilweise aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, einen neuen Bescheid zu erlassen, bei welchem für die Berechnung der von der Klägerin zu zahlenden Beiträge für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis 31.12.2006 das tatsächlich erzielte Einkommen laut Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Jahr 2004 iHv 5643 EUR zu berücksichtigen ist" (Urteil vom 26.9.2011).

5

Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 13.2.2013): Zu Recht habe das SG entschieden, dass bei der Veranlagung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 das Jahreseinkommen aus 2004 iHv 5643 EUR (multipliziert mit dem Anpassungsfaktor von 1,0084), mithin 5690,40 EUR, "einzustellen" sei. Für eine dynamisierte Hochrechnung auf 14 325,48 EUR fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Aus dem Wortlaut des § 165 Abs 1 S 3 bis 10 SGB VI und auch der Gesetzesbegründung folge eindeutig, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte bei Selbständigen grundsätzlich eine "sichere" Grundlage der Beitragsberechnung seien, zumal der Gesetzgeber mit der "Dynamisierung des Arbeitseinkommens" die Problematik einer verzögerten Vorlage des Einkommensteuerbescheides offensichtlich erkannt und einer "pauschalen" Lösung zugeführt habe. Auch § 123 Abs 3 iVm § 189 SGB VI ermächtige die Beklagte nicht zur Hochrechnung von Arbeitseinkommen, das im Teilzeitraum eines Jahres erzielt worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus § 15 SGB IV, wonach Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte (tatsächliche) Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit sei. Denn eine Hochrechnung sehe das Steuerrecht nicht vor. Keinesfalls stellten die Gesichtspunkte der "Verwaltungsvereinfachung" bzw der "Beschleunigung des Arbeitsablaufes innerhalb der Verwaltung", auf die sich die Beklagte berufe, eine ausreichende "Ermächtigung" dar.

6

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV): Die Hochrechnung sei aus Gründen der Praktikabilität vorzunehmen, erfolge trägerübergreifend und sei in diversen Arbeitsanweisungen, Konventionen und zahlreichen übergreifenden Besprechungen bestätigt worden. Ermächtigungsgrundlage sei § 165 Abs 1 S 3 SGB VI. Soweit das LSG dies anders sehe, setze es sich nicht mit der Frage auseinander, ob der Gesetzgeber die alleinige Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheids auch für den Fall vorgesehen habe, dass ein Selbständiger nur einige Monate entsprechendes Einkommen erzielt habe. Hätte er die Hochrechnung in diesen Fällen generell ausschließen wollen, hätte er andere Vorschriften (zB § 18b SGB IV) ändern müssen. Die Kongruenz zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht sei nicht allumfassend und könne den Ausschluss der Hochrechnung nicht rechtfertigen. Ferner könne die Hochrechnung auch auf § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV gestützt werden.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Februar 2013 sowie des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin, die den vorinstanzlichen Entscheidungen beipflichtet, beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet, wobei der Tenor des erstinstanzlichen Urteils vom 26.9.2011 klarzustellen war.

10

1. Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen und die (Teil-)Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch das SG bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen das Klageziel verkannt, als sie die Beklagte (antragsgemäß) unter Teilaufhebung der angefochtenen Bescheide zur Neufestsetzung der Beitragshöhe verpflichteten. Denn das Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin war von Anfang an lediglich darauf gerichtet, die Beseitigung der Beitragserstfestsetzung und die Beitragsneufestsetzung im Bescheid vom 16.1.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.2006 teilweise aufzuheben (Teilanfechtung in zeitlicher Hinsicht) und betraf die Beitragshöhe nur insoweit, als die Beklagte der Beitrags(neu)bemessung Einkünfte von mehr als monatlich 474,20 EUR (= 5643 EUR x 1,0084 Dynamisierungsfaktor ./. 12 Monate) zugrunde gelegt hatte (Teilanfechtung in sachlicher Hinsicht). Derartige Teilanfechtungen sind schon nach dem Wortlaut von § 54 Abs 1 S 1 SGG, der ausdrücklich auch die Abänderung eines Verwaltungsakts als mit der Gestaltungsklage verfolgbares Begehren benennt, statthaft und erlauben es dem Kläger als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen(Senatsurteil vom 27.5.2014 - B 5 R 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 97 Nr 2 vorgesehen). Ob Teilbarkeit im Einzelfall gegeben ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts. Teilweise anfechtbar sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (Senatsurteil aaO; BSG Urteile vom 23.2.2005 - B 6 KA 77/03 R - SozR 4-1500 § 92 Nr 2 und vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 - BSGE 59, 137 = SozR 2200 § 368a Nr 13). In diesem Sinne zeitlich und zahlenmäßig abgrenzbar ist auch die Frage, ob der Beitragsbemessung nur Einkünfte von 474,20 EUR monatlich oder ein höheres (Monats-)Arbeitseinkommen zugrunde zu legen ist. Keine zusätzliche Bedeutung kommt dem im ersten Rechtszug vordergründig als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs(bescheidungs)klage formulierten Antrag zu, die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide "zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zur Beitragszahlung für den Zeitraum 01.02.2006 bis 31.12.2006 zu erlassen". Insofern handelt es sich lediglich um einen irrigen äußeren Ausdruck der in Wahrheit erhobenen (isolierten) Teilanfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG), die im Erfolgsfall dazu führen würde, dass allenfalls noch der Betrag berücksichtigt werden könnte, der sich auf Basis einer Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergibt.

11

2. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Unrecht die frühere Festsetzung des Höchstwerts der monatlichen Beiträge für den streitigen Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 schlüssig aufgehoben und Beiträge auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt. Dabei steht der Umstand, dass sich die Beklagte insofern auf maschinell ermittelte Vorgaben stützt, der Annahme eines Verwaltungsakts nicht entgegen (vgl bereits zur Rentenanpassungsmitteilung BSG Urteil vom 23.3.1999 - B 4 RA 41/98 R - SozR 3-1300 § 31 Nr 13). Für eine rückwirkende Änderung der bestandskräftigen Festsetzung des monatlichen Beitrags auf 78 EUR und ihre Ersetzung durch einen neuen Höchstbetrag (232,79 EUR) fehlt es - jedenfalls im mit der Klage geltend gemachten Umfang - an einer speziellen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundlage. Diese kann sich in Ermangelung einschlägiger Regelungen im Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nur aus § 48 Abs 1 SGB X ergeben, dessen Voraussetzungen vorliegend allerdings nicht erfüllt sind. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Unter weiteren Voraussetzungen soll der Verwaltungsakt auch mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (S 2).

12

a) Als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Erstfestsetzung kommt allein die Aufhebung wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs 1 SGB X, nicht jedoch eine Rücknahme wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit iS von §§ 44, 45 SGB X in Betracht. Denn die LVA Mecklenburg-Vorpommern hat den Monatsbeitrag im Bescheid vom 27.9.2004 ursprünglich zu Recht auf 78 EUR festgesetzt. Als sie diesen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung erließ (§§ 37 Abs 2 S 1, 39 Abs 1 SGB X), waren beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 EUR (§ 165 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF vom 23.12.2002). Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens waren und sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird (S 3). Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, sind für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht die Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergeben (S 9). Da sich aus den Unterlagen der Klägerin "kein positives Arbeitseinkommen" ergab, war das (gesetzliche) Mindesteinkommen von monatlich 400 EUR maßgebend (S 1 Nr 1 aE), so dass sich durch Multiplikation mit dem Beitragssatz für 2004 in der allgemeinen Rentenversicherung iHv 19,5% ein Monatsbeitrag von 78 EUR errechnete.

13

b) Diese (Einkommens-)Verhältnisse änderten sich rechtlich erst wesentlich, nachdem das Finanzamt Rostock den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Kalenderjahr 2004 erlassen hatte. Damit wurde das sich hieraus ergebende Arbeitseinkommen aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit für die Beitragsbemessung ipso iure maßgebend (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI), und zwar ab dem Ersten des Kalendermonats, der auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheids folgte, spätestens aber ab Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 8 SGB VI). Vorzulegen war der Einkommensteuerbescheid dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 6 SGB VI). Da die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 nicht selbst vorgelegt hat, waren die Änderungen des Arbeitseinkommens vom Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung", also frühestens ab dem 1.2.2006, zu berücksichtigen. Die Änderungen waren auch wesentlich, weil sich auf der Basis des nach § 165 Abs 1 S 4 SGB VI durch Vervielfältigung mit dem Faktor 1,0084 fortgeschriebenen nachgewiesenen Arbeitseinkommens aus 2004 (5643 EUR) für das Kalenderjahr 2006 ein Arbeitseinkommen in Höhe von 5690,40 EUR und damit eine Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergab, die die alte Bemessungsgrundlage von 400 EUR überstieg und deshalb zu einem höheren Monatsbeitrag als 78 EUR führte.

14

c) Die (konkludente) Aufhebung dieser Beitragserstfestsetzung im Beitragsneubescheid vom 16.1.2007 ist jedoch - jedenfalls im Rahmen der Teilanfechtung - rechtswidrig, weil sie für einen zurückliegenden Zeitraum (1.2. bis 31.12.2006) erfolgte, obwohl keine der in § 48 Abs 1 S 2 SGB X abschließend aufgeführten Fallkonstellationen vorliegt. Nach dieser Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.    

die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,

2.    

der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,

3.    

nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder

4.    

der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

15

Zugunsten der Klägerin ist keine Änderung eingetreten (aaO Nr 1). Überdies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass Nrn 3 und 4 aaO nach Wortlaut und Sinnzusammenhang allein auf das Leistungsrecht bezogen und als abschließende Ausnahmeregelungen nicht analogiefähig sind (vgl BSG Urteile vom 21.9.2005 - B 12 KR 12/04 R - Juris RdNr 17, vom 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 5 S 27 mwN und vom 26.9.1991 - 4 RK 5/91 - BSGE 69, 255, 258 f = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 20 f). Die Klägerin hat schließlich auch keine Mitteilungspflicht verletzt, wie dies Nr 2 aaO voraussetzt. Dass sie den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 möglicherweise nicht "spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung" vorgelegt und damit die gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 165 Abs 1 S 6 SGB VI missachtet hat, wirkte sich nicht zu Lasten der Beklagten aus. Hätte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 Mitte Januar 2006 vorgelegt, hätte die Beklagte die Änderung des Arbeitseinkommens gemäß § 165 Abs 1 S 8 Halbs 1 SGB VI vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats, also ab dem 1.2.2006 berücksichtigen müssen. Nichts anderes sah Halbs 2 aaO bei Nichtvorlage oder verspäteter Vorlage des Einkommensteuerbescheids vor. Folglich hätte es in beiden Fällen zu einer identischen Beitragserhöhung frühestens ab dem 1.2.2006 kommen müssen, so dass der etwaige Verstoß der Klägerin gegen gesetzliche Mitteilungspflichten keine Beitragseinbuße zu Lasten der Beklagten bewirkte.

16

3. Darüber hinaus fehlt es aber auch materiell-rechtlich an einer Rechtsgrundlage dafür, der Beitragsbemessung nach "Hochrechnung" ein höheres Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, als dasjenige, das sich (fortgeschrieben nach Maßgabe des Verhältnisses der Durchschnittsentgelte) aus dem maßgeblichen letzten Einkommensteuerbescheid ergibt. Die von der Revision ins Feld geführten Vorschriften der § 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV geben dafür ersichtlich nichts her. Keinesfalls können "Besprechungsergebnisse der Beitrags- und Rentendezernenten" zu Lasten der Beitragsverpflichteten vermeintliche Defizite des geltenden Rechts kompensieren, die aus der Sicht der Beklagten bestehen mögen. Zutreffend hat der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes (Art 20 Abs 3 GG) hingewiesen.

17

4. Da die Klage bereits aus anderen Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte gemäß § 42 S 2 iVm S 1 SGB X auch deshalb beanspruchen kann, weil die nach § 24 Abs 1 SGB X erforderliche Anhörung unterblieben und nicht wirksam nachgeholt(§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X) worden ist (vgl zur Anhörungspflicht vor Beitragsregelungen BSGE 69, 247, 248 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4). Insbesondere braucht der Senat nicht auf die potentiell heilende Wirkung des Hinweisschreibens einzugehen, das die Beklagte der Klägerin während des Vorverfahrens übersandt hat.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2012 teilweise aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum Februar 2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 67,71 Euro zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Ansprüche des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter, insbesondere über das Vorliegen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Lebensgemeinschaft des Klägers mit dem Zeugen C.

Der 1938 geborene, ledige Kläger stellte am 05.11.2009 einen Antrag auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Er bezieht eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) (Stand 07/2009: 226,29 Euro). Er wohnt gemeinsam mit dem Zeugen in einer Wohnung, der Mietvertrag wurde gemeinsam abgeschlossen. An Versicherungen bestanden für den Kläger eine Unfall- und eine Trauerfallversicherung, für die der Zeuge jeweils als Bezugsberechtigter im Todesfall angegeben war. Weiterhin besteht eine Pflegerentenversicherung sowie zusätzlich zu der freiwilligen Krankenversicherung bei der DAK drei weitere Zusatzkrankenversichrungen.

Mit Bescheid vom 05.03.2010 lehnte die Beklagte den Sozialhilfeantrag mit der Begründung ab, zwischen dem Kläger und dem Zeugen bestehe eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft. Bei der gemeinsamen Vorsprache im Amt seien keine Äußerungen gemacht worden, die gegen eine Lebensgemeinschaft sprächen. Es sei davon auszugehen, dass nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Partner kein Anspruch auf Grundsicherung gegeben sei. Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Zeugen waren nicht angestellt worden.

Der Kläger erhob Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid und führte u.a. aus, die Unfallversicherung bestehe nicht mehr. Vor Erlass eines Ablehnungsbescheides hätte ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden müssen. Außerdem hätte ein ablehnender Bescheid erst bei konkreter Feststellung eines entsprechend hohen Einkommens des Zeugen ergehen dürfen.

Im Widerspruchsverfahren ermittelte die Beklagte im EDV-System der Bundesagentur für Arbeit, dass der Zeuge von 1970 bis 1993 selbstständig als Manager tätig war. Von 1993 bis 2008 war er als Manager Kommunikation IR und Marketing bei P. angestellt. Vom 01.12.2008 bis 28.02.2010 bezog der Zeuge Arbeitslosengeld (Alg I). Hierbei wurden ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 173,63 Euro und ein täglicher Zahlbetrag von 53,33 Euro berücksichtigt. Am 01.03.2010 erreichte er die Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente (geboren 18.02.1945).

Auf der Basis eines Alg I-Einkommens in Höhe von täglich 53,33 Euro stellte die Beklagte am 27.06.2011 eine Berechnung an, nach der das gemeinsame laufende Einkommen des Klägers und des Zeugen den gemeinsamen laufenden Bedarf um 112,04 Euro überstieg. Dabei wurden die Krankenversicherungsbeiträge zwar beim Kläger, aber nicht bei dem Zeugen als Bedarf berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2011, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11.10.2011, wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05.03.2010 zurück. Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 11.11.2011 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Es liege weder eine Wirtschaftsgemeinschaft noch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor, sondern lediglich eine reine Wohngemeinschaft.

Während des Klageverfahrens hat der Kläger beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, der mit Beschluss vom 04.10.2012 abgelehnt wurde (S 48 SO 473/12 ER). Beschwerde hat der Kläger nicht eingelegt.

Am 11.12.2012 hat das SG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und den Zeugen einvernommen. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 01.11.2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, ohne die Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen als Partner in einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, zu gewähren. Die Entscheidung hat das SG darauf gestützt, dass eine lebenspartnerschaftsähnliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen nach den Schilderungen des Klägers und des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht vorläge. Der Kläger selbst sei jedoch nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt durch sein Einkommen und Vermögen zu bestreiten. Der Zeuge habe glaubwürdig ausgesagt, dass zwischen ihm und dem Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Paarbeziehung bestanden habe, sondern immer ausschließlich ein freundschaftliches Verhältnis. Der Zeuge habe in der mündlichen Verhandlung am 11.12.2012 detailreich, farbig und widerspruchsfrei geschildert, wie er den Kläger kennengelernt und wie sich ihre Freundschaft in der Folgezeit entwickelt habe. Er habe dabei einen offenen, seriösen und glaubhaften Eindruck gemacht. Zudem habe er versichert, dass er nicht homosexuell sei. Eine Einstandspflicht gem. § 43 Abs. 1 SGB XII (bzw. § 20 SGB XII) scheide somit aus. Dem Anspruch stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt vorläufig durch den Einsatz von Geldmitteln sichergestellt habe, die ihm von seinem Mitbewohner darlehensweise zur Verfügung gestellt worden seien. Denn Mittel aus einem Darlehen könnten jedenfalls dann nicht als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gewertet werden, wenn das Darlehen dadurch notwendig geworden sei, dass der Sozialhilfeträger - wie hier - einen Leistungsanspruch des Hilfesuchenden zu Unrecht abgelehnt habe.

Am 14.01.2013 hat die Beklagte beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung gegen das am 19.12.2012 zugestellte Urteil des SG eingelegt.

Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft liege vor. Dies ergebe sich folgenden Indizien:

* Zusammenwohnen seit 35 Jahren

* Mehrere gemeinsame Umzüge, darunter ein Umzug von K-Stadt nach A-Stadt (gemeinsame Verlegung des Lebensmittelpunktes)

* Gemeinsamer Abschluss des Mietvertrages

* Einsetzung des Zeugen als Begünstigten in Versicherungen

* Finanzielle Unterstützung durch den Zeugen ohne schriftliche Vereinbarung und Festlegung von Rückzahlungsmodalitäten

* Der Zeuge habe sein Fahrzeug verkauft und einen Minijob angenommen, um den Kläger finanziell unterstützen zu können.

Allein die Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung, er sei nicht homosexuell, reiche nicht aus, um eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft zu verneinen. Sonst könnten Kläger bzw. Klägerinnen durch entsprechende Aussagen jeglicher Argumentation des Sozialhilfe-Trägers ausweichen. Die Rechtsprechung gehe davon aus, dass auf Grund von Indizien geurteilt werden müsse, wobei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls alle Anhaltspunkte einzeln und jeweils in ihrem Zusammenwirken zu bewerten und zu gewichten seien. Die Aussage des Zeugen sei unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass er vom Nichtbestehen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft profitieren würde. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge dem Kläger Darlehen gewährt habe, weil die Rückzahlungsmodalitäten völlig offen gelassen worden seien. Die finanzielle Unterstützung durch den Zeugen lasse die Hilfebedürftigkeit entfallen.

Der Kläger wendet hiergegen ein, die Dauer der Wohngemeinschaft und die zwei gemeinsamen Umzüge begründeten keine Einstandsgemeinschaft. Dies gelte auch für den gemeinsamen Abschluss eines Mietvertrages. Die Unfallversicherung bestehe nicht mehr; die Trauerfallversicherung decke nur die Beerdigungskosten ab und biete dem Zeugen als Begünstigtem keine Vorteile. Darlehensvereinbarungen seien auch ohne Einhaltung der Schriftform gültig. Die Rückzahlungsmodalitäten seien dahingehend festgelegt, dass der Kläger die Darlehen tilgen solle, sobald ihm dies finanziell möglich sei. Der Zeuge habe kein Fahrzeug verkauft, sondern lediglich ein geleastes Fahrzeug nicht übernommen, um Kosten zu sparen. Einnahmen habe er in diesem Zusammenhang nicht erzielt. Einen Minijob habe der Zeuge angenommen, allerdings nicht, um den Kläger zu unterstützen, sondern aus anderen Gründen.

Weder der Kläger noch der Zeuge seien homosexuell. Eine Beziehung, die andere Beziehungen ausgeschlossen hätte, habe nie bestanden. Der Zeuge habe während des Zusammenwohnens mit dem Kläger auch Beziehungen zu Frauen gehabt.

Die Beklagte habe nachzuweisen, dass eine lebenspartnerschaftsähnliche Beziehung bestehe. Wenn es nicht ausreiche, dass der Kläger homosexuelle Neigungen bestreite, komme dies einer Beweislastumkehr gleich. Auch eine Wirtschaftsgemeinschaft bestehe nicht. Ein Hausbesuch erscheine zur Sachverhaltsaufklärung nicht zielführend.

Am 18.09.2014 hat beim LSG ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Kläger hat dabei erklärt, er habe den Zeugen 1972 in K-Stadt kennengelernt. Zu dieser Zeit habe er gerade eine Trennung von einer Frau hinter sich gehabt. Er sei ein spiritueller Mensch und bete viel. Seitdem wohne er mit dem Zeugen zusammen. Es bestehe eine Wohngemeinschaft. In der Folgezeit habe er gelegentlich noch sexuelle Beziehungen zu Frauen gehabt, aber nicht für längere Zeit angelegte Beziehungen. Eine Beendigung der Wohngemeinschaft sei nicht geplant. Derzeit beziehe er eine geringe Rente. Der Zeuge unterstütze ihn mit einem monatlichen Darlehen von 150 €. Früher habe er sein Essen immer selbst gekauft. Er habe als Sänger gearbeitet und dadurch zeitweise Einnahmen erzielt. Er habe auch Geld von seinen Eltern und Geschwistern erhalten, dieses jedoch bis heute nicht zurückgezahlt. Die Miete habe stets der Zeuge bezahlt. Wenn er Geld gehabt habe, habe er seinen Anteil in bar gegeben; wenn nicht, dann habe der Zeuge ein Darlehen gewährt. Aktuell habe er Schulden bei dem Zeugen in Höhe von ca. 30.000 € bis 40.000 €. Die Möbel für das Wohnzimmer habe der Zeuge gekauft. Er selbst habe sich dabei beteiligt. Die Möbel seien schon alt. Die Möbel in seinem Zimmer habe er selbst bezahlt. Er sei einmal mit dem Zeugen zusammen in Urlaub gefahren. Es sei ein Besuch bei seinem Vater in M. gewesen. In der Wohnung würden Küche und Wohnzimmer gemeinsam genutzt. Im Übrigen habe jeder ein eigenes Zimmer und ein eigenes Badezimmer. Er, der Kläger, benutze das Gästebad. Der Zeuge und er selbst hätten unschiedliche Gewohnheiten, was das Essen betreffe. Für ihn sei eine Wohngemeinschaft wichtig, weil er in A-Stadt keine Freunde habe und nicht wolle, dass er nach seinem Tod lange in der Wohnung liege und nicht gefunden werde.

Der Zeuge hat erklärt, er wohne seit 1975 in einer Wohnung mit dem Kläger. Dies solle bis auf weiteres so bleiben. Sie hätten beide ein gewisses Alter erreicht und könnten nicht auf Unterstützung ihrer Familien zählen. Dies liege vor allem daran, dass es nur noch wenig Familie gebe; in seinem Fall gar keine. Liebesbeziehungen habe er seit 1975 nicht gehabt; lediglich Freundschaften und Bekanntschaften. Am längsten sei er mit dem Kläger befreundet. Die Wohnung sei so aufgeteilt, dass jeder ein eigenes Zimmer habe; das Wohnzimmer und die Küche würden gemeinsam benutzt. Es gebe zwei Toiletten in der Wohnung, von denen jeder eine benutze. Möbel habe jeder für sich gekauft; für das Wohnzimmer habe man sich abgesprochen. Der Kläger habe ungefähr 35.000 € Schulden bei ihm. Diese Schulden seien seit November 2009 aufgelaufen. Er habe monatlich 450 € Mietanteil für den Kläger getragen und ihm 150 € Bargeld gegeben. Schulden aus der Zeit vor 2009 bestünden nicht. Der Kredit werde gewährt, weil das Sozialamt den Grundsicherungsantrag abgelehnt habe. Da man nicht wisse, wie lange dies andauere, könne auch die Kreditobergrenze nicht angegeben werden. Er helfe, solange er helfen könne.

Sie würden weder gemeinsam Lebensmittel einkaufen noch würden sie gemeinsam essen. Sie hätten unterschiedliche Gewohnheiten. Die Mietverträge hätten sie immer gemeinsam unterschrieben. Er habe die Miete bezahlt und der Kläger habe seinen Anteil regelmäßig an den Zeugen bezahlt. Der Kläger und der Zeuge hätten sich gegenseitig als Begünstigte der Sterbegeldversicherung eingesetzt. Vollmachten bestünden nicht, auch keine Betreuungsvollmachten oder Vollmachten für ärztliche Behandlung. Eine Lebensversicherung bestehe nicht. Seit 2008 sei er als Unternehmensberater pensioniert. Seit 2010 beziehe er eine Rente; vorher habe er Arbeitslosengeld I bezogen.

Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen wollte der Zeuge keine Angaben machen. Er sei der Auffassung, ihm stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weil es um einen Anspruch des Klägers und nicht um seinen eigenen Anspruch gehe.

In der mündlichen Verhandlung am 22.09.2015 hat der Kläger weiter erklärt, dass er sich um finanzielle Dinge nicht besonders kümmere. Er sei froh, den Zeugen als Freund gefunden zu haben, weil er ihm viele organisatorische Dinge, z.B. im Umgang mit Ämtern, abnehme. Da sei er etwas nachlässig und übernehme nicht viel Verantwortung. Der Zeuge sei der Einzige, der sich um ihn kümmere, seine Freunde und Verwandten würden weit weg wohnen, z.B. Teile der Familie in P-Stadt. Er könne sich in jeder Hinsicht auf den Zeugen verlassen; auch während seiner psychischen Episoden habe ihm der Zeuge immer wieder geholfen. Der Kläger hat weiter bekundet, dass er nicht gerne allein sein wolle, auch im Hinblick auf künftige Schicksalsschläge. So habe er miterlebt, wie ein älterer Mann aus seiner Nachbarschaft verstorben sei und erst einen Monat später gefunden wurde. Dies habe ihn sehr betroffen gemacht.

Der Zeuge hat bekundet, dass die Religion auch einen Teil ihrer Freundschaft ausmache. Sie respektierten beide ihre Freiräume und hätten auch keine festen Spielregeln, was die materiellen Dinge betreffe. Diesbezüglich gäben sie sich gegenseitig keine Rechenschaft. Die Freundschaft hätte auch weiter Bestand gehabt, wenn einer eine Partnerschaft mit einer Frau eingegangen wäre. Nur habe sich das nicht ergeben. Für das Alter würden beide auf gegenseitigen Beistand hoffen. In sozialer Hinsicht sei der Kläger die wichtigste Person, aber angesichts seiner religiösen Lebenseinstellung könnten andere Dinge wichtiger sein.

Darauf ist folgendes Zwischenurteil ergangen:

Es wird festgestellt, dass seit dem November 2009 eine lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen besteht.

Der gerichtlichen Aufforderung, seine Einkommens- und Vermögenssituation vollständig durch Nachweise zu belegen, kam der Zeuge nach Erlass eines Beschlusses vom 18.04.2016, mit dem festgestellt wurde, dass dem Zeugen kein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe und er daher zur Zeugenaussage sowie zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet sei, sowie nach Androhung eines Zwangsgeldes und mehreren Aufforderungen, im August 2016 nach. Danach bezieht der Zeuge seit 01.03.2010 eine Altersrente des DRV i. H. von rund 1.100.- Euro, eine österreichische Rente von rund 180.- Euro und eine Betriebsrente von rund 1.100.- Euro. Er besitzt zwei Girokontos sowie ein Cashkonto beim gleichen Bankinstitut. An Versichrungen bestehen für den Zeugen eine Pflegerenten-, eine Lebens- und eine Rechtsschutzversicherung, eine gemeinsame Haftpflicht-, Hausrats- und Glasversicherung (Partnertarif) und eine Unfallversicherung, mit der auch der Kläger versichert ist.

Die Beklagte kam nach Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis, dass aufgrund des vorhandenen Vermögens, insbesondere auf dem Cashkonto des Zeugen, der Vermögensfreibetrag seit Antragstellung überschritten sei und bereits deshalb ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII für den Kläger nicht bestehe.

Auf Nachfrage hat der Zeuge erklärt, dass sich der Einkommens- und Vermögensstatus seit August 2016 nicht geändert habe. Aus dem beigefügten Kontoauszug ist ein Kontostand des Cashkontos am 25.04.2017 mit 12.700,17 Euro ersichtlich.

Am 01.06.2017 hat der Kläger einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII gestellt.

In der mündlichen Verhandlung am 20.06.2017 hat die Vertreterin der Beklagten beantragt das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 05. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2011 abzuweisen.

Der Klägerbevollmächtigte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Streitgegenstand sind Leistungen der Grundsicherung im Alter, die das SG ab 01.11.2009 zugesprochen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 02.02.2010, B 8 SO 21/08 R, Rn. 9) führen zwischenzeitlich ergangene neue Bescheide für den von ihnen betroffenen Zeitraum zu einer Erledigung eines früheren Ablehnungsbescheides nach § 39 Abs. 2 SGB X (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. August 2013 - L 8 SO 157/10). Der Antragsteller hat zwar am 01.06.2017 einen neuen Leistungsantrag gestellt, dieser ist jedoch bislang nicht verbeschieden worden. Daher ist der Zeitraum vom 01.11.2009 bis zur Entscheidung in der mündlichen Verhandlung steitig. Damit sind laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Dass das SG die zugesprochenen Leistungen nicht beziffert hat, spielt in diesem Zusammenhang noch keine Rolle.

Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 2 SGG).

B.

Die Berufung der Beklagten ist auch größtenteils begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben und eine Einstandsgemeinschaft verneint. Eine solche besteht zwischen dem Kläger und dem Zeugen, so dass dessen Einkommen und Vermögen auf den Bedarf des Klägers anzurechnen ist. Unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen ergibt sich nur für den Monat Februar 2017 ein geringfügiger Hilfebedarf des Klägers. Der Bescheid des Klägers hatte daher zum größten Teil Bestand.

I.

Streitgegenstand ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis zur mündlichen Verhandlung am 20.06.2017. Diesen Anspruch macht der Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG geltend (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R, RNr. 17).

Mit dem Zwischenurteil des Senats vom 22.09.2015 gem. § 130 Abs. 2 SGG wurde nicht über den Anspruch dem Grunde nach entschieden, sondern über die entscheidungserhebliche Sachfrage, ob eine Einstandsgemeinschaft nach § 43 Abs. 1 SGB XII besteht. Dieses Zwischenurteil war nicht gesondert anfechtbar, es entfaltet Bindungswirkung nur innerhalb der Instanz (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 130 Rn. 11). Es geht damit im Endurteil auf, mit dem über den gesamten Rechtstreit entschieden wird.

II.

Die Beklagte hat überwiegend zu Recht mit Bescheid vom 05.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 06.10.2011 eine Leistungsbewilligung abgelehnt.

1. Die Leistungsablehnung war statthaft.

Über eine Leistungsablehnung begründet mit fehlender Hilfebedürftigkeit kann der Sozialhilfeträger erst nach Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten entscheiden. Eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Hilfesuchenden ist zuvor nicht statthaft (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R, Rn. 17). Eine Auskunftspflicht besteht auch für den Partner einer lebensparterschaftsähnlichen Beziehung im Rahmen eines Anspruchsbegehrens nach dem vierten Kapitel des SGB XII gem. § 117 Abs. 1 S. 3 SGB XII (LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2013, L 9 SO 13/13 B ER).

Die Beklagte hat bei Erlass des Ablehnungsbescheides am 05.03.2010 keine ausreichenden Ermittlungsanstrengungen unternommen, um vom Zeugen die erforderlichen Auskünfte über sein Einkommen und Vermögen zu erhalten. Insbesondere wurde der Zeuge nicht unter Androhung einer Geldbuße (§ 117 Abs. 6 SGB XII) aufgefordert, die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde dieser Verfahrensfehler jedoch geheilt, als die Beklagte durch eigene Ermittlungen das Einkommen des Zeugen in Form von Arbeitslosengeld ermittelt und nach einer Bedarfsberechnung die Hilfebedürftigkeit des Klägers wegen übersteigenden Einkommens abgelehnt hat.

2. Der Kläger hat bis auf den Monat Februar 2017 im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen des SGB XII.

Rechtsgrundlage hierfür stellt § 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar. Danach ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten.

Der 1938 geborene Kläger erfüllt alleine betrachtet dem Grunde nach die Leistungsvoraussetzungen dieser Vorschrift: Er hatte bei Antragstellung im November 2009 die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII von 65 Jahren erreicht und kann seinen Lebensunterhalt nicht durch sein Einkommen und Vermögen bestreiten.

Die Hilfebedürftigkeit verlangt aber auch die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen einer Einstandsgemeinschaft. Nach § 43 Abs. 1 SGB XII sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII übersteigen, zu berücksichtigen. Der Senat verkennt nicht, dass das Wort „lebenspartnerschaftsähnlichen“ erst mit Wirkung zum 01.01.2011 - nach Antragstellung vom 05.11.2009 - in das Gesetz eingefügt wurde (Gesetz vom 24.03.2011, BGBl. I S. 453). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404, Seite 128) heißt es hierzu: „Die Neufassung von § 43 Absatz 1 stellt eine redaktionelle Überarbeitung dar. Berücksichtigt wird dabei die bei der Anpassung des SGB XII an das Lebenspartnerschaftsgesetz unterbliebene Einbeziehung der „lebenspartnerschaftsähnlichen“ Gemeinschaft. … ". Dies bedeutet jedoch keine Änderung der Rechtslage. Bis 31.12.2010 enthielt § 43 Abs. 1 SGB XII zwar nicht den Begriff „lebenspartnerschaftsähnlich“ er verwies jedoch auf §§ 19 und 20 Satz 1 SGB XII. § 20 Abs. 1 SGB XII lautete schon seit 01.08.2006: „Personen, die in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten.“.

a. Dem Kläger sind Einkommen und Vermögen des Zeugen zuzurechnen, weil, wie mit Zwischenurteil vom 22.09.2015 festgestellt, zwischen beiden eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft besteht.

Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist bereits zu den Vorläuferregelungen des § 20 SGB XII durch das Bundesverfassungsgericht konkretisiert worden. Die vom BVerfG zum Arbeitslosenhilferecht vorgenommene Konkretisierung beansprucht auch für die Regelung im Sozialhilferecht Geltung, weil die Zielrichtungen der Regelungen übereinstimmen. Das BVerfG hatte § 137 Abs. 2a AFG nur mit der Maßgabe für mit Art. 3 Abs. 1 GG für vereinbar gehalten, dass der Begriff der eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer auf Dauer angelegten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft verstanden wird. Erfasst werden danach neben der jedenfalls erforderlichen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft nur Gemeinschaften, in denen die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, 1 BvL 8/87). Nach der Entscheidung des BVerfG ist eine Vergleichbarkeit mit nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nur gegeben, wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse einsetzen (Voelzke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 20 Rn. 19 m.w.N.).

Aufbauend auf den in der Entscheidung des BVerfG niedergelegten Grundlagen hat das BSG den Begriff der Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit dem Urteil vom 23.08.2012 (B 4 AS 34/12 R) näher ausdifferenziert. Die Grundsätze der zum SGB II ergangenen Entscheidung sind - soweit sie sich nicht auf die im Sozialhilferecht nicht anzuwendende Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II beziehen - auf die Rechtslage nach dem SGB XII zu übertragen (Voelzke, a.a.O., Rn. 20).

Danach liegt eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nur vor, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: Es muss sich um Partner handeln, die in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzung) und zwar so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).

Diese für die eheähnliche Gemeinschaft entwickelten Grundsätze, sind ohne Abweichungen auf die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft übertragbar. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb und in welcher Weise eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft anderen Kriterien unterliegen sollte wie eine gemischtgeschlechtliche Partnerschaft.

aa. Der Kläger und der Zeuge sind Partner. Von einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (BSG, a.a.O., Rn. 20). Es muss sich zudem um eine auf Dauer angelegte Bindung handeln (Voelzke, a.a.O., Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Für die Ausschließlichkeit der Beziehung spricht, dass weder der Kläger noch der Zeuge angegeben haben, seit 1975 eine andere Beziehung von vergleichbarer Intensität und Dauer geführt zu haben. Beide sehen sich gegenseitig als wichtigste und am nächsten stehende Bezugsperson an. Der Kläger hat selbst erklärt, er habe in A-Stadt keine Freunde, obwohl er seit 1985 in A-Stadt wohnt. Der Zeuge sei der Einzige, der sich um ihn kümmere. Der Zeuge hat erklärt, am längsten sei er mit dem Kläger befreundet. Beide würden für das Alter auf gegenseitigen Beistand hoffen. Die seit 1975 bestehende Verbindung ist daher auf Dauer angelegt.

Die rechtliche Möglichkeit der Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG besteht seit Inkrafttreten des LPartG am 01.08.2001 (BGBl. I, 266). Nicht erforderlich für die Annahme einer Partnerschaft ist die Feststellung geschlechtlicher Beziehungen (Voelzke, a.a.O., Rn. 39). Damit waren auch Feststellungen zur sexuellen Orientierung entbehrlich. Das Fehlen einer sexuellen Beziehung, wie vom Kläger und dem Zeugen bekundet, ist ohne Bedeutung. Insofern teilt der Senat nicht die Ansicht des SG, das sich zu keinen weiteren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen veranlasst fühlte.

Die Maßgeblichkeit der Beziehung zeigt sich besonders darin, dass sich beide einander als Begünstigte von Sterbegeldversicherungen eingesetzt haben und der Zeuge und der Kläger über eine gemeinsame Unfallversicherung verfügen, mit der sie sich im Todesfall gegenseitig absichern.

bb. Auch eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft liegt vor. Eine Wohngemeinschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen besteht, dies wird auch nicht bestritten.

Ebenso besteht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Das wesentliche Vergleichselement zwischen Ehe bzw. Lebenspartnerschaft und eheähnlicher Gemeinschaft bzw. lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft bildet das „Wirtschaften aus einem Topf“. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der gemeinsame Einkauf bestimmter gemeinsam genutzter Artikel des täglichen Lebens (Nahrungsmittel, Reinigungs- und Sanitärartikel) genügt allein nicht, weil eine derartige Deckung von Grundbedürfnissen auch in reinen Wohngemeinschaften durchaus üblich ist (Voelzke, a.a.O., Rn. 28).

Die Merkmale einer Wirtschaftsgemeinschaft sind vielmehr erst zu bejahen, wenn die Haushaltsführung und das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, wobei es nicht zwingend auf gleichwertige Beiträge ankommt. Vielmehr genügt eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Beiträge zum Wohl des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligung an der Haushaltsführung einerseits von der wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner und andererseits von den individuellen Absprachen abhängig ist (Voelzke, a.a.O., Rn. 29).

Eine Wirtschaftsgemeinschaft in diesem Sinne liegt vor. Es bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger und der Zeuge die notwendigen Entscheidungen über die Haushaltsführung und die hierfür zu tragenden Kosten gemeinsam treffen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen beiden Personen ein erheblicher Unterschied in der finanziellen Leistungsfähigkeit besteht. Es spricht daher maßgeblich für ein gemeinsames Wirtschaften, dass der Zeuge die gesamte Miete trägt, damit der gemeinsame Haushalt in der jetzigen Form fortbestehen kann. Auch trägt der Zeuge alleine die Kosten für die gemeinsame Unfallversicherung und die gemeinsame Haftpflicht-, Glas- und Hausratsversicherung. Auch bestehen nach Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung keine „Spielregeln, was die materiellen Dinge betrifft“ und es wird keine Rechenschaft über materielle Dinge gegeben. Aus dieser Formulierung kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Lebenshaltungskosten gemeinschaftlich bestritten werden, je nach finanzieller Leistungsfähigkeit. Gerade die geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers deutet auf gemeinsames Wirtschaften hin, da sonst die wirtschaftliche Existenz des Klägers gefährdet wäre. Insbesondere gilt dies auch für die unentgeltliche Wohnungsüberlassung. Der Kläger wäre selbst nicht imstande, sich eine solch teure Wohnung zu leisten. Hier besteht eine Übereinkunft, die - ebenso wie die vorgebrachte Darlehensvereinbarung - auf Absprachen i. S. eines gemeinsamen Wirtschaftens beruht.

dd. Auch der erforderliche Einstehens- und Verantwortungswille als subjektives Element liegt vor.

Zusätzlich zu den objektiven Merkmalen der eheähnlichen Partnerschaft ist ein subjektives Element erforderlich, um diese Partnerschaft von der reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft abzugrenzen. Die subjektive Seite der eheähnlichen bzw. lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist erfüllt, wenn die Partner den gemeinsamen Willen haben, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen. Es muss eine enge personale Bindung dergestalt bestehen, dass ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Die Partner müssen in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dergestalt leben, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden (Voelzke, a.a.O., Rn. 30). Diese innere subjektive Seite ist regelmäßig nur anhand von Indizien (Hilfstatsachen) festzustellen. Durch die Auswertung objektiv vorliegender Tatsachen ist zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft gerechtfertigt sind. Der Katalog der heranzuziehenden Indizien ist nicht abschließend. Vielmehr sind zu einer abschließenden Beurteilung alle Umstände des Einzelfalles in ihrer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der Dauer des Zusammenlebens wird in der Rechtsprechung und Literatur eine herausgehobene Bedeutung zuerkannt (LSG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2007, L 5 B 21/07 ER AS, Grube in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Aufl., § 20 Rn. 13).

Vom Vorliegen des gegenseitigen Verantwortungs- und Einstandswillen ist der Senat auf Grund folgender objektiver Hilfstatsachen überzeugt: Der Kläger und der Zeuge leben seit 1975 zusammen und sind zweimal zusammen umgezogen, darunter einmal von K-Stadt nach A-Stadt. Sie haben sich gegenseitig in Sterbegeldversicherungen und in der gemeinsamen Unfallversicherung eingesetzt. Der Zeuge unterstützt den Kläger in Sozialhilfe-Angelegenheiten (lt. Bescheid vom 05.03.2010 haben beide gemeinsam vorgesprochen), auch die erneute Antragstellung am 01.06.2017 erfolgte durch den Zeugen. Der Zeuge hat folgendes im Termin vor dem SG ausgesagt: „Es ist zeitgemäß und für uns wünschenswert, im Alter nicht allein zu wohnen. Auf diese Weise hoffen wir, länger selbstbestimmt leben zu können.“ Auffallend ist hier zunächst die Wir-Form. Inhaltlich ist diese Aussage so zu verstehen, dass beide einander bei altersbedingt zunehmenden Gesundheitsstörungen (die zu den „Not- und Wechselfällen des Lebens“ zählen) nach besten Kräften unterstützen (also „füreinander einstehen“) wollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gab der Zeuge an, dass beide für das Alter auf gegenseitigen Beistand hoffen würden. Der Zeuge ist bereit, dem Kläger finanzielle Hilfe zu gewähren (Aussage im Erörterungstermin beim LSG am 18.09.2014: Er helfe, solange er helfen könne). Dass die Hilfe darlehensweise gewährt wird, spricht nicht gegen den Einstandswillen, zumal eine Rückzahlung - wie die Beteiligten wissen - praktisch nur möglich ist, wenn der Kläger im vorliegenden Verfahren obsiegt. Tatsächlich wird die Unterstützung nach Angaben der Beteiligten seit November 2009 (Antragstellung) in Höhe von monatlich ca. 600,- Euro gewährt und beläuft sich dementsprechend mittlerweile auf ca. 55.200.- Euro. Je größer dieser Umfang im Verhältnis zum Einkommen und Vermögen des Zeugen erscheint, desto deutlicher wird, dass dieser tatsächlich bereit ist, eigene Bedürfnisse zu Gunsten des Klägers zurückzustellen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger gegenüber dem SG mit Schriftsatz vom 19.09.2012 (mit Anlagen) dargestellt hat, dass der Zeuge durch die Situation finanziell stark belastet sei. So hat der Kläger ausgeführt, der Zeuge habe einen Minijob angenommen und sein Fahrzeug aufgegeben, um Kosten zu sparen. Nur auf Grund dieser Umstände habe er die Miete allein tragen können. Die spätere Einlassung (Schriftsatz vom 06.05.2013 gegenüber dem LSG), der Zeuge habe den Minijob nicht angenommen, um den Kläger zu unterstützen, sondern aus „anderen Gründen“, ist demgegenüber wenig substantiiert. Außerdem relativiert der Kläger seine Aussage umgehend selbst, indem er ausführt, der Zeuge habe nur deshalb so gehandelt, um den Kläger so lange zu unterstützen, bis dieser Leistungen erhalte. Dabei verkennt er, dass auch eine derart motivierte Unterstützung durch Darlehen für die Bereitschaft spricht, füreinander einzustehen. Die - aus Sicht des Klägers rechtswidrige - Verweigerung von Sozialhilfeleistungen zählt zu den „Not- und Wechselfällen des Lebens“, in denen sich die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft für den Kläger bewährt.

Zwar ist es unzulässig, die Hilfebedürftigkeit abzulehnen, wenn Leistungen eines Sozialleistungsträgers zu Unrecht abgelehnt werden und ein Dritter deshalb notfallmäßig Unterstützung leistet. Es ist jedoch möglich und zulässig, das Verhalten dieses Dritten wertend bei der Frage des Vorliegens eines Verantwortungs- und Einstandswillens zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Zeitdauer des anhängigen Klageverfahrens.

Da somit von einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Zeugen und dem Kläger auszugehen ist, sind nach § 43 Abs. 1 SGB XII zur Beurteilung der Hilfebedürftigkeit des Klägers auch Einkommen, Vermögen und Bedarf des Zeugen zu berücksichtigen.

b. Unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen besteht jedoch - bis auf den Monat Februar 2017 - kein Bedarf an Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB XII, so dass der Kläger nicht hilfebedürftig ist. Im Zeitraum bis März 2016 lag bereits Vermögen des Zeugen vor, das kontinuierlich während dieses Zeitraums über der jeweils maßgeblichen Vermögensfreigrenze lag und mit dem der Bedarf des Klägers nach § 42 SGB XII gedeckt werden konnte, so dass bereits aus diesem Grund ein Anspruch nicht gegeben war. Ab April 2016 konnte der Bedarf des Klägers mit dem Einkommen des Zeugen gedeckt werden.

Der Bedarf des Klägers setzt sich zusammen aus dem Regelsatz nach §§ 42 Nr. 1 i. V. m. 27, 28 SGB XII sowie der Anlage zu § 28 SGB XII in der jeweiligen Fassung zuzüglich des Zuschlags der Beklagten nach § 28 Abs. 3 SGB XII, den Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach §§ 42 Nr. 4 i. V. m. 35 SGB XII, hier die hälftigen tatsächlichen Mietkosten und den Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung nach §§ 42 Nr. 2 i. V. m. 32 SGB XII.

Exemplarisch wird der Bedarf für den Zeitpunkt der Antragstellung berechnet:

Der Kläger selber konnte im streitigen Zeitraum diesen Bedarf nicht durch sein einsetzbares Einkommen und Vermögen decken. An Vermögenswerten hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 05.11.2009 nach seinen Angaben 1.760.- Euro. Einkommen erzielte er lediglich in Form der Altersrente, bei Antragstellung i. H. v. 221,58 Euro.

aa. Dem ungedeckten Bedarf des Klägers stand jedoch im Zeitraum ab Antragstellung am 05.11.2009 bis März 2016 nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB XII einzusetzendes, verwertbares Vermögen des Zeugen in Form eines Guthabens bei seinem Bankinstitut gegenüber. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Ausnahmetatbestände nach § 90 Abs. 2 SGB XII sind nicht ersichtlich, insbesondere handelt es sich bei dem Vermögenswert nicht um einen kleineren Geldwert nach § 90 Nr. 9 SGB XII (sog Schonvermögen). Dieser Wert wird durch die Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a der Verordnung in der Fassung gültig bis 31.03.2017 lag das Schonvermögen bei einem Hilfesuchenden, der wie der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat, bei 2.600.- Euro, zzgl. 614.- Euro für den Zeugen als lebenspartnerschaftsähnlichen Partner gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Verordnung, insges. somit 3.214.- Euro.

Berücksichtigt werden muss jedoch, dass im Zeitraum 01.11.2009 bis 28.02.2010 eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft bestand, da der am 18.02.1945 geborene Zeuge aufgrund Erreichen der Altersgrenze erst ab 01.03.2010 dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB XII war und zuvor eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB II bestand. Daher ist für den Zeugen für diesen Zeitraum unter Annahme eines Härtefalles nach § 90 Abs. 2 SGB XII das nach § 12 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB II zu berechnende Schonvermögen zu Grunde zu legen, somit 9.750 Euro, insges. somit 12.350 Euro (BSG, Urteil vom 20. September 2012, B 8 SO 13/11 R).

Ab dem 01.04.2017 lag das Schonvermögen für den Kläger und den Zeugen bei je 5.000.- Euro, insges. somit 10.000.- Euro nach § 1 S. 1 Nr. 1 der Verordnung in der aktuellen Fassung vom 22.03.2017.

Das Schonvermögen gestaltet sich für den Kläger und den Zeugen zusammen daher wie folgt:

„01.11.2009 bis 28.02.2010 12.350.- Euro

01.03.2010 bis 31.03.2017 3.250.- Euro

01.04.2017 bis 31.05.2017 10.000.- Euro“

Der Zeuge verfügt über ein Cashkonto bei der Stadtsparkasse A-Stadt, sowie zwei Girokonten, ebenfalls bei der Stadtsparkasse. Das Cashkonto wies am 30.10.2009, somit kurz vor Antragstellung des Klägers, einen Kontostand von 31.126,44 Euro aus, der insbes. aus einer Abfindungszahlung des letzten Arbeitgebers des Zeugen resultiert. Dieser Kontostand verringerte sich sukzessive im streitigen Zeitraum bis zu einen Kontostand von 12.770,17 Euro am 29.04.2017. Das Girokonto mit der Nr. … wies am 30.10.2009 einen negativen Saldo von 1.170,34 Euro aus, dieser erhöhte sich und lag im streitigen Zeitraum zwischen ca. -6.000.- Euro bis ca. -1.000.- Euro. Das andere Girokonto mit der Nr. … wies im streitigen Zeitraum Salden von ca. 1.000.- Euro bis - ca. 600.-Euro aus. Insgesamt ergibt sich nach einer umfassenden Prüfung der vorgelegten Kontoauszüge, dass sich das Vermögen des Zeugen sukzessive verringert hat. So hat sich das Vermögen auf dem Cashkonto sukzessive verringert, der Negativsaldo auf dem Konto 18116277 lag im Schnitt bei ca. - 10.000 Euro, der Saldo auf dem Konto 18125955 schwankte bei geringen positiven und negativen Salden.

Als Vermögen gilt die Summe aller aktiven Vermögenswerte. Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn die nachfragende Person ihre zur Verfügung stehenden Mittel verbraucht hat. Insbesondere spricht auch die Systematik des § 90 SGB XII gegen ein Verständnis des Vermögens als Differenzbetrag zwischen Aktiva und Passiva. So ist vor allem der Aufzählung einzelner, nicht als Vermögen zu berücksichtigender Vermögensgegenstände in § 90 Abs. 2 SGB XII zu entnehmen, dass alle Vermögensbestandteile einzeln zu betrachten und nicht in einer Gesamtrechnung zu saldieren sind (Mecke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 14). Das Cashkonto wies den gesamten streitigen Zeitraum über hohe Positivbestände aus, die für sich betrachtet jeweils ein Vermögen über dem Schonbetrag darstellen würden. Da es sich hier jedoch bei dem Cashkonto um ein reines Tagesgeldkonto handelt, von dem nicht selbst Bargeld abgehoben oder Überweisungen getätigt werden können, sondern allein Umbuchungen auf das Korrespondenzgirokonto erfolgen können, war hier eine Gesamtschau der Kontostände der beiden Girokonten und des Cashkontos des Zeugen vorzunehmen. Im Zeitraum bis 28.01.2010 lag das so ermittelte Vermögen des Zeugen über dem bis dahin maßgeblichen Schonvermögen von 12.350.-Euro. Bis zum März 2016 lag das Vermögen des Zeugen über dem maßgeblichen Schonvermögen von 3.250.-Euro (Positivsaldo am 31.03.2016: 5.461,13 Euro). In diesem Zeitraum bestand daher bereits aufgrund einzusetzenden verwertbaren Vermögens des Zeugen kein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Ab April 2016 lag jedoch insgesamt ein Vermögen unterhalb dieses Schonvermögens vor (so z. B. am 14.04.2016 Positivsaldo 2.878.-Euro, am 10.08.2016 Positivsaldo 2.437,59 Euro).

bb. Auch für den Zeitraum ab April 2016 besteht jedoch kein Anspruch des Klägers auf Grundsicherung im Alter, da das Einkommen des Klägers und des Zeugen gemeinsam ausreichend ist, um den Bedarf für den Lebensunterhalt des Klägers zu sichern.

Der Kläger hatte im April 2016 einen Bedarf bestehend aus dem Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 364.-Euro zzgl. 19.-Euro Münchenzuschlag, hälftige tatsächliche Mietkosten in Höhe von 584.-Euro, sowie Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung bei der DAK i. H. v.41,91 Euro. Das Einkommen des Klägers aus der Rente in Höhe von 243,68 Euro war nicht ausreichend, seinen Bedarf von insgesamt 1.008,91 Euro zu decken. Es bestand daher ein nicht gedeckter Bedarf von 765,23 Euro.

Der Zeuge hatte im April 2016 jedoch Einkünfte bestehend aus der Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 1.081,72 Euro, eine Rente der Pensionsversicherungsanstalt Österreich in Höhe von 178,43 Euro sowie eine Betriebsrente in Höhe von 1.086,85 Euro, insgesamt somit 2.346,40 Euro. Abzüglich des Bedarfs des Zeugen, bestehend aus dem Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 364.-Euro zuzüglich Münchenzuschlag in Höhe von 19.-Euro, hälftigen tatsächlichen Mietkosten in Höhe von 584.-Euro sowie Beiträgen zur Krankenund Pflegeversicherung in Höhe von 356,04 Euro, insgesamt somit 1.323,04 Euro ergibt sich ein übersteigendes Einkommen von 1.023,36 Euro.

Weiterhin hat der Zeuge im April und im Oktober eines jeden Jahres ein weiteres Einkommen, da in diesen Monaten die österreichische Rente doppelt ausgezahlt wird (vgl. § 105 Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. Nr. 18/1956 (DFB),NR: GP VII RV 599 AB 613 S. 79. BR: S. 108.) Dieses Einkommen ist gem. § 82 Abs. 4 SGB XII in der maßgeblichen Fassung vom 23.12.2015 in dem Monat anzurechnen, in dem es zufließt, wenn für diesen Monat keine Leistungen gezahlt wurden (was hier gegeben ist).

Vom Einkommen des Klägers und des Zeugen sind nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, abzusetzen. Versicherungsbeiträge sind dabei nicht monatlich mit einem Teilbetrag anzurechnen, sondern gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII in dem Monat einkommensmindernd abzusetzen, in dem sie gezahlt werden.

Der Kläger verfügt über eine Pflegerentenversicherung und eine „Trauerfalldirekt-Schutz-Versicherung“. Letztere stellt eine Lebensversicherung dar, da der begünstigte Zeuge im Falle des Todes des Klägers einen Geldbetrag ohne Zweckbindung erhält. Weiterhin verfügt der Kläger über drei weitere Krankenzusatzversicherungen zusätzlich zur Versicherung bei der DAK.

Der Zeuge verfügt über eine Hausratsversicherung, eine Glasversicherung, eine Haftpflichtversicherung (die auch den Kläger versichert), eine Rechtsschutzversicherung, eine Unfallversicherung (die auch den Kläger versichert), eine Lebensversicherung und eine Pflegerentenversicherung.

Diese Beiträge sind nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII dann einkommensmindernd abzusetzen, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Nach der herrschenden Meinung sind Beiträge für solche Versicherungen als angemessen anzusehen, die einer Sicherung entsprechen, die für in bescheidenen Verhältnissen lebende Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage üblich ist. Das BSG hat aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50% der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen (Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R). Ergänzend erscheint es sinnvoll, zur Ermittlung der Angemessenheit vom Zweck der Vorschrift auszugehen. Die Einnahmen sollen nur um solche Aufwendungen gemindert werden, die unvermeidbar oder notwendig sind oder den Zielen der Sozialhilfe entsprechen (Schmidt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 82 SGB XII Rn. 74).

Einkommensmindernd zu berücksichtigen sind danach die Beiträge für die private Haftpflichtversicherung des Klägers und des Zeugen sowie die Hausratsversicherung, nicht jedoch die Beiträge für die Rechtsschutzversicherung des Zeugen (vergleiche BSG, Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R), die Glasversicherung (Geiger in LPK-SGB XII, § 82 Rn. 82), die zusätzlichen Krankenversicherungen des Klägers, da keine besonderen Gründe für diese Versicherungen vorgetragen oder ersichtlich sind (Schmidt a. a. O., Rn. 80.1) und die Lebensversicherungen des Klägers und des Zeugen (Geiger a. a. O.).

Ebenso nicht zu berücksichtigen ist die Unfallversicherung des Zeugen. Bezüglich dieser Versicherung ist die Rechtslage uneindeutig (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. September 2016 - L 8 SO 295/14). Hier scheint nach den Ausführungen des Senats im oben genannten Urteil die Unfallversicherung in der Höhe nicht angemessen. Denn nach den Empfehlungen für den Abschluss einer Unfallversicherung („Merkblatt Unfallversicherung“ des Bundes der Versicherten e. V.) wird für einen 50 jährigen Berufstätigen das Vierfache des Bruttojahreseinkommens als ausreichend angesehen. Der Kläger und der Zeuge sind bei Vollinvalidität in Höhe von 120.000 Euro versichert. Weiterhin erhalten der Kläger und der Zeuge beim Tod des Anderen eine Todesfallleistung von 10.000 Euro, auch sind weitere Leistungen wie ein Unfall-Krankenhaustagegeld sowie eine Kurkostenbeihilfe versichert. Da der Kläger und der Zeuge kein Erwerbseinkommen erzielen, erscheint diese Unfallversicherung nicht notwendig. Denn eine Unfallversicherung soll insbesondere den Einkommensausfall aufgrund von Invalidität auffangen. Die Rente erhalten der Kläger und der Zeuge jedoch unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit.

Bzgl. der Pflegerentenversicherung ist anzunehmen, dass für Personen, die aufgrund geringer Mittel und Ersparnisse im Pflegefall ohnehin auf Grundsicherungsleistungen angewiesen wären, der Abschluss einer Zusatz-Pflegeversicherung nicht lohnt (Geiger a. a. O.). So liegt der Fall hier bzgl. des Klägers: Der Kläger wäre aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation im Pflegefall wie bereits jetzt ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Zeugen auf Sozialhilfe angewiesen.

Bezüglich des Zeugen erscheint die Pflege-Rentenversicherung jedoch angemessen, da er aufgrund seines Einkommens wohl im Pflegefall keine Sozialhilfe beziehen würde und es daher sinnvoll erscheint, für diese Situation zusätzlich Vorsorge zu betreiben, um im Falle der Pflegebedürftigkeit finanziell einen größeren Handlungsspielraum zu haben.

Einkommensmindernd zu berücksichtigen ist gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII daher nur die Pflege-Rentenversicherung des Zeugen in Höhe von 58,55 Euro.

Insgesamt besteht daher ab April 2016 kein Bedarf des Klägers, da das den Bedarf des Zeugen übersteigende Einkommen des Zeugen (1.023,36 Euro abzügl. 58,55 Euro: 964,81 Euro ausreichend ist, den nicht durch das Einkommen des Klägers abgedeckten Bedarf (765,23 Euro) zu decken (übersteigendes Einkommen: 199.58 Euro).

Im Folgezeitraum haben sich an der Einkommenssituation des Klägers und des Zeugen sowie an ihrer Bedarfslage keine wesentlichen Änderungen ergeben. Die DRV-Rente des Klägers stieg zum 01.07.2016 auf 236,75 Euro, die DRV-Rente des Zeugen auf 1.050,91 Euro. Aufgrund des erhöhten Einkommens ergibt sich ein höheres übersteigendes Einkommen und demnach auch für den Zeitraum ab 01.07.2016 kein Anspruch auf Leistungen.

Zum 01.01.2017 ist der Regelsatz auf 368.-Euro gestiegen, der Münchenzuschlag verblieb unverändert bei 19.-Euro. Der Bedarf hat sich danach für den Kläger und den Zeugen zusammen um 8.- Euro erhöht. Auch für den Zeitraum ab 01.01.2017 ist daher wegen übersteigenden Einkommens grundsätzlich kein Anspruch gegeben.

cc. Etwas anderes ergibt sich für den Monat Februar 2017, in dem die Jahresprämien für die Hausrats- und Haftpflichtversicherungen fällig wurden und gezahlt wurden. Die Prämien betrugen 93,80 für die Haftpflichtversicherung und 173,49 Euro für die Hausratsversicherung. Die Glasversicherung ist nicht angemessen (s. o.).Es errechnet sich ein Bedarf von 67,71 Euro (Versicherungsbeiträge 267,29 abzügl. übersteigendes Einkommen 199,58 Euro des Zeugen; vgl. Einkommens- und Bedarfsberechnung des Klägers und des Zeugen oben).

Im Ergebnis ist das Urteil des SG vom 11.12.2012 daher teilweise aufzuheben, dem Kläger nur für den Zeitraum Februar 2016 Leistungen i. H. v. 67,71 Euro zuzusprechen und die Klage im Übrigen abzuweisen. Insoweit ist auch der Ablehnungsbescheid vom 05.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2011 abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des nur marginalen Erfolgs der Klage, die auf Angaben des Zeugen beruht, die dieser erst im Berufungsverfahren getätigt hat, war eine anteilige Kostentragung der Beklagten nicht angezeigt.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.