Landessozialgericht NRW Beschluss, 05. Feb. 2014 - L 9 SO 413/13 B ER
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2013 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Beschlusses wird wie folgt neu gefasst: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 04.09.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum Ende des 1. Schulhalbjahres 2013/2014, vorläufig die Kosten für einen durch den Beigeladenen gestellten Integrationshelfer für die Zeit der Begleitung des Schulbesuches der Antragstellerin in der Q-Schule in N in einem zeitlichen Umfang bis zu 26 Stunden wöchentlich - nach Maßgabe des Stundenplans mit Ausnahme der 2 mal wöchentlich für 30 Minuten während der Schulzeit stattfindenden Einzeltherapien (Physiotherapie und Ergotherapie) - bis zu einem Betrag i.H.v. 700,00 EUR pro Monat zu übernehmen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsgegner wendet sich im Rahmen seiner Beschwerde gegen seine ihm im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auferlegte Verpflichtung, die Kosten für den Einsatz eines Integrationshelfers für den Besuch einer Förderschule bei der am 00.00.2003 geborenen Antragstellerin zu übernehmen. Die Antragstellerin ist schwer geistig und körperlich mehrfachbehindert. Dies äußert sich bei ihr u.a. in fehlender Sprachfähigkeit mit massiv eingeschränktem Kommunikationsverhalten, kaum vorhandener Konzentrationsfähigkeit, fehlendem Regelverständnis und einer unkontrollierten Neigung zur Selbst- und Fremdgefährdung, vor allem bei fehlender kontinuierlicher Begleitung. Sie besucht die Q-Schule in N, eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Der Antragsgegner ist insbesondere der Auffassung, dass der Hilfebedarf der Antragstellerin bei einer Förderschule mit einem speziell auf die dort unterrichteten behinderten Schülerinnen und Schüler zugeschnittenen Betreuungskonzept und einem im Vergleich zu Regelschulen deutlich erhöhten Personalschlüssel primär zu den Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrages und damit in den Verantwortungsbereich der Schule gehört. Damit stelle der Einsatz eines Integrationshelfers in einer Förderschule keine durch den Sozialhilfeträger zu erbringende Leistung der Eingliederungshilfe zur Ermöglichung oder Erleichterung des Schulbesuches dar.
4II.
5Die am 27.09.2013 eingegangene Beschwerde des Antragsgegners gegen den ihm am 18.09.2013 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2013, mit der er sich gegen die im Wege der einstweiligen Anordnung auferlegte Verpflichtung wendet, vorläufig die Kosten eines einfachen Integrationshelfers für die Antragstellerin während des Besuchs der Q-Schule in N mit Ausnahme der zweimal wöchentlich für 30 Minuten während der Schulzeit stattfindenden Therapien ab dem 04.09.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum Ende des 1. Schulhalbjahres 2013/2014, zu übernehmen, hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung war lediglich aus prozessualen Gründen neu zu fassen.
6Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im tenorierten Umfang im Ergebnis zu Recht für begründet erachtet.
7Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris-Rdnr. 6; Senat, Beschluss vom 23.07.2013 - L 9 SO 225/13 B ER, L 9 SO 226/13 B - Juris-Rdnr. 8).
8Hierbei ist zu beachten, dass Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - (GG) besondere Anforderungen an die Gestaltung des Eilverfahrens stellt. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927).
9Der Senat sieht den Ausgang des bei dem Sozialgericht anhängigen Verfahrens in der Hauptsache nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand als offen an. Da insbesondere der Antragsgegner notwendige Ermittlungen zu Art und Umfang des konkreten Betreuungsbedarfs der Antragsstellerin zum Zwecke der Ermöglichung ihres Schulbesuchs unterlassen hat, eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren ausscheidet und das Sozialgericht im Klageverfahren die aus Sicht des Senats noch notwendigen Ermittlungen vorzunehmen hat, ist hier im Rahmen einer Folgeabwägung zu entscheiden, die im klarstellend tenorierten Umfang zu Gunsten der Antragstellerin ausgeht.
101.) Ob die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Einsatz eines durch den Beigeladenen gestellten Integrationshelfers zur Ermöglichung ihres Besuches der Q-Schule hat, lässt der Senat wegen gegenwärtigen Fehlens notwendiger Erkenntnisse, die im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens zu gewinnen wären, ausdrücklich offen. Allerdings ist es vorbehaltlich der im anhängigen Klageverfahren noch durchzuführenden Ermittlungen aus Rechtsgründen nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen solchen Anspruch auf Kostenübernahme für den Einsatz eines Integrationshelfers hat.
11a) Ein solcher Anspruch würde sich aus § 53 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ergeben. Hiernach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört es insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Die Antragstellerin hat eine wesentliche Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 SGB XII; bei ihr liegt ausweislich der bislang aktenkundigen medizinischen Unterlagen, insbesondere des schulmedizinischen Gutachtens des Kreises W vom 25.01.2010, eine - sonderpädagogischen Förderbedarf begründende - geistige, körperliche und seelische Behinderung vor, die in ihren Auswirkungen (vor allem fehlende Sprachfähigkeit mit massiv eingeschränktem Kommunikations- und sonstigen, hochgradig indifferenten sozialen Verhaltensmustern) mit schweren Beeinträchtigungen der Teilhabefähigkeit einhergeht.
12Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere - wie hier - im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr. 1 der EingliederungshilfeVO - (EinglHVO) gehören zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies schließt alle Leistungen ein, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Eingliederung zu erreichen, d.h. die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mindern, so auch die Zurverfügungstellung einer Schulbegleitung bzw. Integrationshilfe als "sonstige Maßnahmen" i.S.d. § 12 Nr. 1 EinglHVO (vgl. Senat, Beschluss vom 20.12.2013 - L 9 SO 429/13 B ER - Juris-Rdnr. 24).
13b) Die Tatsache, dass es sich bei der Q-Schule um eine private Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung in Ganztagsform" handelt, schließt - vorbehaltlich der noch vorzunehmenden Ermittlungen zu Art und Umfang des Betreuungsbedarfs der Antragstellerin - eine Kostenübernahme für die Bereitstellung eines Integrationshelfers als Maßnahme der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 12 EinglHVO nicht von vornherein aus.
14Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen grundsätzlich neben den sich aus den Vorschriften über die Eingliederungshilfe ergebenden Verpflichtungen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 EinglHVO liegt ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde. Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw. begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R - Juris-Rdnr. 21).
15Von den Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 EinglHVO sind lediglich Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, nicht umfasst. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben. Zum anderen normiert § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende und begleitende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern (BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - Juris-Rdnrn. 15 f.). Soweit der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer der Schule betroffen ist, werden die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen der Spezialität der einschlägigen schulischen Förderleistungen verdrängt (BVerwG, Urteil vom 18.10.2012 - 5 C 21.11 - Juris-Rdnr. 37).
16Ob die von der Antragstellerin begehrte Bereitstellung eines Integrationshelfers zu der oben beschriebenen Unterstützung im Unterricht und während der Pausen dem pädagogischen Kernbereich der Lehrer der Q-(Förder-)Schule zuzuordnen ist, vermag der Senat auf der Grundlage der bisher aktenkundigen Unterlagen ohne weitergehende Ermittlungen, die im Rahmen dieses Eilverfahrens jedoch nicht zu leisten sind, nicht abschließend zu beurteilen. Die von dem Antragsgegner im Ergebnis vertretene Rechtsauffassung, dass die nach Maßgabe des Landesrechts normierten Vorgaben für eine sonderpädagogische Förderung in Förderschulen (s. §§ 19, 20 Abs. 2 bis 5 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen v. 15.02.2005 - SchulG NRW, §§ 1 ff. der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke v. 29.04.2005 - Ausbildungsverordnung sonderpädagogische Förderung - AO-SF) den Kernbereich der pädagogischen Arbeit bestimmen und der Betreuungsbedarf auch der Antragstellerin daher allein Sache des in die Finanzierungsverantwortung des Landes fallenden Schulträgers und nicht des Sozialhilfeträgers ist, verkennt jedoch die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisierte Rechtslage. Denn der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer ist nicht nach den schulrechtlichen Vorschriften des jeweils betroffenen Landes, sondern bundeseinheitlich durch Auslegung der sozialhilferechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 EinglHVO zu bestimmen (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R - Juris-Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - Juris-Rdnr. 15). Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll (BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - Juris-Rdnr. 17). Der Kernbereich der pädagogischen Arbeit ist dementsprechend nicht betroffen, wenn die als Leistung der Eingliederungshilfe begehrte Maßnahme lediglich dazu dienen soll, die eigentliche Arbeit der Lehrer abzusichern und mit die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, den erfolgreichen Schulbesuch zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 18.10.2012 - 5 C 21.11 - Juris-Rdnr. 37). Dementsprechend berührt die Unterstützung eines behinderten Schülers durch einen Integrationshelfer den pädagogischen Kernbereich grundsätzlich selbst dann nicht, wenn der Integrationshelfer auch pädagogische Aufgaben übernimmt, wie z.B. die Anleitung zur Konzentration auf den Unterricht. Entscheidend ist allein, ob die Vorgabe der Lerninhalte in der Hand des Lehrers bleibt und sich die Betreuungsleistungen des Integrationshelfers im Unterricht auf unterstützende Tätigkeiten bei der Umsetzung der Arbeitsaufträge des Lehrers beschränken (so in der Sache auch die ganz herrschende Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2012 - L 7 SO 4186/12 ER-B - Juris-Rdnr. 15; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2013 - L 7 SO 1931/13 ER-B - Juris-Rdnr. 13; Hessisches LSG, Beschluss vom 26.04.2012 - L 4 SO 297/11 B ER - Juris-Rdnrn. 24 f.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.11.2010 - L 8 SO 193/08 - Juris-Rdnrn. 24 f.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 03.06.2010 - L 7 SO 19/09 B ER - Juris-Rdnrn. 38 f.; Thüringer LSG, Beschluss vom 29.03.2012 - L 8 SO 1830/11 B ER - Juris-Rdnr. 13; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2011 - 12 B 1182/11 - Juris-Rdnr. 12; s. auch BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - Juris-Rdnr. 16 a.E.).
17Der Senat verkennt dabei nicht, dass es gerade zum Bildungsauftrag von Förderschulen gehört, ausschließlich körperlich und geistig schwerstbehinderten Schülerinnen und Schülern wie die Antragstellerin mit einem besonders intensiven sonderpädagogischen Förderungsbedarf, hier im Bereich der geistigen Entwicklung (vgl. §§ 6, 10 AO-SF), mittels eines kleinschrittigen Unterrichts in kleinen Klassen überhaupt erst zu befähigen, bestimmte Lerninhalte vor dem Hintergrund hochgradiger Beeinträchtigungen bei den kognitiven Funktionen und der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit zu erfassen, so dass der Schwerpunkt auf pädagogischem Gebiet liegt, welcher weit über die eigentliche Wissensvermittlung hinausgeht. Die Aufgabe des Lehrpersonals besteht deshalb auch darin, die Schüler zur Mitarbeit anzuhalten und bei entstehenden Konflikten vermittelnd einzugreifen. Insofern bestehen durchaus Überscheidungen zu der Tätigkeit der Integrationshelferin im Hinblick auf das problematische Arbeits- und Sozialverhalten der Antragstellerin. Auch mag dies Förderschulen von Regelschulen unterscheiden, die sog. Gemeinsamen Unterricht (GU), d.h. inklusiven Unterricht von behinderten Kindern und Jugendlichen zusammen mit Nichtbehinderten anbieten und hierfür eine schulaufsichtsrechtliche Zulassung erhalten haben. Dies alles schließt jedoch, wie gerade der Begriff des "Kernbereichs" verdeutlicht, eine Qualifizierung der begehrten Maßnahme als solche der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe nicht zwingend aus, solange nicht ausschließlich der bundeseinheitlich zu definierende Kernbereich betroffen ist (s. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2013 - L 7 SO 1931/13 ER-B - Juris-Rdnr. 13; vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 20.12.2013 - L 20 SO 428/13 B ER -). Gerade vor dem Hintergrund einer Förderbeschulung bedarf es dann aber einer besonders sorgfältigen Ermittlung des durch einen Integrationshelfer zu deckenden Bedarfs im Einzelfall, die insbesondere durch den Antragsgegner zu leisten gewesen wäre und nunmehr im Hauptsacheverfahren durch das Sozialgericht, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, zu veranlassen ist. Dabei wird insbesondere zu ermitteln sein, ob die gegenwärtig eingesetzte Integrationshelferin der Antragstellerin, Frau X, sich im Rahmen des Unterrichts auf die unterstützende Umsetzung der vom Lehrpersonal vorgegebenen Arbeits- und Lernaufträge beschränkt, worauf die Stellungnahmen von Frau X vom 10.05.2013 im Verwaltungsverfahren, des Beigeladenen vom 17.12.2013 sowie der Q-Schule vom 08.11.2013 im Beschwerdeverfahren durchaus hindeuten, oder ob die - nach der o.a. Stellungnahme des Beigeladenen zwar pädagogisch vorgebildete, jedoch noch keine ausgebildete pädagogische Fachkraft darstellende - Integrationshelferin in der Unterrichtssituation die Wissensvermittlung und deren Einübung sogar selbst - ggf. im gemeinschaftlichen Zusammenwirken mit den pädagogisch besonders geschulten Lehrkräften - vornimmt.
18Hinsichtlich der Pausengestaltung sowie der aktenkundig mehrfach beschriebenen Begleitung der Antragstellerin außerhalb des eigentlichen Unterrichts gehören die hierauf bezogene Tätigkeiten der Integrationshelferin hingegen eindeutig nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit an, weil sich diese außerhalb der eigentlichen Wissensvermittlung bewegen und rein unterstützenden Charakter in Bezug auf die Ermöglichung bzw. Erleichterung des Schulbesuches der Antragstellerin haben. Soweit der Antragsgegner hinsichtlich der pflegerischen Verrichtungen (Toilettengänge etc.) auf die Zuständigkeit der Pflegeversicherung verweist, geht dies schon aus Rechtsgründen fehl. Denn nach § 13 Abs. 3 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) bleiben die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII unberührt; sie sind im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig. Im Übrigen folgt der Senat der Auffassung des Sozialgerichts, dass eine Aufspaltung der Maßnahmen in solche der Eingliederungshilfe und solche der Pflegeversicherung nicht vorzunehmen ist. Der Einsatz des Integrationshelfers soll den Schulbesuch der Antragstellerin in einer ihren Erfordernissen gerecht werdenden Weise gerade erst ermöglichen, ihre Behinderung und deren Folgen mildern und sie in die Gesellschaft eingliedern. Damit ist die typische Aufgabe einer Maßnahme der Eingliederungshilfe beschrieben (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Dass dabei auch pflegerische Komponenten Bestandteil der Leistungen sind, ändert am Charakter als Eingliederungshilfe nichts. Die Pflegeleistungen erfolgen lediglich "bei Gelegenheit" der insgesamt auf Ermöglichung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft gerichteten Maßnahme (so auch LSG NRW, Beschluss vom 20.12.2013 - L 20 SO 428/13 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.06.2007 - L 7 SO 414/07 -; Thüringisches LSG, Beschluss vom 30.09.2008 - L 8 SO 801/08 ER -). Ein Herausnehmen des Pflegebedarfes würde im Übrigen wohl ohnehin nicht zu einer Reduktion der Kosten für den Antragsgegner führen, da eine Pauschalvereinbarung mit dem Beigeladenen besteht, nach der die Leistungen mit dem vereinbarten Betrag von 700,00 EUR unabhängig von der konkreten Stundenzahl abgegolten werden (ebenso LSG NRW, Beschluss vom 20.12.2013 - L 20 SO 428/13 B ER -).
19c) Soweit sich nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass bei der Antragsstellerin eine Bedarfslage besteht, die lediglich unterstützende (ggf. auch pädagogische Aufgaben umfassende, s.o.) Maßnahmen der Integrationshelferin erfordern, so dass nicht ausschließlich der Kernbereich der pädagogischen Arbeit betroffen ist, kann der Antragsgegner gegen seine Verpflichtung zur Kostenübernahme unter Berufung auf den - außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit anwendbaren - Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII nicht einwenden, dass es Sache der Q-Schule als Förderschule ist, die ihr obliegenden, sonderpädagogischen Aufgaben durch Vorhaltung ausreichenden Lehrpersonals auch im Falle einer etwaig erforderlichen 1:1-Betreuung der Antragstellerin zu gewährleisten. In seinem die Übernahme der Kosten für eine Montessori-Therapie als Leistung der Eingliederungshilfe betreffenden Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R - hat das BSG das Folgende ausgeführt (s. Juris-Rdnr. 25):
20"Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Diese Vorschrift ist, wenn andere Leistungen - wie hier - tatsächlich nicht erbracht werden, keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu; ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist mithin allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (BSG, Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - RdNr 13; Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1; Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - RdNr 15). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen [ ]".
21Das BSG hat hiermit klargestellt, dass ein auch nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII dem Grunde nach Leistungsberechtigter nur dann auf vorrangige Leistungen i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB XII verwiesen werden kann, wenn diese ohne Weiteres durchsetzbar sind (Stichwort: bereites Mittel). Da die Q-Schule in mehreren Stellungnahmen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausgeführt hat, den von ihr zu Grunde gelegten Betreuungsbedarf der Antragstellerin mit dem von ihr vorgehaltenen Personal ohne den Einsatz der Integrationshelferin zum Zwecke der Erfüllung des Bildungsanspruchs nicht erbringen zu können, scheidet die Berufung des Antragsgegners auf den Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII unabhängig davon aus, ob sich sein Vortrag als zutreffend erweisen sollte (vgl. auch Senat, Beschluss vom 27.08.2013 - L 9 SO 211/13 B ER - Juris-Rdnrn. 11 ff.). Im Übrigen weist der Senat auch an dieser Stelle daraufhin, dass es im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) Sache des Antragsgegners gewesen wäre, den konkreten Betreuungsbedarf der Antragstellerin auch und gerade in Relation zu dem hierfür erforderlichen Personalschlüssel der Förderschule zu ermitteln.
222.) Da die Erfolgsaussichten der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Ausführungen des Senats aufgrund der noch durchzuführenden Ermittlungen hinsichtlich der konkreten Bedarfslage, auch zur Erforderlichkeit einer 1:1-Betreuung sowie zum Umfang der Integrationshilfe in zeitlicher Hinsicht, als offen zu bezeichnen sind, bedarf es einer Interessen- und Folgenabwägung, die nach Auffassung des Senats zu Gunsten der Antragstellerin ausgeht. Hierbei sind die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin nicht erginge, die Klage in der Hauptsache aber später Erfolg hätte, mit denen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erginge, die Klage aber erfolglos bliebe. Auf der Grundlage der aktenkundigen Stellungnahmen der Q-Schule und des Beigeladenen, sowie des Erfahrungsberichts der Integrationshelferin Frau X vom 10.05.2013, auf die sich der Senat mangels anderweitiger Erkenntnisquellen stützt, besteht bei der Antragstellerin aufgrund fehlenden Bewusstseins für Gefahren, welches sich u.a. in autoaggressivem Verhalten und stetiger Neigung zum Weglaufen äußert, ein erhebliches Selbst- und Fremdgefährdungspotential für den Fall, dass infolge einer Ablehnung ihres Eilantrages die bereits länger andauernde Integrationshilfe mangels Kostenübernahme durch den Antragsgegner beendet werden müsste. Damit würde ihr letzten Endes ein kontinuierlicher Schulbesuch bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unmöglich gemacht, was angesichts der Förderbeschulung, die für die Antragstellerin die einzige Möglichkeit sonderpädagogischer Förderung darstellt, nicht hingenommen werden kann. Es steht auch zu befürchten, dass sämtliche, seitens der Schule dargestellten kleineren Erfolge bei der Antragstellerin im Falle einer längeren Unterbrechung des Schulbesuches zunichte gemacht würden. Hinter diesen schwerwiegenden Nachteilen treten die öffentlichen, namentlich fiskalischen Interessen des Antragsgegners und damit der Gemeinschaft der Steuerzahler, vorläufige Leistungen zu vermeiden, die im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache sehr wahrscheinlich nicht mehr zurückverlangt werden können, deutlich zurück (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2013 - L 7 SO 1931/13 ER-B - Juris-Rdnr. 22).
233.) Der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts war klarstellend neu zu fassen, weil sowohl in der Hauptsache als auch in einem dieser vorausgehenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Grundurteil bzw. -beschluss nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG bei einem auf Kostenübernahme für den Einsatz eines Integrationshelfers gerichteten Begehren unzulässig ist. Bei der Kostenübernahme handelt es sich um keine Geldleistung, sondern um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem beigeladenen Leistungserbringer (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R - Juris-Rdnr. 12; Senat, Beschluss vom 20.12.2013 - L 9 SO 429/13 B ER - Juris-Rdnrn. 48 f.).
24Hinsichtlich der Höhe der monatlich zu übernehmenden Kosten von pauschal 700,00 EUR, die der bisherigen Praxis des Antragsgegners entspricht und auch von dem Beigeladenen auf der Grundlage von 26 Wochenstunden akzeptiert wird, hat der Senat in Ansehung der Qualifikation der bereits eingesetzten Integrationshelferin Frau X, die (noch) keine pädagogische Fachkraft ist, keine durchgreifenden Bedenken (vgl. hierzu näher Senat, Beschluss vom 20.12.2013 - L 9 SO 429/13 B ER - Juris-Rdnrn. 51 ff.). Da die Antragstellerin ihrerseits keine Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt hat, ist dem Senat eine weitergehende Prüfung ohnehin nicht möglich.
25Bezüglich der zeitlichen Beschränkung der Reichweite der einstweiligen Anordnung auf das Ende des ersten Schulhalbjahres 2013/2014 geht der Senat davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Sach- und Rechtslage bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig weitere Leistungen erbringen wird, so wie er dies in seinem Schriftsatz vom 22.01.2014 für die Kostenübernahme bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 angekündigt hat.
264.) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und trägt der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels des Antragsgegners Rechnung. Eine Erstattung der Kosten des Beigeladenen, der keine Anträge gestellt hat, kommt nicht in Betracht.
275). Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
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Annotations
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.
(1) Behörde ist jede öffentliche Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1a) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, der Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.
(1b) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.
(1c) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn
- 1.
sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder - 2.
dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht.
(1d) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die Absätze 1a bis 1c fallen. Nimmt eine nicht-öffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses Gesetzes.
(1e) Öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder gelten als nicht-öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen.
(2) Finanzbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind die folgenden im Gesetz über die Finanzverwaltung genannten Bundes- und Landesfinanzbehörden:
- 1.
das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden als oberste Behörden, - 2.
das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion als Bundesoberbehörden, - 3.
Rechenzentren sowie Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist, als Landesoberbehörden, - 4.
die Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden, - 4a.
die nach dem Finanzverwaltungsgesetz oder nach Landesrecht an Stelle einer Oberfinanzdirektion eingerichteten Landesfinanzbehörden, - 5.
die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen, die Zollfahndungsämter, die Finanzämter und die besonderen Landesfinanzbehörden als örtliche Behörden, - 6.
Familienkassen, - 7.
die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes und - 8.
die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 40a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes).
Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.
(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.
(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.
(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.
(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.