Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 14. Juli 2017 - L 3 AL 22/14

bei uns veröffentlicht am14.07.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. März 2014 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung eines dem Kläger bewilligten Gründungszuschusses aufgehoben und bezogene Leistungen für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 2010 erstattet verlangt hat.

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Der … 1975 geborene Kläger hat eine nicht abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann durchlaufen, eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel mit Abschluss (am 30. Juni 1998) und von 2003 bis 2006 eine Ausbildung zum Physiotherapeuten mit Abschluss (vom 9. April 2006). Seit 2006 hat der Kläger als Physiotherapeut im „F…“ – Das Gesundheitszentrum gearbeitet, seit dem 1. Januar 2009 als dessen stellvertretender Leiter. Das Beschäftigungsverhältnis wurde nach seinen Angaben aus betrieblichen Gründen gekündigt; seit dem 4. August 2009 bestand Arbeitslosigkeit. Nachdem der Kläger am 18. August 2009 zunächst mündlich einen Antrag gestellt hatte, stellte er am 28. Oktober 2009 schriftlich einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach § 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) a. F. mit der Angabe, dass er sich am 1. Februar 2010 als Physiotherapeut selbstständig machen wolle bei einer beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit von ca. 50 Wochenstunden. Anforderungsgemäß übersandte der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 7. Januar 2010 bei gleichem Beginndatum der angemeldeten Tätigkeit - Betrieb eines Gesundheitsstudios -, ferner ein Schreiben vom 28. November 2009, nach dem sich die Finanzierung verzögern werde, er - der Kläger - aber eine mündliche Zusage habe und er voraussichtlich zum 1. Januar 2010 mit der Selbstständigkeit starten könne. Weiter wurden vorgelegt die Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 31. August 2009, der Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsbereich M… vom 1. September 2009, das (unvollständige) Konzept betreffend F… - Das Gesundheitszentrum, das Prüfungszeugnis der IHK betreffend die kaufmännische Ausbildung sowie diverse Urkunden und ein Lebenslauf. Mit Bescheid vom 26. Januar 2010 bewilligte die Beklagte die Förderung der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.058,70 EUR. Nach Aktenlage beantragte der Kläger am 8. November 2010 die Weitergewährung des Gründungszuschusses und gab im Rahmen dieses Kontaktes an, dass er unternehmerische Tätigkeiten im Folgeantrag nicht angeben könne, da es bisher nicht zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gekommen sei. Die Investitionsbank habe die Mittel bisher nicht bewilligt und ihn mehrfach vertröstet, in Kürze sei jedoch von einer Bewilligung auszugehen. Mit Schreiben vom 1. März 2011 hörte die Beklagte den Kläger zu einem möglicherweise unrechtmäßigen Leistungsbezug an, weil er seine selbstständige Tätigkeit nicht aufgenommen habe, weshalb der Gründungszuschuss in dem Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 9.528,30 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Die Beklagte verwies auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). In seiner Stellungnahme gab der Kläger an, dass der Bankkredit wegen der beabsichtigten Rechtsform als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) versagt worden sei. Die Bank habe nur die Selbstständigkeit in die Physiotherapie unterstützen wollen. Er habe diesem Druck nachgegeben und sich nur in der Physiotherapie selbstständig gemacht. Das Darlehen habe er gebraucht, um die Grundausstattung zu erwerben, ansonsten wäre die Selbstständigkeit unmöglich gewesen. In diesem Durcheinander mit der Bank habe er nicht an seine Pflichten als Leistungsempfänger gedacht und vergessen, der Beklagten die neue Situation zu schildern. Fakt sei aber, dass er sich in dem genannten Zeitraum selbstständig gemacht habe, dass nur die Gesellschaftsform eine andere sei. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. März 2011 hob die Beklagte die Bewilligung des Gründungszuschusses ab dem 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 auf. Der Kläger habe für diesen Zeitraum einen Gründungszuschuss für den Betrieb eines Gesundheitsstudios erhalten, hierzu sei das Gewerbe als GbR angemeldet worden. Tatsächlich habe er diese Tätigkeit aber im Rahmen der GbR nicht aufgenommen, so dass die Voraussetzungen für die Zahlung des Gründungszuschusses nicht mehr vorgelegen hätten. Der überzahlte Betrag von 9.528,30 EUR sei von ihm zu erstatten. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er sein bisheriges Vorbringen wiederholte und vertiefte. Weiter trug er vor, dass er zum 1. Oktober 2010 unter der gleichen Adresse eine Einzelpraxis für Physiotherapie gegründet habe. Zwar liege auf seiner Seite eine Pflichtverletzung vor, gleichwohl sei es aber zu einer erfolgreichen Existenzgründung gekommen. Die Verpflichtung zur Rückzahlung insbesondere des vollen Gründungszuschusses stelle eine besondere Härte dar. Des Weiteren legte der Kläger einen Mietvertrag mit Zusatzvereinbarungen sowie eine von ihm an die M… ausgestellte Rechnung für seine freie Mitarbeit im Oktober 2010 sowie weitere Unterlagen vor.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2011 änderte die Beklagte den Bescheid vom 31. März 2011 betreffend den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Oktober 2010 ab, gab für diesen Zeitraum dem Widerspruch statt und reduzierte den Forderungsbetrag für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 30. September 2010 auf 8.469,60 EUR. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies die Beklagte im Wesentlichen darauf hin, dass der Kläger erst seit dem 1. Oktober 2010 als Physiotherapeut in einer Einzelpraxis selbstständig tätig geworden sei. Die Gewährung des Gründungszuschusses sei aber zwingend an die Aufnahme einer hauptberuflichen, selbstständigen Tätigkeit geknüpft, womit die Voraussetzungen für den Anspruch ab dem 1. Februar 2010 nicht vorlägen. Aus welchen Gründen die Tätigkeit nicht habe aufgenommen werden können, sei unerheblich. Die Beklagte verwies auf die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X, weil der Kläger unrichtige Angaben gemacht habe. Zudem habe er die Rechtswidrigkeit der Bewilligung gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Weil ihm jedoch für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2010 keine Bösgläubigkeit vorgeworfen werden könne, sei die Rücknahme auf die Zeit bis zum 30. September 2010 begrenzt worden.

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Hiergegen hat der Kläger am 23. Juni 2011 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen weiter vertieft und ausgeführt, dass er zum 1. Oktober 2010 als Einzelunternehmer an die Öffentlichkeit gegangen sei. Bis dahin habe er seine selbstständige Tätigkeit vorbereiten müssen. Ab dem 1. August 2010 habe er als freier Mitarbeiter für Frau O… gearbeitet. Spätestens ab August 2010 sei er in Vollzeit selbstständig tätig. Im Hinblick auf das von Seiten der Beklagten und vom Sozialgericht unterstützte Vergleichsangebot - Verzicht auf die Rückforderung für August und September 2010 - hat der Kläger weiter ausgeführt, von ihm intensiv entfaltete Tätigkeiten seien bereits Teil der selbstständigen Tätigkeit gewesen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit sei nicht mit der Erzielung von Umsätzen gleichzustellen. Er habe einen Businessplan vorgelegt, der die Finanzierung der erforderlichen Aufwendungen für die Betriebsausstattung ausdrücklich als Grundbedingung nenne. Die aufgetretenen Verzögerungen seien außerhalb seines Verantwortungsbereichs aufgetreten. Die konkrete Kreditzusage datiere vom 11. August 2010, zur Auszahlung sei es erst spät im September gekommen. Die Formulierungen des den Kläger seinerzeit beratenden Steuerberaters seien zudem unglücklich gewesen und könnten den Eindruck erwecken, der Kläger habe bis zum 1. Oktober 2010 nichts gemacht. Tatsächlich hätte er sogar Anspruch auf die Anschlussfinanzierung. Des Weiteren hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er von dem Vorwurf des Betrugs zu Lasten der Beklagten mit Urteil vom 6. Juni 2012 freigesprochen worden sei (Amtsgericht Lübeck, 61 Ds 711 Js 24051/11). Nach diesem Urteil habe das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennen können, dass eine Pflichtverletzung gegenüber der Beklagten vorgelegen habe. Zudem habe das Amtsgericht die vom Kläger in der streitigen Zeit vorgenommenen Handlungen als Vorbereitungshandlungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gewertet. Der Kläger hat die von ihm gegenüber Frau O… ausgestellten Rechnungen für seine freie Mitarbeit für die Monate August und September 2010 über 1.182,06 EUR bzw. 1.368,18 EUR vorgelegt.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid vom 31. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2011 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat sich im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids bezogen.

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Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. März 2014 hat das Sozialgericht mit Urteil vom gleichen Tage der Klage teilweise stattgegeben und den Bescheid vom 31. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2011 insoweit abgeändert, als der am 1. Februar 2010 beginnende Aufhebungs- und Erstattungszeitraum bereits am 31. Juli 2010 geendet hat und sich der Rückforderungsbetrag entsprechend reduziert. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

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Rechtsgrundlage für die Aufhebung sei entgegen der Beklagten nicht § 45 SGB X, sondern der § 48 SGB X. Denn es sei von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X nach Bescheiderteilung auszugehen. Der Sachverhalt bei einer Prognoseentscheidung sei nach § 48 SGB X zu beurteilen, wenn die Prognose fortbestehen müsse, um die Leistungsbewilligung weiterhin zu rechtfertigen. So liege der Fall hier. Dem Bewilligungsbescheid vom 28. Januar 2010 habe die Prognose zugrunde gelegen, dass bezogen auf den Bewilligungsbeginn am 1. Februar 2010 alle Leistungsvoraussetzungen vorlägen. Diese Prognose sei im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides nicht falsch gewesen. Sie habe sich nur später als prognostiziert realisiert. Die insoweit in den Bescheiden unzutreffend bestimmte Rechtsgrundlage führe jedoch nicht zur Aufhebbarkeit der Bescheide, sondern könne umgedeutet werden, da hier sowohl im Falle des § 45 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III als auch im Falle des § 48 SGB X eine gebundene Entscheidung und keine Ermessensentscheidung zu treffen gewesen sei. Hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen für den Gründungszuschuss sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit könne erst mit Wirkung ab 1. August 2010 festgestellt werden. Eine selbstständige Tätigkeit könne auch schon vor der eigentlichen „Geschäftseröffnung“ aufgenommen werden. Vorbereitende Maßnahmen seien nach der Rechtsprechung jedoch nur dann als „Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit“ zu werten, wenn diese Maßnahmen Außenwirkung im Geschäftsverkehr entfalteten und sie ferner nach dem zugrundeliegenden Gesamtkonzept zielgerichtet und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet seien. Eine derartige vorbereitende Tätigkeit könne für die Zeit vor dem 1. August 2010 nicht festgestellt werden. Den vom Kläger vorgetragenen Verhandlungen mit den Banken und Investoren fehle zum einen die Unmittelbarkeit des Zusammenhanges mit der eigentlichen auf berufsmäßigen Erwerb gerichteten und der Gewinnerzielung dienenden Geschäftstätigkeit und zum anderen die erforderliche Außenwirkung. Die erforderliche Unmittelbarkeit fehle ebenso bezüglich der ggf. geführten Gespräche und Vertragsverhandlungen mit der ursprünglich angedachten Partnerin und bezüglich des Abschlusses des Mietvertrages über die Praxisräume, der auch erst am 18. August 2010 erfolgt sei. Mit Wirkung ab 1. August 2010 könne wegen der nunmehr unmittelbaren Geschäftstätigkeit als Physiotherapeut bereits die eigentliche Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit angenommen werden mit der Folge der Erfüllung aller Voraussetzungen für den Gründungszuschuss. Dass diese Tätigkeit noch in fremden Räumen durchgeführt worden sei, sei insoweit nicht von Belang. Die Aufhebung sei auch zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt. Denn der Kläger habe seine Mitteilungspflichten nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verletzt. Denn er habe weder mitgeteilt, dass die geplante Gesellschaftsform nicht umgesetzt werden könne, noch dass die ursprüngliche Gewerbeanmeldung aufgehoben bzw. habe abgeändert werden müssen und insbesondere nicht, dass die eigentliche Tätigkeit nicht wie vorgesehen habe aufgenommen werden können. Dieser Verpflichtung sei er zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Weil dem Kläger für jeden Monat Leistungen für die Aufnahme einer Geschäftstätigkeit zugeflossen seien, hätte ihm einleuchten müssen, dass die Nichtaufnahme der Geschäftstätigkeit mitzuteilen gewesen wäre. Die Frage, ob der Kläger gewusst habe oder hätte wissen müssen, welche rechtlichen Konsequenzen sich hieraus ergäben, sei nicht von Bedeutung.

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Gegen das dem Kläger am 3. Juli 2014 zugestellte Urteil richtet sich seine am 23. Juli 2014 eingegangene Berufung, gegen das der Beklagten am 1. Juli 2014 zugegangene Urteil richtet sich deren Berufung vom 18. Juli 2014.

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Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Die Umdeutung des Gerichts betreffend die Aufhebung der Entscheidung von § 45 SGB X in eine solche nach § 48 SGB X begegne rechtlichen Bedenken. Der Ansatz, es läge keine Ermessensentscheidung vor, sei unzutreffend. Das Sozialgericht habe bei seiner Bewertung der Vorbereitungshandlung die tatsächlichen Voraussetzungen außer Acht gelassen. Ausgangspunkt des Geschäftsplanes sei die hälftige Übernahme des bereits langjährig bestehenden Betriebs des aus F… Gesundheitsstudio und der Physiotherapie M… bestehenden Betriebs von Frau O…. Die hierzu erforderlichen Schritte, wie die Einrichtung des Arbeitsplatzes des Klägers, Einarbeitung in die Finanzgestaltung, Therapieplanung usw. hätten ab Ostern 2010 vorgelegen. Selbst die Außenwirkung sei gegeben gewesen, weil der Einstieg des Klägers mehrfach im Gesundheitsstudio schriftlich an der Infotafel angekündigt worden sei. Der Kapitaleinsatz für die Übernahme des vorgesehenen Anteils hätte jedoch nicht ausgeführt werden dürfen, solange die Vorgaben des beantragten Kredits nicht eingehalten würden. Der Kläger sei jederzeit anfangsbereit gewesen. Von den Kreditinstituten sei ihm eingeschärft worden, dass Anschaffungen vor Bewilligung des Kredits ebenso zur Rückforderung desselben führen würden wie die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit. Da alle Vorbereitungen abgeschlossen gewesen seien, sei jede der Handlungen, die der Kläger seit Februar 2010 vorgenommen habe, darauf gerichtet gewesen, die Hindernisse für die Kreditvergabe zu beseitigen. Dies seien jene Vorbereitungshandlungen, die das Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil B 11 AL 28/09 R aufgezeigt habe. Zudem sei auf die im Rahmen des Strafverfahrens geprüften rechtlichen Aspekte abzustellen. Der Kläger sei dort nach Zeugenanhörung und Prüfung der sozialrechtlichen Grundlagen freigesprochen worden. Ihm könne auch nicht entgegengehalten werden, irgendetwas zögerlich angegangen zu sein. Er habe sich Rat von geschulten Unternehmensberatern und seinem Steuerberater geholt und hierauf vertrauen können und müssen. Nichts habe in diesem Zusammenhang darauf hingedeutet, dass irgendeine Änderung eingetreten gewesen sei, die das Geschäftsmodell in der Laiensphäre des Klägers verändert habe. Eine solche Anzeigepflicht, wie sie von der Beklagten und vom Vordergericht vertreten werde, würde der Rechtsprechung des BSG entgegenstehen. Dem Kläger könne keine grob fahrlässige Verletzung seiner Mitteilungspflichten vorgeworfen werden.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. März 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2011 insgesamt aufzuheben,

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sowie, die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. März 2014 zu ändern

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und die Klage insgesamt abzuweisen

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sowie, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

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Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor: Selbst wenn, wie von der Vorinstanz angenommen, am 1. August 2010 der Kläger eine hauptberufliche, selbstständige Tätigkeit aufgenommen hätte, wären damit nicht alle Voraussetzungen für den Gründungszuschuss ab diesem Datum erfüllt. Denn Voraussetzung sei nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. u. a., dass der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III oder eine Beschäftigung ausgeübt habe, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden sei. Diese Voraussetzung habe bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 1. August 2010 nicht vorgelegen. Denn der Kläger habe weder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt noch eine Beschäftigung ausgeübt, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gefördert worden sei. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe ab dem 1. Februar 2010 mangels Vorliegen der persönlichen Arbeitslosmeldung nicht mehr vorgelegen, weil allein die Erklärung des Klägers mit dem Antrag auf Gründungszuschuss, ab dem 1. Februar 2010 eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von wöchentlich 15 Stunden oder mehr auszuüben, die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung beseitigt habe. Eine kurzzeitige Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Anspruch auf Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit schließe die Gewährung eines Gründungszuschusses nicht aus, wovon vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden könne. Denn zwischen dem letzten Tag des Bezuges von Arbeitslosengeld am 31. Januar 2010 und dem vom Sozialgericht angenommenen Beginn der selbstständigen Tätigkeit am 1. August 2010 liege ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten.

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Anforderungsgemäß überreicht der Kläger Unterlagen des Schriftverkehrs betreffend die Kreditgewährung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und dem Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die von den Beteiligten eingelegten Berufungen sind zulässig, insbesondere liegt eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei beiden Beteiligten nicht vor, weil die Beschwer jeweils den Betrag von 750,00 EUR übersteigt. Bei dem Kläger in Höhe von 6.352,20 EUR (Rückforderung Februar bis Juli 2010 in Höhe von 1.058,70 EUR monatlich), für die Beklagte in Form des Unterliegens bezüglich der Rückforderung des Gründungszuschusses in Höhe von je 1.058,70 EUR für August und September 2010.

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Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Mit Bescheid vom 31. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2011 hat die Beklagte zu Recht den dem Kläger bewilligten Gründungszuschuss aufgehoben und während dieser Zeit geleistete Zahlungen erstattet verlangt. Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Auf die Berufung der Beklagten ist das teilweise stattgebende Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. März 2014 daher aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

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Nach § 57 Abs. 1 SGB III in der bis zum 27. Dezember 2011 geltenden und hier einschlägigen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15. Juli 2009 (BGBl. I, S. 1939; im Folgenden a. F.) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 SGB III a. F. wird ein Gründungszuschuss geleistet, wenn der Arbeitnehmer

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1. bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit

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a) einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III oder

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b) eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

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nach dem SGB III gefördert worden ist,

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2. bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf

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Arbeitslosengeld, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Abs. 3 SGB III [a.F.] beruht,

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von mindestens 90 Tagen verfügt,

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3. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und

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4. seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit

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darlegt.

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Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung war die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB III a. F.). Fachkundige Stellen waren insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB III a. F.). Als fachkundige Stellen für die Einschätzung der Tragfähigkeit der Existenzgründung können neben den in § 57 Abs. 2 Satz 2 SGB III a. F. exemplarisch benannten Stellen auch Steuerberater in Betracht kommen (vgl. Hassel in Brandt, SGB III, 6. Aufl., § 93 Rn. 12; Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2014 – L 18 AL 155/12 –, Rn. 22, juris).

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Eine ausdrückliche Regelung, aus der geschlossen werden kann, dass eine Tätigkeit erst dann aufgenommen ist, wenn mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit begonnen wird, existiert nicht. Eine selbstständige Tätigkeit ist dann aufgenommen, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 34/05 R). Einen genauen Zeitpunkt zu bestimmen, wann die selbstständige Tätigkeit aufgenommen ist, ist im Einzelfall schwierig, denn für den bislang Arbeitslosen auf dem Weg zur Selbstständigkeit sind zahlreiche „vorbereitende Handlungen“ erforderlich; es kommt daher auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 a.a.O.). Eine selbstständige Tätigkeit kann auch schon durch Vorbereitungshandlungen aufgenommen werden, soweit diese im Geschäftsverkehr Außenwirkung entfalten und nach dem zugrundeliegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 Al 28/09 R). Den zeitlichen Umfang der Vorbereitungshandlungen hat das BSG weiter dahin präzisiert, dass ein solcher von (mindestens) 15 Wochenstunden vorliegen muss (vgl. Urteil vom 9. Juni 2016 - B 11 AL 13/16 R -, s. Terminbericht Nr. 23/17 vom 9. Juli 2017). Vorbereitungshandlungen können zudem nur dann als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gewertet werden, wenn sie zielgerichtet und unmittelbar dazu bestimmt sind, hieraus den Lebensunterhalt bestreiten zu können (vgl. BSG vom 5. Mai 2010 a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 2001 - L 1 AL 122/00 -). Anhaltspunkte für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit können die Anmietung von Gewerbe- oder Geschäftsräumen und deren Ausstattung, Bestellung von Waren oder Produktionsmitteln, Außenwerbung, Buchhaltung, Rechnungslegung, Einrichtung von Geschäftskonten, Kundenwerbung sein. Derartige Gesichtspunkte können aber nicht losgelöst einerseits vom Maßnahmeplan und andererseits von der konkreten Umsetzung der Planung bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gesehen werden, um eine Zuordnung zu Vorbereitungshandlungen und der tatsächlichen Aufnahme abzugrenzen. Die Grenzen hierzu sind fließend. Jedenfalls muss die Überzeugung gefunden werden, dass die Handlungen des Existenzgründers die eingangs erwähnten Voraussetzungen erfüllen. Die Aufnahme setzt keine Unternehmensneugründung voraus, ein Betriebsübergang ist ausreichend (vgl. zum Ganzen Kuhnke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 93 SGB III Rn. 16 m.w.N.).

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Der Kläger hat eine selbstständige Tätigkeit zum 1. Februar 2010 weder in der ursprünglich geplanten Form als Mitgesellschafter des Unternehmensbereichs M… in der Rechtsform einer GbR noch als selbstständiger Physiotherapeut aufgenommen, auch nicht durch die Entfaltung von Vorbereitungshandlungen.

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Vorliegend plante der Kläger im August 2008/September 2009 eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Für den Bereich M… GbR wurde ein Gesellschaftsvertrag geschlossen zwischen dem Kläger und Frau O..., die bislang als Einzelunternehmerin unter dem Begriff F…/M… zwei getrennte Unternehmen betrieb. Nach den Angaben des Klägers waren die bis dato kontaktierten Banken jedoch nicht bereit, ihm für diese beabsichtigte selbstständige Tätigkeit in der Rechtsform der GbR einen Kredit zu gewähren. Vielmehr habe er sich umstellen müssen und erhielt schließlich eine Kreditzusage nur für eine Tätigkeit als Einzelunternehmer in Form eines freiberuflich tätigen Physiotherapeuten in der Praxis der vormals in Aussicht genommenen Mitgesellschafterin. Der konkrete Kreditvertrag mit der I… kam am 11. August 2010 zustande. Zur Mittelauszahlung selbst ist es allerdings dann wegen weiterer Schwierigkeiten erst im September 2010 gekommen. Es mag zwar sein, dass der Kläger Teilschritte zum Einstieg in die selbstständige Tätigkeit vorgenommen hat, wie die Einrichtung des Arbeitsplatzes, Einarbeitung in die Finanzgestaltung, Therapieplanung, Mitarbeiterführung. Allerdings hat das BSG in seiner Entscheidung vom 1. Juni 2006 (a.a.O.) ausdrücklich darauf abgestellt, dass eine selbstständige Tätigkeit erst dann aufgenommen wird, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird. Eine solche unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung kann in den von dem Kläger beschriebenen Tätigkeiten jedoch nicht gesehen werden, mögen sie auch für sein Vorhaben von Bedeutung gewesen sein. Dies gilt auch für die Verhandlungen mit den Banken. Selbst bei Unterstellung zeitlich intensiver Verhandlungen zur Erlangung eines Kredits stellen diese keine Vorbereitungshandlungen im Sinne der Rechtsprechung dar. Denn sie sind, da nicht integraler Bestandteil der angestrebten selbstständigen Tätigkeit als Physiotherapeut, nur mittelbar auf die der Gewinnerzielung dienende Handlung gerichtet. Hinzu kommt, dass erst bei Abschluss des Kreditvertrages am 11. August 2010 für den Kläger klar war, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung seiner geplanten selbstständigen Tätigkeit gegeben waren, z. B. auch für das Tätigen von Anschaffungen. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die vom Kläger angegebene Einrichtung des Arbeitsplatzes als Vorbereitungshandlung nicht plausibel. Der Mietvertrag, der es ihm überhaupt ermöglichte, in den Räumen des Gesundheitszentrums F… als Physiotherapeut selbstständig tätig zu sein, stammt erst vom 18. August 2010 mit Beginn des Mietverhältnisses zum 1. September 2010. In der abgeschlossenen Zusatzvereinbarung vom 30. August 2010 hieß es sogar, dass das Mietverhältnis erst zum 1. Oktober 2010 beginnen sollte. Im Übrigen hat der Kläger auch in seiner Berufungsschrift deutlich gemacht, dass er weder Anschaffungen für seine konkrete Tätigkeit als selbstständiger Physiotherapeut vornehmen noch die Tätigkeit selbst vor Bewilligung des Kredits aufgrund der Bestimmungen des Kreditvertrages aufnehmen durfte. Insofern können die von ihm geschilderten Maßnahmen nicht als Vorbereitungshandlungen im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden. Dem steht auch nicht das den Kläger vom Vorwurf des Sozialleistungsbetruges durch Unterlassen (§§ 263, 13 StGB) freisprechende Urteil des Amtsgerichts Lübeck vom 27. Juni 2012 entgegen. Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass in der Urteilsbegründung festgestellt worden sei, die von ihm ab dem 1. Februar 2010 getätigten Handlungen stellten Vorbereitungshandlungen im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar, weshalb der Senat über die Bindungswirkung des Strafurteils hieran gebunden sei, ist dem zu widersprechen. Eine in diesem Sinne zwingende Bindungswirkung kommt dem Urteil nicht zu. Der rechtskräftige Freispruch verbraucht die Strafklage und steht fortan einer Sanktionierung wegen der nämlichen Tat entgegen. Eine Tatsachenbindung gehört aber nicht zum Wesen der Rechtskraft (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03 -). In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass jedenfalls dann, wenn eine weitgehende Identität des den Gegenstand des zu entscheidenden (hier sozialgerichtlichen) Rechtsstreits und des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts vorliegt, das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BSG, Urteile vom 30. Juli 1981 -10/8b RAr 4/80 -; 26. Juni 1987 - 5a RKn 2/86; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Oktober 2011 - L 11 KA 30/09; OLG Koblenz, Urteil vom 7. April 1944 - 5 U 89/91 - m.w.N.; Roos in von Wulffen/Schütze SGB X, 8. Aufl. 2014 vor § 39 Rn. 4f). Das Strafurteil ist aber für den Zivilrichter genauso wie für den Sozialrichter nicht bindend, er muss sich aber mit den darin getroffenen Feststellungen auseinandersetzen und sie würdigen, darf also auch gegenteilig entscheiden. Anders liegt es dort, wo das Strafurteil Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs ist (vgl. OLG Koblenz a.a.O.; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2007 - B 6 KA 20/07 B -; vgl. hierzu auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. § 14 EGZPO Rn. 1). Zugrundeliegender Sachverhalt in beiden Verfahren ist die Frage, ob der Kläger verpflichtet war, die Änderungen betreffend die von ihm angezeigte selbstständige Tätigkeit im Zusammenhang mit dem ihm bewilligten Gründungszuschusses der Beklagten mitzuteilen und gegebenenfalls, wie diese Nichtmitteilung zu würdigen ist. Über die in diesem Zusammenhang auch vom Amtsgericht zu berücksichtigende Frage des eventuellen Vorliegens einer Vorbereitungshandlung im Sinne der sozialgerichtlichen Rechtsprechung hat das Amtsgericht aber bereits keine Entscheidung getroffen. Denn es hat hierzu lediglich ausgeführt, dass „die Rechtsauffassung des Angeklagten, die von ihm begleitend zu seiner freiberuflichen Tätigkeit als Physiotherapeut durchgeführte Suche insbesondere nach einer finanzierenden Bank, nachdem die ursprüngliche Finanzierungszusage einer anderen Bank zurückgezogen wurde, stellte eine förderungswürdige selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 57 SGB III dar, jedenfalls nicht als gänzlich unvertretbar“ sei.

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Auch die Annahme des Beginns einer selbstständigen Tätigkeit ab Juli 2010 – oder August 2010, wie vom Sozialgericht angenommen – kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens von ihm gegenüber der Frau O… gestellte Rechnungen für Verdienste als freier Mitarbeiter aus physiotherapeutischer Behandlung für die Monate Juli bis Oktober 2010 vorgelegt. Ob die Tätigkeit als freier Mitarbeiter in ihrer konkreten Ausgestaltung tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit darstellt, kann im Ergebnis dahinstehen. Die Annahme eines Beginns der selbstständigen Tätigkeit am 1. Juli oder später kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil hierfür nicht alle Voraussetzungen für den Gründungszuschuss erfüllt sind. Denn der Kläger müsste dann bis zu diesem Tag einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt haben. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Wie die Beklagte zutreffend darauf hinweist, bestand ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 1. Februar 2010 mangels Vorliegen der persönlichen Arbeitslosmeldung nicht mehr, weil allein die Erklärung des Klägers mit dem Antrag auf Gründungszuschuss, ab dem 1. Februar 2010 eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mehr als wöchentlich 15 Stunden oder mehr auszuüben, die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung beseitigt hat (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2000 - B 7 AL 2/200 R -; siehe zur Erlöschenswirkung auch Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 4/14 R -). Zutreffend weist die Beklagte weiter darauf hin, dass auch keine nur kurzzeitige Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Anspruch auf Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit liegt. Nur unter diesen Voraussetzungen wäre die Gewährung eines Gründungszuschusses nicht ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 11/09 R -).

42

Unabhängig davon erfüllt der Kläger zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 1. Juli 2010 darüber hinaus die Anspruchsvoraussetzungen auch deshalb nicht, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr über den nach dem Gesetz erforderlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügte. Nach Aktenlage verfügte der Kläger ab dem 4. August 2009 über einen Arbeitslosengeldanspruch mit einer angenommenen Bewilligungsdauer von 360 Tagen, so dass dieser bei einem angenommenen Beginn der selbstständigen Tätigkeit am 1. Juli 2010 der Alg- Anspruch keine 90 Tage mehr umfasste. Dies gilt erst recht im Hinblick auf den von Seiten des Sozialgerichts angenommenen Beginn der selbstständigen Tätigkeit ab dem 1. August 2010; zu dieser Zeit war der Alg-Anspruch nahezu erschöpft.

43

Hiernach steht fest, dass der Kläger für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 30. September 2010 nicht die Voraussetzungen für einen Gründungszuschuss nach § 57 SGB III a. F. erfüllte. Auch wenn damit von Beginn an des begehrten Gründungszuschusses die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht erfüllt sind, erfolgte die Bewilligung vorliegend zuvor, nämlich mit Bescheid vom 26. Januar 2010, so dass sich die Frage stellt, auf welchen Zeitpunkt für die vorliegende Rechtswidrigkeit der Bewilligung abzustellen ist. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X setzt voraus, dass die Rechtswidrigkeit bereits im Zeitpunkt seines Erlasses bestanden hat, also ursprüngliche Rechtswidrigkeit vorlag. Erlassen in diesem Sinne ist ein Verwaltungsakt gemäß § 39 Abs. 1 SGB X mit dem Eintritt seiner Wirksamkeit, d. h. gemäß Abs. 1 Satz 1 der genannten Vorschrift mit Bekanntgabe. Tritt die Rechtswidrigkeit nach Erlass ein, liegt ein Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit nach § 48 SGB X vor, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn die Änderung eine rückwirkende Änderung auf den Zeitpunkt des Erlasses oder davor bewirkt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 102/03 R -). Ebenfalls nach § 48 SGB X kann eine schon anfänglich rechtswidrige Bewilligung aufgehoben werden, wenn eine bei der Bewilligung zu Recht als erfüllt angesehene Leistungsvoraussetzung nachträglich wegfällt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 1996 – 10 RKG 27/93 -). Mängel der Sachverhaltskenntnis sind danach für Rücknahmeentscheidungen nach § 45 SGB X relevant, soweit der einer Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt mit der Sachlage bei Bekanntgabe objektiv nicht übereinstimmt. Von einem schon anfänglich unzutreffenden Sachverhalt ist die Behörde in Konstellationen bei ungewissem Geschehensablauf in der Zukunft ausgegangen, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidung von Annahmen ausgegangen ist, die sie nach den jeweils maßgeblichen materiellspezifischen Vorschriften nicht hätte zugrunde legen dürfen. Konnte sie bei ungewissem Geschehensablauf von einer Prognose über die künftige Entwicklung ausgehen, so war diese nur unzutreffend, wenn sie auch unter Berücksichtigung der Prognoseunsicherheit nach den im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung objektiv verfügbaren Umständen bereits von Anfang an fehlerhaft war (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, a.a.O. § 45 Rn. 32 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urteil vom 25. Januar 2001 – B 4 RA 110/00 R -).

44

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist vorliegend von einem Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit nach § 48 SGB X auszugehen, denn nach den von dem Kläger selbst gemachten Angaben und den für die Bewilligung weiter erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere nach § 57 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB III a. F., war im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides – von dessen Zustellung gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 30. Januar 2010 auszugehen ist – von einer rechtmäßigen Bewilligung auszugehen. Insbesondere hatte der Kläger noch am 20. Januar 2010 der Beklagten mitgeteilt, dass die Selbstständigkeit tatsächlich zum 1. Februar 2010 aufgenommen würde. Auf die von Seiten des Sozialgerichts aufgeworfene Fragestellung der Problematik bei Prognoseentscheidungen kommt es daher nicht an. Denn eine von Seiten der Beklagten zu treffende Prognose, die sich im Nachhinein als nicht richtig erwiesen hat, ist hier nicht gegeben. Zwar stellt die Stellungnahme der fachkundigen Stelle hinsichtlich der Tragfähigkeit der Existenzgründung die Entscheidungsgrundlage für die Beklagte dar. Die Entscheidung über die Tragfähigkeit der Existenzgründung ist ihrem Wesen nach auch eine Prognoseentscheidung, weil die Entscheidung die Leistung nach deren Sinn und Zweck, nämlich die Sicherung des Lebensunterhalts sowie die soziale Sicherung der Anfangszeit der Unternehmensgründung zu ermöglichen, zeitnah ergehen muss. Diese Entscheidung ist auch nicht bereits dadurch fehlerhaft, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse anders als prognostiziert entwickeln. Vorliegend ging es jedoch nicht darum, dass die Tragfähigkeit der Existenzgründung sich anders entwickelt hat als zunächst angenommen, sondern dass eine selbstständige Tätigkeit nicht zum angekündigten Zeitpunkt aufgenommen wurde. Ist damit § 48 SGB X anwendbar, ist in der Nichtaufnahme der selbstständigen Tätigkeit ab dem 1. Februar 2010 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Gründungszuschusses eingetreten (s. o.).

45

Die Aufhebung durch die Beklagte erfolgte zu Recht auch für die Vergangenheit, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X. Mit dem Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass hier zumindest die Nr. 2 erfüllt ist, weil der Kläger zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt hat, dass er die eigentliche Tätigkeit der Selbstständigkeit nicht wie vorgesehen am 1. Februar 2010 aufgenommen hat. Insofern kann auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Kläger bereits bei Antragstellung mit einer entsprechenden Erklärung verpflichtet hat, der Beklagten unverzüglich alle Änderungen mitzuteilen, die Auswirkungen auf die Leistung haben könnten. Selbst wenn der Kläger – irrig – davon ausgegangen sein sollte, dass sein Bemühen der Finanzierung des Vorhabens als Vorbereitungshandlung für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ausreichend ist, hätte er sich zur Abklärung, ob dies tatsächlich zutreffend ist, mit der Beklagten in Verbindung setzen müssen.

46

Auch bezüglich des Vorliegens grober Fahrlässigkeit ist der Senat nicht durch das strafgerichtliche Urteil (a.a.O.) gebunden. Unabhängig davon, dass eine diesbezügliche Bindungswirkung des Urteils betreffend die rechtliche Würdigung nicht gegeben ist (s. o.), hat das Amtsgericht auch nicht über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X entschieden, sondern über das Nichtvorliegen (bedingt) vorsätzlichen Handelns im Rahmen der Prüfung eines möglichen Betrugs durch Unterlassen. Eine präjudizielle Wirkung für das im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X zu prüfende Vorliegen grober Fahrlässigkeit ergibt sich hieraus für den Senat nicht. Soweit das Amtsgericht davon ausgeht, dass schon nicht klar sei, welche Tatsachen im konkreten Fall der Kläger der Beklagten hätte mitteilen müssen, weil sich diese weder aus dem Antrag noch aus den Merkblättern ergebe, erachtet der Senat bereits diese Feststellung für nicht für plausibel. Der Kläger hat für eine bestimmte selbstständige Tätigkeit einen Antrag gestellt und für diese die entsprechenden Unterlagen einschließlich der Erläuterung der Beschreibung des Existenzgründungsvorhabens und der Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt. Ihm musste daher auch aus laienhafter nicht juristisch vorgebildeter Sicht deutlich sein, dass er im Sinne der geplanten und beantragten Form nicht selbstständig tätig war. Sowohl seine gegenüber dem Senat als offensichtlich auch gegenüber dem Amtsgericht geäußerte Auffassung, bereits ab dem 1. Februar 2010 selbstständig tätig gewesen zu sein, ist mit den auch von ihm selbst vorgetragenen Umständen zur Erlangung des Gründungszuschusses nicht in Einklang zu bringen (s.o.). In dem strafrechtlichen Urteil heißt es weiter, dass dem Kläger nicht der (strafrechtliche) Vorwurf gemacht werden könne, es unterlassen zu haben, der Beklagen die tatsächlichen, sich verändernden Umstände mitgeteilt zu haben. Dies wird daraus gefolgert, dass der Kläger ansonsten der Beklagten im Rahmen der Antragstellung auf Weitergewährung nicht mitgeteilt hätte, eine Selbstständigkeit bislang nicht aufgenommen zu haben. Denn ansonsten, nämlich im Falle einer Bösgläubigkeit des Klägers, wäre es fernliegend, sich durch einen Folgeantrag dem Risiko einer Rückforderung auszusetzen. Auch diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen, denn es geht nicht um die Würdigung des Verhaltens des Klägers im November 2010 und dass er sich gegenüber der Beklagten sonst anders verhalten hätte, sondern darum, dass es dem Kläger bereits am 1. Februar 2010 eingedenk der zahlreichen und auch vom Amtsgericht aufgeführten Hinweise und Mitteilungspflichten klar sein musste, dass eine Änderung der im Antrag angegeben selbstständigen Tätigkeit eingetreten ist. Auch aus der Teilstattgabe des Widerspruchs durch die Beklagte betreffend den Monat Oktober 2010 kann entgegen der amtsgerichtlichen Auffassung nicht auf ein Nichtvorliegen grober Fahrlässigkeit für die Zeit ab 1. Februar 2010 rückgeschlossen werden.

47

Dass die Beklagte ihre Entscheidung auf § 45 SGB X und nicht auf § 48 SGB X gestützt hat, führt nicht zu einer Rechtwidrigkeit der Aufhebung. Einer Umdeutung bedarf es nicht. Es ist, wenn die Aufhebung statt auf § 45 SGB X nunmehr auf § 48 SGBX gestützt wird, nicht die Regelung, also der Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, betroffen, sondern nur seine Begründung. Es handelt sich um ein Problem der falschen Rechtsgrundlage, was aber nichts daran ändert, dass die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes vom Gericht unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen ist. Beim Wechsel von § 45 SGB X zu § 48 SGB X als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung tritt regelmäßig eine unzulässige Änderung von Regelungsumfang oder Wesensgehalt nicht ein; die beiden Normen sind auf dasselbe Ziel gerichtet (BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R-). Sie erfassen auch vorliegend denselben Lebenssachverhalt, denn der Kläger macht nunmehr gerade die tatsächliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit geltend. Eine unzulässige Beeinträchtigung und Erschwerung der Rechtsverteidigung liegt somit nicht vor. Das bloße vom Wunsch des Betroffenen getragene Interesse daran, dass ein belastender Verweisungsakt nicht nachträglich auf eine ihn tragendende andere Rechtsgrundlage gestützt wird, ist rechtlich nicht geschützt (BSG, Urteil vom 15.08.2002 - B 7 AL 66/01 R -). Eine Ermessensausübung durch die Beklagte ist weder im Rahmen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X noch im Fall des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X erforderlich (§ 330 Abs. 2, 3 SGB III).

48

Der Kläger hat der Beklagten die ihm gewährten Leistungen gemäß § 50 Abs.1 SGB X zu erstatten. Die Höhe der Erstattung wird vom Kläger nicht angegriffen. Anhaltspunkte für eine Falschberechnung ergeben sich auch nicht nach Aktenlage.

49

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

50

Gründe für eine Revisionszulassung nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


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(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf einen Gründungszuschuss.

2

Der Kläger, dem für die Zeit ab 1.2.2007 Arbeitslosengeld (Alg) mit einer Anspruchsdauer von 240 Tagen bewilligt worden war, teilte der Beklagten im Juni 2007 im Rahmen einer Beratung über die Förderung durch Gründungszuschuss mit, er wolle ein Dönerrestaurant eröffnen und werde deshalb zum 2.7.2007 ein Gewerbe anmelden. Die Beklagte hob daraufhin die Alg-Bewilligung mit Wirkung ab 2.7.2007 auf (Restanspruch 91 Tage). Den am 18.7.2007 in schriftlicher Form eingereichten Antrag des Klägers auf Bewilligung eines Gründungszuschusses, dem ua eine fachkundige Stellungnahme und ein Mietvertrag sowie eine vorläufige Gaststättenerlaubnis beigefügt waren, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe keine Gewerbeanmeldung vorgelegt (Bescheid vom 25.7.2007). Den Widerspruch des Klägers, dem dieser eine Gewerbeanmeldung zum 23.7.2007 beifügte, wies die Beklagte mit der Begründung zurück, der Kläger habe eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit nicht am 2.7.2007 aufgenommen (Widerspruchsbescheid vom 30.8.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab 2.7.2007 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 12.6.2008). Im Berufungsverfahren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) erklärt, er habe sein Geschäft erst am 12.10.2007 eröffnet und beantrage den Gründungszuschuss erst ab diesem Zeitpunkt.

4

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 24.8.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Streitbefangen sei nur noch die Zeit ab 12.10.2007. Es handele sich insoweit nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Beschränkung des Klageantrags. Ein Anspruch auf Gründungszuschuss ab 12.10.2007 bestehe nicht, weil der Kläger bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gehabt habe und somit die Voraussetzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III nicht erfülle. Beim Alg genüge nicht das Stammrecht, erforderlich sei vielmehr das Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen. In der Literatur werde überwiegend Nahtlosigkeit zwischen Entgeltersatzleistungsanspruch und Existenzgründung gefordert. Jedenfalls dann, wenn der sich selbständig machende Arbeitslose noch einen Alg-Restanspruch von 91 Tagen habe, eine Unterbrechung des Leistungsbezugs von wenigen Wochen in Kauf nehme, die Selbständigkeit in dieser Zeit intensiv vorbereite und sich theoretisch am Tag vor der Geschäftseröffnung erneut arbeitslos melden könne, um für einen Tag Alg zu beziehen, sei der Tatbestand des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III erfüllt. Der Kläger habe jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass er die Zeit zwischen dem Ende des Alg-Bezugs und dem Beginn der Selbständigkeit (2.7.2007 bis 11.10.2007) intensiv mit Vorbereitungshandlungen genutzt habe. Jedenfalls führe eine Gesamtdauer von über zwölf Wochen zur Verneinung der Voraussetzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III. Zu entscheiden sei, inwieweit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug der Entgeltersatzleistung und der Existenzgründung bestehen müsse. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang sei entgegen den Ausführungen des LSG sehr wohl gegeben. Er habe zwar erst am 12.10.2007 mit dem Verkauf von Speisen und Getränken begonnen, sei jedoch schon vorher mit Vorbereitungshandlungen beschäftigt gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG vom 24.8.2009 und des SG vom 12.6.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.8.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 12.10.2007 einen Gründungszuschuss zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere fehlt es nicht deshalb, weil die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.8.2007 über einen Antrag auf Bewilligung eines Gründungszuschusses ab 2.7.2007 entschieden hat und der Kläger im gerichtlichen Verfahren die Gewährung der Leistung nur noch für die Zeit ab 12.10.2007 verlangt, an der Sachurteilsvoraussetzung des Vorverfahrens (§ 78 SGG). Den Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass sich das Klagebegehren weiterhin auf die Existenzgründung bezieht, die Gegenstand des bei der Beklagten gestellten Antrags war. Das LSG hat demgemäß in der vorgenommenen Umstellung des Klageantrags keine Klageänderung iS des § 99 Abs 1 SGG gesehen, sondern eine Beschränkung iS des § 99 Abs 3 Nr 2 SGG. Auszugehen ist somit davon, dass der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Lebenssachverhalt derselbe ist, aus dem der Kläger nun im gerichtlichen Verfahren seinen Anspruch ableitet (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 99 RdNr 3; Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 99 RdNr 8).

11

2. Der geltend gemachte Anspruch scheitert nicht an fehlender oder verspäteter Antragstellung (§§ 323 Abs 1, 324 Abs 1 SGB III). Ein wirksamer Antrag, der nach § 324 Abs 1 Satz 1 SGB III vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen ist, liegt selbst dann vor, wenn dieses Ereignis nicht erst - wie vom LSG angenommen - am 12.10.2007, sondern schon am 2.7.2007, also vor dem 18.7.2007, dem Tag des Eingangs des schriftlichen Antrags, eingetreten sein sollte (zur Frage des Zeitpunkts der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit siehe nachfolgend unter 3.d). Denn nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits anlässlich seiner Vorsprache bei der Beklagten im Juni 2007 sinngemäß die Bewilligung eines Gründungszuschusses mündlich beantragt hat, was ausreichend ist. Denn die §§ 323, 324 SGB III verlangen nicht die Einhaltung einer besonderen Form(vgl BSG SozR 4-4300 § 217 Nr 2 RdNr 12).

12

3. Ob dem Kläger ein Anspruch auf Leistung eines Gründungszuschusses ab 12.10.2007 zusteht, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten.

13

a) Die einschlägige Rechtsgrundlage ist § 57 SGB III in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss (Abs 1). Der Gründungszuschuss wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (Abs 2 Satz 1 Nr 1) ua einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hat (Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (Abs 2 Satz 1 Nr 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist (Abs 2 Satz 1 Nr 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt (Abs 2 Satz 1 Nr 4).

14

b) Soweit der Gründungszuschuss nach § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III das vorherige Bestehen eines Anspruchs auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III erfordert, kommt nach den getroffenen Feststellungen nur ein Anspruch des Klägers auf Alg in Betracht. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass mit dem "Anspruch" auf Alg als Entgeltersatzleistung iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III nicht lediglich ein einmal entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist, sondern dass die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs gegeben sein müssen (Urteil vom 5.5.2010, B 11 AL 11/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Vom Bestehen eines solchen Zahlungsanspruchs ist für die Zeit bis einschließlich 1.7.2007 auszugehen, da dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt Alg bewilligt worden ist. Für die Zeit nach dem 1.7.2007 ist jedoch den Feststellungen des LSG zu entnehmen, dass der Kläger jedenfalls mangels Verfügbarkeit (vgl § 119 Abs 1 Nr 3 SGB III in der 2007 geltenden Fassung) keinen Anspruch auf Alg mehr hatte.

15

c) Die sich aus § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III weiter ergebende Voraussetzung des Bestehens eines Anspruchs auf eine Entgeltersatzleistung "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" erfordert nach der erwähnten Rechtsprechung des Senats entgegen einer im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Tatsacheninstanzen vertretenen Auffassung nicht etwa Nahtlosigkeit zwischen Existenzgründung und vorausgehendem Alg-Anspruch. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr ein enger zeitlicher Zusammenhang, der gewahrt ist, wenn zwischen dem Bestehen des Anspruchs auf die Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Zeitraum von nicht mehr als etwa einem Monat liegt (Urteil vom 5.5.2010, B 11 AL 11/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

d) Entscheidungserheblich ist somit, ob der Kläger innerhalb eines Monats nach der letztmaligen Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg am 1.7.2007 die selbständige Tätigkeit, für die er den Gründungszuschuss begehrt, aufgenommen hat. Ob dies der Fall ist, kann anhand der bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

17

Zwar hat das LSG entsprechend der vom Kläger im Berufungsverfahren abgegebenen Erklärung entscheidend auf den Zeitpunkt der "Geschäftseröffnung" am 12.10.2007 abgestellt und angenommen, dieser Tag sei der "Beginn der Selbständigkeit" und folglich auch die "Aufnahme" iS der einschlägigen Vorschrift. Aus diesen wie auch aus den sonstigen Ausführungen des LSG zum tatsächlichen Verhalten des Klägers in der Zeit ab Antragstellung ergibt sich jedoch keine das Bundessozialgericht (BSG) gemäß § 163 SGG bindende Feststellung, wonach davon auszugehen wäre, der Kläger habe erst am 12.10.2007 die selbständige Tätigkeit iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III aufgenommen. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist vielmehr nur zu entnehmen, dass der Kläger in der Zeit ab Juli 2007 verschiedene Vorbereitungshandlungen wie Abschluss eines Mietvertrages oder Anmeldung eines Gewerbes vorgenommen hat und dass er dann am 12.10.2007 mit dem eigentlichen Geschäftsbetrieb, nämlich dem Verkauf von Speisen und Getränken, begonnen hat. Diese Feststellungen lassen den genauen Zeitpunkt der "Aufnahme" iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III offen.

18

Das Gesetz umschreibt nicht näher, was unter der "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" zu verstehen ist. Eine ausdrückliche Regelung, aus der zu schließen wäre, dass die Tätigkeit erst dann aufgenommen ist, wenn mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit begonnen wird, also Waren produziert oder Dienstleistungen erbracht werden, existiert nicht. Soweit das BSG zu einer früheren Fassung des § 57 SGB III, die ebenfalls die Tatbestandsvoraussetzung der "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" enthielt, ausgeführt hat, eine solche Tätigkeit werde mit der erstmaligen Vornahme einer unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichteten und der Gewinnerzielung dienenden Handlung mit Außenwirkung aufgenommen(BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 1 RdNr 11 mit Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.1997, L 13 Ar 2633/95), bleibt ebenfalls offen, inwieweit Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung einzubeziehen sind. Aus den weiteren Ausführungen des BSG in der vorgenannten Entscheidung wird jedoch deutlich, dass der genaue Zeitpunkt der "Aufnahme" maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles abhängt (uU auch von einem formalen Akt der Zulassung, vgl BSG aaO RdNr 11).

19

Eine an den Umständen des Einzelfalles orientierte Betrachtungsweise entspricht auch dem offenen Gesetzeswortlaut und dem Zweck des § 57 SGB III, eine gezielte Förderung zu erreichen und die Nachhaltigkeit von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit zu stärken(vgl BT-Drucks 16/1696 S 31, zu § 57 Abs 2). Da im Übrigen eine Existenzgründung regelmäßig keinen punktuellen Vorgang darstellt (vgl BT-Drucks 14/873 S 3, zu § 57 SGB III idF des 2. SGB III-Änderungsgesetzes vom 21.7.1999, BGBl I 1648), geht der Senat davon aus, dass eine selbständige Tätigkeit iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III schon vor der eigentlichen "Geschäftseröffnung" - also beispielsweise dem Beginn der Warenproduktion, die den Gegenstand des Unternehmens darstellt - aufgenommen worden sein kann. Unter bestimmten Umständen kann eine "Aufnahme" also schon vorliegen, wenn vorbereitende Tätigkeiten durchgeführt werden (so zutreffend Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 39, Stand März 2010; Link/Kranz, Der Gründungszuschuss für Existenzgründer, 2007, RdNr 63; aA offenbar Stark in NK-SGB III, 3. Aufl, § 57 RdNr 55). Die im Gesetz angelegte Nachhaltigkeit der Förderung macht es jedoch erforderlich, vorbereitende Maßnahmen nur dann als "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" zu werten, wenn diese Maßnahmen Außenwirkung im Geschäftsverkehr entfalten (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 1 RdNr 11; Link in Eicher/Schlegel aaO; Winkler, info also 2006, 195, 196) und sie ferner nach dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (vgl BSG aaO; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.4.2010, L 1 AL 39/09 ZVW).

20

Ausgehend von diesen Maßstäben kann nach dem Stand der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit durch Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung wie die Anmietung von Geschäftsräumen oder die Gewerbeanmeldung oder die Erwirkung einer Gaststättenerlaubnis bereits im Juli 2007, also in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg, aufgenommen hat. Ob die durchgeführten Maßnahmen allerdings ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftseröffnung ausgerichtet gewesen sind, hängt von den näheren Umständen und insbesondere davon ab, wie der Kläger sein Gesamtkonzept umgesetzt hat. Von Bedeutung ist vor allem, in welcher Weise der Kläger nach der Anmietung der Räume und der Anmeldung des Gewerbes im Juli 2007 sein Existenzgründungsvorhaben in der verbleibenden Zeit bis Oktober 2007 im Einzelnen betrieben hat. Die nötige Ausrichtung auf die spätere Geschäftstätigkeit könnte etwa fehlen, wenn der Kläger im Anschluss an die im Juli vorgenommenen Vorbereitungshandlungen über mehrere Wochen hinweg untätig geblieben sein sollte. Das LSG wird hierzu die notwendigen Feststellungen zu treffen haben.

21

e) Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, dass der Kläger die selbständige Tätigkeit bereits im Juli 2007 aufgenommen hat, wird das LSG Gelegenheit haben, näher auszuführen, inwieweit die weiteren Voraussetzungen des § 57 SGB III (s oben unter a) erfüllt sind.

22

4. Das LSG wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

(1) Teilnahmekosten bestimmen sich nach den §§ 49, 64, 73 und 74 des Neunten Buches. Sie beinhalten auch weitere Aufwendungen, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen, sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei anderweitiger auswärtiger Unterbringung.

(2) Die Teilnahmekosten nach Absatz 1 können Aufwendungen für erforderliche eingliederungsbegleitende Dienste während der und im Anschluss an die Maßnahme einschließen.

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 354/03
vom
30. März 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. März
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 14. März 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Freiburg zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten erneut vom Vorwurf der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin S. freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Nebenklägerin. Diese beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


1. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 29. September 1998 - 1 StR 416/98 - das erste in dieser Sache ergangene Urteil des Landgerichts vom 28. November 1997 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin hin aufgehoben, soweit der Angeklagte von dem jetzt noch in Rede stehenden Tatvorwurf freigesprochen worden war. In der ersten Hauptverhandlung hatte sich das Landgericht nicht davon überzeugt, daß der Angeklagte gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter namens J. die Zeugin
S. am 19. August 1996 gegen 20.30 Uhr in der Parkanlage hinter dem Sch. -Gymnasium in Bad Sä. überfallen habe, wobei beide Täter abwechselnd jeweils den Oral- und Vaginalverkehr erzwungen hätten (Anklage vom 13. April 1997). In einer mit diesem Verfahren verbundenen weiteren Anklage war dem Angeklagten darüber hinaus vorgeworfen worden, an einem nicht näher feststellbaren Tag in der zweiten Augusthälfte 1996 wiederum mit einem unbekannten Mittäter namens J. und ebenfalls im Sch. park in Bad Sä. eine weitere, allerdings unbekannt gebliebene Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. Diese hatte sich später anonym bei einer Frauenberatungsstelle gemeldet, war danach aber nicht mehr in Erscheinung getreten. Auch von diesem Tatvorwurf hat das Landgericht den Angeklagten mit seinem ersten Urteil vom 28. November 1997 freigesprochen. Insoweit ist jenes Urteil rechtskräftig.
Hinsichtlich des Vorwurfs der Vergewaltigung zum Nachteil der Zeugin S. konnte das Landgericht seinerzeit Zweifel nicht überwinden, ob der Angeklagte bei seinem früheren, später widerrufenen Geständnis diejenige Tat geschildert habe, welche der Zeugin widerfahren sei. Auch die Identifizierung des Angeklagten durch die Zeugin sei nicht verläßlich genug, um Unstimmigkeiten zwischen den Tatschilderungen der Zeugin und des Angeklagten in seiner früheren geständigen Einlassung vernachlässigen zu können.
2. Das Landgericht hat sich auch in der erneuten Hauptverhandlung nicht davon zu überzeugen vermocht, daß es der Angeklagte war, der die Zeugin S. mit einem unbekannten Mittäter vergewaltigt hat. Zwar sei die Zeugin S. , wie von ihr geschildert, Opfer einer Vergewaltigung geworden ; es lasse sich jedoch nicht feststellen, daß der Angeklagte die Tat be-
gangen habe. Das später widerrufene Geständnis des Angeklagten im Ermittlungsverfahren beziehe sich zwar wahrscheinlich auf eine tatsächlich verübte Tat, obwohl dies nicht als völlig zwingend erscheine. Es bestünden aber erhebliche Zweifel an der Identität der von dem Angeklagten einerseits und der Zeugin andererseits jeweils geschilderten Tatabläufe. Unterschiede hätten sich bei den Angaben hinsichtlich des Ausgangspunkts der Tat und der Gehrichtung des Opfers, dessen Kleidung und Haarfarbe, der Kleidung der Täter, des Tattags und der Ausübung von Oralverkehr ergeben. Diese Abweichungen könnten auch nicht mit der Überlegung relativiert werden, daß die Begehung zweier vergleichbarer Vergewaltigungstaten durch jeweils zwei (andere) Täter in Bad Sä. in kurzem zeitlichem Abstand wenig wahrscheinlich sei. Die Strafkammer konnte sich von der Täterschaft des Angeklagten auch nicht aufgrund seiner Identifizierung als Täter durch dieZeugin S. überzeugen. Die Identifizierung bei der Wahllichtbildvorlage sei aufgrund von Unsicherheiten bei der Beschreibung der Barttracht des Angeklagten nicht sicher gewesen. Auch in der Hauptverhandlung hätten sich Unsicherheiten in bezug auf die Barttracht und die Lage der Narbe im Gesicht des Angeklagten ergeben.

II.


Das freisprechende Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es weist im wesentlichen die gleichen rechtlichen Fehler bei der Beweiswürdigung auf wie das seinerzeit aufgehobene erste landgerichtliche Urteil. Die Beweiswürdigung leidet wiederum unter Erörterungsmängeln, beachtet nicht in jeder Hinsicht die für sie geltenden Maßgaben und überspannt die an die tatrichterliche Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; kann er die erforderliche Gewißheit nicht gewinnen und zieht er die hiernach gebotene Konsequenz und spricht frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Revisionsgericht die Beweisergebnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Ein Urteil kann indes dann keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder naheliegende Schlußfolgerungen nicht erörtert , wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH wistra 1999, 338, 339; NJW 2002, 2188, 2189).
Der Tatrichter ist gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen , wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (BGH NStZ 2002, 656, 657). Liegen mehrere Beweisanzeichen vor, so genügt es nicht, sie jeweils einzeln abzuhandeln. Auf solche einzelnen Indizien ist der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht isoliert anzuwenden. Das einzelne Beweisanzeichen ist vielmehr mit allen anderen Indizien in eine Gesamtwürdigung einzustellen. Erst die Würdigung des gesamten Beweisstoffes entscheidet letztlich darüber, ob der Richter die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten und den sie tragenden Feststellungen gewinnt. Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglich-
keit, daß sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln können (BGH NStZ-RR 2000, 45).
2. Die Strafkammer mußte ihrer Beweiswürdigung die Aussage der Zeugin S. zugrunde legen und prüfen, ob diese glaubhaft ist und ob die Zeugin den Angeklagten überzeugungskräftig als Täter identifiziert hat. Dabei hat die Kammer jedoch nicht hinreichend bedacht, daß der Zweifelssatz nicht schon auf das einzelne Indiz, sondern erst bei der abschließenden Überzeugungsbildung aufgrund der gesamten Beweislage anzuwenden ist. Bereits vor der Gesamtschau aller Beweise hat das Landgericht hier wesentliche Beweisanzeichen für die Täteridentifikation - wie die Lage der Narbe, die Barttracht, den Geruch und weitere Identifizierungsmerkmale - jeweils einzeln unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes als „nicht völlig zwingend“ und deshalb nicht überzeugend erachtet. Das läßt besorgen, daß es bei der Gesamtwürdigung solche Indizien nicht hinreichend einbezogen hat, denen es für sich gesehen keinen „zwingenden“ Beweiswert beigemessen hat. Darüber hinaus hat es einzelne Beweisanzeichen und naheliegende Möglichkeiten nicht erschöpfend oder überhaupt nicht erörtert.

a) Die Strafkammer hat sich zur Identifizierung des Angeklagten durch die Zeugin S. mit dem Beweisanzeichen der Narbe befaßt, dabei aber die Angaben der Zeugin zur Lage der Narbe im Gesicht eines der Täter und das tatsächliche Vorhandensein einer Narbe unter dem linken Auge des Angeklagten nicht erschöpfend gewürdigt.
Das Landgericht sieht in dem Umstand, daß ein Tatopfer einen Täter an einer Narbe wieder erkennt, grundsätzlich ein starkes Indiz für die Richtigkeit
der Identifizierung; das gelte unabhängig von etwaigen Abweichungen hinsichtlich deren genauer Lage. Es hält den Wert der Wiedererkennung hier aber deshalb für gemindert, weil die Zeugin auch nach der Gegenüberstellung mit dem Angeklagten bei der fehlerhaften Beschreibung der Lage der Narbe geblieben ist und darauf beharrt hat, diese habe sich über dem linken Auge befunden. In diesem Zusammenhang läßt es allerdings unberücksichtigt, daß die Zeugin den Angeklagten in der Hauptverhandlung "zu 100 %" identifiziert hat. Zudem erörtert es nicht, welche Bedeutung der Aussage der Zeugin zur Lage der Narbe gerade vor dem Hintergrund zukommt, daß diese bei ihrer Beschreibung insoweit auch später blieb, obwohl sie spätestens nach der ersten Gegenüberstellung in der Hauptverhandlung im November 1997 naheliegenderweise die tatsächliche Lage der Narbe unter dem linken Auge gekannt haben müßte. Wenn die Zeugin dennoch den Täter mit einer über dem Auge liegenden Narbe beschrieben hat, liegt die Erklärung nahe, daß sie diese aus ihrer Erinnerung beschrieben hat, die jedoch nicht in jeder Hinsicht verläßlich war. Dabei war zu bedenken, daß die beiden Täter die liegende Zeugin auch kopfseitig von oben festgehalten haben. Wie dem Senat aus der Befassung mit dem ersten, aufgehobenen Urteil des Landgerichts bekannt ist, war dort festgestellt , daß sich die Zeugin inzwischen (damals, in jener Hauptverhandlung) nicht mehr sicher war, wo am Auge des Täters sich die Narbe genau befunden habe. Diese Besonderheiten hätte die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer in ihre Bewertung einbeziehen müssen.

b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch hinsichtlich des Beweisanzeichens der Barttracht unvollständig und wird den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nicht vollends gerecht.
Die ZeuginS. hat auch in der erneuten Beweisaufnahme gleichbleibend bestätigt, daß einer der Täter - ihres Erachtens der Angeklagte - keinen Bart getragen habe. Daneben hat sie aber den unbekannten Mittäter mit einem leicht an den Mundwinkeln herabwachsenden Schnurrbart beschrieben. Der Angeklagte hatte im Rahmen seines (später widerrufenen) Geständnisses angegeben, daß er zur Tatzeit zumindest einen Oberlippenbart getragen habe, welcher sicher an den Seiten etwas länger ausgeprägt gewesen sei. Danach hat die Zeugin einem der Täter einen Bart zugeordnet, der nach der Form der Barttracht des Angeklagten zur Tatzeit entsprechen konnte. Die Möglichkeit, daß die Zeugin den von ihr tatsächlich erwähnten Bart versehentlich dem falschen Täter zugeordnet haben könnte, wird vom Landgericht als spekulativ bezeichnet, ohne die besondere Anspannung der Zeugin in der Tatsituation und den Umstand zu würdigen, daß sie aus der Erinnerung zwei Täter zu beschreiben hatte, denen sie bestimmte Merkmale zuordnen mußte.

c) Darüber hinaus setzt sich das Landgericht wie im ersten Urteil mit dem besonderen Merkmal der Stimme des Angeklagten nicht hinreichend auseinander , obwohl die Zeugin die Stimme des entsprechenden Täters als näselnd beschrieben hat. Auch fehlt eine Erörterung der Sprache des Angeklagten im Hinblick auf den von der Zeugin beschriebenen „fehlenden Dialekt“. Gerade diese Umstände können nicht aufgrund einer nach Ansicht des Landgerichts methodisch unzulänglichen früheren Wahllichtbildvorlage wiedererkannt werden. Dies gilt auch für den von der Zeugin erstmals als Wiedererkennungsmerkmal erwähnten Geruch des Angeklagten. Das Urteil enthält keine Angaben zu den konkreten Abständen zwischen dem Angeklagten und der Zeugin in der jetzigen Hauptverhandlung und damit den Geruchswahrnehmungsmöglichkeiten. Weiter fehlt eine Würdigung im Hinblick auf Alter, Größe
und Haarfarbe des Angeklagten. Schließlich wird nicht darauf eingegangen, inwieweit die Zeugin den Angeklagten anhand der Augen wiedererkannt haben will. In dem ersten, aufgehobenen Urteil ist von einem hängenden Augenlid die Rede, einem Merkmal, mit dem sich das Tatgericht damals fehlerhaft nicht auseinandergesetzt hatte. Nunmehr wird dieser Umstand vom Landgericht ebenso wie die Gesichtsform nicht einmal mehr erwähnt. Das Urteil läßt schließlich eine Auseinandersetzung mit der beschriebenen erheblichen Alkoholisierung des Täters vermissen, während im ersten Urteil immerhin noch die insoweit übereinstimmenden Angaben von Angeklagtem und Zeugin festgestellt worden waren. Auch dies wäre als Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen gewesen.

d) Überdies ist die Annahme des Landgerichts nicht tragfähig, die Identifizierungsleistung der Zeugin verliere deswegen an Wert, weil sich der Angeklagte seinerzeit aufgrund der von der Zeugin gegebenen, in der Zeitung abgedruckten Täterbeschreibung nach deren Lektüre gestellt habe. Es liegt nahe, daß ein Zeuge eine Person als Täter identifiziert, die er zuvor beschrieben hat und die der Beschreibung entspricht, und zwar unabhängig davon, ob diese sich selbst gestellt hat oder nicht. Dies kann sogar ein Hinweis auf die Verläßlichkeit der Identifizierung sein. Sollte die Strafkammer hingegen gemeint haben , ein etwaiges Wissen des Identifizierungszeugen um die Selbstgestellung könne die Identifizierungsleistung beeinflussen, hätte dies klar zum Ausdruck gebracht und begründet werden müssen.
3. Auch die Würdigung der Einlassung des Angeklagten leidet unter Erörterungsmängeln und ist deshalb nicht tragfähig.

a) Der Senat hatte beanstandet, daß das Motiv des Angeklagten für den Widerruf seines bei mehreren Vernehmungen wiederholten Geständnisses nicht genügend gewürdigt worden sei. Die Schilderung der zeitlichen Abläufe und näheren Umstände des Widerrufs hat er als nicht ausreichend erachtet. Im ersten Urteil hatte das Landgericht als Grund für den Widerruf erwähnt, der Angeklagte habe mit einer Freiheitsstrafe von etwa drei Jahren gerechnet. Nachdem sein Anwalt ihm dann aber gesagt habe, daß ihn eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren erwarte, sei ihm das doch zuviel gewesen. Das jetzige Urteil erwähnt diese Umstände nicht mehr. Die Strafkammer führt aus, es sei nicht völlig unwahrscheinlich, daß sich der Angeklagte aufgrund seiner traumatischen sexuellen Erfahrungen mit seinem Vater in eine Opferrolle hineingesteigert haben könnte, aufgrund deren er dann ein solches Geständnis unabhängig von seinem tatsächlichen Wahrheitsgehalt abgelegt haben könnte, um - wie er erklärt hat - seinem Vater „eins auszuwischen“.
Diese Erklärung des Angeklagten für sein widerrufenes Geständnis, dem "Vater eins auszuwischen", mag, auch wenn das eher fern liegt, möglicherweise geeignet sein, das - dann falsche - Geständnis gegenüber der Polizei zu erklären, nicht ohne weiteres jedoch das zuvor nach Lektüre des Presseartikels gegenüber der Zeugin St. abgegebene. Das hätte der Erörterung bedurft.

b) Das Landgericht würdigt bei der Prüfung des Wahrheitsgehalts der früheren geständigen Einlassung des Angeklagten nicht ausreichend deren Aussagequalität.
Auch ein frei erfundenes Geständnis, um dem Vater „eins auszuwischen“ , birgt die Gefahr der fehlenden Konstanz insbesondere dann, wenn das
Tatgeschehen so genau wie hier beschrieben worden ist. Eine Erklärung dafür, warum das widerrufene Geständnis des Angeklagten durch Beständigkeit und Detailtreue auch in Nebensächlichkeiten gekennzeichnet ist, führt die Strafkammer nicht an. Sie geht daran vorbei, daß sich der Angeklagte das Geständnis sehr spontan überlegt haben muß, wenn er nach dem Lesen des Zeitungsartikels mit der Täterbeschreibung noch am selben Tag zunächst gegenüber der Zeugin St. die Tat eingestanden und sich in der Nacht der Polizei gestellt hat. Dies hätte der näheren Bewertung bedurft.
c) Die Beweiswürdigung zum Aufenthalt des Angeklagten zum Tatzeitpunkt ist nicht tragfähig. Zwar nimmt das Landgericht nicht an, der Angeklagte habe ein Alibi nachweisen können, weil er am Spätnachmittag des 19. August 1996 persönlich bei seinem Arbeitgeber gekündigt habe. Das Landgericht hält es aber "für sehr unwahrscheinlich", daß sich der Angeklagte danach noch nach Bad Sä. begeben und dort die Vergewaltigung begangen habe (UA S. 19). Es konnte jedoch keine Feststellungen dazu treffen, wann genau und wo der ZeugeL. den Angeklagten nach dem Besuch des Arbeitgebers mit dem Fahrzeug abgesetzt hat. Dieser hat sich nur noch daran erinnert, daß die Fahrt zum Arbeitgeber zwischen 17.00 Uhr und 20.00 Uhr stattgefunden und der Angeklagte sich dort ca. ein- bis eineinhalb Stunden aufgehalten habe. Da die Tat gegen 20.30 Uhr geschehen sein soll, konnte aus diesen Angaben keine tragfähige Folgerung auf die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer anschließenden Vergewaltigung in Bad Sä. gezogen werden.

d) Indem das Landgericht es als nicht "völlig zwingend" erachtet, daß das Geständnis der Wahrheit entspreche und der Angeklagte auch an der Tat zum Nachteil der Zeugin S. beteiligt gewesen sei, hat es den Grundsatz der freien Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft angewandt: Für die Beantwortung
der Schuldfrage kommt es allein darauf an, ob der Tatrichter die Überzeugung von einem bestimmten Sachverhalt erlangen kann oder nicht. Der Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus; vielmehr gehört es gerade zu ihrem Wesen, daß sie sehr häufig objektiv möglichen Zweifel ausgesetzt bleibt. Der Tatrichter ist aber nicht gehindert, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen. Sie müssen allerdings tragfähig sein (BGHSt 10, 208, 209 f.; 41, 376, 380; BGH, Urt. v. 4. September 2003 - 3 StR 224/03). Da das Landgericht auch im Blick auf andere Beweisumstände an sich mögliche Schlüsse als „nicht völlig zwingend“ bewertet oder Beweisanzeichen als „kein zwingendes Indiz“ charakterisiert (etwa UA S. 19), steht angesichts der hier vorliegenden besonderen Umstände zu besorgen, daß es die Anforderungen an die Überzeugungsbildung überspannt haben könnte.
4. Das Landgericht hat eine naheliegende Möglichkeit nicht ausdrücklich gewürdigt, die sich aus der Zusammenschau des widerrufenen Geständnisses des Angeklagten und der Aussage der Zeugin S. ergibt. Diese erklärt möglicherweise die von der Strafkammer hervorgehobenen Differenzen zwischen den beiden Tatschilderungen und kann ihnen den beweismindernden Wert hinsichtlich der Bekundungen der Zeugin weitgehend nehmen.
Die Strafkammer hat offen gelassen, ob dem später widerrufenen Geständnis des Angeklagten ein wirkliches Ereignis zugrunde liegt. Einerseits hält sie es für wahrscheinlich, daß das Geständnis wegen der Detailliertheit und Konstanz der Angaben über einen längeren Zeitraum und mehrere Vernehmungen hinweg der Wahrheit entspreche. Sachverständig beraten führt sie andererseits aus, es sei nicht völlig unwahrscheinlich, daß der Angeklagte ein
solches Geständnis „unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt abgelegt“ haben könnte. Wie bereits im ersten, aufgehobenen Urteil ist die Strafkammer davon ausgegangen, daß das widerrufene Geständnis des Angeklagten deshalb fragwürdig sei, weil es in wesentlichen Punkten von den Angaben der Geschädigten abweiche. Insbesondere habe der Angeklagte den Ausgangspunkt, von dem aus und die Gehrichtung, in welcher er und sein Mittäter das Opfer verfolgten , anders als die Zeugin beschrieben. Differenzen bestünden darüber hinaus hinsichtlich der Schilderung der Kleidung des Opfers und der Täter sowie des Tathergangs in seinen Einzelheiten.
Das Geständnis des Angeklagten wäre jedoch nur dann ohne jeden Beweiswert , wenn davon auszugehen wäre, daß es erfunden war. Liegt ihm hingegen ein wahrer, wenn auch nicht der angeklagte Sachverhalt zugrunde, bestünde zwischen den Angaben der Zeugin hinsichtlich des Tathergangs und der geständigen Einlassung des Angeklagten möglicherweise kein wirklicher Widerspruch, weil beide dann verschiedene, aber reale Geschehensabläufe beschrieben haben könnten. Die vom Landgericht hervorgehobenen Differenzen hinsichtlich der Schilderungen etwa zur Kleidung des Opfers (Hose oder Rock, roter Slip) verlören dann weitgehend ihre Bedeutung für die Würdigung der Aussage der Zeugin S. und deren Wiedererkennung des Angeklagten. Das Landgericht hätte sich deshalb die Frage vorlegen müssen, ob das später widerrufene, aber detailreiche und von Konstanz gekennzeichnete Geständnis des Angeklagten zwar eine andere Tat betraf, er aber dennoch auch die - von ihm dann nicht gestandene - Tat zum Nachteil der Zeugin S. begangen hat. Es hätte in Betracht ziehen müssen, ob der Angeklagte aufgrund der veröffentlichten Täterbeschreibung nach Begehung einer zweiten Tat zunächst nach seiner Gestellung nur Anlaß sehen konnte, lediglich eine der
Taten zu gestehen. Auf diese Möglichkeit könnte hindeuten, daß innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums an demselben Ort zwei Vergewaltigungen mit derselben Vorgehensweise von jeweils zwei Tätern begangen worden sein könnten. Dabei hätte jeweils einer der Täter nach den insoweit übereinstimmenden Angaben sowohl der Zeugin als auch des Angeklagten eine Tätowierung mit dem Motiv einer Spinne aufgewiesen. Der zweite Täter, der die Tat zum Nachteil der Zeugin S. mit begangen hat, hätte dann ebenso wie der Angeklagte , der die Tat zum Nachteil des unbekannten Opfers gestanden und beschrieben hätte, eine Narbe am Auge. Würde das Landgericht also beide Schilderungen - das frühere Geständnis des Angeklagten, aber auch die Tatschilderung der Zeugin S. - unter diesen Umständen für nicht widersprüchlich und für glaubhaft halten, müßte es sich fragen, ob es sich auf solcher Grundlage davon überzeugen kann, daß der Angeklagte auch die von ihm nicht gestandene Tat zum Nachteil der Nebenklägerin begangen hat. Die Abweichungen in den Tatschilderungen könnten dann nicht mehr gegen eine solche Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten im Fall zum Nachteil der Nebenklägerin ins Feld geführt werden. Der Identifizierungsleistung der Zeugin käme dann für die Wiedererkennung in der Hauptverhandlung und auch in bezug auf die Wahllichtbildvorlage möglicherweise ein höherer Beweiswert zu.
Daß der Angeklagte von dem Vorwurf der zweiten Vergewaltigung zum Nachteil des unbekannten Opfers rechtskräftig freigesprochen ist, hindert nicht dessen Erörterung und etwaige indizielle Bewertung im Blick auf den noch in Rede stehenden Anklagevorwurf. Der rechtskräftige Freispruch verbraucht die Strafklage und steht fortan einer Sanktionierung wegen der nämlichen Tat ent-
gegen. Eine Tatsachenbindung gehört aber nicht zum Wesen der Rechtskraft (vgl. BGHSt 43, 106, 108 f.; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. Einl. Rdn. 170, 188).

III.


Auf diesen sachlich-rechtlich erheblichen Beweiswürdigungsmängeln kann das Urteil beruhen. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landgericht bei ihrer Vermeidung die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen hätte.

IV.


Die Sache muß somit neu verhandelt und entschieden werden. Der Senat verweist sie an ein anderes Landgericht zurück (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. im übrigen Bd. III Bl. 713 ff. der Strafakten).
Nack Boetticher Schluckebier Herr Richer am BGH Hebenstreit Elf ist erkrankt und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 92,90 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse begehrt von der beklagten Bundesagentur für Arbeit die Erstattung von 92,90 Euro, die sie einer Versicherten als Krankengeld (Krg) in der Zeit vom 12. bis 21.4.2007 gezahlt hat.

2

Die Beklagte bewilligte der Versicherten ab 1.12.2005 Arbeitslosengeld (Alg) für 720 Tage iHv täglich 9,29 Euro. Vom 11. bis 21.3.2007 wurde die Versicherte stationär behandelt; anschließend absolvierte sie zu Lasten des Rentenversicherungsträgers eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, aus der sie arbeitsunfähig entlassen wurde. Die Arbeitsunfähigkeit (AU) bestand bis zum 30.4.2007 fort. Der Rentenversicherungsträger bewilligte der Versicherten für die Zeit vom 21.3. bis 11.4.2007 Übergangsgeld (Übg). Ab 12.4.2007 zahlte ihr die Klägerin wieder Krg.

3

Nachdem sich die Versicherte am 1.8.2007 mit Wirkung zum 4.8.2007 erneut arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt hatte, bewilligte die Beklagte ihr antragsgemäß Alg für die Restanspruchsdauer. Für das in der Zeit vom 12. bis 21.4.2007 (Ablauf des Sechs-Wochen-Zeitraums für die Leistungsfortzahlung bei AU, § 126 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung ) gezahlte Krg iHv insgesamt 92,90 Euro meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an, den diese ablehnte.

4

Die daraufhin erhobene Leistungsklage hat das Sozialgericht München (SG) mit Urteil vom 13.4.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Erstattungsanspruch scheitere daran, dass die Klägerin der Versicherten im streitigen Zeitraum rechtmäßig Krg gewährt habe. Der Anspruch auf Krg sei nicht wegen der Gewährung von Alg entfallen; denn die Beklagte habe die ursprüngliche Alg-Bewilligung für die Zeit ab 21.3.2007 aufgehoben und - auf erneuten Antrag der Versicherten - erst wieder ab 4.8.2007 bewilligt. Einen Antrag auf Bewilligung von Alg ab 12.4.2007 habe die Versicherte nicht gestellt. Die Entscheidung eines Leistungsberechtigten, nach Aufhebung der Bewilligung von Alg das Krg und nicht das Alg zu beanspruchen, sei zu respektieren.

5

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung von § 126 Abs 1 S 1 und § 323 Abs 1 S 2 SGB III aF. Sie macht geltend, nach § 126 Abs 1 S 1 SGB III aF habe die Versicherte Anspruch auf Fortzahlung des Alg für die Dauer von bis zu sechs Wochen, also auch im streitigen Zeitraum. Deswegen ruhe der Anspruch auf Krg (§ 49 Abs 1 Nr 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch). Ein Anspruch auf Alg scheitere nicht an einer fehlenden Antragstellung, weil nach der Bewilligung von Alg und einer zwischenzeitlichen Aufhebung der Leistungsbewilligung kein erneuter Antrag erforderlich sei.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 92,90 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Sprungrevision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der 92,90 Euro, die sie der Versicherten als Krg in der Zeit vom 12. bis 21.4.2007 gezahlt hat; das klageabweisende Urteil des SG ist rechtmäßig.

10

1. Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 105 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

11

Nach § 105 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 SGB X vorliegen, soweit der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. "Zuständig" iS dieser Vorschrift ist der Leistungsträger, der im Hinblick auf den erhobenen Sozialleistungsanspruch nach materiellem Recht richtigerweise anzugehen, dh sachlich befugt (passiv legitimiert) ist (BSG SozR 1300 § 105 Nr 5 S 13 mwN; BSGE 65, 31, 33 = SozR 1300 § 111 Nr 6 S 19; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 43 S 176; BSGE 84, 61, 62 = SozR 3-1300 § 105 Nr 5 S 14). Die Frage der Zuständigkeit ist somit aus Sicht des Anspruch stellenden Leistungsträgers nach dem insoweit geltenden materiellen Recht zu beurteilen. Aus Sicht der Klägerin ist die Beklagte materiell-rechtlich leistungsverpflichtet und sie selbst unzuständig.

12

Ein vorrangiger Ausgleichsanspruch nach § 102 Abs 1 SGB X besteht nicht. Diese Anspruchsgrundlage betrifft die Erstattungspflicht des zur Leistung verpflichteten Leistungsträgers, wenn der andere Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Eine vorläufige Leistungserbringung durch die Klägerin liegt aber nicht vor. Denn sie hat der Versicherten Krg als die ihr - vermeintlich - zustehende Sozialleistung erbracht, nachdem die Beklagte zuvor die Bewilligung von Alg aufgehoben hatte und die Versicherte aus der stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation arbeitsunfähig entlassen worden war.

13

Da § 105 SGB X anzuwenden ist, scheidet auch § 103 Abs 1 SGB X - anders als dies das SG gesehen hat - als Anspruchsgrundlage aus. Es geht im vorliegenden Fall nicht darum, ob ein Anspruch auf eine Sozialleistung nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Selbst wenn man indes - aus Sicht der Klägerin - annähme, dass mit der erneuten Beantragung von Alg durch die Versicherte im August 2007 deren Anspruch auf Krg im streitigen Zeitraum nachträglich entfallen wäre, würde die Anwendung von § 103 SGB X zu keinem anderen Ergebnis führen.

14

2. Der - von der Klägerin behauptete - materiell-rechtliche Anspruch der Versicherten auf Alg im streitigen Zeitraum besteht nicht. Deshalb kommt auch keine Leistungsfortzahlung nach § 126 Abs 1 S 1 SGB III aF in Betracht.

15

a) Nach § 126 Abs 1 S 1 SGB III aF verliert ein Arbeitsloser, der während des Bezugs von Alg infolge Krankheit arbeitsunfähig wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, oder er während des Bezugs von Alg auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, seinen Anspruch auf Alg für die Zeit der AU oder der stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen nicht (Leistungsfortzahlung). Der Versicherten stand zwar ab 1.12.2005 Alg für eine Anspruchsdauer von 720 Tagen zu und die Zeit ihres stationären Krankenhausaufenthalts vom 11. bis 21.3.2007 unterbrach die Alg-Gewährung nicht. Während der sich hieran anschließenden stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation bezog die Versicherte Übg von der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die zum Ruhen des Alg-Anspruchs führte (§ 142 Abs 1 Nr 2 SGB III aF). Die Beklagte hob im Hinblick hierauf die Leistungsbewilligung vollständig und nicht nur für die Zeit des Bezugs von Übg durch die DRV auf. Da die Versicherte diese Entscheidung nicht anfocht, wurde die Leistungsaufhebung bestandskräftig. Zwar wurde die Versicherte aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig entlassen. Auch war ihr Anspruch auf Alg im streitigen Zeitraum vom 12. bis 21.4.2007 noch nicht erschöpft. Es fehlt aber im streitigen Zeitraum an einem für die Erbringung der Leistung durch die Beklagte erforderlichen Antrag der Versicherten auf Bewilligung von Alg.

16

b) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur auf Antrag erbracht (§ 323 Abs 1 S 1 SGB III aF). Zwar gilt Alg mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als beantragt, wenn der Arbeitslose keine andere Erklärung abgibt (§ 323 Abs 1 S 2 SGB III aF). Denn die persönliche Arbeitslosmeldung (vgl § 122 Abs 1 SGB III aF) führt nach dieser Sonderregelung zu der Fiktion der Beantragung von Alg. Die Versicherte hatte sich jedoch lediglich Ende 2005 arbeitslos gemeldet und einen solchen Antrag nach vollständiger Aufhebung der Bewilligung durch die Beklagte mit Bescheid vom 2.4.2007 wegen des Ruhens von Alg bei gleichzeitigem Bezug von Übg nicht erneuert. Für die hier streitige Zeit besteht danach kein Anspruch der Versicherten auf Alg.

17

c) Von einer Fortwirkung der früheren Arbeitslosmeldung kann unter den gegebenen Umständen nicht ausgegangen werden. Nach § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III aF erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung - und damit auch der Beantragung von Alg - zwar (erst) bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Meldet sich der Arbeitslose in dieser Frist erneut arbeitslos, bedarf es nicht eines erneuten Alg-Antrags. Mit der Aufrechterhaltung der materiellen Wirkung der Arbeitslosmeldung wollte der Gesetzgeber insoweit eine Abkehr von der früheren, auf den jeweils eingetretenen Versicherungsfall abstellenden Praxis einleiten (BSG Urteil vom 7.10.2004 - B 11 AL 23/04 R - BSGE 93, 209 = SozR 4-4300 § 122 Nr 2 mit Hinweis auf BT-Drucks 13/4941 S 176; BSGE 95, 1 = SozR 4-4300 § 147 Nr 4; Spellbrink in Eicher/ Schlegel, SGB III, § 122 RdNr 42, Stand Einzelkommentierung August 2004).

18

Erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung bei mehr als sechswöchiger Unterbrechung der Arbeitslosigkeit, entfällt wegen Nichterfüllung dieser Anspruchsvoraussetzung (Arbeitslosmeldung) auch der Anspruch auf Alg (vgl Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 323 RdNr 36, Stand Einzelkommentierung Juli 2010). Nur wenn die vorherige Arbeitslosmeldung wirksam bleibt, muss auch die für den Leistungsbezug erforderliche Anspruchsvoraussetzung der Antragstellung nicht erneut erfüllt werden.

19

Zwar hat der erkennende Senat bei kurzfristig verspätet erfolgter Kontaktaufnahme zur Arbeitsverwaltung nach Maßnahmeende - ausnahmsweise - eine "unschädliche Unterbrechung" der Arbeitslosigkeit angenommen (vgl Urteil vom 7.10.2004 - B 11 AL 23/04 R - BSGE 93, 209 = SozR 4-4300 § 122 Nr 2). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Versicherte hat die Leistungsaufhebung vielmehr akzeptiert und bewusst (nur) die Inanspruchnahme der anderen Sozialleistung (Krg) verfolgt. § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III aF schließt jedoch einen "anderen Grund" für eine Unwirksamkeit der Arbeitslosmeldung nicht aus(vgl BSG SozR 3-4300 § 122 Nr 1). Ein solcher liegt hier bereits in der Nichtanfechtung der (vollständigen) Leistungsaufhebung durch die Beklagte am 2.4.2007. Bis zur erneuten Arbeitslosmeldung ließ die Versicherte eine Frist von 17 Wochen verstreichen; ein Bezug zur Arbeitslosmeldung zum 1.12.2005 bestand daher nicht mehr.

20

Die Versicherte hat sich auch bewusst für das Ausschöpfen ihres Krg-Anspruchs entschieden und damit zugleich zu erkennen gegeben, dass sie dem Arbeitsmarkt derzeit nicht zur Verfügung stehe (zur Gestaltungsmöglichkeit des Versicherten vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 145 RdNr 73 ff, 83, Stand Einzelkommentierung Juli 2013). Damit war ihr Status als Arbeitslose durch die Rehabilitationsmaßnahme nicht nur für eine bestimmbare Zeit "voraussichtlich" unterbrochen (vgl zu diesem Begriff BSGE 93, 209 = SozR 4-4300 § 122 Nr 2, RdNr 11); die Versicherte hat die Beendigung ihres Status als Arbeitslose durch Aufhebung der Alg-Bewilligung bewusst hingenommen. Sie hat damit eine Entscheidung zu Gunsten des Bezugs von Krg getroffen, der die Gesetzeslage nicht entgegensteht und auch von der beklagten Krankenkasse "zu respektieren" ist. Eine Gewährung von Alg gegen den Willen des Arbeitslosen ist dem Arbeitsförderungsrecht fremd (vgl auch § 118 Abs 2 SGB III aF).

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und § 162 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

22

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 12.10.2006.

2

Der 1964 geborene Kläger war seit 1983 als Dachdecker versicherungspflichtig beschäftigt. Nach betriebsbedingter Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.9.2006 meldete er sich am 27.6.2006 bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitsuchend. Dabei teilte er mit, dass er sich mit einem Kollegen schnellstmöglich selbständig machen wolle. Am 28.9.2006 meldete sich der Kläger sodann mit Wirkung für den 1.10.2006 arbeitslos und beantragte für diesen Tag Arbeitslosengeld (Alg) sowie für die Zeit ab 2.10.2006 einen Gründungszuschuss. In der Folgezeit legte der Kläger einen Lebenslauf sowie einen Businessplan nebst Rentabilitätsvorschau vom 2.10.2006, eine positive Stellungnahme seines Steuerberaters zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 9.10.2006 und eine Gewerbe-Ummeldung zum 12.10.2006 vor. Weil sich der Beginn der selbständigen Tätigkeit nach seinen Angaben auf den 12.10.2006 verschoben hatte, stellte der Kläger am 14.11.2006 einen Kurzantrag auf Weiterzahlung von Alg ab 2.10.2006.

3

Während die Beklagte dem Kläger für den 1.10.2006 Alg bewilligte (Bescheid vom 10.10.2006), lehnte sie die Gewährung von Alg ab 2.10.2006 mangels Verfügbarkeit ab (Bescheid vom 15.11.2006).

4

Den Antrag auf einen Gründungszuschuss lehnte die Beklagte ebenfalls ab, weil der Kläger bis zur Aufnahme der Selbständigkeit keinen Anspruch auf Alg gehabt habe und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben seien. Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, durch Behördengänge habe sich der geplante Beginn der selbständigen Tätigkeit verschoben, wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 27.11.2006, Widerspruchsbescheid vom 11.12.2006).

5

Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts vom 28.11.2007; Urteil des Landessozialgerichts vom 28.11.2008).

6

Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Gründungszuschuss, weil er nicht bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf das hier als Entgeltersatzleistung allein in Betracht kommende Alg bei Arbeitslosigkeit gehabt habe. Nach § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der seit 1.8.2006 geltenden Fassung müsse ein Entgeltersatzanspruch unmittelbar vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit bestehen, wofür das sog Stammrecht genüge, während ein konkreter Auszahlungsanspruch nicht erforderlich sei. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Entgeltersatzanspruch und Existenzgründung - wie nach der früheren Rechtslage - reiche nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut jedoch nicht mehr aus. Da der Kläger nach seinen Angaben die selbständige Tätigkeit erst am 12.10.2006 aufgenommen habe, komme unabhängig von den Gründen der Verzögerung ein Anspruch auf einen Gründungszuschuss nur in Betracht, falls am 11.10.2006 ein Anspruch auf Alg bestanden hätte. Das sei aber nicht der Fall, weil der Kläger ab 2.10.2006 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung gestanden und sich bis zum 11.10.2006 auch nicht erneut persönlich arbeitslos gemeldet habe. Durch den Bescheid vom 15.11.2006 sei der Antrag auf Alg ab 2.10.2006 zudem bestandskräftig abgelehnt worden. An der fehlenden Verfügbarkeit und dem Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit lasse sich auch durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nichts ändern. Unabhängig davon fehle es schon an einem Beratungsfehler.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Nach Sinn und Zweck des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III reiche ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug einer Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit aus. Nur diese Auslegung, der weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesmotive entgegenstünden, werde dem Ziel der Förderung und der Realität gerecht, weil es sich bei einer Existenzgründung mit den notwendigen Vorbereitungshandlungen um einen komplexen Sachverhalt handele. Einen nahtlosen Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit zu verlangen, entspreche nicht den praktischen Erfordernissen einer Existenzgründung.

8

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts vom 28.11.2008 und des Sozialgerichts vom 28.11.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 12.10.2006 einen Gründungszuschuss zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

12

Ob der Kläger einen Anspruch auf einen Gründungszuschuss hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten (hierzu unter 2). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Versagung eines Gründungszuschusses aber jedenfalls nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger für die Zeit vom 2. bis 11.10.2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Alg hatte (hierzu unter 1).

13

1. Nach § 57 SGB III in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss (Abs 1). Der Gründungszuschuss wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer ua bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch hat (Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a) und bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (Abs 2 Satz 1 Nr 2).

14

a) Bestehen muss zunächst ein "Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch“. Zu diesen Leistungen gehört nach § 116 SGB III(in der seit dem 1.4.2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24.4.2006, BGBl I 926) neben anderen Leistungen (zB Insolvenzgeld) das vom Kläger vor der Existenzgründung bezogene Alg bei Arbeitslosigkeit. Der Begriff "Anspruch" kann bei dieser zuletzt genannten Leistung unterschiedliche Bedeutungen haben und sowohl den Gesamtanspruch aus einer bestimmten Anwartschaft (sog Stammrecht) als auch die daraus resultierenden Einzelansprüche auf Zahlung von Leistungen umfassen (vgl Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 118 RdNr 23 ff, Stand September 2005).

15

Nach § 118 Abs 1 SGB III(in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) haben Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit entsteht dem Grunde nach als Stammrecht im Sinne eines zu einem subjektiven Recht des Arbeitslosen verfestigten Besitzstandes regelmäßig mit dem Vorliegen der drei in § 118 Abs 1 SGB III genannten Voraussetzungen(vgl § 40 Sozialgesetzbuch Erstes Buch; Valgolio in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 10 RdNr 1). Der aus dem Stammrecht zu realisierende Einzelanspruch auf Zahlung von Alg ist hingegen durch Leistungsantrag (vgl § 323 Abs 1 SGB III in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) geltend zu machen und davon abhängig, dass für die konkret beanspruchte Zeit die materiellen Voraussetzungen des § 118 Abs 1 SGB III erfüllt sind.

16

Für den Alg-Anspruch als Anspruch auf Entgeltersatzleistung iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III ist davon auszugehen, dass mit "Anspruch" nicht lediglich ein nach § 118 Abs 1 SGB III entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist(so wohl Stark in NK-SGB III, 3. Aufl, § 57 RdNr 36 ff; vgl auch Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 54, 56, Stand März 2010). Der erkennende Senat hat bereits zum Überbrückungsgeld nach Maßgabe des § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) darauf hingewiesen, dass allein das Bestehen des Stammrechts auf Alg zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen dieser dem Gründungszuschuss vorausgehenden Förderleistung (hierzu unter b) nicht als ausreichend erachtet werden kann(vgl BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 4 S 24). Hieran ist für die neue Leistung des Gründungszuschusses festzuhalten, auch wenn es entgegen der früheren Regelung zum Überbrückungsgeld nicht mehr, auch nicht wahlweise (wie noch in § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III idF des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 10.12.2001, BGBl I 3443) auf den Leistungsbezug ankommt (vgl Stark in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 57 RdNr 36). Abgesehen davon, dass die besondere vierjährige Erlöschensfrist des § 147 Abs 2 SGB III für das Stammrecht auf Alg zu einer unterschiedlichen Behandlung der sonstigen Entgeltersatzleistungsberechtigten beim Zugang zum Gründungszuschuss führen würde, hat diese Leistung den Zweck, den Lebensunterhalt zu sichern und insoweit das infolge der Existenzgründung wegfallende Alg zu kompensieren(vgl BT-Drucks 16/1696 S 30, zu § 57 Abs 1). Ein "Anspruch" auf Alg iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III in der hier anzuwendenden Fassung liegt also vor, wenn die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs auf die jeweilige Entgeltersatzleistung gegeben sind (Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 56, Stand März 2010).

17

Von den materiellen Voraussetzungen ist nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für das zum 1.10.2006 bewilligte Alg auszugehen. Das ist schon wegen des für beide Beteiligte bindend gewordenen Bewilligungsbescheids vom 10.10.2006 anzunehmen, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beklagte diese Entscheidung später revidiert hat (vgl BSGE 61, 286 = SozR 4100 § 134 Nr 31). Zweifeln daran, ob die Bewilligung rechtmäßig war oder ob der Kläger am 1.10.2006 das für die Arbeitslosigkeit im Sinne des Leistungsrechts ua erforderliche Merkmal der Verfügbarkeit nicht erfüllte, weil er nach seiner damaligen Planung bereits am folgenden Tag eine selbständige Tätigkeit aufnehmen wollte, muss daher an dieser Stelle nicht nachgegangen werden (vgl BSG aaO).

18

b) Die des Weiteren in § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III normierte Voraussetzung eines Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit“ scheitert entgegen der Annahme der Beklagten nicht daran, dass der Kläger lediglich für den 1.10.2006, nicht aber für die anschließende Zeit vom 2.10. bis 11.10.2006 einen konkreten Zahlungsanspruch auf Alg hatte. Selbst wenn sich die Aufnahme der Tätigkeit (hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) des Klägers als selbständiger Baudienstleister damit vom 2.10. auf den 12.10.2006 verschoben haben sollte, stand die Existenzgründung in dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zum Alg-Anspruch. Denn die gesetzliche Regelung verlangt keine Nahtlosigkeit zwischen Existenzgründung und vorausgehendem Alg-Anspruch, sondern lediglich einen engen zeitlichen Zusammenhang. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung der Förderleistung, welche das bis zum 31.7.2006 geregelte Überbrückungsgeld und den zum 1.1.2003 vorübergehend eingeführten Existenzgründungszuschuss (sog Ich-AG, hierzu näher BSGE 101, 224 = SozR 4-4300 § 421l Nr 2) zum 1.8.2006 abgelöst hat.

19

aa) Bis zum 31.7.2006 bestimmte § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III, dass Überbrückungsgeld geleistet wird, wenn der Arbeitnehmer ua in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte. Eine ähnliche Regelung enthielt für den Existenzgründungszuschuss § 421l SGB III, der vom 1.7.2006 an allerdings nur noch auf Altfälle anwendbar war (§ 421l Abs 5 SGB III idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005, BGBl I 3676). Nach § 421l Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III wird dieser Zuschuss geleistet, wenn der Existenzgründer ua in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat.

20

Der Übergang von der Formulierung "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" zu der Wendung "bis zur Aufnahme" wird in der Literatur allerdings überwiegend so verstanden, dass die seit 1.8.2006 geltende Rechtslage jede zeitliche Lücke zwischen dem Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ausschließt (Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Dezember 2009, § 57 RdNr 14; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 57 RdNr 5; Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 54, Stand März 2010; Winkler in Gagel, SGB III, § 57 RdNr 15, Stand Dezember 2006; wohl ebenfalls für Nahtlosigkeit Götze in GK-SGB III, § 57 RdNr 38, Stand Dezember 2006). Ausgehend von der primär arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung der Förderung von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit (BT-Drucks 16/1696 S 30, zu § 57 Abs 1) gebietet der Wortlaut im historischen Gesamtzusammenhang der Regelung indessen keine Auslegung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III dahingehend, dass ein Gründungszuschuss nur zu gewähren ist, falls der Existenzgründer bis zum letzten Tag vor der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit einen Leistungsanspruch auf Zahlung von Alg hatte(vgl Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, Gründungszuschuss <210> RdNr 17).

21

bb) Die vom Gesetzgeber bei der Einführung des Gründungszuschusses gewählte Formulierung ist nicht neu. Denn bis zum 31.12.1997 bestimmte schon § 55a Abs 1 Satz 1 AFG, dass Arbeitslosen bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden Überbrückungsgeld gewährt werden kann, wenn der Arbeitslose ua "bis zur Aufnahme" dieser Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg oder Alhi bezogen hat. Bei der Einführung des SGB III wurde diese Regelung ohne wesentliche Änderung übernommen, denn nach § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 544) konnte Überbrückungsgeld geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer ua "bis zur Aufnahme" der selbständigen Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg, Alhi oder Kurzarbeitergeld in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit bezogen hat.

22

Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 55a AFG(BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 2 und 4) war aus der Formulierung "bis zur Aufnahme" entgegen dem Standpunkt der damaligen Bundesanstalt für Arbeit bereits im Geltungsbereich des AFG nicht ohne Ausnahme zu schließen, dass sich der Übergang vom Leistungsbezug zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nahtlos vollziehen muss. Eine enge wörtliche Auslegung hat der Senat abgelehnt, weil sie unter Umständen Ergebnisse zur Folge gehabt hätte, die nicht dem Gesetzeszweck entsprechen, durch die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Fortdauer von Arbeitslosigkeit zu verhüten und im Interesse der Versichertengemeinschaft künftige Leistungen wegen Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Kurzfristige Unterbrechungen des Leistungsbezugs unmittelbar vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit wurden daher jedenfalls unter der Voraussetzung als unschädlich angesehen, dass aus dem erhalten gebliebenen Stammrecht in der Zukunft noch weiterhin Leistungsansprüche realisiert werden könnten, falls die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht stattfände (BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 2 S 12). Einen noch ausreichenden zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit hat der Senat bejaht, wenn die Unterbrechung des Leistungsbezugs die Dauer einer Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebots nicht überstieg (BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 4).

23

Hieran anschließend wurden durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG) vom 21.7.1999 (BGBl I 1648) in § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III mit Wirkung ab 1.8.1999 die Worte "bis zur Aufnahme" durch die Umschreibung "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" ersetzt, was bis zum 31.7.2006 beibehalten wurde. Der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG verstand diese Änderung des Normtextes nicht als Ausdruck einer sachlichen Neuregelung, sondern nur als "Klarstellung", dass (ua) zwischen dem vorherigen Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit "ein Übergangszeitraum (etwa ein Monat)" liegen dürfe. Zur Begründung dafür hieß es, eine als absolut verstandene Unmittelbarkeit des Übergangs werde den praktischen Erfordernissen bei der Existenzgründung, die keinen punktuellen Vorgang darstelle, nicht gerecht (BT-Drucks 14/873 S 12; vgl aber weitergehend BT-Drucks 15/1515 S 78 zur Unmittelbarkeit iS eines Zeitraums von nicht mehr als einem Monat etwa bei § 28a SGB III; auch BSG SozR 4-4300 § 26 Nr 4 zu § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III aF). Eine vergleichbare Regelung wurde deshalb auch in die neuartige Leistung des Existenzgründungszuschusses nach § 421l Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III übernommen, die durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4621) vorübergehend (vgl § 421l Abs 5 SGB III) zum 1.1.2003 eingeführt wurde. Auch dieser Zuschuss wird bereits geleistet, wenn der Existenzgründer ua "in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat. Eines unmittelbar vorausgehenden Bezugs von Entgeltersatzleistungen bedarf es demgegenüber hier ebenfalls nicht, weil ausweislich der Gesetzesbegründung kurze Phasen der Vorbereitung auf die Selbständigkeit, zB eine Teilnahme an Existenzgründerseminaren, für einen erfolgreichen Übergang sinnvoll sein können (BT-Drucks 15/26 S 22 f). Trotz der partiell abweichenden Formulierung gilt dies in gleicher Weise für den Gründungszuschuss. Denn es handelt es sich um eine aus Elementen des Überbrückungsgeldes und des Eingliederungszuschusses zusammengefügte Leistung, welche inhaltlich an § 57 SGB III und § 421l SGB III in der zum Zeitpunkt ihrer Normierung maßgeblichen Fassung anknüpft(vgl auch Roos, NJW 2009, 8, 9). Dementsprechend weisen die Materialien ausdrücklich darauf hin, dass ua mit § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III "notwendige und bewährte Voraussetzungen der bisherigen Regelungen übernommen" werden(BT-Drucks 16/1696 S 31, zu § 57 Abs 2).

24

cc) Die zum "engen zeitlichen Zusammenhang" beim Überbrückungsgeld ergangene Entscheidung des 11a. Senats vom 21.3.2007 - B 11a AL 11/06 R (= SozR 4-4300 § 57 Nr 2) ist damit für den Gründungzuschuss insoweit von Bedeutung, als der zeitliche Zusammenhang zwischen der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit weiterhin unverändert zu bestimmen ist. Der 11a. Senat hat in der genannten Entscheidung zwar offen gelassen, ob für den erforderlichen Zusammenhang ein fester zeitlicher Rahmen vorgegeben werden muss, jedoch angenommen, dass die Wendung "in engem zeitlichen Zusammenhang" das Bestehen einer zeitlichen Lücke zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit sogar nahe legt und sich an dem in der Gesetzesbegründung zum 2. SGB III-ÄndG angeführten Zeitraum von etwa einem Monat orientiert (BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 2 RdNr 11, 15). Dieser Zeitraum ist ausgehend von den für den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 12.10.2006 in jedem Fall gewahrt.

25

c) Da dem Kläger für den 1.10.2006 Alg mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen zuerkannt, aber antragsgemäß lediglich für einen Tag Alg ausgezahlt worden ist, bestand zugleich ein "Restanspruch" mit einer Dauer von mindestens 90 Tagen bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 12.10.2006 (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III), welcher sich ggf um die Anzahl von Tagen mit Anspruch auf Gründungszuschuss mindert (vgl § 128 Abs 1 Nr 9 SGB III idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, aaO). Auf die Übergangsvorschrift zu der genannten Voraussetzung eines Restanspruchs von mindestens 90 Tagen (§ 434o SGB III) kommt es nach den Umständen des Falles somit nicht an.

26

2. Unabhängig davon lässt sich aber derzeit noch nicht abschließend beurteilen, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf den Gründungszuschuss zusteht. Denn das LSG hat - von seinem Standpunkt konsequent - noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger durch die Aufnahme einer selbständigen und hauptberuflichen Tätigkeit seine Arbeitslosigkeit beendet hat (§ 57 Abs 1 SGB III). Dabei wird - ausgehend vom aufgezeigten Sinn und Zweck des Förderinstruments (hierzu unter 1) - zu beachten sein, dass für das Merkmal der Beendigung von "Arbeitslosigkeit" iS des § 57 Abs 1 SGB III grundsätzlich Beschäftigungslosigkeit beendet worden sein muss(vgl Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 49, Stand März 2007; weitergehend Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, Gründungszuschuss <210> RdNr 15, und Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 57 RdNr 7). Insbesondere fehlt es bislang aber an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen zur Tragfähigkeit (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III) sowie ferner dazu, ob und wann der Kläger seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit dargelegt hat (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III). Im Gegensatz zur früheren Rechtslage statuiert das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (aaO) dabei zum einen ein Nachweiserfordernis der objektiven Tragfähigkeit und zum anderen eine Darlegungslast des Existenzgründers hinsichtlich seiner subjektiven Eignung (vgl Link/Kranz, Der Gründungszuschuss für Existenzgründer, 2007, RdNr 106 ff, 111 ff).

27

3. Bei der erneuten Entscheidung wird das LSG auch darüber zu befinden haben, inwieweit außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten sind.

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.