Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. Juni 2014 - L 5 U 109/13

bei uns veröffentlicht am25.06.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 16. November 2013 aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Verfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Carpaltunnelsyndroms (CTS) des Klägers als Wie–Berufskrankheit (BK) nach § 9 Abs. 2 SGB VII.

2

Der 1963 geborene Kläger absolvierte im Jahr 1981 erfolgreich eine Fleischerlehre. Ab Februar 1990 war der Kläger als Wurstmacher und sodann als Kutterer in der Fleischwirtschaft beschäftigt.

3

Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 beantragte der Kläger die Anerkennung seines CTS als BK bei der Beklagten. Im Fragebogen vom 11. Juli 2011 gab der Kläger an, er sei Rechtshänder und leide an einem beidseitigen CTS, deutlich links betont. Das CTS links sei am 10. Mai 2011 diagnostiziert und am 3. August 2011 operiert worden. Beschwerden seien erstmals im November 2010 aufgetreten (Überlastung des Gelenkes).

4

Die Beklagte zog den Arztbrief des Neurologen Dr. K. vom A. Klinikum U. vom 10. Mai 2011 bei und holte einen Befundbericht der Chirurgin Dr. R. (vom 2. August 2011), des Orthopäden Dr. L. (vom 4. August 2011) sowie der Fachärztin für Innere Medizin P. (vom 25. Juli 2011) ein. Des Weiteren ließ sie durch ihren technischen Aufsichtsbeamten (TAB) Sch. die Arbeitsplatzanalyse vom 12. September 2011 erstellen.

5

Mit Bescheid vom 30. November 2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII in Verbindung mit der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) ab. Ein CTS sei in der Berufskrankheitenliste nicht enthalten, so dass eine BK nach § 9 Abs. 1 SGB VII nicht vorliege. Allerdings sei die Aufnahme dieser Erkrankung als „neue Berufskrankheit“ in die Berufskrankheitenliste beabsichtigt. Bis zu dieser Aufnahme könne unter bestimmten Voraussetzungen eine Anerkennung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII erfolgen. Dies sei aber nur möglich, wenn bestimmte arbeitstechnische Voraussetzungen erfüllt seien. So müsse während der beruflichen Tätigkeit eine sich häufig wiederholende Beugung und Streckung im Handgelenk erfolgen und es müsse ein erhöhter Kraftaufwand der Hände (kraftvolles Greifen) vorliegen. Auch die Arbeit mit bestimmten vibrierenden Maschinen könne zu einem CTS führen. Diese Voraussetzungen seien nach der vorliegenden Arbeitsplatzanalyse nicht erfüllt. Bei den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten fielen weder sich häufig wiederholende Beuge- und Streckbewegungen im Handgelenk an, noch ein besonders erhöhter Kraftaufwand beim Greifen. Auch Tätigkeiten mit vibrierenden Maschinen würden vom Kläger nicht verrichtet. Darüber hinaus werde ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Beginn der angeschuldigten Tätigkeit gefordert, wobei im Regelfall nicht mehr als ein Jahr vergehen sollte. Ein solcher Zusammenhang sei nicht erkennbar, da der Kläger die Tätigkeiten bereits seit 1990 am gleichen Arbeitsplatz ausführe. Gegen eine BK spreche auch, dass das CTS im linken Handgelenk deutlich stärker ausgeprägt sei, obwohl der Kläger Rechtshänder sei und die Gebrauchshand im Regelfall stärker belastet werde. Eine Anerkennung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII scheide aus, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

6

Die Gewerbeärztin Dr. G. führte in ihrer Stellungnahme vom 5. Dezember 2011 aus, die medizinischen Voraussetzungen für eine Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII lägen vor. Eine abschließende gewerbeärztliche Stellungnahme sei noch nicht möglich. Der TAD habe den Zeitraum 1990 bis 2011 ermittelt und eingeschätzt, dass durch kraftvolles Greifen und Halten teilweise ein starker Kraftaufwand nötig gewesen sei. Als besonders kraftintensiv werde die Belastung durch das Auskratzen der Kutterschüssel mit dem Schlesinger beschrieben und dort ausschließlich für die linke Hand. Lt. Mehrtens/Brandenburg „Die Berufskrankheitenverordnung“ würden u. a. als ursächlich schädigende Einwirkungen ein erhöhter Kraftaufwand der Hände durch kraftvolles Greifen beschrieben. Wenn die Tätigkeiten dadurch geprägt gewesen seien, dass mit den Händen eine Greifkraft von mehr als 60 Newton ausgeübt worden sei, habe sich das Risiko eines CTS um das 1,8-fache erhöht. Zum zeitlichen Verlauf bis zum Auftreten eines CTS lägen in der Literatur unterschiedliche Angaben vor, überwiegend reichten aber zum Teil kurze Expositionszeiten aus. Dieser Fakt spreche dann eher gegen eine berufliche Ursache der Erkrankung. Um dem Versicherten gerecht zu werden, werde eine beratende Stellungnahme durch Prof. Dr. B., Landesgewerbearzt in W., empfohlen.

7

Am 19. Dezember 2011 legte der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Er sei zwar Rechtshänder, müsse bei seiner Arbeit als Kutterer aber die linke Hand ständig belasten, so dass diese seine Gebrauchshand sei, wobei es zu ständigen Beuge- und Streckbewegungen komme. Die Tätigkeit des Kutterer führe er seit 1994 aus. Lt. Aussage seiner behandelnden Chirurgin habe die Zwangshaltung durch die jahrelange Tätigkeit zum CTS-Syndrom besonders der linken Hand geführt.

8

In ihrem Schreiben vom 9. Januar 2012 führte die Beklagte aus, wieso nach ihrer Ansicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung des CTS als Wie-BK nicht gegeben seien. Darüber hinaus müsse die schädigende Tätigkeit ursächlich für die Erkrankung sein. Die wissenschaftlichen Studien hinsichtlich der BK CTS seien zwar teilweise uneinheitlich, übereinstimmend werde jedoch gefordert, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Beginn der angeschuldigten Tätigkeit bestehe. In der Regel solle seit Aufnahme der Tätigkeit bis zum erstmaligen Auftreten der Beschwerden ein Zeitraum von nicht mehr als ein Jahr vergangen sein. Der Kläger habe die berufliche Tätigkeit seit 1994, also nahezu 17 Jahre ausgeübt, bevor erstmals Beschwerden im Jahr 2011 aufgetreten seien. Der geforderte enge zeitliche Zusammenhang bestehe somit nicht. Darüber hinaus sei zu beachten, dass sich seit dem Beginn der 90er Jahre die Anzahl der Kutterläufe pro Tag reduziert habe (von täglich 35 bis 40 auf nachfolgend 20 bis 25). Wenn also bei der wesentlich höheren Belastung von ca. 40 Kutterläufen keine Beschwerden aufgetreten seien, sondern erst nach deren Reduktion, spreche dies deutlich gegen einen kausalen Zusammenhang. Es werde daher angefragt, ob der Kläger den Widerspruch zurücknehme.

9

Da der Kläger an seinem Widerspruch festhielt, wies die Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2012 zurück.

10

Der Kläger hat am 3. April 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben. Nach erfolgter Akteneinsicht durch seinen Prozessbevollmächtigten hat dieser bemängelt, dass die Beklagte der Empfehlung der Gewerbeärztin Dr. G., eine Stellungnahme des Landesgewerbearztes Prof. Dr. B. einzuholen nicht gefolgt sei. Sie habe den Widerspruchsbescheid erlassen, ohne den Sachverhalt vollständig aufgeklärt zu haben.

11

Die Beklagte hat sich auf ihre Ausführungen im Bescheid vom 30. November 2011 sowie in ihrem erläuternden Schreiben vom 9. Januar 2012 bezogen.

12

Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 hat das SG die Beklagte gebeten, entsprechend der Empfehlung der Gewerbeärztin eine Stellungnahme des Landesgewerbearztes Prof. Dr. B. einzuholen und diese dem SG zu übermitteln. Nachdem der Beklagten eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Klägers übersandt worden ist, hat die Beklagte Prof. Dr. B. mit Schreiben vom 22. April 2013 um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten. Prof. Dr. B. hat im Schreiben vom 24. April 2013 mitgeteilt, dass ihm keine Nebentätigkeitsgenehmigung seines Arbeitgebers für die Tätigkeit als Gutachter für Unfallversicherungsträger vorliege, weshalb er die ihm überlassenen Akten über den Kläger unerledigt zurücksende.

13

Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 hat die Kammervorsitzende dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Übersendung des vorgenannten Schreibens mitgeteilt, dass das Gericht auf der Grundlage des vorliegenden Akteninhalts eine Erfolgsaussicht der Klage nicht zu erkennen vermöge. Die angeregte Einholung einer Stellungnahme des Prof. Dr. B. sei trotz umfangreichen Aufwands nicht möglich gewesen. Für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestehe kein Anlass, auf § 109 SGG werde hingewiesen. Sollte die Klage nicht zurückgenommen und auch kein Antrag nach § 109 SGG gestellt werden, erwäge das Gericht, über die Klage gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Voraussetzung für den Erlass eines Gerichtsbescheides, der die Wirkung eines Urteils haben könne, sei, dass der Rechtsstreit nach Auffassung des Gerichts keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Es werde um Stellungnahme binnen vier Wochen gebeten.

14

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2013 hat der Kläger mitteilen lassen, er wolle einen Antrag nach § 109 SGG stellen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 30. August 2013 mitgeteilt hatte, dass sich die Benennung eines geeigneten Sachverständigen schwieriger erweise als zunächst angenommen, hat er mehrfach um Fristverlängerung gebeten.

15

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 hat das SG ausgeführt, dass dem Kläger letztmalig eine Fristverlängerung von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens für die Antragstellung nach § 109 SGG unter Benennung eines konkreten Gutachters gewährt werde. Für den Fall der nicht fristgerechten Antragstellung werde auf die bereits erfolgte Anhörung zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid verwiesen. Das gerichtliche Schreiben ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Oktober 2013 per Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

16

Mit am 13. November 2013 beim SG Neubrandenburg eingegangenem Schreiben vom gleichen Tage hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Facharzt für Arbeitsmedizin C. W. (mit vollständiger Anschrift) als Sachverständigen gem. § 109 SGG benannt.

17

Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2013 hat das SG Neubrandenburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der Kläger könne weder die Anerkennung einer BK nach § 9 Abs. 1 und 2 SGB VII in Verbindung mit Anlage 1 der BKV noch entsprechende Entschädigungsleistungen verlangen, da das Vorliegen einer BK nicht zur Überzeugung des Gerichts habe festgestellt werden können. Das Gericht teile nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung der Beklagten, wie sie im angefochtenen Bescheid vom 30. November 2011, dem Hinweisschreiben vom 9. Januar 2012, dem Widerspruchsbescheid vom 5. März 2012 sowie der Stellungnahme vom 7. August 2012 im anhängigen Rechtsstreit dargetan worden sei und nehme zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in den genannten Bescheiden und ergänzend auf diejenigen in den weiteren genannten Schriftstücken der Beklagten Bezug. Das Klagevorbringen gebiete keine andere Beurteilung. Die mit dem Klagevortrag angeregte Einholung einer Stellungnahme des Prof. Dr. B. sei trotz umfangreichen Aufwands nicht möglich gewesen. Weitere inhaltliche Ausführungen seien von Klägerseite nicht getätigt worden.

18

Mit Schreiben vom 26. November 2013 hat die Kammervorsitzende dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass dessen Schriftsatz vom 13. November 2013 am selben Tag bei Gericht eingegangen sei. Durch ein bedauerliches Versehen sei er nicht unverzüglich an die Kammervorsitzende weitergeleitet worden, die in Unkenntnis des Schriftsatzes vom 13. November 2013 am 16. November 2013 den Gerichtsbescheid gefertigt habe, der am 18. November 2013 an die Beteiligten versandt worden sei. Das Gericht bedaure dies zutiefst und bitte um Nachsicht für das überlastungsbedingte Missgeschick. Ungeachtet des Umstandes, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt sei, werde darauf hingewiesen, dass die Entscheidung darüber, ob eine Berufung gegen den Gerichtsbescheid zur Ermöglichung einer Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG zumindest in der Berufungsinstanz eingelegt werden solle, von dortiger Seite zu treffen sei.

19

Gegen den am 20. November 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Der Kläger rügt, dass der Beweisantrag gem. § 109 SGG vom SG nicht berücksichtigt worden sei und hat sich für eine Zurückverweisung des Rechtsstreites an die erste Instanz ausgesprochen.

20

Der Kläger beantragt,

21

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 16. November 2013 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Neubrandenburg zurückzuverweisen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte hält eine Zurückverweisung nicht für erforderlich, da ihres Erachtens bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben seien, so dass ein Beweisantrag nach § 109 SGG nicht entscheidungserheblich sei.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (S 13 U 29/12 – L 5 U 109/13) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

26

Die Berufung des Klägers ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gem. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG begründet.

27

Danach kann das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Hierüber entscheidet das LSG nach eigenem Ermessen von Amts wegen.

28

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des SG darauf beruhen kann. Bei der Beurteilung ist auf die Rechtsansicht des Sozialgerichts abzustellen; es liegt kein Verfahrensfehler vor, wenn das Sozialgericht Ermittlungen unterlassen hat, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 159 Rn 3 a). Bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe sind (§ 202 SGG i. V. m. § 547 ZPO) beruht die Entscheidung stets auf dem Verfahrensmangel (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O.).

29

Die Entscheidung des SG leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das SG hat durch die Kammervorsitzende als Einzelrichter mittels Gerichtsbescheid ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§12 Abs. 1 Satz 2 SGG) entschieden, obwohl die Voraussetzungen von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht vorgelegen haben. Dadurch hat es dem Kläger entgegen Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz seinen gesetzlichen Richter, nämlich die Kammer in voller Besetzung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 125), entzogen (vgl. Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 13. Januar 2011, L 3 R 13/10; Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2013, L 13 SB 232/12). Dies stellt einen absoluten Revisionsgrund im Sinne von § 547 Nr. 1 ZPO dar (vgl. Keller in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 12 Randnr. 12 mit weiteren Nachweisen).

30

Die vom Gesetz bestimmte Mitwirkung ehrenamtlicher Richter ist ein tragender Grundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens, der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist. Diese Kompetenz, allein zu entscheiden, setzt allerdings voraus, dass die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG erfüllt sind, weil es sich insoweit auch um eine Ausnahme von dem Grundsatz der Vorschrift des § 124 Abs. 1 SGG handelt, wonach das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese Kompetenz, allein zu entscheiden, besteht nur dann, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (vgl. zum Vorstehenden das Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Mai 2014, L 3 VE 4/13). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

31

Unabhängig davon, dass Gerichtsbescheide in medizinisch geprägten Fällen, wie dies bei Rechtsstreitigkeiten im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung überwiegend der Fall ist, ohnehin nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden sollten (vgl. Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2012, L 13 SB 212/11; Hauck in Hennig, Kommentar zum SGG, § 105 Randnr. 25-27; Kühl in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 105 Randnr. 3), ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Sachverhalt geklärt ist. Ein Sachverhalt ist grundsätzlich nur dann als geklärt im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG anzusehen, wenn ein verständiger Prozessbevollmächtigter in Kenntnis des gesamten Prozessstoffs keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des vom Gericht zugrunde gelegten entscheidungserheblichen Sachverhalts haben wird. Insoweit ist wesentlich, dass im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (vgl § 103 SGG) nicht entscheidungserhebliche Umstände offen bleiben.

32

Das SG hat zunächst offenbar selbst Ermittlungsbedarf in medizinischer Hinsicht gesehen, da es die Beklagte gebeten hat, eine Stellungnahme des Landesgewerbearztes Prof. Dr. B. einzuholen. Das SG hätte sich dann aber mit dem Schreiben des Prof. Dr. B. vom 24. April 2003 nicht zufrieden geben dürfen. Aus seiner Sicht hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen, sodann von Amts wegen Beweis durch Beauftragung des Prof. Dr. B. zu erheben, da das SG offenbar beabsichtigte, der Empfehlung der Gewerbeärztin Dr. G. zu folgen. Das SG wird daher durch Beauftragung des Prof. Dr. B. gemäß § 159 Abs. 2 SGG zu ermitteln haben, ob die vom Kläger verrichtete berufliche Tätigkeit mit einem erhöhten Kraftaufwand der Hände durch kraftvolles Greifen einhergegangen und damit geeignet ist, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu erfüllen und ob die große zeitliche Latenz zwischen dem Beginn der Ausübung der gefährdenden Tätigkeit durch den Kläger bis zum ersten Auftreten von Handbeschwerden nach mehr als 15 Jahren gegen einen Ursachenzusammenhang spricht (in dieser Weise interpretiert der Senat die Anregung der Dr. G. in ihrem Schreiben vom 5. Dezember 2011). Von der beabsichtigten Befragung des Prof. Dr. B. hätte das SG dann absehen können, wenn es aufgrund geänderter Rechtsauffassung diesbezügliche Ermittlungen nicht mehr für erforderlich gehalten hätte. Dann aber hätte das SG im Schreiben vom 6. Juni 2013 darlegen sollen, aus welchen Gründen das SG seine Auffassung, Prof. Dr. B. zu hören, geändert hat.

33

Nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme oder eines Gutachtens des Prof. Dr. B. könnte sich ggf. weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen ergeben, so dass es eines Hinweises nach § 109 SGG gar nicht bedürfte. Einer Beauftragung des Prof. Dr. B. von Amts wegen steht auch nicht entgegen, dass es sich hierbei nicht um einen präsenten Sachverständigen handelt. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass ihm bekannt ist, dass Prof. B. medizinische Gutachten für die Sozialgerichtsbarkeit (jedenfalls im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung) erstellt.

34

Jedenfalls durfte es das SG nicht unterlassen, den bei ihm fristgemäß am 13. November 2013 eingegangenen formgerechten Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG, den Facharzt für Allgemeinmedizin C. W. (die vollständige ladungsfähige Anschrift war angegeben) gutachtlich zu hören, unbearbeitet zu lassen, auch wenn die Kammervorsitzende zum Zeitpunkt der Abfassung des Gerichtsbescheides vom Eingang dieses Antrags selbst keine Kenntnis gehabt haben sollte. Aufgrund des frist- und formgerecht eingegangenen Antrags nach § 109 Abs. 1 SGG hätte das SG – ggf. nach vorheriger Anforderung eines Kostenvorschusses – weitere Ermittlungen im Wege der Einholung eines Gutachtens in die Wege leiten müssen. Von einer Klärung des Sachverhaltes kann deshalb nicht ausgegangen werden.

35

Die Mängel machen eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme im Sinne der Neufassung des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erforderlich. Davon ist auszugehen, wenn sie einen erheblichen Einsatz von personellen und sächlichen Mitteln erfordert (vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 17/6764, S. 27 zu Nr. 8). Hiervon ist auszugehen, wenn weitere Ermittlungen, z. B. in der Form der Einholung zumindest einer gutachterlichen Stellungnahme oder der Einholung eines nach § 109 Abs. 1 SGG formgerecht beantragten Gutachtens geboten ist. Mit der Einholung eines Gutachtens ist aber typischerweise der Einsatz erheblicher sächlicher und mit Blick auf die Auswertung und Bewertung des einzuholenden Gutachtens auch erheblicher personeller Mittel verbunden, was ggf. auch weitere Ermittlungen nach sich ziehen kann.

36

Der Senat macht von dem ihm in § 159 SGG eröffneten Ermessen, die Sache an das SG zurückzuverweisen, Gebrauch, da es sich um schwere Verfahrensverstöße handelt und es sich bei dem Berufungsverfahren nicht um ein betagtes Verfahren handelt. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass noch weitere tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind, weshalb der Verlust einer Tatsacheninstanz besonders ins Gewicht fällt. Auch wenn eine Zurückverweisung zur Überzeugung des Senats einen Ausnahmefall darstellen soll, ist es vorliegend prozessökonomischer, dem SG zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts zu geben, zumal auch der Kläger selbst die Zurückverweisung beantragt hat.

37

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des SG B-Stadt vorbehalten.

38

Gründe für eine Revisionszulassung nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 23. Mai 2013 aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Verfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines sog. Überprüfungsverfahrens die Gewährung von Leistungen nach dem Anti-D-Hilfegesetz (AntiDHG) streitig.

2

Die 1955 geborene Klägerin erhielt am 27. Dezember 1978 im Krankenhaus S. eine Anti-D-Immunprophylaxe mit der Charge Nr. 120788. Am 20. Juli 1999 hatte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Bundesseuchengesetz wegen chronischer Hepatitis C beantragt. Der Beklagte hatte medizinische Unterlagen beigezogen, u.a. der Universitätsklinik C-Stadt und eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom 1. September 1999 eingeholt. Mit Bescheid vom 26. November 1999 war als Folge eines Impfschadens anerkannt worden:

3

- Durchgemachte Hepatitis-C-Infektion nach einer Impfung im Sinne des § 51 Bundesseuchengesetz (BSeuchG).

4

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage weniger als 25 v. H. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich im Wesentlichen auf eine Bescheinigung ihrer behandelnden Ärztin Dr. B. vom 14. März 2000 bezog, war mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2000 zurück gewiesen worden. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hatte die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stralsund (AZ: S 5 VI 18/00) erhoben.

5

Unter dem 17. Oktober 2000 hatte die Klägerin Leistungen nach dem AntiDHG beantragt. Durch Bescheid vom 5. Dezember 2000 war festgestellt worden, dass die Klägerin zu dem in § 1 Abs. 1 AntiDHG genannten Personenkreis gehöre, die Hepatitis-C-Virusinfektion aus dem Jahre 1978 jedoch zu keiner derzeit nachweisbaren gesundheitlichen Folge geführt habe. Eine MdE von 10 v.H. werde nicht erreicht. Die Klägerin habe Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlungen nach § 2 AntiDHG, ein Anspruch auf finanzielle Hilfe nach § 3 Abs. 1 AntiDHG bestehe nicht. Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren war u.a. eine „histologische Begutachtung“ des Dr. T. vom 20. März 2001 eingereicht worden und ein Arztbrief des Prof. Dr. N. vom 13. Oktober 2001. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2001 hatte der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Hepatitis sei ausgeheilt. Weitere Gesundheitsstörungen im Zusammenhang mit der Hepatitis könnten nicht gesehen werden. Nach Art, Umfang und Ausmaß der Funktionsstörung bedinge die Hepatitis keine MdE von 10 v. H. Auch gegen diesen Widerspruchsbescheid war Klage vor dem SG Stralsund (Az: S 5 VI 45/01) erhoben worden.

6

Die für die Klägerin zuständige K. hatte durch Bescheid vom 21. September 2001 ihr gegenüber darüber hinaus die Gewährung von Versorgungskrankengeld abgelehnt, der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2002 zurückgewiesen. Auch gegen diesen Widerspruchsbescheid war vor dem SG Stralsund Klage (Az: S 5 VI 7/02) erhoben worden.

7

Durch Beschluss vom 18. Dezember 2003 verband das SG Stralsund die drei Gerichtsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander. Im anschließenden Klageverfahren reichte die Klägerin zahlreiche medizinische Unterlagen ein.

8

Durch Urteil vom 27. März 2003 (Az: S 5 VI 7/02) hatte das SG Stralsund die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrten Leistungen nach dem Bundesseuchengesetz bzw. nach dem AntiDHG nicht erfüllt seien, weil keine Funktionsminderungen bei der Klägerin festgestellt werden könnten, die auf der anerkannten Impfschädigung beruhten und einen leistungsauslösenden Grad der MdE bedingten bzw. eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bedingt hätten.

9

Im hieran sich anschließenden Berufungsverfahren vor dem erkennenden Senat (Az: L 3 VI 10/03) waren weitere medizinische Unterlagen eingereicht worden und der Senat erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. H. (Medizinische Klinik und Poliklinik Hepatologie und Gastroenterologie der B.) vom 28. November 2004. Nachfolgend hatte die Klägerin weitere medizinische Unterlagen in dem genannten Gerichtsverfahren vorgelegt, so etwa einen Befund von Prof. Dr. L. und des Prof. Dr. D. aus K.

10

Durch Urteil vom 14. April 2005 hatte das LSG Mecklenburg-Vorpommern die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung seiner damaligen Entscheidung, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, hat es u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die begehrten Leistungen nach dem Bundesseuchengesetz bzw. AntiDHG lägen nicht vor. Eine schädigungsbedingte Gesundheitsstörung bei der Klägerin, die eine MdE von 30 bzw. 10 v. H. bedinge, liege nicht vor. Die als Schädigungsfolgen der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die Folgen der Anti-D-Prophylaxe wesentlich verursacht worden. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. Eine chronische Hepatitis liege bei der Klägerin nicht vor; eine Hepatitis-C-Viruspersistenz habe der Sachverständige ausschließen können. Insoweit könne sich der Senat auch der gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. D. vom 29. April 2004 nicht anschließen. Darüber hinaus überzeuge nicht die aufgrund dieser Stellungnahme etwa von den behandelnden Ärzten der Klägerin mitgeteilten Diagnosen einer chronischen Hepatitis-C. Auch weitere Gesundheitsstörungen seien nicht Folge der Anti-D-Immunprophylaxe von 1978, wie etwa Schmerzen im Bereich der Muskulatur und Gelenke, die als Fibromyalgiesyndrom interpretiert worden seien. Es handele sich bei der Klägerin um ein komplexes psychisches bzw. psychosomatisches Geschehen. Die von der Klägerin gegen das Urteil des Senates eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Dezember 2005 als unzulässig verworfen.

11

Am 22. Dezember 2005 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Leistungen nach dem Anti-D-Hilfegesetz. Sie übersandte weitere medizinische Unterlagen, so u.a. ein fachinternistisch-gastroenterologisches Gutachten von Prof. Dr. N. von der Universität D-E vom 13. Mai 2005. Nach Einholung einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme durch Dr. M. wies der Beklagte mit Bescheid vom 6. Februar 2006 den Antrag der Klägerin nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SBG X) zurück. Der Bescheid vom 5. Dezember 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2001 sei nicht zu beanstanden. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und übersandte weitere Unterlagen, so u.a. Schreiben an den Deutschen Bundestag (Petitionsausschuss). Nach Einholung einer weiteren versorgungsmedizinischen Stellungnahme durch die MedOR N. vom 17. März 2006 wies der Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2006 den Widerspruch der Klägerin gegen seinen Bescheid vom 7. Februar 2006 als unbegründet zurück.

12

Am 28. November 2007 beantragte die Klägerin erneut eine finanzielle Hilfe nach dem Anti-Hilfe-Gesetz und machte geltend, es hätten sich neue Erkenntnisse ergeben. Es bestünden an der Leber entzündliche und fibrotische Veränderungen. Nach neuerer Literatur und Wissenschaft seien die bei ihr festgestellten Beschwerden und Befunde mit großer Wahrscheinlichkeit Folgen der durchgemachten Infektion und nicht einer anderen psychischen und neurotischen Erkrankung. Sie verwies insoweit im Übrigen auf eine Vielzahl weitere Berichte und medizinische Stellungnahmen.

13

Der Beklagte holte ein Gutachten des Internisten Prof. Dr. Dr. K. vom Krankenhaus in B. ein. In seinem Gutachten vom 17. November 2008 führte der genannte Arzt zu der Fragestellung, welche Gesundheitsstörungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit der im Dezember 1978 erfolgten Prophylaxe und der im Frühjahr 1979 stationär erhobenen Hepatitis-C-Infektion stünden, aus, es bestehe eine histologisch milde bis mäßiggradige Fibrose, dokumentiert 2004 sowie bioptisch und auch jetzt sonographisch imponierend eine Steatose, beides am ehesten im Zusammenhang mit der früheren Infektion. Des Weiteren bestehe ein schweres, mit hoher Wahrscheinlichkeit HCV-assoziiertes, chronisches Fatique-Syndrom mit deutlich depressiver Verstimmung, Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit im Sinne einer extrahepatistischen neurologisch-psychiatrischen ZNS-Manifestation sowie der Verdacht auf ein HCV-assoziiertes generalisiertes Fibromyalgiesyndrom mit Sicca-Symptomatik sowie in der Folge der Verarbeitung des Geschehens eine klassische posttraumatische Belastungsstörung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. Grad der Schädigungsfolgen betrage mindestens 60 v. H.

14

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 3. Dezember 2008 stimmte Frau Dr. M. den Ausführungen in dem Gutachten nicht zu. Es fehle insbesondere an einer ausreichenden Diskussion der Frage, ob eine chronische Hepatitis-C vorliege. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2009 teilte der Gutachter telefonisch dem Beklagten mit, er könne die Gesundheitsstörungen nicht im Einzelnen bewerten bzw. sei seine Aufschlüsselung des GdS aufgrund des Zusammenspiels der vielfältigen klinischen Symptome der extrahepatitischen Manifestation nicht möglich.

15

In einem weiteren, auf Veranlassung des Beklagten erstellten, Gutachten von Dr. B., Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität C-Stadt gelangte der Verwaltungsgutachter unter Berücksichtigung eines psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl-Psych. V. zusammenfassend zu der Bewertung, dass bei der Klägerin keine psychiatrische Erkrankung vorliege. Es liege eine Persönlichkeitsakzentuierung mit histrionischen Merkmalen vor.

16

Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme durch Dr. P. lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2010 den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 5. Dezember 2000 gem. § 44 SGB X ab. Die Folgen der Hepatitis-C-Virusinfektion bei der Klägerin sei weiterhin als „durchgemachte Hepatitis-C“ mit einem GdS „0“ zu bewerten.

17

Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass das Gutachten der Universität C-Stadt nicht nachvollziehbar sei. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Versorgungsarztes P. (vom 19. April 2010) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2010 den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die mit Bescheid vom 5. Dezember 2000 getroffene Entscheidung sei nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage zutreffend.

18

Mit ihrer am 16. Juni 2010 vor dem SG Stralsund erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Gewährung von Leistungen nach AntiDHG weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie auf die von ihr im Verwaltungsverfahren eingereichten medizinischen Unterlagen verwiesen und sich insbesondere auch auf die Ausführungen von Prof. Dr. K. gestützt. Dieses Gutachten werde von dem Beklagten völlig ignoriert, so habe auch etwa in einer weiteren eingereichten Stellungnahme der Klinikdirektor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. aus E. das Gutachten als nicht nachvollziehbar erachtet. Aufgrund der Aktenlage müsse eine psychiatrische Beeinträchtigung nach durchgemachter Hepatitis im Sinne einer rezidivierenden depressiven Störung auf der Basis einer Anpassungsstörung sowie eine leichte kognitive Störung und ein chronisches Müdigkeitssyndrom zumindestens wissenschaftlich differenzierter diskutiert werden. Die Ergebnisse würden nicht anhand aktueller Literatur zu möglichen extrahepatitischen Manifestationen diskutiert.

19

Das SG ist von dem Antrag der Klägerin ausgegangen,

20

den Bescheid vom 14. Januar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 20. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2001 sowie den Bescheid vom 21. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2002 zurückzunehmen und den Beklagten zu verurteilen, ihr ab Oktober 2000 eine monatliche Rente nach § 3 Abs. 2 AntiDHG sowie eine Einmalzahlung nach § 3 Abs. 3 AntiDHG auf der Grundlage eines GdS von mindestens 80, jedenfalls jedoch 60 sowie Versorgungskrankengeld zu zahlen, hilfsweise den Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu verurteilen.

21

Der Beklagte hat ausweislich der Akten beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. P. vom 12. November 2010 zu den Akten gereicht.

24

Das SG hat darüber hinaus weitere Gerichtsakten des SG Stralsund (S 5 VI 18/00, S 5 VI 45/01, S 5 VI 7/02) sowie die Verwaltungsakten des Beklagten - drei Bände AntiDHG-Akten, 1 Band Heilbehandlungsheft, 1 Band Urteile sowie die Gerichtsakten des Rechtsstreites der Klägerin gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund S 4 R 502/08 nebst weiteren vier Verwaltungsbänden der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogen. Darüber hinaus hat es ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. H., Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie des Universitätsklinikums D. eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, dass er bei der Komplexität der Begutachtung eine psychiatrische Teilbegutachtung für erforderlich halte und insofern Dr. M. von W., Oberärztin des LVR-Klinikums in D. als Sachverständige vorschlage. Diese genannte Ärztin ist darüber hinaus dann vom SG mit der Erstellung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens beauftragt worden.

25

In ihrem fachpsychiatrischen Gutachten vom 8. Mai 2012 gelangte Dr. von W. auch unter Berücksichtigung eines psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. Prof. Dr. L. zusammenfassend zu folgender Beurteilung: Bei der Klägerin sei eine organische Persönlichkeitsstörung zu objektivieren. Es habe sich klinisch-psychiatrisch eine massive Beeinträchtigung des Auffassungs- und Konzentrationsvermögens bei weitschweifigem formalem Gedankengang und massiver Affektlabilitätgezeigt. Diese Befunde entsprächen einer organischen Persönlichkeitsstörung. Es handele sich in Anbetracht des Verlaufes um psychische Störungen im Rahmen einer chronischen Hepatitis-C-Infektion. Andere Ursachen hätten sich nicht gefunden. Ein Grad der Schädigung sei mit 50 bis 60 erreicht, wobei ein GdS von 60 zu bilden sei.

26

Prof. Dr. H. gelangte in seinem Gutachten vom 16. Juli 2012 zusammenfassend zu folgender Beurteilung: Bei der Klägerin lägen folgende Diagnosen vor:

27

- Z. n. Hepatitis C im Rahmen einer Anti-D-Immunprophylaxe mit folgender Spontankonversion
- Steatosis hepatis (Fettleber)
- Hyperlipoproteinämie Typ IIb nach Frederickson
- Z. n. Abort (1978)
- Organische Persönlichkeitsstörung

28

Aktuell seien keine Behinderungen bzw. Funktionseinschränkungen bezüglich der Leber, aus der ausgeheilten Hepatitis C abzuleiten. Keine der genannten Behinderungen/Funktionseinschränkungen sei mit Wahrscheinlichkeit auf die ausgeheilte Hepatitis C zurückführen. Bezüglich der „organischen Persönlichkeitsstörung“ werde auf weitere Ausführungen verwiesen. Es müsste ergänzt werden, dass diese Diagnose unter der Annahme erstellt worden sei, dass eine chronische Hepatitis C vorliege. Da diese nicht vorliege, könne diese zumindestens nicht als extrahepatitische Manifestation einer chronischen Lebererkrankung gewertet werden. Eine ursächliche Zuordnung der organischen Persönlichkeitsstörung obliege dem psychiatrischen Fachgebiet.

29

Für die chronische Hepatitis könne ein GdS von 20 v.H. angesetzt werden. Dies beruhe auf der gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. D. aus dem Jahr 2004. Eine erneute Leberbiopsie könnte die Diagnostik weiter absichern, dies sei jedoch medizinisch nicht zu vertreten. Aufgrund der ausgeheilten Hepatitis-C, der normalen Leberleistung und dem derzeitig fehlenden Nachweis einer Leberfibrose oder –zirrhose seien die neuropsychologischen Störungen nicht als Ausdruck einer hepatitischen Enzephalopathie zu werten. Ein GdS von 20 v.H. sei im internistischen Bereich anzusetzen. Zu dem Begutachtungsergebnis durch Prof. Dr. K. sei auszuführen, dass die Frage, ob bei der Klägerin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der hepatitisch ausgeheilten HCV-Infektion und neuropsychiatrischen Veränderungen bestehe, nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten sei. Es erscheine ein Zusammenhang zwar möglich, eine echte Kausalität sei aber nicht bewiesen. Abweichend zu Prof. Dr. K. erscheine ein GdS von 20 v.H. weiterhin als angemessen.

30

Der Beklagte hat eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. P. vom 26. September 2012 zu den Akten gereicht.

31

Sodann hat das SG Stralsund mit einem Schreiben vom 2. November 2012 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass das Gericht erwäge, über die Klage durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Hierauf hat die Klägerin erklärt, dass mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Einverständnis bestehe, es sei aber beabsichtigt, zum Gutachten bis zum 20. Dezember 2012 Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat sodann am 19. Dezember 2012 eine Stellungnahme zu dem Gutachten von Prof. Dr. H. und Dr. von W. gegenüber dem SG Stralsund abgegeben. Hiernach sei davon auszugehen, dass bei ihr eine dauerhafte Schädigung mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 80 anzusetzen sei. Das Gutachten von Prof. Dr. H. beschränke sich ausdrücklich auf eine internistisch-hepatologische Begutachtung. Trotz der weitgehend ausgeheilten Hepatitis-C-Infektion setze der Gutachter immerhin noch einen GdS von 20 v. H. an. Dr. von W. komme zu dem Ergebnis, dass bei ihr eine organische Persönlichkeitsstörung mit einem GdS von 60 vorliege, so dass bei Zusammenschau eine sog. Gesamtbetrachtung mit einem GdS von 80 vorzunehmen sei. Es sei aber auch festzustellen, dass, inwieweit organische Persönlichkeitsstörungen als psychische und psychiatrische Krankheitsbilder vorliegen und welche Ursachen sie hätten, in erster Linie eine Frage sei, die nicht internistisch durch Prof. Dr. H. beurteilt werde, sondern durch die Sachverständige auf diesem Fachgebiet, Dr. W. Im Übrigen mache der Sachverständige Prof. Dr. H. nicht deutlich, warum es überhaupt eine Rolle spiele, ob die Hepatitis chronisch oder ausgeheilt sei. Diese Unterscheidung spiele internistisch zwar eine Rolle, warum diese Unterscheidung aber für durch die durchgemachte HCV-Erkrankungen verursachte Persönlichkeitsstörungen eine Rolle spielen solle, erkläre er nicht. Ob die Viruslast noch vorhanden sei oder nicht, spiele für das Entstehen der Persönlichkeitsstörung aber keine Rolle.

32

Der Beklagte hat eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. P. vom 21. Februar 2013 zu den Gerichtsakten gereicht, worin es zusammenfassend heißt, das Vorliegen einer Schädigungsfolge könne nicht bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich sei.

33

Daraufhin hat das SG Stralsund mit einem gleichlautenden Hinweisschreiben vom 14. März 2013 erneut die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es erwäge, über die Klage gem. § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Dem hat die Klägerin widersprochen und darauf hingewiesen, dass allein schon die Stellungnahmen des Beklagten zeigten, dass die Sache besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher bzw. rechtlicher Rat aufweise. Dies gelte auch für die unterschiedliche Auffassung zwischen den einzelnen Gutachtern. Die Voraussetzung für die Entscheidung eines Gerichtsbescheides ohne mündliche Verhandlung lägen nicht vor. Insoweit werde um eine Anberaumung eines Verhandlungstermins gebeten. Darüber hinaus hat sie weitere Unterlagen zu den Akten gereicht. Unter dem 16. April 2013 hat das SG Stralsund mitgeteilt, dass das Gericht bei seiner Absicht bleibe, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

34

Schließlich hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2013 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides vorlägen, da der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Bei Erlass der Bescheide des Beklagten aus den Jahren 2000 und 2001 sei weder das Recht im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweise. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen durch die unstreitige Impfung im Rahmen einer Anti-D-Immunprophylaxe vom 27. Dezember 1978 und die darauf folgende HCV-Infektion mit Wahrscheinlichkeit wesentlich verursacht worden seien. Es hätten sich gegenüber der Entscheidung des LSG vom 14. Februar 2005 keine neuen Erkenntnisse ergeben, die zu einer anderen Entscheidung Anlass gäben. Es sei weiter nicht nachgewiesen, dass die Klägerin an einer chronischen Hepatitis C leide. Dies sei letztlich auch von dem Gerichtssachverständigen Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 16. Juli 2012 bestätigt worden.

35

Soweit die Klägerin sich insbesondere auf das Gutachten von Prof. Dr. N. und das im gerichtlichen Verfahren erstattete Gutachten von Dr. W. stütze, seien diese nicht geeignet, einen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und den festgestellten Gesundheitsstörungen wahrscheinlich erscheinen zu lassen. In seinem Gutachten vom 13. Mai 2005 stelle Prof. Dr. N. auf eine Studie zu Folgen einer HCV-Infektion bei irischen Frauen ab. Sein gezogener Schluss, dass eine Anerkennung der Gesundheitsstörung als Schädigungsfolgen erfolgen müsse, ließen jedoch seine Ausführungen nicht zu. Dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden tatsächlich häufig mit einer Hepatitis-C-Infektion einhergingen, bedeute nicht, dass ein Zusammenhang auch im Falle der Klägerin bestehe. Ausführungen zu möglichen alternativen Ursachen lasse das Gutachten von Prof. Dr. N. ebenso vermissen, wie das Gutachten von Dr. W. Im Übrigen gehe letztgenannte Sachverständige fehlerhaft vom Bestehen einer chronischen Hepatitis C aus. Ihre Einschätzung, dass sich andere Ursachen in Kenntnis der Aktenlage und der Lebensgeschichte hier nicht gefunden hätten, genüge für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. H. habe demgegenüber als mögliche alternative Ursache einen Ausreiseantrag aus der damaligen DDR sowie den wiederholten Verlust des Arbeitsplatzes und eine Scheidung angegeben. Die Klägerin habe auch keinen konkreten Anlass gehabt, eine ernsthafte Lebererkrankung anzunehmen. Im Übrigen setze die psychische Beeinträchtigung nicht zwingend eine familiär bedingte Veranlagung oder traumatische Erlebnisse in der Kindheit, Jugend oder Erwachsenenalter voraus, so dass die Aussage, es hätten sich andere Ursachen in Kenntnis der Aktenlage und der Lebensgeschichte nicht gefunden, insgesamt nicht geeignet sei, den Zusammenhang wahrscheinlich erscheinen zu lassen.

36

Gegen den am 29. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Juni 2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Gewährung einer monatlichen Rente nach § 3 Abs. 2 AntiDHG sowie Einmalzahlung nach § 3 Abs. 3 AntiDHG auf der Grundlage eines GdS von 60 v. H. weiterverfolgt. Die Fehlerhaftigkeit des Gerichtsbescheides liege schon in der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör und generell in der Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Die Auffassung des SG, dass der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art aufweise, treffe nicht zu. Hier seien komplexe und schwierige Tatsachen juristisch zu bewerten. Deshalb habe es mindestens der Befassung und Entscheidung durch die Kammer unter Einbeziehung ehrenamtlicher Richter bedurft. Sie habe zudem eine mündliche Verhandlung beantragt. Ein qualifizierter richterlicher Hinweis, aus welchen Gründen eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt worden sei, wie sie es begehrt habe, sei nicht erfolgt. Es reiche nicht, lediglich die Absicht mitzuteilen, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Sie sei nicht angehört worden, obwohl die Ausführungen in dem Gutachten von Prof. Dr. N. vom 13. Mai 2005 sowie Dr. W. vom 8. Mai 2012 und des Dr. K. für sie sprächen. Inhaltlich überzeugten auch die Gründe der Entscheidung nicht. Zu Unrecht stütze sich das SG auf das Gutachten des Prof. Dr. H. Der Sachverständige habe selbst ausgeführt, dass eine „ursächliche Zuordnung“ dem psychiatrischem Fachgebiet obliege. Im Übrigen sei das Gutachten auch widersprüchlich, da Prof. Dr. H. selbst einen GdS von 20 v. H. annehme, was das SG unberücksichtigt lasse. Schließlich sei die Hepatitis nicht ausgeheilt. Aber selbst bei Ausheilung werde in der medizinischen Wissenschaft davon ausgegangen, dass die psychischen Folgebeschwerden fortbestehen könnten. Sie hat weitere Unterlagen zu den Akten gereicht.

37

Die Klägerin beantragt,

38

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 23. Mai 2013 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Stralsund zur weiteren Verhandlung zurückzuverweisen.

39

Der Beklagte schließt sich dem Antrag der Klägerin an.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 3 VE 4/13 – S 10 VI 69/10 (drei Bände), den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten (drei Bände Anti-DHG-Akten, ein Band Heilbehandlungsakten, ein Band Urteilsheft) sowie die Gerichtsakten S 5 VI 7/02L 3 VI 10/03 (zwei Bände), S 5 VI 6/02, S 5 VI 45/01 und S 5 VI 18/00 sowie die Gerichtsakte S 4 R 502/08 (SG Stralsund) Bezug genommen, deren Inhalt im Übrigen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

41

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gem. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG begründet.

42

Danach kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Hierüber entscheidet das LSG nach eigenem Ermessen von Amts wegen.

43

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts darauf beruhen kann. Bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe sind (§ 202 SGG i.V.m. § 547 ZPO) beruht die Entscheidung stets auf dem Verfahrensmangel (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 159 Rz 3 a).

44

Die Entscheidung des SG leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das SG hat durch die Kammervorsitzende als Einzelrichter mittels Gerichtsbescheid ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG) entschieden, obwohl die Voraussetzungen von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht vorgelegen haben. Dadurch hat es der Klägerin entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz ihren gesetzlichen Richter, nämlich der Kammer in voller Besetzung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 125 SGG), entzogen (vgl. Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2013, L 13 SG 232/12; Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 13. Januar 2011, L 3 R 13/10). Dies ist ein absoluter Revisionsgrund im Sinne von § 547 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 12 Rz 12 m.w.N.).

45

Die vom Gesetz bestimmte Mitwirkung ehrenamtlicher Richter ist ein tragender Grundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens, der in jeder Lage des Verfahrens vom Amts wegen zu beachten ist. Die Kompetenz hiervon abweichend, allein zu entscheiden, setzt allerdings voraus, dass die Voraussetzung des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG erfüllt sind, weil es sich insoweit auch um eine Ausnahme der Grundregelung des § 124 Abs. 1 SGG handelt, wonach das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese Kompetenz, allein zu entscheiden, besteht nur dann, wenn die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

46

Unabhängig davon, das Gerichtsbescheide in medizinisch geprägten Fällen ohnehin nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden sollten (vgl. Leitherer a.a.O., § 105 Rz 6 a und 7, s. auch Hauck in Hennig, Kommentar zum SGG, § 105 Rz 25 bis 27, Kühl in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 105 Rz 3), weist der vorliegende Rechtsstreit schon eine überdurchschnittliche Schwierigkeit in tatsächlicher Hinsicht auf. Wie schon der eingangs gedrängt dargestellte Tatbestand belegt, ist nicht nur der Sachverhalt im vorliegenden Rechtsstreit umfangreich und schwer zu überschauen. Daneben zeichnet sich der Sachverhalt durch zahlreiche sich im Ergebnis widersprechende Gutachten aus. Die durch das SG umfangreich erfolgte Beweisaufnahme durch Einholung zweier medizinischer Gutachten, die jedenfalls im Ergebnis nicht den vorliegenden Sachverhalt einheitlich bewerten, sowie die zahlreichen im Gerichtsverfahren abgereichten versorgungsmedizinischen Stellungnahmen belegen, dass die medizinischen Hintergründe des Rechtsstreits nicht etwa leicht abzuschätzen sind. Bereits in den vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten der Klägerin, aber auch insbesondere in dem dem hiesigen Rechtsstreit vorgeschalteten Verwaltungsverfahren ist seitens des Beklagten ebenfalls eine umfangreiche Ermittlung durch Einholung von medizinischen Gutachtern auf verschiedenen Fachgebieten erfolgt. Die Annahme des SG Stralsund, die Sache weise keine besonderen Schwierigkeiten etwa tatsächlicher Art auf, erweist sich daher zumindest als grobe Fehleinschätzung.

47

Der Sachverhalt ist auch nicht geklärt im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG. Dieses ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn ein verständiger Prozessbeteiligter in Kenntnis des gesamten Prozessstoffs keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des vom Gericht zu Grunde gelegten entscheidungserheblichen Sachverhaltes haben wird. Insofern ist wesentlich, dass im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (vgl. § 103 SGG) nicht entscheidungserhebliche Umstände offen bleiben. Das SG hätte sich insoweit schon aufgrund der Einlassung der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren gedrängt fühlen müssen, festzustellen – etwa durch Anforderung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von der Sachverständigen Dr. W. -, ob auch bei Annahme einer ausgeheilten Hepatitis C die Feststellung der Schädigungsfolge einer organischen Persönlichkeitsstörung gerechtfertigt ist bzw. ob sie unter Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. Dr. H. bei der Annahme einer Schädigungsfolge verbleibt. Hierzu hatte bereits die Klägerin nach Erhalt des Gutachtens umfangreiche Ausführungen in diesem Sinne getätigt. Insoweit kann von einer Klärung des Sachverhaltes überhaupt nicht ausgegangen werden.

48

Aufgrund des vorstehenden Mangels kann im Rahmen dieser Entscheidung dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Rechtsstreit darüber hinaus ein Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne von § 62 SGG bzw. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG festzustellen ist, weil die – allgemeingehaltene – Anhörung des SG vor Erlass des Gerichtsbescheides nicht ausreichend ist, sondern in dem Rechtsstreit ein konkreter, fallbezogener Hinweis notwendig gewesen wäre (vgl. dazu Leitherer a.a.O., § 105 SGG Rz 10 m.w.N.).

49

Der Mangel macht eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme im Sinne der Neufassung des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erforderlich. Davon ist auszugehen, wenn weitere Ermittlungen, in der Form der Einholung zumindest einer gutachterlichen Stellungnahme geboten ist. Denn schon mit der Einholung eines solchen (ergänzenden) Gutachtens ist typischerweise der Einsatz erheblicher sachlicher und mit Blick auf die Auswertung und Bewertung auch erheblicher personeller Mittel verbunden. Zudem kann dies ggf. auch weitere Ermittlungen nach sich ziehen.

50

Der Senat macht von dem ihm in § 159 SGG eröffneten Ermessen, die Sache zurückzuweisen, Gebrauch, weil es sich – wie vorstehend ausgeführt – um einen schweren Verfahrensverstoß handelt und es sei bei dem Berufungsverfahren nicht um ein „älteres“ Verfahren handelt. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass noch weitere tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind, weshalb der Verlust einer Tatsacheninstanz besonders ins Gewicht fällt. Auch wenn eine Zurückverweisung zur Überzeugung des Senates ein Ausnahmefall darstellen soll, ist im vorliegenden Rechtsstreit dem SG zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts bzw. zur Heilung des Mangels zu geben, zumal auch die Klägerin selbst die Zurückverweisung beantragt und die Entscheidung durch Gerichtsbescheid zu Recht gerügt hat. Vor dem SG Stralsund stehen der Klägerin alle prozessualen Rechte offen und es wird ermöglicht, dass der vom Gesetzgeber vorgesehene Spruchkörper entscheiden kann.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.

52

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.