Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Sept. 2011 - L 1 R 120/11 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2011:0929.L1R120.11BER.0A
bei uns veröffentlicht am29.09.2011

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Mai 2011 abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 5. Mai 2011 wird auch hinsichtlich der Säumniszuschläge abgelehnt.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss vom 30. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten für beide Instanzen.

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf je 482.713,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen eine Beitragsforderung der Antragsgegnerin und darauf entfallender Säumniszuschläge.

2

Die Antragstellerin ist aus einer Fusion der I... Mecklenburg-Vorpommern und der I... Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2006 hervorgegangen. Ihre Rechtsvorgängerin hatte vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2004 für die bei ihr krankenversicherten Bezieher von Arbeitslosenhilfe (Alhi), die arbeitsunfähig geworden waren und Krankengeld in Höhe des Betrages der zuvor bezogenen Alhi erhalten hatten, Beiträge zur Rentenversicherung an die Antragsgegnerin entrichtet. Für die Berechnung der Beiträge hatte sie als beitragspflichtige Einnahmen jeweils den Betrag des in Höhe der zuvor bezogenen Alhi gezahlten Krankengeldes zugrunde gelegt. Sie unterstellte dabei für diesen Personenkreis eine seit dem 1. Januar 2000 bestehende gesetzliche Regelungslücke, die nach ihrer Auffassung in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung des Haushaltssanierungsgesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2534) durch eine Beitragsbemessung auf der Grundlage der tatsächlichen Höhe des im Anschluss an den Bezug von Alhi gezahlten Krankengeldes zu beseitigen sei.

3

Im Mai 2001 erhielt die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin Kenntnis davon, dass die Antragsgegnerin hiermit nicht einverstanden war und die Auffassung vertrat, dass auch für Bezieher von Krankengeld, die vorher Alhi bezogen hatten, die Beiträge nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI aus 80 v. H. des der Krankengeldzahlung zugrundeliegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zu berechnen seien. Da eine Änderung der Beitragsberechnungsvorschrift für Beiträge aus dem Krankengeld vom Gesetzgeber nicht erfolgt sei, habe diese Vorschrift auch weiterhin Geltung. Die Bundesagentur für Arbeit bzw. deren Rechtsvorgängerin (BA) teilte diese Auffassung für die Höhe der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

4

Als Ergebnisniederschrift über die Besprechung der Beitragsreferenten der Mitglieder des I...-Bundesverbandes wurde im Mai 2001 Folgendes festgehalten:

5

„Mit dem Gesetz zur Sanierung des Bundeshaushalts ... ist die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beiträge zur Pflegeversicherung und zur Rentenversicherung für versicherungspflichtige Alhi-Bezieher abgesenkt worden. ... Die Absenkung der Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung hat auch Auswirkungen für die Beitragsberechnung bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, die in Höhe des Betrages der Alhi zu zahlen sind. Obwohl eine entsprechende Änderung der diesbezüglichen Berechnungsvorschriften (§ 235 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 57 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI bzw. § 145 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch) nicht vorgenommen wurde, sind die Spitzenverbände der Krankenkasse der Auffassung, dass auch die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beiträge aus Entgeltersatzleistungen entsprechend abzusenken ist. Die Rentenversicherungsträger sowie die Bundesanstalt für Arbeit vertreten die Auffassung, dass eine Absenkung der Bemessungsgrundlag nicht möglich ist, weil die entsprechenden Rechtsvorschriften nicht geändert wurden.

6

Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten deshalb bereits im Januar 2000 das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als auch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) auf die unklare Rechtslage hingewiesen und gebeten, bei sich nächstbietender Gelegenheit eine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen.“

7

Am 3. August 2001 teilte der I...-Bundesverband der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin mit, dass das BMA nicht der Auffassung der Krankenkassen, sondern des Verbandes der Rentenversicherungsträger (VDR) und der BA folge. In dem Schreiben heißt es u.a.:

8

„Vor dem Hintergrund, dass bereits die Krankenkassen im Vorgriff auf eine etwaige Gesetzesänderung entsprechend der Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen verfahren, jedoch ein Einvernehmen der beiden zuständigen Ministerien nicht erkennbar ist, bittet der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger nunmehr darum, die Krankenkassen darauf hinzuweisen, dass die entgegen der geltenden Rechtslage erledigten Fälle listenmäßig festgehalten werden, damit die Beitragsberechnung korrigiert werden kann, sofern eine Gesetzesänderung mittelfristig nicht umgesetzt wird.

9

Im Übrigen schlagen wir vor, in der nächsten Besprechung der Beitragsreferenten der Mitglieder des I...-Bundesverbandes die Frage zu erörtern, ob das I...-System vor dem Hintergrund des – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nicht zu erwartenden Einvernehmens der beteiligten Ministerien an der bisherigen Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen festhalten sollte, der Beitragsberechnung in den einschlägigen Fällen lediglich die gezahlte Arbeitslosenhilfe zugrunde zu legen.“

10

Am 14. November 2001 einigten sich die Mitglieder des I...-Bundesverbandes auf folgendes Besprechungsergebnis:

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„Die Besprechungsteilnehmer erörtern nochmals die Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Auffassung des BMA. Die Vertreter der Mitglieder des I...-Bundesverbandes halten dabei dennoch an ihrer Auffassung fest, dass bei der Beitragsberechnung bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, die in Höhe der Arbeitslosenhilfe gezahlt werden, als Beitragsberechnungsgrundlage auch weiterhin lediglich die gezahlte Arbeitslosenhilfe zugrunde gelegt werden sollte. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des BMA sehen die Vertreter der Mitglieder des I...-Bundesverbandes keine Notwendigkeit, die bisherige Verfahrensweise umzustellen.

12

Der I...-Bundesverband weist in diesem Zusammenhang abschließend darauf hin, dass die einschlägigen Sachverhalte nach der Forderung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger in geeigneter Weise festgehalten werden sollten, damit die Beitragsberechnung ggf. korrigiert werden kann, sofern eine Gesetzesänderung mittelfristig nicht vorgenommen wird.“

13

Im Sommer 2002 und 2004 erhielt die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin über ihren länderübergreifenden Landesverband Nord das Protokoll der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR und der BA über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 26. und 27. Juni 2002 und 26. und 27. Mai 2004.

14

In dem Protokoll von 2002 heißt es u.a.:

15

„Da eine einvernehmliche Lösung nicht zu erreichen ist, soll die strittige Rechtsfrage im sozialgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Über die Durchführung entsprechender Musterstreitverfahren werden sich die Vertreter der Kranken- und Rentenversicherung zu gegebener Zeit noch verständigen. Im Übrigen sagen die Vertreter der Krankenversicherung zu, ihren Mitgliedern zu empfehlen, die einschlägigen Fälle gesondert festzuhalten. Des Weiteren werden die Vertreter der Krankenversicherung den Krankenkassen für den Fall, dass das Bundessozialgericht im Sinne der Auffassung der Rentenversicherung entscheidet, empfehlen, die gegebenenfalls zu wenig gezahlten Rentenversicherungsbeiträge von Amts wegen nachzuzahlen.“

16

Im Protokoll von 2004 vereinbarten die Vertreter der Kranken- und Rentenversicherung Folgendes:

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„Die Vertreter der Kranken- und Rentenversicherung kommen überein, die vor dem SG Gotha ... und vor dem SG Hannover ... anhängigen Verfahren als Musterstreitverfahren zu führen. Im Übrigen sagen die Vertreter der Krankenversicherung zu, ihren Mitgliedern zu empfehlen, im Falle des Obsiegens der Rentenversicherungsträger die gegebenenfalls zu wenig gezahlten Rentenversicherungsbeiträge von Amts wegen nachzuzahlen und die Einrede der Verjährung nicht zu erheben. Dabei bringen die Besprechungsteilnehmer die gesonderte Erfassung der einschlägigen Fälle durch die Krankenkassen nochmals in Erinnerung.“

18

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2006 wiederholte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin das Besprechungsergebnis aus der Sitzung vom 26. und 27. Mai 2004 und teilte der Antragstellerin mit, dass sie bereits jetzt den Anspruch auf Säumniszuschlagsforderung gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) dem Grunde nach erhebe. Sie bat bis zur gerichtlichen Entscheidung alle einschlägigen Fälle gesondert zu erfassen.

19

In ihrem Antwortschreiben vom 11. Juli 2006 erklärte die Antragstellerin, dass eine Liste derzeit erstellt werde. Sie beinhalte sämtliche Krankengeldzahlungen, bei denen die Beitragsbemessungsgrundlage zur Rentenversicherung mit dem Zahlbetrag der Alhi identisch sei.

20

Am 21. Januar 2009 entschied das Bundessozialgericht (BSG) für die Bemessung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (B 12 AL 2/07 R) und mit Urteilen vom 27. Januar 2010 für die Bemessung der Beiträge zur Rentenversicherung (B 12 R 2/09 R und B 12 R 7/09 R), dass sich für Empfänger von Alhi, denen bei Arbeitsunfähigkeit Krankengeld in Höhe des Betrages der zuvor bezogenen Alhi gezahlt worden sei, die Bemessung der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung auch nach dem 1. Januar 2000 weiterhin nach 80 v. H. des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitsentgelts bestimme.

21

Hierüber informierte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung die Antragstellerin durch die Übermittlung eines Protokolls einer Besprechung der Spitzenverbände der Krankenversicherung, des VDR und der BA vom 13. und 14. April 2010. In dem Protokoll heißt es u.a.:

22

„Die umstrittene Rechtsfrage ist mit den vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidungen als geklärt anzusehen.

23

Die betreffenden Fälle sind nunmehr von den Krankenkassen aufzugreifen und hinsichtlich der Beiträge, die nicht auf der Grundlage in Höhe von 80 v. H. des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts bemessen wurden, neu zu berechnen; zuwenig gezahlte Beiträge sind unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung nachzuzahlen. ...

24

Über die Zahlung von Säumniszuschlägen oder eines Nachteilsausgleichs soll Einvernehmen erzielt werden. Dies schließt die Beantwortung der Frage ein, ob diese bzw. dieser entsprechend § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB IV ganz oder teilweise erlassen werden können bzw. kann. Sobald die Beträge gezahlt sind, wird hierüber im Einzelfall eine gesonderte Übereinkunft angestrebt.“

25

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2011 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einer Nachforderung von Rentenversicherungsbeiträgen für die bei der Antragstellerin im Zeitraum 2000 bis 2004 krankenversicherten und arbeitsunfähig gewordenen Bezieher von Alhi in Höhe von 731.417,25 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 713.723,00 EUR an.

26

Mit Schriftsätzen vom 4. März und 15. März 2011 erhob die Antragstellerin daraufhin die Einrede der Verjährung.

27

Mit Bescheid vom 7. April 2011 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Zahlung von insgesamt 1.448.140,25 EUR (Rentenversicherungsbeitrag wie oben zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 716.723,00 EUR) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG auf.

28

Mit ihrer dagegen am 5. Mai 2011 beim Sozialgericht Lübeck eingegangenen Klage hat die Antragstellerin zugleich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage unter Hinweis auf die eingetretene Verjährung der Forderung begehrt. Hilfsweise hat sie geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin ihr die Beitragsforderungen gestundet habe, so dass zumindest die Erhebung von Säumniszuschlägen rechtswidrig sei.

29

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. Mai 2011 dem Antrag teilweise stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 5. Mai 2011 hinsichtlich der mit Bescheid vom 7. April 2011 geltend gemachten Forderung von Säumniszuschlägen in Höhe von 716.723,00 EUR angeordnet. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass derzeit ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschläge vorlägen, da nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass es eine die Beteiligten bindende Vereinbarung gebe, nach der die Verpflichtung zur Zahlung der Säumniszuschläge zumindest vorübergehend ausgesetzt sei. Hierfür maßgebend sei das Besprechungsprotokoll vom 13. und 14. April 2010, in dem eine gesonderte Übereinkunft vereinbart worden sei. An der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung bestünden im Übrigen keine ernsthaften Zweifel, weil diese Beiträge bei Erlass des Bescheides vom 7. April 2011 auf jeden Fall fällig gewesen und noch nicht verjährt seien. Denn es gelte die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren, weil die Antragstellerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe. Sie habe ihre Beitragspflicht für möglich gehalten und damit die Nichtabführung von Beiträgen billigend in Kauf genommen. Davon, dass ein Sozialversicherungsträger hinsichtlich bestimmter Beiträge seine Beitragspflicht für möglich hält, sei sicher dann auszugehen, wenn ihm bekannt sei, dass bei wörtlicher Auslegung des Gesetzes diese Beitragspflicht bestehe und dass die Auffassung, diese Beitragspflicht würde gleichwohl nicht bestehen, höchst umstritten sei. Die Antragstellerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, deren Wissen ihr zuzurechnen sei, habe es spätestens nach Zugang der Ergebnisniederschrift über die Besprechung der Beitragsreferenten der Mitglieder des I...-Bundesverbandes im Mai 2001 zumindest für möglich halten müssen, dass sie die Rentenversicherungsbeiträge von Versicherten nach dem zugrundeliegenden Arbeitsentgelt zu bemessen habe. Da der Vorsatz der Antragstellerin damit auch spätestens zu einem Zeitpunkt begründet worden sei, in dem auch für den Beitrag, der am frühesten fällig geworden sei, noch die kurze Verjährungsfrist von vier Jahren bestanden habe, sei folglich die lange Verjährungsfrist ausnahmslos auch für jeden der hier geltend gemachten Rentenversicherungsbeiträge begründet worden.

30

Gegen diesen den Beteiligten am 1. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. Juni 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerin und die am 16. August 2011 erhobene Anschlussbeschwerde der Antragstellerin.

31

Die Antragsgegnerin macht geltend, dass die Aussetzung der Zahlungsverpflichtung im Hinblick auf die Säumniszuschläge nicht überzeuge. Die Zahlung der Säumniszuschläge habe nach dem Besprechungsergebnis vom 13. und 14. April 2010 im jeweiligen Einzelfall geklärt werden sollen. Letztlich hätten die Besprechungsteilnehmer mit der getroffenen Formulierung zum Ausdruck bringen wollen, dass sich die jeweiligen Versicherungsträger über die Erhebung von Säumniszuschlägen verständigen sollten. Die im Besprechungsergebnis enthaltene Aussage sei somit als Appell der Spitzenorganisationen an ihre Versicherungsträger zu verstehen, einvernehmliche Lösungen zu finden, wobei die genaue Ausgestaltung der Vereinbarungen zwischen den Beteiligten dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten bleiben sollte. Damit werde aber auch deutlich, dass aus diesem Besprechungsergebnis unmittelbar keine Aussetzung der Forderung von Säumniszuschlägen entnommen werden könne. Eine solche Rechtsfolge sei nach dem eindeutigen Wortlaut des Besprechungsergebnisses nur durch eine Vereinbarung zwischen den Rentenversicherungsträgern und den jeweils betroffenen Krankenkassen herbeizuführen. Im vorliegenden Fall fehle es aber gerade an einer solchen Vereinbarung.

32

Die Antragsgegnerin beantragt,

33

den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Mai 2011 aufzuheben, soweit der Klage der Antragstellerin hinsichtlich der mit Bescheid vom 7. April 2011 geltend gemachten Forderung von Säumniszuschlägen in Höhe von 716.723,00 EUR aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei und insoweit auch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.

34

Die Antragstellerin beantragt,

35

den Antrag zurückzuweisen und den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Mai 2011 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. April 2011 auch hinsichtlich der Beitragsforderung in Höhe von 731.417,25 EUR anzuordnen.

36

Sie macht geltend, dass sie die Beiträge nicht wissentlich der Antragsgegnerin vorenthalten habe. Sie habe die Zahlung der Beiträge wegen des aus ihrer Sicht vereinbarten Fälligkeitsaufschubs der streitigen Beitragsnachforderung unterlassen. Bis zur Kenntnis des BSG-Urteils vom 27. Januar 2010 und mithin über die kurzen vierjährigen Verjährungsfristen hinaus sei sie gutgläubig gewesen, dass die streitigen Beitragsnachforderungen gestundet worden seien. Die erst nach Ablauf der kurzen Verjährungsfristen am 31. Dezember 2009 eingetretenen Zweifel an der den Vorsatz ausschließenden Stundung bewirkten aber nicht mehr den Eintritt der 30-jährigen Verjährungsfrist. Eine Bösgläubigkeit ihrerseits sei erst mit der Kenntnisnahme des Besprechungsprotokolls vom 13. und 14. April 2010 eingetreten. Dass nach diesem Protokoll weiter über die Zahlung von Säumniszuschlägen und deren Niederschlagung oder eines Nachteilsausgleichs Einvernehmen habe erzielt werden sollen, habe ihre bisherige Überzeugung von seit langem vereinbarten zinslosen Fälligkeitsaufschüben der nun festgestellten Beitragsnachforderungen und der daraus resultierenden Hemmung der Verjährung in Frage gestellt. Als die Antragsgegnerin ihr gegenüber im November 2010 selbst auf die Beitragsnachforderungen Säumniszuschläge erhoben habe, sei eindeutig gewesen, dass sie die Stundungsabreden für hinfällig gehalten habe. Folge man der Auffassung des Sozialgerichtes und der Antragsgegnerin, wonach die offenen Beitragsforderungen jeweils in der Zeit von Februar 2000 bis Januar 2005 zur Zahlung fällig gewesen sein sollen und wegen Ausbleibens die darauf berechneten Säumniszuschläge, dann verjährten die Beitragsnachforderungen ungehemmt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, also zuletzt am 31. Dezember 2009, und mit ihnen die Säumniszuschläge. Sie habe die fälligen Beiträge und Säumniszuschläge innerhalb dieser Zeit nicht billigend vorenthalten, da sie aufgrund der Mitteilungen des I...-Bundesverbandes zum vereinbarten Fälligkeitsaufschub hierfür einen Rechtfertigungsgrund gehabt habe. Dank dieses Rechtfertigungsgrundes entfalle aber ihr Vorsatz. Sie habe auch die Einrede der Verjährung im Jahre 2010 erheben dürfen, weil die Antragsgegnerin mit ihrer Säumniszuschlagsforderung gegen die Stundungsabrede verstoßen habe.

37

Darüber hinaus sei der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck, der die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Säumniszuschlagsforderung anordne, im Ergebnis richtig. Zu berücksichtigen sei aber auch hier die vereinbarte Stundung der Beiträge. Da gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV Säumniszuschläge nur auf Beiträge zu berechnen seien, die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstermins gezahlt würden, seien Säumniszuschläge für Beitragsforderungen aus der Zeit von Februar 2000 bis Januar 2005 mindestens bis 14./15. April 2010 mangels Fälligkeit nicht zu berechnen.

38

Die den Rechtsstreit betreffenden Verwaltungsakten der Antragstellerin sowie die Gerichtsakten haben dem Senat vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ihren Inhalt Bezug genommen.

II.

39

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Mai 2011 ist begründet, die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist dagegen unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid vom 7. April 2011 hinsichtlich der Beitragsforderung abgelehnt. Die Voraussetzungen für die begehrte einstweilige Anordnung liegen aber auch hinsichtlich der erhobenen Säumniszuschläge nicht vor. Insoweit war der Beschluss des Sozialgerichts abzuändern.

40

Gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Klage der Antragstellerin vom 5. Mai 2011 hat keine aufschiebende Wirkung, weil diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt.

41

Im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden gerichtlichen Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz von der Regel ausgeht, dass bei der Entscheidung über Beitragspflichten keine aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage besteht. Nur ausnahmsweise kann nach dem Rechtsgedanken der insoweit entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/
Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12 m.w.N.) die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

42

Beides ist hier nicht der Fall. Bei der gebotenen lediglich summarischen Prüfung bestehen weder ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides vom 7. April 2011 noch hätte die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge.

43

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung bestehen nur, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Das entspricht der gesetzlichen Wertung des § 86a Abs. 2 SGG, nur im Ausnahmefall davon abzusehen, Beiträge sofort entrichten zu lassen. Die Regelung verfolgt den Zweck, die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben zu sichern, denen die Beiträge zu dienen bestimmt sind. Im Zweifel sind Beiträge zunächst zu erbringen. Das Risiko, im Ergebnis zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, trifft nach dieser Wertung den Zahlungspflichtigen (vgl. mit umfangreichen weiteren Nachweisen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. April 2006 – L 16 B 9/06 KR ER -, zitiert nach juris).

44

Bei summarischer Prüfung ist ein Erfolg der Klage der Antragstellerin nicht wahrscheinlicher als ein Misserfolg. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

45

Die Antragsgegnerin war nach §§ 212, 212a SGB VI für die Prüfung der Beitragszahlungen der Antragstellerin für die nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI als sonstige Versicherte bei der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin gesetzlich Rentenversicherten zuständig und in Verbindung mit den für die Einzugsstellen geltenden Vorschriften befugt, die festgestellte und zwischen den Beteiligten unstreitige Beitragsdifferenz durch Verwaltungsakt gegenüber der Antragstellerin geltend zu machen. Die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die als Bezieher von Krankengeld in den Jahren 2000 bis 2004 versicherungspflichtig waren, richtete sich in diesem Zeitraum nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in der Fassung durch Art. 4 Nr. 20 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl. I, S. 388). Danach galten als beitragspflichtige Einnahmen 80 v. H. des dem Krankengeld zugrundeliegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens. Tatsächlich hatte die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin für diesen bei ihr versicherten Personenkreis nur beitragspflichtige Einnahmen in Höhe des Krankengeldes, das der zuvor bezogenen Alhi entsprach, gezahlt. Dass diese Praxis rechtswidrig war, ist seit den Entscheidungen des BSG vom 27. Januar 2010 zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Der Senat geht nach den vorliegenden Unterlagen auch davon aus, dass hinsichtlich des Anspruchszeitraums und der Anspruchshöhe die Beitragsforderungen von der Antragsgegnerin richtig berechnet worden ist. Einwände hiergegen hat die Antragstellerin auch nicht erhoben.

46

Streitig sind zwischen den Beteiligten der Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Beitragsforderungen einschließlich der darauf entfallenden Säumniszuschläge und in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Beitragsforderungen verjährt sind. Die von der Antragstellerin insoweit gegen den Beitragsbescheid erhobene Einrede der Verjährung, mit der sie sich unter Hinweis auf ihren guten Glauben an eine Stundungsabrede auf eine kurze – vierjährige - Verjährungsfrist beruft, begegnet aber Bedenken; die Ausführungen der Antragstellerin zum Zahlungsaufschub und die Erhebung dieser Einrede sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Beitragsforderungen einschließlich der geltend gemachten Säumniszuschläge begründen.

47

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die auf den Zeitraum von 2000 bis 2004 entfallenden Beiträge waren nach § 23 Abs. 2 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung vom 25. September 1996 (BGBl. I, S. 1461), der die Fälligkeit der Beiträge für eine Sozialleistung im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI (Bezieher von Arbeitslosengeld und Alhi) regelte, am achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Damit traten die Fälligkeit der ersten Beitragsforderung im Februar 2000 und die Fälligkeit der letzten Beitragsforderung im Januar 2005 ein. In Anwendung der kurzen Verjährungsfrist wären die mit Bescheid vom 7. April 2010 geltend gemachten Beiträge für die Jahre 2000 bis 2004 spätestens Ende 2009 verjährt.

48

Der Erhebung der Verjährungseinrede steht aber die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entgegen. Im vorliegenden Sachverhalt spricht mehr für als dagegen, dass diese Verjährungsfrist und nicht die kurze vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV gilt. Die 30-jährige Verjährungsfrist ist aber noch nicht abgelaufen.

49

Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Da für Vorsatz im Sinne dieser Vorschrift bedingter Vorsatz ausreicht, kommt es darauf an, ob die Antragstellerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, deren Wissen sich die Antragstellerin zurechnen lassen muss, die Beitragspflicht zumindest für möglich gehalten (Wissenselement), die Nichtabführung der Beiträge aber gleichwohl billigend in Kauf genommen hat (Willenselement; vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 - B 12 KR 14/99 R - SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. April 2010 – L 8 R 140/09 -, jeweils zitiert nach juris).

50

Es steht außer Streit, dass die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin Beiträge entgegen der damals geltenden Rechtslage auf falscher Bemessungsgrundlage entrichtet und im Vorgriff auf eine etwaige Gesetzesänderung verfahren war. Diese Kenntnisse reichen für den hier notwendigen bedingten Vorsatz aus.

51

Der Einwand der Antragstellerin, die Beiträge wegen eines gutgläubig angenommenen Zahlungsaufschubs (Stundungsabrede) bis zur Kenntnis der Urteile des BSG vom 27. Januar 2010 nicht der Antragsgegnerin vorenthalten, sondern vermeintlich berechtigterweise nicht gezahlt zu haben, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Denn die Antragstellerin hat nicht deutlich gemacht, worauf sie als einzelne Krankenkasse, die ihre Informationen von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erhalten hat, eine Stundungsabrede stützen will, die die Spitzenverbände der Krankenkassen ihrerseits nicht angenommen haben.

52

Nach § 76 Abs. 1 SGB IV hat der Versicherungsträger die Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Er darf Ansprüche nur stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Antragsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird (§ 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV). Die Stundung soll dabei gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden (Abs. 2 Nr. 2 Satz 2).

53

Die Gesamtumstände und die vorliegenden von der Antragstellerin eingereichten Protokolle der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR und der BA über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs bieten keinen Ansatz dafür, dass die an den Gesprächen Beteiligten, die Spitzenverbände der Krankenkassen dabei als Vertreter für die einzelnen Krankenkassen, eine solche Stundungsabrede getroffen haben. Die Sozialversicherungsträger einschließlich der beteiligten Ministerien haben ausweislich der Protokolle zur Vermeidung von zahlreichen alle belastenden Verwaltungsverfahren und kostenpflichtigen Gerichtsverfahren zunächst versucht, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen und, als dies nicht gelang, die Durchführung von Musterstreitverfahren vereinbart. Die Antragsgegnerin hat ausschließlich vor diesem Hintergrund die sofortige Erhebung der Beiträge unterlassen. Die Vermeidung von Verwaltungsverfahren bis zur höchstrichterlichen Klärung von Rechtsfragen in gemeinschaftlich vereinbarten Musterstreitverfahren entspricht ausweislich des Protokolls vom 13./14. April 2010 einer bewährten Verfahrensweise der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger zur Erzielung von Rechtssicherheit unter Vermeidung von Verwaltungsaufwand. Vorausgesetzt wird dabei, dass das Ergebnis von den Parteien, die ein solches Verfahren vereinbaren, auch eingehalten wird. Denn nur dann macht eine solche Musterentscheidung Sinn. Diese Verfahrensweise wurde – wie im Protokoll festgehalten – auch vom Bundesrechnungshof akzeptiert, der aufgrund dessen in diesen Sachverhaltsgestaltungen davon absah, die Rentenversicherungsträger zu verpflichten, vor der höchstrichterlichen Klärung die entsprechenden Fälle zu ermitteln und konkrete Beitragsforderungen zu erheben. Eine – zinslose - Stundungsabrede zu Lasten der Rentenversicherung ist in dieser Verfahrensweise jedenfalls ohne weitere Hinweise nicht zusehen. Dass auch die Spitzenverbände der Krankenkassen keine Stundungsabrede angenommen haben, zeigt, dass es ansonsten der von ihnen ausgesprochenen Empfehlung an ihre Mitglieder, im Falle des Obsiegens der Rentenversicherungsträger die Einrede der Verjährung nicht zu erheben (Protokoll vom 26., 27. Mai 2004) nicht bedurft hätte. Denn solange die Leistung gestundet ist, kann Verjährung nicht eintreten (vgl. § 205 Bürgerliches GesetzbuchBGB -).

54

Dass für eine Stundungsabrede auch aus Sicht der Antragstellerin kein Raum blieb, bestätigt im Übrigen auch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. Mai 2006 an die Antragstellerin, in dem diese unter Hinweis auf die Musterstreitverfahren bereits jetzt den Anspruch auf Säumniszuschlagsforderungen dem Grunde nach für die in der Vergangenheit zu wenig gezahlten Beiträge dargelegt hat und die Antragstellerin hiergegen in ihrem Antwortschreiben vom 11. Juli 2006 keinerlei Einwände erhob, insbesondere nicht auf eine bestehende Stundungsabrede verwies. Für die Dauer der Stundung hätte die Antragstellerin aber mit der Zahlung gar nicht säumig werden können. Ein Hinweis der Antragstellerin, die ihrerseits behauptet, gutgläubig hiervon ausgegangen zu sein, hätte demnach nahegelegen. Dies hat sie aber nicht getan.

55

Auf die Prüfung, ob die Berufung der Antragstellerin auf die Einrede der Verjährung wegen der diesbezüglichen Vereinbarungen der Spitzenverbände der Krankenkassen des VDR und der BA, insbesondere das vereinbarte Abwarten auf eine Entscheidung des BSG und der Kenntnis der Antragstellerin hiervon auch rechtsmissbräuchlich wäre, kommt es deshalb - jedenfalls nach derzeitigem Sachstand - nicht an.

56

Ernstliche Zweifel bestehen aber auch nicht gegen die Rechtmäßigkeit der erhobenen Säumniszuschläge.

57

Seit der mit Wirkung vom 1. Januar 1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs. 1 SGB IV (BGBl. I 1994, S. 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr – wie noch nach der Vorläufervorschrift – in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v. H. des rückständigen, auf 50,00 EUR (bis 2002 100,00 DM) nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Beiträge waren – wie oben ausgeführt - am achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats und damit im Zeitraum Februar 2000 bis Januar 2005 fällig. Die Antragstellerin hat auf die Beitragsforderungen nicht in vollem Umfang Zahlungen geleistet und ist damit säumig geworden.

58

Die Geltendmachung von Säumniszuschlägen auf die fällig gewordenen Beitragsforderungen scheitert nicht an einer Vereinbarung, nach der die Verpflichtung zur Zahlung der betreffenden Säumniszuschläge derzeit ausgesetzt ist. Die Vertreter der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, der Deutschen Rentenversicherung und der BA sind übereingekommen, dass über die Säumniszuschläge im Einzelfall eine gesonderte Übereinkunft angestrebt wird. Diese Absichtserklärung stellt keine verbindliche Regelung dar, die der Erhebung von Säumniszuschlägen entgegenstehen könnte. Eine solche Rechtsfolge wäre nur dann anzunehmen, wenn die Beteiligten des Verfahrens eine solche Vereinbarung getroffen hätten. Im vorliegenden Fall fehlt es aber gerade an einer solchen Regelung, weil die Antragstellerin und die Antragsgegnerin über die Höhe der Säumniszuschläge keine Einigkeit erzielen konnten. Die von der Antragsgegnerin angestrebte Einigung auf 0,5 % hat die Antragstellerin abgelehnt.

59

Der Erhebung von Säumniszuschlägen steht im Übrigen auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Beiträge entgegen. Die Antragstellerin hat einen Fall unverschuldeter Unkenntnis nicht glaubhaft gemacht. Die Nichtkenntnis enthebt nur dann von der Zahlung von Säumniszuschlägen, wenn sie nicht verschuldet ist. Das bedeutet, dass die Unkenntnis weder auf Fahrlässigkeit noch auf Vorsatz beruhen darf. Davon ist hier nach derzeitiger Sachlage nicht auszugehen. Selbst bei zugunsten der Antragstellerin unterstellter tatsächlicher Unkenntnis von der Zahlungspflicht wegen guten Glaubens an eine zinslose Stundungsabrede wäre diese Unkenntnis von ihr verschuldet, weil die Antragstellerin von einer solchen Abrede ohne weitere Anhaltspunkte, insbesondere ohne weitere Prüfung und Rückversicherung bei der Antragsgegnerin oder ihren eigenen Spitzenverbänden nicht ausgehen durfte. Auch ein solches Verhalten wäre als zumindest fahrlässig zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R – m.w.N., zitiert nach juris).

60

Die Geltendmachung der Säumniszuschläge widerspricht nach summarischer Prüfung schließlich auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es spricht zum derzeitigen Verfahrenszeitpunkt nicht überwiegend etwas dafür, dass hier eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vorliegt.

61

Das Institut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, a.a.O., m.w.N.). Die Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden besonderen Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Grundsätzlich sind dabei strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen. Ein bloßes Nichtstun als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus, es muss ein konkretes Verhalten des Gläubigers hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (BSGE 92, 150, 154 und 100, 215, jeweils m.w.N.).

62

Ein solches Verwirkungsverhalten der Antragsgegnerin, das bei der Antragstellerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Antragsgegnerin werde keine Säumniszuschläge erheben, liegt aber nach summarischer Prüfung nicht vor. Die Antragsgegnerin hat es aus verfahrensökonomischen Gründen unterlassen, die Beitragsforderungen umzusetzen. Hintergrund war – wie oben bereits aufgezeigt – in erster Linie die Entlastung der Verwaltungen der Sozialversicherungsträger und der Gerichte. Ein solches Unterlassen erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderung eines vertrauensbegründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Antragstellerin dies als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

63

Schließlich spricht auch nichts dafür, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeutet. Dies wird von ihr auch nicht geltend gemacht.

64

Der Beschwerde war danach stattzugeben und die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung folgt.

65

Bei der Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§§ 197 Abs. 1 Satz 1 SGG, 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG -) ist der Senat von der Gesamtforderung in Höhe von 1.448.140,25 EUR ausgegangen. Der Streitwert im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird in der Rechtsprechung des LSG Schleswig-Holstein (z. B. Beschluss vom 10. März 2011 – L 5 KR 31/11 B ER -, zitiert nach juris) regelmäßig mit einem Drittel des im Hauptsacheverfahren streitigen Betrages angenommen. Dieser Wert beläuft sich auf 482.713,00 EUR. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz von Amts wegen geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).

66

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Sept. 2011 - L 1 R 120/11 B ER zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86a


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt 1. bei der Entscheidung

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 24 Säumniszuschlag


(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgeru

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 25 Verjährung


(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 3 Sonstige Versicherte


Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,1.für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),1a.in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf re

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 76 Erhebung der Einnahmen


(1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben. (2) Der Versicherungsträger darf Ansprüche nur1.stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung ni

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 23 Fälligkeit


(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 205 Hemmung der Verjährung bei Leistungsverweigerungsrecht


Die Verjährung ist gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 166 Beitragspflichtige Einnahmen sonstiger Versicherter


(1) Beitragspflichtige Einnahmen sind1.bei Personen, die als Wehr- oder Zivildienst Leistende versichert sind, 80 Prozent der Bezugsgröße; bei Teilzeitbeschäftigung wird dieser Prozentsatz mit dem Teilzeitanteil vervielfältigt,1a.bei Personen, die al

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(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Stellen, die die Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte sowie für nachversicherte Personen zu zahlen haben (Zahlungspflichtige), ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach die

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 212 Beitragsüberwachung


Die Träger der Rentenversicherung überwachen die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Pflichtbeiträge, soweit sie unmittelbar an sie zu zahlen sind. Die Träger der Rentenversicherung sind zur Prüfung der Beitragszahlung berechtigt.

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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

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(1) Beitragspflichtige Einnahmen sind

1.
bei Personen, die als Wehr- oder Zivildienst Leistende versichert sind, 80 Prozent der Bezugsgröße; bei Teilzeitbeschäftigung wird dieser Prozentsatz mit dem Teilzeitanteil vervielfältigt,
1a.
bei Personen, die als Wehr- oder Zivildienst Leistende versichert sind und Leistungen nach § 5 oder § 8 Absatz 1 Satz 1 jeweils in Verbindung mit Anlage 1 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, das Arbeitsentgelt, das dieser Leistung vor Abzug von Steuern und Beiträgen zugrunde liegt oder läge, mindestens jedoch 80 Prozent der Bezugsgröße; bei Teilzeitbeschäftigung wird dieser Prozentsatz mit dem Teilzeitanteil vervielfältigt,
1b.
bei Personen, die in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes versichert sind, die daraus gewährten Dienstbezüge in dem Umfang, in dem sie bei Beschäftigten als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen wären,
1c.
bei Personen, die als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen, die nach § 11 des Soldatenversorgungsgesetzes gewährten Übergangsgebührnisse; liegen weitere Versicherungsverhältnisse vor, ist beitragspflichtige Einnahme höchstens die Differenz aus der Beitragsbemessungsgrenze und den beitragspflichtigen Einnahmen aus den weiteren Versicherungsverhältnissen,
2.
bei Personen, die Arbeitslosengeld, Übergangsgeld, Krankengeld, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld beziehen, 80 vom Hundert des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, wobei 80 vom Hundert des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts aus einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis abzuziehen sind, und bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld neben einer anderen Leistung das dem Krankengeld zugrundeliegende Einkommen nicht zu berücksichtigen ist,
2a.
bei Personen, die im Anschluss an den Bezug von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Verletztengeld beziehen, monatlich der Betrag von 205 Euro,
2b.
bei Personen, die Krankengeld nach § 44a des Fünften Buches beziehen, das der Leistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen; wird dieses Krankengeld nach § 47b des Fünften Buches gezahlt, gilt Nummer 2,
2c.
bei Personen, die Teilarbeitslosengeld beziehen, 80 vom Hundert des dieser Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts,
2d.
bei Personen, die von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen, das diesen Leistungen zugrunde liegende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen,
2e.
bei Personen, die Krankengeld nach § 45 Absatz 1 des Fünften Buches oder Verletztengeld nach § 45 Absatz 4 des Siebten Buches in Verbindung mit § 45 Absatz 1 des Fünften Buches beziehen, 80 vom Hundert des während der Freistellung ausgefallenen, laufenden Arbeitsentgelts oder des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitseinkommens,
2f.
bei Personen, die Pflegeunterstützungsgeld beziehen, 80 vom Hundert des während der Freistellung ausgefallenen, laufenden Arbeitsentgelts,
3.
bei Beziehern von Vorruhestandsgeld das Vorruhestandsgeld,
4.
bei Entwicklungshelfern das Arbeitsentgelt oder, wenn dies günstiger ist, der Betrag, der sich ergibt, wenn die Beitragsbemessungsgrenze mit dem Verhältnis vervielfältigt wird, in dem die Summe der Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen für die letzten drei vor Aufnahme der nach § 4 Abs. 1 versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit voll mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate zur Summe der Beträge der Beitragsbemessungsgrenzen für diesen Zeitraum steht; der Verhältniswert beträgt mindestens 0,6667,
4a.
bei Personen, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt oder der sich abweichend vom Arbeitsentgelt nach Nummer 4 ergebende Betrag, wenn dies mit der antragstellenden Stelle vereinbart wird; die Vereinbarung kann nur für laufende und künftige Lohn- und Gehaltsabrechnungszeiträume getroffen werden,
4b.
bei sekundierten Personen das Arbeitsentgelt und die Leistungen nach § 9 des Sekundierungsgesetzes; im Übrigen gilt Nummer 4 entsprechend,
4c.
bei sonstigen im Ausland beschäftigten Personen, die auf Antrag versicherungspflichtig sind, das Arbeitsentgelt,
5.
bei Personen, die für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe ohne Anspruch auf Krankengeld versichert sind, 80 vom Hundert des zuletzt für einen vollen Kalendermonat versicherten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens.

(2) Beitragspflichtige Einnahmen sind bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen bei Pflege einer

1.
pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 5 nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Nummer 5 des Elften Buches
a)
100 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches bezieht,
b)
85 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person Kombinationsleistungen nach § 38 des Elften Buches bezieht,
c)
70 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegesachleistungen nach § 36 des Elften Buches bezieht,
2.
pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 4 nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Nummer 4 des Elften Buches
a)
70 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches bezieht,
b)
59,5 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person Kombinationsleistungen nach § 38 des Elften Buches bezieht,
c)
49 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegesachleistungen nach § 36 des Elften Buches bezieht,
3.
pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 3 nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Nummer 3 des Elften Buches
a)
43 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches bezieht,
b)
36,55 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person Kombinationsleistungen nach § 38 des Elften Buches bezieht,
c)
30,1 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegesachleistungen nach § 36 des Elften Buches bezieht,
4.
pflegebedürftigen Person des Pflegegrades 2 nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 des Elften Buches
a)
27 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches bezieht,
b)
22,95 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person Kombinationsleistungen nach § 38 des Elften Buches bezieht,
c)
18,9 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich Pflegesachleistungen nach § 36 des Elften Buches bezieht.
Üben mehrere nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen die Pflege gemeinsam aus (Mehrfachpflege), sind die beitragspflichtigen Einnahmen nach Satz 1 entsprechend dem nach § 44 Absatz 1 Satz 3 des Elften Buches festgestellten prozentualen Umfang der jeweiligen Pflegetätigkeit im Verhältnis zum Gesamtpflegeaufwand je pflegebedürftiger Person aufzuteilen. Werden mehrere Pflegebedürftige gepflegt, ergeben sich die beitragspflichtigen Einnahmen jeweils nach den Sätzen 1 und 2.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Die klagende Krankenkasse hatte für die bei ihr krankenversicherten Beigeladenen zu 1. und 2. sowie sechs weitere Versicherte für Zeiträume zwischen dem 12.10.2000 und dem 16.5.2002 aufgrund des Bezugs von Krankengeld (Krg) im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) Beiträge zur Rentenversicherung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und einen weiteren Rentenversicherungsträger entrichtet. Der Beitragsberechnung hatte sie als beitragspflichtige Einnahmen jeweils den Betrag des Krg zugrunde gelegt. Dieses war in Höhe der zuvor bezogenen Alhi gezahlt worden. Nach einer Prüfung der Beitragszahlung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 3.2.2004 von der Klägerin die Zahlung weiterer Beiträge in Höhe von 5.970,59 Euro zur GRV aufgrund des Krg-Bezugs der acht Versicherten. Die Forderung stützte sie darauf, dass entgegen der Auffassung der Klägerin die Beiträge nicht entsprechend § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI aus der zuvor bezogenen Arbeitslosenhilfe sondern nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI aus 80 vH des der Krg-Zahlung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zu berechnen seien.

3

Die Klägerin hat Klage erhoben. Mit Urteil vom 8.1.2009 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Die Beitragsbemessung dürfe nur nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI vorgenommen werden. Eine Regelungslücke, die durch entsprechende Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI zu schließen sei, liege nicht vor. Insbesondere lasse sich eine Regelungslücke nicht mit Sinn und Zweck der Änderungen durch das Haushaltssanierungsgesetz (HSanG) begründen. Der Gesetzgeber habe ausschließlich eine Absenkung der durch die steuerfinanzierte Alhi verursachten Kosten beabsichtigt. Die Beitragsforderung sei auch in der Höhe nicht zu beanstanden.

4

Die Klägerin hat mit Zustimmung der Beklagten die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI. Aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung seien seit dem 1.1.2000 die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Beiträge zur GRV aus Alhi und anderen Lohnersatzleistungen auseinandergefallen. Dadurch habe sich für die Zeit vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2004 bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen für im Anschluss an den Bezug von Alhi geleistetes Krg eine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende Regelungslücke ergeben. Diese führe im Ergebnis dazu, dass ein arbeitsunfähiger Alhi-Bezieher einen höheren Rentenanspruch erwerbe als ein arbeitsfähiger, was zu missbräuchlichen "Erkrankungen" Anlass gebe. Dieses gesetzgeberisch nicht erwünschte Ergebnis sei in entsprechender Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des HSanG durch eine Beitragsbemessung auf Grundlage der tatsächlichen Höhe des im Anschluss an den Bezug von Alhi gezahlten Krg zu vermeiden. Einer analogen Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI stehe auch die Entscheidung des Senats vom 21.1.2009 (B 12 AL 2/07 R) nicht entgegen, da anders als in der GRV bei der Arbeitslosenversicherung (ArblV) keine leistungsrechtliche Besserstellung arbeitsunfähiger Alhi-Bezieher eingetreten sei.

5

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8.1.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 3.2.2004 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für inhaltlich zutreffend. Mit der Neufassung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI seit dem 1.1.2000 sei keine Regelungslücke entstanden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bei der Regelung der Bemessungsgrundlagen für Bezieher von Alhi einerseits und Bezieher von Krg andererseits bewusst an die unterschiedliche Leistungsträgerschaft und die damit verbundene Finanzierung angeknüpft.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das SG die gegen den Bescheid der Beklagten vom 3.2.2004 gerichtete Klage abgewiesen. Allerdings war die Klage entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verfristet, denn gegen den ihr nach eigenen Angaben am 9.2.2004 zugegangenen Bescheid hat die Klägerin entgegen der Angabe im Urteil des SG bereits mit einem am 8.3.2009 beim SG eingegangenem Telefax Klage erhoben. Die Klage war jedoch unbegründet, denn die von der Beklagten erhobene Beitragsforderung ist nicht zu beanstanden. Für Arbeitslose, denen bei Arbeitsunfähigkeit Krg in Höhe des Betrags der zuvor bezogenen Alhi zu leisten war, bestimmte sich die Bemessung der Beiträge zur GRV während des Krg-Bezugs auch nach dem 1.1.2000 (weiterhin) nach 80 vH des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens.

9

1. In der Revision war nur noch über die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten vom 3.2.2004 zu entscheiden, soweit dieser die Beitragsforderung für die Beigeladenen zu 1. und 2. betraf. Bezüglich der sechs weiteren Versicherten und des Bescheids vom 25.5.2005 haben sich Klägerin und Beklagte verglichen.

10

2. Die Beklagte war nach §§ 212, 212a SGB VI für die Prüfung der Beitragszahlungen der Klägerin für die nach § 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI als sonstige Versicherte bei ihr gesetzlich rentenversicherten Beigeladenen zu 1. und 2. zuständig und iVm den für die Einzugsstellen geltenden Vorschriften befugt, die festgestellte Beitragsdifferenz durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin geltend zu machen.

11

Die Bemessung der Beiträge zur GRV für Personen, die wie die Beigeladenen als Bezieher von Krg versicherungspflichtig sind, richtet sich für die streitgegenständlichen Zeiträume nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI idF durch Art 4 Nr 20 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999 (BGBl I 388) . Danach galten als beitragspflichtige Einnahmen 80 vH des dem Krg zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, wobei - hier nicht einschlägig - 80 vH des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts aus einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis abzuziehen waren. Die Beklagte hat in Anwendung dieser Vorschrift die Beiträge rechnerisch richtig festgesetzt, was die Klägerin nicht anzweifelt. Entgegen der Ansicht der Klägerin war § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI auch entsprechend seinem Wortlaut (hierzu unter a) auf solche Bezieher von Krg anzuwenden, die zuvor Alhi erhalten hatten und während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit Krg nach § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V in der vom 1.1.1998 bis zum 31.12.2004 unverändert geltenden Fassung durch Art 5 Nr 2 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594) in Höhe des Betrags der Alhi bezogen haben. Eine andere Auslegung des § 166 Abs 1 SGB VI im streitigen Zeitraum ist weder durch einen ab dem 1.1.2000 - möglicherweise - veränderten Normzusammenhang (dazu unter b) noch von Verfassungs wegen (dazu unter c) geboten.

12

a) Der Senat hat bereits für die im hier maßgeblichen Teil wortgleiche Regelung des § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III entschieden, dass Arbeitsentgelt iS dieser Vorschrift das der Berechnung zuvor bezogener Entgeltersatzleistungen - hier der Alhi - zugrunde liegende Arbeitsentgelt ist. Als Arbeitsentgelt kann dagegen insoweit nicht der Zahlbetrag der Alhi verstanden werden, der nach § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V in der genannten Fassung für die Bemessung des Krg maßgeblich ist (Urteil vom 21.1.2009, B 12 AL 2/07 R, SozR 4-4300 § 345 Nr 1 RdNr 12) . Gründe für eine abweichende Auslegung des Begriffs Arbeitsentgelt im Rahmen des § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI sind von der Klägerin nicht benannt und auch nicht erkennbar.

13

b) Soweit die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend macht, dass mit Rücksicht auf die durch das Haushaltssanierungsgesetz (HSanG) vom 22.12.1999 (BGBl I 2534) (nur) für Bezieher von Alhi geänderte Beitragsbemessungsgrundlage in der GRV und Sozialen Pflegeversicherung (SPV) eine vom Wortlaut des § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI abweichende Beitragsbemessung nach dem Zahlbetrag der vor dem Krg bezogenen Alhi geboten sei, folgt der Senat dem nicht. Er hat dies zu § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III unter ausführlicher Darlegung der Entwicklung der Beitragsbemessung bei Bezug von Lohnersatzleistungen ebenfalls bereits entschieden (aaO, RdNr 13 ff) . Die vom Senat zu § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III für die Beitragsbemessung in der ArblV als wesentlich angesehenen Argumente tragen ebenso im Rahmen der Beitragsbemessung in der GRV nach § 166 Abs 1 SGB VI. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass aufgrund der Änderung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI durch das HSanG die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Beiträge zur GRV aus Alhi und anderen Lohnersatzleistungen auseinandergefallen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich hierdurch jedoch keine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende Regelungslücke bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen für im Anschluss an den Bezug von Alhi geleistetes Krg ergeben, die in entsprechender Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des HSanG durch Beitragsbemessung auf Grundlage der tatsächlichen Höhe des im Anschluss an den Bezug von Alhi gezahlten Krg beseitigt werden müsste.

14

So hat der Senat in seinem Urteil vom 21.1.2009 (SozR 4-4300 § 345 Nr 1) dargelegt, dass gerade das von der Klägerin bemängelte Auseinanderfallen der Bemessungsgrundlage für Beiträge aufgrund des Bezugs von Alhi einerseits und aufgrund des Bezugs anderer Lohnersatzleistungen andererseits dem gesetzgeberischen Konzept entspricht, das wegen fiskalischer Erwägungen zugunsten des Bundeshaushalts bei der Regelung der Beitragsbemessungsgrundlagen für die Bezieher von Alhi und die Bezieher von Krg bewusst an die unterschiedliche Leistungsträgerschaft anknüpft (aaO, RdNr 19 ff; zur Ableitung aus der diesbezüglichen Rechtssetzungsgeschichte aaO, RdNr 14 bis 17) . Dabei hat der Gesetzgeber auch den von der Klägerin problematisierten Erwerb unterschiedlich hoher Rentenanwartschaften aus Zeiten des Bezugs von Alhi und des Bezugs anderer Entgeltersatzleistungen in Kauf genommen (vgl hierzu insbesondere BT-Drucks 14/1523 S 205) . Gegen die Annahme einer Planwidrigkeit spricht zudem, dass trotz der mit der Revision selbst vorgetragenen frühzeitigen Initiativen der Spitzenverbände der Krankenkassen für eine gesetzliche Korrektur im Sinne der Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage auf den Betrag der zuvor bezogenen Alhi entsprechend § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI eine Rechtsänderung - etwa mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz oder dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - unterlassen worden ist.

15

c) Das so gefundene Ergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenüber der für die Beitragsbemessung vorgenommenen Anknüpfung des Gesetzgebers an die Trägerschaft einer Entgeltersatzleistung kann sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Körperschaft nur auf das allgemeine Willkürverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip ebenso wie aus Art 3 Abs 1 GG abzuleiten ist, berufen. Es ist indes nicht willkürlich, dass das Gesetz die Bemessung der Beiträge zur GRV (wie auch zur gesetzlichen Krankenversicherung , SPV und ArblV; zu letzterer vgl Urteil vom 21.1.2009, B 12 AL 2/07 R, SozR 4-4300 § 345 Nr 1 RdNr 23) beim Bezug der vom Bund getragenen Alhi anders regelte, als die Bemessung der zu Lasten der Klägerin gehenden Beiträge aus dem Krg. Denn dies diente dem Ziel, die Beitragslast des Bundes zu reduzieren. An der Verfolgung dieses Ziels ist der Gesetzgeber im konkreten Fall auch nicht mit Rücksicht auf den aus dem Sozialstaatsprinzip abzuleitenden Gemeinwohlbelang der Stabilität des Systems der sozialen Sicherung (vgl BVerfGE 103, 293, 307 mwN) gehindert gewesen. Denn anders als von der Revision behauptet, ist nicht erkennbar, dass durch die streitige Regelung der GKV Mehrkosten in Millionenhöhe entstanden sind. Mit der Beschränkung der Beitragsbemessungsgrundlage für Rentenversicherungsbeiträge (wie auch der Beiträge zur GKV und SPV) aufgrund des Bezugs von Alhi durch § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des HSanG ist die Beitragslast der gesetzlichen Krankenversicherungen aus der Leistung von Krg grundsätzlich unverändert geblieben. Eine Steigerung infolge dieser Änderung wäre allenfalls denkbar, wenn es tatsächlich zu einer nennenswerten Zahl vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeiten gekommen wäre, die allein durch die Aussicht auf gegenüber dem vorhergehenden Alhi-Bezug höhere Rentenanwartschaften motiviert waren. Einer solchen Entwicklung hätte die Klägerin - wie auch die GKV insgesamt - aber keineswegs hilflos gegenüber gestanden, denn das Prüfungsrecht nach § 275 Abs 1 Nr 3 Buchst b, Abs 1a SGB V bildete insoweit ein wirksames Gegenmittel.

16

Da insoweit keine verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Klägerin berührt sind, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die aus der beitragsrechtlichen Besserstellung von Arbeitsunfähigen, die im Anschluss an Alhi Krg bezogen haben, gegenüber arbeitsfähigen Beziehern von Alhi in der GRV folgende leistungsrechtliche Besserstellung einen rechtfertigenden Grund für die durch das HSanG bewirkte unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung von Alhi einerseits und im Anschluss hieran bezogenem Krg anderseits darstellen könnte.

17

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

18

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung der von der Beklagen geforderten Beträge und Säumniszuschläge festzusetzen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

2

Die klagende Krankenkasse hatte für die bei ihr krankenversicherten Beigeladenen zu 1. und 2. für die Zeiträume 22.7. bis 14.10.2002 bzw 22.3. bis 13.6.2001 aufgrund des Bezuges von Krankengeld (Krg) im Anschluss an den von Arbeitslosenhilfe (Alhi) Beiträge zur Rentenversicherung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 3. entrichtet. Der Beitragsberechnung hatte sie als beitragspflichtige Einnahmen jeweils den Betrag des Krg zugrunde gelegt. Dieses war in Höhe der zuvor bezogenen Alhi gezahlt worden. Nach einer Einzugsstellenprüfung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 3.2.2004 von der Klägerin die Zahlung weiterer Beiträge in Höhe von 794,81 Euro zur GRV an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 3. aufgrund des Krg-Bezugs der Beigeladenen zu 1. und 2. Die Forderung stützte sie darauf, dass entgegen der Auffassung der Klägerin die Beiträge nicht entsprechend § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI aus der zuvor gezahlten Arbeitslosenhilfe sondern nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI aus 80 vH des der Krg-Zahlung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zu berechnen seien.

3

Die Klägerin hat Klage erhoben. Mit Urteil vom 5.3.2009 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Die Beitragsbemessung dürfe aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 166 Abs 1 SGB VI nicht in entsprechender Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI, sondern nur nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI vorgenommen werden. Die Beklagte sei nach § 212 SGB VI und § 28p SGB IV berechtigt gewesen, die Forderung zugunsten der Beigeladenen zu 3. geltend zu machen. Die Beitragsforderung sei auch in der Höhe nicht zu beanstanden.

4

Die Klägerin hat mit Zustimmung der Beklagten die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI. Aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung seien seit dem 1.1.2000 die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Beiträge zur GRV aus Alhi und anderen Lohnersatzleistungen auseinandergefallen. Dadurch habe sich für die Zeit vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2004 bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen für im Anschluss an den Bezug von Alhi geleistetes Krg eine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende Regelungslücke ergeben. Diese sei in entsprechender Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des Haushaltssanierungsgesetzes (HSanG) vom 22.12.1999 (BGBl I 2534) durch eine Beitragsbemessung auf Grundlage der tatsächlichen Höhe des im Anschluss an den Bezug von Alhi gezahlten Krg zu beseitigen. Hierdurch werde der Grundsatz der Kontinuität von Versicherungsverhältnissen gewahrt und ein Auseinanderfallen der erworbenen Rentenanwartschaften von Arbeitslosen aufgrund des Bezugs von Alhi bzw von im Anschluss hieran gezahltem Krg mit der möglichen Folge missbräuchlicher "Erkrankungen" verhindert. Der wörtlichen Auslegung des § 166 Abs 1 SGB VI stehe auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur beitragsrechtlichen Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts entgegen.

5

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5.3.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3.2.2004 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Mit der Neufassung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI zum 1.1.2000 sei keine Regelungslücke entstanden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bei der Regelung der Bemessungsgrundlagen für Bezieher von Alhi einerseits und Bezieher von Krg andererseits bewusst an die unterschiedliche Leistungsträgerschaft und die damit verbundene Finanzierung angeknüpft.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das SG die gegen den Bescheid der Beklagten vom 3.2.2004 gerichtete Klage abgewiesen. Die von der Beklagten erhobene Beitragsforderung ist nicht zu beanstanden. Für Arbeitslose, denen bei Arbeitsunfähigkeit Krg in Höhe des Betrags der zuvor bezogenen Alhi zu leisten war, bestimmte sich die Bemessung der Beiträge zur GRV während des Krg-Bezugs auch nach dem 1.1.2000 (weiterhin) nach 80 vH des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens.

9

1. Die Beklagte war nach §§ 212, 212a SGB VI für die Prüfung der Beitragszahlungen der Klägerin für die nach § 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI als sonstige Versicherte bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 3. gesetzlich rentenversicherten Beigeladenen zu 1. und 2. zuständig und iVm den für die Einzugsstellen geltenden Vorschriften befugt, die festgestellte Beitragsdifferenz durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin geltend zu machen.

10

Die Bemessung der Beiträge zur GRV für Personen, die wie die Beigeladenen zu 1. und 2. als Bezieher von Krg versicherungspflichtig sind, richtet sich für die streitgegenständlichen Zeiträume nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI idF durch Art 4 Nr 20 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999 (BGBl I 388) . Danach galten als beitragspflichtige Einnahmen 80 vH des dem Krg zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, wobei - hier nicht einschlägig - 80 vH des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts aus einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis abzuziehen waren. Die Beklagte hat in Anwendung dieser Vorschrift die Beiträge rechnerisch richtig festgesetzt, was die Klägerin nicht anzweifelt. Entgegen der Ansicht der Klägerin war § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI auch entsprechend seinem Wortlaut (hierzu unter a) auf solche Bezieher von Krg anzuwenden, die zuvor Alhi erhalten hatten und während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit Krg nach § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V in der vom 1.1.1998 bis zum 31.12.2004 unverändert geltenden Fassung durch Art 5 Nr 2 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594) in Höhe des Betrags der Alhi bezogen haben. Eine andere Auslegung des § 166 Abs 1 SGB VI im streitigen Zeitraum ist weder durch einen ab dem 1.1.2000 - möglicherweise - veränderten Normzusammenhang (dazu unter b) noch von Verfassungs wegen (dazu unter c) geboten.

11

a) Der Senat hat bereits für die im hier maßgeblichen Teil wortgleiche Regelung des § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III entschieden, dass Arbeitsentgelt iS dieser Vorschrift das der Berechnung der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistung - hier der Alhi - zugrunde liegende Arbeitsentgelt ist. Als Arbeitsentgelt kann dagegen insoweit nicht der Zahlbetrag der Alhi verstanden werden, der nach § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V in der genannten Fassung für die Bemessung des Krg maßgeblich ist (Urteil vom 21.1.2009, B 12 AL 2/07 R, SozR 4-4300 § 345 Nr 1 RdNr 12) . Gründe für eine abweichende Auslegung des Begriffs Arbeitsentgelt im Rahmen des § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI sind von der Klägerin nicht benannt und auch nicht erkennbar.

12

b) Soweit die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend macht, dass mit Rücksicht auf die durch das HSanG (nur) für Bezieher von Alhi geänderte Beitragsbemessungsgrundlage in der GRV und Sozialen Pflegeversicherung (SPV) eine vom Wortlaut des § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI abweichende Beitragsbemessung nach dem Zahlbetrag der vor dem Krg bezogenen Alhi geboten sei, folgt der Senat dem nicht. Er hat dies zu § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III unter ausführlicher Darlegung der Entwicklung der Beitragsbemessung bei Bezug von Lohnersatzleistungen ebenfalls bereits entschieden (aaO, RdNr 13 ff) . Die vom Senat zu § 345 Nr 5 Halbsatz 1 SGB III für die Beitragsbemessung in der Arbeitslosenversicherung (ArblV) als wesentlich angesehenen Argumente tragen ebenso im Rahmen der Beitragsbemessung in der GRV nach § 166 Abs 1 SGB VI. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass aufgrund der Änderung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI durch das HSanG die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Beiträge zur GRV aus Alhi und anderen Lohnersatzleistungen auseinandergefallen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich hierdurch jedoch keine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende Regelungslücke bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen für im Anschluss an den Bezug von Alhi geleistetes Krg ergeben, die in entsprechender Anwendung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des HSanG durch Beitragsbemessung auf Grundlage der tatsächlichen Höhe des im Anschluss an den Bezug von Alhi gezahlten Krg beseitigt werden müsste.

13

So hat der Senat in seinem Urteil vom 21.1.2009 (SozR 4-4300 § 345 Nr 1) dargelegt, dass gerade das von der Klägerin bemängelte Auseinanderfallen der Bemessungsgrundlage für Beiträge aufgrund des Bezugs von Alhi einerseits und aufgrund des Bezugs anderer Lohnersatzleistungen andererseits dem gesetzgeberischen Konzept entspricht, das wegen fiskalischer Erwägungen zugunsten des Bundeshaushalts bei der Regelung der Beitragsbemessungsgrundlagen für die Bezieher von Alhi und die Bezieher von Krg bewusst an die unterschiedliche Leistungsträgerschaft anknüpft (aaO, RdNr 19 ff; zur Ableitung aus der diesbezüglichen Rechtssetzungsgeschichte aaO, RdNr 14 bis 17) . Dabei hat der Gesetzgeber auch den von der Klägerin problematisierten Erwerb unterschiedlich hoher Rentenanwartschaften aus Zeiten des Bezugs von Alhi und des Bezugs anderer Entgeltersatzleistungen in Kauf genommen (vgl hierzu insbesondere BT-Drucks 14/1523 S 205) . Gerade wegen der Anknüpfung des Gesetzgebers an die unterschiedliche Trägerschaft kann es auch nicht darauf ankommen, dass - so die Klägerin - das nach § 47b Abs 1 SGB V in Höhe der zuvor bezogenen Alhi erbrachte Krg aus Sicht des Leistungsempfängers als "nur unter anderer Trägerschaft" weitergezahlte einheitliche Fürsorgeleistung erscheinen kann. Gegen die Annahme einer Planwidrigkeit spricht zudem, dass trotz der mit der Revision selbst vorgetragenen frühzeitigen Initiativen der Spitzenverbände der Krankenkassen für eine gesetzliche Korrektur im Sinne der Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage auf den Betrag des zuvor bezogenen Alhi entsprechend § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI eine Rechtsänderung - etwa mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz oder dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - unterlassen worden ist.

14

Auch ein von der Revision behaupteter "Grundsatz der Kontinuität von Versicherungsverhältnissen" steht der hier vorgenommenen Auslegung des § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI mit dem Ergebnis einer beitragsrechtlich unterschiedlichen Behandlung (nur) in der Höhe identischer Entgeltersatzleistungen nicht entgegen. So ist schon nicht erkennbar, auf welches Versicherungsverhältnis die Klägerin einen solchen Grundsatz anwenden will und worin sie trotz des Wechsels von der Arbeitsfähigkeit in die Arbeitsunfähigkeit und des damit verbundenen Wechsels der Entgeltersatzleistungen einen identischen Lebenssachverhalt erblickt, der unterschiedliche Rechtsfolgen bei der Beitragsbemessung ausschließen soll.

15

c) Das so gefundene Ergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenüber der für die Beitragsbemessung vorgenommenen Anknüpfung des Gesetzgebers an die Trägerschaft einer Entgeltersatzleistung kann sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Körperschaft nur auf das allgemeine Willkürverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip ebenso wie aus Art 3 Abs 1 GG abzuleiten ist, berufen. Es ist indes nicht willkürlich, dass das Gesetz die Bemessung der Beiträge zur GRV (wie auch zur Gesetzlichen Krankenversicherung, SPV und ArblV; zu letzterer vgl Urteil vom 21.1.2009, B 12 AL 2/07 R, SozR 4-4300 § 345 Nr 1 RdNr 23) beim Bezug der vom Bund getragenen Alhi anders regelte, als die Bemessung der zu Lasten der Klägerin gehenden Beiträge aus dem Krg. Denn dies diente dem Ziel, die Beitragslast des Bundes zu reduzieren. Demgemäß braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die in der Revision in Bezug genommenen Ausführungen des die Beitragslast von Versicherten betreffenden Beschlusses des BVerfG vom 11.1.1995 (1 BvR 892/88, BVerfGE 92, 53, 63 f = SozR 3-2200 § 385 Nr 6) , wonach ein Versicherter durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen nicht bessergestellt werden dürfe, als er ohne den Eintritt des Versicherungsfalls stünde, über die Berechnung von Lohnersatzleistungen hinaus auch auf die Berechnung der von Sozialversicherungsträgern wie der Klägerin zu entrichtenden Beiträge anzuwenden ist. Nicht zu entscheiden ist demgemäß auch, ob die aus der beitragsrechtlichen Besserstellung von Arbeitsunfähigen, die im Anschluss an Alhi Krg bezogen haben, gegenüber arbeitsfähigen Beziehern von Alhi in der GRV folgende leistungsrechtliche Besserstellung einen rechtfertigenden Grund für die durch das HSanG bewirkte unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung von Alhi einerseits und im Anschluss hieran bezogenem Krg anderseits darstellen könnte.

16

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

17

3. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung der von der Beklagen geforderten Beträge und Säumniszuschläge festzusetzen.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Die Träger der Rentenversicherung überwachen die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Pflichtbeiträge, soweit sie unmittelbar an sie zu zahlen sind. Die Träger der Rentenversicherung sind zur Prüfung der Beitragszahlung berechtigt.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Stellen, die die Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte sowie für nachversicherte Personen zu zahlen haben (Zahlungspflichtige), ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch im Zusammenhang mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen. Eine Prüfung erfolgt mindestens alle vier Jahre; die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Zahlungspflichtige dies verlangt. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Stellen, die die Beiträge für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung zu zahlen haben.

(2) Ein Zahlungspflichtiger ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Zahlungspflichtigen sie prüfen. Soweit die Prüfungen durch die Regionalträger durchgeführt werden, ist örtlich der Regionalträger zuständig, in dessen Bereich der Zahlungspflichtige seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Eine Prüfung beim Arbeitgeber nach § 28p des Vierten Buches soll zusammen mit einer Prüfung bei den Zahlungspflichtigen durchgeführt werden; eine entsprechende Kennzeichnung des Arbeitgebers im Dateisystem nach § 28p Abs. 8 Satz 1 des Vierten Buches ist zulässig.

(3) Die Zahlungspflichtigen haben angemessene Prüfhilfen zu leisten. Automatisierte Abrechnungsverfahren sind in die Prüfung einzubeziehen. Die Zahlungspflichtigen und die Träger der Rentenversicherung treffen entsprechende Vereinbarungen.

(4) Zu prüfen sind auch Rechenzentren und vergleichbare Stellen, soweit sie im Auftrag der Zahlungspflichtigen oder einer von ihnen beauftragten Stelle die Pflichtbeiträge berechnen, zahlen oder Meldungen erstatten. Soweit die Prüfungen durch die Regionalträger durchgeführt werden, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Stelle. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt für die Prüfung bei den Zahlungspflichtigen ein Dateisystem, in dem folgende Daten gespeichert werden:

1.
der Name,
2.
die Anschrift,
3.
die Betriebsnummer und, soweit erforderlich, ein weiteres Identifikationsmerkmal der Zahlungspflichtigen,
4.
die für die Planung der Prüfung erforderlichen Daten der Zahlungspflichtigen und
5.
die Ergebnisse der Prüfung.
Sie darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Zahlungspflichtigen und bei den Arbeitgebern verarbeiten. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung der Zahlungspflichtigen ein Dateisystem, in dem
1.
die Betriebsnummern und, soweit erforderlich, ein weiteres Identifikationsmerkmal der Zahlungspflichtigen,
2.
die Versicherungsnummern der Versicherten, für welche die Zahlungspflichtigen Pflichtbeiträge zu zahlen haben und
3.
der Beginn und das Ende der Zahlungspflicht
gespeichert werden; im Falle des Satzes 4 darf die Datenstelle die Daten der Stammsatzdatei (§ 150) und der Dateisysteme nach § 28p Abs. 8 Satz 1 und 3 des Vierten Buches für die Prüfung bei den Zahlungspflichtigen speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken. Die Datenstelle der Rentenversicherung ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der Versicherten, für die von den Zahlungspflichtigen Pflichtbeiträge zu zahlen waren oder zu zahlen sind,
3.
die bei den Trägern der Rentenversicherung gespeicherten Daten über die Nachweise der unmittelbar an sie zu zahlenden Pflichtbeiträge,
4.
das Identifikationskennzeichen jeder Meldung und
5.
bei Stornierung einer Meldung das Identifikationskennzeichen der ursprünglichen Meldung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung nach Absatz 1 erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle der Rentenversicherung und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Zahlungspflichtigen und die Träger der Rentenversicherung sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Prüfung nach Absatz 1 erforderlichen Daten zu übermitteln. Die Übermittlung darf auch durch Abruf im automatisierten Verfahren erfolgen, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf.

(5a) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfung nach Absatz 1 stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung nach Absatz 1 durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(6) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Pflichten der Zahlungspflichtigen und der in Absatz 4 genannten Stellen bei automatisierten Abrechnungsverfahren,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 5 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung und für die Speicherung der Ergebnisse der Prüfungen bei Zahlungspflichtigen erforderlichen Daten sowie über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems
bestimmen.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Der Arbeitgeber kann abweichend von Satz 2 den Betrag in Höhe der Beiträge des Vormonats zahlen; für einen verbleibenden Restbetrag bleibt es bei der Fälligkeit zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats. In den Fällen des Satzes 3 sind Beiträge, die auf eine Einmalzahlung im Vormonat entfallen, nicht zu berücksichtigen. Sonstige Beiträge werden spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind. Die erstmalige Fälligkeit der Beiträge für die nach § 3 Satz 1 Nummer 1a des Sechsten Buches versicherten Pflegepersonen ist abhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Pflegekasse, das private Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder der Dienstherr bei Heilfürsorgeberechtigten die Versicherungspflicht der Pflegeperson festgestellt hat oder ohne Verschulden hätte feststellen können. Wird die Feststellung in der Zeit vom Ersten bis zum Fünfzehnten eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals spätestens am Fünfzehnten des folgenden Monats fällig; wird die Feststellung in der Zeit vom Sechzehnten bis zum Ende eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals am Fünfzehnten des zweiten darauffolgenden Monats fällig; das Nähere vereinbaren die Spitzenverbände der beteiligten Träger der Sozialversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und die Festsetzungsstellen für die Beihilfe.

(2) Die Beiträge für eine Sozialleistung im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 3 des Sechsten Buches einschließlich Sozialleistungen, auf die die Vorschriften des Fünften und des Sechsten Buches über die Kranken- und Rentenversicherung der Bezieher von Arbeitslosengeld oder die Krankenversicherung der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches entsprechend anzuwenden sind, werden am Achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Die Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung aus Sozialleistungen der Bundesagentur für Arbeit zu den vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Fälligkeitsterminen für die Rentenzahlungen im Inland gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und die Behörden des sozialen Entschädigungsrechts können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus Sozialleistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens zum 30. Juni des laufenden Jahres und ein verbleibender Restbetrag zum nächsten Fälligkeitstermin gezahlt werden.

(2a) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks (§ 28a Absatz 7) sind die Beiträge für das in den Monaten Januar bis Juni erzielte Arbeitsentgelt am 31. Juli des laufenden Jahres und für das in den Monaten Juli bis Dezember erzielte Arbeitsentgelt am 31. Januar des folgenden Jahres fällig.

(3) Geschuldete Beiträge der Unfallversicherung werden am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist; Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann in ihrer Satzung von Satz 1 abweichende Fälligkeitstermine bestimmen. Für den Tag der Zahlung und die zulässigen Zahlungsmittel gelten die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Bestimmungen entsprechend. Die Fälligkeit von Beiträgen für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, die nach § 28a Absatz 7 der Einzugsstelle gemeldet worden sind, richtet sich abweichend von Satz 1 nach Absatz 2a.

(4) Besondere Vorschriften für einzelne Versicherungszweige, die von den Absätzen 1 bis 3 abweichen oder abweichende Bestimmungen zulassen, bleiben unberührt.

Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,

1.
für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),
1a.
in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat,
2.
in der sie aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst leisten,
2a.
in der sie sich in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes befinden, wenn sich der Einsatzunfall während einer Zeit ereignet hat, in der sie nach Nummer 2 versicherungspflichtig waren; sind zwischen dem Einsatzunfall und der Einstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art nicht mehr als sechs Wochen vergangen, gilt das Wehrdienstverhältnis besonderer Art als mit dem Tag nach Ende einer Versicherungspflicht nach Nummer 2 begonnen,
2b.
in der sie als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen, es sei denn, sie sind für die Zeiten als Soldaten auf Zeit nach § 186 nachversichert worden,
3.
für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
3a.
für die sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit das Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn dieser Zahlung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
4.
für die sie Vorruhestandsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.
Pflegepersonen, die für ihre Tätigkeit von dem oder den Pflegebedürftigen ein Arbeitsentgelt erhalten, das das dem Umfang der jeweiligen Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 des Elften Buches nicht übersteigt, gelten als nicht erwerbsmäßig tätig; sie sind insoweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig. Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig. Wehrdienstleistende oder Zivildienstleistende, die für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weitererhalten oder Leistungen an Selbständige nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, sind nicht nach Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig; die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gilt in diesen Fällen als nicht unterbrochen. Trifft eine Versicherungspflicht nach Satz 1 Nr. 3 im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind. Die Versicherungspflicht nach Satz 1 Nummer 2b bis 4 erstreckt sich auch auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben.

(2) Der Versicherungsträger darf Ansprüche nur

1.
stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird,
2.
niederschlagen, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen,
3.
erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beiträge erstattet oder angerechnet werden.
Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 dürfen Beitragsansprüche auch niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als sechs Monate meldepflichtige Beschäftigte nicht mehr gemeldet hat und die Ansprüche die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung und der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam und einheitlich festgelegten Beträge nicht überschreiten; die Grenzbeträge sollen auch an eine vorherige Vollstreckungsmaßnahme gebunden werden, wenn die Kosten der Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung stehen. Die Vereinbarung nach Satz 3 bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 3 nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgesetzten Frist zustande, bestimmt dieses nach Anhörung der Beteiligten die Beträge durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates.

(3) Für Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag trifft die Entscheidung nach Absatz 2 die zuständige Einzugsstelle. Hat die Einzugsstelle einem Schuldner für länger als zwei Monate Beitragsansprüche gestundet, deren Höhe die Bezugsgröße übersteigt, ist sie verpflichtet, bei der nächsten Monatsabrechnung die zuständigen Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit über die Höhe der auf sie entfallenden Beitragsansprüche und über den Zeitraum, für den die Beitragsansprüche gestundet sind, zu unterrichten. Die Einzugsstelle darf

1.
eine weitere Stundung der Beitragsansprüche sowie
2.
die Niederschlagung von Beitragsansprüchen, deren Höhe insgesamt die Bezugsgröße übersteigt, und
3.
den Erlass von Beitragsansprüchen, deren Höhe insgesamt den Betrag von einem Sechstel der Bezugsgröße übersteigt,
nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit vornehmen.

(4) Die Einzugsstelle kann einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche schließen, wenn dies für die Einzugsstelle, die beteiligten Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Die Einzugsstelle darf den Vergleich über rückständige Beitragsansprüche, deren Höhe die Bezugsgröße insgesamt übersteigt, nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit schließen. Der Träger der Unfallversicherung kann einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche schließen, wenn dies wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Für die Träger der Rentenversicherung gilt Satz 3, soweit es sich nicht um Ansprüche aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag handelt.

(5) Die Bundesagentur für Arbeit kann einen Vergleich abschließen, wenn dies wirtschaftlich und zweckmäßig ist.

Die Verjährung ist gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.

10

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

14

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).

15

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).

16

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).

17

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

18

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

19

Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).

20

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

21

b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.

22

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).

23

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.

24

cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

25

Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

26

Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

27

c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

28

Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

29

d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

30

aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).

31

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

32

bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

33

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).

34

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

35

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.

36

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

37

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

38

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

39

Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

40

ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

41

ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.

42

3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

43

4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

44

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.