Landessozialgericht NRW Beschluss, 12. Feb. 2014 - L 6 AS 2174/13 B

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2014:0212.L6AS2174.13B.00
bei uns veröffentlicht am12.02.2014

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 14.10.2013 wird als unzulässig verworfen Kosten sind nicht zu erstatten.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

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Landessozialgericht NRW Beschluss, 12. Feb. 2014 - L 6 AS 2174/13 B zitiert 8 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2011 - 6 B 35/11

bei uns veröffentlicht am 31.08.2011

Gründe I. 1 Der Kläger wendet sich gegen seine Musterung. Nachdem das Kreiswehrersatzam

Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 11 AL 17/09 R

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten noch über den Ersatz von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 20.4. bis 26.7.1996.

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Musterung. Nachdem das Kreiswehrersatzamt ihn durch Bescheid vom 2. August 2010 wehrdienstfähig gemustert und wegen seiner schulischen Ausbildung bis zum 30. Juni 2011 vom Wehrdienst zurückgestellt hatte, hat der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben und beantragt, die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu verurteilen, seine Musterung als nichtig anzuerkennen. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage durch das angefochtene Urteil vom 7. Juni 2011, zugestellt am 15. Juni 2011, abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die am 15. Juli 2011 eingelegte Beschwerde des Klägers.

II.

2

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.

3

1. Die Beschwerde ist statthaft. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist gemäß § 34 Satz 1 WPflG ausgeschlossen. Nach § 135 VwGO ist statthaftes Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts deshalb die Revision und bei deren Nichtzulassung - wie hier - die dagegen gerichtete Beschwerde (§ 34 Satz 2 WPflG, § 135 Satz 2 VwGO).

4

Aus § 2 Abs. 1 Satz 1 WPflG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 28. April 2011 (BGBl I S. 678) ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift gelten die §§ 3 bis 53 WPflG, und damit auch § 34 WPflG, im Spannungs- oder Verteidigungsfall (Art. 80a Abs. 1 GG, Art. 115a Abs. 1 GG). Die Vorschrift ist nach Art. 13 Abs. 1 WehrRÄndG am 1. Juli 2011 in Kraft getreten. Aus ihr lässt sich aber nicht herleiten, dass seit dem 1. Juli 2011 die Berufung gegen Urteile der Verwaltungsgerichte in Wehrpflichtsachen nicht mehr ausgeschlossen ist, sondern nunmehr mangels besonderer Vorschriften die Berufung oder der Antrag auf Zulassung der Berufung die statthaften Rechtsmittel gegen solche Urteile sind.

5

Zwar ist nach der gewohnheitsrechtlichen Regel des intertemporalen Verfahrensrechts neues Verfahrensrecht grundsätzlich auch auf Verfahren anzuwenden, die vor der Rechtsänderung begonnen worden sind. Diese sind danach mit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes nach neuem Recht zu beurteilen. Dieser Verfahrensgrundsatz ist jedoch nicht anwendbar, soweit es um unter der Geltung des alten Rechts abgeschlossene Prozesshandlungen und abschließend entstandene Prozesslagen geht, in die aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtsmittelsicherheit nicht nachträglich verändernd eingegriffen werden darf (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 - BVerfGE 87, 48 <64 f.>; BVerwG, Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 CN 12.97 - BVerwGE 106, 237 <238>), oder soweit sich aus dem Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift oder aus dem Zusammenhang mit anderen Grundsätzen des Prozessrechts etwas Abweichendes ergibt.

6

Auch ohne besondere Übergangsregelung ergibt sich hier unmittelbar aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, dass es für Verfahren in Wehrpflichtsachen, die am 1. Juli 2011 noch nicht abgeschlossen waren, bei der bisherigen Regelung des Rechtsmittelrechts bleiben soll. Nach dem Sinn und Zweck des § 2 WPflG soll die Wehrpflicht ausgesetzt werden. Ab dem 1. Juli 2011 sollen keine neuen Verwaltungsverfahren eingeleitet werden, die auf die Vollziehung der Wehrpflicht gerichtet sind. Der Gesetzgeber ist als selbstverständlich davon ausgegangen, dass bereits anhängige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, soweit sie sich nicht erledigen, sondern noch Entscheidungen erfordern, nach dem bisherigen Recht abgewickelt werden. Der Gesetzgeber hat kein neues Recht an die Stelle des bisherigen Rechts gesetzt, sondern das bisherige Recht beibehalten, seine künftige Anwendung aber auf den Spannungs- und Verteidigungsfall beschränkt. Bezogen auf § 34 WPflG hat er kein neues Rechtsmittelrecht geschaffen, das für künftige Fälle gelten soll. Nach seiner Vorstellung bleibt es vielmehr dabei, dass in Wehrpflichtsachen die Berufung ausgeschlossen sein soll. Damit unvereinbar wäre eine Auslegung des § 2 WPflG, dass nur in den wenigen noch entscheidungsbedürftigen Altfällen abweichend von der Regel des § 34 WPflG nunmehr die Berufung zulässig sein soll.

7

2. Die Revision kann nicht zugelassen werden. Die Rechtssache hat nicht die insoweit allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 34 WPflG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam, ob die einschlägigen Vorschriften des Wehrpflichtgesetzes über die Musterung und Heranziehung zum Wehrdienst in Art. 12a GG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage finden. Klärungsbedürftig sind nach seiner Auffassung in diesem Zusammenhang die Fragen nach der Geltung des Grundgesetzes als solchem und damit auch des Art. 12a GG sowie nach dem räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes.

8

Die aufgeworfenen Fragen sind schon deshalb nicht klärungsbedürftig, weil sie sich in absehbarer Zeit nicht mehr über den Einzelfall hinaus in anderen Verfahren entscheidungserheblich stellen können. Nach § 2 WPflG gelten die Vorschriften des § 3 ff. WPflG über die Heranziehung zum Wehrdienst einschließlich der dazu gehörigen Vorschriften über die Musterung nur noch im Spannungs- und Verteidigungsfall. Sie haben deshalb derzeit keinen Anwendungsbereich.

9

Davon abgesehen bestehen auch in Würdigung der umfangreichen Beschwerdebegründung keine klärungsbedürftigen Zweifel daran, dass das Grundgesetz einschließlich des Art. 12a GG geltendes Verfassungsrecht ist und welchen räumlichen Anwendungsbereich das Grundgesetz hat.

10

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten noch über den Ersatz von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 20.4. bis 26.7.1996.

2

Der Kläger bezog in der Zeit vom 20.4 bis 31.8.1996 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 267,60 DM wöchentlich. Bei der Antragstellung hatte er angegeben, er verfüge weder über Einkommen noch Vermögen.

3

Im Februar 2005 erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahre 1995 unter seinem Namen einen Kreditbrief der T.- bank (TCMB) mit einem Wert von 20 000 DM erworben hatte. Die Beklagte nahm deshalb nach Anhörung die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum 20.4. bis 2.8.1996 zurück und forderte vom Kläger Erstattung überzahlter Alhi in Höhe von 1960,29 Euro sowie Ersatz der in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von zusammen 690,97 Euro (Bescheid vom 3.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 30.5.2006). Während des Klageverfahrens verminderte die Beklagte mit vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnis vom 20.2.2008 die Rückforderung auf den Zeitraum 20.4. bis 26.7.1996 (Alhi 1915,50 Euro, Beiträge 685,17 Euro).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten insoweit aufgehoben, als darin die Erstattung von Beiträgen in Höhe von 690,97 Euro angeordnet ist; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.2.2008, der Beklagten zugestellt am 14.3.2008). Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligte jeweils am 2.4.2008 Berufung eingelegt.

5

Das Landessozialgericht (LSG) hat den Tenor des SG-Urteils entsprechend der Verminderung der Beitragsersatzforderung auf 685,17 Euro berichtigt und die Berufungen des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 25.6.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Beide Berufungen seien zulässig. Dem stehe nicht die Anhebung des Wertes des Beschwerdegegenstandes gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Wirkung zum 1.4.2008 auf 750 Euro entgegen. Diesen Wert erreiche die Beschwer der Beklagten zwar nicht, da sie lediglich mit einem Betrag von 690,97 Euro bzw nach Berichtigung von 685,17 Euro unterlegen sei. Die höhere Berufungssumme finde jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes keine Anwendung. Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Mit der Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in § 335 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sei für die Zeit ab 1.1.2005 eine Rechtsgrundlage für den Ersatz der neben der Alhi gezahlten Beiträge nicht mehr vorhanden. Unbegründet sei auch die Berufung des Klägers. Die Zurücknahme der Alhi-Bewilligung auf der Grundlage des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 SGB III sei rechtmäßig, da der Kläger mit dem den Vermögensschonbetrag von 8000 DM übersteigenden Betrag von 12 000 DM für abgerundet 14 Wochen, also vom 20.4. bis 26.7.1996, seinen Lebensunterhalt selbst habe bestreiten können. Dem Kläger stehe auch kein Vertrauensschutz zu (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X).

6

Mit der vom LSG allein zu ihren Gunsten zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III. Sie macht im Wesentlichen geltend, § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III sei auf Bezieher von Alhi entsprechend anzuwenden.

7

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Forderung auf Ersatz von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung nach Hinweis des Senats auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von 685,17 Euro auf 684,87 Euro vermindert.

8

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG vom 25.6.2009 sowie das Urteil des SG vom 20.2.2008 zu ändern und die Klage auch hinsichtlich des Ersatzes von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung abzuweisen mit der Maßgabe, dass der Ersatzbetrag 684,87 Euro beträgt.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er trägt vor, die Beklagte sei mangels Rechtsgrundlage nicht berechtigt, Ersatz für die während des Zeitraums 20.4. bis 26.7.1996 gezahlten Beiträge zu fordern.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Entgegen der Rechtsauffassung des LSG fehlt es auch für die Zeit ab 1.1.2005 nicht an einer Rechtsgrundlage für den Ersatz der neben der Alhi gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Klage muss deshalb auch hinsichtlich der Beiträge erfolglos bleiben. Insoweit hat das LSG die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen.

12

1. Gegenstand des Verfahrens ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 3.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.5.2006 unter Berücksichtigung der vorgenommenen Reduzierungen nur noch, soweit die Beklagte für die Zeit vom 20.4. bis 26.7.1996 Ersatz für gezahlte Kranken- bzw Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 684,87 Euro verlangt. Im Übrigen ist das klageabweisende Urteil des SG rechtskräftig und der zu Grunde liegende Bescheid der Beklagten bestandskräftig geworden, der Kläger infolgedessen zur Erstattung der überzahlten Alhi verpflichtet.

13

2. Zutreffend ist das LSG von der Zulässigkeit der von der Beklagten am 2.4.2008 eingelegten Berufung ausgegangen. Zwar ist die Beklagte durch die Entscheidung des SG nur mit einem Wert von 690,97 Euro bzw 685,17 Euro beschwert und die Berufung bedarf bei einer Klage der vorliegenden Art nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.3.2008, BGBl I 444, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteigt. Diese ohne Übergangsregelung zum 1.4.2008 eingeführte Fassung (vgl Art 5 des SGGArbGGÄndG) findet im vorliegenden Fall jedoch noch keine Anwendung. Die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten richtet sich vielmehr nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der bis 31.3.2008 geltenden Fassung mit einer Berufungssumme von 500 Euro, da das angefochtene Urteil schon am 20.2.2008 verkündet und der Beklagten am 14.3.2008 mit einer dem bis 31.3.2008 geltenden Recht entsprechenden Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden ist.

14

Auf den nach dem Inkrafttreten der Rechtsänderung liegenden Zeitpunkt der Berufungseinlegung (2.4.2008) könnte zwar bei vordergründiger Betrachtung deshalb abgestellt werden, weil Änderungen des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfassen (vgl BVerfGE 39, 156, 167; 65, 76, 98; 87, 48, 63 mwN; BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Voraussetzung ist allerdings, dass das neue Recht das streitige Rechtsverhältnis erfassen will (vgl BSGE 73, 25, 26 = SozR 3-1500 § 116 Nr 4 S 26). Nicht unbeachtet bleiben kann deshalb, dass der mit Wirkung vom 1.4.2008 geänderte § 144 Abs 1 Satz 1 SGG vor allem die Frage regelt, unter welchen Voraussetzungen das SG über eine Zulassung der Berufung zu entscheiden hat. Bereits der Wortlaut der Vorschrift spricht deshalb für die Auffassung, die eingeführte Anhebung der Berufungssumme unabhängig vom Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels erst für Entscheidungen als einschlägig anzusehen, die ab dem 1.4.2008 getroffen sind (vgl Hauck in jurisPR-SozR 17/2008, Anm 4 unter 6; Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 144 RdNr 2a).

15

Über den Gesetzeswortlaut hinaus ist die Anwendung der bis 31.3.2008 geltenden Fassung des § 144 Abs 1 Satz 1 SGG aber jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes sowie der Rechtssicherheit und Rechtsmittelklarheit geboten(vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 9, ua mit Hinweis auf BSG SozR Nr 3 zu § 143 SGG; Hauck in jurisPR-SozR aaO; Leitherer, NJW 2008, 1258, 1261). Diese dem Rechtsstaatsprinzip zugehörigen Grundsätze (BVerfGE 30, 367, 386) sind heranzuziehen, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage, in der sich ein Prozessbeteiligter befindet, einwirkt (vgl BVerfGE 63, 343, 358 f; 87, 48, 63).

16

Das LSG hat in diesem Zusammenhang mit Recht auf die besondere Situation hingewiesen, die dadurch entstanden ist, dass das SG noch vor dem 1.4.2008 in zutreffender Beurteilung der Rechtslage eine Entscheidung über eine etwaige Zulassung der Berufung als entbehrlich angesehen und den Beteiligten die richtige Belehrung über die Statthaftigkeit der Berufung ohne Zulassung erteilt hat. Das LSG hat weiter zutreffend ausgeführt, dass unklar ist, welche Folgerungen zu ziehen wären, wollte man die Rechtsmittelbelehrung bzw die Auffassung des SG zur Frage der Zulassung nachträglich in Frage stellen. Im Hinblick auf diese Rechtsunsicherheit ist von einer verfahrensrechtlichen Position der Beteiligten auszugehen, die derjenigen vergleichbar ist, die sich aus der Einlegung eines statthaften Rechtsmittels ergibt und deren nachträgliche Beschränkung bei Fehlen einer ausdrücklichen Übergangsregelung gerade nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit führt (vgl BVerfGE 87, 48, 64; BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Die Annahme, die unter Beachtung der richtigen Belehrung fristgerecht eingelegte Berufung sei nicht zulässig, wäre deshalb unter den gegebenen Umständen weder mit dem der Beklagten zuzubilligenden Vertrauensschutz noch mit dem aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgenden Postulat der Rechtsmittelklarheit (vgl BVerfGE 49, 148, 164; 107, 395, 416) zu vereinbaren.

17

3. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet und führt zur vollständigen Abweisung der Klage. Der Bescheid vom 3.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.5.2006 ist, soweit noch Gegenstand des Verfahrens, rechtmäßig, der Kläger folglich zum Ersatz von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in der Gesamthöhe von 684,87 Euro verpflichtet. Die Höhe des Ersatzbetrages hat der Senat im Urteilstenor klargestellt.

18

Die Frage der Ersatzpflicht ist anhand des § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III in der ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) zu beurteilen. Danach hat der Bezieher von Arbeitslosengeld (Alg) oder Unterhaltsgeld (Uhg) die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für ihn gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Für die Rechtsanwendung nicht mehr maßgeblich ist § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848), wonach im Unterschied zu § 335 SGB III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung nicht nur der unrechtmäßige Bezieher von Alg oder Uhg, sondern ausdrücklich auch der unrechtmäßige Bezieher von Alhi die von der BA gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu ersetzen hat.

19

Entgegen der Auffassung des LSG scheidet die Pflicht zum Ersatz der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht deshalb aus, weil der Bezieher (unrechtmäßiger) Alhi in § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III nicht mehr genannt ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass die ab dem 1.1.2005 geltende Fassung des § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III lückenhaft ist und dass die Lücke im Wege der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung dadurch zu schließen ist, dass die Bezieher von Alhi den sonstigen Leistungsbeziehern iS des § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III gleichzustellen sind(Urteile vom 7.10.2009 - B 11 AL 31/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, und vom 7.10.2009 - B 11 AL 32/08 R). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest; auf die den vorbezeichneten Urteilen jeweils zu entnehmende Begründung wird Bezug genommen.

20

Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung sind die Voraussetzungen des § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III für eine Ersatzpflicht des Klägers erfüllt. Nach den getroffenen Feststellungen hat die Beklagte für den Kläger im Zeitraum 20.4. bis 26.7.1996 zu Recht Beiträge gezahlt, deren Höhe bei richtiger Berechnung mit 684,87 Euro anzusetzen ist. Die Entscheidung über die Leistung, die den Grund für die Beitragszahlung gebildet hat, ist rückwirkend aufgehoben und die Leistung ist zurückgefordert worden. Das erforderliche pflichtwidrige Verhalten des Leistungsempfängers (vgl BSG SozR 3-4300 § 335 Nr 2)ist vom LSG festgestellt.

21

Auch die negative Voraussetzung, dass kein weiteres Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis iS des § 335 Abs 1 Satz 2, Abs 5 SGB III bestanden hat und kein Anspruch der Beklagten gegen die zuständige Kasse iS von § 335 Abs 1 Satz 2, Abs 5 SGB III besteht, liegt nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG vor.

22

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.