Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 12. Dez. 2017 - L 4 KA 2/16

bei uns veröffentlicht am12.12.2017

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über eine nachträgliche Korrektur der bestandskräftig gewordenen Honorarabrechnungen der Klägerin für die Quartale IV/2008 bis I/2013.

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Die Klägerin ist Trägerin der ... -Kliniken in ...  und betreibt das Krankenhaus ... , dem eine Notfallambulanz angegliedert ist. Die Ambulanz ist für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. In den Quartalen IV/2008 bis I/2013 rechnete die Klägerin nach eigenen Angaben die Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst 01211, 01215, 01217 und 01219 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) ab, die die Beklagte gemäß Kapitel II Ziffer 1.2.4 EBM berichtigte. Am 12. Dezember 2012 entschied das Bundessozialgericht (BSG – B 6 KA 3/12 R), dass der Ausschluss der Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Krankenhausambulanzen gemäß Kapitel II Ziffer 1.2.4 EBM rechtswidrig sei.

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Am 29. November 2013 beantragte die Klägerin eine Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale IV/2008 bis I/2013. Im Einzelnen begehrte sie die Bewertung der erbrachten Leistungen nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 01218 des EBM 2005 statt mit 200 mit 500 Punkten und führte hierzu aus, das BSG habe bereits im Urteil vom 17.9.2008 – B 6 KA 46/07 R entschieden, dass die ungleiche Bewertung der Notfallgrundpauschale für die Notfallambulanzen in der GOP 01218 gegenüber der Pauschale für die niedergelassenen Ärzte gemäß GOP 01210 in dem von 2005 bis 2007 geltenden EBM rechtswidrig sei. Eine gleiche Vergütung der Leistungen für niedergelassene Ärzte und für Krankenhäuser sei daher erforderlich. Der Bewertungsausschuss (BewA) habe nach dem BSG-Urteil vom 17.9.2008 die Zusatzpauschalen eingeführt, die jedoch nur von niedergelassenen Vertragsärzten abgerechnet werden dürften. Diese Pauschalen für die Besuchsbereitschaft gemäß Ziffern 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM müssten nachvergütet werden. Bereits mit dem Urteil vom 17.9.2008 habe das BSG festgestellt, dass die Honorare der Krankenhäuser für die Notfallversorgung denen der niedergelassenen Ärzte gleichgestellt werden müssten. Die nach dem Urteil eingeführten Bereitschaftspauschalen 01211, 01215, 01217 und 01219 stellten eine offenkundige Benachteiligung der Krankenhaus-Ambulanzen dar. Dies hätte die Beklagte erkennen müssen. Stattdessen habe sie bis 2013 sachliche Korrekturen der Abrechnungen vorgenommen. Die Krankenhäuser hätten lediglich aus Gründen der Erfolglosigkeit die Honorarkürzungen nicht angefochten. Die Beklagte habe den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, sodass ihr Ermessen bei der Entscheidung über die Rücknahme der Honorarbescheide auf Null reduziert sei. Ferner hielt die Klägerin die Streichung der Leistungsposition 27320 EBM  (EKG) für rechtswidrig.

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Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25. Juni 2014 die Überprüfung der Honorarbescheide ab. Sie führte aus, die Bescheide seien bestandskräftig. Deren Änderung verbiete sich aus Gleichbehandlungsgründen, weil dann auch alle anderen bestandskräftigen fehlerhaften Entscheidungen aufzuheben wären. Dies würde einen hohen Verwaltungsaufwand und einen Eingriff in die aktuelle Vergütung bedeuten, die den derzeit tätigen Ärzten nicht zumutbar sei. Die Gesamtvergütung für die Quartale IV/2008 bis I/2013 sei verteilt. Eine rückwirkende Abänderung bestandskräftiger Honorarbescheide komme nur dann in Betracht, wenn dies aus Billigkeitsgründen zwingend geboten sei. Dies wäre der Fall, wenn sie – die Beklagte - direkt oder indirekt auf die Entscheidungen darüber, ob Rechtsmittel eingelegt werden sollten, Einfluss genommen hätte. Das sei jedoch nicht der Fall. Allein wegen des hohen Verwaltungsaufwandes müsse es im Übrigen bei den getroffenen Entscheidungen verbleiben.

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Mit ihrem Widerspruch vom 9. Juli 2014 machte die Klägerin geltend, der BewA habe arglistig gehandelt und den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, als er trotz und in Kenntnis der Auffassung des BSG zwischen den Vergütungen der Notfallambulanzen der Krankenhäuser und der niedergelassenen Ärzten differenziert habe. Diese Verletzung habe zur Folge, dass die Beklagte sich nicht auf die Bestandskraft der Honorarbescheide berufen dürfe. Sie – die Klägerin – habe auf die Rechtmäßigkeit der Rechtslage vertrauen können, da die Beklagte und die Krankenkassen die Regelungen des BewA nicht angefochten hätten. Der Hinweis der Beklagten auf den Aufwand und die Kosten, die eine Abänderung verursachten, sei unerheblich. Eine Abänderung habe lediglich eine Nachschusspflicht der Gesamtvergütung zur Folge. Der BewA habe den Schaden vorsätzlich verursacht. Sein Handeln sei den Partnern der Bundesmantelverträge zuzurechnen, die gegen die Regelung hätten Klage einreichen müssen.

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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 zurück, den sie wie den angefochtenen Bescheid begründete.

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Am 17. November 2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben und ausgeführt, der BewA habe zwar zum 1. Januar 2008 die Grundvergütung im Rahmen der GOP 01210 EBM für die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhausambulanzen angeglichen, habe aber für die niedergelassenen Ärzte zusätzlich die Pauschalen 01211, 01215, 01217 und 01219 eingeführt. Dies habe das BSG im Urteil vom 12. Dezember 2012 für rechtswidrig erklärt. Der Beklagten stehe bei ihrer Entscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kein Ermessen zu. Der BewA habe sich treuwidrig verhalten. Entgegen der Rechtsprechung des BSG vom 17.9.2008 habe er die Differenzierung bei den Notfallpauschalen aufrechterhalten, da er aus politischen Gründen die Notfallbehandlungen in Notfallambulanzen für unerwünscht gehalten habe. Demgegenüber sei der Gesetzgeber in § 76 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) davon ausgegangen, dass die niedergelassenen Vertragsärzte die Notfallbehandlungen in der vertragsärztlichen Versorgung nicht allein sicherstellen könnten. Die Rechtswidrigkeit im EBM hätte sich der Beklagten aufdrängen und sie hätte selbstständig dagegen tätig werden müssen. Rechtsmittel stünden den kassenärztlichen Vereinigungen gegen die Beschlüsse des BewA zu. Sie – die Klägerin – habe erst durch einen Mandantenrundbrief ihrer Prozessbevollmächtigten von der Rechts-widrigkeit Kenntnis erlangt, vorher habe sie auf die Richtigkeit des EBM vertraut. Das von der Beklagten vorgetragene Gleichbehandlungsargument sei unerheblich, denn jede Nachvergütung greife in die aktuelle Gesamtvergütung ein. Die Beklagte müsse sich das Verhalten des BewA zurechnen lassen, da sie Mitglied der kassenärztlichen Bundesvereinigung sei, die wiederum eine Trägerin des BewA sei. Das gelte entsprechend für die Krankenkassen. Diese müssten gegebenenfalls Geld im Rahmen der Gesamtvergütung nachschießen. Der hohe Verwaltungsaufwand, den eine rückwirkende Honoraränderung verursache, müsse nach der Rechtsprechung jedenfalls zurückstehen, wenn die Hälfte des Honorars eines Arztes von einer Rechtswidrigkeit betroffen sei. Hier gehe es um eine Differenz zwischen den 600 Punkten, die die niedergelassenen Ärzte erhielten, und den 405 Punkten (gemeint 465) der Notfallambulanzen. Da sämtliche Daten vorhanden seien, müssten die Pauschalen lediglich nachgetragen werden; dies sei ein verhältnismäßig geringfügiger Aufwand. Im Übrigen habe der BewA mit Beschluss vom 17.12.2014 den EBM geändert und die Pauschalen für die Besuchsbereitschaft gestrichen. Dafür habe er die Grundpauschale 01210 angehoben und die Pauschalen 01212 neu eingeführt. Dementsprechend müssten ihre Honoraransprüche neu vergütet werden. Das Bundesministerium für Gesundheit habe diese Regelung zwar am 26. Februar 2015 beanstandet, allerdings lediglich wegen des Rückwirkungsverbots. Daraufhin habe der BewA einen erneuten Beschluss am 8. Juni 2015 gefasst.

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Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über ihren Honoraranspruch unter Beachtung der Änderung des EBM mit Beschluss vom 17.12.2014 neu zu bescheiden.

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Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat auf ihre Verpflichtung hingewiesen, bundesweit geltende Vorschriften umzusetzen. Der EBM sei nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen, da für niedergelassene Ärzte und die Notfallambulanzen die ärztliche Leistung für die Notfallbehandlung gleich vergütet worden sei. Lediglich eine zusätzliche Vorhaltepauschale sei neu eingeführt worden. Das Sozialgericht Düsseldorf habe in einem Urteil vom 2. Mai 2012 diese Rechtslage für rechtmäßig gehalten. Die Ablehnung einer Neubescheidung wegen nicht vorhandener Mittel sei nicht ermessensfehlerhaft.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Sozialgerichts Kiel ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Urteil vom 8. Dezember 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Honorarberichtigung gemäß § 7 Abs. 6 Satz 4 Honorarabrechnungsordnung (HAO) lägen nicht vor, denn die Honorarabrechnung sei nicht erkennbar unzutreffend, wenn die Voraussetzungen für die Abrechnung einer Gebühr im EBM nicht vorlägen, dieser Abrechnungsausschluss aber rechtswidrig sei. Die Beklagte habe auch nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, indem sie die nachträgliche Rücknahme der Honorarabrechnungen abgelehnt habe. Behörden seien grundsätzlich nicht verpflichtet, rechtswidrige bestandskräftige Verwaltungsakte nachträglich zu korrigieren. Eine derartige Korrektur würde zu einer Verlagerung der finanziellen Mittel der Gesamtvergütung über die Quartale hinweg bedeuten, die nur ausnahmsweise zulässig sei. Eine nachträgliche Rücknahme der Honorarbescheide sei nur in einem atypischen Fall möglich, der jedoch hier nicht gegeben sei. Die Beklagte habe nicht auf die Klägerin eingewirkt, keine Rechtsmittel gegen die Honorarbescheide einzulegen. Es sei nicht unüblich, dass nur diejenigen von einer  nachträglich festgestellten Rechtswidrigkeit einer Rechtslage profitierten, die Rechtsmittel eingelegt hätten. Die Beklagte müsse sich ein rechts-widriges Handeln des BewA als Normgeber des EBM nicht zurechnen lassen. Lediglich die Kassenärztliche Bundesvereinigung übersende drei Vertreter in den Ausschuss, nicht aber die Beklagte. Diese habe schließlich keine Verpflichtung gehabt, gegen die rechtswidrigen Regelungen im EBM anzugehen. Grundsätzlich sei sie an dessen Regelungen gebunden.

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Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 16. Dezember 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 15. Januar 2016 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe gemäß § 72 Abs. 2 SGB V einen Sicherstellungsauftrag, der auch den Notfalldienst umfasse. Gemäß § 75 SGB V habe sie die Rechte ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Mit diesen gesetzlichen Aufträgen sei es nicht vereinbar, ohne weiteres rechtswidrige Bestimmungen im EBM zu befolgen. Bei Kenntnis der Rechtsprechung des BSG sei die Rechtswidrigkeit der neu eingeführten Bereitschaftspauschalen erkennbar gewesen, unabhängig von den Urteilen mehrerer Sozialgerichte, die zum Teil später vom BSG aufgehoben worden seien. Außerdem habe die uneinheitliche Rechtsprechung, die die Beklagte für sich in Anspruch nehme, allenfalls in den Jahren 2008/2009 bestanden. Eine Ermessensreduzierung auf Null bei der Entscheidung der Beklagten ergebe sich aus der Entwicklung der entsprechenden Abrechnungspositionen des EBM. Zumindest habe die Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt, da sie von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen sei und keine Interessenabwägung vorgenommen habe. Bei der Betrachtung der finanziellen Folgen einer nachträglichen Aufhebung der Honorarbescheide und Nachvergütung der Gebühren müsse man berücksichtigen, dass die Auswirkungen geringer seien, als wenn der EBM von Anfang an rechtmäßig gewesen wäre. Sie – die Klägerin – könne selbst gegen die Festsetzungen des BewA keine Rechtsmittel einlegen. Die Pflicht der Beklagten, entsprechend zu handeln, folge aus deren Sicherstellungsauftrag.

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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Dezember 2015, S 2 KA 568/14 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 25. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2014 aufzuheben und sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, die Vorgaben des  BewA seien für sie bindend, wenn sie nicht offensichtlich rechtswidrig seien. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die Sozialgerichte Düsseldorf, Magdeburg und Dresden hätten die Beschlüsse des BewA für rechtmäßig erachtet.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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Der Senat war gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berechtigt, ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihre Zustimmung erteilt haben.

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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Dezember 2015 ist gemäß §§ 143,144 SGG zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingegangen. Sie ist aber nicht begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es die Entscheidung der Beklagten bestätigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Änderung der Honorarbescheide IV/2008 bis I/2013.

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Ein derartiger Anspruch auf Neubescheidung leitet sich nicht aus § 7 Abs. 6 Honorarabrechnungsordnung (HAO) der Beklagten ab. Diese Vorschrift sah in der Fassung vom 3. September 2008 vor, dass bei der Beklagten abgelieferte Abrechnungsunterlagen vom abrechnenden Vertragsarzt weder korrigiert noch zurückgefordert werden konnten. Allerdings konnte der Vertragsarzt die Abrechnung einzelner Gebührenpositionen oder Behandlungsfälle im Falle eines zu begründenden Abrechnungsirrtums zurückziehen. Ein Recht zur Honorarnachberechnung eröffnete die Vorschrift nicht. In der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung vom 30. August 2012 regelte § 7 Abs. 6 Satz 4 HAO, dass eine nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung der Abrechnungsunterlagen beantragt werden konnte, wenn die eingereichte Abrechnung von vornherein erkennbar objektiv unzutreffend war. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen hier vorliegen. Denn die Klägerin hat im Berufungsverfahren ausgeführt, sie habe die beanstandeten Zusatzpauschalen 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM abgerechnet, sie seien von der Beklagten jedoch sachlich-rechnerisch berichtigt worden. Damit macht die Klägerin selbst keine Korrektur ihrer Honorarabrechnungen, sondern der Honorarbescheide geltend.

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Deren nachträgliche Berichtigung kann sich allein auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stützen. Die Beklagte hat diese Vorschrift jedoch nicht rechtsfehlerhaft angewandt.

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Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Auf diese Regelung kann sich die nachträgliche Berichtigung der Honorarbescheide nicht stützen, da ärztliche Honorare keine Sozialleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind (std. Rspr., vgl. BSG vom 17.09.2008 – B 6 KA 28/07 R – SozR 4-1300 § 44 Nr. 17 Nr. 38). Vielmehr richtet sich der Berichtigungsanspruch der Klägerin nach § 44 Abs. 2 SGB X, der auch auf ärztliche Honorarforderungen anwendbar ist (BSG v. 18.03.1998 – B 6 KA 16/97 R – SozR 3-1300 § 44 Nr. 23, Rn. 14). Danach kann ein rechtswidriger, nicht begünstigender unanfechtbarer Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen für eine derartige Berichtigung sind erfüllt. Die Honorarbescheide der Klägerin für die Quartale IV/2008 bis I/2013 sind bestandskräftig geworden. Sie sind auch rechtswidrig. Ihre Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass die Beklagte die abgerechneten Zusatzpauschalen 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung gekürzt hat, obwohl die Voraussetzungen für eine Kürzung nicht erfüllt waren. Wie das BSG mit Urteil vom 12. Dezember 2012 (B 6 KA 3/12 R – SozR 4-2500 § 75 Nr. 13) entschieden hat, war der Ausschluss der Notfallambulanzen von der Abrechnung der Zusatzpauschalen im EBM rechtswidrig. Darin beschränkte sich allerdings die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Honorarberichtigung. Das Begehren der Klägerin geht ins Leere, soweit es darauf gerichtet ist, eine Nachvergütung auf der Grundlage des Beschlusses des BewA vom 17.12.2014 zu erhalten. Denn die dadurch geschaffene Rechtslage war in den Abrechnungsquartalen noch nicht in Kraft.

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Die Rücknahme eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsakts steht aber gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X im Ermessen der Behörde, wenn sie, wie hier, für die Vergangenheit, nämlich für zurückliegende Quartale, erfolgen soll, (“kann“). Auch bei einem rechtswidrigen Verwaltungsakt gibt § 44 Abs. 2 SGB X keinen Anspruch auf eine Korrektur des bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts, sondern lediglich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob es bei dem bestandskräftigen Verwaltungsakt verbleiben oder ob dessen Korrektur bzw. Rücknahme vorgenommen werden soll. Eröffnet eine Vorschrift einen Ermessensspielraum für die Behörde, kann die rückwirkende Aufhebung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung unmittelbar nur im Fall einer Ermessensreduzierung auf Null verlangt werden, d.h. dass der Behörde dann kein Ermessensspielraum eröffnet ist. Das Ermessen ist auf Null reduziert, wenn es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine andere Entscheidung als die Aufhebung der rechtswidrigen bestandskräftigen Entscheidung rechtsfehlerfrei zulassen (BSG v. 02.04.2014 – B 6 KA 15/13 R – SozR 4-1300 § 47 Nr. 1).

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Dies ist hier nicht der Fall. Eine derartige, den Ermessensspielraum der Beklagten auf eine einzige richtige Entscheidung verdichtende Sach- oder Rechtslage bestand nicht. Zu Unrecht leitet die Klägerin sie aus der Entwicklung des EBM ab. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die jeweils in Kraft befindliche Fassung des EBM angewandt hat. Dieser sah bis zum 31. Dezember 2007 vor, dass die gleiche Notfallbehandlung unterschiedlich vergütet wurde, je nachdem, ob sie von niedergelassenen Ärzten – dann GOP 01210 – oder von Notfallambulanzen der Krankenhäuser – dann GOP 01218 – durchgeführt wurde. Mit dem Urteil vom 17.09.2008 – B 6 KA 46/07 R hielt das BSG dies für rechtswidrig, weil dieselbe Leistung nicht unterschiedlich vergütet werden dürfe und keine hinreichenden Unterschiede in der Leistungserbringung durch die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhausambulanzen vorlägen, die eine Differenzierung rechtfertigten. Der BewA hat daraufhin mit Wirkung vom 01.01.2008 eine Regelung dahingehend vorgenommen, dass die eigentliche Leistung der Notfallbehandlung sowohl für niedergelassene Ärzte als auch für die Krankenhausambulanzen nach der GOP 01210 (gleich) vergütet wurde, jedoch die niedergelassenen Ärzte Pauschalen für die Bereitschaft zum Notdienst abrechnen durften (GOP 01211 ff. EBM). Hierbei handelte es sich also um ein völlig anders geartetes System der Vergütung für die Notfallbehandlungen, das sich darin ausdrückte, dass die Bewertung der GOP 01210 herabgesetzt wurde und nur noch die ärztliche Leistung erfasste. Die Neuregelung hatte zur Folge, dass die eigentliche Arztleistung in beiden Fällen gleich vergütet wurde und dass ein (vermeintlicher) Mehraufwand der niedergelassenen Ärzte für die Unterhaltung des Notfalldienstes mit den Zusatzpauschalen extra vergütet werden sollte. Zwar hat das BSG bereits im Urteil vom 17.09.2008 (aaO) ausgeführt, dass ein unterschiedlicher Aufwand der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser nicht zu erkennen und daher eine Differenzierung nicht gerechtfertigt sei. Es ist hierbei jedoch auch zu berücksichtigen, dass das BSG in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, dass die Entscheidungen des BewA nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar seien (vergl. BSG vom 12.12.2012, aaO, Rn. 29). Ihm steht ein weiter Entscheidungsspielraum zu, der auch von der ausführenden Verwaltung zu akzeptieren ist. Dies hat zur Folge, dass nach der Neuregelung ab 1. Januar 2008 nicht von vornherein abzusehen war, dass das neue Vergütungssystem mit der Abschichtung der Aufwandspauschalen von der eigentlichen (ärztlichen) Notfallbehandlung ebenfalls rechtswidrig war, wie das BSG dies mit dem Urteil vom 12. Dezember 2012 festgestellt hat. Gerade das anders geartete Vergütungssystem spricht dagegen, dem BewA ein arglistiges Verhalten zu unterstellen. Zwar rügt die Klägerin, dass es dem BewA darum gegangen sei, die Notfallbehandlungen durch die niedergelassenen Ärzte zu fördern und andererseits für die Krankenhäuser weniger attraktiv zu gestalten, um so eine Konzentration der Notfallversorgung bei den niedergelassenen Ärzten zu bewirken. Dies ist aber nicht ohne weiteres zu beanstanden, denn naturgemäß nimmt der BewA durch seine Ausgestaltung des EBM Einfluss auf die Bildung von Schwerpunkten in der vertragsärztlichen Versorgung. Dieser gestaltenden Funktion des BewA muss notwendigerweise ein bestimmtes Konzept der vertragsärztlichen Versorgung und damit der Honorierung zu Grunde liegen.

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Grundsätzlich ist eine Verwaltungsbehörde normunterworfen und verpflichtet das positive Recht anzuwenden. Eine Normverwerfungskompetenz kommt ihr ebenso wie den Gerichten (vgl. Art. 100 GG) nicht zu. Es wird in neuerer Zeit diskutiert, ob unter dem Blickwinkel des aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechtsstaatsgebots die Befugnis und Verpflichtung einer Verwaltungsbehörde abgeleitet werden kann, eine als rechtswidrig erkannte Norm im Einzelfall zu überprüfen, nicht anzuwenden oder ihrerseits von allen Möglichkeiten, sie anzufechten Gebrauch zu machen (BSG v. 10.04.2003 – B 4 RA 56/02 R – SozR 4-1300 § 44 Nr. 3; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 13. Aufl., Art. 20 Rn. 36; Sachs in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 20 Rn. 103 ff; vergl. auch BGH v. 10.04.1986 – III ZR 209/84  – NVwZ 1987,168). Sofern man jedoch eine Kompetenz der Verwaltung zur Normüberprüfung und gegebenenfalls abweichenden Verwaltungshandelns im Einzelfall bejaht, folgt daraus noch nicht die Verpflichtung der Behörde, von einer positiven Norm abzuweichen, denn nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden. Dieses grundsätzlich bestehende Normanwendungsgebot gegenüber der Exekutive könnte lediglich in Ausnahmefällen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im Sinne einer Verpflichtung zu normabweichendem Verwaltungshandeln durchbrochen werden; solche wären nur dann anzunehmen, wenn die Unvereinbarkeit einer Norm mit höherrangigem Recht ganz offensichtlich zu Tage träte und damit offenkundig wäre. Wie oben ausgeführt, ist dies angesichts der andersgearteten Ausgestaltung der Notfallversorgung im EBM ab Januar 2008 nicht der Fall. Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich folglich auch keine Ermessensreduzierung auf Null herleiten. Die Tatsache, dass gemäß dem Urteil des BSG vom 12. Dezember 2012 (aaO) diese Rechtslage rechtswidrig war, spricht nicht für eine derartige Ermessensreduzierung, denn hierbei handelt es sich um die typische Ausgangslage des § 44 Abs. 2 SGB X.

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Eine Ermessensreduzierung auf Null lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Krankenkassen verpflichtet werden können, die entsprechenden Geldmittel im Rahmen der Gesamtvergütung nachzuschießen. Denn eine solche Verpflichtung besteht nicht. Gemäß § 85 Abs. 1 SGB V entrichtet die Krankenkasse die Gesamtvergütung nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung. Nach der Definition des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB V ist die Gesamtvergütung das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen. Sie ist als die Summe der Vergütungen zu verstehen, die eine Krankenkasse für sämtliche zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Leistungen zu entrichten hat, die in einem Kalendervierteljahr von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden zugelassenen Ärzten und Psychotherapeuten und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen und in Notfällen auch von sonst nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen im Geltungsbereich des SGB V erbracht wurden (BSG v. 27.06.2012 – B 6 KA 28/11 R – SozR 4-2500 § 87 Nr. 26, Rn. 61). Der Begriff „Gesamtvergütung“ stellt klar, dass die Krankenkassen mit dieser Vergütung die Gesamtheit der von den kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 75 Abs. 1 SGB V sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung abgelten. Eine Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung ist nur zulässig, soweit dies das Gesetz ausdrücklich vorsieht (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 5/2012, § 87a Rn. 25). Mit dem Begriff „befreiende Wirkung“ ist klargestellt, dass mit der Zahlung der Gesamtvergütung grundsätzlich alle Vergütungsansprüche aus den im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen für den jeweiligen Vergütungszeitraum abgegolten sind und die Krankenkassen von ihren finanziellen Lasten für die vertragsärztliche Versorgung befreit sind. Daraus folgt, dass Nachforderungen der kassenärztlichen Vereinigungen beim Anstieg der Leistungsmenge oder der zugelassenen Ärzte oder aus anderen Gründen regelmäßig ausgeschlossen sind (BSG v. 29.01.1997 – 6 R Ka 24/96 – SozR 3-2500 § 85 Nr. 19). Allein in § 87a Absatz 3a Satz 4 SGB V ist die nachträgliche Berücksichtigung von Veränderungen bei der Zahl der Versicherten im Rahmen eines Überganges des Morbiditätsrisikos auf die Krankenkassen Anlass, Leistungen nachträglich zu vergüten, die über den vereinbarten Behandlungsbedarf hinausgehen. Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor, vielmehr geht es um eine nachträgliche andere Bewertung der erbrachten vertragsärztlichen Leistungen. Eine Nachschusspflicht der Krankenkassen kann aus dem rechtswidrigen EBM daher nicht ohne weiteres abgeleitet werden.

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Schließlich lässt sich eine Ermessensreduzierung auch nicht auf die Tatsache stützen, dass die Beklagte sich  die rechtswidrigen Festsetzungen des BewA zurechnen lassen müsste. Eine derartige unmittelbare Zurechnung würde die Tatsache, dass die Beklagte und der  BewA völlig unterschiedliche Gremien sind, außer Acht lassen. Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht der Bewertungsausschuss aus drei von der kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Dies bedeutet, dass die Beklagte noch nicht einmal unmittelbar mit Vertretern am BewA beteiligt ist. Eine Übertragung der Haftung der Beklagten für das Handeln des BewA bedürfte einer rechtlichen Grundlage, die jedoch fehlt.

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Die Beklagte hat das ihr in § 44 Abs. 2 SGB X eingeräumte Ermessen in dem Bescheid vom 25. Juni 2014 und im Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2014 im Übrigen fehlerfrei ausgeübt. Eine Ermessensentscheidung kann nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG), also nur darauf, ob es gar nicht ausgeübt wurde, fehlerhaft ausgeübt wurde, oder ob eine Ermessensüberschreitung vorliegt (Ermessensunterschreitung, Ermessensüberschreitung und zweckwidriger Ermessensfehlgebrauch, vergl. BSG v. 18.03.1998, aaO, Rn. 19). Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 25. Juni 2014 das Ermessen ausgeübt und hierbei die Belange der Klägerin gegenüber den Belangen der Gesamtheit der Vertragsärzte in Schleswig-Holstein abgewogen. Sie hat dabei zutreffende Ermessenserwägungen angestellt. Es ist nicht zu beanstanden, dass sie hierbei der aktuellen Honorarverteilung ein stärkeres Gewicht eingeräumt hat, hinter dem Berichtigungen früherer Honorarberichtigungen und damit die Individualinteressen der abrechnenden Ärzte zurückstehen müssten. Eine Berücksichtigung früherer abgerechneter Leistungen im Rahmen der aktuellen Honorarverteilung würde dem Grundprinzip des § 85 SGB V widersprechen. Nach Abs. 1 der Vorschrift entrichten die Krankenkassen nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige KV mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der KV einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift verteilt die KV die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte. Die Norm ist folglich darauf ausgerichtet, dass sowohl die Gesamtvergütung als auch die Gesamtheit der Honorare der Ärzte korrespondieren müssen. Es ist unumgänglich, in zwingenden Fällen von diesem Grundprinzip abzuweichen, insbesondere dann, wenn im Ergebnis von Rechtsstreitigkeiten oder aufgrund anderer Ereignisse Nachvergütungen erforderlich sind, sofern hierfür keine Rückstellungen vorgenommen worden sind. Das Prinzip des § 85 SGB V verlangt es jedoch, diese Ausnahmen eng zu begrenzen. Das BSG hat die Notwendigkeit, Abweichungen von dem Grundsatz vorzunehmen, beispielsweise gesehen, wenn eine KV aktiv tätig geworden ist und direkten oder indirekten Einfluss auf ihre Mitglieder genommen hat, von Rechtsbehelfen gegen die - rechtswidrige - Honorarverteilung abzusehen. Ein derartiger oder vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Der Vorwurf der Klägerin gegenüber der Beklagten geht dahin, dass diese die Rechtswidrigkeit der Regelung hätte erkennen können und sich im Übrigen das Verhalten des BewA zurechnen lassen müsse. Aus den oben dargelegten Erwägungen ist dieser Vorwurf jedoch nicht mit einem aktiven Tätigwerden vergleichbar. Darüber hinaus ist es zulässiger Gesichtspunkt für die Ermessensausübung, auf den Verwaltungsaufwand abzustellen, der mit einer Neuberechnung der Honorare verbunden wäre. Zu Recht weist die Beklagte auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hin, der ihr Anlass für entsprechende Entscheidungen auch gegenüber anderen Vertragsärzten geben könnte. Eine Ermessensüberschreitung liegt nicht vor, denn die Entscheidung der Beklagten bewegt sich im Normrahmen und ist nicht unverhältnismäßig.

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Gleiches gilt für die Vergütung nach der GOP 01218 EBM, die mit 200 Punkten bewertet war. Die Klägerin verlangt eine gleiche Bewertung mit 500 Punkten wie die GOP 01210 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Ein derartiger aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgender Anspruch kann eventuell bestehen, jedoch ist es nach dem vorher Gesagten nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte die Änderung der Honorarbescheide abgelehnt hat. Insbesondere begehrt die Klägerin hier eine Vergütung nach einer Rechtslage, die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung in den Quartalen IV/2008 bis I/2013 auch für niedergelassene Vertragsärzte nicht mehr bestanden hat. Mangels einer normativen Grundlage könnte die Klägerin einen Anspruch lediglich aus dem Gebot gleicher Behandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ableiten, der hier aus dem Grunde jedoch nicht eingreift. Entsprechendes gilt für eine Nachvergütung im Hinblick auf die Gebührenziffer 27320 EBM.

33

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gegen die Entscheidung liegen nicht vor. Gemäß § 160 Abs. 2 SGG ist die Revision gegen Entscheidungen des Landessozialgerichts nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die beiden letztgenannten Zulassungsalternativen sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit hat darüber hinaus auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der 1. Alternative der Regelung. Die Klägerin begründet die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits mit der Tatsache, dass noch eine Vielzahl anderer Verfahren mit einer gleichen Problematik anhängig sei. Allein dadurch erlangt ein Rechtsstreit jedoch noch keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist zu berücksichtigen, dass das Revisionsverfahren nicht dem Individualinteresse, sondern dem allgemeinen Interesse an der Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung dienen soll. Für seine Durchführung ist also die Klärung von Rechtsfragen von Bedeutung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 160 Rn. 6). Allein die Mehrzahl durchzuführender Verfahren verleiht einem Rechtsstreit aber noch keine rechtliche Bedeutung. Die vorliegende Entscheidung hatte die ermessensgerechte Verwaltungsentscheidung im Rahmen des § 44 Abs. 2 SGB X zum Inhalt. Hierzu hat der Senat die Rechtsprechung des BSG angewandt.


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Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal II/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Für die dort im Quartal II/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit Honorarbescheid vom 21.10.2008 ein Honorar in Höhe von 81 011,45 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal II/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG)beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

12

2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

13

3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

14

a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

15

aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

16

Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

17

bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

19

Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

20

(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

21

Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

24

(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt-generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

28

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

29

(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

30

(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

31

bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

32

(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

33

Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

34

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

35

Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

36

Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

37

Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

38

(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

42

4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

43

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal II/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Vergütung von ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches eine Notfallambulanz betreibt. Für die dort im Quartal II/2008 erbrachten Leistungen setzte die Beklagte mit Honorarbescheid vom 21.10.2008 ein Honorar in Höhe von 81 011,45 Euro fest. Dabei stellte sie die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) Nr 01211 (Zusatzpauschale zur Nr 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01215 (Zusatzpauschale zur Nr 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst), Nr 01217 (Zusatzpauschale zur Nr 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) und Nr 01219 (Zusatzpauschale zur Nr 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Notfalldienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2008 - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) richtig. Widerspruch und Klage der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2009, Urteil des SG vom 2.11.2011).

3

Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen durch die Klägerin lägen nicht vor. Die Neugestaltung des EBM-Ä durch gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft verstoße auch weder unmittelbar noch mittelbar gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG. Die seit der Einführung des EBM-Ä 2008 bestehende Aufspaltung der Leistungen in der Notfallversorgung - ambulante Notfallbehandlungen auf der einen und Besuchsbereitschaft auf der anderen Seite - sei nicht sachwidrig, sondern diene der Vergütungsgerechtigkeit, die insbesondere bei pauschalierenden Honorarregelungen zu beachten sei. Die Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen sei neutral gehalten und treffe unmittelbar keine Unterscheidung zwischen Vertragsärzten und Nichtvertragsärzten. Grundsätzlich sei deren Abrechnung auch Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern nicht verwehrt. Allerdings setze dies eine Beteiligung am Notfalldienst voraus, weil nur in diesem Rahmen die ständige ärztliche Bereitschaft für das Aufsuchen der Patienten zur ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld notwendig sei. Dass Krankenhäusern die Abrechnung der Zusatzpauschale verwehrt sei, weil sie nicht am organisierten Notfalldienst teilnehmen könnten oder dürften, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gleicher Normadressaten dar, weil die Differenzierung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V zulässige vertragliche Einbeziehung von Krankenhäusern in den von der Beklagten zusammen mit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt organisierten Notfalldienst sei nicht erfolgt. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung oder Berechtigung eines Krankenhauses zur Beteiligung am ambulanten Notfalldienst bestehe nicht.

4

Durch die dargestellte Systematik entstünden zwei Gruppen von Leistungserbringern bei Notfallbehandlungen, von denen die eine nur in einen Teil der Notfallversorgung eingebunden sei, weil sie nur von Patienten in Anspruch genommen werde, die selbstständig zur Ambulanz kämen. Die zusätzliche Verpflichtung der Notdienstärzte zur Bereithaltung für und Durchführung von Krankenbesuchen rechtfertige die isoliert auf den organisierten Notfalldienst bezogene Leistungsbeschreibung der Zusatzpauschalen. Diese Vergütung sollten nur diejenigen erhalten, die auch entsprechende Leistungen erbrächten, sich also für Hausbesuche bereithielten. Eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung der Klägerin könne nicht darin liegen, dass ihr die Vergütung für eine Leistung verwehrt werde, die sie gar nicht erbringen dürfe. Der Verpflichtung, sich zur Durchführung von Hausbesuchen ständig bereit zu halten, komme eigenes Gewicht zu. Dies rechtfertige es, diese Leistung herausgelöst gesondert zu vergüten und sie bei denjenigen nicht zu berücksichtigen, die diese Bereitschaftspflicht nicht treffe. Eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Krankenhäusern sei auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 vorgesehenen Punktzahlen für die Vergütung der Grund- und Zusatzpauschalen zu sehen. Es falle in den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses (BewA), dass er die Vergütung für die Besuchsbereitschaft pauschal an die Inanspruchnahme durch einen Notfallpatienten und nicht an die Anzahl der tatsächlichen Hausbesuche geknüpft habe.

5

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung ergebe sich in erster Linie aus dem in den streitbefangenen GOPen genannten Merkmal der Besuchsbereitschaft als solchem. Notfallambulanzen von Krankenhäusern sei es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich, Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft abzurechnen, da ihnen die Unterhaltung eines Besuchsdienstes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt sei. Da Krankenhäuser keinen Hausbesuchsdienst unterhalten dürften, könne es auch keine Vorhaltung von Besuchsbereitschaft geben. Die für die Besuchsbereitschaft gezahlten Zusatzpauschalen führten zu erheblichen Vergütungsunterschieden zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern; letztere erhielten dadurch eine um 39 % geringere Vergütung. Das Vorhalten einer Besuchsbereitschaft rechtfertige keine derart gravierende Ungleichbehandlung.

6

Die GOP "Besuchsbereitschaft" umfasse weder den Besuch und die Behandlung während des Besuchs noch die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, da diese Leistungen bereits gesondert abgegolten seien; Leistungsinhalt sei vielmehr allein das Sich-Bereithalten des Vertragsarztes. Auch Notfallambulanzen hielten eine Besuchsbereitschaft vor und hätten ihre Erreichbarkeit für Notfälle sicherzustellen. Damit seien zusätzliche (Personal-)Kosten und zusätzlicher Organisationsbedarf verbunden, der sich nicht wesentlich von demjenigen des organisierten ambulanten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte unterscheide. Die aktiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Ärzte und die passiv-aufsuchende Besuchsbereitschaft der Notfallambulanzen seien im Wesentlichen gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BewA der Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit einen solchen Stellenwert einräume, dass er große Teile der Vergütung davon abhängig mache. Im isolierten Herausgreifen eines Elements der Leistungen von Vertragsärzten und dessen nicht zu rechtfertigender Bewertung bei der Honorierung von Notfallleistungen liege der Kern des Ungleichbehandlungsvorwurfs. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben. Den Kosten, die Vertragsärzten durch eine Besuchsbereitschaft entstünden, stünden vergleichbare Kosten der Krankenhäuser gegenüber. Auch die Schaffung eines Anreizes für die Teilnahme am Notfalldienst genüge nicht.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2.11.2011 sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein höheres Honorar für das Quartal II/2008 unter Berücksichtigung der für die Leistungen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 angeforderten Vergütung neu festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die strittigen Regelungen des EBM-Ä 2008 verstießen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG, da die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sachlich gerechtfertigt sei. Für Vertragsärzte ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen aus § 17 Abs 4 bis 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 13 Abs 12 bis 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bestehe eine solche Verpflichtung hingegen nicht. Zugelassene Krankenhäuser könnten nur im Rahmen des § 116a SGB V an der allgemeinen ambulanten Behandlung teilnehmen und ansonsten nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Durchführung von Hausbesuchen sei mit physischen und psychischen Belastungen verbunden. Daher sei es wichtig, dass gerade die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfalldienst mit einer Zusatzpauschale vergütet werde, damit die KÄVen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notfalldienstes nachkommen könnten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, da die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä 2008 nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die beklagte KÄV muss - nach einer rückwirkenden Neuregelung der Notfallvergütungen durch den BewA - erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen entscheiden.

11

1. Das Verfahren vor dem SG leidet nicht unter dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel der Beiladung des BewA (s BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6)oder der ihn tragenden Institutionen (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6; speziell zu Notfallambulanzen: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12 f). Zu Verfahren, in denen inzident über die Rechtmäßigkeit von Regelungen des EBM-Ä gestritten wird, ist der BewA nicht notwendig (iS des § 75 Abs 2 SGG)beizuladen. Allein die Unterlassung einer in diesem Sinne notwendigen Beiladung stellt einen auch im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar. Der Senat hält allerdings in Verfahren, in denen - wie hier - in der Sache über die Wirksamkeit einer alle Notfallambulanzen in Deutschland betreffenden Vergütungsregelung gestritten wird, eine einfache Beiladung der Trägerorganisationen des BewA für sachgerecht.

12

2. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden, da infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts insoweit entsprechend gelten (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14). Diese Gleichstellung bewirkt nicht allein die Anwendung der für Vertragsärzte geltenden Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts - einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG aaO).

13

3. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind jedoch nicht rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vordergründig zu Recht die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 richtig gestellt - dh unvergütet gelassen -, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden (a). Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die Vergütung der Notfallbehandlungen stehen jedoch mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, weil die in den genannten GOPen geregelte gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der von Vertragsärzten im organisierten Not(fall)dienst auf der einen und von Krankenhausambulanzen auf der anderen Seite erbrachten Notfallbehandlungen darstellt (b). Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.

14

a. Das SG hat richtig gesehen, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung schon deshalb nicht erfüllt, weil die KÄV bei ihr nicht die "Besuchsbereitschaft" festgestellt hat (aa.). Dabei ist unerheblich, ob der Krankenhausträger von sich aus keinen Antrag auf Feststellung dieser Bereitschaft gestellt hat, oder ob die Beklagte diese Feststellung abgelehnt hat. Eine derartige Feststellung ist nämlich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen (bb.).

15

aa. Bei den streitgegenständlichen GOPen Nr 01211, Nr 01215, Nr 01217 und Nr 01219 EBM-Ä 2008 handelt es sich jeweils um Zusatzpauschalen zu anderen, die Versorgung im Notfall und im organisierten Notfalldienst betreffenden GOPen (Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen I bis III "im organisierten Notfalldienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser"). Diese Zusatzpauschalen werden jeweils "für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not(fall)dienst" gezahlt. Hierzu bestimmt die Nr 3 der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.2 EBM-Ä 2008, dass nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser die Zusatzpauschalen nach den Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur abrechnen dürfen, wenn die zuständige KÄV ihre Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen bzw im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes festgestellt hat.

16

Der Begriff "Besuchsbereitschaft" wird im EBM-Ä 2008 nicht näher erläutert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass hiermit nicht die "passive" Besuchsbereitschaft abgegolten werden soll, also die Ermöglichung einer Inanspruchnahme durch Patienten, sondern die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass Ärzte sich bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Dies ergibt sich aus dem Begriffsteil "Besuch", welcher in der Präambel zu Kapitel II Abschnitt 1.4 EBM-Ä 2008 unter Nr 1 Satz 1 als "ärztliche Inanspruchnahme, zu der der Arzt seine Praxis, Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um sich an eine andere Stelle zur Behandlung eines Erkrankten zu begeben", definiert ist.

17

bb. Die Durchführung von Besuchen im Notfalldienst gehört jedoch nicht zu den Aufgaben, die den Krankenhäusern im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung obliegen. Daher kann von ihnen weder der Nachweis einer Besuchsbereitschaft gefordert werden, noch können sie davon profitieren, dass sie eine solche behaupten.

18

(1) Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ist die ambulante Versorgung der Versicherten primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelungen (BSG aaO). Gesetzliche Aufgabe der Krankenhäuser ist die Krankenhausbehandlung (vgl § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V); diese umfasst gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie - im Rahmen des § 115b SGB V - die ambulante Behandlung. Über § 115b SGB V (ambulantes Operieren) hinaus sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung der Versicherten - bei Außerbetrachtlassung der für Hochschulambulanzen(§ 117 SGB V) und Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) geltenden Sonderregelungen - nur in Form der vor- oder nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) und der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V) vor. Darüber hinaus kommt eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung in Ausnahmesituationen - bei Unterversorgung (§ 116a SGB V) sowie in "Notfällen" bei Nichterreichbarkeit von Vertragsärzten (§ 76 Abs 1 Satz 2 SGB V) - in Betracht.

19

Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit, sodass ihre Durchführung von vornherein auf Personen bzw Einrichtungen beschränkt ist, die an dieser Versorgung teilnehmen. Da die ambulante Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Vertragsärzte ist, sind schon vom Grundsatz her nur diese zu Hausbesuchen berechtigt (und verpflichtet). Die anderen Personen bzw Einrichtungen durch das Gesetz eingeräumte Befugnis, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass diese damit auch zu einer Besuchstätigkeit berechtigt wären. So bestimmt § 17 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä, dass die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist. Schon Gebietsärzte, die nicht zugleich die Funktion des Hausarztes wahrnehmen, sind nur in besonderen Fällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet (vgl § 17 Abs 6 Satz 2 BMV-Ä). Erst recht dürfen deshalb Leistungserbringer, die lediglich im Ausnahmefall an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind, Hausbesuche allenfalls dann ausführen, wenn eine eindeutige Ermächtigung hierzu vorliegt. Hieran fehlt es jedoch in Bezug auf Krankenhausambulanzen.

20

(2) Eine Berechtigung der Krankenhausambulanzen, Hausbesuche durchzuführen, besteht auch dann nicht, wenn sie nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V in Notfällen - über den Rettungsdienst ist hier nicht zu entscheiden - in Anspruch genommen werden.

21

Es ist gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der KÄVen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst); ausdrücklich ausgenommen ist allein die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Somit entspricht es der Entscheidung des Gesetzgebers, den KÄVen (bzw berufsrechtlich den Ärztekammern) und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 26). Teil dieser den KÄVen übertragenen Gewährleistungspflicht ist die Ausgestaltung des Notdienstes, einschließlich der Organisation eines aufsuchenden Fahrdienstes. In diese Organisationshoheit der KÄVen würden Krankenhäuser eingreifen, wenn sie einen eigenen Hausbesuchsdienst organisieren würden.

22

Das Gesetz sieht neben der den KÄVen gemäß § 75 SGB V obliegenden Sicherstellung (auch) eines Not(fall)dienstes und dem - gemäß § 133 SGB V landesrechtlich geprägten - Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor. Wäre eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung beabsichtigt, hätte der Gesetzgeber dies unschwer regeln können. Statt dessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen (als "andere Ärzte") lediglich in einer Auffangvorschrift vor. Zwar sind Versicherte nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der KÄVen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20 - unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr gewährt ihnen § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalls zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruchs auf Behandlung auch Nichtvertragsärzte - und damit auch Krankenhäuser - für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren(BSG aaO). Das schließt jedoch nicht das Recht ein, an Stelle des vertragsärztlichen Notdienstes einen (etwaigen) Besuchsdienst einer Krankenhausambulanz in Anspruch zu nehmen.

23

Die Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Notfallversorgung ist nur passiv in dem Sinne möglich, dass im Krankenhaus Patienten behandelt werden, die sich in einem Notfall dorthin begeben haben. Zur Abwicklung solcher Behandlungen dürfen Krankenhäuser auch spezielle Ambulanzen betreiben, ohne dass sie allein wegen der entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen Teilnehmer am organisierten Not(fall)dienst sind. Für die Einrichtung von Notfallambulanzen sprechen bereits praktische Erwägungen; gäbe es keine Notfallambulanz, so müssten - unter Störung des übrigen Krankenhausbetriebs - andere Krankenhausärzte einspringen. Damit ist jedoch nicht die Berechtigung zu einem aufsuchenden Besuchsdienst verbunden. Die Durchführung von Hausbesuchen ist Teil der ärztlichen - insbesondere hausärztlichen - Versorgung; der Gesetzgeber hat die Teilnahme am Notdienst als Annex zur Niederlassung in eigener Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Ist der Hausarzt des Patienten nicht verfügbar, so tritt in den sprechstundenfreien Zeiten der organisierte Not(fall)dienst an dessen Stelle. Den in diesem Rahmen tätigen Ärzten obliegt auch die Durchführung von Notfallbesuchen, wenn der Patient den diensthabenden Arzt im Notfall nicht selbst aufsuchen kann. Die Durchführung von Besuchen im regulären Praxisbetrieb wie im Not(fall)dienst ist ein zentrales Element der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Besuchsdienst ist dagegen nicht mit dem "Wesen" eines Krankenhauses vereinbar. Dazu gehört es, dass das Krankenhaus von Patienten aufgesucht wird und nicht selbst Patienten aufsucht. Dieses ist zur Teilnahme am Notfalldienst gerade wegen der Vorhaltung von Ärzten und Behandlungsmöglichkeiten in den Häusern berechtigt; Patienten wenden sich dorthin, weil sie sicher sein können, dort zu jeder Zeit einen behandlungsbereiten Arzt zu finden.

24

(3) Keine abweichende Beurteilung folgt daraus, dass gemäß § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V auch "die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes" Vertragsinhalt der dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten ist. Ob Krankenhausambulanzen überhaupt durch Verträge nach § 115 SGB V (auch) an einem Hausbesuchsdienst beteiligt werden könnten, spielt jedoch bei der Beurteilung einer abstrakt-generellen Regelung keine Rolle, zumal weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, dass entsprechende vertragliche Regelungen existieren.

25

b. Auf der Basis der vorstehend dargestellten Rechtslage hinsichtlich der Mitwirkung von Krankenhäusern im Notfall stellt der daraus resultierende generelle Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen nach Nr 01210 ff EBM-Ä 2008 eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhausambulanzen dar.

26

aa. Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Bei dieser Prüfung sind vorrangig die vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze (1), die Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung der vom BewA getroffenen Regelungen (2) sowie die Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG (3) zu berücksichtigen.

27

(1) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14) entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich demnach dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14), dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Sie sind mithin grundsätzlich so zu vergüten, als ob sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).

28

Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann reduziert oder im Umfang eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18), sondern lediglich eine an die gesetzliche Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V anknüpfende pauschale Honorarminderung in Höhe von 10 % für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser akzeptiert(s die Nachweise in BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18).

29

(2) Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR aaO Nr 12 S 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen)oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).

30

(3) Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt dabei unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177; BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).

31

bb. Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu bejahen. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft führen zu einer mittelbaren Benachteiligung der Krankenhausambulanzen, die weder mit Art 3 Abs 1 GG noch mit dem Grundsatz vereinbar ist, die Leistungen der Krankenhäuser im Notdienst grundsätzlich so zu vergüten wie diejenigen der Vertragsärzte. Die strittigen Zusatzpauschalen bewirken eine Ungleichbehandlung (1), die nach der Rechtsprechung des Senats einer sachlichen Rechtfertigung bedürfte; eine solche ist jedoch nicht zu erkennen (2).

32

(1) Der BewA hat in Reaktion auf das Senatsurteil vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8), mit dem die bisherige Regelung wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Krankenhausambulanzen beanstandet worden war, die Notfallvergütungen für die Zeit ab 1.1.2008 neu geregelt. Nach neuem Recht setzt sich die Honorierung von Leistungen im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst aus drei Teilelementen zusammen. Als Grundpauschale ist eine "Notfallpauschale" bei Vorliegen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts abrechenbar (Nr 01210 EBM-Ä 2008, bewertet mit 445 Punkten); hinzu kommt für jeden weiteren persönlichen oder anderen Arzt-Patienten-Kontakt eine "Notfallkonsultationspauschale" - wiederum differenziert nach der Zeit der Inanspruchnahme (Nrn 01214, 01216 und 01218 EBM-Ä 2008, bewertet mit 110, 365 bzw 445 Punkten). Notfallpauschale und Notfallkonsultationspauschalen werden jeweils durch die bereits erwähnten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft ergänzt (Nrn 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä 2008, bewertet mit 280, 55, 225 bzw 280 Punkten). Die Zusatzpauschalen führen zu einer Erhöhung der Vergütungen - je nach Grundleistung - um ca 63 %, 50 %, ca 61 % bzw ca 63 %. Im Rahmen des organisierten Not(fall)dienstes durchgeführte Hausbesuche werden gesondert vergütet ("Dringender Besuch" nach Nr 01411 EBM-Ä 2008, bewertet mit 1325 Punkten).

33

Die Vergütung der Notfallleistungen ist somit zum einen davon abhängig, ob der Patient die Praxis aufsucht oder ob ein Hausbesuch durchgeführt wird - Letzteres ist bei einem Fahrdienst die Regel -, zum anderen davon, wer die Leistung erbringt. Wird der Arzt in der Praxis aufgesucht, erhält er für den Erstkontakt die Notfallpauschale von 445 Punkten sowie die Zusatzpauschale von 280 Punkten, also 725 Punkte; wird ein Hausbesuch durchgeführt, kommt die Nr 01411 EBM-Ä 2008 mit 1325 Punkten hinzu, sodass insgesamt 2050 Punkte (sowie die Wegepauschale) angesetzt werden können. Demgegenüber erhält die von einem Patienten aufgesuchte Notfallambulanz eines Krankenhauses nur die 445 Punkte der Grundpauschale.

34

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass im Not(fall)dienst tätige Vertragsärzte regelhaft auch bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten als Krankenhausambulanzen. Diese Differenzierung wird dadurch bewirkt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" ausschließlich Vertragsärzten gewährt wird, weil Krankenhäuser - wie dargestellt - nicht am Besuchsdienst teilnehmen (können). Die Zusatzpauschalen werden allen am Not(fall)dienst teilnehmenden Ärzten gewährt, weil sie - Kraft ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst - als "besuchsbereit" gelten, also auch solchen, die den Notdienst in einer vertragsärztlichen Notfallambulanz verrichten und dort ausschließlich von Patienten aufgesucht werden. Diese Ärzte erbringen letztlich identische Leistungen wie die in einer Krankenhausambulanz tätigen Ärzte, erhalten hierfür aber einen Zuschlag, der 50 % bis 63 % der Grundvergütung beträgt.

35

Mit der Zusatzpauschale "Besuchsbereitschaft" wird zudem keine eigenständige ärztliche "Leistung" abgegolten. Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen ist - wie dargestellt - die "aktive" Besuchsbereitschaft in dem Sinne, dass sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zu Hause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens einer Bereitschaft bzw Motivation zur Teilnahme am Notdienst stellt schon deswegen keine "Leistung" eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet ist; dies folgt aus seinem Zulassungsstatus (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14).

36

Allenfalls der mit der Besuchsbereitschaft verbundene zeitliche Aufwand des Arztes käme als gesondert zu vergütende "Leistung" in Betracht. Dies unterstellt allerdings zum einen, dass der den Not(fall)dienst versehende Arzt über längere Zeit nicht in Anspruch genommen wird und diese Zeit nicht anderweitig vergütet erhält. Zum anderen stellt sich damit die Situation für den Notdienst tuenden Arzt mit Besuchsbereitschaft nicht anders dar als bei einem solchen, der keine Besuche durchführt, sondern in einer Ambulanz tätig ist. "Wartezeiten" fallen auch im Rahmen einer "passiven" Besuchsbereitschaft an. Schon der Begriff des "Notfalls" verdeutlicht, dass es sich hierbei um nicht planbare, unvorhersehbare Inanspruchnahmen handelt, und deshalb die Inanspruchnahme starken Schwankungen unterliegen kann. Ob die Notfallpatienten noch in der Lage sind, eine Praxis bzw Notfallambulanz aufzusuchen, oder ob ein Hausbesuch erforderlich ist, spielt insofern keine Rolle.

37

Hinzu kommt, dass die Zusatzpauschalen für "Besuchsbereitschaft" nicht an die Leistung "dringender Besuch" geknüpft sind, sondern an den Arzt-Patienten-Kontakt im Notdienst bzw Notfall. Potentiell für Besuche zur Verfügung stehende Ärzte erhalten die Zusatzpauschale mithin unabhängig davon, wie viele Hausbesuche sie durchführen bzw ob dies überhaupt der Fall ist. Auch der fehlende Zusammenhang zwischen den Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" und der tatsächlichen Durchführung von Besuchen legt die Annahme nahe, dass die zusätzliche Vergütung nicht für eine Besuchsbereitschaft, sondern allein für die Teilnahme am ärztlichen Not(fall)dienst gewährt wird und damit letztlich weiterhin eine höhere Vergütung der im ärztlichen Not(fall)dienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte an sich beabsichtigt ist.

38

(2) Ausnahmen von dem Grundsatz gleicher Vergütung von Vertragsärzten und Krankenhäusern in Notfällen bedürfen zwingender Gründe. Eine sachliche Rechtfertigung für die zusätzliche Gewährung der Zusatzpauschalen "Besuchsbereitschaft" an Vertragsärzte vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

39

Soweit hierzu auf einen nicht unerheblichen sächlichen und organisatorischen Aufwand für die Besuchsbereitschaft verwiesen wird, zu dem die Bereithaltung eines Fahrzeugs mit entsprechender Versicherung, eine Notfallausrüstung und ein Mobiltelefon (mit entsprechenden Kosten) gehören, trägt dies nicht. Es ist nicht erkennbar, dass mit einer bloßen "Besuchsbereitschaft" substantielle Kosten für den Arzt verbunden sind. Soweit etwaige Vorhaltekosten nicht ohnehin dadurch entfallen, dass die Tätigkeit in einer ärztlichen Notfallambulanz oder im Rahmen eines organisierten Fahrdienstes ausgeübt wird, beschränken sich diese darauf, dass der am Not(fall)dienst teilnehmende Arzt zwecks Erreichbarkeit über ein Mobiltelefon und zwecks Mobilität über ein Kraftfahrzeug verfügen muss. Es dürfte kaum Ärzte geben, die entsprechende Anschaffungen allein wegen der Besuchsbereitschaft getätigt haben. Fahrzeugkosten werden im Übrigen durch die - im Falle der Inanspruchnahme gezahlte - Wegepauschale mit abgedeckt.

40

Im Übrigen sind auch mit einer "passiven" Rufbereitschaft Kosten verbunden (insbesondere mit der erweiterten Raumnutzung verbundene Heiz- und Beleuchtungskosten), die nicht gesondert vergütet werden. Dem Argument, nur die im organisierten Notfalldienst tätigen Ärzte hätten zusätzlichen Organisationsaufwand und ggf weitere Kosten, ist der Senat bereits entgegen getreten (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Die Situation in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von denen des organisierten Notfalldienstes der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 19). Der Gesichtspunkt, dass nur die Vertragsärzte die Kosten für Organisation und Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes zu tragen haben, vermag eine privilegierte Vergütung von deren Notfallleistungen nicht zu rechtfertigen (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 18; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20; aA allerdings noch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 59/94 - mwN = USK 95125).

41

Dass eine Besserstellung der Vergütung von Vertragsärzten zur Stärkung des Anreizes für die Teilnahme am Notdienst kein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt, hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20; bekräftigt durch BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 20). Die Steigerung der Motivation zur Erfüllung einer ohnehin bestehenden Verpflichtung ist kein sachlicher Grund für eine Vergütungsprivilegierung, zumal auch die Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrags zur Durchführung von Notfallbehandlungen verpflichtet sein können (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20). Auch die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft dient letztlich dazu, einen besonderen "Anreiz" für Vertragsärzte zu schaffen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten mit den - nur von den Ärzten zu tragenden - Beschwernissen der Hausbesuchstätigkeit verdeutlicht. Die mit Hausbesuchen verbundenen besonderen Belastungen vermögen zwar eine erhöhte Besuchsvergütung, nicht jedoch Zusatzpauschalen für eine "Besuchsbereitschaft" zu rechtfertigen. Nicht gebilligt hat das BSG schließlich das ordnungspolitische Ziel, einer Inanspruchnahme von Krankenhäusern für Notfallbehandlungen entgegenzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 20).

42

4. Die dargestellten Verstöße des EBM-Ä 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern führen nicht automatisch dazu, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderungen der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr ist sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher ist zunächst dem BewA als Normgeber des EBM-Ä Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (vgl BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113 f; speziell zur Notfallvergütung: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22 sowie BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 20). Anlass für eine entsprechende Fristsetzung sieht der Senat nicht, weil er von einer zügigen Umsetzung der Neuregelung ausgeht. Sodann hat die Beklagte erneut über die Vergütung der im Quartal II/2008 in der Krankenhausambulanz der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen zu entscheiden.

43

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene und der Beklagte tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Der klagende Spitzenverband Bund der Krankenkassen wendet sich gegen zwei vom erweiterten Bewertungsausschuss für die vertragsärztliche Versorgung (eBewA) im Jahr 2009 gefasste Beschlüsse zur "Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen".

2

Mit Einführung des neuen Vergütungssystems für vertragsärztliche Leistungen durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 (vgl § 87a Abs 1, § 87b Abs 1 SGB V aF)- insbesondere verbunden mit einer einheitlichen Gebührenordnung in Euro auf der Grundlage bundeseinheitlicher Orientierungspunktwerte - erließ der beklagte eBewA eine Reihe von Beschlüssen, die ua die hier streitgegenständlichen Regelungen enthielten. Bereits mit Beschluss vom 27./28.8.2008 (Teil H Nr 5, DÄ 2008, A 1988, 1998) hatte der eBewA den Partnern der Gesamtverträge "empfohlen, die Höhe der nach der Neubewertung dieser Leistungen zu zahlenden Vergütung auch unter Berücksichtigung der bisherigen gesamtvertraglichen Regelungen zu überprüfen und festzustellen, ob zur Sicherung einer angemessenen Vergütung ergänzende Regelungen erforderlich sind. Hierfür können leistungsbezogene Zuschläge zum Orientierungswert vereinbart werden".

3

Mit Beschluss vom 17.3.2009 ("Beschluss zur Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen mit Wirkung vom 01. April 2009" - DÄ 2009, A 726) wurden die Partner der Gesamtverträge verpflichtet, durch leistungsbezogene Zuschläge zum Punktwert sicherzustellen, dass die Vergütung der belegärztlichen Leistungen sowie der Leistungen des ambulanten Operierens mindestens die Vergütung des Jahres 2008 erreicht. Teil H Nr 5 des Beschlusses vom 27./28.8.2008 wurde wie folgt neu gefasst:

        

"Die Partner der Gesamtverträge überprüfen zur Sicherstellung einer ausreichenden und bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten der GKV je Gebührenordnungsposition die Höhe der für die besonders förderungswürdigen Leistungen nach Beschluss Teil A 2.4 und Beschluss Teil B 1.3 zu zahlenden Vergütung unter Berücksichtigung der gesamtvertraglichen Regelungen im Jahr 2008. Unterschreitet die für das Jahr 2009 ermittelte zu zahlende Vergütung je Gebührenordnungsposition für belegärztliche (kurativ-stationäre) Leistungen (Leistungen des Kapitels 36, die Gebührenordnungspositionen 13311, 17370 und Geburtshilfe), Leistungen des Kapitels 31.2 und 31.5, die Gebührenordnungspositionen 13421 bis 13431, 04514, 04515, 04518 und 04520, die gemäß den gesamtvertraglichen Regelungen im Jahr 2008 hierfür zu zahlende Vergütung, vereinbaren die Partner der Gesamtverträge zum Ausgleich der festgestellten Unterschreitungen für die betroffenen Gebührenordnungspositionen leistungsbezogene Zuschläge zum Regelfallpunktwert der Euro-Gebührenordnung.

        

[…]     

        

Die Vergütung der nach Satz 2 vereinbarten Zuschläge erfolgt aus den Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler Honorarverluste nach Beschluss Teil G 1. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung und diese Rückstellungen sind durch die betroffenen Krankenkassen hierzu zweckgebunden fortlaufend um das Vergütungsvolumen für die je abgerechneter Gebührenordnungsposition für besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 2 zum Ansatz kommende Zuschläge nach Satz 2 zusätzlich zu erhöhen."

4

Gegen diesen Beschluss hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen am 15.4.2009 Klage erhoben (L 7 KA 62/09 KL). Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ließ diesen Beschluss unbeanstandet, erteilte jedoch die Auflage, die regionalen leistungsbezogenen Zuschläge als Übergangsregelung bis zum 31.12.2009 zu befristen und zu überprüfen. Am 2.9.2009 fasste der Beklagte einen weiteren Beschluss "zur Weiterentwicklung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2010", in dessen Teil C mit Wirkung ab 1.1.2010 "Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" für das Jahr 2010 festgelegt wurden (DÄ 2009, A 1907,1912 f). Dieser Beschluss enthält in Ziff 3.1 Satz 2, 5 und 6 unter der Überschrift "Leistungsbezogene Indikatoren für regionale Besonderheiten der Versorgungsstrukturen" Regelungen, die - soweit hier relevant - denen des vorangegangenen Beschlusses vom 17.3.2009 entsprechen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (L 7 KA 135/09 KL). Das LSG hat beide Verfahren verbunden und mit Urteil vom 15.12.2010 den Klagen stattgegeben. Es hat den Beschluss des Beklagten vom 17.3.2009 (idF des Beschlusses vom 20.5.2009) hinsichtlich der Sätze 2, 5 und 6 sowie den Beschluss des Beklagten vom 2.9.2009, Teil C, Ziff 3.1, Sätze 2 und 6 sowie Satz 5, soweit dieser die Vergütung nach Satz 2 betrifft, aufgehoben.

5

Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Beklagte habe die dort normierten Vergütungsbestimmungen nicht beschließen dürfen, weil er hierzu nicht gesetzlich ermächtigt gewesen sei und die genannten Bestimmungen darüber hinaus im Widerspruch zu höherrangigem Recht stünden. Die angefochtenen Beschlüsse könnten insbesondere nicht auf § 87b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 7 und Abs 3 Satz 5 SGB V aF gestützt werden. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen sei der Beklagte nicht zum Erlass von Regelungen über leistungsbezogene Zuschläge ermächtigt. Darüber hinaus überschreite er mit der Bestimmung der außerbudgetären Vergütung konkreter vertragsarztrechtlicher Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) seine Berechtigung aus § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF, hierzu Vorgaben zu beschließen; die vom Beklagten getroffenen Entscheidungen bedürften keiner Umsetzung durch die Partner der Gesamtverträge mehr, weil sie schon abschließend alle Regelungen selbst enthielten. Dasselbe gelte für die Anordnung einer zweckbestimmten Nachschusspflicht der Krankenkassen zur morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Bei der Bestimmung von Grundsätzen zur Bildung von Rückstellungen sei der eBewA darauf beschränkt, einen allgemeinen Rahmen für die Bildung von Rückstellungen vorzugeben; ins Einzelne gehende Bestimmungen über die Summe der Rückstellungen sowie eine zusätzlich zu der vereinbarten Gesamtvergütung zu entrichtende Nachzahlung der Krankenkassen zur Auffüllung der Rückstellungen gingen darüber hinaus.

6

Die angefochtenen Beschlüsse stünden auch im Widerspruch zu höherrangigem Recht. Das Recht, die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu vereinbaren, stehe den Gesamtvertragsparteien auf Landesebene zu. Dies schließe es aus, dass der Beklagte die Gesamtvergütung ganz oder auch nur teilweise an Stelle der Gesamtvertragspartner festsetze. Zudem sei die "befreiende Wirkung" iS des § 85 Abs 1 SGB V ein zentrales und unverzichtbares Element des gegenwärtigen vertragsärztlichen Vergütungssystems; Nachschusspflichten für länger zurückliegende Zeiträume seien in diesem System Fremdkörper.

7

Die angefochtenen Beschlüsse verstießen auch gegen die den Vertragspartnern der Gesamtverträge eingeräumte Berechtigung, die außerhalb der Regelleistungsvolumina (RLV) zu vergütenden Leistungen selbst zu bestimmen; es gebe keine Möglichkeit eines Gesamtvertragspartners, eine solche Regelung - ggf durch eine Schiedsamtsentscheidung - zu erzwingen. Das Gleiche gelte für die Entscheidung der Gesamtvertragspartner nach § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF, ob und in welcher Höhe sie Rückstellungen zB zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste bilden wollten, sowie, ob sie einen Zuschlag auf die Orientierungswerte nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V vereinbarten, um regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Bei der Vereinbarung von Zuschlägen seien die Gesamtvertragspartner im Übrigen durch § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF zwingend an die Vorgaben des Bewertungsausschusses (BewA) nach § 87 Abs 2f SGB V aF gebunden; der Beklagte habe jedoch in seinen Beschlüssen vom 27./28.8.2008 bzw 2.9.2009 entschieden, dass keine Indikatoren zu regionalen Besonderheiten in der Versorgungsstruktur sowie in der Kostenstruktur definiert werden könnten; für das Jahr 2009 seien die in § 87c Abs 2 SGB V aF angeführten Indikatoren nicht anzuwenden. Damit habe er den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit genommen, Zuschläge zu vereinbaren und stattdessen selbst eine Entscheidung über Zuschläge zu den Orientierungswerten getroffen.

8

Mit ihrer Revision rügt die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) die Verletzung von Bundesrecht. Es liege ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO vor, da der eBewA seinen Beschluss für das Jahr 2010 auf der Grundlage des § 87 Abs 2f SGB V gefasst habe, diese Rechtsgrundlage in den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils aber nicht berücksichtigt werde. Das LSG habe zudem die Vorgaben in § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF nicht gesetzeskonform ausgelegt. Dem eBewA stehe ein weiter Regelungsspielraum zu, da er als Schiedsorgan die Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen und Kompromisse zu schließen habe; er habe sich bei den streitgegenständlichen Beschlüssen im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums gehalten. Der eBewA könne detaillierte inhaltliche Festlegungen dazu treffen, wie die Partner der Gesamtverträge mit besonders förderungswürdigen Leistungen umzugehen hätten. Der Begriff "Vorgaben" enthalte keine Einschränkung hinsichtlich der Reichweite und des Umfangs der zu beschließenden Regelungen. Es bleibe den Partnern der Gesamtverträge unbenommen, weitere Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, so dass deren Regelungsspielraum nicht eingeschränkt worden sei.

9

Der eBewA sei auch berechtigt gewesen, Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V iVm § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF zu bestimmen. Um sicherzustellen, dass Zuschläge aus Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler Honorarverluste zu finanzieren seien, habe er darüber hinaus geregelt, dass die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen um den Betrag für diese Zuschläge insgesamt zu erhöhen seien. Damit habe der eBewA nicht den Rahmen der "Grundsätze" überschritten und sich im Rahmen seines Gestaltungsspielraums gehalten. Eine Erhöhung der Rückstellungen ohne damit einhergehende Erhöhung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung führe unweigerlich zu einer Reduzierung der Vergütung der anderen Vertragsärzte. Der mit den RLV ausgewiesene Bedarf dürfe durch die leistungsbezogenen Zuschläge nicht gekürzt werden. Es sei daher notwendig gewesen, auch Regelungen darüber zu treffen, auf welche Weise eingetretene Honorarverluste ausgeglichen werden könnten, ohne dass sich weitere Honorarverwerfungen für andere Ärzte ergäben. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das vertragsärztliche Vergütungssystem durch die Vorgaben des GKV-WSG vollständig neu geregelt worden sei und sich damit in einer Erprobungsphase befunden habe. In einer solchen Phase müsse der BewA berechtigt sein, auf eingetretene, nicht gewollte Folgen seiner Beschlüsse reagieren zu können und ein möglichst stabiles und rechtssicheres System für die Vergütung der Vertragsärzte zu schaffen.

10

Der Beklagte sei mit den Beschlüssen zur Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht nachgekommen. Er habe bei der Prüfung der Folgen seiner Beschlüsse vom 27./28.8.2008 und vom 23.10.2008 festgestellt, dass es gerade bei ambulanten Operationen und bestimmten belegärztlichen Leistungen zu ungewollten Honorarverlusten gekommen sei. Daher sei er selbst verpflichtet gewesen, dem entgegenzuwirken, und habe sich nicht auf die Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner verlassen dürfen, zumal die entsprechenden Vereinbarungen zu § 87b Abs 3 Satz 7 SGB V aF mangels Schiedsfähigkeit nicht durchsetzbar seien. Schließlich sei der eBewA berechtigt gewesen, für das Jahr 2010 auf der Grundlage von § 87 Abs 2f SGB V aF Zuschläge in der beschriebenen Weise festzulegen. Im Bescheid des BMG vom 13.5.2009 werde darauf hingewiesen, dass eine unbefristete Regelung zu regionalen Zuschlägen auf der Grundlage von § 87 Abs 2f SGB V aF getroffen werden könne und dass dem BewA auch die Befugnis zustehe, die für bestimmte Gebührenpositionen gemäß den gesamtvertraglichen Regelungen im Jahr 2008 zu zahlende Vergütung als Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur festzulegen. An dieser Rechtsauffassung des BMG habe sich der eBewA orientiert.

11

Die Beschlüsse stünden auch nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht. Der eBewA habe nicht gegen § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V verstoßen, denn die Partner der Gesamtverträge hätten weiterhin die Möglichkeit, Zuschläge nach dieser Norm zu vereinbaren; die Wahrnehmung dieser Ermächtigung habe keinen Beschluss des BewA nach § 87 Abs 2f SGB V aF zur Voraussetzung. Der Beklagte habe auch nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Vereinbarung und Zahlung der Gesamtvergütungen verstoßen. Durch die Einführung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit dem Übergang des Morbiditätsrisikos auf die Krankenkassen habe sich die Bedeutung des Grundsatzes, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung gezahlt werde, relativiert. Die Krankenkassen müssten nunmehr aufgrund der geänderten Rechtslage selbst entsprechende Rücklagen für Nachvergütungen vorhalten. Das BSG habe zudem bereits anerkannt, dass der Grundsatz der befreienden Wirkung nicht ausnahmslos gelte und die Notwendigkeit einer nachträglichen Anpassung der Gesamtvergütungen bestehen könne, wenn die Krankenkassen in Ausnahmefällen über ihre Spitzenverbände unmittelbaren Einfluss auf Vergütungsentscheidungen genommen hätten oder wenn das Vergütungsniveau einer Gruppe von Leistungserbringern maßgeblich durch für die einzelne Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) verbindliche Vorgaben des BewA beeinflusst werde. Eine solche Situation habe auch hier vorgelegen. Es sei eine Gruppe von Vertragsärzten betroffen, die Leistungen des ambulanten Operierens und belegärztliche Leistungen erbrächten. Diesen Vertragsärzten sei - unter Mitwirkung des Klägers - durch die Beschlüsse des eBewA vom 27./28.8.2008 ein erheblicher Anteil der Vergütung für diese Leistungen entzogen worden. Damit seien die für diese Leistungen zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile zu niedrig veranschlagt worden mit der Folge, dass diese auch nachträglich anzupassen seien.

12

Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an.

13

Die Beigeladene und der Beklagte beantragen übereinstimmend,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15.12.2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Die Entscheidung des LSG leide nicht unter einem Begründungsmangel. § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO sei nicht einschlägig, wenn das Gericht - wie vorliegend - in den Urteilsgründen einen Anspruch erörtert und lediglich davon abgesehen habe, eine von mehreren Anspruchsgrundlagen zu behandeln, die im Ergebnis nicht durchgriffen. § 87 Abs 2f SGB V aF komme als Rechtsgrundlage offensichtlich nicht in Betracht, da die Norm dem BewA lediglich die Aufgabe übertrage, Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten festzulegen. Die streitgegenständlichen Beschlüsse enthielten schon begrifflich keine Indikatoren im Sinne dieser Norm und träfen im Übrigen weit über die Festlegung eines Indikators hinausgehende Vorgaben. An der Festlegung von Indikatoren fehle es schon deshalb, weil die Vergütung für die erfassten Leistungen konkret und abschließend festgelegt worden sei. Zudem sei die Höhe der regionalen Vergütung auch inhaltlich kein Indikator für regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur. Es laufe dem gesetzlichen Ziel zuwider, nicht gerechtfertigte regionale Preisunterschiede abzubauen, wenn das regionale Preisniveau aus dem Jahr 2008 pauschal als Indikator für regionale Besonderheiten anzusehen sei, denn auf diese Weise würden die ungerechtfertigten regionalen Unterschiede nicht abgebaut, sondern perpetuiert.

16

Auch § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF sei als Rechtsgrundlage ungeeignet. § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF erlaube zwar, bestimmte Leistungen von der Geltung der RLV auszunehmen mit der Folge, dass sie nicht der Steuerungsfunktion der RLV unterlägen und die vorgesehene Abstaffelung keine Anwendung finde, doch seien die Leistungen gemäß § 87b Abs 1 Satz 1 SGB V aF auf der Grundlage der regionalen Euro-Gebührenordnung zu vergüten. Die in § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF festgelegte Kompetenz des BewA, Vorgaben zu § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF zu beschließen, solle es ihm nach der Gesetzesbegründung ermöglichen, festzulegen, für welche Leistungen eine solche Ausnahme sinnvoll sei. Die angefochtenen Beschlüsse beschränkten sich jedoch nicht darauf, Vorgaben zu einer Vergütung von Leistungen außerhalb der RLV zu treffen, sondern sähen vielmehr leistungsbezogene regionale Punktwertzuschläge vor. Die streitgegenständlichen Beschlüsse seien auch nicht aus Sicherstellungsgründen erforderlich gewesen, sondern zur Vermeidung überproportionaler Honorarverluste.

17

§ 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF gelte nur für Rückstellungen, die bei den KÄVen aus den mit befreiender Wirkung gezahlten Gesamtvergütungen gebildet würden. Die für die betroffenen Leistungen zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile seien nicht zu niedrig veranschlagt worden, da diese Leistungen nach den Beschlüssen vom 27./28.8.2008 bzw 2.9.2009 ohnehin extrabudgetär, dh außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, zu vergüten gewesen seien. Die Möglichkeit, Zu- und Abschläge auf den Orientierungswert zu vereinbaren, stelle eine Kann-Bestimmung dar und sei daher nicht schiedsfähig. Den Gesamtvertragspartnern werde durch die angefochtenen Beschlüsse die Freiheit genommen, von der Vereinbarung von Zuschlägen abzusehen. Ein rechtlicher Hinweis des BMG stelle keine Weisung dar und könne auch kein schützenswertes Vertrauen begründen. Die nur auf einzelne Leistungen bezogenen Zuschläge zum Orientierungswert verstießen gegen § 87a Abs 2 Satz 2 bis 4 SGB V, da danach auf einzelne Leistungen bezogene Zuschläge nicht zulässig seien. Zudem verschiebe die Vereinbarung regionaler leistungsbezogener Zuschläge entgegen § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V das wertmäßige Verhältnis der mit Zuschlägen versehenen Leistungen zu den übrigen Leistungen.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision der Beigeladenen ist nicht begründet. Das - nach § 29 Abs 4 Nr 1 SGG erstinstanzlich zuständige - LSG hat die Beschlüsse des Beklagten, soweit sie im Streit stehen, zu Recht aufgehoben. Der Beklagte war mangels einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung nicht berechtigt, diese Beschlüsse zu fassen.

19

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

20

a. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist als eine der den BewA tragenden Organisationen befugt, Klage gegen dessen Beschlüsse zu erheben, da diese - ungeachtet der darin liegenden Normsetzung durch Vertrag (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 65) - gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Institutionen als Verwaltungsakte ergehen (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202). Dies gilt nicht allein für Beschlüsse des eBewA, die Regelungen zum einheitlichen Bewertungsmaßstab beinhalten, sondern für alle Entscheidungen des eBewA im Bereich der Normsetzung. Da die in § 87 Abs 4 SGB V vorgesehene Erweiterung des BewA um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden ein in den Normsetzungsvorgang inkorporiertes Schiedsverfahren darstellt, können die beteiligten Körperschaften - ebenso wie die an einem Schiedsverfahren nach § 89 SGB V Beteiligten Entscheidungen der Schiedsämter - die schiedsamtsähnlichen Entscheidungen des eBewA im Klagewege angreifen(BSG aaO).

21

Sachgerechte Klageart ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG. Die Klage ist gegen den eBewA zu richten (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202). Dieser ist berechtigt, seine Beschlüsse im gerichtlichen Verfahren zu verteidigen und ist - als gemeinsames Entscheidungsgremium von Leistungserbringern und Krankenkassen - nach § 70 Nr 4 SGG beteiligtenfähig(BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 203; vgl auch BGHZ 150, 172, 179). Eines Vorverfahrens bedarf es wegen der mit einem Schiedsamt vergleichbaren Stellung des eBewA nicht.

22

b. Die Rüge der Beigeladenen, das Berufungsurteil leide an dem formellen Fehler unzureichender Entscheidungsgründe (§ 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO), greift nicht durch. Zwar trifft der Vorhalt der Beigeladenen zu, dass das LSG als Rechtsgrundlage ausdrücklich nur § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF und nicht § 87 Abs 2f SGB V aF geprüft hat. Ein Urteil ist jedoch nicht als fehlerhaft aufzuheben, solange ungeachtet dessen noch eine Auseinandersetzung mit dem Kern des Vorbringens erkennbar sowie die Argumentation noch nachvollziehbar und verständlich ist (BSG MedR 2007, 614 = USK 2007-26). Dies ist vorliegend der Fall.

23

Das LSG hat - wie schon das Wort "insbesondere" verdeutlicht - in § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF zwar die vorrangig in Frage kommende, jedoch nicht die alleinige Rechtsgrundlage gesehen. Auch hat es am Ende der Urteilsgründe Ausführungen zu § 87 Abs 2f SGB V aF gemacht, indem es dargelegt hat, dass der BewA bzw der eBewA den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit genommen habe, selbst Zuschläge auf den Orientierungswert zu vereinbaren, indem er gerade keine Indikatoren bestimmt habe; diese Ausführungen hat es mit dem Satz beschlossen, der eBewA habe ohne eine entsprechende Kompetenz "nach dem SGB V" selbst eine Entscheidung über Zuschläge getroffen. Damit hat es hinreichend deutlich gemacht, dass es diese Norm zwar gesehen, jedoch nicht ansatzweise als Rechtsgrundlage für geeignet angesehen hat.

24

2. In materieller Hinsicht hat das LSG zu Recht entschieden, dass die vom eBewA im Teil H Nr 5 Sätze 2, 5 und 6 seines Beschlusses vom 17.3.2009 (DÄ 2009, A 726) für das Jahr 2009 sowie im Teil C Nr 3.1 - Sätze 2 und 6 sowie Satz 5, soweit er die Vergütung nach Satz 2 aaO betrifft - seines Beschlusses vom 2.9.2009 (DÄ 2009, A 1907, 1913) für das Jahr 2010 beschlossenen Regelungen rechtswidrig und als Rechtsnormen daher nichtig sind.

25

Die Beschlüsse beinhalten inhaltlich gleichlautend

        

-       

eine Verpflichtung der Partner der Gesamtverträge, die Höhe der für besonders förderungswürdige Leistungen (belegärztliche Leistungen und ambulante Operationen) zu zahlenden Vergütung zu überprüfen und Zuschläge zum Regelfallpunktwert der Euro Gebührenordnung zu beschließen, wenn die für 2009 zu zahlende Vergütung die für 2008 zu zahlende Vergütung unterschreitet,

        

-       

die Vorgabe, dass die Vergütung der so vereinbarten Zuschläge aus den Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler Honorarverluste erfolgt,

        

-       

die Verpflichtung "der betroffenen Krankenkassen", die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung und diese Rückstellungen zweckgebunden fortlaufend um das Vergütungsvolumen der vereinbarten Zuschläge zusätzlich zu erhöhen.

Zum Erlass dieser Regelungen war der eBewA jedoch nicht befugt, da es insoweit an einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung fehlt.

26

a. Die generelle Befugnis des BewA (bzw des eBewA) zum Erlass des Bewertungsmaßstabs (§ 87 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB V)scheidet als Ermächtigungsgrundlage von vornherein aus. Die strittigen Regelungen - insbesondere die Vorgabe einer Nachschusspflicht der Krankenkassen - bewegen sich so weit außerhalb der nach der gesetzlichen Systematik dem BewA in Abgrenzung zu den Kompetenzen der Gesamtvertragspartner zugewiesenen Aufgaben, dass er hierfür einer ausdrücklichen gesonderten gesetzlichen Ermächtigung bedarf.

27

Das Gesetz hat dem BewA durch § 87 SGB V bestimmte originäre Aufgaben übertragen und sie damit der - ansonsten nach § 82 SGB V bestehenden - Zuständigkeit der Bundesmantelvertragspartner entzogen; ihm kommt mithin ein spezieller Aufgabenbereich zu (BSG Beschluss vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/08 B - juris RdNr 11). Schon dieser "spezielle" Aufgabenbereich des BewA lässt es nicht zu, in § 87 SGB V eine Art Generalermächtigung zur Regelung vertragsärztlicher Vergütungstatbestände auf Bundesebene zu sehen. Im Übrigen ließe selbst bei Vorliegen einer Generalermächtigung - wie dies das BSG zu § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) angenommen hat - die Verteilung der Normsetzungskompetenzen im Vertragsarztrecht nicht zu, dass ein Normgeber Regelungen zu Gegenständen der vertragsärztlichen Versorgung trifft, die gesetzlich anderen Normgebern zugewiesen sind(vgl BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 37 - zum GBA).

28

Eine Normsetzungskompetenz des eBewA kann auch nicht ("originär") aus dem ihm grundsätzlich zustehenden weiten Gestaltungsspielraum (vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua)hergeleitet werden. Zwar ist dem BewA - wie auch dem eBewA - bei der Konkretisierung des Inhalts gesetzlicher Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt, wie dies der Senat für die Konkretisierungen nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V aF entschieden hat(zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 27). Diese Gestaltungsfreiheit ist jedoch durch den Umfang der dem BewA gesetzlich eingeräumten Kompetenzen begrenzt, da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung besteht (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 30).

29

b. Der eBewA kann sich bezüglich der strittigen Regelungen auch nicht auf spezielle gesetzliche Ermächtigungen berufen; die Regelungen sind weder durch § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF(s hierzu aa) noch - für das Jahr 2010 - durch § 87 Abs 2f SGB V aF(s hierzu bb) gedeckt.

30

aa. § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V(in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung) kommt als Rechtsgrundlage für die strittigen Regelungen nicht in Betracht.

31

§ 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF gehört systematisch zu den Regelungen über die Vergütung der Ärzte durch arzt- und praxisbezogene RLV, und dort zu den in Abs 4 aaO aF geregelten Aufgaben des BewA. Nach § 87b Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V aF hatte der BewA zum einen Vorgaben zur Umsetzung von § 87b Abs 2 Satz 3, 6 und 7 SGB V aF zu bestimmen(§ 87b Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V aF), dh einerseits zur Abstaffelung der Preise bei einer das RLV überschreitenden Leistungsmenge (Abs 2 Satz 3 aaO), andererseits zu den außerhalb der RLV zu vergütenden Leistungen, zu denen obligatorisch die psychotherapeutischen Leistungen (Abs 2 Satz 6 aaO) sowie fakultativ weitere Leistungen gehören (Abs 2 Satz 7 aaO). Zum anderen hatte er gemäß § 87b Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF zu bestimmen.

32

Diese Vorschriften ermächtigen den eBewA weder dazu, die Partner der Gesamtverträge zu verpflichten, Zuschläge auf die Orientierungswerte gemäß § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF für bestimmte besonders förderungswürdige Leistungen zu vereinbaren(dazu <(1)>), noch dazu, die Finanzierung der Zuschläge aus Rückstellungen vorzugeben (dazu <(2)>). Erst recht berechtigen sie ihn nicht dazu, die "betroffenen Krankenkassen" zu verpflichten, die Gesamtvergütungen zum Zwecke der Auffüllung der Rückstellungen und damit zur Finanzierung der Zuschläge zu erhöhen (hierzu <(3)>).

33

(1) Der eBewA war nicht berechtigt, den regionalen Vertragspartnern die Vereinbarung von Zuschlägen auf die Orientierungswerte für besonders förderungswürdige Leistungen verpflichtend vorzugeben. Die Verpflichtung zur Vereinbarung von Zuschlägen stellt keine zulässige "Vorgabe" zur Umsetzung von § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF dar(s <(a)>). Der eBewA ist - auch in seiner Eigenschaft als "Schiedsorgan" - nicht berechtigt, die regionalen Vertragspartner zum Abschluss einer (fakultativen) Vereinbarung zu verpflichten (dazu <(b)>).

34

Nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF können die KÄV und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bei der Festlegung der Punktwerte einen Zuschlag auf die oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs 2e Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB V aF(nF: von dem Orientierungswert nach § 87 Abs 2e SGB V)vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Die Vertragspartner hatten dabei gemäß dem hier maßgeblichen, bis zum 31.12.2011 geltenden Recht (§ 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF) zwingend die Vorgaben des BewA gemäß § 87 Abs 2f SGB V aF anzuwenden, um eine bundeseinheitliche Anwendung dieser Regelung sicherzustellen(FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 129). Sowohl § 87 Abs 2f SGB V aF als auch § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF sind durch das GKV-Versorgungstrukturgesetz aufgehoben worden. Die Aufhebung des § 87 Abs 2f SGB V aF dient der Stärkung der regionalen Kompetenzen bei den Vereinbarungen(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 61 zu § 87 Abs 2f SGB V aF); die Aufhebung des § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF ist eine Folgeänderung zur Aufhebung des § 87 Abs 2f SGB V aF(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 62 zu § 87a Buchst b Doppelbuchst cc ).

35

(a) Bereits nach dem Wortlaut des § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF haben die regionalen Vertragspartner bei der Vereinbarung von Zuschlägen (nur) die Vorgaben des BewA "gemäß § 87 Abs 2f SGB V" (aF) - also die Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten - anzuwenden. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass für die Vereinbarung von Zuschlägen auch die Vorgaben nach § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF relevant werden könnten, hätte es nahegelegen, auch diese Norm mit aufzuführen.

36

Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die regionalen Vertragspartner alle (wirksamen) Vorgaben des (e)BewA zu beachten haben, handelt es sich bei der Verpflichtung zur Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen nicht um "Vorgaben zur Umsetzung von § 87b Abs 2 S 7 SGB V" (aF). Der Begriff "Vorgaben" (Duden: "Richtlinie") ist prinzipiell sehr weit und ermöglicht insbesondere auch Detailregelungen (Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012, SGB V, K § 87b RdNr 67). Allerdings kann daraus, dass das Gesetz in § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF den Begriff "Vorgaben", an anderer Stelle(§ 84 Abs 7 Satz 1 SGB V) hingegen den Begriff "Rahmenvorgaben" verwendet, nicht generell abgeleitet werden, dass der dem (e)BewA durch § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF eingeräumte Gestaltungsspielraum besonders weit ist. Denn welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 28 unter Hinweis auf BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21).

37

Im Rahmen einer "Vorgabe" ist der (e)BewA berechtigt, insoweit konkrete Regelungen zu treffen, als er einzelne Leistungen bezeichnet, die er als in jedem Fall förderungswürdig ansieht (in diesem Sinne Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand März 2012, § 87b SGB V RdNr 11). Insoweit wird der Rahmen der "Vorgaben" jedenfalls dann noch nicht verlassen, sofern damit lediglich festgelegt wird, welche Leistungen für eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in Frage kommen, aber keine Verpflichtung der Vertragspartner verbunden ist, eine solche Vereinbarung abzuschließen. Ob eine verbindliche Vorgabe mit § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V kompatibel wäre, welcher die Entscheidung darüber, ob überhaupt und welche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden sollen, in das Ermessen ("können") der Gesamtvertragspartner stellt, kann hier offenbleiben. Zu beachten ist allerdings, dass die regionalen Vertragspartner bei ihrer - mit einer Vergütung der Leistungen außerhalb der RLV in engem Zusammenhang stehenden - Entscheidung, ob und für welche Leistungen sie eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütungen vereinbaren wollen (§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), an keinerlei Vorgaben des BewA gebunden sind. Wenn die regionalen Vertragspartner keine Vereinbarung über die extrabudgetäre Vergütung einer bestimmten Leistung treffen, geht eine Vorgabe des BewA, diese Leistung außerhalb der RLV zu vergüten, weitgehend ins Leere.

38

Inhaltlich stehen die Vorgaben des eBewA jedenfalls nicht mit der Ermächtigungsvorschrift in Einklang. § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF bestimmt, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden können, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Nach dem Sachzusammenhang liegt es nahe, dass sich die Vorgaben des BewA nach § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF auf die Kriterien beziehen, anhand derer sich bestimmen lässt, welche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden sollen, etwa auf die Anforderungen an eine besondere Förderungswürdigkeit einer Leistung oder auf die Erforderlichkeit einer extrabudgetären Vergütung; dies schließt - wie dargelegt - auch das Recht ein, konkrete Leistungen zu benennen. Derartige Regelungen enthält der Beschluss des eBewA jedoch nicht. Dieser hat weder derartige Kriterien benannt noch bestimmt, dass die in Rede stehenden Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten sind, sondern dass ihre Vergütung exakt dem Niveau des Jahres 2008 zu entsprechen hat, ganz unabhängig davon, wie sich die Vergütung der einzelnen Arztgruppen nach der Neuausrichtung des Vergütungssystems zum 1.1.2009 darstellt.

39

Verbindliche Festlegungen zur Höhe der für diese Leistungen gezahlten Vergütung sind - selbst wenn der BewA berechtigt wäre, die außerhalb der RLV zu vergütenden Leistungen verbindlich vorzugeben - keine "Vorgaben" an die Vertragspartner zur Vergütung von Leistungen außerhalb der RLV. Dass zu diesen Vorgaben auch die Festsetzung der für diese Leistungen zu zahlenden Vergütung gehört, ist schon deswegen eher fernliegend, weil das Gesetz selbst hierzu Regelungen enthält. Denn jedenfalls dann, wenn die besonders zu fördernden Leistungen zugleich außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden, sind diese Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten (vgl § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V). Insbesondere aber gilt, dass selbst dann, wenn der (e)BewA verbindliche Vorgaben zur Höhe der Vergütung für die außerhalb der RLV vergüteten Leistungen machen dürfte, dies lediglich die Ebene des § 87b SGB V aF und damit die Ebene der Honorarverteilung betreffen könnte. Demgegenüber handelt es sich bei der Frage, ob Zuschläge auf den Orientierungswert gezahlt werden, um eine Regelung, die die Ebene der (Gesamt-)Vergütung nach § 87a SGB V betrifft. Zu diesem Regelungsbereich darf der (e)BewA jedoch - unabhängig von der Auslegung des § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF - keinerlei Vorgaben machen, da das Gesetz solche für eine Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung gerade nicht vorsieht.

40

(b) Darüber hinaus ist der eBewA nicht berechtigt, den Inhalt der Vereinbarung festzusetzen, wenn die regionalen Vertragspartner über die Vereinbarung von Zuschlägen keine Einigung erzielt haben. Eine entsprechende Kompetenz steht ihm - auch in seiner Eigenschaft als "Schiedsorgan" - nicht zu.

41

(aa) Dass die Berechtigung des eBewA, Vorgaben zu bestimmten Regelungen zu machen, nicht auch das Recht umfasst, die Vereinbarung von Zuschlägen verpflichtend vorzugeben, ergibt sich bereits daraus, dass der eBewA andernfalls in die gesetzlich bestimmten Kompetenzen der Partner der Gesamtverträge bzw der Landesschiedsämter nach § 89 SGB V eingreifen würde. § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V ermächtigt die regionalen Vertragspartner zur Vereinbarung von Zuschlägen, gibt deren Vereinbarung aber nicht verpflichtend vor. Nach der Rechtsprechung des Senats hat eine Vertragspartei zwar auch bei fakultativen Vergütungsregelungen grundsätzlich die rechtliche Möglichkeit, das Schiedsamt anzurufen (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); dies gilt auch für Vereinbarungen nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V. Die Festsetzung solcher Zuschläge wäre jedoch Aufgabe der jeweiligen Schiedsämter auf Landesebene, nicht des allein auf Bundesebene tätigen eBewA.

42

(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der besonderen Funktion des eBewA als Schiedsorgan.

43

Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich sowohl beim "einfachen" wie auch beim eBewA um ein "Vertragsorgan" (stRspr des BSG: BSGE 73, 131, 133 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 20; BSGE 90, 61, 64 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 203; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 65; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 26); das Handeln der Bewertungsausschüsse wird den Partnern der Bundesmantelverträge als eigenes zugerechnet (BSGE 89, 259, 263 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 191; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2 RdNr 65). Dass der Bewertungsmaßstab bzw die sonstigen vom Bewertungsausschuss zu treffenden Entscheidungen ggf in einem schiedsamtsähnlichen Verfahren durch den eBewA festgesetzt wird, ändert nichts daran, dass es sich dabei um vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der KÄBV handelt (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66). Die in § 87 Abs 4 SGB V vorgesehene Erweiterung des BewA um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden stellt ein in den Normsetzungsvorgang inkorporiertes Schiedsverfahren dar(BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66, 75). Der eBewA tritt dabei an die Stelle des ansonsten bei Nichtzustandekommen von Verträgen über die vertragsärztliche Versorgung auf Bundesebene zuständigen Schiedsamtes nach § 89 Abs 4 SGB V, dessen Funktionen er insoweit wahrnimmt(BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66, 75).

44

Weder aus seinem Charakter als Vertragsorgan noch aus der schiedsamtsähnlichen Funktion des eBewA kann jedoch dessen Berechtigung abgeleitet werden, den regionalen Vertragspartnern den Abschluss von solchen Vereinbarungen vorzuschreiben, die nach der gesetzlichen Verteilung der Normsetzungskompetenzen allein in deren Zuständigkeit fallen. Der Regelungsspielraum des eBewA ist auf die Materie beschränkt, die auch der BewA einvernehmlich regeln könnte. Das Gesetz hat dem BewA bestimmte originäre Aufgaben übertragen; er hat einen "speziellen Aufgabenbereich" (vgl BSG Beschluss vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/08 B - juris RdNr 11). Darüber hinausgehende Gestaltungsmacht steht ihm nicht zu. Aus seinem Charakter als "Vertragsorgan" ergibt sich nichts anderes. Diese Bezeichnung umschreibt lediglich die Funktion des BewA innerhalb der ihm übertragenen Aufgaben. Selbst dann, wenn man - unter Umgehung der Kompetenzen des Bundesschiedsamtes - dem eBewA dieselbe Gestaltungsmacht wie den ihn tragenden Organisationen - also den Bundesmantelvertragspartnern KÄBV und Spitzenverband Bund der Krankenkassen - einräumen würde, er also (grundsätzlich) das regeln könnte, was auch diese Vertragspartner regeln dürften, besäße er ebenso wenig wie diese die Kompetenz, Materien zu regeln, die nach der gesetzlich vorgegebenen Aufgabenverteilung ausschließlich den regionalen Vertragspartnern zugewiesen worden sind.

45

(2) Mangels entsprechender gesetzlicher Ermächtigung durfte der eBewA auch nicht vorgeben, dass die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen aus den nach § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF gebildeten Rückstellungen zu finanzieren sind. Die in § 87b Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF enthaltene Ermächtigung des BewA, Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen zu bestimmen, trägt dies nicht.

46

(a) Gemäß § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF können Anteile der Vergütungssumme nach § 87b Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB V aF - dh der nach § 87a Abs 3 SGB V insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen - für die Bildung von Rückstellungen verwendet werden. Die Norm richtet sich allein an die KÄVen, von denen die Rückstellungen zu bilden sind. Der Annahme, dass auch die Krankenkassen zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet werden sollten, steht schon entgegen, dass die Rückstellungen - wie sich eindeutig aus dem Gesetz ergibt - aus Anteilen der von ihnen zu zahlenden Gesamtvergütungen zu bilden sind.

47

In die sich aus § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF ergebenden Kompetenzen der KÄVen greift der eBewA - ohne hierzu ermächtigt zu sein - ein, wenn er vorgibt, dass die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Rückstellungen zu finanzieren sind. Zum einen steht es den KÄVen (grundsätzlich) frei, ob sie überhaupt Rückstellungen bilden, wie sich schon daraus ergibt, dass nach § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF Anteile der Gesamtvergütungen zur Bildung von Rückstellungen verwendet werden "können". Das Gesetz enthält also keine zwingende Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen, sondern räumt dem Normunterworfenen ein (Handlungs-)Ermessen ein. Die Entscheidung hierüber kann nicht von einem Dritten - dem eBewA - vorgegeben werden. Zum anderen entscheiden auch über die Verwendung der Rücklagen grundsätzlich allein die KÄVen (in diesem Sinne auch Rompf in Liebold-Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Mai 2012, § 87b SGB V RdNr C 87b-16), da dies Teil ihrer Honorarverteilungsautonomie ist. Ob insoweit nach dem bis zum 31.12.2011 geltenden Recht ein Mitentscheidungsrecht der in die Regelung der Honorarverteilung eingebundenen Krankenkassen bestand, bedarf hier keiner Entscheidung.

48

(b) Eine rechtliche Grundlage für die Verpflichtung, die Zuschläge aus den Rückstellungen zu finanzieren, ergibt sich auch nicht daraus, dass der (e)BewA gemäß § 87b Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen zu bestimmen hat.

49

(aa) Dem steht schon entgegen, dass dem eBewA insoweit - abweichend von den übrigen Regelungen ("Vorgaben") - lediglich die Bestimmung von "Grundsätzen" übertragen worden ist. Auch in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/4247 S 43 zu § 87b Abs 4)wird ausdrücklich betont, dass "die Vorgaben" des BewA insoweit "auf Grundsätze beschränkt" bleiben. Damit obliegt es ihm allein, einen allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Bildung von Rückstellungen vorzugeben. Der BewA kann zur Bildung angemessener Rückstellungen anregen und Hinweise für eine sachgerechte Ausrichtung eines Rückstellungsfonds geben; er darf aber weder den Umfang der zu bildenden Rückstellungen noch deren Verwendung im Einzelnen vorgeben. Dieser Rahmen wird durch die strittige Regelung überschritten.

50

(bb) Auch inhaltlich hat der eBewA den Rahmen von "Grundsätzen zu Rückstellungen" verlassen, wenn er vorgibt, gerade die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Rückstellungen zu finanzieren. Zum einen hat der eBewA im Ergebnis überhaupt keine Regelung zur Bildung bzw zur Verwendung der Rückstellungen getroffen, weil er zugleich vorgeschrieben hat, dass die Gesamtvergütungen zur Auffüllung der Rückstellungen und damit zur (endgültigen) Finanzierung der Zuschläge entsprechend zu erhöhen sind. Für den Rückstellungsfonds bilden die Zuschläge damit lediglich einen "durchlaufenden Posten"; die Finanzierung der Zuschläge über die Rückstellungen erweist sich als ein Umweg zur Erreichung des Ziels höherer Zahlungen der Krankenkassen für bestimmte belegärztliche und operative Leistungen.

51

Zum anderen betrifft § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF die Bildung von Rückstellungen aus "Anteile(n) der Vergütungssumme nach Satz 2 Nr 1", also aus Anteilen an den vereinbarten Gesamtvergütungen. Es wäre kaum nachvollziehbar, Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Gesamtvergütungen bzw aus daraus gebildeten Rückstellungen zu finanzieren, weil die Vergütung dieser Leistungen gerade außerhalb der Gesamtvergütungen erfolgt. Es würden also Mittel zur Finanzierung der Zuschläge herangezogen, die überhaupt nicht zur Vergütung der hiervon betroffenen Leistungen gezahlt worden sind.

52

Der eBewA hat nicht nur bestimmt, dass belegärztliche Leistungen sowie Leistungen des ambulanten Operierens außerhalb der RLV vergütet werden (vgl Teil F Nr 2.2 iVm Teil B Nr 1.3 Nr 1 iVm Teil A Nr 1.2 Nr 3 und 4 des Beschlusses vom 27./28.8.2008, DÄ 2008, A 1988, 1989, 1992), sondern zugleich geregelt, dass ua belegärztliche Leistungen sowie Leistungen des ambulanten Operierens bei der Ermittlung des für die Bestimmung des Orientierungswertes maßgeblichen Finanzvolumens unberücksichtigt bleiben (Teil A Nr 1.2 Nr 3 und 4 aaO). Damit hat er berücksichtigt, dass die betroffenen Leistungen zugleich auch außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden. Auch wenn das bis zum 31.12.2008 geltende Recht keine § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V in der ab 2009 geltenden Fassung entsprechende Regelung enthielt, entsprach es auch zuvor gerade für die vorliegend in Rede stehenden Leistungen gängiger Praxis, dass die regionalen Vertragspartner für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen, eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütungen vereinbart hatten.

53

Bezüglich der belegärztlichen Leistungen gab es hierzu eine "Bundesempfehlung gemäß § 86 SGB V der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Finanzierung der Einführung eines Kapitels für belegärztliche Leistungen (Kapitel 36) in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)", die mit Wirkung vom 1.4.2007 getroffen wurde (bekanntgemacht als CD-Beilage zu DÄ 2007 Heft 12, vgl DÄ 2007, A 806). Diese sah unter Ziff 2 Satz 1 vor, dass eine Finanzierung der belegärztlichen Leistungen außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung auf der Grundlage fester, angemessener Punktwerte erfolgt.

54

Dass der eBewA davon ausgeht, dass die in Rede stehenden Leistungen nicht allein außerhalb der RLV, sondern auch außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden, ergibt sich auch aus Teil C Ziff 3.1 Satz 5 seines Beschlusses vom 2.9.2009 (DÄ 2009, A 1913), in dem er - insoweit abweichend von seinem vorangegangenen Beschluss - ausdrücklich bestimmt hat, dass die Vergütung der nach Satz 2 bis 4 vereinbarten Zuschläge "für außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanzierten Leistungen" aus den Rückstellungen erfolgt. Auch der Senat ist in seinem Urteil vom 21.3.2012 (B 6 KA 21/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) davon ausgegangen, dass der eBewA mit seinen Vorgaben zur Ermittlung des Finanzvolumens und der Leistungsmenge zugleich auch - wenn auch nicht abschließend - die Leistungen benannt hat, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden (aaO RdNr 25, 26).

55

(3) Schließlich fehlt dem eBewA eine gesetzliche Grundlage dafür, die Krankenkassen zu verpflichten, zur Finanzierung der Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen zu erhöhen, indem die Rückstellungen aufgefüllt werden.

56

(a) Soweit der eBewA die Krankenkassen damit (auch) zur Erhöhung "dieser Rückstellungen" - dh zum Ausgleich der für die Finanzierung der Zuschläge entnommenen Teile der Rückstellungen - verpflichtet hat, ist dies schon deshalb nicht gesetzeskonform, weil die Bildung der Rückstellungen nach § 87b Abs 3 Satz 5 SGB V aF (wie auch deren Auffüllung) nicht in den Aufgabenbereich der Krankenkassen fällt, sondern allein den KÄVen obliegt.

57

(b) Der Verpflichtung, zur Finanzierung der Zuschläge die Gesamtvergütungen zu erhöhen, steht entgegen, dass die in Rede stehenden Leistungen gerade nicht aus den Gesamtvergütungen vergütet werden. Das Gesetz selbst enthält keine Bestimmungen dazu, wie die nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V vereinbarten Zuschläge zu finanzieren sind. Dies legt nahe, dass ihre Finanzierung sich nach denjenigen Regelungen richtet, die für die Leistungen gelten, für die die Zuschläge gezahlt werden; mithin erfolgt die Finanzierung im Regelfall aus den Gesamtvergütungen, bei extrabudgetär vergüteten Leistungen aus den dazu vereinbarten Beträgen. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass die Finanzierung der Zuschläge nicht aus den Mitteln erfolgen sollte, die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen von den Krankenkassen zur Vergütung der betreffenden Leistungen zu zahlen sind, hätte er dies ausdrücklich regeln können und müssen. Da die in Rede stehenden Leistungen - wie dargestellt (s unter RdNr 52 ff) - aus den hierfür außerhalb der Gesamtvergütungen entrichteten Zahlungen der Krankenkassen vergütet werden, folgt daraus, dass auch etwaige Zuschläge für diese Leistungen aus den extrabudgetären Zahlungen zu finanzieren sind. Daher geht auch das Argument fehl, dass eine "Nachschusspflicht" der Krankenkassen zur Finanzierung der Zuschläge schon deswegen erforderlich sei, um weitere Honorarverwerfungen zu Lasten der übrigen Vertragsärzte zu vermeiden.

58

(c) Zudem widerspricht die Verpflichtung "der Krankenkassen", (nachträglich) höhere Gesamtvergütungen zu leisten, den für die Vereinbarung und Entrichtung der Gesamtvergütungen maßgeblichen Grundsätzen.

59

§ 87a Abs 3 Satz 1 SGB V verpflichtet die regionalen Vertragspartner, die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die KÄV zu zahlenden (morbiditätsbedingten) Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV zu vereinbaren. Damit werden insoweit die klassischen Elemente des bisherigen Vergütungsrechts übernommen, nämlich die Vereinbarung einer die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen abgeltenden Vergütung, die befreiende Wirkung der Zahlung sowie die Geltung des Wohnortprinzips (Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012, SGB V, K § 87a RdNr 24). Die Regelung entspricht inhaltlich weitgehend § 85 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V. Mit diesen gesetzlichen Vorgaben ist eine Verpflichtung der Krankenkassen zu einer nachträglichen Erhöhung der Gesamtvergütungen nicht vereinbar (s unter ); erst recht gilt dies für entsprechende Vorgaben durch die Normgeber auf Bundesebene (s unter ).

60

(aa) Eine nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen sieht das Gesetz - grundsätzlich - nicht vor; die Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nicht einschlägig.

61

Die Gesamtvergütung ist nach der gesetzlichen Definition des § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen. Sie ist als die Summe der Vergütungen zu verstehen, die eine Krankenkasse für sämtliche zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Leistungen zu entrichten hat, die in einem Kalendervierteljahr von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden zugelassenen Ärzten (einschließlich der Psychotherapeuten) und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen und in Notfällen auch von sonst nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen im Geltungsbereich des SGB V erbracht wurden. Der Begriff "Gesamtvergütung" stellt klar, dass die Krankenkassen mit dieser Vergütung die Gesamtheit der von den KÄVen gemäß § 75 Abs 1 SGB V sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung abgelten(vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 40 S 323; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 9 RdNr 25). Eine Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung ist nur zulässig, soweit dies das Gesetz ausdrücklich vorsieht (Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012, SGB V, K § 87a RdNr 25).

62

Ungeachtet dessen, dass bereits der Begriff "Gesamtvergütung" diese Konsequenz nahelegt, ist im Gesetz zudem ausdrücklich bestimmt, dass die Zahlung der Gesamtvergütung "mit befreiender Wirkung" erfolgt (vgl § 85 Abs 1 SGB V, § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V). Damit ist klargestellt, dass mit der Zahlung der Gesamtvergütung (grundsätzlich) alle Vergütungsansprüche aus den im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen für den jeweiligen Vergütungszeitraum abgegolten sind und die Krankenkasse von ihren finanziellen Lasten für die vertragsärztliche Versorgung befreit wird (s schon BSGE 19, 270, 272 = SozR Nr 2 zu § 368 d RVO, S Aa4). Daraus folgt, dass Nachforderungen der KÄVen, etwa im Hinblick auf einen Anstieg der Leistungsmenge oder der zugelassenen Ärzte, regelmäßig ausgeschlossen sind (stRspr des BSG, vgl BSGE 80, 48, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 19 S 123; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 120; BSGE 95, 141 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 23), weil die Krankenkassen ihrerseits von den Versicherten nachträglich keine höheren Beiträge einziehen können (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 228/229)und daher Nachforderungen von einem anders zusammengesetzten Versichertenkollektiv zu finanzieren wären (BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17). Diese Befreiungswirkung ist ein zentrales und unverzichtbares Element des (gegenwärtigen) vertragsärztlichen Vergütungssystems (BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17).

63

Daran hat sich - soweit vorliegend relevant - auch unter der Geltung des neuen Vergütungssystems nichts geändert. Zwar sieht § 87a Abs 3a Satz 4 SGB V die nachträgliche Berücksichtigung von Veränderungen bei der Zahl der Versicherten vor; zudem führt der Übergang des Morbiditätsrisikos auf die Krankenkassen dazu, dass Leistungen nachträglich zu vergüten sind, die über den vereinbarten Behandlungsbedarf hinausgehen, sofern sie sich aus einem unvorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben. Auch der letztgenannte Gesichtspunkt ist jedoch nicht geeignet, die vom eBewA vorgegebene nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen zu rechtfertigen. Dies würde - neben der Frage der Vorhersehbarkeit - zunächst voraussetzen, dass überhaupt ein (medizinisch begründeter) Anstieg des Behandlungsbedarfs gegeben war. Schon hieran fehlt es. Ein derartiger Anstieg lag weder vor noch war ein solcher Veranlassung für die (strittige) Beschlussfassung des eBewA; diesem ging es vielmehr allein darum, die Vergütung der ohnehin erbrachten Leistungen zu erhöhen. Eine Aufrechterhaltung des bisherigen Vergütungsniveaus der Vertragsärzte sieht das Gesetz als Grund für nachträgliche Erhöhungen jedoch nicht vor.

64

Schließlich liegt auch keine Ausnahme vor, wie sie der Senat in seinem Urteil vom 28.1.2004 (B 6 KA 52/03 R - BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 35)für bestimmte psychotherapeutische Leistungen angenommen hat. Dort hat er ausgeführt, dass "in der hier bestehenden besonderen Konstellation, dass nämlich das Vergütungsniveau einer Gruppe von Leistungserbringern maßgeblich durch für die einzelne KÄV verbindliche Vorgaben des Bewertungsausschusses beeinflusst" werde, auch die Notwendigkeit einer Anpassung der Gesamtvergütungen bestehen könne. Die Partner der Gesamtverträge müssten berücksichtigen, dass die auf der Grundlage eines nunmehr als rechtswidrig erkannten Beschlusses des BewA zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile zu niedrig veranschlagt worden seien. Auf der Basis einer geänderten Rechtsgrundlage, wie sie vom BewA zu schaffen sei, könne sich die Notwendigkeit ergeben, auch die Höhe der Gesamtvergütung zu modifizieren.

65

Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass bezüglich des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008 eine vergleichbare Situation vorliegt. Nachschusspflichten der Krankenkassen - außerhalb der im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle - müssen auf besondere Ausnahmesituationen beschränkt bleiben (vgl BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17: "Nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen …"). Die vom BSG für eine ausnahmsweise Abweichung aufgezeigten Voraussetzungen liegen nicht vor, weil der Beschluss des eBewA weder die vom BSG beschriebenen Folgen hatte noch überhaupt rechtswidrig war.

66

Dass aufgrund des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008, dessen Folgen nach dem Vortrag der Beigeladenen korrigiert werden sollten, die zur Verfügung gestellten "Gesamtvergütungsanteile" zu niedrig veranschlagt worden sind, trifft schon deswegen nicht zu, weil die belegärztlichen Leistungen und die Leistungen des ambulanten Operierens außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden und deshalb bei der Ermittlung des für die Bestimmung des Orientierungswerts maßgeblichen Finanzvolumens außer Betracht gelassen wurden (vgl Teil A Nr 1.2 des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008, DÄ 2008, A 1988). Soweit es ab dem Jahr 2009 in bestimmten KÄV-Bezirken zu geringeren Zahlungen der Krankenkassen für die betreffenden Leistungen gekommen sein sollte, wäre dies darauf zurückzuführen, dass die Preise der Euro-Gebührenordnung niedriger sind als die sich im Jahr 2008 aus den Punktzahlen des EBM-Ä und dem vertraglich vereinbarten Punktwert ergebende Vergütung. Dies ist aber keine Folge des Beschlusses des eBewA, sondern der gesetzlichen Vorgabe, dass auch die Vergütung der extrabudgetären Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu erfolgen hat (§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V). Darüber hinaus war der Beschluss des eBewA vom 27./28.8.2008 - in Bezug auf die Vergütung besonders förderungswürdiger Leistungen - nicht rechtswidrig, sondern entsprach sowohl inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben als auch in seiner Wirkung der vom Gesetzgeber angestrebten und vorgegebenen (grundsätzlichen) Nivellierung von Vergütungsunterschieden zwischen den KÄV-Bezirken.

67

(bb) Im Übrigen resultierte selbst dann, wenn in der Sache eine ausnahmsweise Verpflichtung der Krankenkassen zur nachträglichen Erhöhung der Gesamtvergütungen bestünde, hieraus nicht das Recht des eBewA, "den Krankenkassen" eine entsprechende Erhöhung vorzugeben. Die Vorgabe des eBewA stellt zum einen einen Eingriff in die Kompetenz und die Autonomie der regionalen Gesamtvertragspartner dar, denn nach den gesetzlichen Vorgaben steht allein ihnen - nicht den Vertragspartner bzw Normgebern auf Bundesebene - das Recht zu, die Höhe der Gesamtvergütungen zu vereinbaren. Daran hat sich im Kern auch dadurch nichts geändert, dass die Höhe der Gesamtvergütungen nicht mehr - unter Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität - "frei" ausgehandelt werden kann, sondern sich (weitgehend) aus den Vorgaben des Gesetzes und - jedenfalls in der Zeit zwischen 2009 bis Ende 2011 - des BewA (vgl § 87a Abs 5 SGB V aF)ergibt, denn ungeachtet dessen sieht das Gesetz weiterhin eine "Vereinbarung" der Gesamtvergütung vor (vgl § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V).

68

Zum anderen gilt (weiterhin) die gesetzliche Vorgabe, dass die "Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen" durch Gesamtverträge geregelt werden (§ 82 Abs 2 Satz 1 SGB V) und die Gesamtvergütungen "nach Maßgabe der Gesamtverträge" entrichtet werden (§ 85 Abs 1 SGB V). Auch für den vertragsärztlichen Bereich hat sich durch § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V hieran nichts geändert. Die vertragliche Vereinbarung in der normativen Form einer gesamtvertraglichen Regelung ist Rechtsgrundlage für die Zahlung der Gesamtvergütung. Bestünde - materiell-rechtlich - eine Nachschusspflicht der Krankenkassen, hätte die KÄV Anspruch auf eine Änderung der Gesamtvergütungsvereinbarung und könnte dies ggf über das Schiedsamt oder gerichtlich durchsetzen.

69

bb. Eine rechtliche Grundlage für die strittigen Vorgaben in den Beschlüssen des eBewA vom 17.3. und 2.9.2009 ergibt sich auch nicht aus § 87 Abs 2f SGB V aF.

70

§ 87 Abs 2f Satz 1 SGB V aF verpflichtete den BewA, jährlich Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V festzulegen, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten nach § 87 Abs 2e Satz 1 SGB V aF abgewichen werden konnte. Diese Bestimmung korrespondierte mit der Regelung des § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V, welche die Vertragspartner auf regionaler Ebene ermächtigt, bei der Festlegung der Punktwerte einen Zuschlag auf oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs 2e Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB V aF(nF: von dem Orientierungswert nach § 87 Abs 2e SGB V)zu vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Die regionalen Vertragspartner hatten dabei gemäß § 87a Abs 2 S 3 SGB V aF zwingend die Vorgaben des BewA nach § 87 Abs 2f SGB V aF anzuwenden. Dies sollte sicherstellen, dass bei der Vereinbarung von Zu- und Abschlägen bundeseinheitliche Vorgaben angewandt werden, und zugleich, dass regionale Preisunterschiede, welche sachlich nicht gerechtfertigt sind, abgebaut werden (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 119 zu § 85a Abs 2). Als herausgehobene Beispiele ("insbesondere") von Indikatoren für das Vorliegen regionaler Besonderheiten nennt das Gesetz hinsichtlich der Versorgungsstruktur Indikatoren, die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen Fallzahlentwicklung messen, hinsichtlich der Kostenstruktur solche, die Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen Kosten messen (§ 87 Abs 2f Satz 3 und 4 SGB V aF).

71

Für das Jahr 2009 kann aus dieser Vorschrift schon deswegen nichts hergeleitet werden, weil der (e)BewA solche Indikatoren nicht festgelegt hat. Aber auch für das Jahr 2010 ermächtigte § 87 Abs 2f SGB V aF den Beklagten nicht dazu, die strittigen Regelungen zu erlassen, auch wenn er in seinem Beschluss vom 2.9.2009 (Teil C unter 2. und 3.2) diese als "Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur" bezeichnet hat. Dem steht schon entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 87 Abs 2f Satz 1 SGB V aF "auf der Grundlage" dieser Indikatoren "in den regionalen Punktwertvereinbarungen" von den Orientierungswerten abgewichen werden kann. Damit wird zum einen verdeutlicht, dass die Entscheidung über eine Abweichung vom Orientierungswert Gegenstand der regionalen Vereinbarungen und damit Aufgabe der regionalen Vertragspartner ist, und dies nicht auf Bundesebene vorgegeben wird. Zum anderen wird damit klargestellt, dass die Indikatoren lediglich die "Grundlage" für die Vereinbarung von Zuschlägen auf regionaler Ebene darstellen. Daraus folgt, dass die Indikatoren zwar Vorgaben für regionale Vereinbarungen enthalten können, diese aber nicht in der Art ersetzen bzw vorwegnehmen dürfen, dass den Gesamtvertragspartnern keine Handlungsspielräume mehr verbleiben. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, weil der eBewA den regionalen Vertragspartnern die Vereinbarung von Zuschlägen für die in Rede stehenden Leistungen sowohl dem Grunde nach vorgeschrieben als auch deren Höhe verbindlich vorgegeben hat.

72

Zudem hat der eBewA mit den streitigen Teilen seines Beschlusses keine Indikatoren bestimmt. Der Begriff "Indikator" bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch "ein Merkmal, das etwas anzeigt" (Duden); dem entspricht, dass der BewA Indikatoren "zur Messung" regionaler Besonderheiten zu bestimmen hat. Derartige Angaben enthält der Beschluss des eBewA jedoch nicht. Er zeigt nichts an, was von den Vertragsparteien beachtet und umgesetzt werden kann, sondern er verpflichtet unmittelbar. Darüber hinaus bestehen schon Zweifel, ob die vom eBewA für die in Rede stehenden Leistungen angestrebte einheitliche Absicherung des Vergütungsniveaus des Jahres 2008 in allen Regionen unter den Begriff der "Versorgungsstruktur" im Sinne von § 87 Abs 2f Satz 1 SGB V aF subsumiert werden kann. Schon nach dem Gesetzeswortlaut geht es dabei ausschließlich um Indikatoren zur Kosten- und Versorgungsstruktur und nicht um die regionale Honorarhöhe. Der Begriff "Versorgungsstruktur" bezeichnet die strukturellen Gegebenheiten der ambulanten ärztlichen Versorgung der Patienten und damit das Leistungsangebot sowie dessen Inanspruchnahme, wie das gesetzliche Beispiel der "Fallzahlentwicklung" belegt.

73

c. Schließlich rechtfertigen sich die strittigen Beschlussteile auch nicht aus sonstigen Erwägungen.

74

aa. Ein Recht des eBewA, die strittigen Regelungen zu erlassen, ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt einer Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht. Zwar trifft den eBewA als Normgeber grundsätzlich eine entsprechende Verpflichtung, wenn sich im Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen oder die Auswirkungen für einzelne Normadressaten unzumutbar geworden sind (stRspr des BSG, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60/61; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 42). Diese Pflicht erweitert jedoch nicht die Kompetenzen des Normgebers; vielmehr ist dieser allein verpflichtet (wie auch berechtigt), Korrekturen innerhalb dem ihm zustehenden Kompetenzen vorzunehmen.

75

bb. Die strittigen Regelungen rechtfertigen sich schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, weil eine Regelung, die schon von ihrer Richtung oder Struktur prinzipiell systemfremd ist oder nicht mit höherrangigen Vorgaben übereinstimmt, auch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung nicht hingenommen werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 107; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 29). Nichts anderes gilt für eine Regelung, die ein untergesetzlicher Normgeber erlässt, ohne hierzu durch Gesetz ermächtigt worden zu sein.

76

3. Im Ergebnis stellt sich die vom eBewA gewählte Lösung einer Vorgabe von zusätzlich von den Krankenkassen zu finanzierenden Zuschlägen als ein - wenn auch ggf vom BMG empfohlener - technischer Umweg zu Erreichung des Ziels einer den Krankenkassen verbindlich vorgegebenen Erhöhung der von den Krankenkassen geleisteten Zahlungen zur Sicherung des Vergütungsniveaus für belegärztliche Leistungen und solche des ambulanten Operierens dar. Hierfür besteht - wie dargelegt - jedoch keine rechtliche Grundlage, aber auch keine Notwendigkeit, weil der Gesetzgeber den Partnern der Gesamtverträge hinreichende Instrumente zur Verfügung gestellt hat, um eine angemessene Höhe der für diese Leistungen gezahlten Vergütung zu gewährleisten.

77

Eine verbindliche bundesweite Regelung durch den eBewA war schon deswegen nicht zwingend erforderlich, weil auch auf Seiten der Krankenkassen Bereitschaft bestand, an einer - vom Gesetzgeber im Übrigen durch § 121 Abs 4 SGB V für die Ebene des Bewertungsmaßstabs vorgegebenen - angemessenen Vergütung der belegärztlichen Leistungen mitzuwirken. Denn diese haben - jedenfalls auf Spitzenverbandsebene - an der bereits erwähnten Bundesempfehlung zur Finanzierung der belegärztlichen Leistungen mitgewirkt. Danach erfolgt eine Finanzierung der belegärztlichen Leistungen außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung auf der Grundlage fester, angemessener Punktwerte (vgl Ziff 2 Satz 1 der Empfehlung s RdNr 53). Anhaltspunkte dafür, dass es auf regionaler Ebene zu Defiziten bei der Umsetzung dieser Bundesempfehlung gekommen ist, liegen nicht vor. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Bahr ua ergibt sich vielmehr, dass bereits mit Stand 22.10.2007 - also 1½ Jahre vor der Beschlussfassung durch den eBewA - in 10 von 17 KÄV-Bezirken Vereinbarungen zur Umsetzung der extrabudgetären Vergütung belegärztlicher Leistungen getroffen worden waren; in zwei der verbliebenen KÄV-Bezirke war das Schiedsamt angerufen worden, in den übrigen liefen noch Verhandlungen (BT-Drucks 16/6848 S 4). Die auf der Grundlage der Bundesempfehlung geschlossenen regionalen Vereinbarungen über die extrabudgetäre Vergütung bestimmter Leistungen haben durch die Einführung des neuen Vergütungssystems ab dem Jahr 2009 nicht ihre Grundlage verloren. Dem steht schon entgegen, dass das Gesetz - anders als das bisherige Recht - die Vereinbarung extrabudgetärer Vergütungen ausdrücklich zulässt (vgl § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V).

78

Außer Frage steht zwar, dass die gesetzliche Vorgabe, auch diese Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten (vgl § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), dann Probleme aufwerfen kann, wenn die Preise der Euro-Gebührenordnung niedriger sind als die sich im Jahr 2008 aus den Punktzahlen des EBM-Ä und dem vertraglich vereinbarten Punktwert ergebende Vergütung. Die regionalen Vertragspartner haben jedoch gemäß § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V die Möglichkeit, einen Zuschlag auf den Orientierungswert (bzw auf die Orientierungswerte) zu vereinbaren. Der Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen durch die regionalen Vertragspartner steht nicht entgegen, dass diese damit Zuschläge für einzelne Leistungen vereinbaren; dies ist zulässig, wie der Senat bereits entschieden hat (s hierzu BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 35 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Vereinbarung von Zuschlägen ist auch nicht auf den - nur exemplarisch aufgeführten - Gesichtspunkt der regionalen Besonderheiten beschränkt, sondern auch aus anderen Gründen zulässig (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 34, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl auch Hess in Kasseler Komm, Stand April 2012, SGB V, § 87a RdNr 6; Rompf in Liebold-Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Mai 2012, § 87a SGB V RdNr C 87a-7). In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits entschieden, dass die regionalen Vertragspartner bei der Vereinbarung von Zuschlägen berücksichtigen dürfen, dass ein Absinken der Vergütung für besonders förderungswürdige Leistungen zu Sicherstellungsproblemen führen könnte (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 37, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Schließlich steht auch der Umstand, dass der BewA überhaupt keine Vorgaben nach § 87 Abs 2f SGB V aF gemacht hat, der Vereinbarung von Zuschlägen nicht entgegen, da die gesetzlichen Regelungen dem BewA lediglich die Befugnis geben, bundesweit geltende Vorgaben für die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten zu machen, das Fehlen solcher Vorgaben aber regionale Zuschlagsvereinbarungen nicht ausschließt(BSG aaO RdNr 34).

79

Im Übrigen hätte der (e)BewA dann, wenn es aus seiner Sicht infolge der Anwendung der Euro-Gebührenordnung zu einer unangemessen niedrigen Vergütung namentlich der belegärztlichen Leistungen gekommen ist, die Möglichkeit gehabt, die Bewertung dieser Leistungen im Kapitel 36 des EBM-Ä entsprechend anzupassen. Sofern es hierdurch - im Vergleich zu 2008 - dennoch zu regionalen Honorarverlusten gekommen wäre, dürfte dies in Anbetracht der vom Gesetzgeber gewollten Beseitigung sachlich nicht gerechtfertigter Honorarunterschiede hinzunehmen sein, sofern nicht regionale Besonderheiten - namentlich in der Kostenstruktur - eine Abweichung gebieten.

80

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Beigeladene und der Beklagte die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen sind (§ 154 Abs 2 iVm § 159 Satz 1 VwGO).

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Absatz 2e jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß § 87 Absatz 2e vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbart werden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus dem vereinbarten Punktwert nach diesem Absatz und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Absatz 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 3 können auch vertragsärztliche Leistungen sein, die telemedizinisch erbracht werden.

(3) Ebenfalls jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Absatz 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten. Darüber hinausgehende Leistungen, die sich aus einem bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben, sind von den Krankenkassen zeitnah, spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls mit den in der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 enthaltenen Preisen zu vergüten. Von den Krankenkassen sind folgende Leistungen und Zuschläge außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten:

1.
Leistungen im Rahmen der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
2.
Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 sowie Absatz 2c Satz 3 und 4,
3.
Leistungen im Behandlungsfall, die aufgrund der Vermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 und 4 erbracht werden, sofern es sich nicht um Fälle nach § 75 Absatz 1a Satz 8 handelt,
4.
Leistungen im Behandlungsfall bei Weiterbehandlung eines Patienten durch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach Vermittlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,
5.
bis zum 31. Dezember 2022 Leistungen im Behandlungsfall, die von Ärzten, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens zwei Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden,
6.
Leistungen im Behandlungsfall, die im Rahmen von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche ohne vorherige Terminvereinbarung gemäß § 19a Absatz 1 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden; bei einem reduzierten Versorgungsauftrag ist die Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche gemäß § 19a Absatz 1 Satz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte begrenzt,
7.
die regelmäßige Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes und
8.
ab dem 1. April 2023 kinder- und jugendpsychiatrische Grundversorgung, Gespräche, Beratungen, Erörterungen, Abklärungen, Anleitung von Bezugs- oder Kontaktpersonen, Betreuung sowie kontinuierliche Mitbetreuung in häuslicher Umgebung oder in beschützenden Einrichtungen oder Heimen.
Darüber hinaus können Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder wenn dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen sind, begrenzt auf ein Jahr zu bereinigen. Zudem haben sie unter Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss zu beschließenden Vorgaben nach Satz 10 vierteljährlich ein für die Kassenärztliche Vereinigung spezifisch durchzuführendes Korrekturverfahren zu vereinbaren, mit dem bei der Bereinigung nach Satz 7 nicht berücksichtigte Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen berücksichtigt werden. Das Korrekturverfahren erfolgt für vier Quartale beginnend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021; der Zeitraum wird verlängert, wenn die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht bis zum 30. Juni 2021 gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes aufgehoben wird, und endet ein Jahr nach deren Aufhebung zum Ende des dann laufenden Quartals. Der Bewertungsausschuss beschließt nach Maßgabe der Sätze 11 und 12 Vorgaben zum Korrekturverfahren einschließlich der jeweiligen Korrekturbeträge der Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen, um die nach Satz 1 vereinbarte Gesamtvergütung basiswirksam zusätzlich zur Bereinigung nach Satz 7 zu bereinigen. Der Korrekturbetrag für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen wird quartalsweise für jede Kassenärztliche Vereinigung ermittelt auf der Grundlage des aus den Abrechnungsdaten des Jahres 2018, unter Berücksichtigung der Abrechnungsdaten der Jahre 2016 und 2017, abgeleiteten zu erwartenden Verhältnisses aus dem Punktzahlvolumen für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen zum Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen bei rechnerischer Anwendung dieses Verhältnisses auf das Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im zu bereinigenden Quartal nach Satz 9; von dem ermittelten Korrekturbetrag in Abzug zu bringen ist die bereits nach Satz 7 erfolgte Bereinigung für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen. Für die Ermittlung des Korrekturbetrags für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen gilt Satz 11 entsprechend mit der Maßgabe, dass das zu erwartende Verhältnis aus einer empirisch zu bestimmenden Quote ermittelt wird, die sich am höchsten Anteil des Punktzahlvolumens für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen an dem Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung in einem Quartal im Bereinigungszeitraum nach Satz 7 bemisst. Ab dem 1. Januar 2023 sind die in Satz 5 Nummer 3, 4 und 6 genannten Leistungen bei der Abrechnung zu kennzeichnen. Das Bereinigungsvolumen nach den Sätzen 7 bis 12 für Leistungen nach Satz 5 Nummer 5 wird im Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung rückgeführt, wobei vereinbarte Anpassungen des Punktwertes und des Behandlungsbedarfs seit der Bereinigung zu berücksichtigen sind; der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 30. November 2022 entsprechende Vorgaben. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben ab dem Jahr 2023 in jedem Quartal die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Satz 1 unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals zu bereinigen, wenn und soweit das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen der in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen der einzelnen Arztgruppen das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen dieser Leistungen im Vorjahresquartal um 3 Prozent übersteigt. Die arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Der Bewertungsausschuss beschließt das Nähere zur Bereinigung nach Satz 15 bis spätestens zum 31. März 2023. Der Bewertungsausschuss evaluiert, ob und wieweit durch die Vergütung der Leistungen nach Satz 5 Nummer 6 außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Zeitraum eine Verbesserung des Zugangs zur fachärztlichen Versorgung eingetreten ist. Das Verfahren der Evaluierung bestimmt der Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 über die Ergebnisse der Evaluierung zu berichten. Die Evaluierung umfasst auch die Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 und Absatz 2c Satz 3 und 4. Abweichend von Satz 20 hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich, erstmals bis zum 30. September 2023, über die Ergebnisse der Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 Nummer 1 und Absatz 2c Satz 3 Nummer 1 zu berichten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 8 genannten Leistungen für vier Quartale zu bereinigen. Hierzu wird die Leistungsmenge der Leistungen nach Satz 5 Nummer 8 aus dem Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Auszahlungsquote dieser Leistungen im Vorjahresquartal ermittelt. Die Auszahlungsquote ist von der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Die Bereinigung darf nicht zu Lasten anderer Arztgruppen gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden. Das Nähere regelt der Bewertungsausschuss.

(3a) Für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind die Leistungen abweichend von Absatz 3 Satz 3 und 4 von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der Kassenärztlichen Vereinigung gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Weichen die nach Absatz 2 Satz 5 vereinbarten Preise von den Preisen nach Satz 1 ab, so ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Zahl der Versicherten nach Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend der Zahl der auf den zugrunde gelegten Zeitraum entfallenden Versichertentage zu ermitteln. Weicht die bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu Grunde gelegte Zahl der Versicherten von der tatsächlichen Zahl der Versicherten im Vereinbarungszeitraum ab, ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 5 sind auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu zahlende Gesamtvergütung anzurechnen.

(3b) Die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen sind ab dem 1. April 2023 von den Krankenkassen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vollständig zu vergüten. Abweichend von § 85 Absatz 1 und abweichend von Absatz 3 Satz 1 wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung hinsichtlich der Vergütung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien vereinbaren Zuschläge zur Förderung der Kinder- und Jugendmedizin, soweit die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten abgerechneten Leistungen die festgesetzte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausschöpfen. Für die erstmalige Festsetzung der auf die Leistungen nach § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ist das Honorarvolumen zugrunde zu legen, das für die Leistungen im zweiten Quartal 2022 gemäß dem Verteilungsmaßstab ausgezahlt worden ist. Sofern dieses Honorarvolumen Zuschläge enthält, haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 diese Zuschläge in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vereinbaren. Für die Zuschläge nach den Sätzen 3 und 5 sowie nach § 87a Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt Satz 2 nicht. Der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Festsetzung der auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die erstmalig rückwirkend zum 1. April 2023 für das laufende Kalenderjahr und danach jährlich für das folgende Kalenderjahr zu erfolgen hat. Zudem beschließt der Bewertungsausschuss bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Ermittlung des auf die jeweilige Krankenkasse entfallenden Anteils an Ausgleichszahlungen, der sich nach ihrem jeweiligen leistungsmengenbezogenen Anteil an dieser Ausgleichszahlung bemisst. Eine Ausgleichszahlung ist dann zu leisten, wenn die auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausreicht, um die vollständige Vergütung nach Satz 1 zu gewährleisten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien haben sich auf ein Verfahren zu verständigen, nach dem die Kassenärztliche Vereinigung die Entwicklung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen und von deren Vergütungen gegenüber den Krankenkassen nachweist. Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 3 Satz 5 Nummer 8, dieses Absatzes sowie der Regelungen in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz insbesondere auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Honorare sowie die Ausgaben der Krankenkassen und berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2025 über die Ergebnisse.

(4) Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf sind insbesondere Veränderungen

1.
der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
2.
der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
3.
von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen,
4.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und
5.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung;
dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf nach Satz 1 für eine Krankenkasse ist ihr jeweiliger Anteil an dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarf entsprechend ihres aktuellen Anteils an der Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung anzupassen. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ist auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 3 ist ab dem Jahr, in dem die nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilte Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2023 bis 2025 ermittelt wird, allein auf der Grundlage dieser Veränderungsrate zu vereinbaren.

(4a) Über eine mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 einmalige basiswirksame Erhöhung des nach Absatz 4 Satz 1 für das Jahr 2016 angepassten Aufsatzwertes ist in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 im Jahr 2016 zu verhandeln, wenn die jeweils für das Jahr 2014 und jeweils einschließlich der Bereinigungen zu berechnende durchschnittliche an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung die durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten unterschreitet. Die Berechnungen nach Satz 1 werden durch das Institut nach § 87 Absatz 3b Satz 1 durchgeführt. Es teilt den Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 und dem Bundesministerium für Gesundheit das Ergebnis bis spätestens zum 15. September 2016 mit. Eine einmalige basiswirksame Erhöhung des Aufsatzwertes ist nur dann zu vereinbaren, wenn in den Verhandlungen nach Satz 1 festgestellt wird, dass der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Ob und in welchem Umfang der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war, ist von der Kassenärztlichen Vereinigung auch unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme des stationären Sektors nachzuweisen. Der Aufsatzwert ist in dem Umfang zu erhöhen, wie der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Die durch die vereinbarte Erhöhung des Aufsatzwertes einschließlich der Bereinigungen sich ergebende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung im Jahr 2014 darf die für das Jahr 2014 berechnete durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet einschließlich der Bereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten nicht übersteigen. Die Erhöhung erfolgt um einen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für alle Krankenkassen einheitlichen Faktor. Die vereinbarte Erhöhung kann auch schrittweise über mehrere Jahre verteilt werden. Die zusätzlichen Mittel sind zur Verbesserung der Versorgungsstruktur einzusetzen. Umverteilungen zu Lasten anderer Kassenärztlicher Vereinigungen sind auszuschließen.

(5) Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen

1.
zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach Absatz 3 Satz 4,
2.
zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sowie
3.
zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.
Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss den in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartnern die Ergebnisse der Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 mit. Das Institut des Bewertungsausschusses errechnet für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung zwei einheitliche Veränderungsraten, wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 und die andere Rate auf demografischen Kriterien (Alter und Geschlecht) basiert. Die Veränderungsraten werden auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 Teil B Nummer 2.3 bestimmt mit der Maßgabe, die Datengrundlagen zu aktualisieren. Zur Ermittlung der diagnosenbezogenen Rate ist das geltende Modell des Klassifikationsverfahrens anzuwenden. Der Bewertungsausschuss kann das Modell in bestimmten Zeitabständen auf seine weitere Eignung für die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung überprüfen und fortentwickeln. Der Bewertungsausschuss hat zudem Vorgaben für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen sowie zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 und der Anteile der einzelnen Krankenkassen nach Absatz 4 Satz 2 zu beschließen; er kann darüber hinaus insbesondere Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 bis 5 und Satz 3 und 4 sowie ein Verfahren zur Bereinigung der Relativgewichte des Klassifikationsverfahrens im Falle von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 5 und 6 beschließen. Die Empfehlungen nach Satz 1 sowie die Vorgaben nach Satz 7 sind jährlich bis spätestens zum 31. August zu beschließen; die Mitteilungen nach Satz 2 erfolgen jährlich bis spätestens zum 15. September. Der Bewertungsausschuss beschließt geeignete pauschalierende Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den Fällen des § 73b Absatz 7 Satz 7 und 8. In den Vorgaben zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 sind auch Vorgaben zu beschließen, die die Aufsatzwerte einmalig und basiswirksam jeweils in dem Umfang erhöhen, der dem jeweiligen Betrag der Honorarerhöhung durch die Aufhebung des Investitionskostenabschlags nach § 120 Absatz 3 Satz 2 in der bis einschließlich 31. Dezember 2015 geltenden Fassung entspricht. Ab dem Jahr, in dem die Veränderungsraten auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2020 bis 2022 durch das Institut des Bewertungsausschusses nach Satz 3 errechnet werden, sind Kodiereffekte, die insbesondere durch die Einführung und Aktualisierung der verbindlichen Regelungen nach § 295 Absatz 4 Satz 2 zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach § 295 Absatz 1 Satz 6 entstehen, in den Berechnungen zu bereinigen. Hierzu hat der Bewertungsausschuss ein entsprechendes Verfahren zu beschließen. Der Bewertungsausschuss hat bis zum 1. September 2019 Vorgaben zu beschließen, bei welchen Arztgruppen, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, eine Vergütung nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 5 vorzusehen ist. Soweit erforderlich, beschließt der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a für die von ihm beschlossenen Vergütungen für Leistungen die Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.

(5a) Der Bewertungsausschuss erstellt zum Zwecke der Erhöhung der Transparenz über die der Empfehlung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 zugrunde liegenden Datengrundlagen einen Bericht über die Veränderungen der Behandlungsdiagnosen und den Einfluss der jeweiligen Behandlungsdiagnose auf die Veränderungsrate für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bericht ist dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen mit der Empfehlung und den der Empfehlung zugrunde liegenden weiteren Beratungsunterlagen vorzulegen. § 87 Absatz 6 Satz 10 gilt entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss beschließt erstmals bis zum 31. März 2012 Vorgaben zu Art, Umfang, Zeitpunkt und Verfahren der für die Vereinbarungen und Berechnungen nach den Absätzen 2 bis 4 erforderlichen Datenübermittlungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen an das Institut des Bewertungsausschusses, welches den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 1 die jeweils erforderlichen Datengrundlagen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zur Verfügung stellt; § 87 Absatz 3f Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.