Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2014:0422.L6U69.11.0A
bei uns veröffentlicht am22.04.2014

Tenor

Die Beklagte hat der Klägerin 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

Die Beteiligten stritten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2001 bis 2008 ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieb.

2

Auf eine Anfrage der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Weiteren: Beklagte) teilte die Klägerin unter dem 15. November 2005 mit, dass das streitige Grundstück (Flurstücks 68, Flur 3) ausschließlich für private Zwecke als Garten genutzt werde. Sie sei seit 1994 Eigentümerin der Fläche.

3

Da die Klägerin auf weitere Anfragen nicht reagiert, ermittelte die Beklagte die Betriebsverhältnisse durch einen Vororttermin am 2. Mai 2006. Nach den Angaben eines Mitarbeiters der Beklagten - Herrn T. - war der Ehemann der Klägerin recht abweisend, da es sich nach seiner Auffassung um eine private Angelegenheit handele. Als ihm dann vor Ort mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Fläche eindeutig um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handle, sei er beleidigend geworden. Herr T. führte aus, das Grundstück sei umfassend mit einem Zaun versehen und in mehrere Weidekoppeln unterteilt gewesen. Der Ehemann der Klägerin habe gleich zu Anfang des Gesprächs zu verstehen gegeben, dass er selbst Schafe halte und die Fläche von Pferden beweiden lasse. Auf dem später gefertigten Foto seien Koppelzäune und der Schafstall zu erkennen.

4

Die Beklagte setzte darauf mit Beitragsbescheid vom 11. Mai 2006 für die Jahre 2001 bis 2005 die Beiträge in Höhe von insgesamt von 353,97 EUR fest. Ferner erließ sie unter dem 12. Mai 2006 einen Bescheid über den Beginn ihrer Zuständigkeit ab dem 1. Januar 1994. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie in einer großen Klinik als MTA in Vollzeit beschäftigt sei. Landwirtschaft habe sie nie betrieben. Es handele sich um einen Kleingarten von 11.000 m². Sie verfüge auch weder über Pferde noch über Schafe. Zu weitergehenden Auskünften über Dritte sehe sie sich nicht veranlasst; die Beklagte möge sich direkt an diese Personen wenden.

5

Unter dem 19. Februar 2007 setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahr 2006 fest; auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

6

In einem Telefonat am 21. Juli 2007 teilte der Ehemann der Klägerin mit, es weideten für ca. zehn Tage fremde Schaf auf der Fläche; ortsansässige Pferdebesitzer nutzten seine Fläche als Auslauf und Weidefläche ohne seine Zustimmung.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die beiden Widersprüche der Klägerin bezüglich der Beiträge für die Jahre 2001 bis 2005 sowie 2006 und gegen den Zuständigkeitsbescheid zurück und führte aus, nach ihren Ermittlungen betreibe die Klägerin ein landwirtschaftliches Unternehmen.

8

Hiergegen hat die Klägerin am 31. August 2007 Klage erhoben und zur Begründung ihren bisherigen Vortrag vertieft. Es sei allerdings zutreffend, dass für ca. zehn Tage Schafe und Pferde auf den Flächen geweidet hätten. Dies sei aber ohne ihre Zustimmung oder die ihres des Ehemanns erfolgt. Ferner hat die Klägerin die Angaben ihres Ehemannes bei dem Vor-Ort-Termin mit Nichtwissen bestritten. Sie selbst sei zu diesem Gespräch nicht eingeladen worden.

9

Im Weiteren setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahre 2007und 2008 fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte zurück. Auch hiergegen hat die Klägerin jeweils Klage erhoben.

10

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. September 2009 die Klageverfahren verbunden und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. (Ehemann der Klägerin), A., K., M. und M. (Mitarbeiter der Beklagten).

11

Mit Urteil vom 20. Juni 2011 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben sowie den Streitwert auf 5.582,34 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus den Zeugenaussagen habe sich ergeben, dass die Klägerin das Grundstück nicht nutze und auch - abgesehen von dem Fahrweg - nicht mähe. Die Aussage des Zeugen T. sowie die dem Gericht übergebenen Fotos zeigten eindeutig eine bearbeitete und gepflegte Rasenfläche. Allerdings könne insoweit nur der Zustand am 2. Mai 2006 festgestellt werden. Das Foto zeige jedoch nicht das komplette Grundstück, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass etwa nur diese Fläche bearbeitet werde oder dieses Mähen nur einmal im Jahr erfolgt sei. Soweit ersichtlich sei keine Tierhaltung betrieben worden.

12

Gegen das ihr am 19. August 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. September 2011 Berufung eingelegt.

13

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Herrn F. und Herrn T. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Nach einer Erläuterung der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen und eine Kostenentscheidung durch den Senat beantragt.

14

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.

II.

15

Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG; dazu unter 1.) und nicht § 197a SGG. Danach hat hier die Beklagte 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen (dazu unter 2.)

16

1. Gemäß § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Dies ist hier der Fall.

17

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind, versichert. Gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VII) umfasst die landwirtschaftliche Unfallversicherung insbesondere land- und forstwirtschaftliche Unternehmen einschließlich der den Zielen des Natur- und Umweltschutz dienenden Landschaftspflege.

18

Die scheinbare Besonderheit im vorliegenden Fall besteht darin, dass der nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versicherte Kläger zugleich Beitragsschuldner gemäß § 150 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist. Grundsätzlich sind gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unternehmer für die in ihrem Unternehmen beschäftigten Versicherten beitragspflichtig. Die prinzipielle Gegenüberstellung von Versicherten einerseits und Unternehmern (Mitgliedern) andererseits macht gerade die strukturelle Besonderheit der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich zu den übrigen Sozialversicherungszweigen aus und rechtfertigt es, die Unternehmer in den Beitragsstreitigkeiten im allgemeinen nicht als Versicherte im Sinne des § 183 SGG anzusehen, weil nicht sie selbst, sondern nur ihre Arbeitnehmer die Versicherten sind. Abgrenzungsprobleme in seltenen Einzelfällen rechtfertigen nicht ohne einen sonstigen Anhaltspunkt eine Auslegung des § 183 SGG gegen seinen klaren Wortlaut. Der Begriff des Unternehmers oder des Selbständigen ist dem SGG unbekannt.

19

In der hier vorliegenden Konstellation ist der Unternehmer selbst gleichzeitig auch Versicherter; hier fallen die Rechtsbeziehungen in einer Person zusammen (st. Rspr. des Senats, vgl. 5.4.2011 L 6 U 99/10 B; so bereits LSG Sachsen, 22.11.2005, L 2 B 206/05 U; LSG Baden-Württemberg, 4.5.2005, L 2 U 5059/04 ER-B; LSG Bayern, 29.6.2005, L 1/3 U 291/04, LSG Hamburg, 28.6.2005, L 3 B 138/05 R; SG Dresden, 15.7.2004, S 5 U 114/04 LW, alle zitiert nach juris). Dies folgt auch mit hinreichender Deutlichkeit aus den §§ 150 Abs. 1 Satz 2, 153, 154 SGB VII.

20

Eine Differenzierung zwischen leistungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Angelegenheiten des Versicherten hat der Gesetzgeber nicht getroffen (vgl. Hk-SGG/Groß, § 183, Rn. 4 m.w.N.; a.A. ohne nähere Begründung BSG, 5.3.2008, B 2 U 353/07 B; BSG, 18.01.2011, B 2 U 16/10 R; LSG Niedersachsen, 4.8.2010, L 3 B 32/08 U; LSG Berlin-Brandenburg 24.3.2006, L 3 B 1099/05 U; im Ergebnis ebenso: LSG Hessen, 17.12.2004, L 3 U 78/04; LSG Brandenburg, 29.12.2004, L 7 B 124/04 U ER; alles zit. nach juris; Knittel in Hennig, SGG, § 183 Rn. 14; differenzierend Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 183 Rn. 5a; ausführlich Köhler, Das Kostenprivileg des § 183 SGG im Falle eines unfallversicherten Unternehmers, SGb 2008, 76, 79 m.w.N.).

21

Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine klaren Schlüsse ziehen. Die jetzige Formulierung des § 183 SGG geht zurück auf einen Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg (BR-Drs. 73/01). Dieser sah im Zusammenhang mit der Einführung einer grundsätzlichen Gerichtskostenpflicht vor, diesen (privilegierten) Personenkreis aus sozialen Gründen lediglich einer pauschalen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Eine Einschränkung für bestimmte Versicherte enthielt der Gesetzesentwurf auch nach Maßgabe der ihm beigefügten Begründung nicht. Er stellte vielmehr auf den Personenkreis derjenigen ab, "die typischerweise vor den Sozialgerichten Rechtsschutz suchen, also insbesondere Versicherte, Rentner, Kranke, Arbeitslose, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen ..." (S. 34). Diese Erleichterung sollte "insbesondere der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen auf Erwerbsersatzeinkommen und staatliche Fürsorgeleistungen, also auf Sozialleistungen, zugute kommen. Zu diesen Ansprüchen gehören aber weder Erstattungsstreitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander noch Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern oder Vertragsarztverfahren, bei denen es um die ärztliche Zulassung oder das ärztliche Honorar geht" (S. 35).

22

Im Entwurf eines Sechsten SGG-Änderungsgesetzes erhielt § 183 Satz 1 SGG die am 2. Januar 2002 in Kraft getretene Fassung. Neu eingefügt wurde § 197a Abs. 1 SGG, dessen Wortlaut im Gesetzgebungsverfahren ebenfalls nicht verändert wurde. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs (BR-Drs. 132/01 S. 38 = BT-Drs. 14/5943 S. 20) heißt es dazu: "Insbesondere Versicherte, Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen sollen auch künftig nicht mit Gerichtskosten belastet werden. Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch die Sozialgerichte ohne finanzielle Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären. Die Pauschalgebührenregelung soll allerdings für solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen sie sozialpolitisch nicht mehr gerechtfertigt ist. Dies sind Verfahren, in denen nicht die oben genannten Personengruppen Kläger oder Beklagte sind. In diesen Fällen sollen Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz erhoben werden. Dies gilt z. B. für Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander oder Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern. Auch soweit es um Vertragsarztverfahren (Vertragsarztzulassung, Honorarstreitigkeiten) geht, ist eine Gebührenprivilegierung, die von ihrem Schutzzweck her auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ausgerichtet ist, nicht sachgerecht." Im Besonderen Teil wird zum Regelungszweck des § 183 SGG lediglich ausgeführt, der Grundsatz der Gebührenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens werde beibehalten (S. 59). Zu den von § 197a SGG erfassten Streitigkeiten enthält der Besondere Teil nur eine fast wörtliche Wiederholung der im Allgemeinen Teil angegebenen Begründung mit den dort genannten Beispielsfällen (S. 61).

23

Damit sind alle Versicherten kostenprivilegiert. Arbeitgeberin ist die Klägerin zudem nicht; dies ist bei den versicherten Unternehmern in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ungewöhnlich.

24

Die Versicherungspflicht der Unternehmer ist vergleichbar mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten selbstständigen Handwerkern (§ 2 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI), welche ihre Beiträge ebenfalls für ihre eigene Rentenversicherung entrichten. Diese zählt das BSG ebenfalls zu den Versicherten im Sinne des § 183 SGG (BSG, 30.10.2013, B 12 R 17/11 R, juris; anders Breitkreuz in Fichte/Breitkreuz, SGG, § 183 Rn. 11). Vielmehr ist auch bei ihnen nach allgemeiner Meinung die Eigenschaft als beitragszahlender Unternehmer und als Versicherter untrennbar miteinander verbunden (wie hier auch zu einer selbstständigen Lehrerin im Rahmen eines Beitragsverfahren gegen die gesetzliche Rentenversicherung BSG, 5.7.2006, B 12 RK 4/05 R, Juris; zur einer hauptberuflich selbständigen Kauffrau im Recht der Arbeitsförderung auch BSG, 4.9.2013, B 12 AL 2/12 R, juris).

25

Das gleiche gilt für Unternehmer, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auch pflichtversichert sein können. Bei diesen sind im Übrigen nach § 10 SGB V auch Dritte (Familienangehörige) unter bestimmten Bedingungen in den Versicherungsschutz einbezogen. Dies wird nach § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch auf die Pflegeversicherung übertragen. Insoweit besteht kein struktureller Unterschied hinsichtlich dieser beiden Zweige der Sozialversicherung zu den versicherten Unternehmern in der gesetzlichen Unfallversicherung, jedenfalls soweit es ausschließlich um deren Versicherung und die daraus resultierenden Beiträge geht. Es ist gleichgültig, ob die Beitragspflicht bzw. die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung als solche dem Grunde nach oder nur der Beitragshöhe nach streitig sind, in jedem Fall wird dadurch auch der Status als Versicherter berührt, weil die Beiträge gerade für die eigene Versicherung entrichtet werden sollen (LSG Hamburg, a.a.O).

26

Da die Beklagte die Klägerin mit den streitgegenständlichen Bescheiden als Versicherte in Anspruch genommen hat, ist die Klägerin kostenrechtlich als Versicherte zu behandeln.

27

2. Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG war nach der Erledigung der Hauptsache über die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden. Zu beschließen war lediglich über eine Erstattung der der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Denn die Aufwendungen der Beklagten sind nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs. 4 SGG); durch die Berufungsrücknahme ist die Entscheidung des Sozialgerichts über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz rechtskräftig geworden.

28

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Beendigung des Rechtsstreits durch die Rücknahme der Berufung einander Kosten zu erstatten haben, ist nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung nach sachgemäßem Ermessen zu treffen, wobei den mutmaßlichen Erfolgsaussichten Bedeutung zukommt (BSG, 16.5.2007, B 7b AS 40/06 R; Münker in Hennig, SGG, § 193 Rn. 35; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 Rn. 13). Allerdings sind auch die Gründe für den Anlass der Klageerhebung bzw. Berufungseinlegung i.S. des Veranlassungsprinzips zu berücksichtigen (BSG, a.a.O.; Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 12b, 13; kritisch Münker in Hennig, SGG, § 193 Rn. 36).

29

Hier ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin es in der Hand gehabt hätte, den Sachverhalt bereits vor Klageerhebung aufzuklären. Statt schlicht darauf hinzuweisen, dass das Grundstück - wie erst nach Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig wurde - landwirtschaftlich genutzt wird, dies aber unentgeltlich durch den Schäfer Herrn S. erfolgte, hat sie sich ausdrücklich geweigert, einen Namen anzugeben und sogar noch darauf hingewiesen, die Beklagte könne sich doch insoweit an den (nicht benannten) Dritten wenden. Zudem war ihr Vortrag unklar und widersprüchlich. Erst auf mehrfachen Vorhalt des Gerichts hat sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass bis 2006 Schafe auf dem Grundstück geweidet hatten. Daher durfte die Beklagte zunächst davon ausgehen, dass das Grundstück, das offensichtlich landwirtschaftlich (durch Abweiden) genutzt wurde, auch von der Klägerin genutzt wurde, wenn diese eine weitere Mitarbeit verweigert. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin zunächst überhaupt keine Tierhaltung erwähnt hat und sie zumindest auch die Zeugenaussage ihres Ehemannes, Tiere seien auf dem Grundstück zumindest seit 1990 nicht mehr gehalten worden und es seien dort auch keine fremden Tiere gewesen, nicht korrigiert hat. Immerhin ist auch das Sozialgericht noch davon ausgegangen, dass keine Tiere gehalten wurden und das Grundstück nicht landwirtschaftlich genutzt werde. Diese Irrtümer hat die Klägerin verursacht.

30

Allerdings hätte auch die Beklagte im Verwaltungsverfahren den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin weiter aufklären bzw. sie insoweit an ihre Mitwirkungspflichten erinnern können. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die Beklagte mit der Berufung letztlich keinen Erfolg hatte, da sie dieses Rechtsmittel zurückgenommen hat. Nach Klärung des Sachverhaltes war diese auch angesichts der Rspr. des BSG aussichtslos geworden (vgl. BSG, 18.11.2011 - B 2 U 16/10 R, juris; BSG, 5.5.1998, B 2 U 30/97 R, BSGE 82, 132, 135 = SozR 3-2200 § 802 Nr. 1 S. 5).

31

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11 zitiert 12 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 10 Familienversicherung


(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,2. nicht nach § 5 Abs.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 150 Beitragspflichtige


(1) Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die nach § 2 versicherten Unternehmer sowie die nach § 3 Abs. 1 Nr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 30. Okt. 2013 - B 12 R 17/11 R

bei uns veröffentlicht am 30.10.2013

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2011 geändert.

Bundessozialgericht Urteil, 04. Sept. 2013 - B 12 AL 2/12 R

bei uns veröffentlicht am 04.09.2013

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Mai 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin ab 12

Bundessozialgericht Urteil, 18. Jan. 2011 - B 2 U 16/10 R

bei uns veröffentlicht am 18.01.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2005 - L 2 U 5059/04 ER-B

bei uns veröffentlicht am 04.05.2005

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerdeführerin keine Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Außergerichtliche Kosten für beide Verfahrenszü
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Apr. 2014 - L 6 U 69/11.

Sozialgericht Halle Urteil, 18. Juni 2015 - S 33 U 78/14

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

Tenor Die Bescheide der Beklagten vom 30. Dezember 2013 für die Jahre 2009, 2010, 2011 und 2012 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2014 werden aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Ko

Referenzen

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die nach § 2 versicherten Unternehmer sowie die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 Abs. 1 Versicherten sind selbst beitragspflichtig. Für Versicherte nach § 6 Absatz 1 Satz 2 ist die jeweilige Organisation oder der jeweilige Verband beitragspflichtig. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 6 Absatz 1 Satz 3.

(2) Neben den Unternehmern sind beitragspflichtig

1.
die Auftraggeber, soweit sie Zwischenmeistern und Hausgewerbetreibenden zur Zahlung von Entgelt verpflichtet sind,
2.
die Reeder, soweit beim Betrieb von Seeschiffen andere Unternehmer sind oder auf Seeschiffen durch andere ein Unternehmen betrieben wird.
Die in Satz 1 Nr. 1 und 2 Genannten sowie die in § 130 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 genannten Bevollmächtigten haften mit den Unternehmern als Gesamtschuldner.

(3) Für die Beitragshaftung bei der Arbeitnehmerüberlassung gilt § 28e Abs. 2 und 4 des Vierten Buches, für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe gilt § 28e Absatz 3a bis 3f des Vierten Buches und für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers adressierte Pakete befördern, gilt § 28e Absatz 3g des Vierten Buches entsprechend. Der Nachunternehmer oder der von diesem beauftragte Verleiher hat für den Nachweis nach § 28e Absatz 3f des Vierten Buches eine qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers vorzulegen; diese enthält insbesondere Angaben über die bei dem Unfallversicherungsträger eingetragenen Unternehmensteile und diesen zugehörigen Lohnsummen des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers sowie die ordnungsgemäße Zahlung der Beiträge.

(4) Bei einem Wechsel der Person des Unternehmers sind der bisherige Unternehmer und sein Nachfolger bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Wechsel angezeigt wurde, zur Zahlung der Beiträge und damit zusammenhängender Leistungen als Gesamtschuldner verpflichtet.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerdeführerin keine Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Außergerichtliche Kosten für beide Verfahrenszüge sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die 1940 geborene Beschwerdeführerin begehrt im Beschwerdeverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid der Beschwerdegegnerin vom 07.07.2004 für das Jahr 2003.
Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Beschwerdeführerin als landwirtschaftliche Unternehmerin für die landwirtschaftliche Nutzfläche von 0,7 Hektar und Weinbauchfläche von 0,18 Hektar zu Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung in Höhe von 115,10 EUR sowie Rückständen von 409,24 EUR (insgesamt 524,34 EUR) herangezogen. Ihren Widerspruch vom 10.07.2004 begründete die Beschwerdeführerin damit, die Beiträge, die ihr verstorbener Mann niedriger als gefordert ausgehandelt habe, bereits gezahlt zu haben. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2004 zurückgewiesen. Ein ermäßigter Beitrag von 7,50 EUR je Geschäftsjahr sei mit Sicherheit nie mit dem verstorbenen Ehemann ausgehandelt worden. Der am 11.03.2004 gezahlte Betrag von 37,50 EUR könne deshalb auch nicht als Versicherungsbeitrag für mehrere Jahre, sondern nur als Minderung der Gesamtschuld gewertet werden.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 10.09.2004 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (Az. S 1 U 6063/04) erhoben und gleichzeitig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid vom 07.07.2004 anzuordnen.
Mit Beschluss vom 06.10.2004 lehnte das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid für das Geschäftsjahr 2003 ab und entschied auch, dass die Beschwerdeführerin Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Das SG setzte den Streitwert des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf 57,55 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzung des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht vorlägen. Über Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b SGG entscheide das Gericht nach Ermessen und auf Grund einer Interessenabwägung. Auf Antrag sei die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid anzuordnen bzw. dessen Vollziehung auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden oder die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestünden, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg. Eine unbillige Härte liege vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden könnten. Nach dem vorliegenden Sachverhalt kam das SG zu der Überzeugung, die erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen der Beschwerdeführerin im Hauptsachverfahren sei nicht gegeben. Nach der gebotenen summarischen Prüfung sei der Beitragsbescheid der Beschwerdegegnerin zutreffend. Es sei nicht ersichtlich, dass die Grundstücksflächen unzutreffend oder die Beschwerdeführerin nicht die Eigentümerin der veranlagten Flächen sei. Ferner habe die Beschwerdeführerin weder dargelegt noch sei ersichtlich, dass die sofortige Beitreibung der geforderten Beiträge für sie eine unbillige Härte zur Folge habe.
Der dagegen am 14.10.2004 beim SG eingelegten Beschwerde hat das SG nicht abgeholfen.
Der Senat hat die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin zu dem behaupteten schwebenden Nachlassinsolvenzverfahren befragt. Die Beschwerdeführerin teilte hierzu mit Schreiben vom 15.01.2005 mit, ein Nachlassinsolvenzverfahren bestehe beim Nachlassinsolvenzgericht Stuttgart, Hauffstr. 5. Weiter führte sie wörtlich aus: „von diesem ich aber zwischenzeitlich den Betrugsverwalter wegen Verbrecher-Betrug zum Insolvenz gekündigt habe!". Die Beschwerdegegnerin teilte mit Schreiben vom 18.02.2005 mit, dass ihr von einem Insolvenzverfahren gegen die Beschwerdeführerin nichts bekannt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akte der Beschwerdegegnerin sowie des SG und LSG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§ 172 Abs. 1, 173 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
10 
Das SG hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Insofern wird auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses vom 06.10.2004 Bezug genommen.
11 
Auch die Nachforschungen des Senats haben keinen verwertbaren Hinweis darauf erbracht, dass die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der betreffenden Grundstücke ist oder sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse anders als im Beschluss des SG zugrundegelegt darstellen. Deshalb gelangt auch der Senat bei der gebotenen summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführerin die Klärung der anstehenden Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren zumutbar ist.
12 
Entgegen der Ansicht des SG ist die Beschwerdeführerin nicht kostenpflichtig. Der Senat hält im vorliegenden Fall § 197 a SGG nicht für einschlägig, da die Beschwerdeführerin zum in § 183 SGG genannten Personenkreis zählt. § 183 Abs. 1 SGG bestimmt, dass das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit neben anderen für „Versicherte" kostenfrei ist, soweit sie in der jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Abzustellen ist hierzu auf die Stellung der Beteiligten im Verfahren. Streitgegenstand des Verfahrens muss ein Anspruch sein, der Bezug zu der in § 183 Satz 1 bis 3 aufgeführten Eigenschaft hat. Die Beschwerdeführerin wird als landwirtschaftliche Unternehmerin von der Beschwerdegegnerin veranlagt. In dieser besonderen Konstellation ist der landwirtschaftliche Unternehmer selbst Unternehmer und gleichzeitig auch Versicherter sowie ausnahmsweise auch selbst Beitragsschuldner (§ 150 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Das bedeutet, dass die Rechtsbeziehungen zwangsläufig in einer Person zusammenfallen. Deshalb ist die Beschwerdeführerin auch „Versicherte" im Sinne des § 183 SGG. Im übrigen gebietet es auch der soziale Schutzzweck, den auch das Sechste SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 nicht beseitigen wollte, im vorliegenden Fall - des selbstversicherten Unternehmers ohne Arbeitnehmer - den Unternehmer einem Versicherten im Sinne des § 183 SGG zumindest gleichzustellen (vgl. zum Ganzen: Beschluss des SG Dresden v. 15. Juli 2004, Az: S 5 U 114/04 LW veröffentlicht in JURIS).
13 
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Gründe

 
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§ 172 Abs. 1, 173 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
10 
Das SG hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Insofern wird auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses vom 06.10.2004 Bezug genommen.
11 
Auch die Nachforschungen des Senats haben keinen verwertbaren Hinweis darauf erbracht, dass die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der betreffenden Grundstücke ist oder sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse anders als im Beschluss des SG zugrundegelegt darstellen. Deshalb gelangt auch der Senat bei der gebotenen summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführerin die Klärung der anstehenden Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren zumutbar ist.
12 
Entgegen der Ansicht des SG ist die Beschwerdeführerin nicht kostenpflichtig. Der Senat hält im vorliegenden Fall § 197 a SGG nicht für einschlägig, da die Beschwerdeführerin zum in § 183 SGG genannten Personenkreis zählt. § 183 Abs. 1 SGG bestimmt, dass das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit neben anderen für „Versicherte" kostenfrei ist, soweit sie in der jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Abzustellen ist hierzu auf die Stellung der Beteiligten im Verfahren. Streitgegenstand des Verfahrens muss ein Anspruch sein, der Bezug zu der in § 183 Satz 1 bis 3 aufgeführten Eigenschaft hat. Die Beschwerdeführerin wird als landwirtschaftliche Unternehmerin von der Beschwerdegegnerin veranlagt. In dieser besonderen Konstellation ist der landwirtschaftliche Unternehmer selbst Unternehmer und gleichzeitig auch Versicherter sowie ausnahmsweise auch selbst Beitragsschuldner (§ 150 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Das bedeutet, dass die Rechtsbeziehungen zwangsläufig in einer Person zusammenfallen. Deshalb ist die Beschwerdeführerin auch „Versicherte" im Sinne des § 183 SGG. Im übrigen gebietet es auch der soziale Schutzzweck, den auch das Sechste SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 nicht beseitigen wollte, im vorliegenden Fall - des selbstversicherten Unternehmers ohne Arbeitnehmer - den Unternehmer einem Versicherten im Sinne des § 183 SGG zumindest gleichzustellen (vgl. zum Ganzen: Beschluss des SG Dresden v. 15. Juli 2004, Az: S 5 U 114/04 LW veröffentlicht in JURIS).
13 
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die nach § 2 versicherten Unternehmer sowie die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 Abs. 1 Versicherten sind selbst beitragspflichtig. Für Versicherte nach § 6 Absatz 1 Satz 2 ist die jeweilige Organisation oder der jeweilige Verband beitragspflichtig. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 6 Absatz 1 Satz 3.

(2) Neben den Unternehmern sind beitragspflichtig

1.
die Auftraggeber, soweit sie Zwischenmeistern und Hausgewerbetreibenden zur Zahlung von Entgelt verpflichtet sind,
2.
die Reeder, soweit beim Betrieb von Seeschiffen andere Unternehmer sind oder auf Seeschiffen durch andere ein Unternehmen betrieben wird.
Die in Satz 1 Nr. 1 und 2 Genannten sowie die in § 130 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 genannten Bevollmächtigten haften mit den Unternehmern als Gesamtschuldner.

(3) Für die Beitragshaftung bei der Arbeitnehmerüberlassung gilt § 28e Abs. 2 und 4 des Vierten Buches, für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe gilt § 28e Absatz 3a bis 3f des Vierten Buches und für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers adressierte Pakete befördern, gilt § 28e Absatz 3g des Vierten Buches entsprechend. Der Nachunternehmer oder der von diesem beauftragte Verleiher hat für den Nachweis nach § 28e Absatz 3f des Vierten Buches eine qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers vorzulegen; diese enthält insbesondere Angaben über die bei dem Unfallversicherungsträger eingetragenen Unternehmensteile und diesen zugehörigen Lohnsummen des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers sowie die ordnungsgemäße Zahlung der Beiträge.

(4) Bei einem Wechsel der Person des Unternehmers sind der bisherige Unternehmer und sein Nachfolger bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Wechsel angezeigt wurde, zur Zahlung der Beiträge und damit zusammenhängender Leistungen als Gesamtschuldner verpflichtet.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird für jede Instanz auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten umstritten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Wiesengrundstücks von 0,4163 ha, das zwei Mal jährlich gemäht wird. Das Schnittgut dient allein der Heugewinnung. Mit Bescheid der Lippischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG; Rechtsvorgängerin der Beklagten) vom 18.4.1980 wurde er in deren Unternehmerverzeichnis (Kataster) aufgenommen. Seinen im August 2006 gestellten Antrag, den Aufnahmebescheid zurückzunehmen und das Ende der Mitgliedschaft festzustellen, lehnte die Beklagte ab, weil das Grünland zur Erhaltung des Kulturzustandes gepflegt werde (Bescheid vom 13.9.2006, Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006).

3

Das SG Detmold hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 26.9.2008). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 2.6.2010). Der Kläger habe seit 1.1.1980 ein Unternehmen der Landwirtschaft betrieben. Zwar liege eine planmäßige Aufzucht und Aberntung von Bodengewächsen nicht vor. Die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer entfalle aber erst dann, wenn entweder die Bodenfläche im Wesentlichen Ödland sei und landwirtschaftlich nicht genutzt werden könne oder die Bodenbewirtschaftung auf Dauer eingestellt werde. Eine zeitliche Geringfügigkeitsgrenze habe unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht bestanden. Die mit dem SGB VII mit Wirkung ab 1.1.1997 eingeführten Bagatellgrenzen seien überschritten.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der §§ 776 Abs 1 Nr 1 RVO und 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Er sei kein landwirtschaftlicher Unternehmer, da es an einer Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse fehle. Das Grundstück würde allein gemäht, um im Sinne landschaftspflegerischer Aktivitäten den Kulturzustand zu erhalten, Beeinträchtigungen Dritter durch Samenflug zu vermeiden und für Fahrzeugführer die Sicht auf angrenzende Straßen freizuhalten. Das Schnittgut sei für ihn unerwünschter Abfall.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2010 und des Sozialgerichts Detmold vom 26. September 2008 sowie die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 13. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 18. April 1980, hilfsweise dessen Aufhebung für die Zeit ab 1. Januar 1997 festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Bodenbewirtschaftung umfasse alle Bestellungs-, Pflege-, und Aberntungstätigkeiten einschließlich der Bearbeitung und Düngung des Bodens. Der nur geringe Arbeitsaufwand des Klägers sei unerheblich.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 13.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 18.4.1980 und Feststellung seiner Nicht-Mitgliedschaft bei der Beklagten.

9

Die angefochtene Feststellung der Beklagten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Aufnahmeentscheidung vom 18.4.1980 wegen anfänglicher Unrichtigkeit und das hierauf gerichtete Verpflichtungsbegehren des Klägers beurteilen sich nach § 44 Abs 2 SGB X. Der hierzu nachrangige Anspruch auf Aufhebung der Aufnahmeentscheidung wegen einer im Nachhinein eingetretenen nachträglichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse richtet sich hingegen nach § 48 Abs 1 SGB X. Diese Vorschriften werden nicht durch die Regelungen des § 136 Abs 1 Satz 4 iVm Abs 2 SGB VII als leges speciales verdrängt, die lediglich die Überweisung von Unternehmen und damit die Beziehungen der Unfallversicherungsträger zueinander betreffen.

10

Nach § 44 Abs 2 SGB X ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist weder geltend gemacht worden noch erkennbar, dass die Beklagte bei der Aufnahme des Klägers in das Unternehmerverzeichnis von einem Sachverhalt ausgegangen sein könnte, der sich (nachträglich) als unrichtig erweist. Sie hat auch das Recht nicht unrichtig angewandt. Ihre Entscheidung im Bescheid vom 18.4.1980, den Kläger als landwirtschaftlichen Unternehmer im Kataster zu führen, entsprach der damaligen Sach- und Rechtslage.

11

Der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme begehrt wird, muss von Anfang an rechtswidrig sein. Maßgeblich ist daher das Recht, das für den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vom 18.4.1980 gilt, hier das der RVO. Nach § 792 iVm § 658 Abs 1 RVO war jeder Unternehmer Mitglied der sachlich zuständigen BG, dessen Unternehmen seinen Sitz im örtlichen Zuständigkeitsbereich der BG hatte. Unternehmer war gemäß § 658 Abs 2 Nr 1 RVO derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit) ging. Von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung waren nach § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus umfasst, es sei denn, es handelte sich um Haus-, Zier- oder andere Kleingärten, die weder regelmäßig noch in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet wurden und deren Erzeugnisse hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienten(§ 778 RVO). Auf der Grundlage dieser Vorschriften ist der Kläger zu Recht zum 1.1.1980 selbst versichertes und beitragspflichtiges Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten geworden.

12

Sein unfallversicherungsrechtlicher Rechtsstatus als landwirtschaftlicher Unternehmer war nicht von vornherein deswegen ausgeschlossen, weil er unter die Spezialvorschrift des § 778 RVO, einer Ausnahmeregelung für Ziergärten, Hausgärten und andere Kleingärten, gefallen wäre. Bei dem Wiesengrundstück von 0,4163 ha handelt es sich offenkundig nicht um einen der Verschönerung dienenden Ziergarten. Da seine Nutzung nicht auf den häuslichen Bedarf ausgerichtet ist, stellt es auch keinen Hausgarten dar. Schließlich scheidet ein anderer Kleingarten aus, denn selbst die ursprünglich vom Reichsversicherungsamt angenommene Obergrenze von 2.500 m² (vgl hierzu BSG vom 31.1.1989 - 2 RU 30/88 - BSGE 64, 252, 254 = SozR 2200 § 778 Nr 2 S 7) ist überschritten.

13

Durch das Mähen des Wiesengrundstücks wurde ein "Unternehmen" im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung begründet. Der Begriff des Unternehmens ist durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I, 241) als Sammelbegriff für Betriebe, Einrichtungen und Tätigkeiten ausgestaltet worden. Die Aufzählung im Klammerzusatz des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO macht deutlich, dass unter einem Unternehmen nicht nur ein Betrieb im herkömmlichen wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist. Der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform oder das Vorliegen einer organisatorischen Einheit an und setzt weder einen Geschäftsbetrieb noch eine auf Erwerb oder Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit voraus (BSG vom 5.8.1976 - 2 RU 189/74 - BSGE 42, 126, 128 = SozR 2200 § 539 Nr 24 S 68; BSG vom 28.9.1999 - B 2 U 40/98 R - SozR 3-2200 § 776 Nr 5 S 12 f). Anders als nach § 1 Abs 3 des bis zum 31.12.1994 geltenden Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) kommt es auch nicht darauf an, dass das Unternehmen nach seiner Art und Größe eine Existenzgrundlage bilden kann. Vielmehr ist in der gesetzlichen Unfallversicherung jede Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Dieser weite unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens gilt auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung. § 792 RVO bestimmt ausdrücklich die Anwendbarkeit des § 658 RVO. Ein landwirtschaftliches "Unternehmen" im weiten unfallversicherungsrechtlichen Sinn liegt schon deshalb nicht nur dann vor, wenn der Unternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb oder eine landwirtschaftliche Einrichtung führt.

14

Der Kläger betreibt das Unternehmen und ist damit "Unternehmer". Es geht für seine Rechnung (vgl § 658 Abs 2 Nr 1 RVO), denn ihm gereicht es unmittelbar zum wirtschaftlichen Vor- oder Nachteil (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 16 mwN). Nach seinem eigenen Vorbringen wird das Grundstück gemäht, um nachteilige Einwirkungen auf Dritte zu vermeiden. Dass er die Wiese durch Dritte mähen lässt, berührt seine Eigenschaft als Unternehmer, dem dies zum Vorteil gereicht, nicht (vgl BSG vom 5.5.1998 - B 2 U 30/97 R - BSGE 82, 132, 135 = SozR 3-2200 § 802 Nr 1 S 5).

15

Dieses Unternehmen des Klägers ist "landwirtschaftlicher" Natur. Der Begriff der "landwirtschaftlichen" Unternehmen ist im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gesetzlich definiert. Er erfasst nach dem Gesetz nicht nur bodenbewirtschaftende Unternehmen. Soweit er sich auf solche bezieht, verlangt er schon nach seiner alltagssprachlichen Bedeutung, dass der Unternehmer, der, wie der Kläger, keinen Betrieb und keine Einrichtung führt, wirtschaftende Tätigkeiten am "Land" durchführen lässt oder durchführt. Daher ist landwirtschaftlicher Unternehmer, wer als Besitzer von Grundstücken (Eigentümer, Pächter, Nießbraucher oder sonstige Nutzer) auf eigene Rechnung Tätigkeiten verrichtet oder verrichten lässt, die mit dem Boden in irgendeiner Art wirtschaften (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 16 mwN). Hingegen reicht es nicht aus, dass jemand Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigter an einem Grundstück ist, ohne eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit zu entfalten (oder einen landwirtschaftlichen Betrieb, eine solche Einrichtung oder eine darauf bezogene Verwaltung zu führen).

16

Das Abmähen der auf einem Grundstück gewachsenen Pflanzen ist (wie deren Anbau und die Bearbeitung des Bodens zwecks Pflanzenanbaus) eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit. Zur Bodenbewirtschaftung zählt nicht nur die Bestellung des Bodens durch Säen oder Pflanzen und seine Bearbeitung durch zB Pflügen, Düngen oder Bewässern. Sie umfasst vielmehr sämtliche Tätigkeiten, die - wie hier - dem Abschneiden von Bodengewächsen oder der Gewinnung von Bodenerzeugnissen dienen. Unerheblich ist, ob die Bodenerzeugnisse auf einer Aufzucht beruhen und zu welchem Zweck sie gewonnen werden. Auch das Mähen von Gras zur Heugewinnung ohne weitere Verwendung des Heus gehört damit zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten (vgl BSG vom 17.2.1971 - 7/2 RU 124/67 - BSGE 32, 211, 212 = SozR Nr 1 zu § 815 RVO). Der bloße Besitz eines Grundstücks mit Pflanzenbewuchs macht also den Eigentümer, Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten noch nicht zum landwirtschaftlichen Unternehmer. Die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung wird, soweit kein Betrieb, keine Einrichtung und keine Verwaltung geführt wird, erst durch die Verrichtung einer bodenbewirtschaftenden Tätigkeit begründet, die ihrer Art nach eine unfallversicherte Tätigkeit sein kann.

17

Anderes ergibt sich nicht aus § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Danach ist Landwirt, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße erreicht (Abs 2 Satz 1). Zur erforderlichen Bodenbewirtschaftung gehören diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die der Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübt (Abs 4 Satz 2 Halbs 1). Es kann dahingestellt bleiben, wie der Begriff "Aufzucht" zu verstehen ist, ob er ein aktives Tun durch Eingriff in das natürliche Geschehen voraussetzt und das bloße wilde Wachsen nicht gesäten Grases nicht erfasst. Die Vorschrift des § 1 Abs 2 Satz 1 und Abs 4 Satz 2 Halbs 1 ALG ist bei der Feststellung eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anwendbar.

18

Das ALG ist durch Art 1 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I, 1890) mit Wirkung zum 1.1.1995 eingeführt worden. Eine § 1 Abs 2 Satz 1 und Abs 4 Satz 2 Halbs 1 ALG entsprechende Regelung sah das GAL nicht vor. Obwohl durch Art 8 ASRG 1995 zugleich auch das Dritte Buch der RVO über die Gesetzliche Unfallversicherung geändert worden ist, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, ausdrücklich oder durch Verweisung auf das ALG jene Definition des Begriffs der Bodenbewirtschaftung in das Unfallversicherungsrecht des Dritten Buches der RVO zu übernehmen.

19

Auch nach der Gesetzessystematik wurden nach § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO grundsätzlich sämtliche Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft in die landwirtschaftliche Unfallversicherung einbezogen. Lediglich Haus-, Zier- und andere Kleingärten gelten nach § 778 RVO nicht als landwirtschaftliche Unternehmen. Dieses Regelungskonzept bestätigt, dass sich die landwirtschaftliche Unfallversicherung mangels zumindest begrifflicher Erläuterung des landwirtschaftlichen Unternehmens auf sämtliche bodenbewirtschaftenden Unternehmen mit Ausnahme von Haus-, Zier- und anderen Kleingärten erstreckt. Damit wird dem Anliegen Rechnung getragen, die betrieblichen Risiken der Landwirtschaft so weit wie möglich abzudecken.

20

Die Mitgliedschaft des landwirtschaftlichen Unternehmers in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung begründet seinen eigenen Versicherungsschutz bei Verrichtung einer Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer sowie den seiner Beschäftigten und "Wie-Beschaftigten" in dieser Versicherung. Nach § 539 Abs 1 Nr 5 RVO waren Unternehmer gegen Arbeitsunfall versichert, solange und soweit sie als solche Mitglieder einer landwirtschaftlichen BG waren. Für diesen Personenkreis wurde entgegen der Regel, dass Unternehmer nicht versichert sind, ein berechtigtes Interesse an einem Unfallversicherungsschutz angenommen (vgl BT-Drucks IV/120 S 51 zu § 539). Dieses berechtigte Interesse besteht unabhängig von der Größe des landwirtschaftlichen Unternehmens und der Art der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Auch solche bodenbewirtschaftende Tätigkeiten, die nicht der Aufzucht von Bodengewächsen dienen, kann der Gesetzgeber in die Unfallversicherung einbeziehen, da ihnen ein nicht unwesentliches Unfallrisiko eigen ist. § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO stellt auf die umfassende Organisationseinheit "Unternehmen" iS des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO ab, ohne Grenzen oder Einschränkungen festzulegen. Nur Tätigkeiten in Haus-, Zier- oder anderen Kleingärten sind nach § 778 RVO unter den dort genannten Voraussetzungen von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ausgenommen worden(vgl BSG vom 12.6.1980 - 2 BU 175/88 - juris RdNr 8).

21

Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Es ist zwar zutreffend, dass in früheren Urteilen solche (regelmäßigen) Tätigkeiten als von einem landwirtschaftlichen Unternehmen umfasst bezeichnet wurden, die von nicht ganz kurzer Dauer und dazu bestimmt waren, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuernten (vgl zuletzt BSG vom 11.11.2003 - B 2 U 51/02 R - juris RdNr 17; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 37/02 R - juris RdNr 16; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 28/99 R - juris RdNr 16 und B 2 U 42/99 R - juris RdNr 19, jeweils mwN). Damals waren aber nur Fallgestaltungen zu beurteilen, in denen die planmäßige Aufzucht und das regelmäßige Abernten von Bodengewächsen festgestellt oder die landwirtschaftliche Fläche verpachtet war. Diese tatsächlichen Feststellungen wurden lediglich als eine hinreichende Bedingung für ein "landwirtschaftliches Unternehmen" angesehen. Hingegen wurde nicht gesagt, dass dies eine notwendige Voraussetzung für die Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens wäre. Notwendig ist allein eine im genannten Sinn mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit. Deshalb kommt es nach den abschließenden Ausnahmeregelungen des Gesetzes für Zier-, Haus- und andere Kleingärten, bei denen dieser Aspekt berücksichtigt wird, grundsätzlich auch nicht darauf an, ob die Bodenbewirtschaftung nur einen geringfügigen Arbeitsaufwand erfordert. Gleichwohl kann offen bleiben, ob bei Tätigkeiten an anderen Grundstücken als Zier-, Haus- und Kleingärten bezogen auf den Arbeitsaufwand bei der Bodenbewirtschaftung eine allgemeine Geringfügigkeits- oder Bagatellgrenze für ganz geringfügige Tätigkeiten besteht (zuletzt auch offen gelassen in BSG vom 11.11.2003 - B 2 U 51/02 R - juris RdNr 21 und vom 6.5.2003 - B 2 U 37/02 R - juris RdNr 17). Der mit dem (hier zweimaligen) Mähen der 0,4163 ha großen Fläche verbundene Arbeitsaufwand kann jedenfalls nicht mehr als ganz geringfügig bezeichnet werden.

22

Zwar hat der Senat im Beschluss vom 25.10.1989 (2 BU 99/89) ausgeführt, dass das gelegentliche Mähen einer Wiese zur Abwehr eventueller Beschwerden der Nachbarn über Unkrautsamenflug ohne weitere Nutzung des abgemähten Grases nicht geeignet ist, ein landwirtschaftliches Unternehmen zu begründen. Zu entscheiden war aber über ein verwahrlostes Wiesengrundstück von nur 0,35 ha, das lediglich hin und wieder durch den fünfzehnjährigen Enkelsohn des Klägers gemäht wurde. Ob das Abmähen von Gras auf einer Wiese für sich allein eine landwirtschaftliche unternehmerische Tätigkeit darstellt, hat der Senat jedoch wegen des vom LSG tatsächlich und bindend festgestellten geringfügigen Arbeitsaufwandes des Enkels ausdrücklich offen gelassen. Soweit der Beschluss in eine von diesem Urteil abweichende Richtung weisen kann, wird an ihm nicht festgehalten.

23

Die Ablehnung des erhobenen Anspruchs auf Aufhebung der Aufnahmeentscheidung im Bescheid vom 18.4.1980 ist mangels einer wesentlichen nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Abs 1 Satz 2 Nr 1). Eine Änderung in diesen Verhältnissen ist wesentlich, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich nach der damaligen Sach- und Rechtslage zu Recht erlassen wurde, nach der neuen Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte (BSG vom 20.3.2007 - B 2 U 21/06 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 11 RdNr 11 mwN).

24

Gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Aufnahmebescheids vom 18.4.1980 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht eingetreten. Dass das Wiesengrundstück mittlerweile nicht mehr gemäht würde, ist weder vom LSG festgestellt noch vom Kläger vorgetragen worden. Eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen ist nicht darin zu erblicken, dass das Dritte Buch der RVO zum 1.1.1997 durch das SGB VII abgelöst worden ist. An die Stelle der bis zum Jahre 1996 geltenden §§ 792 iVm 658 Abs 2 Nr 1, § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und § 778 RVO sind zum 1.1.1997 die inhaltsgleichen Vorschriften der §§ 121 Abs 1, 123 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 sowie § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII getreten. Auch danach ist die Nutzung des Grundstücks durch den Kläger als landwirtschaftliches Unternehmen zu qualifizieren und er als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied der Beklagten (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGB VII).

25

Gemäß § 121 Abs 1 SGB VII umfasst der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten. Diese Vorschrift betrifft nicht nur die gewerblichen BGen, obwohl der Begriff des Unternehmens in der die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen BGen regelnden Bestimmung des § 123 Abs 1 SGB VII als "landwirtschaftliches Unternehmen" beschrieben wird. Nach § 123 Abs 2 SGB VII sind von den landwirtschaftlichen Unternehmen aber nur Haus-, Zier- und andere Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes ausgeschlossen, es sei denn, sie werden regelmäßig oder in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet oder ihre Erzeugnisse dienen nicht hauptsächlich dem eigenen Haushalt. Daher ist auch nach dem Recht des SGB VII jede den Boden bewirtschaftende Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen zu begründen. Eine Begrenzung des landwirtschaftlichen Unternehmens auf Betriebe, Verwaltungen und Einrichtungen war mit der Einführung des SGB VII nicht verbunden (vgl BT-Drucks 13/2204 S 104 zu § 123 Abs 1).

26

Unternehmer ist nach § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Die Abweichung vom Wortlaut des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO bedeutet ebenso keine sachliche Änderung, sondern die Übernahme der dazu ergangenen Rechtsprechung(vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 22; BT-Drucks 13/2204 S 108 zu § 136 Abs 3). Auch der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmers wird im SGB VII unverändert verwendet (vgl BT-Drucks aaO S 104 zu § 123 Abs 1). Allerdings räumt § 5 SGB VII den Unternehmern landwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,12 ha (1.1.1997 bis zum 29.3.2005) oder 0,25 ha (seit 30.3.2005) das Recht ein, die Befreiung von der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 5 SGB VII zu beantragen. Die Größe der hier bewirtschafteten Fläche liegt indes erheblich über dieser Grenze. Eine Befreiung des Klägers ist auch nicht verfügt worden.

27

Da der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Aufnahmebescheids vom 18.4.1980 hat, ist auch für die begehrte Feststellung kein Raum.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

29

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 Satz 1 und § 63 Abs 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und war für die Vorinstanzen abzuändern.

30

In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen in einem Rechtszug - wie hier - weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, werden nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Nach § 52 Abs 1 GKG ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 GKG). Ein Streitwert von über 2.500.000 Euro darf nicht angenommen werden (§ 52 Abs 4 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs 2 GKG).

31

Für Rechtsstreitigkeiten um den zuständigen Unfallversicherungsträger hat der Senat den Streitwert auf das Dreifache des bei dem bisherigen Unfallversicherungsträger angefallenen Jahresbeitrags, mindestens jedoch den vierfachen Auffangstreitwert beziffert. Begründet wurde dies mit der erheblichen Bedeutung der Zuordnung eines Unternehmens zu einem bestimmten Unfallversicherungsträger aufgrund der sich daraus ergebenden Beitragsbelastung, der zu erbringenden Präventionsleistungen nebst der damit einhergehenden Überwachung und Beratung sowie der relativ hohen Voraussetzungen für eine Überweisung von einem Unfallversicherungsträger zu einem anderen (Beschluss vom 28.2.2006 - B 2 U 31/05 R - SozR 4-1920 § 52 Nr 3 RdNr 10). Diese Gesichtspunkte sind jedenfalls im vorliegenden Verfahren, in dem sich der Kläger allein gegen seine Heranziehung als (landwirtschaftlicher) Unternehmer durch die Beklagte wendet, nicht geeignet, einen höheren Streitwert als 5.000 Euro zu begründen.

32

Der Streitwert ist in erster Linie nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Die Bedeutung der Sache bestimmt sich nach dem Gegenstand des konkreten Prozesses. Eventuelle, nicht vorhersehbare mittelbare Folgewirkungen sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ob Präventionsleistungen erbracht werden und sich im Nachhinein die anfängliche Unrichtigkeit der die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers feststellenden Verwaltungsentscheidung herausstellt oder sich die tatsächlichen unternehmerischen Verhältnisse grundlegend ändern, ist völlig ungewiss. Auch die mit der Zuständigkeit zu einem Unfallversicherungsträger regelmäßig verbundene Beitragsbelastung ist kein geeignetes Beurteilungskriterium, wenn Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Frage der Mitgliedschaft ist. Bereits bindend gewordene Beitragsbescheide werden nicht durch die gerichtliche Aufhebung eines die Zuständigkeit bei einem Unfallversicherungsträger feststellenden Verwaltungsaktes beseitigt. Sind Beitragsbescheide eigenständig angegriffen, bestimmt deren Höhe den Streitwert (§ 52 Abs 3 GKG). Zudem hängt die Beitragshöhe von verschiedenen Faktoren ab und lässt sich eine Beitragsstabilität nicht vorhersagen. Für die Festsetzung des Streitwerts fehlt es vorliegend an hinreichenden Anhaltspunkten. Dem trägt § 52 Abs 2 GKG Rechnung, der für solche Fälle einen Auffangstreitwert von 5.000 Euro vorsieht.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2011 geändert.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2008 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht als arbeitnehmerähnliche Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) zu befreien ist.

2

Die im Juni 1941 geborene Klägerin betrieb vom 2.1.1980 bis 30.6.1996 als Selbstständige ein Hotel/Restaurant. Anschließend hielt sie sich im Ausland auf, ohne einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Nach ihrer Rückkehr nahm sie erstmals im August 1999 eine neue selbstständige Tätigkeit auf. Seit März 2000 war sie zusätzlich für die H AG als selbstständige Versicherungsvertreterin tätig. Die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI in dieser Tätigkeit stellte die Beklagte - vorangegangene Bescheide ersetzend - mit Bescheid vom 18.5.2010 für die Zeit ab 1.10.2000 fest. Eine Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 erfolgte durch Bescheid vom 17.4.2002. Beide Bescheide sind bestandskräftig. Seit Juli 2006 bezieht die Klägerin eine Regelaltersrente von der Beklagten.

3

Am 17.8.2006 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 1a Nr 2 SGB VI, was die Beklagte mit Bescheid vom 19.9.2006 ablehnte. Die Klägerin habe am 21.6.1999 das 58. Lebensjahr vollendet; die selbstständige Tätigkeit habe sie erst danach aufgenommen. Es verbleibe daher bei der Entscheidung vom 17.4.2002 zur Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.2.2007 zurück.

4

Die auf Befreiung von der Versicherungspflicht gerichtete Klage hat das SG mit Urteil vom 29.10.2008 abgewiesen. Das LSG hat das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagen vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007 geändert und die Beklagte verurteilt, die Klägerin auch für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie ab 1.3.2003 von der Versicherungspflicht zu befreien; im Übrigen hat es - mit Rücksicht auf die bereits bestehende Befreiung für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 - die Berufung zurückgewiesen: Streitgegenstand sei nur der Bescheid vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007, mit dem die Beklagte sinngemäß die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht abgelehnt habe. Die Klägerin habe nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, da sie nach Vollendung des 58. Lebensjahres im Juni 1999 ab Oktober 2000 erstmals nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig geworden und zuvor vom 2.1.1980 bis 30.6.1996 als Betreiberin eines Hotels/Restaurants selbstständig tätig gewesen sei. Weder dem Wortlaut des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI noch der Gesetzesbegründung hierzu sei zu entnehmen, dass die zuvor ausgeübte selbstständige Tätigkeit zumindest bis zur Vollendung des 58. Lebensjahres habe ausgeübt werden müssen. Die Befreiungsregelung trage dem Umstand Rechnung, dass bei zuvor Selbstständigen der Aufbau einer ausreichenden Altersvorsorge bei erstmaliger Versicherungspflicht nach dem 58. Lebensjahr in der RV nicht mehr möglich sei, weshalb diesen Personen der weitere Ausbau ihrer anderweitigen Vorsorge ermöglicht werden sollte. Dies treffe auch auf die Klägerin zu (Urteil vom 30.8.2011).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 sowie § 6 Abs 4 S 1 SGB VI. Sie ist der Auffassung, die "zuvor" ausgeübte Tätigkeit iS des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI müsse nach dem der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Zweck der Befreiungsmöglichkeit - Ermöglichung des Ausbaus einer anderweitigen Altersvorsorge bei gleichzeitig typischer Weise fehlendem Schutzbedürfnis in der RV - zeitnah bis zum Eintritt einer erstmaligen Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nach Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübt worden sein. Beide Tätigkeiten müssten sich als Abschnitte eines einheitlichen Prozesses des Übergangs in den Ruhestand darstellen. Unschädlich seien insoweit nur unvermeidbare bzw kürzere Unterbrechungen zwischen den Tätigkeiten, weil der Wortlaut nicht "unmittelbar zuvor" laute. Wollte man dagegen - wie das LSG - auch an weit zurückliegende selbstständige Tätigkeiten anknüpfen, würde die Befreiungsmöglichkeit zweckwidrig auch zuletzt Beschäftigten eröffnet. Daher könne für die Befreiung von der ab Oktober 2000 eingetretenen Versicherungspflicht nicht an die von der Klägerin bis Juni 1996 ausgeübte Tätigkeit als Hotel- und Restaurantbetreiberin angeknüpft werden. Aber selbst wenn im vorliegenden Fall eine Befreiung nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI möglich wäre, sei diese nach § 6 Abs 4 SGB VI für die Zeit vor dem 28.6.2001 ausgeschlossen, da ein Befreiungsantrag erstmals an diesem Tage - und somit mehr als drei Monate nach Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen - bei ihr (der Beklagten) eingegangen sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2008 in vollem Umfang zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

10

Auf die Revision der Beklagten war das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30.8.2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Konstanz vom 29.10.2008 auch insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007 verurteilt worden ist, die Klägerin gleichermaßen für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie ab 1.3.2003 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV zu befreien.

11

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin auch für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie 1.3.2003 bis 30.6.2006 von der Versicherungspflicht zu befreien. Dies beruht zunächst auf der allein von der Beklagten eingelegten Revision. Für die Zeit nach dem 30.6.2006 haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Revisionsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Senat auf die nach § 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI wegen Bezugs einer Vollrente wegen Alters zum 1.7.2006 eingetretene Versicherungsfreiheit hingewiesen hatte.

12

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI für die noch streitigen Zeiträume, auch nicht für Teile hiervon. Das von der Klägerin am 17.8.2006 geäußerte Befreiungsbegehren war nicht als (wiederholter) Befreiungsantrag, sondern als Antrag auf Überprüfung früherer Bescheide auszulegen (hierzu a). Jedoch war die Beklagte nicht verpflichtet, aus Anlass des Überprüfungsantrags der Klägerin frühere Bescheide über deren Befreiung von Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zu ändern und die Klägerin für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht zu befreien oder diesbezüglich Ermessen auszuüben(hierzu b).

13

a) Das von der Klägerin am 17.8.2006 gegenüber der Beklagten geäußerte Befreiungsbegehren ist nicht als (wiederholter) Befreiungsantrag, der von vornherein nicht zu der gewünschten Befreiung ab Beginn der Versicherungspflicht führen konnte, sondern als Antrag nach § 44 Abs 2 SGB X auf Überprüfung des Bescheides vom 17.4.2002 auszulegen.

14

Mit dem von ihr am 17.8.2006 gegenüber der Beklagten geäußerten Befreiungsbegehren verfolgte die Klägerin das Ziel, vom Beginn der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI am 1.10.2000 an bis zur Versicherungsfreiheit wegen Bezugs einer Altersrente ab 1.7.2006 von der Versicherungspflicht befreit zu werden. Insoweit kommt allein der - auch von der Klägerin ausschließlich noch geltend gemachte - Befreiungstatbestand nach § 6 Abs 1a Nr 2 SGB VI in Betracht. Dem Befreiungsanspruch für die Vergangenheit aufgrund eines erneuten Befreiungsantrags stünde jedoch § 6 Abs 4 SGB VI entgegen, wonach die Befreiung nur dann vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an wirkt, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Insoweit kommt es allein auf die objektiven Umstände an, jedoch nicht auf die Kenntnis der Versicherten - oder gar des RV-Trägers - von der Versicherungspflicht (vgl BSG SozR 4-2600 § 6 Nr 5 RdNr 16, 19). Lagen die Befreiungsvoraussetzungen - wie von der Klägerin geltend gemacht - bereits ab 1.10.2000 vor, war aufgrund eines Antrags am 17.8.2006 eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die hier allein noch streitigen Zeiträume der Vergangenheit ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist der Befreiungsantrag vom 17.8.2006 als Überprüfungsantrag iS des § 44 Abs 2 SGB X bezüglich des Bescheides vom 17.4.2002 auszulegen (zur Anwendung des § 44 Abs 2 SGB X auf Verwaltungsakte über die Befreiung von der Versicherungspflicht vgl BSGE 85, 208, 213 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 21; BSG SozR 5755 Art 2 § 1 Nr 5 S 16). Denn durch diesen bestandskräftigen Bescheid lehnte die Beklagte eine von der Klägerin bereits damals begehrte Befreiung auch für die zuletzt noch streitigen Zeiträume inzident ab, indem eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 festgestellt wurde. Die am 17.8.2006 der Sache nach beantragte Überprüfung und Änderung des Bescheides vom 17.4.2002 lehnte die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide jedenfalls sinngemäß ab, indem hierin ausdrücklich sowohl der Befreiung nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI nicht entsprochen als auch die "Entscheidung vom 17.4.2002 zur Versicherungspflicht" der Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit bestätigt wurde.

15

b) Die Beklagte ist nicht nach § 44 Abs 2 SGB X verpflichtet, aus Anlass des Überprüfungsantrags der Klägerin ihren Bescheid vom 17.4.2002 über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zu ändern und die Klägerin auch für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht zu befreien. Schon zur diesbezüglichen Ausübung von Ermessen war sie nicht verpflichtet, denn der Bescheid vom 17.4.2002 war - bezogen auf die noch streitigen Zeiträume - bereits nicht rechtswidrig.

16

Nach § 44 Abs 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch - nur dies betrifft die noch streitigen Zeiträume - für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der im Bescheid der Beklagten vom 17.4.2002 verkörperte Verwaltungsakt über die Ablehnung einer weitergehenden als der darin ausgesprochenen Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht war nicht in diesem Sinne rechtswidrig. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG hatte die Klägerin bereits damals keinen Anspruch auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI aufgrund des von ihr allein noch geltend gemachten und einzig in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI(idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754). Danach werden "Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, … von der Versicherungspflicht befreit … nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden".

17

Vorliegend ist die Klägerin nach Vollendung des 58. Lebensjahres im Juni 1999 jedenfalls ab 1.10.2000 in ihrer - im März 2000 aufgenommenen - Tätigkeit als Versicherungsvertreterin nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig geworden, was die Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 18.5.2010 auch mit Bindungswirkung für den Senat feststellte. Dabei kann offenbleiben, ob zu diesem Zeitpunkt erstmals Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI eintrat, oder ob dies bereits mit Aufnahme einer Tätigkeit im Anzeigenvertrieb einer Zeitschrift im August 1999 der Fall war, was der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen kann. Jedenfalls fehlt es am Eintritt der Versicherungspflicht "nach" einer bereits vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten selbstständigen Tätigkeit, weil die Klägerin die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit im Anzeigen- bzw Versicherungsvertrieb nicht "nach" ihrer selbstständigen Tätigkeit als Hotel- und Restaurantbetreiberin aufnahm, sondern nach einer dann folgenden mehr als dreijährigen selbstgewählten Nichterwerbstätigkeit.

18

Entgegen den Rechtsauffassungen des LSG und der Klägerin erfordert der Befreiungstatbestand des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einer bereits vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten, nicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtigen (mehr als geringfügigen) selbstständigen Tätigkeit sowie der nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmals versicherungspflichtig werdenden Tätigkeit. Dieser zeitliche Zusammenhang darf weder durch eine dazwischentretende Beschäftigung noch durch eine willkürliche Nichterwerbstätigkeit unterbrochen werden. Dies ergibt eine Auslegung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI nach dem Wortlaut(hierzu aa) sowie dem sich aus den Gesetzesmaterialien und dem Regelungszusammenhang ergebenden Regelungszweck (hierzu bb).

19

aa) Schlüsselwort für das Verständnis des (schwierigen) Wortlauts des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI ist das Wort "nach" im zweiten Satzteil ("wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit …"). Der einleitende Satzteil "nach Vollendung des 58. Lebensjahres" zeigt an, ab wann eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgen kann, und gleichzeitig, wann die Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erstmals eintreten darf. An den ersten Satzteil anknüpfend bezieht sich das Wort "zuvor" im zweiten Satzteil - entgegen der Auffassung des LSG und der Beteiligten - nicht auf das Verhältnis der versicherungspflichtigen zu der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit, sondern auf das zeitliche Verhältnis zwischen der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit und der Vollendung des 58. Lebensjahres. Diese Tätigkeit muss "zuvor", also bereits vor der Vollendung des 58. Lebensjahres, ausgeübt worden sein. Demgegenüber wird das Verhältnis der nicht versicherungspflichtigen und der versicherungspflichtigen Tätigkeit allein durch das Wort "nach" beschrieben. Dies wird deutlich, wenn man das Wort "zuvor" fortlässt: Im verbleibenden Satzteil "wenn sie nach einer … ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden" wird die Reihenfolge der Tätigkeiten - die nicht versicherungspflichtige vor der versicherungspflichtigen - hierdurch nicht verändert. Wollte man das Wort "zuvor" dennoch auf das Verhältnis der versicherungspflichtigen zu der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit beziehen, so würde dieses Verhältnis sowohl durch das Wort "nach" wie auch durch das Wort "zuvor" in gleicher Weise festgelegt. Eine solche Doppelung wäre sprachlich wie auch regelungstechnisch unverständlich.

20

Die somit das Verhältnis der nicht versicherungspflichtigen und der versicherungspflichtigen Tätigkeit allein bestimmende Präposition "nach" beschreibt jedoch nicht nur eine zeitliche Reihenfolge im Sinne eines "davor und danach". Vielmehr hat sie gleichzeitig die Bedeutung, dass "das eine unmittelbar auf das andere folgt". Daher erfordert die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI, dass die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit der nicht versicherungspflichtigen unmittelbar nachfolgt, ohne dass ein - im vorliegenden Kontext schädlicher anderer - Sachverhalt dazwischentritt.

21

bb) Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch den aus Gesetzesmaterialien und Regelungszusammenhang hergeleiteten Regelungszweck bestätigt. Darüber hinaus wird verdeutlicht, dass die vorliegende Aufgabe selbstständiger Tätigkeiten durch die Klägerin für mehr als drei Jahre ein im Kontext des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI relevanter Sachverhalt ist, der die Unmittelbarkeit der Abfolge von nicht versicherungspflichtiger und versicherungspflichtiger Tätigkeit unterbricht.

22

In § 6 SGB VI wurde Abs 1a rückwirkend zum 1.1.1999 durch Art 2 Nr 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I 2000, 2) eingefügt. Ausgehend von Vorschlägen der sog Dieterich-Kommission (Abschlussbericht der Kommission "Scheinselbständigkeit" ua abgedruckt in NZA 1999, 1260 ff) zielte dieses Gesetz ua darauf ab, in der Praxis auftretende Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbeziehung von Existenzgründern in den Schutz der RV durch erweiterte Möglichkeiten zur Befreiung von der RV-Pflicht für Selbstständige zu lösen (so Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1855 S 1). Hierzu wurden mit § 6 Abs 1a SGB VI zwei Befreiungsregelungen für Personen, die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, geschaffen, die der besonderen Situation dieses Personenkreises Rechnung tragen sollten: Die Befreiungsmöglichkeit für Existenzgründer(§ 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI) sollte es diesen ermöglichen, in der Gründungsphase die finanziellen Mittel auf den Aufbau des Betriebes zu konzentrieren. Demgegenüber sollte Nr 2 eine Befreiung in der Phase des altersbedingten Übergangs aus einer selbstständigen Tätigkeit in die Nichterwerbstätigkeit ermöglichen. Diese Phase verlaufe - so die Erläuterung im Gesetzentwurf - häufig über das Zwischenstadium einer Selbstständigkeit nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI. Die Selbstständigen sollten das Recht haben, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, um ihre bisherige Form der Altersvorsorge außerhalb der RV ausbauen zu können (Gesetzentwurf, aaO, S 9 zu Art 2 Nr 2).

23

Diesen im - insoweit unverändert verabschiedeten - Gesetzentwurf dokumentierten Regelungszielen des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI entspricht die - wie gezeigt - bereits aus dem Wortlaut abzuleitende notwendige Abfolge von nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit und nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtiger Tätigkeit ohne eine wesentliche Unterbrechung. Dem Entwurf liegt erkennbar die Vorstellung eines einheitlichen Übergangsprozesses zugrunde, der mit einer nicht versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit beginnt, während der bereits eine auskömmliche Altersvorsorge außerhalb der RV erworben wurde; dieser Prozess soll nach Aufgabe auch einer zwischenzeitlich und nur vorübergehend ausgeübten arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit mit dem Ruhestand enden.

24

Auch die Stellung des § 6 Abs 1a SGB VI als Ausnahmetatbestand innerhalb der Regelungen über die Versicherungspflicht arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger sowie der hiermit verfolgte Schutzzweck sprechen für die Notwendigkeit einer zeitlichen Nähe zwischen zuvor ausgeübter nicht versicherungspflichtiger Tätigkeit und der erst nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmalig Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI begründenden Tätigkeit. So steht hinter der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI die gesetzgeberische Wertung, für den erfassten Personenkreis bestehe in typisierender Betrachtung und unabhängig von individuellen Gesichtspunkten(stRspr, vgl zB BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 12) eine dem Kreis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit, weil der erfasste Personenkreis zur Bestreitung des Lebensunterhalts ebenso wie Arbeitnehmer maßgebend auf die Verwertung der eigenen Arbeitskraft angewiesen ist (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 32; BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 1 RdNr 5). Die Ausnahme von der obligatorischen RV-Pflicht für den von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI erfassten Personenkreis bedingt die Annahme, dass dieser - wiederum in typisierender Betrachtung - ein gegenüber dem typischen arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen geringeres Schutzbedürfnis hat. Diese Annahme ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der versicherungspflichtigen Selbstständigkeit eine Tätigkeit voranging, die nach Umfang und Dauer geeignet war, eine auskömmliche Altersvorsorge außerhalb der RV zu ermöglichen. Zwar wurde in § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI - anders als beispielsweise in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI oder § 231 Abs 5 Nr 2 und 3 SGB VI - auf den Nachweis einer auskömmlichen Vorsorge außerhalb der RV als Befreiungsvoraussetzung verzichtet. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein einer solchen - das Bedürfnis nach Absicherung innerhalb der RV ausschließenden - Absicherung bei einer zumindest bis zur Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten, der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit unmittelbar vorangehenden nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit ungleich höher, als bei einer Tätigkeit, die - wie es das LSG und die Klägerin für möglich halten - zu einem beliebigen Zeitpunkt vor Vollendung des 58. Lebensjahres aufgegeben worden sein kann und in keinem zeitlichen Zusammenhang zu einer nach Vollendung des 58. Lebensjahres aufgenommenen arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit stehen muss.

25

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Befreiungsmöglichkeit trage vor allem dem Umstand Rechnung, dass wer im späten Alter als Selbstständiger rentenversicherungspflichtig werde, meist in den letzten Jahren der Erwerbstätigkeit durch die RV keine ausreichenden Ansprüche mehr erwerben könne (vgl Abschlussbericht der Kommission "Scheinselbständigkeit", NZA 1999, 1260, 1262). Denn der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, allen nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI Versicherungspflichtigen ab einem gewissen Alter die Möglichkeit der dauerhaften Befreiung von der Versicherungspflicht einzuräumen. Zwar können sich auch Existenzgründer, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmalig eine selbstständige Tätigkeit iS des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI aufnehmen nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI ohne weitere Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreien lassen(zum Fehlen einer Altersgrenze für Befreiungen nach Nr 1 vgl auch B. Schmidt, NZS 2000, 57, 65), dies aber nur für die Höchstdauer von drei Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit. Demgegenüber macht das Gesetz die dauerhafte Befreiung nach Nr 2 nicht nur vom erstmaligen Eintritt der Versicherungspflicht wegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (nach Vollendung des 58. Lebensjahres), sondern zusätzlich von der vorhergehenden Ausübung einer nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit abhängig. Nur in diesem Fall soll die Möglichkeit bestehen, "die bisherige Form der Altersvorsorge außerhalb der Rentenversicherung ausbauen zu können" (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit, BT-Drucks 14/1855 S 9 zu Art 2 Nr 2). Nur bei dieser Gruppe älterer, arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger erschien der Schutz der RV verzichtbar, weil in typisierender Betrachtung vom Vorhandensein einer "bisherigen Form der Altersvorsorge" ausgegangen wurde. Aber selbst diesen Personen verbleibt die im Befreiungsrecht angelegte Wahlmöglichkeit, unter Berücksichtigung etwaiger in der RV bereits erworbener Rechtspositionen auf eine Befreiung zu verzichten (vgl Gesetzentwurf, aaO). Sie können somit je nach individueller Günstigkeit entscheiden, ob sie ihre Altersvorsorge innerhalb oder außerhalb der RV ausbauen wollen. Ein nach der Gesetzesfassung ebenso möglicher vollständiger Verzicht auf eine Altersvorsorge war nach der Begründung des Gesetzentwurfs nicht Ziel des Befreiungsrechts nach § 6 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI.

26

Schließlich spricht auch der mit dem Verweis der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Ausbau der bisherigen "Form der Altersvorsorge außerhalb der Rentenversicherung" (vgl Gesetzentwurf, aaO) angesprochene Gesichtspunkt der Statuskontinuität (vgl hierzu - in anderem Zusammenhang - zB BSG SozR 4-2600 § 231 Nr 2 RdNr 24 ff) für die Notwendigkeit eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der nicht versicherungspflichtigen und der nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtigen Tätigkeit. Denn von einer Kontinuität im Sinne einer "Wahrung" des bisherigen Status kann nur gesprochen werden, wenn der zu wahrende Status "eben noch vorgelegen" hat. Die darüber hinausgehende Anknüpfung an einen zwischenzeitlich verlorenen Status kommt danach nicht in Betracht. Gerade ein solcher zwischenzeitlicher Statusverlust liegt bei der Klägerin vor, die ihre nicht versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit bereits zum 1.7.1996 für die Dauer von mehr als drei Jahren aufgegeben hatte.

27

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Mai 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin ab 12. Februar 2007 in der Arbeitslosenversicherung antragspflichtversichert ist.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin aufgrund ihres Antrags in der Arbeitslosenversicherung als Selbstständige versicherungspflichtig ist.

2

Die Klägerin, die ausgebildete Textilbetriebswirtin ist, bezog vom 15.2.2006 bis 11.2.2007 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten. Sie strebte zunächst eine Vermittlung in eine Beschäftigung als "Geschäftsführerin/Vertriebsleiterin in der Modebranche" an und beabsichtigte, daneben in Selbstständigkeit als "Beraterin für Vermietung und Verpachtung" tätig zu werden. In einem persönlichen Beratungsgespräch bei der Beklagten am 7.2.2007 stellte sie diese beruflichen Pläne vor und ließ sich wegen eines Gründungszuschusses zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beraten. Am 12.2.2007 nahm die Klägerin erneut - einmal telefonisch und einmal persönlich - wegen der hierfür geforderten Unterlagen Kontakt mit der Beklagten auf und überreichte eine Gewerbeanmeldung. Am selben Tag eröffnete sie ein Wäschehaus (Einzelhandel mit Haus- und Heimtextilien) und wurde darin als "Kauffrau" mit einem Umfang von mehr als 15 Wochenstunden (hauptberuflich) selbstständig tätig. Für diese Tätigkeit erhielt die Klägerin von der Beklagten ab 12.2.2007 aufgrund eines bereits zuvor am 8.9.2006 gestellten (ersten) Antrags einen Gründungszuschuss. Die Klägerin war ab 12.2.2007 in der Arbeitslosenversicherung nicht nach § 26 SGB III sonstig versicherungspflichtig oder nach § 27 SGB III in einer Beschäftigung versicherungsfrei.

3

Im Zusammenhang mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit händigte die Beklagte der Klägerin ihr "Merkblatt Gründungszuschuss" aus. Das Merkblatt enthielt ua folgenden Hinweis: "Damit Ihnen der Schutz der Arbeitslosenversicherung in der Zeit Ihrer selbstständigen Tätigkeit erhalten bleibt, können Sie sich freiwillig weiterversichern. Nähere Informationen finden Sie im Hinweisblatt zur freiwilligen Weiterversicherung oder erhalten Sie von der örtlichen Agentur für Arbeit."

4

Am 17.4.2007 beantragte die Klägerin im Hinblick auf ihre selbstständige Tätigkeit als "Kauffrau" in einem Wäschehaus die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung ab 12.2.2007. Die Beklagte hatte ihr bis dahin weder das "Hinweisblatt zur freiwilligen Weiterversicherung" übergeben noch hatte sie sie sonst über die Weiterversicherung und ihre Voraussetzungen informiert. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin unter Hinweis darauf ab, dass die einen Monat dauernde, mit Aufnahme der Tätigkeit am 12.2.2007 beginnende Antragsfrist nach § 28a Abs 2 S 2 SGB III(in der bis 30.6.2008 geltenden Fassung) bei Antragstellung am 17.4.2007 bereits abgelaufen gewesen sei; weil es sich dabei um eine Ausschlussfrist bzw materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handele, komme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist nach § 27 SGB X nicht in Betracht(Bescheid vom 22.5.2007; Widerspruchsbescheid vom 19.9.2007).

5

Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin "in die freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung aufzunehmen" (Urteil vom 29.5.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe die Beklagte zu Recht - wie beschrieben - verurteilt. Zwar habe die Klägerin die einmonatige Antragsfrist bei ihrer Antragstellung am 17.4.2007 um mehr als einen Monat überschritten. Der Klägerin sei jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs 1 S 1 SGB X zu gewähren. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Antragsfrist um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handele oder nicht, weil jedenfalls auch bei solchen Fristen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht komme. Sei die Wiedereinsetzung - wie hier - nicht bereits durch Rechtsvorschrift ausgeschlossen, könne sich ein solcher Ausschluss allenfalls aus dem Sinn und Zweck des betreffenden Fristerfordernisses ergeben. Das sei hier jedoch nicht anzunehmen. Die Antragsfrist nach § 28a Abs 2 S 2 SGB III sei der Frist für die Anzeige des Beitritts zur (freiwilligen) Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung(vgl § 9 Abs 2 SGB V) strukturell vergleichbar; für Letztere habe das BSG die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aber bereits anerkannt. Auch werde im Schrifttum mehrheitlich eine dahingehende Auffassung vertreten. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Antragsfrist lägen auch vor; insbesondere sei die Klägerin ohne Verschulden an ihrer Einhaltung verhindert gewesen. Sie sei im Zusammenhang mit ihrer Existenzgründung von der Beklagten nämlich nicht in der gebotenen Weise auf die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung und vor allem die hierfür bestehende Antragsfrist hingewiesen worden (Urteil vom 22.5.2012).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 27 SGB X. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist sei iS von § 27 Abs 5 SGB X unzulässig, weil die Wiedereinsetzung nach § 28a Abs 2 S 2 SGB III ausgeschlossen sei. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und der Bedeutung des § 28a SGB III als "Ausnahme- und Risikobeschränkungsregelung". In der amtlichen Begründung zum Beschäftigungschancengesetz werde die Antragsfrist zudem ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnet. Für eine Beurteilung als Ausschlussfrist spreche auch, dass die Antragsfrist aus Gründen der Rechtsklarheit einen Schwebezustand verhindern solle und bei Ermöglichung einer Wiedereinsetzung hier eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes drohte. Schließlich sei § 28a Abs 2 S 2 SGB III mit der Fristenregelung des § 9 Abs 2 SGB V nicht vergleichbar. Die Klägerin sei ferner nicht "ohne Verschulden" an der Einhaltung der Antragsfrist verhindert gewesen. Die Klägerin habe weder Rechtsrat eingeholt noch von ihr - der Beklagten - weitere Hinweise angefordert. Die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung sei im Übrigen keine Gestaltungsmöglichkeit, von der "verständige" Empfänger von Gründungszuschüssen "mutmaßlich" Gebrauch machten. Die Beklagte rügt außerdem Mängel des Berufungsverfahrens.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Mai 2012 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 29. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin ab 12. Februar 2007 in der Arbeitslosenversicherung antragspflichtversichert ist.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Verfahrensmängel lägen nicht vor. Sie - die Klägerin - stütze ihren Anspruch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, sondern begehre Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Antragsfrist. Mithin habe vom LSG nicht ein Beratungsverschulden der Beklagten, sondern ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist geprüft werden müssen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG deren Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.5.2007 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 19.9.2007 ist rechtswidrig. Die Klägerin ist seit 12.2.2007 in der Arbeitslosenversicherung als Selbstständige versicherungspflichtig.

11

1. Unzutreffend hat die Klägerin ihre Anfechtungsklage allerdings mit einer auf "Aufnahme in die freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung" gerichteten Verpflichtungsklage verbunden. Weil auf einen (Weiterversicherungs)Antrag hin - wenn auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen - Versicherungspflicht nach § 28a SGB III kraft Gesetzes eintritt, bedurfte es insoweit lediglich eines Feststellungsantrags(vgl BSG vom 3.6.2009 - B 12 AL 1/08 R - Juris RdNr 9; zuletzt BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 3 RdNr 12). Die Klägerin hat das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt.

12

2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass für die Klägerin ab 12.2.2007 ein Antragspflichtversicherungsverhältnis nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Die Voraussetzungen einer hier allein in Betracht kommenden freiwilligen Weiterversicherung für Selbstständige nach Abs 1 S 1 Nr 2 des § 28a SGB III(dazu a) lagen vor (dazu b); insbesondere hinderte die (verspätete) Antragstellung am 17.4.2007 den Eintritt der Versicherungspflicht am 12.2.2007 nicht (dazu c).

13

a) Nach Abs 1 S 1 Nr 2 des § 28a SGB III(eingefügt mit Wirkung zum 1.2.2006 durch Art 1 Nr 20 und Art 124 Abs 4 Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) können Personen auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis begründen, die eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen oder ausüben. Nach § 28a Abs 1 S 2 SGB III(in der hier maßgebenden, bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung; im Folgenden: aF) setzt die Weiterversicherung voraus, dass der Selbstständige innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit mindestens zwölf Monate sowie unmittelbar vor Aufnahme der zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigenden Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts (des SGB III) gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen hat (Nr 1 und 2) und dass eine anderweitige Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit nicht besteht (Nr 3). § 28a Abs 2 S 1 SGB III(in der bis zum 31.12.2010 anzuwendenden Fassung) trifft eine Regelung zum Beginn der Versicherungspflicht; § 28a Abs 2 S 2 SGB III(in der bis zum 30.6.2008 anzuwendenden Fassung; im Folgenden: aF) legt fest, dass der (Weiterversicherungs)Antrag spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden muss.

14

b) Die - kumulativ zu erfüllenden - Voraussetzungen eines Rechts zur freiwilligen Weiterversicherung nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 und § 28a Abs 1 S 2 SGB III aF lagen - wie zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - vor. Die - wenn auch knappen - Feststellungen des LSG zu den Umständen der von der Klägerin ab 12.2.2007 ausgeübten Tätigkeit, deren (zeitlichem) Umfang, der geforderten Vorversicherung(szeit) und dem aktuellen Versicherungsstatus der Klägerin (am 12.2.2007) tragen seine Annahme, dass diese berechtigt war, durch einen Antrag, also nach Maßgabe ihres freien Willensentschlusses, ein Versicherungspflichtverhältnis als Selbstständige in der Arbeitslosenversicherung zu begründen.

15

c) Eine solche Antragspflichtversicherung ist nicht etwa deshalb - wie die Beklagte meint - nicht zustande gekommen, weil die Klägerin die Versicherungspflicht für ihre am 12.2.2007 aufgenommene selbstständige Tätigkeit als "Kauffrau" in einem Wäschehaus erst am 17.4.2007 beantragte. Zwar versäumte sie insoweit die mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit beginnende, einen Monat dauernde Antragsfrist des § 28a Abs 2 S 2 SGB III aF. Diese Fristversäumnis wird jedoch unter Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch "überwunden". Der im angefochtenen Urteil festgestellte Sachverhalt begründet einen Herstellungsanspruch der Klägerin wegen der Verletzung behördlicher Beratungs- und Betreuungspflichten (vgl §§ 14, 15 SGB I) mit der Folge, dass der verspätete Antrag der Klägerin als rechtzeitig gestellt anzusehen ist; dass eine Antragspflichtversicherung allgemein im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs "herbeigeführt" werden kann, ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt (vgl BSG SozR 4-2600 § 4 Nr 2 RdNr 23; ferner BSG SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 15; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 15 S 42 ff). Die Klägerin erfüllte damit auch die letzte der Voraussetzungen für die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.

16

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Versäumung der Antragsfrist nach § 28a Abs 2 S 2 SGB III aF auch - was die Beteiligten und die Vorinstanzen im Rechtsstreit in den Vordergrund gestellt haben - im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs 1 S 1 SGB X "behoben" werden könnte. Entgegen der von der Klägerin im Revisionsverfahren vertretenen Auffassung kann sie die (revisionsgerichtliche) Prüfung insoweit nicht (willentlich) beeinflussen und auf die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie - hiermit zusammenhängend - die Frage nach ihrem (eigenen) Verschulden an der Versäumung der Frist "beschränken"; sie kann damit nicht bewirken, dass die Frage nach einem Beratungsverschulden der Beklagten bei der (revisionsgerichtlichen) Prüfung "ausgespart" bleibt. Weil die Klägerin - in der Hauptsache - die (gerichtliche) Feststellung ihrer Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung begehrt, hat der Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 28a SGB III, hier der Einhaltung der Antragsfrist, nämlich unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.

17

Einer Beantwortung der mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen (geltend gemacht: unverschuldeter) Versäumung der Antragsfrist zusammenhängenden Fragen bedarf es deshalb nicht, weil das richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bei Fristversäumnissen eines Antragstellers, die - wie hier (unten 2. c) aa) - auf Behördenfehlern beruhen, neben den Wiedereinsetzungsregelungen des § 27 SGB X zur Anwendung kommt(grundlegend BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 20 ff, 26) und dessen Voraussetzungen hier vorliegen. Nach gefestigter Rechtsprechung stellen die Wiedereinsetzungsvorschriften keine abschließende Entscheidung des Gesetzgebers über die in einer verspäteten Antragstellung liegenden Folgen von Pflichtverletzungen der Verwaltung dar (BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 20 mwN aus der Rspr des BSG und dem Schrifttum); ist die Fristversäumnis auf einen Behördenfehler zurückzuführen, überschneiden sich also die Tatbestände des § 27 SGB X und des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, ohne dass letzterer durch ersteren ausgeschlossen würde. Ist die verspätete Antragstellung durch behördliche Pflichtverletzung verursacht, so kann der Betroffene die Fristversäumnis unter Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch möglicherweise (sogar) leichter "überwinden", als wenn er sich ausschließlich auf § 27 SGB X mit seinen besonderen - und in gewisser Hinsicht strengeren - Voraussetzungen stützten könnte(vgl BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 26).

18

Hiervon ausgehend kann der Senat die von Beginn an kontrovers diskutierte Frage unentschieden lassen, ob sich - wie die Beklagte meint - aus § 28a SGB III für die für die freiwillige Weiterversicherung geltende Antragsfrist des § 28a Abs 2 S 2 SGB III aF ergibt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist iS von § 27 Abs 5 SGB X unzulässig ist, also ein Fall vorliegt, in dem die gesetzliche Regelung "mit der Frist steht und fällt"(vgl hierzu allgemein BSG SozR 4-7833 § 4 Nr 1 RdNr 13 mwN) oder die Antragsfrist - so das LSG und die Klägerin (unter Hinweis auf die im Schrifttum überwiegend vertretene Auffassung und Hessisches LSG Urteil vom 11.10.2010 - L 9 AL 165/09 - info also 2011, 23 = Juris) - einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "zugänglich" ist, weil sich (im Wege der Auslegung) aus Sinn und Zweck des Fristerfordernisses (und der Gesetzgebungsgeschichte) gerade nicht entnehmen lässt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sein soll. Ein solcher Ausschluss würde sich jedenfalls auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch grundsätzlich nicht erstrecken; dieser wäre vielmehr (gleichwohl) anwendbar (vgl BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 26, unter Hinweis auf BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 8, BSGE 73, 56 = SozR 3-1200 § 14 Nr 9 und BSG SozR 4-2600 § 4 Nr 2). Offenbleiben kann auch, ob die Klägerin - was die Beklagte annimmt, wozu das LSG aber keine Feststellungen getroffen hat - ein (fahrlässiges) Mitverschulden an der Fristversäumnis trifft, etwa weil - wie die Beklagte andeutet - auch in Fällen, in denen die Ursache der Säumnis im Verantwortungsbereich der Behörde liegt, (gleichwohl) eine Obliegenheit zur Erkundigung bestehen könnte (vgl hierzu allgemein BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 21 mwN aus der Rspr). Dahinstehen kann schließlich, ob die Klägerin die versäumte Handlung (= Weiterversicherungsantrag) nach § 27 Abs 2 S 3 SGB X rechtzeitig innerhalb der Frist des § 27 Abs 2 S 1 SGB X nachholte; auch hierzu fehlen entsprechende Feststellungen des LSG. Das Berufungsurteil braucht aber (diesbezüglich) nicht aufgehoben und die Sache nicht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen zu werden, damit das LSG solche unterbliebenen Feststellungen nachholen kann. Denn die Klägerin ist bereits - ohne dass insoweit weitere Feststellungen getroffen werden müssten - allein unter Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so zu stellen, wie sie stehen würde, als hätte sie die Weiterversicherung als Selbstständige in der Arbeitslosenversicherung rechtzeitig beantragt.

19

Die Voraussetzungen eines - vom LSG der Sache nach auch (nur) geprüften und qua Gesetz nicht ausgeschlossenen (vgl aber - zur Bedeutung der gesetzgeberischen Ausgestaltung der Beendigungsregeln nach § 28a Abs 2 S 3 Nr 3 SGB III aF für die Anwendbarkeit der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 3 RdNr 22) - sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind erfüllt. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl §§ 14, 15 SGB I), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr; zu den Tatbestandsvoraussetzungen vgl zuletzt BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 3 RdNr 22 mwN; ferner BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 12).

20

aa) Die Beklagte unterließ es vorliegend pflichtwidrig, die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Existenzgründung auf die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung als Selbstständige nach dem Recht der Arbeitsförderung und - in diesem Kontext - das Antragserfordernis, die Fristgebundenheit des Antrags und Beginn sowie Dauer der Antragsfrist (§ 28a Abs 2 S 2 SGB III aF) hinzuweisen.

21

Rechtsgrundlage für die Beratungs- und Betreuungspflicht (in Form einer Hinweispflicht) sind die in §§ 14, 15 SGB I genannten allgemeinen Beratungs- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger. Eine umfassendere Beratungs- und Betreuungspflicht des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten (vgl BSG, SGb 2000, 616; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr 9 S 59). Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann - ohne ein solches ausdrückliches Begehren - "spontan" eine Beratungs- und Betreuungspflicht des Sozialleistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende (rechtliche) Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter (mutmaßlich) wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 14, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr des BSG). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit - nach den bekannten tatsächlichen Umständen - "klar zu Tage liegt", allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (vgl BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 16 S 50; ferner BSGE 49, 76, 77 f = SozR 2200 § 1418 Nr 6). Ein solcher Fall liegt hier vor.

22

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob das Sozialrechtsverhältnis, aus dem der Beklagten Pflichten zur Beratung und Betreuung (gerade auch) in versicherungsrechtlicher Hinsicht erwuchsen, bereits - wie das BSG im Zusammenhang mit dem Leistungsrecht entschieden hat (vgl BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 15 mwN) - mit der Arbeitslosmeldung und der Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Alg entstand. Spätestens mit dem (ersten) Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 8.9.2006 oblag es der Beklagten jedoch, die Frage der Fortführung des Versicherungsschutzes der Klägerin in der Arbeitslosenversicherung bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Auge zu behalten. Zwar ist der Beklagten in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass das am 7.2.2007 durchgeführte Beratungsgespräch (noch) vorrangig auf die Vermittlung der Klägerin in eine Beschäftigung gerichtet war, auch wenn diese hier bereits angegeben hatte, (begleitend) eine selbstständige Tätigkeit als Beraterin für Vermietung und Verpachtung ausüben zu wollen und sie deshalb von der Beklagten über die (zeitlichen) Voraussetzungen eines Gründungszuschusses unterrichtet worden war. Mag die Beklagte auch angesichts dieser Umstände am 7.2.2007 noch nicht zu Hinweisen an die Klägerin auf die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung (und deren Voraussetzungen) verpflichtet gewesen sein, so war sie es aber jedenfalls bei den beiden Beratungsgesprächen am 12.2.2007. Selbst wenn die Beklagte - mangels Eingangs der Antragsunterlagen für den Gründungszuschuss - zu diesem Zeitpunkt weder überprüfen konnte, ob die Klägerin hierauf (tatsächlich) Anspruch hatte, noch das Bestehen eines Rechts zur Weiterversicherung nach § 28a SGB III abschließend beurteilen konnte, bestand für sie eine Beratungsnotwendigkeit, weil ihr am 12.2.2007 jedenfalls - neben dem Antrag auf einen Gründungszuschuss - (auch) die Anmeldung des (selbstständigen) Gewerbes der Klägerin mit der Haupttätigkeit "Einzelhandel mit Haus- und Heimtextilien" zum 12.2.2007 vorlag. Dass bei den Beratungsgesprächen am 12.2.2007 noch keine konkrete, auf eine selbstständige Tätigkeit abzielende - den Erfordernissen des § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III genügende - Beratung möglich war, liegt auf der Hand. Erforderlich war indessen bereits zu diesem Zeitpunkt jedenfalls ein genereller Hinweis auch auf die Möglichkeit Selbstständiger zur Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung und deren Voraussetzungen, zumal ein Versicherungspflichtverhältnis sogar von Selbstständigen beantragt werden kann, die keinen Anspruch auf einen Gründungszuschuss haben. Maßgebende Voraussetzung des Rechts Selbstständiger zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ist insoweit (nur), dass eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen wird; das jedenfalls war der Beklagten in Bezug auf die Verhältnisse der Klägerin am 12.2.2007 bekannt. Entsprechende Hinweise der Beklagten erfolgten jedoch nachweislich nicht.

23

Vor diesem Hintergrund muss sich der Senat nicht (auch) mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen der Hinweis auf die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung im "Merkblatt Gründungszuschuss" der Beklagten und (dort) auf ein weiteres "Hinweisblatt zur freiwilligen Weiterversicherung" oder (optional) eine Informationsmöglichkeit bei der örtlichen Agentur für Arbeit ihren aus §§ 14, 15 SGB I folgenden Beratungs- und Betreuungspflichten genügen kann. Zwar trifft es zu, dass - wie die Beklagte vorträgt - ihre Merkblätter nach der Rechtsprechung des BSG nicht etwa generell ein untaugliches Mittel zur Aufklärung und Beratung von Versicherten darstellen (vgl zur Eignung von Merkblättern in diesem Zusammenhang allgemein BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 RdNr 29 ff). Jedoch reichen solche "Anfangshinweise" - wie sie die Beklagte selbst bezeichnet - nicht aus, wenn (wie hier) im Rahmen einer konkreten Sachbearbeitung eine gesteigerte Hinweispflicht (vgl hierzu BSGE 98, 108 = SozR 4-4300 § 324 Nr 3, RdNr 21) besteht.

24

Spätestens als sich die Klägerin am 12.2.2007 wegen des Gründungszuschusses an die Beklagte wandte, war die freiwillige Weiterversicherung Selbstständiger in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III für die Mitarbeiter der Beklagten als eine - nach objektiven Merkmalen zu beurteilende - naheliegende (rechtliche) Gestaltungsmöglichkeit der Klägerin ersichtlich, die auch ein verständiger Versicherter (mutmaßlich) wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung hat sich das LSG bei dieser "Beweiswürdigung" nicht auf einen allgemeinen oder besonderen - gerichtskundigen bzw auf eigener Sachkunde beruhenden - Erfahrungssatz gestützt. Die Beklagte weist hierzu darauf hin, dass sich für Antragspflichtversicherte auch Beitragspflichten, dh Beitragstra-gungs- und -zahlungspflichten (vgl §§ 345b, 349a SGB III) ergeben und dieser Umstand in der "wirtschaftlich erfahrungsgemäß schwierigen Gründungsphase eines selbstständigen Unternehmens" zu zusätzlichen Belastungen führe, die nicht jeder Selbstständige tragen wolle. Sie bezweifelt daher, dass die freiwillige Weiterversicherung eine Gestaltungsmöglichkeit darstellt, von der "ein vernünftiger Versicherter (Selbstständiger)" in der Lage der Klägerin mutmaßlich Gebrauch gemacht haben würde; jedenfalls habe das LSG die (wahrnehmungsbezogenen) Tatsachen (Erfahrungstatsachen) und Quellen nicht offengelegt, auf die es einen solchen Erfahrungssatz gründe. Diesem Ansatz kann nicht gefolgt werden.

25

Einen solchen - von der Beklagten hervorgehobenen - (allgemeingültigen) Erfahrungssatz, zu dessen Aufstellung die Gerichte allein aufgrund allgemeiner oder eigener Wahrnehmungen, dh ohne weitere empirische (statistische, demoskopische) Grundlage, möglicherweise nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen legitimiert sein könnten, dessen Bestehen dann allerdings - wegen seiner Nähe zur Tatsachenfeststellung - auch (wohl) nur eingeschränkt - nämlich bei zulässigen Verfahrensrügen - revisionsgerichtlicher Kontrolle unterläge (vgl BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1 RdNr 12), hat das LSG seiner Beurteilung nicht zugrunde gelegt. Erfahrungssätze - als Hilfsmittel bei der Tatsachenfeststellung (oder bei der Auslegung) - liegen vor, wenn zB ein Gericht aus gleichgelagerten "Wahrnehmungsfällen" mit denselben Folgeerscheinungen den Schluss zieht, dass sich unter gewissen (Rahmen)Bedingungen diese Folgeerscheinungen wiederholen bzw stets eintreten; ein - aufgestellter - (Erfahrungs)Satz beansprucht also nicht nur für die bisherigen "Wahrnehmungsfälle" Geltung, sondern lässt auch den allgemeinen Schluss auf Folgeerscheinungen künftiger "Wahrnehmungsfälle" zu. Hiervon zu unterscheiden sind indessen Bewertungen, die sich auf einen konkreten, einzelnen Fall beziehen, also (singuläre) Sätze über eine Wahrnehmung von tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall darstellen. Legt man hier diese Unterscheidung zugrunde, so muss angenommen werden, dass das LSG seiner prognostischen Beurteilung der Interessenlage der Klägerin (gerade) keine abstrakt generalisierte, Allgemeingültigkeit beanspruchende Betrachtung zugrunde gelegt hat; es hat vielmehr auf die ihm bekannten tatsächlichen Umstände des (Einzel)Falls der Klägerin abgestellt und diese im Hinblick auf deren Belange objektiv bewertet. Dass in der Rechtsprechung des BSG für die Beurteilung allgemein an die Sicht bzw den Standpunkt "eines verständigen Versicherten" angeknüpft wird, ändert hieran nichts; insoweit ist nämlich nur gemeint, dass einzelne Versicherte auf "für sie" naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten "in typischen Fallkonstellationen" hingewiesen werden sollen (vgl mit dieser Akzentuierung etwa BSG SozR 3-2600 § 115 Nr 9 S 59).

26

Die Annahme einer gegenüber der Klägerin bestehenden Pflicht der Beklagten zum Hinweis auf die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung und die Voraussetzungen dieser Weiterversicherung führt nicht - wie die Beklagte meint - zu einer Überspannung ihrer Beratungs- und Betreuungspflichten. Sie war vielmehr sachlich und funktional zuständiger Leistungsträger iS von § 12 SGB I und bei der Sachbearbeitung ganz konkret mit den Belangen der Klägerin als Selbstständiger befasst. Im Rahmen des vorliegend streitigen Sachkomplexes ging es auch nicht etwa darum, sämtliche bei ihr gemeldeten und potentiell durch § 28a SGB III angesprochenen Arbeitslosen zu ermitteln und individuell über die Möglichkeit einer Antragspflichtversicherung für Selbstständige zu informieren. Allein schon die konkrete Kontaktaufnahme des Versicherten mit der Beklagten begründete hier eine gesteigerte Hinweispflicht (vgl allgemein BSG SozR 4-4300 § 324 Nr 3 RdNr 21).

27

Gegen eine solche gesteigerte Hinweispflicht kann die Beklagte schließlich nicht einwenden, dass der Inhalt eines Gesetzes mit seiner Verkündung dem Normadressaten - und damit auch der Klägerin - gegenüber grundsätzlich als bekannt zu gelten hat, und zwar unabhängig davon, wann das Gesetz ihm tatsächlich zur Kenntnis gelangt ist (sog formelle Publizität). Der Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen wird bei einer konkreten Kontaktaufnahme mit dem Sozialleistungsträger durch die Beratungs- und Betreuungspflichten nach §§ 14, 15 SGB I "überlagert"; der Sozialleistungsträger kann sich bei einem Behördenfehler hierauf nicht berufen (vgl schon BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 5 RdNr 7).

28

bb) Der Ausgleich des durch die Pflichtverletzung der Beklagten eingetretenen sozialrechtlichen Nachteils oder Schadens der Klägerin (= Ausschluss von der freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung wegen Versäumung der Antragsfrist) stellt auch eine zulässige Rechtsfolge des Herstellungsanspruchs dar, weil er von der Beklagten durch Vornahme einer rechtmäßigen Amtshandlung beseitigt werden kann. Die Beklagte kann die Klägerin durch "Anerkennung" eines seit dem 12.2.2007 bestehenden Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag als Selbstständige so stellen, wie sie bei rechtzeitiger Antragstellung aufgrund entsprechender Beratung und Betreuung gestanden hätte. Sie kann hierzu insbesondere einen das Bestehen der freiwilligen Weiterversicherung bestätigenden deklaratorischen Verwaltungsakt erlassen.

29

3. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung liegen bei alledem entscheidungserhebliche Mängel des Berufungsverfahrens nicht vor.

30

Sie macht - erstens - geltend, das Berufungsurteil gebe unter Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 2 SGG die Gründe nicht an, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen seien. Insoweit rügt die Beklagte zum einen, das LSG habe in dem angefochtenen Urteil seine Auffassung nicht begründet, dass die Klägerin nicht habe "von sich aus rechtzeitig … um ergänzende Informationen … nachsuchen" müssen; zum anderen wendet sie ein, das Berufungsurteil lasse Hinweise des LSG dazu vermissen, auf welche (Erfahrungs)Tatsachen und Quellen es den Erfahrungssatz stütze, dass die Antragspflichtversicherung "unbedingt eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit darstellt, von der jeder wirtschaftlich vernünftig Denkende mutmaßlich Gebrauch machen würde". Auf solchermaßen angenommenen Verfahrensmängeln könnte das Berufungsurteil indessen (schon) nicht beruhen. Das LSG hat der Sache nach nämlich nur über das Vorliegen der Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs befunden; auf ein Mitverschulden der Klägerin (etwa durch Nichteinholen von Rechtsrat) kam es deshalb für dessen Entscheidung nicht an. Auch hat das Berufungsgericht seine "Beweiswürdigung" - wie bereits erörtert - nicht auf einen allgemeinen oder besonderen Erfahrungssatz gestützt, sondern eine einzelfallbezogene Bewertung vorgenommen. Die Beklagte macht - zweitens - geltend, das LSG habe unter Verletzung von § 103 S 1 SGG keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin "von sich aus bei der Beklagten oder einer sonst rechtkundigen Person um Beratung … nachgesucht" habe. Nach dem oben Gesagten bezieht sich auch diese Verfahrensrüge auf für den Rechtsstreit nicht entscheidungserhebliche Tatsachen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 oder nicht freiwillig versichert sind,
3.
nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890, 1891) besteht. Ehegatten und Lebenspartner sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.

(2) Kinder sind versichert

1.
bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das fünfundzwanzigste Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie als Menschen mit Behinderungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Als Kinder im Sinne der Absätze 1 bis 3 gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder im Sinne des Satzes 1 sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

(5) Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 mehrfach erfüllt, wählt das Mitglied die Krankenkasse.

(6) Das Mitglied hat die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird für jede Instanz auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten umstritten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Wiesengrundstücks von 0,4163 ha, das zwei Mal jährlich gemäht wird. Das Schnittgut dient allein der Heugewinnung. Mit Bescheid der Lippischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG; Rechtsvorgängerin der Beklagten) vom 18.4.1980 wurde er in deren Unternehmerverzeichnis (Kataster) aufgenommen. Seinen im August 2006 gestellten Antrag, den Aufnahmebescheid zurückzunehmen und das Ende der Mitgliedschaft festzustellen, lehnte die Beklagte ab, weil das Grünland zur Erhaltung des Kulturzustandes gepflegt werde (Bescheid vom 13.9.2006, Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006).

3

Das SG Detmold hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 26.9.2008). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 2.6.2010). Der Kläger habe seit 1.1.1980 ein Unternehmen der Landwirtschaft betrieben. Zwar liege eine planmäßige Aufzucht und Aberntung von Bodengewächsen nicht vor. Die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer entfalle aber erst dann, wenn entweder die Bodenfläche im Wesentlichen Ödland sei und landwirtschaftlich nicht genutzt werden könne oder die Bodenbewirtschaftung auf Dauer eingestellt werde. Eine zeitliche Geringfügigkeitsgrenze habe unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht bestanden. Die mit dem SGB VII mit Wirkung ab 1.1.1997 eingeführten Bagatellgrenzen seien überschritten.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der §§ 776 Abs 1 Nr 1 RVO und 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Er sei kein landwirtschaftlicher Unternehmer, da es an einer Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse fehle. Das Grundstück würde allein gemäht, um im Sinne landschaftspflegerischer Aktivitäten den Kulturzustand zu erhalten, Beeinträchtigungen Dritter durch Samenflug zu vermeiden und für Fahrzeugführer die Sicht auf angrenzende Straßen freizuhalten. Das Schnittgut sei für ihn unerwünschter Abfall.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2010 und des Sozialgerichts Detmold vom 26. September 2008 sowie die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 13. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 18. April 1980, hilfsweise dessen Aufhebung für die Zeit ab 1. Januar 1997 festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Bodenbewirtschaftung umfasse alle Bestellungs-, Pflege-, und Aberntungstätigkeiten einschließlich der Bearbeitung und Düngung des Bodens. Der nur geringe Arbeitsaufwand des Klägers sei unerheblich.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten im Bescheid vom 13.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 18.4.1980 und Feststellung seiner Nicht-Mitgliedschaft bei der Beklagten.

9

Die angefochtene Feststellung der Beklagten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Aufnahmeentscheidung vom 18.4.1980 wegen anfänglicher Unrichtigkeit und das hierauf gerichtete Verpflichtungsbegehren des Klägers beurteilen sich nach § 44 Abs 2 SGB X. Der hierzu nachrangige Anspruch auf Aufhebung der Aufnahmeentscheidung wegen einer im Nachhinein eingetretenen nachträglichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse richtet sich hingegen nach § 48 Abs 1 SGB X. Diese Vorschriften werden nicht durch die Regelungen des § 136 Abs 1 Satz 4 iVm Abs 2 SGB VII als leges speciales verdrängt, die lediglich die Überweisung von Unternehmen und damit die Beziehungen der Unfallversicherungsträger zueinander betreffen.

10

Nach § 44 Abs 2 SGB X ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist weder geltend gemacht worden noch erkennbar, dass die Beklagte bei der Aufnahme des Klägers in das Unternehmerverzeichnis von einem Sachverhalt ausgegangen sein könnte, der sich (nachträglich) als unrichtig erweist. Sie hat auch das Recht nicht unrichtig angewandt. Ihre Entscheidung im Bescheid vom 18.4.1980, den Kläger als landwirtschaftlichen Unternehmer im Kataster zu führen, entsprach der damaligen Sach- und Rechtslage.

11

Der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme begehrt wird, muss von Anfang an rechtswidrig sein. Maßgeblich ist daher das Recht, das für den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vom 18.4.1980 gilt, hier das der RVO. Nach § 792 iVm § 658 Abs 1 RVO war jeder Unternehmer Mitglied der sachlich zuständigen BG, dessen Unternehmen seinen Sitz im örtlichen Zuständigkeitsbereich der BG hatte. Unternehmer war gemäß § 658 Abs 2 Nr 1 RVO derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit) ging. Von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung waren nach § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus umfasst, es sei denn, es handelte sich um Haus-, Zier- oder andere Kleingärten, die weder regelmäßig noch in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet wurden und deren Erzeugnisse hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienten(§ 778 RVO). Auf der Grundlage dieser Vorschriften ist der Kläger zu Recht zum 1.1.1980 selbst versichertes und beitragspflichtiges Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten geworden.

12

Sein unfallversicherungsrechtlicher Rechtsstatus als landwirtschaftlicher Unternehmer war nicht von vornherein deswegen ausgeschlossen, weil er unter die Spezialvorschrift des § 778 RVO, einer Ausnahmeregelung für Ziergärten, Hausgärten und andere Kleingärten, gefallen wäre. Bei dem Wiesengrundstück von 0,4163 ha handelt es sich offenkundig nicht um einen der Verschönerung dienenden Ziergarten. Da seine Nutzung nicht auf den häuslichen Bedarf ausgerichtet ist, stellt es auch keinen Hausgarten dar. Schließlich scheidet ein anderer Kleingarten aus, denn selbst die ursprünglich vom Reichsversicherungsamt angenommene Obergrenze von 2.500 m² (vgl hierzu BSG vom 31.1.1989 - 2 RU 30/88 - BSGE 64, 252, 254 = SozR 2200 § 778 Nr 2 S 7) ist überschritten.

13

Durch das Mähen des Wiesengrundstücks wurde ein "Unternehmen" im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung begründet. Der Begriff des Unternehmens ist durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I, 241) als Sammelbegriff für Betriebe, Einrichtungen und Tätigkeiten ausgestaltet worden. Die Aufzählung im Klammerzusatz des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO macht deutlich, dass unter einem Unternehmen nicht nur ein Betrieb im herkömmlichen wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist. Der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform oder das Vorliegen einer organisatorischen Einheit an und setzt weder einen Geschäftsbetrieb noch eine auf Erwerb oder Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit voraus (BSG vom 5.8.1976 - 2 RU 189/74 - BSGE 42, 126, 128 = SozR 2200 § 539 Nr 24 S 68; BSG vom 28.9.1999 - B 2 U 40/98 R - SozR 3-2200 § 776 Nr 5 S 12 f). Anders als nach § 1 Abs 3 des bis zum 31.12.1994 geltenden Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) kommt es auch nicht darauf an, dass das Unternehmen nach seiner Art und Größe eine Existenzgrundlage bilden kann. Vielmehr ist in der gesetzlichen Unfallversicherung jede Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Dieser weite unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens gilt auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung. § 792 RVO bestimmt ausdrücklich die Anwendbarkeit des § 658 RVO. Ein landwirtschaftliches "Unternehmen" im weiten unfallversicherungsrechtlichen Sinn liegt schon deshalb nicht nur dann vor, wenn der Unternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb oder eine landwirtschaftliche Einrichtung führt.

14

Der Kläger betreibt das Unternehmen und ist damit "Unternehmer". Es geht für seine Rechnung (vgl § 658 Abs 2 Nr 1 RVO), denn ihm gereicht es unmittelbar zum wirtschaftlichen Vor- oder Nachteil (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 16 mwN). Nach seinem eigenen Vorbringen wird das Grundstück gemäht, um nachteilige Einwirkungen auf Dritte zu vermeiden. Dass er die Wiese durch Dritte mähen lässt, berührt seine Eigenschaft als Unternehmer, dem dies zum Vorteil gereicht, nicht (vgl BSG vom 5.5.1998 - B 2 U 30/97 R - BSGE 82, 132, 135 = SozR 3-2200 § 802 Nr 1 S 5).

15

Dieses Unternehmen des Klägers ist "landwirtschaftlicher" Natur. Der Begriff der "landwirtschaftlichen" Unternehmen ist im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gesetzlich definiert. Er erfasst nach dem Gesetz nicht nur bodenbewirtschaftende Unternehmen. Soweit er sich auf solche bezieht, verlangt er schon nach seiner alltagssprachlichen Bedeutung, dass der Unternehmer, der, wie der Kläger, keinen Betrieb und keine Einrichtung führt, wirtschaftende Tätigkeiten am "Land" durchführen lässt oder durchführt. Daher ist landwirtschaftlicher Unternehmer, wer als Besitzer von Grundstücken (Eigentümer, Pächter, Nießbraucher oder sonstige Nutzer) auf eigene Rechnung Tätigkeiten verrichtet oder verrichten lässt, die mit dem Boden in irgendeiner Art wirtschaften (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 16 mwN). Hingegen reicht es nicht aus, dass jemand Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigter an einem Grundstück ist, ohne eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit zu entfalten (oder einen landwirtschaftlichen Betrieb, eine solche Einrichtung oder eine darauf bezogene Verwaltung zu führen).

16

Das Abmähen der auf einem Grundstück gewachsenen Pflanzen ist (wie deren Anbau und die Bearbeitung des Bodens zwecks Pflanzenanbaus) eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit. Zur Bodenbewirtschaftung zählt nicht nur die Bestellung des Bodens durch Säen oder Pflanzen und seine Bearbeitung durch zB Pflügen, Düngen oder Bewässern. Sie umfasst vielmehr sämtliche Tätigkeiten, die - wie hier - dem Abschneiden von Bodengewächsen oder der Gewinnung von Bodenerzeugnissen dienen. Unerheblich ist, ob die Bodenerzeugnisse auf einer Aufzucht beruhen und zu welchem Zweck sie gewonnen werden. Auch das Mähen von Gras zur Heugewinnung ohne weitere Verwendung des Heus gehört damit zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten (vgl BSG vom 17.2.1971 - 7/2 RU 124/67 - BSGE 32, 211, 212 = SozR Nr 1 zu § 815 RVO). Der bloße Besitz eines Grundstücks mit Pflanzenbewuchs macht also den Eigentümer, Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten noch nicht zum landwirtschaftlichen Unternehmer. Die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung wird, soweit kein Betrieb, keine Einrichtung und keine Verwaltung geführt wird, erst durch die Verrichtung einer bodenbewirtschaftenden Tätigkeit begründet, die ihrer Art nach eine unfallversicherte Tätigkeit sein kann.

17

Anderes ergibt sich nicht aus § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Danach ist Landwirt, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße erreicht (Abs 2 Satz 1). Zur erforderlichen Bodenbewirtschaftung gehören diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die der Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübt (Abs 4 Satz 2 Halbs 1). Es kann dahingestellt bleiben, wie der Begriff "Aufzucht" zu verstehen ist, ob er ein aktives Tun durch Eingriff in das natürliche Geschehen voraussetzt und das bloße wilde Wachsen nicht gesäten Grases nicht erfasst. Die Vorschrift des § 1 Abs 2 Satz 1 und Abs 4 Satz 2 Halbs 1 ALG ist bei der Feststellung eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anwendbar.

18

Das ALG ist durch Art 1 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I, 1890) mit Wirkung zum 1.1.1995 eingeführt worden. Eine § 1 Abs 2 Satz 1 und Abs 4 Satz 2 Halbs 1 ALG entsprechende Regelung sah das GAL nicht vor. Obwohl durch Art 8 ASRG 1995 zugleich auch das Dritte Buch der RVO über die Gesetzliche Unfallversicherung geändert worden ist, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, ausdrücklich oder durch Verweisung auf das ALG jene Definition des Begriffs der Bodenbewirtschaftung in das Unfallversicherungsrecht des Dritten Buches der RVO zu übernehmen.

19

Auch nach der Gesetzessystematik wurden nach § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO grundsätzlich sämtliche Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft in die landwirtschaftliche Unfallversicherung einbezogen. Lediglich Haus-, Zier- und andere Kleingärten gelten nach § 778 RVO nicht als landwirtschaftliche Unternehmen. Dieses Regelungskonzept bestätigt, dass sich die landwirtschaftliche Unfallversicherung mangels zumindest begrifflicher Erläuterung des landwirtschaftlichen Unternehmens auf sämtliche bodenbewirtschaftenden Unternehmen mit Ausnahme von Haus-, Zier- und anderen Kleingärten erstreckt. Damit wird dem Anliegen Rechnung getragen, die betrieblichen Risiken der Landwirtschaft so weit wie möglich abzudecken.

20

Die Mitgliedschaft des landwirtschaftlichen Unternehmers in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung begründet seinen eigenen Versicherungsschutz bei Verrichtung einer Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer sowie den seiner Beschäftigten und "Wie-Beschaftigten" in dieser Versicherung. Nach § 539 Abs 1 Nr 5 RVO waren Unternehmer gegen Arbeitsunfall versichert, solange und soweit sie als solche Mitglieder einer landwirtschaftlichen BG waren. Für diesen Personenkreis wurde entgegen der Regel, dass Unternehmer nicht versichert sind, ein berechtigtes Interesse an einem Unfallversicherungsschutz angenommen (vgl BT-Drucks IV/120 S 51 zu § 539). Dieses berechtigte Interesse besteht unabhängig von der Größe des landwirtschaftlichen Unternehmens und der Art der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Auch solche bodenbewirtschaftende Tätigkeiten, die nicht der Aufzucht von Bodengewächsen dienen, kann der Gesetzgeber in die Unfallversicherung einbeziehen, da ihnen ein nicht unwesentliches Unfallrisiko eigen ist. § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO stellt auf die umfassende Organisationseinheit "Unternehmen" iS des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO ab, ohne Grenzen oder Einschränkungen festzulegen. Nur Tätigkeiten in Haus-, Zier- oder anderen Kleingärten sind nach § 778 RVO unter den dort genannten Voraussetzungen von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ausgenommen worden(vgl BSG vom 12.6.1980 - 2 BU 175/88 - juris RdNr 8).

21

Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Es ist zwar zutreffend, dass in früheren Urteilen solche (regelmäßigen) Tätigkeiten als von einem landwirtschaftlichen Unternehmen umfasst bezeichnet wurden, die von nicht ganz kurzer Dauer und dazu bestimmt waren, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuernten (vgl zuletzt BSG vom 11.11.2003 - B 2 U 51/02 R - juris RdNr 17; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 37/02 R - juris RdNr 16; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 28/99 R - juris RdNr 16 und B 2 U 42/99 R - juris RdNr 19, jeweils mwN). Damals waren aber nur Fallgestaltungen zu beurteilen, in denen die planmäßige Aufzucht und das regelmäßige Abernten von Bodengewächsen festgestellt oder die landwirtschaftliche Fläche verpachtet war. Diese tatsächlichen Feststellungen wurden lediglich als eine hinreichende Bedingung für ein "landwirtschaftliches Unternehmen" angesehen. Hingegen wurde nicht gesagt, dass dies eine notwendige Voraussetzung für die Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens wäre. Notwendig ist allein eine im genannten Sinn mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit. Deshalb kommt es nach den abschließenden Ausnahmeregelungen des Gesetzes für Zier-, Haus- und andere Kleingärten, bei denen dieser Aspekt berücksichtigt wird, grundsätzlich auch nicht darauf an, ob die Bodenbewirtschaftung nur einen geringfügigen Arbeitsaufwand erfordert. Gleichwohl kann offen bleiben, ob bei Tätigkeiten an anderen Grundstücken als Zier-, Haus- und Kleingärten bezogen auf den Arbeitsaufwand bei der Bodenbewirtschaftung eine allgemeine Geringfügigkeits- oder Bagatellgrenze für ganz geringfügige Tätigkeiten besteht (zuletzt auch offen gelassen in BSG vom 11.11.2003 - B 2 U 51/02 R - juris RdNr 21 und vom 6.5.2003 - B 2 U 37/02 R - juris RdNr 17). Der mit dem (hier zweimaligen) Mähen der 0,4163 ha großen Fläche verbundene Arbeitsaufwand kann jedenfalls nicht mehr als ganz geringfügig bezeichnet werden.

22

Zwar hat der Senat im Beschluss vom 25.10.1989 (2 BU 99/89) ausgeführt, dass das gelegentliche Mähen einer Wiese zur Abwehr eventueller Beschwerden der Nachbarn über Unkrautsamenflug ohne weitere Nutzung des abgemähten Grases nicht geeignet ist, ein landwirtschaftliches Unternehmen zu begründen. Zu entscheiden war aber über ein verwahrlostes Wiesengrundstück von nur 0,35 ha, das lediglich hin und wieder durch den fünfzehnjährigen Enkelsohn des Klägers gemäht wurde. Ob das Abmähen von Gras auf einer Wiese für sich allein eine landwirtschaftliche unternehmerische Tätigkeit darstellt, hat der Senat jedoch wegen des vom LSG tatsächlich und bindend festgestellten geringfügigen Arbeitsaufwandes des Enkels ausdrücklich offen gelassen. Soweit der Beschluss in eine von diesem Urteil abweichende Richtung weisen kann, wird an ihm nicht festgehalten.

23

Die Ablehnung des erhobenen Anspruchs auf Aufhebung der Aufnahmeentscheidung im Bescheid vom 18.4.1980 ist mangels einer wesentlichen nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Abs 1 Satz 2 Nr 1). Eine Änderung in diesen Verhältnissen ist wesentlich, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich nach der damaligen Sach- und Rechtslage zu Recht erlassen wurde, nach der neuen Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte (BSG vom 20.3.2007 - B 2 U 21/06 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 11 RdNr 11 mwN).

24

Gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Aufnahmebescheids vom 18.4.1980 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht eingetreten. Dass das Wiesengrundstück mittlerweile nicht mehr gemäht würde, ist weder vom LSG festgestellt noch vom Kläger vorgetragen worden. Eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen ist nicht darin zu erblicken, dass das Dritte Buch der RVO zum 1.1.1997 durch das SGB VII abgelöst worden ist. An die Stelle der bis zum Jahre 1996 geltenden §§ 792 iVm 658 Abs 2 Nr 1, § 776 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und § 778 RVO sind zum 1.1.1997 die inhaltsgleichen Vorschriften der §§ 121 Abs 1, 123 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 sowie § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII getreten. Auch danach ist die Nutzung des Grundstücks durch den Kläger als landwirtschaftliches Unternehmen zu qualifizieren und er als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied der Beklagten (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGB VII).

25

Gemäß § 121 Abs 1 SGB VII umfasst der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten. Diese Vorschrift betrifft nicht nur die gewerblichen BGen, obwohl der Begriff des Unternehmens in der die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen BGen regelnden Bestimmung des § 123 Abs 1 SGB VII als "landwirtschaftliches Unternehmen" beschrieben wird. Nach § 123 Abs 2 SGB VII sind von den landwirtschaftlichen Unternehmen aber nur Haus-, Zier- und andere Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes ausgeschlossen, es sei denn, sie werden regelmäßig oder in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet oder ihre Erzeugnisse dienen nicht hauptsächlich dem eigenen Haushalt. Daher ist auch nach dem Recht des SGB VII jede den Boden bewirtschaftende Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen zu begründen. Eine Begrenzung des landwirtschaftlichen Unternehmens auf Betriebe, Verwaltungen und Einrichtungen war mit der Einführung des SGB VII nicht verbunden (vgl BT-Drucks 13/2204 S 104 zu § 123 Abs 1).

26

Unternehmer ist nach § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Die Abweichung vom Wortlaut des § 658 Abs 2 Nr 1 RVO bedeutet ebenso keine sachliche Änderung, sondern die Übernahme der dazu ergangenen Rechtsprechung(vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 42/99 R - juris RdNr 22; BT-Drucks 13/2204 S 108 zu § 136 Abs 3). Auch der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmers wird im SGB VII unverändert verwendet (vgl BT-Drucks aaO S 104 zu § 123 Abs 1). Allerdings räumt § 5 SGB VII den Unternehmern landwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,12 ha (1.1.1997 bis zum 29.3.2005) oder 0,25 ha (seit 30.3.2005) das Recht ein, die Befreiung von der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 5 SGB VII zu beantragen. Die Größe der hier bewirtschafteten Fläche liegt indes erheblich über dieser Grenze. Eine Befreiung des Klägers ist auch nicht verfügt worden.

27

Da der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Aufnahmebescheids vom 18.4.1980 hat, ist auch für die begehrte Feststellung kein Raum.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

29

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 Satz 1 und § 63 Abs 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und war für die Vorinstanzen abzuändern.

30

In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen in einem Rechtszug - wie hier - weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, werden nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Nach § 52 Abs 1 GKG ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 GKG). Ein Streitwert von über 2.500.000 Euro darf nicht angenommen werden (§ 52 Abs 4 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs 2 GKG).

31

Für Rechtsstreitigkeiten um den zuständigen Unfallversicherungsträger hat der Senat den Streitwert auf das Dreifache des bei dem bisherigen Unfallversicherungsträger angefallenen Jahresbeitrags, mindestens jedoch den vierfachen Auffangstreitwert beziffert. Begründet wurde dies mit der erheblichen Bedeutung der Zuordnung eines Unternehmens zu einem bestimmten Unfallversicherungsträger aufgrund der sich daraus ergebenden Beitragsbelastung, der zu erbringenden Präventionsleistungen nebst der damit einhergehenden Überwachung und Beratung sowie der relativ hohen Voraussetzungen für eine Überweisung von einem Unfallversicherungsträger zu einem anderen (Beschluss vom 28.2.2006 - B 2 U 31/05 R - SozR 4-1920 § 52 Nr 3 RdNr 10). Diese Gesichtspunkte sind jedenfalls im vorliegenden Verfahren, in dem sich der Kläger allein gegen seine Heranziehung als (landwirtschaftlicher) Unternehmer durch die Beklagte wendet, nicht geeignet, einen höheren Streitwert als 5.000 Euro zu begründen.

32

Der Streitwert ist in erster Linie nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Die Bedeutung der Sache bestimmt sich nach dem Gegenstand des konkreten Prozesses. Eventuelle, nicht vorhersehbare mittelbare Folgewirkungen sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ob Präventionsleistungen erbracht werden und sich im Nachhinein die anfängliche Unrichtigkeit der die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers feststellenden Verwaltungsentscheidung herausstellt oder sich die tatsächlichen unternehmerischen Verhältnisse grundlegend ändern, ist völlig ungewiss. Auch die mit der Zuständigkeit zu einem Unfallversicherungsträger regelmäßig verbundene Beitragsbelastung ist kein geeignetes Beurteilungskriterium, wenn Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Frage der Mitgliedschaft ist. Bereits bindend gewordene Beitragsbescheide werden nicht durch die gerichtliche Aufhebung eines die Zuständigkeit bei einem Unfallversicherungsträger feststellenden Verwaltungsaktes beseitigt. Sind Beitragsbescheide eigenständig angegriffen, bestimmt deren Höhe den Streitwert (§ 52 Abs 3 GKG). Zudem hängt die Beitragshöhe von verschiedenen Faktoren ab und lässt sich eine Beitragsstabilität nicht vorhersagen. Für die Festsetzung des Streitwerts fehlt es vorliegend an hinreichenden Anhaltspunkten. Dem trägt § 52 Abs 2 GKG Rechnung, der für solche Fälle einen Auffangstreitwert von 5.000 Euro vorsieht.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.