Landessozialgericht NRW Urteil, 08. Mai 2014 - L 16 KR 453/12
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.06.2012 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Nadel- bzw. Elektroepilation als Sachleistung bzw. die Übernahme der dadurch entstehenden Kosten.
3Die 1955 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Aufgrund rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts (AG) Dortmund vom 25.03.2008 (302 lll 00/00 T) gehört sie nach § 8 Transsexuellengesetz (TSG) dem weiblichen Geschlecht an. Anfang August 2007 beantragte sie die Übernahme von Kosten der Epilation von Barthaaren. In einem Attest vom 25.06.2007 wies der behandelnde (Haut-) Arzt Q darauf hin, dass eine Hormontherapie bereits eingeleitet worden sei und eine dauerhafte Laser-/BIitzlampenepilation empfohlen werde.
4Die Beklagte erklärte daraufhin, vor einer Entscheidung ihrerseits sei zunächst das Ergebnis des beim AG anhängigen Gerichtsverfahrens zur Änderung des Vornamens abzuwarten. Nach Vorlage des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 25.03.2008 (a.a.O.), dem zwei Sachverständigengutachten zu Grunde lagen, erklärte sie in einem Schreiben vom 02.05.2008, eine Iasergestützte Barthaar-Epilation zu finanzieren, wenn aus sozialmedizinischer Sicht die Annahme eines "Versicherungsfalls von Krankheit" begründet werden könne. Hierzu würden weitere medizinische Unterlagen benötigt (u.a. formloser Bericht eines Endokrinologen, formloser Bericht eines Psychotherapeuten, das Original des Attests des Hautarztes Q).
5Mit einem Schreiben vom 07.05.2008 mahnte die Klägerin eine schnellstmögliche Bewilligung an, weil die Barthaare tagtäglich grauer würden, graue Barthaare nicht mittels Laser entfernt werden könnten und dann eine Nachbehandlung im Wege der Nadelepilation erfolgen müsse, die kaum noch jemand ausübe. Ein dementsprechender Antrag werde nachgereicht, wenn er nötig werden sollte.
6Nach Eingang des Befundberichts eines Endokrinologen am 06.06.2008 teilte die Beklagte der Klägerin erst unter dem 24.09.2008 mit, zwischenzeitlich sei eine Grundsatzprüfung erfolgt. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.02.1993 (1 RK 14/92), wonach nicht alle Erscheinungsformen der Transsexualität als Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne verstanden werden könnten, komme nur dann eine Geschlechtsangleichung bzw. Laserepilation der Barthaare in Betracht komme, wenn psychiatrische und psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht nicht lindern oder zu beseitigen könnten. Die Klägerin habe entsprechende Nachweise noch nicht erbracht.
7Der behandelnde Facharzt für Psychotherapie Dr. T vermochte dies in einem Schreiben vom 06.10.2008 nicht nachzuvollziehen und wies auf die bereits von ihm vorgelegten Unterlagen hin. Eine Reaktion der Beklagten erfolgte trotz eines Schreibens des Bevollmächtigten der Klägerin vom 24.10.2008 nicht.
8Anfang Dezember 2008 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten einer geschlechtsangleichenden Operation. Nach neuerlicher anwaltlicher Intervention beauftragte die Beklagte Ende Januar 2009 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage des Vorliegens eines ihre Leistungspflicht auslösenden Versicherungsfalles. Mit Gutachten vom 10.06.2009 gelangte der MDK zu dem Ergebnis, es liege eine manifeste Transsexualität Mann-zu-Frau vor. Gegengeschlechtlich-hormonärztIiche und psychotherapeutisch-psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft. Sowohl die geschlechtsangleichende Operation als auch die Epilation der Barthaare seien medizinisch begründet. Hinsichtlich der Operation bedürfe es einer weiteren Begutachtung.
9Mit Schreiben vom 06.07.2009 erbat der Kläger Mitteilung, zu welchem Ergebnis der MDK gekommen sei und beantragte die Erstattung der ihr durch eine Laserepilation bereits entstandenen Kosten in Höhe von 846,02 EUR. Mit Bescheid vom 30.07.2009 bewilligte die Beklagte eine entsprechende Kostenerstattung.
10Am 10.03.2010 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine Nadelepilation, weil mittels Laser nur schwarze Haare entfernt werden könnten. Die Beklagte verlangte daraufhin einen Kostenvoranschlag. Die Klägerin wiederum teilte mit sie habe keinen Arzt gefunden, der die Behandlung durchführen wolle.
11Sie überreichte sodann ein Schreiben des Hautarztes Dr. C vom 07.06.2010, ausweislich dessen das virile Erscheinungsbild durch eine kombinierte Lasertherapie aus Rubin/Dioden/ Nd-Yag-Lasertherapie verbessert werden könne.
12Die Beklagte wandte sich daraufhin an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und erbat Mitteilung, auf welche Leistungserbringer die Klägerin verwiesen werden könne. Nach Weiterleitung der Anfrage an die KV Westfalen-Lippe teilte diese unter Verweis auf ein Schreiben aus Juli 2007 an eine andere Versicherte mit, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Epilationsbehandlungen bei transsexuellen Patienten in der Vergangenheit im Einzelfall auch von Kollegen als vertragsärztliche Leistungen durchgeführt und mit der Ziffer 10340 EBM abgerechnet worden seien. Regelhaft sei die Therapie jedoch nach dortiger Information von den Krankenkassen im Rahmen von Kostenerstattungen bezahlt worden. Dabei hätten die Patienten die Epilation in speziell hierauf ausgerichteten Institutionen durchführen lassen. Dies auch, da die Behandlung aufgrund ihres Umfanges in einer hautärztlichen Praxis aus Kapazitätsgründen in der Regel schwerlich zu erbringen sei. Das Verhalten der Hautärzte sei nicht zu beanstanden, weil es sich bei der Epilationsbehandlung nicht um eine als GKV-Leistung abrechenbare Kerngebietsleistung des hautärztlichen Fachgebiets handele. Es sei Entscheidung der Krankenkasse, ob die Kosten einer Behandlung durch eine Kosmetikerin erstattet würden.
13Ohne die Klägerin von dem Inhalt dieser Auskunft zu informieren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.08.2010 die Übernahme der Kosten für eine Laserepilation mit der Begründung ab, es liege eine sogenannte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode vor, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine Empfehlung nicht abgegeben habe. Zur zunächst beantragten Nadelepilation verhält sich das Schreiben der Beklagten nicht. ‘
14Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin, die u.a. darauf hinwies, dass bereits Kosten für eine Laserepilationsbehandlung übernommen worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 zurück. Die Beklagte führte in Ergänzung des Ablehnungsbescheides aus, die Kostenübernahme durch Bescheid vom 30.07.2009 habe sich auf eine Nadelepilation bezogen. Für eine solche (nach dem EBM abrechenbare Behandlung) könne eine Bewilligung ausgesprochen werden.
15Mit ihrer am 22.10.2010 beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Übernahme der Kosten für eine Laserepilation entsprechend dem Vorschlag des Dr. C begehrt. Eine Nadelepilation komme mangels zur Behandlung bereiter Vertragsärzte, des Risikos einer Narbenbildung und der Langwierigkeit der Behandlung nicht in Betracht. Durch die Laserepilation könne ein langfristiger Behandlungserfolg erzielt werden. Der MDK habe seinerseits eine Fortführung der Laserepilation befürwortet.
16Die Beklagte hat zunächst an ihrer Auffassung festgehalten, es liege eine nicht anerkannte Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode vor. In der Begutachtungsanleitung ,,Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualität" werde betont, dass die Epilation mit Laser und artverwandte Verfahren keine langfristig besseren Behandlungserfolge erziele. Die Beklagte sei selbstverständlich bereit, Kosten einer Barthaarentfernung mittels Nadelepilation zu tragen. Dabei sei ihr bekannt, dass die zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassenen Ärzte oftmals nicht bereit seien, Nadelepilationen bei größerem Behandlungsbedarf über die Krankenversichertenkarte abzurechnen. Falls es insoweit zu Problemen kommen sollte, werde empfohlen, gegebenenfalls die Dienste eines geeigneten Kosmetikstudios in Anspruch zu nehmen und vor Behandlungsbeginn einen aktuellen und spezifizierten Kostenvoranschlag bei der Beklagten einzureichen.
17Nachfolgend hat die Beklagte mitgeteilt, zur Behandlung bereite Ärzte im Umkreis des Wohnorts der Klägerin könnten nicht benannt werden. Auch zwei Fachverbände für Nadelepilation, denen Elektrologisten angehörten, würden auf ihrer Homepage keine Anbieter in unmitelbarer Nähe des Wohnortes der Klägerin aufführen. Mögliche Anbieter befänden sich beispielsweise in Dortmund, Münster, Raesfeld. Die Nadelepilation werde auch vom Haut-, Allergie- und Venenzentrum Professor Dr. med. A in S als individuelle Gesundheitsleistung angeboten. Selbstverständlich würde die Beklagte auch insoweit die Möglichkeit zur Kostenübernahme der privatärztlichen Behandlung nach Vorlage eines entsprechend spezifizierten Kostenvoranschlags prüfen.
18In einem Erörterungstermin vom 17.11.2011 hat die Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass die Beklagte verpflichtet sein dürfte, der Klägerin die vertragsärztliche Versorgung anzubieten. Die Beklagte gehe selbst davon aus, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Nadelepilation bestehe. Die Klägerin möge kurzfristig einen Kostenvoranschlag einer ihr bekannten Kosmetikerin vorlegen. Soweit sich die Beklagte sodann mit diesem Kostenvoranschlag nicht einverstanden erkläre, sei sie verpflichtet, dem Gericht bzw. der Klägerin einen Vertragsarzt zu benennen, der bereit sei, die beanspruchte Leistung zur Verfügung zu stellen. Soweit ein solcher Vertragsarzt nicht benannt werden könne, dürfte sich die Verpflichtung der Beklagten ergeben, die Behandlung der Berücksichtigung des Sachleistungsprinzips über ein Kosmetikinstitut zur Verfügung zu stellen.
19Die Klägerin hat daraufhin ein Schreiben des Hautzentrums I (F) vom 01.12.2011 vorgelegt, in dem für die Bartentfernung der Klägerin bei einem Stundensatz von 70 EUR 250 bis 300 Stunden veranschlagt wurden. Nach den dortigen Erfahrungen mit transidentischen Patienten komme es zu sehr unterschiedlichen Behandlungszeiträumen. Durch die bisherige Behandlung mit einem Laser sei es zwar zu einer zeitweisen Haarreduktion gekommen, Haarfollikel könnten sich allerdings Jahre später wieder erholen und neue Haare ausbilden.
20Die Beklagte hat unter Vorlage einer erneuten Stellungnahme der Grundsatzabteilung ausgeführt, eine Epilationsbehandlung durch eine Kosmetikerin zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung komme nicht in Betracht. Die KV Westfalen-Lippe sei mit der Bitte um Stellungnahme unter Berücksichtigung ihres Sicherstellungsauftrages erneut angeschrieben worden. In der Stellungnahme der Grundsatzabteilung wird darauf hingewiesen, dass eine Berücksichtigung der anfallenden Kosten bei der Ermittlung der gesetzlichen Finanzzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds bzw. bei dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich ausgeschlossen wäre, weil die Leistung außerhalb des gesetzlichen Sachleistungssystems im Erstattungsverfahren finanziert werden solle. Es werde daher empfohlen, den Kostenantrag zunächst weiterhin zurückzuweisen. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 27.01.2009 - L 11 KR 3126/08) habe ausgeführt, eine Epilationsbehandlung bei einer Transsexuellen durch eine Kosmetikerin dürfe nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, weil diese Behandlung sowohl im EBM als auch in der GOÄ aufgeführt sei und somit dem Bereich der ärztlichen Behandlung im Sinne von § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zugeordnet werden müsse. Wegen des Arztvorbehaltes sei eine Delegation der Leistung an andere Leistungserbringer unzulässig. Eine besondere Dringlichkeit dafür, dem Kostenerstattungsantrag der Klägerin zur Barthaarentfernung bei der Elektrologistin F zu entsprechen, sei bei der gegebenen Sachlage nicht zu erkennen.
21Die KV Westfalen-Lippe hat mit Schreiben vom 28.02.2012 diverser Ärzte aus dem Kreis S benannt, die nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 02300 sowie 10340 abgerechnet hätten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Leistung nach GOP 02300 im Kreis von Chirurgen, Gynäkologen, Hausärzten, HNO-Ärzten, Kinderärzten, Orthopäden und Urologen abgerechnet werde.
22Die Klägerin hat sodann mitgeteilt, sie habe 16 von insgesamt 17 durch die Beklagte angegebenen Ärzte angerufen. Ein Arzt sei wegen Urlaubs nicht erreichbar gewesen. Alle erreichten Ärzte hätten angegeben, keine Nadelepilation vorzunehmen.
23In einem weiteren Erörterungstermin vom 20.05.2012 - nach einem Wechsel im Kammervorsitz - hat das Sozialgericht die Beklagte erneut aufgefordert, einen konkreten Vertragsarzt zu benennen, der unter Angabe möglicher Behandlungstermine bereit sei, bei der Klägerin zeit- und wohnortnah eine Nadelepilation durchzuführen.
24Die Beklagte hat daraufhin eine erneute Stellungnahme der KV Westfalen-Lippe vom 12.06.2012 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, sichere Information zu Vertragsärzten, die die begehrte Behandlung in Ihrer Praxis noch anböten, seien nicht verfügbar. Für die Leistung gebe es seit Einführung des EBM 2000plus zum 01.04.2005 keine separate Gebührenziffer mehr. Vertragsärzte könnten demnach nicht mehr anhand der Abrechnungsdaten ermittelt werden. Es werde allerdings davon ausgegangen, dass es kaum noch hautärztliche Praxen in Westfalen-Lippe gebe, die die Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung anböten. Die Leistungslegenden der GOP 02300 und 10340 seien erst später ergänzt worden. Der Schluss, dass die Nadelepilation in Westfalen-Lippe überhaupt nicht mehr erbracht werde, könne allerdings daraus nicht geschlossen werden.
25Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 25.06.2012 mit, die KV habe nunmehr einen konkreten Vertragsarzt benannt, bei dem die begehrte Behandlung durchgeführt werden könne. Es handele sich um die Drs. M und U in E.
26Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26.06.2012 ohne mündliche Verhandlung verpflichtet, die Kosten einer Barthaarepilation nach Maßgabe des Kostenvoranschlages des Hautzentrums I vom 01.12.2011 zu übernehmen. Dabei hat es die im vorhergegangenen Erörterungstermin protokollierten Anträge wie folgt zu Grund gelegt:
27"Die Klägerin beantragt,
28den Bescheid vom 13.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten der Barthaarnadelepilation bei der Klägerin zu übernehmen.
29Die Beklagte beantragt weiterhin,
30die Klage abzuweisen."
31Zwar bestehe grundsätzlich nur ein Anspruch auf Erbringung der Leistung durch einen Vertragsarzt. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch eine Versorgungslücke dergestalt, dass die Klägerin einen grundsätzlich bestehenden Sachleistungsanspruch auf Durchführung einer Epilation durch einen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Hautarzt nicht realisieren könne, da kein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Hautarzt gefunden werden könne, der die Behandlung durchzuführen gewillt sei. Die von der Beklagten zuletzt benannte Praxis Dres. M und U habe nach telefonischer Rücksprache durch die Kammervorsitzende sogar mitgeteilt, dass eine kassenärztliche Erbringung einer wie auch immer gearteten Epilation nicht erfolge, da sich dies wirtschaftlich überhaupt nicht rechne; durch den neuen EBM 2000plus stehe der Aufwand einer solchen Behandlung in keinem Verhältnis mehr zu dem Ertrag. Die Epilation werde immer und ausnahmslos als Privatleistung abgerechnet. Zur Schließung der Versorgungslücke biete § 13 Abs. 2 SGB V die Möglichkeit, dass nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden dürften. Voraussetzung hierfür sei, dass Qualität und Sicherung der Leistung vergleichbar sei mit derjenigen eines entsprechenden Vertragsbehandlers. Hiervon sei bei dem Hautzentrum I auszugehen. Die Beklagte hätte die insoweit erforderliche Zustimmung erteilen müssen.
32Gegen das der Beklagten am 13.07.2012 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 10.08.2012. Die Entscheidung des Sozialgerichts beruhe auf schweren Verfahrensfehlern und einer fehlerhaften Anwendung des § 27 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 SGB V. Es werde gerügt, dass die Entscheidungsgründe weitestgehend wörtlich den Entscheidungsgründen aus dem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.12.2007 (S 4 KR 78/07) entsprechen, also das Urteil nicht mit Gründen versehen sei. Insoweit liege ein absoluter Revisionsgrund im Sinne von § 202 SGG i.V.m. § 547 Nr. 6 ZPO vor. Zudem sei der Beklagten zu dem Ermittlungsergebnis der Kammervorsitzenden, dem Telefonat mit der Praxis Dres. M und U, kein rechtliches Gehör gewährt worden. Weiterhin werde dem Sozialgericht mangelnde Sachverhaltsaufklärung vorgeworfen. Es werde bestritten, dass keiner der von der KV Westfalen-Lippe benannten Ärzte zur Durchführung der streitgegenständlichen Epilation bereit sei.
33Darüber hinaus handele es sich um eine Klageänderung, die zu einer Abweisung der Klage führen müsse, denn das Verwaltungsverfahren nebst Widerspruchverfahren sei dem Antrag entsprechend auf eine Laserepilation durchgeführt worden. Der ursprüngliche Antrag sei durch die Klägerin unter Vorlage des Schreibens von Dr. C vom 07.06.2010 geändert worden. Erst nach Klageerhebung sei erstmals mit Einreichung des Kostenvoranschlags vom 01.12.2011 die Übernahme der Kosten einer Nadelepilation beantragt worden. Die Sachurteilsvoraussetzungen für den geänderten Klagegegenstand lägen nicht vor, die Klage sei als unzulässig abzuweisen.
34Das Sozialgericht habe wegen Übernahme der Entscheidungsgründe aus dem Urteil vom 11.12.2007 (a.a.O.) weitere Rechtsprechung des Themenkreises ignoriert. Insbesondere sei das schon angeführte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27.01.2009 (a.a.O.) nicht berücksichtigt worden. Das LSG Baden-Württemberg habe eingeräumt, dass es im Einzelfall schwierig sein könne, einen ärztlichen Behandler für die begehrte Epilation. Das müsse aber ebenso hingenommen werden, wie der Umstand, dass für die Behandlung bei einem Arzt ein längerer Zeitraum als bei einer Kosmetikerin anzusetzen sei. Bestätigt werde der Arztvorbehalt durch das Urteil des Bayerischen LSG vom 07.05.2009 (L 4 KR 465/07). Darin werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kosmetikpraxen zur Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugelassen seien. In diesem Sinne sei auch der Beschluss des erkennenden Senats vom 08.10.2009 (L 16 B 57/09 KR) zu verstehen. Die vermeintliche Versorgungslücke könne über § 13 Abs. 2 SGB V nicht geschlossen werden, da die Behandlung durch ein Kosmetikstudio nicht zustimmungsfähig im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 7 S GB V sei (Verweis auf BT-Drs. 15/1525 Seite 80 zu Heilpraktikern). Im Übrigen sei diese Regelung ohnehin nur auf Versicherte anwendbar, die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 und S. 5 SGB V gewählt hätten. Abschließend wird auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.07.2012 (S 2 KA 172/11) hingewiesen, wonach eine Anrechnung von Kosten für Epilation durch nichtärztliche Kosmetiker auf die Gesamtvergütung ausscheide, da derartige Leistungen im vertragsärztlichen Versorgungssystem nicht vorgesehen seien. Zur Begründung werde auf die vorgenannte Rechtsprechung zum so genannten Arztvorbehalt hingewiesen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des SGB V komme nicht in Betracht. Eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit liege nicht vor. Eine notstandsähnliche Situation liege nicht vor. Es treffe sie angesichts des in § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V geregelten Sicherstellungsauftrages keine Verpflichtung, einen zur Verhandlung bereiten Vertragsarzt zu benennen.
35Der Beklagte beantragt,
36das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
37Die Klägerin beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Die Klägerin weist darauf hin, dass sich durch das gesamte Verfahren wie ein roter Faden ziehe, dass die Beklagte ihr gerichtlich gesetzte Fristen nicht eingehalten habe, stets verspätet und dann auch noch unzutreffend vorgetragen habe, so dass letztlich das Sozialgericht unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes entschieden habe. Eine Klageänderung liege nicht vor. Die Klägerin habe lediglich ihren Vortrag dargestellt. Es bleibe der Beklagten unbenommen, diesen Antrag anzuerkennen, unzulässig werde die Klage damit jedenfalls nicht, abgesehen davon, dass dieser vorgetragene Einwand erst in der Berufungsinstanz unbeachtlich sein dürfte, nachdem sich die Beklagte auf den Streitgegenstand in erster Instanz eingelassen habe. Zuerkannt und beantragt worden sei die Übernahme der Kosten einer Barthaarepilation. Tatsache sei, dass - nicht zuletzt wegen des von der Beklagten verschuldeten Zeitablaufs - nunmehr allein einen Nadelepilation in Betracht komme.
40Der Senat hat bei dem Hautzentrum Prof. I in E angefragt, ob mittels des Rubin-Lasers auch helle/graue Haare entfernt werden könnten. Dies hat die Praxis unter dem 08.07.2013 verneint. Die Hautärztin Dr. L aus E hat unter dem 14.03.2013 mitgeteilt, sie biete keine Nadelepilation an. Auf Anfrage teilte die KV Westfalen-Lippe unter dem 19.03.2013 mit, es lägen zwar keine Informationen dazu vor, ob und ggf. welche Vertragsärzte die Nadelepilation anböten. Es sei jedoch davon auszugehen, dass diese Leistung kaum noch angeboten werde, weil sie durch die "moderne" Lasertherapie, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sei, verdrängt worden sei. Die KV Nordrhein hat unter dem 24.04.2013 mitgeteilt, es erscheine angesichts der kalkulierten Kalkulations- bzw. Prüfzeit für den von den GOP 10340 bzw. 02300 erfassten kleinchirurgischen Eingriff fraglich, ob die komplette Entfernung der Barthaare mittels Nadelepilation im Rahmen dieser GOP`en überhaupt erfolgen könne.
41Die Beklagte hat mitgeteilt, die Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum W könne mangels entsprechender apparativer Ausstattung keine Nadelepilationen mehr durchführen.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
43Entscheidungsgründe:
44Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist auch begründet.
45Das Sozialgericht hat die Beklagte mit dem Urteil vom 26.06.2012 zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheides vom 13.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2010 verurteilt, die Kosten einer Barthaarepilation nach Maßgabe des Kostenvoranschlages des Hautzentrums I vom 01.12.2011 zu übernehmen.
46Das von der Klägerin zunächst im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 u. 4, § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) verfolgte Begehren, die Beklagte unter Aufhebung des (Ablehnungs-) Bescheides vom 13.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2010 (§ 95 SGG) zur Gewährung einer Laserepilation (bzw. Übernahme deren Kosten) entsprechend dem Attest des Dr. C vom 07.06.2010 zu verpflichten, ist von der Klägerin bereits im Klageverfahren nicht mehr weiter verfolgt worden. Vielmehr begehrt sie angesichts der medizinischen Unmöglichkeit der Epilation von zwischenzeitlich ergrauten Barthaaren durch Einsatz eines Lasers (wieder) die im Verwaltungsverfahren zunächst beantragte Gewährung bzw. Kostenübernahme einer Barthaarentfernung durch Nadelepilation.
47In diesem Wechsel von der Laserepilation zur Nadelepilation liegt eine Klageänderung I.S.d. § 99 Abs. 1 SGG, weil statt der vom Sachleistungsanspruch als neuer Methode nicht umfassten Laserepilation (wieder) die Nadelepilation verlangt wird, die grundsätzlich vom Leistungskatalog der GKV umfasst ist. Ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG liegt nicht vor, weil sich die Verfolgung einer grundsätzlich als Sachleistung geschuldeten Leistung gegenüber einer Leistung außerhalb des Leistungskatalogs als Aliud darstellt. Die Klägerin fordert jetzt eine andere Leistung als die ursprünglich mit der Klage beantragte.
48Diese Klageänderung ist zwar nach den Maßgaben des § 99 Abs. 1 SGG zulässig, weil die Beklagte in die Änderung der Klage eingewilligt hat, indem sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in diversen Schriftsätzen auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (vgl. § 99 Abs. 2 SGG). Eine zulässige Klageänderung entbindet das Gericht jedoch nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten Klage zu prüfen. Infolgedessen müssen für die geänderte Klage sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 113/00 R m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 99 Rn. 13a m.w.N.).
49Hier fehlt es an der Durchführung des Verwaltungsverfahrens hinsichtlich der Gewährung einer Barthaarentfernung mittels Nadelepilation außerhalb des Sachleistungssystems. Den entsprechenden Antrag vom 10.03.2010 hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt - auch nicht während des anhängigen Klage- und Berufungsverfahrens - beschieden. Soweit der 9. Senat des BSG es für möglich gehalten hat, dass unter bestimmten Voraussetzungen neben der Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 SGG) sogar auf die Durchführung eines selbstständigen Verwaltungsverfahrens während eines anhängigen Rechtsstreits verzichtet werden kann (vgl. dazu BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 9 SB 7/10 R = SozR 4-3250 § 145 Nr. 2), kann der Senat dahinstehen lassen, ob - was zweifelhaft erscheint - diese Auffassung zutrifft, denn die vom BSG insoweit geforderten Vorraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat weder durch rügelose Einlassung noch gar durch ausdrückliches Einverständnis auf ihren Vorrang bei der Gesetzesausführung verzichtet, sondern ausdrücklich geltend gemacht, sie habe bisher in der Sache nicht entschieden. Somit ist die auf Gewährung einer Barthaarentfernung mittels Nadelepilation durch einen nichtärztlichen Leistungserbringer gerichtete Klage unzulässig.
50Eine Verpflichtung der Beklagten entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag der Klägerin scheidet daher aus. Ohne dass es im Ergebnis darauf ankommt, sieht sich der Senat jedoch vor dem Hintergrund des im gesamten Verfahren wenig zielgerichteten und dem Begehren der Klägerin nicht sachgerecht Rechnung tragenden und damit die Vorgaben des § 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verfehlenden Verhaltens der Beklagten in der Hoffnung, dadurch zu einer jetzt beschleunigten Leistungsgewährung beitragen zu können zu folgenden Hinweisen veranlasst: Wie das Sozialgericht hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Klägerin von der Beklagten die begehrte Nadelepilation (bzw. die entsprechende Kostenübernahme) mangels behandlungsbereiter Ärzte auch durch ein Kosmetikstudio beanspruchen kann. Zwar trifft es zu, dass insoweit grundsätzlich der Arztvorbehalt (§ 15 Abs. 1 SGB V) gilt. Auf der anderen Seite steht aber für den Senat angesichts der von ihm eingeholten Auskünfte der KV Nordrhein und der KV Westfalen-Lippe und der Mitteilungen der befragten Ärzte, die die Beklagten bereits im Verwaltungsverfahren vorliegenden (entsprechenden) Erkenntnisse (die sie gleichwohl nicht daran gehindert haben, noch im Widerspruchsbescheid auf die Nadelepilation durch Vertragsärzte zu verweisen) sowie des Unvermögens der Beklagten zur Behandlung (im System der gesetzlichen Krankenversicherung) bereite Vertragsärzte zu benennen, fest, dass die Nadelepilation innerhalb des Systems der GKV für die Klägerin nicht bzw. nicht unter zumutbaren Umständen zu erlangen ist. Der Senat sieht sich insoweit nicht im Widerspruch zur von der Beklagten genannten Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 27.01.2009 (a.a.O.). Denn anders als in dem der genannten Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt (dem allerdings nicht zu entnehmen ist, worauf das LSG Baden-Württemberg seine Überzeugung gestützt hat, dass es grundsätzlich ärztliche Behandler gibt) steht zur Überzeugung des Senats vorliegend fest, dass es nicht nur "schwierig sein kann, einen ärztlichen Behandler für die begehrte Epilation" zu finden, sondern für eine Barthaarentfernung sogar unmöglich. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die von der Klägerin mitgeteilten Erfahrungen bei der Anfrage diverser Ärzte nicht nur der Wahrheit entsprechen, sondern wegen ihrer Übereinstimmung mit den Auskünften der Kassenärztlichen Vereinigungen auch repräsentativ sind.
51Bei dieser Sachlage liegt ein Systemversagen vor, zu dessen Überwindung nach Ansicht des Senats ausnahmsweise auch die Inanspruchnahme nicht zugelassener nichtärztlicher Leistungserbringer in Betracht kommt. Dies muss jedenfalls für solche Leistungen wie die hier in Frage stehende Barthaarepilation gelten, die - wie die KV selbst vertreten haben - nur zum Randbereich einer (hautfach)ärztlichen Tätigkeit zählen und die ganz überwiegend von fachlich qualifizierten Personen (hier Elektrologisten) angeboten werden. Die KV Westfalen-Lippe hat auch darauf hingewiesen, dass gerade bei der Epilation transsexueller Menschen Kosmetikstudios tätig sind, weil wegen des Umfangs der Behandlung diese aus Kapazitätsgründen schwerlich in Arztpraxen zu erbringen ist. Auch die Beklagte ist offensichtlich zunächst davon ausgegangen, dass hier ausnahmsweise nur durch die Inanspruchnahme einer Elektrologistin die Erfüllung des Behandlungsanspruchs möglich ist, das sie selbst der Klägerin vorgeschlagen hat, einen Kostenvoranschlag eines Kosmetikstudios beizubringen. Weshalb sie angesichts der - sehr hohen - Kosten dann wieder von ihrem Angebot abgerückt ist, ist schwer verständlich, denn der Arztvorbehalt musste ihr schon vor diesem Angebot bekannt sein. Gänzlich inakzeptabel ist die Argumentation der Beklagten, sie sei nicht verpflichtet, der Klägerin einen behandlungsbereiten Arzt zu benennen. Sie übersieht, dass § 75 Abs. 1 SGB V nur den Sicherstellungs- und Gewährleistungsauftrag der KV im Verhältnis zu den Kassen betrifft und insoweit die KV die Pflicht trifft, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen Erfordernissen entspricht. Welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben, wenn sie diesen Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Mögliche Ansprüche der Kassen gegen die KV entbinden sie aber nicht von ihrer Verpflichtung, die Leistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen.
52Die Klägerin hat es - anders als die Beklagte meint - auch nicht hinzunehmen, dass im System der gesetzlichen Krankenversicherung eine Entfernung ihrer Barthaare nicht gewährleistet ist. Die Argumentation der Beklagten vernachlässigt die auch von ihr hinzunehmenden Wertungen des TSG. Das Bundessozialgericht hat in der Vergangenheit bereits einen Anspruch auf medizinisch indizierte Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operationen in schwerwiegenden Fällen der Transsexualität bejaht (vgl. zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 Rn. 15 - Zisidentität), die Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen sind nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung (lediglich) zwar beschränkt auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintritt (BSG, a.a.O. unter Hinweis u.a. auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG). Bei Transsexuellen kann demnach eine andere Operation zur Herbeiführung einer deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eine gebotene medizinische Maßnahme sein (BSG, Urteil vom 11.09.2012 - B 1 KR 3/12 R m.w.N. - Mammaaugmentation). Für das erforderliche Ausmaß der Behandlung ist dabei jedoch nicht auf das Erscheinungsbild des Betroffenen im gesellschaftlichen Alltag in dem Sinne abzustellen, dass dem Anspruch bereits Genüge getan ist, wenn die Behandlung nicht zu einer Entstellung führt. Es ist vor allem die Zielsetzung der Therapie zu berücksichtigen, den Leidensdruck der Betroffenen durch solche operativen Eingriffe zu lindern, die darauf gerichtet sind, das körperlich bestehende Geschlecht dem empfundenen Geschlecht anzunähern, es diesem näherungsweise anzupassen, ohne dass ein Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsangleichenden operativen Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild und ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Grenzen besteht. Innerer Grund des Anspruchs Transsexueller auf geschlechtsangleichende Operationen ist es nicht, eine Entstellung zu heilen oder zu lindern. Ein solcher Anspruch, der bei Entstellung für alle Versicherte, auch für transsexuelle Versicherte besteht, bleibt hiervon unberührt (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 11.09.2012, a.a.O.).
53Hat das BSG (a.a.O.) so den Wertungen des TSG im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Gewährung einer Mammaaugmentationsplastik Rechnung getragen, vermag der Senat für die hier streitige Entfernung der Barthaare die von der Beklagten gesehene Beschränkung des Anspruchs nicht zu sehen. Das Erfordernis der Entfernung des (männlichen) Barthaares durch Nadelepilation ergibt sich im Sinne der Rechtsprechung des BSG aus der Transsexualität und nicht etwa aus einer daneben bestehenden psychischen Erkrankung. Alternative Behandlungsmöglichkeiten bestehen erwiesenermaßen nicht. Insbesondere die Laserepilation scheidet (ungeachtet der im Zusammenhang mit § 135 SGB V bestehenden rechtlichen Problematik) aus medizinischen Gründen aus. Die Konfrontation mit dem abgelegten männlichen Geschlecht bei ggf. mehrmals täglicher Rasur ist der Klägerin nicht zuzumuten, zumal auch bei der Rasur jedenfalls ein im weiblichen Gesicht deutlich auffälliger "Bartschatten" verbleibt. Dem Senat erscheint die Vorstellung geradezu widersinnig, Transsexuellen einerseits Ansprüche auf komplexe und schwerwiegende chirurgische Eingriffe unter Berücksichtigung der Wertungen des TSG nach dem SGB V einzuräumen, andererseits eine Annäherung des körperlich bestehenden Geschlechts an das empfundene Geschlecht durch Verweigerung einer Entfernung des Bartwuchses zu verhindern. Dass gerade nicht zu verbergenden Merkmalen im Bereich des Kopfes und Gesichts im Rahmen der gesellschaftlichen Teilhabe besondere Bedeutung zukommt, versteht sich von selbst. Dem allen kann mangels Alternativen nur durch eine - ausnahmsweise - Gewährung eines Anspruchs auf Nadelepilation durch einen Kosmetiker (wie es offenbar auch einer verbreiteten Praxis entspricht) Rechnung getragen werden.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt maßgeblich Veranlassungsgesichtspunkte.
55Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.
(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat
- 1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln, - 2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten, - 3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und - 4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
- 1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt, - 2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und - 3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
- 1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung, - 2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf, - 3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen, - 4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8, - 5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.
(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.
(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.
(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.
(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt
- 1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht, - 2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und - 3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.
(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben
- 1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen, - 2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind, - 3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen, - 3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen, - 4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen, - 5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und - 6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.
(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.
(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.
(10) (weggefallen)
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.
(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, - 3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn
- 1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder - 2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.
(2) (weggefallen)
(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß
- 1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält, - 2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen, - 3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und - 4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.
(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.
(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.
(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.
(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.
(1) Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.
(2) Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen. Ab dem 1. Januar 2024 kann der Versicherte den Nachweis nach Satz 1 auch durch eine digitale Identität nach § 291 Absatz 8 erbringen.
(3) Für die Inanspruchnahme anderer Leistungen stellt die Krankenkasse den Versicherten Berechtigungsscheine aus, soweit es zweckmäßig ist. Der Berechtigungsschein ist vor der Inanspruchnahme der Leistung dem Leistungserbringer auszuhändigen.
(4) In den Berechtigungsscheinen sind die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 9 und 11, bei befristeter Gültigkeit das Datum des Fristablaufs, aufzunehmen. Weitere Angaben dürfen nicht aufgenommen werden.
(5) In dringenden Fällen kann die elektronische Gesundheitskarte oder der Berechtigungsschein nachgereicht werden.
(6) Jeder Versicherte erhält die elektronische Gesundheitskarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Die Krankenkassen haben einem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Muß die Karte auf Grund von vom Versicherten verschuldeten Gründen neu ausgestellt werden, kann eine Gebühr von 5 Euro erhoben werden; diese Gebühr ist auch von den nach § 10 Versicherten zu zahlen. Satz 3 gilt entsprechend, wenn die Karte aus vom Versicherten verschuldeten Gründen nicht ausgestellt werden kann und von der Krankenkasse eine zur Überbrückung von Übergangszeiten befristete Ersatzbescheinigung zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgestellt wird. Die wiederholte Ausstellung einer Bescheinigung nach Satz 4 kommt nur in Betracht, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt; hierauf ist der Versicherte bei der erstmaligen Ausstellung einer Ersatzbescheinigung hinzuweisen. Die Krankenkasse kann die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte vom Vorliegen der Meldung nach § 10 Abs. 6 abhängig machen.
(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.
(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat
- 1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln, - 2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten, - 3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und - 4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
- 1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt, - 2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und - 3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
- 1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung, - 2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf, - 3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen, - 4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8, - 5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.
(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.
(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.
(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.
(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt
- 1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht, - 2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und - 3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.
(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben
- 1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen, - 2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind, - 3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen, - 3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen, - 4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen, - 5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und - 6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.
(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.
(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.
(10) (weggefallen)
(1) Auf Antrag einer Person, die sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und die seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, ist vom Gericht festzustellen, daß sie als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, wenn sie
- 1.
die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 erfüllt, - 2.
(weggefallen) - 3.
dauernd fortpflanzungsunfähig ist und - 4.
sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist.
(2) In dem Antrag sind die Vornamen anzugeben, die der Antragsteller künftig führen will; dies ist nicht erforderlich, wenn seine Vornamen bereits auf Grund von § 1 geändert worden sind.
(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über
- 1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung, - 2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und - 3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.
(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.
(3) bis (6) (weggefallen)
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.