Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 25. Mai 2018 - L 4 AS 35/18 NZB

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0525.L4AS35.18NZB.00
bei uns veröffentlicht am25.05.2018

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens zu ihrer Klage, mit der sie die Gewährung von 200 Euro für den Kauf von Stiefeln begehrt.

2

Die im Jahr 1970 geborene Klägerin lebt nach ihren Angaben seit dem Jahr 2010 in Deutschland. Im Jahr 2014 verzog sie aus H. nach D.-R ... Seit dem Jahr 2014 stand sie unter Betreuung. Das Amtsgericht D.-R. hob die Betreuung der Klägerin mit Beschluss vom 27.11.2015 auf und stellte ein neuerliches Betreuungsverfahren mit Beschluss vom 11.5.2016 ein, weil die Klägerin zwar nach dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B. vom 28.10.2015 sicher an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie leidet, aber in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne dass eine konkrete Gefahr für ihren unmittelbaren Lebensunterhalt besteht. Die Gutachterin rechnete damit, dass die Klägerin mangels Krankheitseinsicht weiter ein auffälliges Anspruchsverhalten gegenüber Ämtern und Behörden zeigen werde.

3

Die Klägerin bezieht vom Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

4

Die Klägerin beantragte beim Beklagten am 9.3.2017 eine einmalige Beihilfe von 200 Euro zur Anschaffung neuer Winterstiefel, weil ihre bisherigen schadhaft geworden seien. Der Beklagte lehnte dies ab: Die Kosten für die laufende Ausstattung mit Kleidung seien von den Regelleistungen zu bestreiten (Bescheid vom 13.3.2017, Widerspruchsbescheid vom 31.3.2017).

5

Am 18.4.2017 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben: Es gehe ihr um die Erstattung der Kosten aus "Gründen des Arrestes und anderen Verklemmen/Haften" und auch aus Gründen "Allergie, Rhinitis und Ekzeme".

6

Nach mündlicher Verhandlung hat das SG die Klage mit dem am 7.11.2017 verkündeten Urteil abgewiesen: Die Bekleidung sei aus Mitteln der Regelleistung zu beschaffen. Ein Sonderbedarf wie etwa für eine Erstausstattung, für den Sonderleistungen zu gewähren sind, liege nicht vor. Gemäß dem über die Verhandlung erstellten Protokoll dauerte die Sitzung von 12.26 Uhr bis 14.30 Uhr, wobei eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages verkündet werden sollte, was nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit – bei der niemand erschien – geschah.

7

Mit Schreiben vom 20.11.2017 (das neben weiteren Verfahren auch das hiesige Klageaktenzeichen nannte) erhob die Klägerin unter anderem deshalb Beschwerde gegen die Protokolle der Sitzung vom 7.11.2017, weil die Verhandlungen in ihren Verfahren nur bis 12.30 Uhr gedauert hatten. Mit Schreiben vom 22.11.2017 zu den am 7.11.2017 verhandelten Klageverfahren beschwerte sich die Klägerin erneut unter anderem über das im Protokoll angegebene Sitzungsende und merkte zur hiesigen Klage an, dass sie das Geld für Kleidung als "Ergebnis der Haft" begehre.

8

Unter anderem zum hiesigen Klageverfahren lehnte das SG eine Protokollberichtigung ab: Das Ende der jeweiligen Verfahren sei richtig vermerkt worden. Die mündlichen Verhandlungen seien entsprechend der Protokolle geschlossen und nach den Beratungen seien am Ende des Sitzungstages die Urteile verkündet worden. Die Verkündung habe um 14.30 Uhr geendet (Beschluss vom 4.1.2018).

9

Nach Zustellung des schriftlichen Urteils an die Klägerin am 7.12.2017 hat die Kammervorsitzende die Klägerin um Klarstellung gebeten, ob das Schreiben vom 22.11.2017 als Beschwerde gegen das Urteil zu verstehen sei. Nachdem die Klägerin dies mit Schreiben vom 10.1.2018 bestätigt hat, hat das SG die Beschwerde dem Senat vorlegt.

10

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 24.1.2018 um "Abschaffung" des Urteils zu dem Beschwerdeaktenzeichen gebeten, weil der Tatbestand fehlerhaft sei. Hierzu hat sie auf ihr Schreiben an das SG vom 18.1.2018 hingewiesen, worin sie ausführt, dass die Verhandlungen in ihren Streitsachen am 7.11.2017 nur bis 12.30 Uhr stattfanden, sich dann Verfahren anderer Personen anschlossen, und sie um Auskunft zum Saal bitte, in dem von 12.30 Uhr bis 14.00 Uhr in ihren Streitsachen verhandelt worden sei. Mit Schreiben vom 29.1.2018 hat sie präzisiert, dass sie die Verfahrensvorschriften des Sozialgerichtsgesetzes verletzt ansieht, weil das SG ohne ihre Zustimmung Urteile ohne mündliche Verhandlung erlassen habe bzw. die Verkündung ohne sie stattgefunden habe. Beigelegt war ein Antwortschreiben des SG an die Klägerin, wonach am 7.11.2017 der Sitzungssaal ausschließlich von der 32. Kammer genutzt war und ab 13.00 Uhr bis 13.30 Uhr Verfahren anderer Personen verhandelt wurden.

11

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

12

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. November 2017 zuzulassen und das Berufungsverfahren durchzuführen.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Beschwerde zurückzuweisen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

II.

16

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.

17

Sie ist jedoch unbegründet. Nachdem die Berufung aufgrund des Streitgegenstands nicht bereits gesetzlich eröffnet ist (hierzu 1.), hat das SG die Berufung gegen das Urteil vom 7.11.2017 zu Recht nicht zugelassen, weil keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe (hierzu 2.) vorliegt.

18

1. Ohne Zulassung ist die Berufung nur bei wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr statthaft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG), was bei einem Begehren nach einer einmaligen Leistung nicht der Fall ist. Das Begehren der Klägerin überschreitet zudem nicht den Wert von 750 Euro, ab dem bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, eine Berufung ohne Zulassung eröffnet ist (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG).

19

2. Ist die Berufung nicht bereits gesetzlich eröffnet, ist sie gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr.3).

20

a) Der Entscheidung in der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn ein Verfahren bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Ungeklärte Rechtsfragen sind aber weder von den Beteiligten aufgeworfen noch aus dem Inhalt der Verfahrensakten für den Senat ersichtlich. Es ist bereits hinreichend geklärt, dass Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II die Beschaffung bzw. den laufenden Ersatz von Bekleidungsgegenständen aus dem hierfür Pauschalen vorsehenden Regelbedarf zu bestreiten bzw. entsprechend anzusparen haben. Nur wenn aufgrund besonderer Umstände erstmals ein Bedarf an Bekleidung entsteht (Erstausstattung, vgl. hierzu BSG Urteile vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R, juris Rn. 26 und vom 23.3.2010 - B 14 AS 81/08 R – juris Rn. 15 f.) oder wegen der Anschaffung orthopädischer Schuhe sieht das Gesetz ergänzende Leistungen vor (vgl. § 24 Abs. 2 SGB II).

21

b) Das SG weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab (Divergenz). Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhanden abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt hat. Solche Rechtssätze hat das SG nicht aufgestellt.

22

c) Schließlich hat die Klägerin keinen beachtlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gerügt. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Ablauf des sozialgerichtlichen Verfahrens, deren Inhalt zwingend zu beachten ist. Insofern kann die Beschwerde nicht auf einen sachlichen bzw. inhaltlichen Mangel der Entscheidung, sondern nur auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg dorthin gestützt werden. Bei der Beurteilung, ob ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (zum Vorstehenden vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 32 f.).

23

Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass das SG - wie die Klägerin rügt - ohne ihre Zustimmung ohne mündliche Verhandlung entschieden bzw. ohne ihr Beisein mündlich verhandelt und damit der Klägerin das rechtliche Gehör verwehrt hat.

24

Der für das sozialgerichtliche Verfahren in § 62 SGG wiederholte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes) gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird.

25

Ausweislich der Verfahrensakte war die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 7.11.2017 ordnungsgemäß geladen, nach dem gefertigten Protokoll in der mündlichen Verhandlung anwesend und hatte demnach Gelegenheit, sich in ihrem Klageverfahren vor dem Erlass der Entscheidung zu äußern.

26

Es trifft nicht zu, dass das SG ohne ihr Beisein nach dem Schluss der jeweiligen mündlichen Verhandlung weiter öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt hat. Die Klägerin geht irrig davon aus, dass die im Protokoll erwähnte "Sitzung" des Gerichts, insbesondere die hierzu im Protokoll vermerkten Uhrzeitangaben gleichbedeutend mit der Dauer der mündlichen Verhandlung sind und dass sie an Teilen der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.

27

Dies folgt aus den Ladungen zu den Verfahren und den hierzu jeweils gefertigten Protokollen, die durchweg einen Beginn und Ende der Sitzung und einen Beschluss zur Entscheidungsverkündung am Ende des Sitzungstages enthalten. Die nachfolgende Übersicht fasst den tatsächlichen Verhandlungsbeginn in den Beschwerdesachen und die Uhrzeit der Entscheidungsverkündung in den jeweiligen Verfahren zusammen:

28

Verfahren S 32 AS 1415/16 (L 4 AS 862/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:14 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

29

Verfahren S 32 AS 1937/17 (L 4 AS 863/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:22 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

30

Verfahren S 32 AS 2048/15 (L 4 AS 864/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:48 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

31

Verfahren S 32 AS 1678/16 (L 4 AS 885/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:56 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

32

Verfahren S 32 AS 1815/16 (L 4 AS 886/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:07 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

33

Verfahren S 32 AS 748/17 (L 4 AS 35/18 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:26 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

34

Ausweislich der Protokolle ist vor der Verkündung der Entscheidung – allerdings ohne Uhrzeitangabe – jeweils die mündliche Verhandlung geschlossen worden (vgl. § 122 S. 1 SGG). Nach dem Schluss der Verhandlung ist eine Wiedereröffnung möglich (§ 122 S. 2 SGG). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist als wesentlicher Vorgang der Verhandlung zu protokollieren (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO], Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 121 SGG Rn. 14). Dass die mündliche Verhandlung wiedereröffnet wurde, ist den Protokollen hingegen nicht zu entnehmen und steht damit für den Senat wegen der (insoweit negativen) Beweiskraft des Protokolls (§ 122 SGG i.V.m. § 165 S. 1 ZPO) fest.

35

Im Übrigen liegt kein Verfahrensfehler darin, eine Entscheidung nicht sogleich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu beraten und zu verkünden. Ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergehendes Urteil wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird (§ 132 Abs. 1 S. 2 SGG). Unter "Termin" ist der Sitzungstag bzw. bei mehreren Verhandlungstagen der Tag der Schlussverhandlung zu verstehen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 132 Rn. 3). Dementsprechend erfolgt die Entscheidungsverkündung bei den Sozialgerichten meist unmittelbar im Anschluss an die nach dem Verhandlungsende stattfindende Beratung. Diese Praxis ist aber nach dem SGG nicht vorgeschrieben. Es steht im Ermessen des Gerichts, seine Entscheidung erst am Ende des Termins bzw. Sitzungstages zu verkünden, ohne hierfür eine konkrete Zeit angeben zu müssen. Die Bestimmung eines Verkündungstermins ist nur dann erforderlich, wenn die Entscheidung in einem anderen Termin, d.h. an einem anderen Tag, verkündet werden soll (§ 132 Abs. 1 S. 3 SGG).

36

Die mündliche Verkündung des Urteils in Abwesenheit der Klägerin ist nicht verfahrensfehlerhaft. Die Verkündung hat – wie nach dem Protokoll geschehen – öffentlich zu erfolgen. Dabei müssen, wie sich aus § 132 Abs. 2 S. 2 SGG ergibt, die Beteiligten nicht anwesend sein.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

38

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).


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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Das Protokoll enthält 1. den Ort und den Tag der Verhandlung;2. die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;3. die Bezeichnung des Rechtsstreits;4. die Namen der erschienenen Parteien, Neben

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(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als

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Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

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(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kan

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Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 132


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Ausnahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus anges

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren als einmalige Leistung einen Zuschuss für Kosten der Kinderbekleidung.

2

Der am 2.2002 geborene Kläger und die am 3.2003 geborene Klägerin leben gemeinsam mit ihren Eltern sowie ihrem am 6.2006 geborenen Bruder K. in einem Haushalt. Sie bezogen ebenso wie ihre Eltern seit Februar 2005 (ihr Bruder seit seiner Geburt) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihnen die Beklagte für den Zeitraum 1.8.2006 bis 31.1.2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 1423 Euro (Bescheid vom 13.7.2006). Der Leistungsbewilligung legte die Beklagte dabei jeweils einen Bedarf der Kläger zu 1 und 2 in Höhe von 304,60 Euro zu Grunde (207 Euro Regelleistung und 97,60 Euro für die anteiligen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung).

3

Mit Schreiben vom 6.7.2006 beantragte die Mutter bei der Beklagten eine Beihilfe für Bekleidung als Erstausstattung für die Kläger. Die Kläger benötigten Kleidung in den Konfektionsgrößen 116 und 110, besäßen jedoch lediglich Garderobe in den Größen 104 und 98, die sie nicht weiter tragen könnten. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 10.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).

4

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen haben die Kläger die Gewährung eines einmaligen verlorenen Zuschusses in Höhe von insgesamt 448 Euro zur Beschaffung von Kinderkleidung begehrt. Der Kläger habe bereits eine Winterjacke für 25 Euro und zwei Paar Strumpfhosen für 15 Euro erhalten. Auch für die Klägerin würden für den Winter 2006/2007 eine Winterjacke (im Wert von 25 Euro) und zwei Paar Strumpfhosen (im Wert von 15 Euro) benötigt sowie für jedes Kind zwei Hosen (im Wert von 80 Euro), drei Pullover (im Wert von 90 Euro), drei T-Shirts (im Wert von 48 Euro), ein Satz Unterwäsche (im Wert von 50 Euro), ein Paar Schuhe (im Wert von 50 Euro), ein Paar Pantoffeln (im Wert von 20 Euro) sowie Mütze und Handschuhe (im Wert von 30 Euro).

5

Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.6.2007). Der allgemeine Bedarf, nämlich die Beschaffung von Kleidung, sei auch von Kindern aus deren Regelleistung zu bestreiten, wie die Aufzählung in § 20 Abs 1 SGB II deutlich mache. Auf § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II könne der Anspruch nicht gestützt werden. Der Begriff der Erstausstattung sei abzugrenzen von den Fällen des Erhaltungs- bzw Ergänzungsbedarfs, die vorlägen, wenn es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handele. Die Erstausstattung mit Bekleidung umfasse neben den im Gesetz genannten Ereignissen der Schwangerschaft und Geburt auch einen Bedarf bei Gesamtverlust (zB durch Wohnungsbrand) oder auf Grund "außergewöhnlicher Umstände" (BT-Drucks 15/1514 S 60). Zu den außergewöhnlichen Umständen zählten zB eine Gewichtszu- oder Gewichtsabnahme oder eine unzureichende Bekleidungsausstattung nach einer Haft oder Wohnungslosigkeit. Dass Kinder im Rahmen des Wachstums regelmäßig auf neue Kleidung angewiesen seien, stelle einen normalen, vom Gesetzgeber im Rahmen der Bemessung der Regelleistung berücksichtigten Umstand dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs auf Grund wachstumsbedingter Notwendigkeit der Beschaffung neuer Kleidung ausschließe. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II oder des abschließenden Katalogs an einmaligen Leistungen in § 23 Abs 3 SGB II habe das Gericht nicht.Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 17.9.2008) und zur Begründung im Wesentlichen nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Urteilsgründe des SG Bezug genommen.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung nach einem Wachstumsschritt sei nicht von der Regelleistung nach § 28 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB II mit umfasst. In der pauschalen Regelleistung sei ein Anteil von 10 Prozent für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen vorgesehen. Die Regelleistung entspreche der Höhe nach den Regelsätzen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und sei damit auf Grund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe festgesetzt worden. Mit der Datenerhebung sei jedoch ausschließlich der Bedarf eines alleinstehenden Erwachsenen ermittelt worden. Wegen des Bedarfs für Kinder unter 14 Jahren sei lediglich ein Abschlag von 40 Prozent erfolgt, ohne deren konkrete Situation in Blick zu nehmen. Insoweit sei die Regelleistung für Kinder verfassungswidrig. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung, bei dem es nicht darauf ankomme, ob er erstmals gewährt werden müsse. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Erhaltungsbedarf, der vorliegende Sachverhalt erfordere die Neuanschaffung der Kleidungsstücke. Ähnlich wie bei einer Gewichtszunahme bei Erwachsenen, die in der Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII als Beispiel für eine Erstausstattung genannt werde, gehe es nach jedem Wachstumsschritt um einen erstmaligen Bedarf in der neuen Konfektionsgröße, auf die bei der Bemessung der Regelsätze keine Rücksicht genommen worden sei. Die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II sei von den Klägern nicht beantragt worden, weil die Aufrechnung mit der Darlehensrückforderung - wie im Falle von wiederkehrenden Fahrkosten - zu "einer belastenden Hypothek für die Zukunft" werde.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.9.2008 und das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.6.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Form eines verlorenen Zuschusses für die Anschaffung von Kinderbekleidung in Höhe von insgesamt 448 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Kosten für Bekleidung nicht als einmalige Leistung zu.

11

1. Streitgegenstand sind ausschließlich die begehrten Leistungen für Kosten der Kinderbekleidung, die für den Winter 2006/2007 notwendig geworden ist. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II, auf den die Kläger ihr Begehren ausschließlich stützen, handelt es sich um einen Individualanspruch desjenigen, der den entsprechenden Bedarf geltend macht. Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 10.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.8.2006, mit dem der Träger der Grundsicherung eine von der Bewilligung der übrigen Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 gesonderte Entscheidung getroffen hat. Dieses Vorgehen des Trägers der Grundsicherung ist zwar nicht zwingend. Über den Anspruch auf Erstausstattung, der auch ohne ausdrückliche Antragstellung vom Antrag auf insgesamt bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt umfasst ist (vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), kann aber isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge isoliert gerichtlich geltend gemacht werden (zum Anspruch auf eine Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R, juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Anspruch auf Gewährung von Kosten für Klassenfahrten BSGE 102, 68 = SozR 4-4300 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13). Deshalb war nicht zu überprüfen, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren. Die Höhe der laufenden Regelleistungen für den Bewilligungsabschnitt, für den auch die Sonderbedarfe geltend gemacht werden, haben die Kläger nicht angegriffen. Der Bescheid vom 13.7.2006, den das LSG insoweit in seinem Urteil in Bezug genommen hat, ist bestandskräftig geworden.

12

Die Eltern der Kläger sind damit durch die angefochtenen Bescheide nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) und haben die von ihnen ursprünglich geführten Revisionen auf entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen. § 23 Abs 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 11). Das ist bei der personenbezogenen Ausstattung mit Bekleidung nicht der Fall.

13

2. Zutreffend haben SG und LSG entschieden, dass die Voraussetzungen für einen von den Klägern als einmalige Leistung geltend gemachten Anspruch auf Erstausstattung wegen Bekleidung nicht vorliegen. Einen solchen Anspruch können sie weder aus § 23 Abs 3 Nr 2 SGB II (dazu unter a) noch aus Verfassungsrecht herleiten (dazu unter b).

14

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG sind die Kläger leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 SGB II. Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Eltern der Kläger sind erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II. Ihrem gemeinsamen Haushalt gehören ihre Kinder, die Kläger zu 1 und 2 sowie der am 6.2006 geborene Bruder, an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II), woraus sich deren Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach §§ 7 Abs 2, 28 Abs 1 SGB II) ableitet.

15

a) Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung nicht von der Regelleistung umfasst und werden gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II gesondert erbracht. Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich dabei um spezielle Bedarfe, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II in der ab dem 1.8.2006 zur Anwendung kommenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006; BGBl I 1706) sieht einen Anspruch auf "Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt" vor.

16

Schon der Vergleich mit § 20 Abs 1 SGB II zeigt, dass § 23 Abs 3 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist(vgl bereits BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19 und Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 14). Entscheidend ist bezogen auf die Erstausstattung mit Bekleidung, ob auf Grund eines besonderen Umstandes erstmals ein Bedarf für die Ausstattung mit Bekleidung entsteht. Demgegenüber unterfallen die Kosten für die laufende Anschaffung und Instandhaltung der Kleidung ausdrücklich der Regelleistung. Zwar entsteht mit jedem Wachstumsschritt bei Kindern ein Bedarf für ein bestimmtes Kleidungsstück in einer bestimmten Größe "erstmalig". Gleichwohl gehört gerade bei Kindern die Notwendigkeit, Kleidungsstücke sowohl wegen des Wachstums als auch wegen des erhöhten Verschleißes in kurzen Zeitabschnitten zu ersetzen, zu dem regelmäßigen Bedarf. Die Ausstattung eines Kindes mit Bekleidung ist laufend, wenn auch in engeren zeitlichen Abständen als bei Erwachsenen zu ergänzen, je nachdem welches Kleidungsstück zu welchem Zeitpunkt von ihm nicht mehr getragen werden kann. Der wachstums- und verschleißbedingte besondere Aufwand, der hier im Unterschied zu Erwachsenen entsteht, ist als kindspezifischer, regelmäßiger Bedarf mit der Regelleistung abzudecken (Bender in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juni 2009, § 23 SGB II RdNr 75; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 20 RdNr 54; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2008, § 20 RdNr 36; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, Stand November 2009, § 23 RdNr 40; aA Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 35; differenzierend nach der allgemein üblichen Tragedauer Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, § 23 RdNr 106; differenzierend im Hinblick auf ein "außergewöhnliches" Größenwachstum Behrend in JurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 82; ähnlich auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 23 SGB II RdNr 15).

17

b) Die Kläger können den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus Verfassungsrecht herleiten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505 = DVBl 2010, 314) zwar ua § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 1. Alt SGB II iVm § 20 Abs 1 SGB II für verfassungswidrig erklärt. Die Regelleistung für Kinder habe der Gesetzgeber von der Höhe der Regelleistung für Erwachsene abgeleitet, ohne zuvor den kindspezifischen Bedarf zu ermitteln. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen beträgt, beruhe auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Das BVerfG hat aber dabei im Grundsatz die systematische Herleitung der Regelleistung nach einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auf Grundlage des Statistikmodells nicht beanstandet und es ausdrücklich für zulässig erachtet, dass der Gesetzgeber die Leistung im Grundsatz als monatlichen Festbetrag gewährt und sich von dem unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes geltenden System der Bedarfsdeckung durch ein Zusammenspiel von laufenden und einer Vielzahl von einmaligen Leistungen gelöst hat (BVerfG, aaO, RdNr 205). Es hat auch bezogen auf die Regelleistung für Kinder nicht feststellen können, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungen evident unzureichend sind (aaO, RdNr 155). Der Gesetzgeber ist lediglich verpflichtet, bis zum 31.12.2010 alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsnah zu bemessen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II weiter anwendbar. Über den Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II hinaus sind die Leistungen für Kinder damit gegenwärtig nicht um einen einmaligen (etwa jährlich zu zahlenden) Betrag für den (regelmäßigen) Bekleidungsbedarf zu erhöhen (in diesem Sinne aber Münder, NZS 2008, 168, 171).

18

Auch soweit das BVerfG entschieden hat, dass der Gesetzgeber den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zwar durch einen monatlichen Festbetrag decken kann, es aber mit Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG unvereinbar ist, dass eine Härtefallregelung fehlt, die einen Anspruch zur Deckung eines über den Regelbedarf hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einräumt, folgt daraus ein Anspruch für die Kläger nicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob Leistungen zur Deckung eines solchen Bedarfs auch für Leistungszeiträume vor der Entscheidung des BVerfG in Betracht kommen (so BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, juris RdNr 34). Voraussetzung wäre jedenfalls, dass es sich um einen erheblich von dem durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarf handelt. Eine solche Sondersituation, die gerade bei den Klägern (etwa aufgrund eines außergewöhnlichen Wachstumsschubes) im Unterschied zu anderen gleichaltrigen Kindern eingetreten ist, haben weder die Kläger geltend gemacht noch hat das LSG dies festgestellt. Bei kurzfristig entstehenden Bedarfsspitzen, die aus der laufenden Regelleistung nicht zu decken sind, kommt schließlich vorrangig die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs 1 SGB II in Betracht, das die Kläger aber ausdrücklich nicht geltend machen. Anders als die Kläger meinen, hat das BVerfG die im Gesetz vorgesehene Tilgung eines solchen Darlehens durch Einbehaltung von 10 Prozent der Regelleistungen in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht beanstandet(aaO, Rz 150).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens zu ihrer Klage, mit der sie die Erstattung der Anschaffungskosten für einen Computer begehrte.

2

Die im Jahr 1970 in der UdSSR geborene Klägerin lebt nach ihren Angaben seit dem Jahr 2010 in Deutschland. Im Jahr 2014 verzog sie aus H. nach D ... Seit dem Jahr 2014 stand sie unter Betreuung. Das Amtsgericht D. hob die Betreuung der Klägerin mit Beschluss vom 27.11.2015 auf und stellte ein neuerliches Betreuungsverfahren mit Beschluss vom 11.5.2016 ein, weil die Klägerin zwar nach dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B. vom 28.10.2015 sicher an einer paranoidhalluzinatorischen Schizophrenie leidet, aber in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne dass eine konkrete Gefahr für ihren unmittelbaren Lebensunterhalt besteht. Die Gutachterin rechnete damit, dass die Klägerin mangels Krankheitseinsicht weiter ein auffälliges Anspruchsverhalten gegenüber Ämtern und Behörden zeigen werde.

3

Die Klägerin bezieht durchgängig seit dem Jahr 2014 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Aufgrund des Bescheides vom 5.1.2016 gewährte der Beklagte für den Monat April 2016 Arbeitslosengeld II in Höhe von 772,50 Euro. Hiervon entfielen 404 Euro auf den Regelbedarf und 368,50 Euro auf die Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Klägerin ging in diesem Zeitraum keiner Erwerbstätigkeit nach und hatte keine Einnahmen. Am 14.4.2016 erwarb sie einen Computer für 199 Euro und schloss eine Garantieverlängerung auf vier Jahre für 50 Euro ab.

4

Am 27.6.2016 beantragte sie aus Gründen "meiner Ausbildung, Empfehlungsschreibens" (über die Eignung zur Promotion), "Lebenslaufs und Lebensstils" die Erstattung der Anschaffungskosten für den Computer in Höhe von 250 Euro. Sie habe außerdem eine Allergie und Rhinitis und könne nicht lange in einer Bibliothek sitzen und benötige den Computer zur Recherche und Kommunikation. Ihr bisheriger Computer sei 2009 angeschafft und habe einen sehr kleinen Bildschirm. Es gebe keine Liste, welche Geräte durch den Regelsatz zu beschaffen seien. Bei langlebigen Gegenständen wie einem Computer seien einmalige Leistungen vorzusehen.

5

Der Beklagte lehnte eine Erstattung ab, weil ein einmaliger Bedarf vorliege. Zudem sei der Antrag hier erst nach Anschaffung gestellt worden (Bescheid vom 29.6.2016, Widerspruchsbescheid vom 23.9.2016).

6

Am 28.9.2016 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben, die sie ergänzend mit der Notwendigkeit des Computers für die Bearbeitung von Gerichtspost und zum Erwerb der deutschen Sprache begründet hat.

7

Nach mündlicher Verhandlung hat das SG die Klage mit dem am 7.11.2017 verkündeten Urteil abgewiesen: Der Bedarf wegen der Anschaffung eines Computers sei vom Regelbedarf erfasst und müsse selbst finanziert werden. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II, weil der Bedarf einmalig sei. Ein Erstausstattungsbedarf liege bei einer Ersatzbeschaffung nicht vor. Ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II komme nicht in Betracht, wenn die Kosten bereits beglichen seien.

8

Gemäß dem über die öffentliche Sitzung und zum hiesigen Klageaktenzeichen erstellten Protokoll dauerte die Sitzung von 11.56 Uhr bis 14.30 Uhr, wobei eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages verkündet werden sollte, was nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit geschah.

9

Mit Schreiben vom 20.11.2017 (das neben weiteren Verfahren auch das hiesige Klageaktenzeichen nannte) hat die Klägerin unter anderem deshalb Beschwerde gegen die Protokolle der Sitzung vom 7.11.2017 erhoben, weil die Verhandlungen in ihren Verfahren nur bis 12.30 Uhr gedauert hätten. Mit Schreiben vom 22.11.2017 zu den am 7.11.2017 verhandelten Klageverfahren beschwerte sich die Klägerin erneut unter anderem über das im Protokoll angegebene Sitzungsende.

10

Auf Bitten des SG hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.12.2017 klargestellt, sie habe mit dem vorgenannten Schreiben Beschwerde zum Urteil erheben wollen.

11

Unter anderem zum hiesigen Klageverfahren hat das SG eine Protokollberichtigung abgelehnt: Das Ende der jeweiligen Verfahren sei richtig vermerkt worden. Die mündlichen Verhandlungen seien entsprechend der Protokolle geschlossen und nach den Beratungen seien am Ende des Sitzungstages die Urteile verkündet worden. Die Verkündung habe um 14.30 Uhr geendet (Beschluss vom 4.1.2018).

12

Schließlich hat die Klägerin – nach Zustellung des Urteils am 18.11.2017 - mit Schreiben vom 15.12.2017 unter anderem zum hiesigen Klageaktenzeichen Beschwerde gegen die Entscheidung vom 7.11.2017 erhoben, um deren Aufhebung und um Prozesskostenhilfe (PKH) gebeten. Es gehe um Bedarfe für mehr als ein Jahr. Sie benötige zusätzlich Reparaturen bzw. Druckerpatronen. Zudem denke sie an Fehler im Tatbestand. Sie hat hierzu auf ihre Beschwerden wegen der Protokolle beim SG verwiesen.

13

Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,

14

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. November 2017 zuzulassen, das Berufungsverfahren durchzuführen und ihr PKH zu bewilligen.

15

Der Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung seien nicht erfüllt.

II.

18

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.

19

Sie ist jedoch unbegründet. Nachdem die Berufung aufgrund des Streitgegenstands nicht bereits gesetzlich eröffnet ist (hierzu 1.), hat das SG die Berufung gegen das Urteil vom 7.11.2017 zu Recht nicht zugelassen, weil keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe (hierzu 2.) vorliegt.

20

1. Ohne Zulassung ist die Berufung nur bei wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr statthaft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG), was bei einem Begehren nach einer einmaligen Leistung nicht der Fall ist. Das Begehren der Klägerin überschreitet zudem nicht den Wert von 750 Euro, ab dem bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, eine Berufung ohne Zulassung eröffnet ist (§ 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGG).

21

2. Ist die Berufung nicht bereits gesetzlich eröffnet, ist sie gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Nur in den genannten Fällen ist die Berufung – ausnahmsweise – zu ermöglichen.

22

a) Der Entscheidung in der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn ein Verfahren bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Ungeklärte Rechtsfragen von allgemeinem Interesse sind aber weder von den Beteiligten aufgeworfen noch aus dem Inhalt der Verfahrensakten für den Senat ersichtlich. Es ist bereits hinreichend geklärt, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II ihren Lebensunterhalt aus dem Regelbedarf zu bestreiten bzw. entsprechend anzusparen haben. Denn die pauschalierten Regelbedarfe beinhalten neben den in § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II genannten Bedarfen sämtliche laufenden Bedarfe, die ihrer Natur und Zweckbestimmung nach mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehren sowie einmalige oder in größeren Zeitabständen auftretende Bedarfe (vgl. Behrend in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 20 Rn. 35). Damit obliegt es der Budgetverantwortung der Leistungsberechtigten, ob und zu welchen Kosten sie sich einen Computer anschaffen (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 51).

23

Ergänzende Leistungen für den Lebensunterhalt sind lediglich bei den in § 21 SGB II geregelten Mehrbedarfslagen bzw. in den in §§ 24 ff. SGB II geregelten Sonderfällen möglich. Insoweit besteht ebenfalls kein Klärungsbedarf.

24

Insbesondere weist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch keine grundsätzlich relevanten Fragen zum Anwendungsbereich des § 21 Abs. 6 SGB II auf. Hiernach ist Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf zuzumessen, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Hierzu hat das BSG offen gelassen, ob ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II nur dann ein laufender ist, wenn er prognostisch dauerhaft, regelmäßig und längerfristig entstehen wird. Umschreibungen wie dauerhaft, regelmäßig oder längerfristig (vgl. BT-Drs. 17/1465, S. 9) sowie eine prognostische Betrachtung sind dabei nur Anhaltspunkte, ob es sich um einen "laufenden" Bedarf handelt. Das BSG hat klargestellt, dass insoweit immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind (vgl. BSG Urteil vom 11.2.2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rn. 19). Ein laufender Bedarf liegt jedenfalls vor, wenn er in den regelmäßig sechs Monate langen Bewilligungsabschnitten (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II in der bis 31.7.2016 gültigen Fassung) bzw. in nachfolgenden Bewilligungsabschnitten wiederholt auftritt (BT-Drs. 17/1465, S. 9). Wegen der notwendigen Einzelfallbetrachtung kann er gegebenenfalls auch dann regelmäßig sein, wenn er zumindest wiederholt in verschiedenen Bewilligungszeiträumen auftritt (Düring in Gagel, SGB II, § 21 Rn. 44 Stand der Einzelkommentierung September 2013; Behrend in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 21 Rn. 82 jeweils m.w.N.). Damit sind die grundlegenden rechtlichen Maßgaben für die Einordnung eines Bedarfs als "laufend" bereits geklärt. Danach ist die Ersatzbeschaffung des Computers als laufender Bedarf ausgeschlossen. Es liegt nur ein einmaliger Bedarf vor.

25

Angesichts einer entsprechenden gesetzlichen Regelung besteht auch kein Klärungsbedarf, dass im Einzelfall bei grundsätzlich vom Regelbedarf umfassten, nach den Umständen unabweisbaren Bedarfen ein Darlehen gewährt werden kann (§ 24 Abs. 1 SGB II). Abgesehen davon wären die hierfür maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen im Berufungsverfahren nicht von Relevanz, weil die Klägerin kein Darlehen begehrt.

26

Der von der Klägerin geltend gemachte Bedarf weist keine relevanten und klärungsbedürftigen Bezüge zu anderen Anspruchsgrundlagen des SGB II auf. Insbesondere ist kein Zusammenhang mit der Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II) zu erkennen.

27

Weil der Beklagte keine Einnahmen berücksichtigte, ist nicht klärungsfähig, ob die Anschaffungskosten als Absetzung vom Einkommen (§ 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II) berücksichtigt werden können und insofern über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt eine "Erstattung" erfolgen kann.

28

b) Das SG weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab (Divergenz). Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhanden abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt hat. Solche Rechtssätze hat das SG nicht aufgestellt.

29

c) Schließlich hat die Klägerin keinen beachtlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gerügt. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Ablauf des sozialgerichtlichen Verfahrens, deren Inhalt zwingend zu beachten ist. Insofern kann die Beschwerde nicht auf einen sachlichen bzw. inhaltlichen Mangel der Entscheidung, sondern nur auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg dorthin gestützt werden. Bei der Beurteilung, ob ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (zum Vorstehenden vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 32 f.).

30

Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass das SG - wie die Klägerin rügt - ohne ihre Zustimmung ohne mündliche Verhandlung entschieden bzw. ohne ihr Beisein mündlich verhandelt und damit der Klägerin das rechtliche Gehör verwehrt hat.

31

Der für das sozialgerichtliche Verfahren in § 62 SGG wiederholte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes) gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird.

32

Ausweislich der Verfahrensakte war die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 7.11.2017 ordnungsgemäß geladen, nach dem gefertigten Protokoll in der mündlichen Verhandlung anwesend und hatte demnach Gelegenheit, sich in ihrem Klageverfahren vor dem Erlass der Entscheidung zu äußern.

33

Es trifft nicht zu, dass das SG ohne ihr Beisein nach dem Schluss der jeweiligen mündlichen Verhandlung weiter öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt hat. Die Klägerin geht irrig davon aus, dass die im Protokoll erwähnte "Sitzung" des Gerichts, insbesondere die hierzu im Protokoll vermerkten Uhrzeitangaben gleichbedeutend mit der Dauer der mündlichen Verhandlung sind und dass sie an Teilen der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.

34

Dies folgt aus den Ladungen zu den Verfahren und den hierzu jeweils gefertigten Protokollen, die durchweg einen Beginn und Ende der Sitzung und einen Beschluss zur Entscheidungsverkündung am Ende des Sitzungstages enthalten. Die nachfolgende Übersicht fasst den tatsächlichen Verhandlungsbeginn in den Beschwerdesachen und die Uhrzeit der Entscheidungsverkündung in den jeweiligen Verfahren zusammen:

35

S 32 AS 1415/16 (L 4 AS 862/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:14 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 1937/17 (L 4 AS 863/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:22 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 2048/15 (L 4 AS 864/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 10:48 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 1678/16 (L 4 AS 885/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:56 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

S 32 AS 1815/16 (L 4 AS 886/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:07 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

S 32 AS 748/17 (L 4 AS 35/18 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:26 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

36

Ausweislich der Protokolle ist vor der Verkündung der Entscheidung – allerdings ohne Uhrzeitangabe – jeweils die mündliche Verhandlung geschlossen worden (vgl. § 122 S. 1 SGG). Nach dem Schluss der Verhandlung ist eine Wiedereröffnung möglich (§ 122 S. 2 SGG). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist als wesentlicher Vorgang der Verhandlung zu protokollieren (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO], Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 121 SGG Rn. 14). Dass die mündliche Verhandlung wiedereröffnet wurde, ist den Protokollen hingegen nicht zu entnehmen und steht damit für den Senat wegen der (insoweit negativen) Beweiskraft des Protokolls (§ 122 SGG i.V.m. § 165 S. 1 ZPO) fest.

37

Im Übrigen liegt kein Verfahrensfehler darin, eine Entscheidung nicht sogleich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu beraten und zu verkünden. Ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergehendes Urteil wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird (§ 132 Abs. 1 S. 2 SGG). Unter "Termin" ist der Sitzungstag bzw. bei mehreren Verhandlungstagen der Tag der Schlussverhandlung zu verstehen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 132 Rn. 3). Dementsprechend erfolgt die Entscheidungsverkündung bei den Sozialgerichten meist unmittelbar im Anschluss an die nach dem Verhandlungsende stattfindende Beratung. Diese Praxis ist aber nach dem SGG nicht vorgeschrieben. Es steht im Ermessen des Gerichts, seine Entscheidung erst am Ende des Termins bzw. Sitzungstages zu verkünden, ohne hierfür eine konkrete Zeit angeben zu müssen. Die Bestimmung eines Verkündungstermins ist nur dann erforderlich, wenn die Entscheidung in einem anderen Termin, d.h. an einem anderen Tag, verkündet werden soll (§ 132 Abs. 1 S. 3 SGG).

38

Die mündliche Verkündung des Urteils in Abwesenheit der Klägerin ist nicht verfahrensfehlerhaft. Die Verkündung hat – wie nach dem Protokoll geschehen – öffentlich zu erfolgen. Dabei müssen, wie sich aus § 132 Abs. 2 S. 2 SGG ergibt, die Beteiligten nicht anwesend sein.

39

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

40

4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung der Klägerin keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg hat (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).

41

5. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens zu ihrer Klage, mit der sie die Erstattung von 84,99 Euro für den Kauf eines Druckers begehrte.

2

Die im Jahr 1970 geborene Klägerin lebt nach ihren Angaben seit dem Jahr 2010 in Deutschland. Im Jahr 2014 verzog sie aus H. nach D ... Seit dem Jahr 2014 stand sie unter Betreuung. Das Amtsgericht D. hob die Betreuung der Klägerin mit Beschluss vom 27.11.2015 auf und stellte ein neuerliches Betreuungsverfahren mit Beschluss vom 11.5.2016 ein, weil die Klägerin zwar nach dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B. vom 28.10.2015 sicher an einer paranoidhalluzinatorischen Schizophrenie leidet, aber in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne dass eine konkrete Gefahr für ihren unmittelbaren Lebensunterhalt besteht. Die Gutachterin rechnete damit, dass die Klägerin mangels Krankheitseinsicht weiter ein auffälliges Anspruchsverhalten gegenüber Ämtern und Behörden zeigen werde.

3

Die Klägerin bezieht durchgängig seit dem Jahr 2014 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

4

Die Klägerin beantragte beim Beklagten am 15.9.2016 die Erstattung einer Summe von 84,99 Euro, welche sie zur Anschaffung eines neuen Druckers aufgewandt habe. Tatsächlich kostete der Drucker nach dem eingereichten Quittungsbeleg vom 24.12.2015 nur 77,00 Euro, wozu die Klägerin noch ein Verbindungskabel zum Computer zum Preis vom 7,99 Euro hinzu erwarb.

5

Der Beklagte lehnte eine Erstattung wegen des nach Anschaffung erfolgten Antrags, der Einmaligkeit der Kosten und – wegen der bereits beglichenen Kosten - mangels Bedarf ab (Bescheid vom 19.9.2016, Widerspruchsbescheid vom 11.10.2016).

6

Am 17.10.2016 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben und sinngemäß einen nicht vom Regelbedarf umfassten Mehrbedarf geltend gemacht, weil sie zuvor keinen Drucker gehabt habe.

7

Nach mündlicher Verhandlung hat das SG die Klage mit dem am 7.11.2017 verkündeten Urteil abgewiesen: Die Kosten für den Erwerb von Haushalts- und Elektrogeräten habe die Klägerin aus den hierfür pauschale Anteile enthaltenden Regelleistungen anzusparen. Ein zu Sonderleistungen führender Mehrbedarf liege nicht vor, weil nur ein einmaliger Bedarf bestand. Ein Drucker gehöre zudem nicht zu der Erstausstattung einer Wohnung, weil er kein Haushaltsgerät sei. Ein unabweisbarer Bedarf habe nicht bestanden.

8

Gemäß dem über die öffentliche Sitzung und zum hiesigen Klageaktenzeichen erstellten Protokoll dauerte die Sitzung von 12.07 Uhr bis 14.30 Uhr, wobei eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages verkündet werden sollte, was nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit geschah.

9

Mit Schreiben vom 20.11.2017 (das neben weiteren Verfahren auch das hiesige Klageaktenzeichen nannte) hat die Klägerin unter anderem deshalb Beschwerde gegen die Protokolle der Sitzung vom 7.11.2017 erhoben, weil die Verhandlungen in ihren Verfahren nur bis 12.30 Uhr gedauert hätten und weil sie im Termin gesagt habe, den neuen Computer für den Schriftverkehr mit Behörden und Gerichten zu benötigen. Mit Schreiben vom 22.11.2017 zu den am 7.11.2017 verhandelten Klageverfahren hat sich die Klägerin erneut unter anderem über das im Protokoll angegebene Sitzungsende beschwert.

10

Unter anderem zum hiesigen Klageverfahren hat das SG eine Protokollberichtigung abgelehnt: Das Ende der jeweiligen Verfahren sei richtig vermerkt worden. Die mündlichen Verhandlungen seien entsprechend der Protokolle geschlossen und nach den Beratungen seien am Ende des Sitzungstages die Urteile verkündet worden. Die Verkündung habe um 14.30 Uhr geendet (Beschluss vom 4.1.2018).

11

Nach Zustellung des schriftlichen Urteils an die Klägerin am 18.11.2017 hat die Kammervorsitzende die Klägerin um Klarstellung gebeten, ob das Schreiben vom 20.11.2017 als Beschwerde gegen das Urteil zu verstehen sei. Nachdem die Klägerin dies mit Schreiben vom 11.12.2017 bestätigt hat, hat das SG die Beschwerde dem Senat vorlegt.

12

Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,

13

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. November 2017 zuzulassen, das Berufungsverfahren durchzuführen und ihr PKH zu bewilligen.

14

Der Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

15

die Beschwerde zurückzuweisen.

16

Es seien keine Gründe für die Zulassung der Berufung gegeben.

II.

17

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.

18

Sie ist jedoch unbegründet. Nachdem die Berufung aufgrund des Streitgegenstands nicht bereits gesetzlich eröffnet ist (hierzu 1.), hat das SG die Berufung gegen das Urteil vom 7.11.2017 zu Recht nicht zugelassen, weil keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe (hierzu 2.) vorliegt.

19

1. Ohne Zulassung ist die Berufung nur bei wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr statthaft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG), was bei einem Begehren nach einer einmaligen Leistung nicht der Fall ist. Das Begehren der Klägerin überschreitet zudem nicht den Wert von 750 Euro, ab dem bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, eine Berufung ohne Zulassung eröffnet ist (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG).

20

2. Ist die Berufung nicht bereits gesetzlich eröffnet, ist sie gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

21

a) Der Entscheidung in der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn ein Verfahren bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Ungeklärte Rechtsfragen sind aber weder von den Beteiligten aufgeworfen noch aus dem Inhalt der Verfahrensakten für den Senat ersichtlich. Es ist bereits hinreichend geklärt, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II ihren Lebensunterhalt, d.h. auch die Beschaffung bzw. den laufenden Ersatz von Gegenständen für den allgemeinen Lebensbedarf wie Computer, Drucker usw. aus dem Regelbedarf zu bestreiten bzw. entsprechend anzusparen haben. Denn die pauschalierten Regelbedarfe beinhalten neben den in § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II genannten Bedarfen sämtliche laufenden Bedarfe, die ihrer Natur und Zweckbestimmung nach mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehren sowie einmalige oder in größeren Zeitabständen auftretende Bedarfe (vgl. Behrend in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 20 Rn. 35). Ein Bedarf kann daher nicht – wie es die Klägerin aber offenbar meint – allein deshalb gesondert geltend gemacht werden, wenn er in § 20 Abs. 1 SGB II bzw. in den Tabellenübersichten zur Bemessung der Regelbedarfsanteile nicht explizit erwähnt wird. Nur in den in §§ 24 ff. SGB II geregelten Sonderfällen können Leistungsberechtigten nach dem SGB II darüber hinaus Leistungen gewährt werden. Insoweit besteht aber kein Klärungsbedarf. Insbesondere betreffen Leistungen wegen Erstausstattung der Wohnung im Sinne des § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II nicht die Ausstattung mit Computerzubehör wie einem Drucker, weil diese Geräte schon begrifflich keine "Haushaltsgeräte" sind. Hierzu zählen nur Geräte, die - wie etwa ein Herd oder Waschmaschine - für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sind (vgl. Blüggel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 31 SGB XII Rn. 32 f.). Angesichts einer entsprechenden gesetzlichen Regelung besteht auch kein Klärungsbedarf, dass im Einzelfall bei grundsätzlich vom Regelbedarf umfassten, nach den Umständen unabweisbaren Bedarfen ein Darlehen gewährt werden kann (§ 24 Abs. 1 SGB II). Abgesehen davon wären die hierfür maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen im Berufungsverfahren nicht relevant, weil die Klägerin kein Darlehen begehrt.

22

b) Das SG weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab (Divergenz). Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhanden abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt hat. Solche Rechtssätze hat das SG nicht aufgestellt.

23

c) Schließlich hat die Klägerin keinen beachtlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gerügt. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Ablauf des sozialgerichtlichen Verfahrens, deren Inhalt zwingend zu beachten ist. Insofern kann die Beschwerde nicht auf einen sachlichen bzw. inhaltlichen Mangel der Entscheidung, sondern nur auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg dorthin gestützt werden. Bei der Beurteilung, ob ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (zum Vorstehenden vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 32 f.).

24

Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass das SG - wie die Klägerin rügt - ohne ihre Zustimmung ohne mündliche Verhandlung entschieden bzw. ohne ihr Beisein mündlich verhandelt und damit der Klägerin das rechtliche Gehör verwehrt hat.

25

Der für das sozialgerichtliche Verfahren in § 62 SGG wiederholte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes) gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird.

26

Ausweislich der Verfahrensakte war die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 7.11.2017 ordnungsgemäß geladen, nach dem gefertigten Protokoll in der mündlichen Verhandlung anwesend und hatte demnach Gelegenheit, sich in ihrem Klageverfahren vor dem Erlass der Entscheidung zu äußern.

27

Es trifft nicht zu, dass das SG ohne ihr Beisein nach dem Schluss der jeweiligen mündlichen Verhandlung weiter öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt hat. Die Klägerin geht irrig davon aus, dass die im Protokoll erwähnte "Sitzung" des Gerichts, insbesondere die hierzu im Protokoll vermerkten Uhrzeitangaben gleichbedeutend mit der Dauer der mündlichen Verhandlung sind und dass sie an Teilen der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.

28

Dies folgt aus den Ladungen zu den Verfahren und den hierzu jeweils gefertigten Protokollen, die durchweg einen Beginn und Ende der Sitzung und einen Beschluss zur Entscheidungsverkündung am Ende des Sitzungstages enthalten. Die nachfolgende Übersicht fasst den tatsächlichen Verhandlungsbeginn in den Beschwerdesachen und die Uhrzeit der Entscheidungsverkündung in den jeweiligen Verfahren zusammen:

29

S 32 AS 1415/16 (L 4 AS 862/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:14 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 1937/17 (L 4 AS 863/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:22 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 2048/15 (L 4 AS 864/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 9:30 Uhr
Beginn der Verhandlung: 10:48 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 13:30 Uhr

S 32 AS 1678/16 (L 4 AS 885/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 11:56 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

S 32 AS 1815/16 (L 4 AS 886/17 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:07 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

S 32 AS 748/17 (L 4 AS 35/18 NZB)
Ladung zur Uhrzeit: 11:00 Uhr
Beginn der Verhandlung: 12:26 Uhr
Verkündung der Entscheidung: 14:30 Uhr

30

Ausweislich der Protokolle ist vor der Verkündung der Entscheidung – allerdings ohne Uhrzeitangabe – jeweils die mündliche Verhandlung geschlossen worden (vgl. § 122 S. 1 SGG). Nach dem Schluss der Verhandlung ist eine Wiedereröffnung möglich (§ 122 S. 2 SGG). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist als wesentlicher Vorgang der Verhandlung zu protokollieren (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO], Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 121 SGG Rn. 14). Dass die mündliche Verhandlung wiedereröffnet wurde, ist den Protokollen hingegen nicht zu entnehmen und steht damit für den Senat wegen der (insoweit negativen) Beweiskraft des Protokolls (§ 122 SGG i.V.m. § 165 S. 1 ZPO) fest.

31

Im Übrigen liegt kein Verfahrensfehler darin, eine Entscheidung nicht sogleich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu beraten und zu verkünden. Ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergehendes Urteil wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird (§ 132 Abs. 1 S. 2 SGG). Unter "Termin" ist der Sitzungstag bzw. bei mehreren Verhandlungstagen der Tag der Schlussverhandlung zu verstehen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 132 Rn. 3). Dementsprechend erfolgt die Entscheidungsverkündung bei den Sozialgerichten meist unmittelbar im Anschluss an die nach dem Verhandlungsende stattfindende Beratung. Diese Praxis ist aber nach dem SGG nicht vorgeschrieben. Es steht im Ermessen des Gerichts, seine Entscheidung erst am Ende des Termins bzw. Sitzungstages zu verkünden, ohne hierfür eine konkrete Zeit angeben zu müssen. Die Bestimmung eines Verkündungstermins ist nur dann erforderlich, wenn die Entscheidung in einem anderen Termin, d.h. an einem anderen Tag, verkündet werden soll (§ 132 Abs. 1 S. 3 SGG).

32

Die mündliche Verkündung des Urteils in Abwesenheit der Klägerin ist nicht verfahrensfehlerhaft. Die Verkündung hat – wie nach dem Protokoll geschehen – öffentlich zu erfolgen. Dabei müssen, wie sich aus § 132 Abs. 2 S. 2 SGG ergibt, die Beteiligten nicht anwesend sein.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

34

4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung der Klägerin keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg hat (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).

35

5. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Ausnahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll, verkündet werden. Eine Ladung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

(2) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel verkündet. Bei der Verkündung soll der wesentliche Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden, wenn Beteiligte anwesend sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.