Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Juni 2018 - L 12 SF 43/17 EK AS

published on 27/06/2018 00:00
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Juni 2018 - L 12 SF 43/17 EK AS
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Gericht

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Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. für das verzögerte Klageverfahren vor dem SG Neubrandenburg eine Entschädigung in Höhe von 1.300,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist eine Entschädigung wegen einer überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht Neubrandenburg.

2

Die 1981 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter ihrer am 17. Januar 2002 geborenen Tochter (Klägerin zu 2)), der am 6. Oktober 2004 geborenen Tochter L., des am 21. Mai 2012 geborenen Sohnes B. sowie der am 6. Januar 1998 geborenen Tochter A., mit denen sie im Jahr 2012 eine Bedarfsgemeinschaft bildete. Von dem Beklagten des Ausgangsverfahrens erhielten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Am 27. Februar 2013 erließ der Beklagte des Ausgangsverfahrens einen Änderungsbescheid, mit welchem den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 31. August 2012 in geänderter (niedrigerer) Höhe bewilligt wurden. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. Februar 2013 wurde der ursprüngliche Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 31. August 2012 hinsichtlich der Klägerin zu 1) und zu 2) teilweise aufgehoben. Von der Klägerin zu 1) wurde für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2012 ein Betrag in Höhe von 53,73 € und für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2012 in Höhe von 459,35 € (insgesamt 513,08 €) und hinsichtlich der Klägerin zu 2) für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2012 in Höhe von 49,61 € und für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2012 in Höhe von 127,73 € (insgesamt 177,34 €) erstattet verlangt. Grund hierfür war u. a. insbesondere die Tatsache, dass der Klägerin zu 2) eine Halbwaisenrente bewilligt worden war, die als Einkommen bei der Bedarfsermittlung Berücksichtigung fand und die aufgrund verspäteter Antragstellung eine Nachzahlung der Halbwaisenrente in Höhe von 2.076,73 € (für die Zeit vom 1. März 2011 bis 30. April 2012) zur Folge hatte.

3

Nach erfolglosem Widerspruch erhoben die Klägerinnen am 2. September 2013 Klage beim SG A-Stadt, mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Bescheide verfolgten. Gleichzeitig beantragten sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Ausgangsverfahren. Nachdem dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen Akteneinsicht gewährt worden war, begründete dieser mit Schriftsatz vom 5. November 2013 die Klage. Die Klageerwiderung erfolgte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2014, dieser Schriftsatz wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vom SG zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet. Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2014 teilte dieser mit, dass im Schriftsatz der Gegenseite keine neuen Ausführungen enthalten seien, eine Stellungnahme könne daher nicht erfolgen. Am 8. Juni 2015 erfolgte eine Sachstandsanfrage seitens der Klägerinnen. Das SG teilte mit Schreiben vom 10. Juni 2015 mit, dass die Verfahrensdauer derzeit durchschnittlich zwei Jahre betrage und die Verfahren nach Eingangsdatum bearbeitet würden. Am 10. Juli 2015 erhoben die Klägerinnen Verzögerungsrüge. Eine weitere Sachstandsanfrage erfolgte am 20. November 2015. Mit Beschluss vom 8. Januar 2016 lehnte das SG A-Stadt unter Bezugnahme auf § 117 Abs. 2 und § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO den Antrag auf Gewährung von PKH ab. Auf eine erneute Sachstandsanfrage vom 25. April 2017 teilte das SG im Schreiben vom 28. April 2017 mit, dass spätestens im dritten Quartal 2017 eine mündliche Verhandlung stattfinden werde. Am 3. Mai 2017 erfolgte die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2017. Der Rechtsstreit endete im Termin vom 24. Mai 2017 durch ein Teilanerkenntnis, wonach die Erstattungsforderung gegenüber der Klägerin zu 1) und zu 2) auf jeweils die Hälfte der Forderung reduziert wurde.

4

Am 26. September 2017 haben die Klägerinnen Klage auf Entschädigung beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern erhoben. Zugleich wurde die Bewilligung von PKH beantragt. Zur Begründung haben die Klägerinnen ausgeführt, das Ausgangsverfahren vor dem SG A-Stadt habe eine überlange Verfahrensdauer von 28 Monaten (Januar 2015 bis April 2017) aufgewiesen. Für die Klägerin zu 1) werde eine Entschädigung in Höhe von 2.800,00 € und für die Klägerin zu 2) in Höhe von 1.400,00 € geltend gemacht. Inhaltlich sei es für die Klägerinnen um eine bedeutende Frage und um Rückforderungen von ca. 700,00 € gegangen.

5

Die Klägerinnen beantragen,

6

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 1) eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Gerichtsverfahrens S 7 AS 1302/13 (Sozialgericht Neubrandenburg) in Höhe von 2.700,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2018 zu zahlen,

7

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 2) eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Gerichtsverfahrens S 7 AS 1302/13 (Sozialgericht Neubrandenburg) in Höhe von 1.350,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2018 zu zahlen.

8

hilfsweise,

9

festzustellen, dass das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Neubrandenburg unangemessen lange gedauert hat.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er weist darauf hin, dass eine außergerichtliche Einigung mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen nicht zustande gekommen sei. Der Rechtsstreit weise klärungsbedürftige Rechtsfragen im Hinblick auf das Bestehen von Entschädigungsansprüchen von (mehreren) Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft und deren Höhe auf.

13

Mit Beschluss vom 4. Januar 2018 hat der Senat der Klägerin zu 1) Prozesskostenhilfe für einen Anspruch in Höhe von 2.700,00 € und der Klägerin zu 2) für einen Anspruch in Höhe von 1.350,00 € gewährt und im Übrigen die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

14

Die Klage ist dem Beklagten am 23. April 2018 zugestellt worden.

15

Im Termin hat der Beklagte den Klageanspruch bzgl. der Klägerin zu 1) vollumfänglich anerkannt. Die Klägerin zu 1) hat dieses Anerkenntnis angenommen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte L 12 SF 43/17 EK AS und die beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Entschädigungsklage ist hinsichtlich der Klägerin zu 2) überwiegend begründet; die Klägerin zu 1) ist durch das angenommene Anerkenntnis klaglos gestellt worden.

18

Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern ist funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl. § 51 SGG) ist gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG in Verbindung mit § 202 Satz 2 SGG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige LSG zuständig.

19

Die Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG, vgl. Urteil des BSG vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R).

20

Die Entschädigungsklage ist auch innerhalb der Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG erhoben worden. Danach muss die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Das Ausgangsverfahren endete im Termin vom 24. Mai 2017. Die Erhebung der Entschädigungsklage am 26. September 2017 beim LSG erfolgte damit innerhalb der 6-monatigen Klagefrist.

21

Die Entschädigungsklage ist auch ganz überwiegend begründet.

22

Die für eine Entschädigung erforderliche Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG hat die Klägerin zu 2) am 10. Juli 2015 wirksam erhoben.

23

Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtig sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (Satz 2).

24

Der unbestimmte Rechtsbegriff „ungemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens“ ist insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der EGMR zu Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK und das Bundesverfassungsgericht zum Recht auf effektiven Rechtschutz (Artikel 19 Abs. 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 20 Abs. 3 GG) entwickelt haben (Urteil des BSG vom 21. Februar 2013 – B 10 ÜG 1/12 KL –; Urteil des BSG vom 2. Februar 2013 – B 10 ÜG 7/14 R –).

25

Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung (nach dem Stufenschema des BSG, vgl. beispielsweise Urteil vom 5. Mai 2015 – B 10 ÜG 8/14 R –, zitiert nach juris Randnummer 32 m. w. N.) bildet die im § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Monat. Unter Zugrundelegung eines vollen Monats als kleinster Zeiteinheit einer Verzögerung hat das Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Neubrandenburg von Oktober 2013 (Klageerhebung am 2. September 2013) bis April 2017 (Verhandlungstermin am 24. Mai 2017) und somit insgesamt 43 (volle) Monate gedauert.

26

In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Im Rahmen seiner Prüfung hat der Senat berücksichtigt, dass der Rechtsstreit der Klägerinnen vor dem Sozialgericht Neubrandenburg einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen hat. Die Bedeutung des Rechtsstreits für die Klägerinnen war – unter Zugrundelegung objektiver Kriterien – durchschnittlich bis überdurchschnittlich. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass von den Klägerinnen existenzielle Leistungen erstattet verlangt worden waren, wobei es allerdings bei der Klägerin zu 2) zu einer Nachzahlung der Halbwaisenrente gekommen ist.

27

Auf das Verhalten der Klägerinnen oder ihres Prozessbevollmächtigen war die Länge der Dauer des Ausgangsverfahrens nicht zurückzuführen.

28

Die Dauer des Ausgangsverfahrens weist eine unangemessene Verfahrensdauer von 26 Monaten auf.

29

Vom Eingang der Klageerhebung am 2. September 2013 bis zur Beendigung des Ausgangsverfahrens am 24. Mai 2017 hat das Ausgangsverfahren insgesamt 43 (volle) Monate gedauert. Gerichtliche Aktivitäten fanden zunächst bis einschließlich Januar 2014 statt. Danach waren keine weiteren gerichtlichen Aktivitäten zur Verfahrensförderung zu verzeichnen, bis nach vorheriger Sachstandsanfrage vom 8. Juni 2015 am 10. Juli 2015 die Verzögerungsrüge erhoben wurde. Mit Beschluss vom 8. Januar 2016 lehnte das SG den PKH-Antrag ab und erteilte auf die weitere Sachstandsanfrage vom 25. April 2017 das Hinweisschreiben vom 28. April 2017. Am 3. Mai 2017 erfolgte die Ladung zum Termin am 24. Mai 2017. Als gerichtliche Aktivitätszeiten nach dem Januar 2014 wertet der Senat den Erlass des Beschlusses vom 8. Januar 2016, nicht jedoch das Hinweisschreiben vom 28. April 2017, da mit diesem keine echte Verfahrensförderung verbunden war. Auch der Monat Mai 2017 stellt einen Monat der gerichtlichen Aktivität dar. Unter Berücksichtigung der genannten gerichtlichen „Aktivitätszeiten“ ist ein Nichtbetreiben des Verfahrens von insgesamt 38 Monaten festzustellen (11 Monate im Jahr 2014, 12 Monate im Jahr 2015, 11 Monate im Jahr 2016 sowie vier Monate im Jahr 2017). Bei einem Zeitraum von 38 Monaten des Nichtbetreibens des Ausgangsverfahrens verbleibt unter Berücksichtigung der vom BSG den Gerichten zugestandenen Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu 12 Monaten für die jeweilige Instanz (vgl. Urteil des BSG vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R –, juris Randnummer 36 m. w. N.; Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, juris Randnummer 47, 48) eine unangemessene Verfahrensdauer von 26 Monaten.

30

Nachdem der Entschädigungsanspruch hinsichtlich der Klägerin zu 1) von dem Beklagen anerkannt worden und der Rechtsstreit insoweit seine Erledigung gefunden hat, war hinsichtlich der Klägerin zu 2) dieser ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.300,00 € zuzusprechen wegen einer unangemessenen Verfahrensdauer von 26 Monaten, da auch der Klägerin zu 2) ein eigener Anspruch auf Entschädigung als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zuzubilligen war, der für jeden Monat der Verzögerung mit 50,00 € monatlich zu bemessen war.

31

Nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Abs. 4 ausreichend ist (Satz 2). Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200,00 € für jedes Jahr der Verzögerung (Satz 3).

32

Auch wenn die Klägerin zu 2) vorliegend als ein (weiteres) Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft (subjektive Klagehäufung) eine Entschädigung gegenüber dem Beklagten verfolgt, steht ihr – neben ihrer Mutter (der Klägerin zu 1.) – ein eigener Entschädigungsanspruch zu. Denn der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils ist ein personbezogener Anspruch. Dies legt bereits der Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nahe. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten hat. Es finden sich dort keine Hinweise dafür, dass mehrere Personen auf Kläger- oder Beklagtenseite hinsichtlich eines Nachteils, der nicht Vermögensnachteil ist, als eine (Personen-)Einheit zu behandeln sind (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 – 5 C 1/13 D –, juris Randnummer 37). Der Entschädigungsanspruch ist als ein Jedermann-Recht konzipiert und steht in Fällen einer subjektiven Klagehäufung jeder am Gerichtsverfahren beteiligten Person einzeln zu (vgl. Urteil des Sächsischen LSG vom 12. Juli 2016 – L 11 SF 50/15 EK –, juris Randnummer 56; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014, aaO, juris Randnummer 36 ff; Urteil des BFH vom 4. Juni 2014 – X K 12/13 –, juris Randnummer 47; anderer Ansicht Wehrhahn, Verfahrensdauer und Entschädigung in: Die Sozialgerichtsbarkeit 2013, Seite 61, 66, wonach im Bereich des SGB II nicht jedes Mitglied einer gemeinsam klagenden Bedarfsgemeinschaft die volle Entschädigung wie bei einem Einzelverfahren verlangen könne, sondern entsprechend seiner individuellen Beteiligung nur eine anteilige Entschädigung erhalte).

33

Auch wenn somit der Klägerin zu 2) ein eigener Entschädigungsanspruch zusteht, hält es vorliegend der Senat für gerechtfertigt, diesen nicht auf eine Feststellung im Sinne des § 198 Abs. 4 GVG zu beschränken, sondern auch der Klägerin zu 2) eine Entschädigung in Geld gemäß § 198 Abs. 2 GVG zuzubilligen und zwar vorliegend in Höhe von 50,00 € für jeden Monat der Verzögerung. Hierbei hält es der Senat in Anlehnung an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Geschäftsfähigkeit von Personen für gerechtfertigt, den nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch Geschäftsunfähigen (null bis sechs Jahre) lediglich einen Anspruch auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens nach § 198 Abs. 4 GVG zuzubilligen, den beschränkt Geschäftsfähigen (sieben bis 17 Jahre) einen Anspruch auf Entschädigung in Geld zuzubilligen, allerdings nicht in voller Höhe von 100,00 € monatlich (vgl. § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG), wenn – wie vorliegend – jedenfalls 1 Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Regelentschädigung von 1.200,- Euro pro Jahr der Verzögerung erhalten hat. Insoweit hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin zu 2) bei Klageerhebung 11 Jahre und bei Beendigung des Ausgangsverfahrens 15 Jahre alt war und damit noch nicht volljährig. Auch im Hinblick auf die nach dem Alter der Leistungsbedürftigen vorgenommene Abstufung des Regelbedarfes nach unterschiedlichen Regelbedarfsstufen hält es der Senat für gerechtfertigt – bei Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II – bei jedenfalls minderjährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft diesen nicht die volle Entschädigung von 100,00 € monatlich zuzubilligen. Ob eine andere Beurteilung im Sinne einer individuellen Betrachtungsweise angezeigt wäre, wenn der Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens besondere Belange des Minderjährigen betrifft (z. B. Zuschuss oder Übernahme der Kosten für eine Klassenfahrt u. ä.), brauchte und hatte der Senat nicht zu entscheiden. Ebenso erübrigen sich vorliegend Ausführungen dazu, ob der Klägerin zu 2) ggf. ein höherer Entschädigungsanspruch als 50,00 € monatlich zugestanden hätte, denn hierüber durfte der Senat nicht entscheiden (ne ultra petita).

34

Bei einer Verfahrensverzögerung von 26 Monaten des Ausgangsverfahrens und einem für jeden Monat der Verzögerung geltend gemachten Entschädigungsanspruch in Höhe von 50,00 € monatlich war der Klage bzgl. der Klägerin zu 2) in einem Umfang von 1.300,00 € zu entsprechen; soweit die Klägerin zu 2) einen darüber hinausgehenden Betrag geltend gemacht hat, war die Klage abzuweisen.

35

Der Anspruch auf die ab dem 23. April 2018 ab Rechtshängigkeit (§ 94 Satz 2 SGG) beantragten Prozesszinsen folgt aus § 291 Satz 1 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, da diese Vorschriften auch in Entschädigungsverfahren der vorliegenden Art anwendbar sind (vgl. Urteil des BSG vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R – m. w. N.).

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da die Klägerin zu 2) mit ihrer Klage nur zu einem ganz geringen Teil unterlegen ist.

37

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

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published on 04/06/2014 00:00

Tatbestand 1 I. Die Kläger begehren Entschädigung nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) für das seit dem 18. Juni 2009 anhängige und durch Urteil vom 20. Juni
published on 27/02/2014 00:00

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens.
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Annotations

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Durch die Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.