Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 9 AS 1590/13

bei uns veröffentlicht am21.02.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt ist, vom Kläger vorgelegte Kontoauszüge in Kopie zur Akte zu nehmen.
Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger ist seit 24.10.1997 arbeitslos und bezieht vom Beklagten seit 01.01.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe des jeweiligen Regelbedarfes zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung.
Auf seinen Antrag vom 22.06.2011 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 01.07.2011 bis 31.12.2011 i.H.v. 713 EUR monatlich (Bescheid vom 24.06.2011: Regelbedarf 364 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung 349 EUR, Änderungsbescheid vom 01.03.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung 391,60 EUR ab 01.07.2011). Mit einem weiteren Schreiben vom 24.06.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass noch folgende Unterlagen/Angaben benötigt werden: Vollständige Kontoauszüge ihres Girokontos ab dem 01.04.2011 bis 01.07.2011. Er wurde gebeten, diese Unterlagen bei der im Briefkopf genannten Stelle bis zum 11.07.2011 einzureichen. Der Beklagte führte aus: „Für den Bezug von Leistungen ist es erforderlich, dass sie alle Tatsachen angeben, die für Ihren Leistungsanspruch entscheidend sind und die notwendigen Nachweise vorlegen oder ihrer Vorlage zustimmen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Erstes Buch SozialgesetzbuchSGB I)“. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er bis zum genannten Termin nicht reagiere oder die erforderlichen Unterlagen nicht einreiche, die Geldleistungen ganz versagt werden können, bis er die Mitwirkung nachhole. Dies bedeute, dass er keine Leistungen erhalte.
Unter dem 05.07.2011 teilte der Kläger mit, dass er die angeforderten Kontoauszüge vom 01.04. bis 01.07.2011 gerne zur Verfügung stelle, wenn der Beklagte ihm die Löschung der bisher erhaltenen Kontoauszüge schriftlich bestätige. Nach § 84 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) habe er Anspruch auf deren Löschung, weil sie zur rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben des Beklagten nicht mehr erforderlich seien. Er forderte den Beklagten auf, ihm die Löschung bis Ende der Woche zu bestätigen, damit er die neuen Kontoauszüge vor dem gesetzten Termin einreichen könne.
Der Beklagte teilte hierauf mit Schreiben vom 02.08.2011 mit, dass die bisher erhaltenen Kontoauszüge aus Gründen der nachweislichen Aktenführung nicht gelöscht werden könnten, weil in Fällen von Widersprüchen und Klagen nachgewiesen werden müsse, auf welche Nachweise der Beklagte seine Entscheidungen gestützt habe. Aus diesen Gründen würden sämtliche Unterlagen und Kontoauszüge, die er einreiche, in Kopie aufbewahrt. Es werde darauf hingewiesen, dass diese aus Gründen des Datenschutzes sorgfältig behandelt würden. Die Frist zur Vorlage der Kontoauszüge wurde auf 27.07.2011 verlängert. Dieses Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde dem Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 02.08.2011 übergeben.
Verbunden mit einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Konstanz (SG) legte der Kläger am 02.08.2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.08.2011 ein. Er habe auf sein Schreiben vom 05.07.2011 keine Antwort erhalten. Mündlich habe man ihm mitgeteilt, dass die Auszahlung von Arbeitslosengeld II gesperrt worden sei. Die Sachbearbeiterin sei auch nach seiner persönlichen Vorsprache am 02.08. nicht bereit gewesen, die mitgebrachten Kontoauszüge einzusehen und die Auszahlung zu veranlassen. Er habe sich mit seinem Schreiben vom 05.07.2011 auf § 84 Abs. 2 SGB X berufen und sehe daher bei seinem Wunsch nach Löschung der bisher eingereichten Kontoauszüge keine Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Klärung seiner Anspruchsvoraussetzungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.08.2011 zurück. Die Obliegenheit zur Vorlage von Kontoauszügen ergebe sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I und erstrecke sich auch auf die Kontobewegungen, die in der Vergangenheit lägen. Die Aufforderung, Kontoauszüge für die letzten drei Monate vorzulegen, sei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Schutz der Sozialdaten gemäß § 35 SGB I, §§ 67 ff. SGB X stehe der Obliegenheit zur Vorlage von Kontoauszügen nicht entgegen. Denn Kontoauszüge seien Beweismittel im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Sozialverwaltung erforderlich seien. Weil die Speicherung von den genannten Sozialdaten nicht unzulässig sei, seien die Kontoauszüge nicht nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X zu löschen. Soweit § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X bestimme, dass Sozialdaten auch dann zu löschen seien, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich sei und kein Grund zu der Annahme bestehe, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden, lägen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Nicht mehr erforderlich seien Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert waren, endgültig erledigt sei. Weil im Falle des Klägers noch diverse Gerichtsverfahren anhängig seien und die Sozialdaten daher noch erforderlich seien, sei die Löschung der Kontoauszüge zu Recht abgelehnt worden.
Am 18.09.2011 hat der Kläger Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Jobcenters vom 12.09.2011 zum SG erhoben, „mit welchem der Widerspruch vom 02.08.2011 gegen die Nichtzahlung von Arbeitslosengeld II wegen angeblich nicht eingereichter Kontoauszüge trotz vorliegendem Bewilligungsbescheid vom 24.06.2011 zurückgewiesen worden sei“. Ferner beantragte er (u. a.) die sofortige Zahlung der mit Bescheid vom 24.06.2011 bewilligten Leistungen nebst Zinsen und Schadensersatz sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtzahlung der bewilligten Leistung.
Der Beklagte hat mit Verweis auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mitgeteilt, dass sich der Beklagte dort zur Zahlung der Leistungen nach dem SGB II aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 24.06.2011 verpflichtet habe und diese Leistungen ab September 2011 wieder zur Zahlung angewiesen worden seien.
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Im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 25.07.2012 haben die Beteiligten streitig diskutiert, inwieweit der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass die in den Leistungsakten noch befindlichen Kopien seiner Kontoauszüge zu löschen bzw. aus den Akten zu entfernen seien. Mit Schriftsatz vom 09.10.2012 hat der Bevollmächtigte des Klägers weiter vorgetragen und vermerkt, dass auf Aktenseite 22 noch ein Kontoauszug enthalten sei. Dieser beziehe sich auf das Jahr 2004, ein längst abgeschlossener Zeitraum, weshalb dieser Kontoauszug zu entfernen sei. Außerdem wies er darauf hin, dass auf Aktenseite 803m handschriftlich vermerkt sei, dass nach Durchsicht der Kontoauszüge keine Besonderheiten ersichtlich seien, diese aber in der Klageakte K 26/12 verbleiben sollen. Diese Akte liege dem Bevollmächtigten jedoch nicht vor. Da die Kontoauszüge aber keine Besonderheiten aufwiesen, seien sie entgegen der Ansicht des Beklagten aus dieser Akte zu löschen und zu entfernen. Schließlich fänden sich auch auf den Aktenseiten 726 bis 729 Kopien von Kontoauszügen, die zu entfernen seien (Schriftsatz vom 08.01.2013).
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Die Beklagte hat hierauf erwidert und die Auffassung vertreten, dass die Sozialdaten, solange sich der Kläger noch laufend im Bezug von Leistungen nach dem SGB II befinde, noch erforderlich seien, weil der Nachweis der Hilfebedürftigkeit des Klägers auch auf den Kontoauszügen beruhe. Im Übrigen bestätigte er, dass die Kontoauszüge für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2011 weder zur Leistungs- bzw. Original-, Versand-, Rest-, Behelfs-, Fach- oder Klageakte genommen worden seien.
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Mit Schreiben vom 03.02.2013 hat der Kläger seinem Rechtsanwalt das Mandat entzogen. Er benötige Kopien der von diesem bei der Akteneinsicht übersehenen Kontoauszüge (Bl. 726 bis 729).
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Im Rahmen eines weiteren vom SG anberaumten Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 21.02.2013 hat die Vertreterin des Beklagten erklärt, dass die einzig noch in den Akten befindlichen Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010/2011 (Aktenseiten 726 bis 729) aus den Akten nach deren Rückerhalt vollständig entfernt würden. Der Kläger beantragte daraufhin, festzustellen, dass die zur Einsicht vorgelegten Kontoauszüge vom Beklagten nicht zu den Akten genommen werden dürfen.
14 
Nach einem entsprechenden Hinweis in diesem Termin hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.03.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger begehre ausweislich seines zuletzt gestellten Klageantrages ganz allgemein die Feststellung, dass der Beklagte – zeitlich unbegrenzt – nicht mehr berechtigt sein solle, die zur Einsicht vorgelegten Kontoauszüge zu den Akten zu nehmen. Ungeachtet sonstiger Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie insbesondere auch der Frage einer zulässigen Klageänderung, sei für dieses außerordentlich weitgehende Klagebegehren noch nicht einmal ansatzweise ein Feststellungsinteresse zu erkennen. Weil der Kläger erreichen wolle, dass der Beklagte auch zukünftig keine (Kopien der) Kontoauszüge zu den Akten nehme, sei von einer vorbeugenden Feststellungsklage auszugehen. Sofern man diese nicht schon deshalb für unzulässig erachte, weil sie gegenüber der (vorbeugenden) Unterlassungsklage subsidiär sei und gemessen am Klageziel des Klägers eigentlich wohl Letztere die richtige Klageart wäre, bedürfe es sowohl für die vorbeugende Feststellungsklage als auch für die vorbeugende Unterlassungsklage eines besonders qualifizierten Rechtsschutzinteresses, also eines speziellen auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichteten Interesses, welches nur gegeben sei, wenn der Betroffene nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden könne. Ein solches sei für das Gericht allerdings nicht ersichtlich.
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Gegen den ihm am 16.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.04.2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
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Er ist der Auffassung, dass das Jobcenter zwar die „Vorlage“ von Kontoauszügen verlange, „damit aber zur Akte einreichen meine“ und sich taub stelle gegenüber dem bedeutsamen Unterschied. Sämtliche Gerichtsentscheidungen sprächen ausdrücklich nur von einer Vorlagepflicht. Die Frage der Speicherung sei eine völlig andere Rechtsfrage, über die bislang kein Gericht entschieden habe. Für den Folgezeitraum habe er dem Beklagten Kontoauszüge mit der Bitte um Rückgabe geschickt und ferner um eine Bestätigung gebeten, dass das Jobcenter keine Kopien in irgendeiner Form einbehalten habe. Nachdem diese nicht zurückgeschickt worden waren, habe er Klage auf Herausgabe eingelegt, worauf die Originale zurückgeschickt worden seien, allerdings ohne die Bestätigung, dass keine Kopien einbehalten worden seien. An den Originalen sei für ihn erkennbar gewesen, dass sie kopiert worden seien, sodass er die Rücksendung nicht als Herausgabe im Sinne des Datenschutzes ansehen konnte. Aus der Versandakte, die er habe einsehen können, gehe eindeutig hervor, dass eine Kopie der Kontoauszüge einbehalten worden sei. Auf Blatt 803m heiße es in einem handschriftlichen Vermerk, dass nach Durchsicht der Kontoauszüge keine Besonderheiten ersichtlich seien. Die Kontoauszüge würden nicht zur Leistungsakte genommen, sondern verblieben in der Klageakte K26/12. Dem SG sei mitgeteilt worden, dass die Kontoauszüge nur eingesehen und nicht zur Leistungsakte genommen worden seien. Dies sei eine offensichtliche Täuschung des Gerichts über den Einbehalt von Kopien gewesen. Das Jobcenter habe auch im Schreiben vom 14.06.2012 daran festgehalten, dazu berechtigt zu sein, Kontoauszüge in Kopie zu den Akten zu nehmen und habe bekräftigt, dass keine Kopien angefertigt worden seien, sondern lediglich ein Aktenvermerk gefertigt worden sei. Die Klage auf Herausgabe habe er schließlich zurückgenommen, nachdem das SG nicht bereit gewesen sei, die wiederholten Aussagen des Jobcenters in Frage zu stellen. Solange aber der Meinung des Jobcenters im Widerspruchsbescheid („Da die Speicherung von o.g. Sozialdaten nicht unzulässig ist, sind die Kontoauszüge… nicht zu löschen“) gerichtlich nicht widersprochen werde, müsse weiter damit gerechnet werden, dass das Jobcenter Antragsteller und Gerichte über die Speicherung täusche. Soweit sich das Jobcenter am 21.02.2013 bereit erklärt habe, die in der Akte befindlichen Kontoauszüge nach Erhalt der Akte zu löschen, jedoch ohne Einsicht eines Rechtsgrundes, habe eine entsprechende Wirkung für die Zukunft und damit effektiver Rechtsschutz nicht erreicht werden können.
17 
Der Kläger weist ferner auf den Grundsatz der Datensparsamkeit in § 3a Bundesdatenschutzgesetz (BSDG), auf die Vorschrift des § 52 Abs. 3 SGB II bezüglich des automatisierten Datenabgleichs hin, welcher eine unverzügliche Löschung der Daten der Personen vorschreibe, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen geführt habe, sowie auf den Löschungsanspruch aus § 84 SGB X. Schließlich leite er die Unzulässigkeit einer Speicherung der Kontoauszüge aus § 67c SGB X ab, weil der Zweck, zu dem die Kontoauszüge angefordert würden, mit der Einsichtnahme bereits erfüllt sei. Der Zweck ergebe sich eindeutig aus § 60 SGB I. Mit der „Vorlage“ sei der Zweck erfüllt, Vorlage bedeute aber nicht, dass die Kontoauszüge auch in Beschlag genommen werden dürften. Ferner weist er auf den Landesbeauftragten für den Datenschutz des Landes Brandenburg hin, der geäußert habe, dass Kontoauszüge vom Leistungsträger eingesehen werden dürften, die Verpflichtung zur Vorlage von Kontoauszügen gemäß § 60 SGB I aber keine Befugnis zur Speicherung dieser Daten darstelle.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2013 aufzuheben und festzustellen, dass Kontoauszüge, die von einem Antragsteller zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II vorgelegt werden und keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthalten, gegen den Willen des Antragstellers nicht zu den Akten genommen werden dürfen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
25 
Das als vorbeugende Unterlassungsklage zu wertende Begehren des Klägers ist unzulässig.
26 
Gegenstand des Rechtsstreits war zunächst der Bescheid vom 02.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2011, mit welchem der Beklagte den Antrag des Klägers, alle in der Akte befindlichen Kontoauszüge gemäß § 84 Abs. 2 SGB X zu löschen, abgelehnt hat. Nach Akteneinsicht des damaligen Bevollmächtigten des Klägers befanden sich auf Bl. 22 sowie auf Bl. 726-729 der Akte des Beklagten Kontoauszüge des Klägers. Die für das Löschungsbegehren richtige Klageart war eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG; zur Entscheidung durch Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X, vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21.03.2006 – B 2 U 24/04 R –, juris). Diese Klage, gerichtet auf die Aufhebung des Bescheides vom 02.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2011, verbunden mit der Verpflichtung des Beklagten, bereits gespeicherte Kontoauszüge zu löschen, ist durch ein angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG). Im Termin vom 21.02.2013 erklärte die Vertreterin des Beklagten, die einzig in den Akten befindlichen Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010/2011 vollständig zu entfernen, und gab damit ein Anerkenntnis ab, mit welchem sie den entgegenstehenden Verwaltungsakt auch zumindest konkludent aufgehoben und dessen Wirksamkeit beseitigt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X). Dieses Anerkenntnis hat der Kläger zumindest konkludent dadurch angenommen, dass er seinen Antrag jetzt umgestellt hat. Damit war der ursprüngliche Rechtsstreit, gerichtet auf die Löschung der bereits in den Akten befindlichen Kontoauszüge, erledigt. Mit dem dann gestellten Antrag verfolgt der Kläger (in die Zukunft gerichtet) das Ziel, die Speicherung von ihm vorgelegter Kontoauszüge in der Akte zu unterlassen, was er (Blatt 7 der Berufungsbegründung) nochmals bekräftigt hat, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Zusage, die in den Akten befindlichen Kontoauszüge zu löschen, keine Wirkung für die Zukunft entfalte und damit effektiver Rechtsschutz bislang nicht erreicht worden sei. Damit geht das Begehren des Klägers über das einer Fortsetzungsfeststellungsklage (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Löschung) hinaus, weil der Kläger sich nunmehr gegen die Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten wendet (einem schlicht hoheitlichen Handeln, vgl. zum automatisierten Datenabgleich, BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 39/14 R –, juris) und nicht mehr die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts (die Ablehnung der Löschung von Daten) im Streit steht. Der Kläger will jetzt also erreichen, dass es zu einer Speicherung von Daten erst gar nicht mehr kommt. Richtige Klageart ist damit die vorbeugende Unterlassungsklage, entsprechend war der Antrag auszulegen, zumal die vorbeugende Feststellungsklage im Verhältnis zur vorbeugenden Unterlassungsklage subsidiär ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., §55 Rdnr. 8c).
27 
Keine Klageänderung liegt hinsichtlich des im Berufungsverfahren gestellten und vom erstinstanzlichen Verfahren abweichenden Antrags vor. Nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist es nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. So verhält es sich hier. Denn der Kläger begehrt nunmehr nur noch die Feststellung, dass die Kontoauszüge, „die von einem Antragsteller zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II vorgelegt werden und keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthalten, gegen den Willen des Antragstellers nicht zu den Akten genommen werden dürfen“. Damit schränkt er den ursprünglich gestellten Antrag vor dem SG, mit dem – sinngemäß – die Speicherung von Kontoauszügen ohne Einschränkungen untersagt werden sollte, ein. Insoweit ist der Antrag als Zugeständnis zu werten, weshalb keine Änderung des Klagegrundes vorliegt. Sein Begehren richtet sich damit auf die zukünftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten, was der Kläger grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen kann, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 39/14 R –, juris).
28 
Dem anwaltlich nicht vertretenen Kläger gesteht der Senat zudem zu, dass der Antrag entgegen des Wortlauts eine eigene Rechtsverletzung und nicht eine solche aller Antragsteller zum Gegenstand hat. Dem Kläger fehlt ein Mandat, für alle Leistungsempfänger sprechen zu können. Und es fehlte die Klagebefugnis, wollte der Kläger nicht in eigenem Namen, sondern im Namen aller Leistungsempfänger erreichen, dass Kontoauszüge nicht mehr zur Akte genommen werden dürfen.
29 
Der Kläger wendet sich mit dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auch nicht gegen die grundsätzlich bestehende Vorlagepflicht, abgeleitet aus der in den §§ 60 ff. SGB I normierten Mitwirkungsverpflichtung (zur Mitwirkungsobliegenheit und Vorlage von Kontoauszügen, vgl. ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris), als solcher. Ferner wendet er sich auch nicht mehr grundsätzlich gegen das Einfügen von Kontoauszügen in die Akte, soweit diese für die Leistungsbewilligung relevante Daten enthalten (Umkehrschluss aus dem gestellten Antrag). Seinen Antrag hat er vielmehr auf Kontoauszüge beschränkt, die keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthalten und/oder gegen seinen Willen zu den Akten gelangen.
30 
Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass ein Leistungsempfänger, wie der Kläger hier, gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB I verpflichtet ist, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. Er ist deshalb auch verpflichtet, Kontoauszüge bei jeder Leistungsbeantragung vorzulegen (BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –, juris). Dieser Pflicht widerspricht der Kläger auch nicht. Der Beklagte ist gemäß § 35 Abs. 1 SGB I verpflichtet, Sozialdaten von Leistungsempfängern und Antragstellern nicht unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen, also das Sozialgeheimnis zu wahren. Nach § 35 Abs. 2 SGB I ist eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches (§§ 67 ff. SGB X) zulässig. Hinzu kommen Befugnisse aus den besonderen Büchern des Sozialgesetzbuchs, etwa gemäß §§ 50 ff. SGB II. Die angeforderten Kontoauszüge enthalten auch Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Als Erheben von Sozialdaten wird das Beschaffen von Daten über den Betroffenen bezeichnet (§ 67 Abs. 5 SGB X). Das Speichern von Daten ist ein Unterfall der Datenverarbeitung; unter Speichern fällt das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer Weiterverarbeitung oder Nutzung (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Das Herstellen von Kopien vorgelegter Unterlagen und das Abheften dieser Kopien in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 31.03.2011 – L 15 SB 80/06 –, juris). Das Speichern von Sozialdaten durch den Beklagten ist gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind.
31 
Vom Kläger wird insoweit nicht weiter geltend gemacht, dass jedwede Speicherung unzulässig ist. So versteht es sich von selbst, dass das Einkommen eines Leistungsempfängers und der Zeitpunkt des Zuflusses erhoben und gespeichert werden muss, weil es gemäß §§ 11 ff. SGB II für die Berechnung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II erforderlich ist.
32 
Soweit der Kläger die Erforderlichkeit der Datenspeicherung durch das Einfügen von Kontoauszügen in die Verwaltungsakten rügt, die er oder der Beklagte (insoweit bleibt sein Antrag offen) für die Leistungsgewährung als nicht relevant beurteilt, ist ihm zwar zunächst zuzugestehen, dass eine Datenspeicherung zum Zweck der Leistungsgewährung nur dann erforderlich ist, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötigt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist dabei unter anderem, dass die Verwaltung zur umfassenden und zügigen Leistungsgewährung verpflichtet ist (§ 17 Abs. 1 SGB I), den Sachverhalt umfassend zu ermitteln hat (§ 20 SGB X) und spätere Entwicklungen in Verwaltungsentscheidungen umzusetzen hat. Das Gegenteil der Erforderlichkeit wäre eine Datenerhebung auf Vorrat für unvorhersehbare Verwaltungsaufgaben. Nicht zwingend erschöpft sich die Erforderlichkeit der Datenerhebung und Datenspeicherung aber in einer Momentaufnahme anlässlich der Vorlage der Unterlagen und der erstmaligen Bewilligung. Denn gesetzliche Aufgaben sind in § 67 Abs. 1 und 2 SGB X als Aufgaben nach den Büchern des Sozialgesetzbuchs, darauf beruhenden Verordnungen und weiteren dort genannten Vorschriften definiert. Zu den Aufgaben gehört damit zumindest das Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Leistungen, die Korrektur von Leistungsbescheiden nach § 44 ff. SGB X, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach §§ 34, 34a SGB II, die Erbenhaftung nach § 35 SGB II, Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsträgern nach §§ 102 ff. SGB X und damit zusammenhängende gerichtliche Verfahren.
33 
Hinzu kommen aber auch, wie § 67c Abs. 3 SGB X zeigt, Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarverfahren, Rechnungsprüfung und Organisationsuntersuchungen. Auch diese sind als der gesetzlich erlaubten Datenspeicherung gleiche Zwecke definiert (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 31.03.2011 – L 15 SB 80/06 –, juris). Ferner ist nach § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X eine Speicherung für andere Zwecke zulässig, wenn die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuchs als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind. Eine Unterscheidung in Zwecke, die der Datenerhebung zugrunde liegen, und andere Zwecke im Aufgabenbereich der Behörde ist nicht erforderlich, weil § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X für die anderen Zwecke dieselben Voraussetzungen (Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung) verlangt wie § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Erhebungszwecke. Damit greifen die Einlassungen des Klägers, eine Befugnis des Beklagten zur Speicherung der Daten komme nur unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit für die Leistungsgewährung in Betracht, nicht durch.
34 
§ 3a BDSG schränkt die Vorschriften über die Berechtigung und Verpflichtung des Beklagten, Sozialdaten zu erheben und zu speichern, nicht ein. Dies folgt aus der Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG, der zufolge andere Rechtsvorschriften des Bundes, die auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriften des BDSG vorgehen. Hierzu gehören auch die Vorschriften des SGB X.
35 
Einer weiteren Vertiefung bedarf es jedoch nicht, weil die vorbeugende Unterlassungsklage unzulässig ist.
36 
Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat das BSG Anlass gesehen in Fällen, in denen weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten. Demgegenüber fehlt es nach der Rechtsprechung am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2013 – B 3 P 5/12 R –, SozR 4-3300 § 115 Nr. 2 m.w.N., Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., Vor § 51 RdNr. 17a und § 54 RdNr. 42a;, § 54 RdNr. 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 54 RdNr. 123, jeweils m.w.N.). Ebenso heben das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz – einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes – mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 16, RdNr. 26) bzw. eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr. 15 m.w.N.).
37 
Solche unzumutbaren Rechtsnachteile sieht der Senat nicht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass sich der Beklagte unter Umständen auch weiterhin als berechtigt ansieht, Kontoauszüge auch unabhängig vom Inhalt und der Erforderlichkeit für den Leistungsanspruch zu den Akten zu nehmen. Für eine Untersagung in der vom Kläger beantragten Form, die zudem einen Beurteilungsspielraum lässt, wer beurteilt und definiert, was unter leistungsrechtlich relevanten Auffälligkeiten im Einzelfall zu verstehen ist, besteht unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze kein Bedürfnis. Ein schützenswertes Interesse des Klägers an der begehrten Untersagung im Sinne einer nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachenden Rechtsverletzung besteht nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig beilegen könnte. Dem Kläger stehen die gesetzlichen Möglichkeiten offen, sich auf die Unzulässigkeit der Speicherung berufen und die Löschung nach § 84 SGB X verlangen zu können. Ferner steht ihm ein Auskunftsrecht nach § 83 SGB X zu und die Rechte aus den §§ 81 und 82 SGB X (Anrufung des Datenschutzbeauftragten, Schadenersatz). Das Auskunftsrecht umfasst dabei insbesondere auch den Zweck der Speicherung (§ 83 Nr. 3 SGB X). Schließlich ist der Kläger berechtigt, die Empfänger von Zahlungen und die Verwendungszwecke in den Kontoauszügen zu schwärzen, wenn andernfalls besondere personenbezogene Daten im Sinne des § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X offengelegt werden müssten (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –, juris). Schon unter Berücksichtigung dessen ist für den Senat nicht ersichtlich, weshalb der Regelfall des nachträglich zu gewährenden Rechtsschutzes den Kläger unzumutbar beeinträchtigen soll. Soweit er insoweit auf eine Täuschung durch den Beklagten von ihm und den Gerichten abstellen will, ist dies zunächst eine unbewiesene Unterstellung. Andererseits wird die Möglichkeit einer solchen Täuschung auch durch ein gerichtliches Urteil nicht beseitigt, welches dem Beklagten untersagt, Kontoauszüge unter bestimmten Voraussetzungen nicht zur Akte nehmen zu dürfen. Schadensersatzansprüche sind neben den in § 82 SGB X normierten Fällen vom Gesetzgeber auch über Amtshaftungsansprüche abgedeckt. Schließlich geht der Senat nicht davon aus, dass sich der Streit durch ein entsprechendes Urteil endgültig beilegen ließe. Vielmehr dürfte sich der Streit dann an der Zulässigkeit der Speicherung von Daten im Rahmen der Beurteilung der Relevanz für den Leistungsanspruch entzünden, weshalb mit einem geforderten Unterlassungstenor in der gestellten Form ein Rechtsfrieden nicht erreicht wäre.
38 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
39 
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
25 
Das als vorbeugende Unterlassungsklage zu wertende Begehren des Klägers ist unzulässig.
26 
Gegenstand des Rechtsstreits war zunächst der Bescheid vom 02.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2011, mit welchem der Beklagte den Antrag des Klägers, alle in der Akte befindlichen Kontoauszüge gemäß § 84 Abs. 2 SGB X zu löschen, abgelehnt hat. Nach Akteneinsicht des damaligen Bevollmächtigten des Klägers befanden sich auf Bl. 22 sowie auf Bl. 726-729 der Akte des Beklagten Kontoauszüge des Klägers. Die für das Löschungsbegehren richtige Klageart war eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG; zur Entscheidung durch Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X, vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21.03.2006 – B 2 U 24/04 R –, juris). Diese Klage, gerichtet auf die Aufhebung des Bescheides vom 02.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2011, verbunden mit der Verpflichtung des Beklagten, bereits gespeicherte Kontoauszüge zu löschen, ist durch ein angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG). Im Termin vom 21.02.2013 erklärte die Vertreterin des Beklagten, die einzig in den Akten befindlichen Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010/2011 vollständig zu entfernen, und gab damit ein Anerkenntnis ab, mit welchem sie den entgegenstehenden Verwaltungsakt auch zumindest konkludent aufgehoben und dessen Wirksamkeit beseitigt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X). Dieses Anerkenntnis hat der Kläger zumindest konkludent dadurch angenommen, dass er seinen Antrag jetzt umgestellt hat. Damit war der ursprüngliche Rechtsstreit, gerichtet auf die Löschung der bereits in den Akten befindlichen Kontoauszüge, erledigt. Mit dem dann gestellten Antrag verfolgt der Kläger (in die Zukunft gerichtet) das Ziel, die Speicherung von ihm vorgelegter Kontoauszüge in der Akte zu unterlassen, was er (Blatt 7 der Berufungsbegründung) nochmals bekräftigt hat, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Zusage, die in den Akten befindlichen Kontoauszüge zu löschen, keine Wirkung für die Zukunft entfalte und damit effektiver Rechtsschutz bislang nicht erreicht worden sei. Damit geht das Begehren des Klägers über das einer Fortsetzungsfeststellungsklage (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Löschung) hinaus, weil der Kläger sich nunmehr gegen die Rechtswidrigkeit der Speicherung von Daten wendet (einem schlicht hoheitlichen Handeln, vgl. zum automatisierten Datenabgleich, BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 39/14 R –, juris) und nicht mehr die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts (die Ablehnung der Löschung von Daten) im Streit steht. Der Kläger will jetzt also erreichen, dass es zu einer Speicherung von Daten erst gar nicht mehr kommt. Richtige Klageart ist damit die vorbeugende Unterlassungsklage, entsprechend war der Antrag auszulegen, zumal die vorbeugende Feststellungsklage im Verhältnis zur vorbeugenden Unterlassungsklage subsidiär ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., §55 Rdnr. 8c).
27 
Keine Klageänderung liegt hinsichtlich des im Berufungsverfahren gestellten und vom erstinstanzlichen Verfahren abweichenden Antrags vor. Nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist es nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. So verhält es sich hier. Denn der Kläger begehrt nunmehr nur noch die Feststellung, dass die Kontoauszüge, „die von einem Antragsteller zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II vorgelegt werden und keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthalten, gegen den Willen des Antragstellers nicht zu den Akten genommen werden dürfen“. Damit schränkt er den ursprünglich gestellten Antrag vor dem SG, mit dem – sinngemäß – die Speicherung von Kontoauszügen ohne Einschränkungen untersagt werden sollte, ein. Insoweit ist der Antrag als Zugeständnis zu werten, weshalb keine Änderung des Klagegrundes vorliegt. Sein Begehren richtet sich damit auf die zukünftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten, was der Kläger grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen kann, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 39/14 R –, juris).
28 
Dem anwaltlich nicht vertretenen Kläger gesteht der Senat zudem zu, dass der Antrag entgegen des Wortlauts eine eigene Rechtsverletzung und nicht eine solche aller Antragsteller zum Gegenstand hat. Dem Kläger fehlt ein Mandat, für alle Leistungsempfänger sprechen zu können. Und es fehlte die Klagebefugnis, wollte der Kläger nicht in eigenem Namen, sondern im Namen aller Leistungsempfänger erreichen, dass Kontoauszüge nicht mehr zur Akte genommen werden dürfen.
29 
Der Kläger wendet sich mit dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auch nicht gegen die grundsätzlich bestehende Vorlagepflicht, abgeleitet aus der in den §§ 60 ff. SGB I normierten Mitwirkungsverpflichtung (zur Mitwirkungsobliegenheit und Vorlage von Kontoauszügen, vgl. ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris), als solcher. Ferner wendet er sich auch nicht mehr grundsätzlich gegen das Einfügen von Kontoauszügen in die Akte, soweit diese für die Leistungsbewilligung relevante Daten enthalten (Umkehrschluss aus dem gestellten Antrag). Seinen Antrag hat er vielmehr auf Kontoauszüge beschränkt, die keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthalten und/oder gegen seinen Willen zu den Akten gelangen.
30 
Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass ein Leistungsempfänger, wie der Kläger hier, gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB I verpflichtet ist, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. Er ist deshalb auch verpflichtet, Kontoauszüge bei jeder Leistungsbeantragung vorzulegen (BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –, juris). Dieser Pflicht widerspricht der Kläger auch nicht. Der Beklagte ist gemäß § 35 Abs. 1 SGB I verpflichtet, Sozialdaten von Leistungsempfängern und Antragstellern nicht unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen, also das Sozialgeheimnis zu wahren. Nach § 35 Abs. 2 SGB I ist eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches (§§ 67 ff. SGB X) zulässig. Hinzu kommen Befugnisse aus den besonderen Büchern des Sozialgesetzbuchs, etwa gemäß §§ 50 ff. SGB II. Die angeforderten Kontoauszüge enthalten auch Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Als Erheben von Sozialdaten wird das Beschaffen von Daten über den Betroffenen bezeichnet (§ 67 Abs. 5 SGB X). Das Speichern von Daten ist ein Unterfall der Datenverarbeitung; unter Speichern fällt das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer Weiterverarbeitung oder Nutzung (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Das Herstellen von Kopien vorgelegter Unterlagen und das Abheften dieser Kopien in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 31.03.2011 – L 15 SB 80/06 –, juris). Das Speichern von Sozialdaten durch den Beklagten ist gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind.
31 
Vom Kläger wird insoweit nicht weiter geltend gemacht, dass jedwede Speicherung unzulässig ist. So versteht es sich von selbst, dass das Einkommen eines Leistungsempfängers und der Zeitpunkt des Zuflusses erhoben und gespeichert werden muss, weil es gemäß §§ 11 ff. SGB II für die Berechnung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II erforderlich ist.
32 
Soweit der Kläger die Erforderlichkeit der Datenspeicherung durch das Einfügen von Kontoauszügen in die Verwaltungsakten rügt, die er oder der Beklagte (insoweit bleibt sein Antrag offen) für die Leistungsgewährung als nicht relevant beurteilt, ist ihm zwar zunächst zuzugestehen, dass eine Datenspeicherung zum Zweck der Leistungsgewährung nur dann erforderlich ist, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötigt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist dabei unter anderem, dass die Verwaltung zur umfassenden und zügigen Leistungsgewährung verpflichtet ist (§ 17 Abs. 1 SGB I), den Sachverhalt umfassend zu ermitteln hat (§ 20 SGB X) und spätere Entwicklungen in Verwaltungsentscheidungen umzusetzen hat. Das Gegenteil der Erforderlichkeit wäre eine Datenerhebung auf Vorrat für unvorhersehbare Verwaltungsaufgaben. Nicht zwingend erschöpft sich die Erforderlichkeit der Datenerhebung und Datenspeicherung aber in einer Momentaufnahme anlässlich der Vorlage der Unterlagen und der erstmaligen Bewilligung. Denn gesetzliche Aufgaben sind in § 67 Abs. 1 und 2 SGB X als Aufgaben nach den Büchern des Sozialgesetzbuchs, darauf beruhenden Verordnungen und weiteren dort genannten Vorschriften definiert. Zu den Aufgaben gehört damit zumindest das Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Leistungen, die Korrektur von Leistungsbescheiden nach § 44 ff. SGB X, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach §§ 34, 34a SGB II, die Erbenhaftung nach § 35 SGB II, Erstattungsverfahren gegenüber anderen Leistungsträgern nach §§ 102 ff. SGB X und damit zusammenhängende gerichtliche Verfahren.
33 
Hinzu kommen aber auch, wie § 67c Abs. 3 SGB X zeigt, Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarverfahren, Rechnungsprüfung und Organisationsuntersuchungen. Auch diese sind als der gesetzlich erlaubten Datenspeicherung gleiche Zwecke definiert (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 31.03.2011 – L 15 SB 80/06 –, juris). Ferner ist nach § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X eine Speicherung für andere Zwecke zulässig, wenn die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuchs als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind. Eine Unterscheidung in Zwecke, die der Datenerhebung zugrunde liegen, und andere Zwecke im Aufgabenbereich der Behörde ist nicht erforderlich, weil § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X für die anderen Zwecke dieselben Voraussetzungen (Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung) verlangt wie § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Erhebungszwecke. Damit greifen die Einlassungen des Klägers, eine Befugnis des Beklagten zur Speicherung der Daten komme nur unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit für die Leistungsgewährung in Betracht, nicht durch.
34 
§ 3a BDSG schränkt die Vorschriften über die Berechtigung und Verpflichtung des Beklagten, Sozialdaten zu erheben und zu speichern, nicht ein. Dies folgt aus der Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG, der zufolge andere Rechtsvorschriften des Bundes, die auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriften des BDSG vorgehen. Hierzu gehören auch die Vorschriften des SGB X.
35 
Einer weiteren Vertiefung bedarf es jedoch nicht, weil die vorbeugende Unterlassungsklage unzulässig ist.
36 
Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat das BSG Anlass gesehen in Fällen, in denen weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten. Demgegenüber fehlt es nach der Rechtsprechung am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2013 – B 3 P 5/12 R –, SozR 4-3300 § 115 Nr. 2 m.w.N., Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., Vor § 51 RdNr. 17a und § 54 RdNr. 42a;, § 54 RdNr. 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 54 RdNr. 123, jeweils m.w.N.). Ebenso heben das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz – einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes – mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 16, RdNr. 26) bzw. eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr. 15 m.w.N.).
37 
Solche unzumutbaren Rechtsnachteile sieht der Senat nicht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass sich der Beklagte unter Umständen auch weiterhin als berechtigt ansieht, Kontoauszüge auch unabhängig vom Inhalt und der Erforderlichkeit für den Leistungsanspruch zu den Akten zu nehmen. Für eine Untersagung in der vom Kläger beantragten Form, die zudem einen Beurteilungsspielraum lässt, wer beurteilt und definiert, was unter leistungsrechtlich relevanten Auffälligkeiten im Einzelfall zu verstehen ist, besteht unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze kein Bedürfnis. Ein schützenswertes Interesse des Klägers an der begehrten Untersagung im Sinne einer nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachenden Rechtsverletzung besteht nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig beilegen könnte. Dem Kläger stehen die gesetzlichen Möglichkeiten offen, sich auf die Unzulässigkeit der Speicherung berufen und die Löschung nach § 84 SGB X verlangen zu können. Ferner steht ihm ein Auskunftsrecht nach § 83 SGB X zu und die Rechte aus den §§ 81 und 82 SGB X (Anrufung des Datenschutzbeauftragten, Schadenersatz). Das Auskunftsrecht umfasst dabei insbesondere auch den Zweck der Speicherung (§ 83 Nr. 3 SGB X). Schließlich ist der Kläger berechtigt, die Empfänger von Zahlungen und die Verwendungszwecke in den Kontoauszügen zu schwärzen, wenn andernfalls besondere personenbezogene Daten im Sinne des § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X offengelegt werden müssten (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –, juris). Schon unter Berücksichtigung dessen ist für den Senat nicht ersichtlich, weshalb der Regelfall des nachträglich zu gewährenden Rechtsschutzes den Kläger unzumutbar beeinträchtigen soll. Soweit er insoweit auf eine Täuschung durch den Beklagten von ihm und den Gerichten abstellen will, ist dies zunächst eine unbewiesene Unterstellung. Andererseits wird die Möglichkeit einer solchen Täuschung auch durch ein gerichtliches Urteil nicht beseitigt, welches dem Beklagten untersagt, Kontoauszüge unter bestimmten Voraussetzungen nicht zur Akte nehmen zu dürfen. Schadensersatzansprüche sind neben den in § 82 SGB X normierten Fällen vom Gesetzgeber auch über Amtshaftungsansprüche abgedeckt. Schließlich geht der Senat nicht davon aus, dass sich der Streit durch ein entsprechendes Urteil endgültig beilegen ließe. Vielmehr dürfte sich der Streit dann an der Zulässigkeit der Speicherung von Daten im Rahmen der Beurteilung der Relevanz für den Leistungsanspruch entzünden, weshalb mit einem geforderten Unterlassungstenor in der gestellten Form ein Rechtsfrieden nicht erreicht wäre.
38 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
39 
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 9 AS 1590/13

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 9 AS 1590/13 zitiert 29 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 60 Angabe von Tatsachen


(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG | § 8 Voraussetzungen der Förderung


(1) Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Die zuständige Lande

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 1 Anwendungsbereich des Gesetzes


(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch 1. öffentliche Stellen des Bundes,2. öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie a) Bundesrecht ausführen oderb)

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 101


(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegensta

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 35 Sozialgeheimnis


(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67 Begriffsbestimmungen


(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freie

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 34 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten


(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grun

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 17 Ausführung der Sozialleistungen


(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß1.jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,2.die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 52 Automatisierter Datenabgleich


(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,1.ob und in welcher Höhe

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 83 Auskunftsrecht der betroffenen Personen


(1) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit 1. die betroffene Person nach § 82a Absatz 1, 4 und 5 nicht zu informieren ist oder2. die Sozialdaten a) nur deshalb gespeichert sin

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67a Erhebung von Sozialdaten


(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der bes

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 84 Recht auf Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Widerspruch


(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 34a Ersatzansprüche für rechtswidrig erbrachte Leistungen


(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67c Zweckbindung sowie Speicherung, Veränderung und Nutzung von Sozialdaten zu anderen Zwecken


(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzb

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 82 Informationspflichten bei der Erhebung von Sozialdaten bei der betroffenen Person


(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 über Kategorien von Empfängern besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme n

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 81 Recht auf Anrufung, Beauftragte für den Datenschutz


(1) Ist eine betroffene Person der Ansicht, bei der Verarbeitung ihrer Sozialdaten in ihren Rechten verletzt worden zu sein, kann sie sich 1. an den Bundesbeauftragten oder die Bundesbeauftragte wenden, wenn sie eine Verletzung ihrer Rechte durch ein

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 9 AS 1590/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 24. Apr. 2015 - B 4 AS 39/14 R

bei uns veröffentlicht am 24.04.2015

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 16. Mai 2013 - B 3 P 5/12 R

bei uns veröffentlicht am 16.05.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,

1.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden,
2.
ob und in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach diesem Buch mit Zeiten einer Versicherungspflicht oder Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen,
3.
ob und welche Daten nach § 45d Absatz 1 und § 45e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind,
4.
ob und in welcher Höhe ein Kapital nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nicht mehr dem Zweck einer geförderten zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient,
5.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Bundesagentur als Träger der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch bezogen werden oder wurden,
6.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen anderer Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen werden oder wurden.
Satz 1 gilt entsprechend für nicht leistungsberechtigte Personen, die mit Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Abweichend von Satz 1 können die dort genannten Träger die Überprüfung nach Satz 1 Nummer 2 zum ersten jedes Kalendermonats durchführen.

(2) Zur Durchführung des automatisierten Datenabgleichs dürfen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die folgenden Daten einer Person, die Leistungen nach diesem Buch bezieht, an die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln:

1.
Name und Vorname,
2.
Geburtsdatum und -ort,
3.
Anschrift,
4.
Versicherungsnummer.

(2a) Die Datenstelle der Rentenversicherung darf als Vermittlungsstelle die nach den Absätzen 1 und 2 übermittelten Daten speichern und nutzen, soweit dies für die Datenabgleiche nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei (§ 150 des Sechsten Buches) und des bei ihr für die Prüfung bei den Arbeitgebern geführten Dateisystems (§ 28p Absatz 8 Satz 2 des Vierten Buches) nutzen, soweit die Daten für die Datenabgleiche erforderlich sind. Die nach Satz 1 bei der Datenstelle der Rentenversicherung gespeicherten Daten sind unverzüglich nach Abschluss des Datenabgleichs zu löschen.

(3) Die den in Absatz 1 genannten Stellen überlassenen Daten und Datenträger sind nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Absatz 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs und die Kosten des Verfahrens zu regeln; dabei ist vorzusehen, dass die Übermittlung an die Auskunftsstellen durch eine zentrale Vermittlungsstelle (Kopfstelle) zu erfolgen hat, deren Zuständigkeitsbereich zumindest das Gebiet eines Bundeslandes umfasst.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den automatisierten Datenabgleich zwischen dem Beklagten und dem Bundeszentralamt für Steuern.

2

Der Beklagte erhielt während des SGB II-Bezugs des Klägers von Mai 2005 bis November 2006 über den automatisierten vierteljährlichen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahr 2004 Einkünfte aus Vermögen erzielt hatte. Nach vergeblicher Aufforderung zur Darlegung der Höhe des Vermögens sowie der Kapitalerträge entzog der Beklagte ihm die SGB II-Leistungen wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit. Seit August 2012 erhält der Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II, die der Beklagte vorläufig bewilligte.

3

Die im Dezember 2012 erhobene und gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 22.11.2013). Die Berufung mit dem Begehren, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und "den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zukünftig zu unterlassen", ist ohne Erfolg geblieben(Urteil des LSG vom 8.5.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die zulässige vorbeugende Unterlassungsklage sei nicht begründet. Zwar werde mit dem automatisierten Datenabgleich in das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen; dies begegne jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Eingriff erfolge mit der erforderlichen Bestimmtheit und Normenklarheit. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II regele, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben der geregelten Informationserhebung berechtigt sein solle. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels und der Intensität des Eingriffs sei dieser nach Maßgabe der getroffenen Regelung verhältnismäßig. Der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II solle die Überprüfung des beim Alg II zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens sicherstellen, diene der Aufdeckung von nicht angegebenem Vermögen und des Leistungsmissbrauchs sowie gleichzeitig der Abschreckung gegenüber Antragstellern, die bestimmte Vermögenswerte nicht angeben wollten. Die ermittelten Kapitalerträge ermöglichten Rückschlüsse auf aktuelles bzw in der Vergangenheit vorhandenes Vermögen. Durch weitere Ermittlungen könne der Beklage feststellen, ob anrechenbares Vermögen vorhanden (gewesen) sei, das für den laufenden oder einen bereits zurückliegenden Leistungszeitraum Auswirkungen auf den Grund oder die Höhe der Leistungen habe oder gehabt habe. Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern sei zur Erreichung des Gesetzeszwecks erforderlich, weil ein ebenso wirksamer, den Leistungsempfänger weniger belastender Weg nicht ersichtlich sei. Die beanstandete gesetzliche Ermächtigung wahre auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem dargestellten Schutzzweck nicht schwerwiegender sei. Auch der beschränkte Blick in die Vergangenheit sei verhältnismäßig. Die gemeldeten Daten beträfen von vornherein Sachverhalte (Erwirtschaftung von Erträgen aus Vermögen), die in einer (zeitnahen) Vergangenheit lägen. Die Schwere der vom Kläger beanstandeten Eingriffe, die durch die quartalsmäßige Abfrage ausgelöst würden, stehe nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II gegen Verfassungsrecht. Das LSG habe nicht problematisiert, ob es - wie in § 52 Abs 4 SGB II festgelegt - in formeller Hinsicht genüge, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Verordnungsermächtigung zu erteilen. Auch liege kein konkreter, sondern ein allgemeiner Erhebungszweck vor, wenn der Gesetzgeber unterstelle, Hinweise auf Vermögen trotz einer ersten (negativen) Abfrage bei erstmaliger Antragsstellung zu finden. Fraglich sei auch, ob der automatisierte Datenabgleich in der konkreten Häufigkeit geeignet sei, nach der erstmaligen Abfrage für die Vergangenheit noch weitere, neue Erkenntnisse zu bringen. Hierzu müssten empirische Ermittlungen erfolgen. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II ermögliche ein "dauerhaftes Ermitteln ins Blaue hinein". Eine Verhältnismäßigkeit sei daher nicht mehr gegeben. Die quartalsmäßigen Abgleiche aller Leistungsberechtigten fielen in den Bereich anlassloser Routineabrufe, die nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung unzulässig seien.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 und des Sozialgerichts Dortmund vom 22. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zu unterlassen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er vertritt die Auffassung, dass der automatisierte Datenabgleich zur Vermeidung des Sozialleistungsmissbrauchs geeignet sei. Das LSG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass ein konkreter Einzelabruf bei den Kreditinstituten einen stigmatisierenden Charakter habe, es also weniger belastende Wege zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht gebe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

9

1. a) Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, den automatisierten Datenabgleich in der gesetzlich vorgesehenen Form mit dem Bundeszentralamt für Steuern zukünftig zu unterlassen. Er wendet sich nicht im Wege des grundsätzlich nachgängigen Rechtsschutzes gegen einzelne oder wiederholte Datenabgleiche, die in der Vergangenheit nach bestimmten - ggf gesetzlichen Vorgaben zuwiderlaufenden - Praktiken stattgefunden haben. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, wie er in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) iVm den Regelungen der Verordnung über den automatisierten Datenabgleich bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung ) vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 Erste ÄndVO vom 21.2.2012 (BGBl I 309), im Einzelnen gesetzlich umschrieben ist, unzulässig sei. Sein Begehren richtet sich damit auf die künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten. Dieses Klageziel kann er grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs 1 S 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist(BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 RdNr 10; BSG Urteil vom 27.1.1977 - 7 RAr 17/76 - BSGE 43, 134 = SozR 4100 § 34 Nr 6, RdNr 18).

10

b) Das für eine vorbeugende Unterlassungsklage geforderte qualifizierte Rechtsschutzinteresse einschließlich einer Wiederholungsgefahr (BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 mwN) hat der Kläger schlüssig dargelegt. Bei einem hoheitlichen Handeln besteht dies darin, dass der Betreffende von der Verwaltungsmaßnahme widerrechtlich berührt, dh in seinen Rechten nachteilig verletzt wird bzw eine solche Verletzung behauptet.

11

Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten sein (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, § 54 RdNr 119 SGG, Stand: Dezember 2012). Es muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 P 5/12 R - SozR 4-3300 § 115 Nr 2 RdNr 9; BSG Urteil vom 24.7.2013 - B 3 P 4/02 R - BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1, RdNr 7; vgl auch BVerwG Urteil vom 22.10.2014 - 6 C 7/13 - RdNr 12 f).

12

Ein solches spezifisches Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz liegt hier vor. Mit seinem Vorbringen, der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II werde laufend durchgeführt und verletze das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, hat der Kläger schlüssig dargetan, dass er durch den Datenabgleich in seinen Rechten betroffen sei. Unstreitig ist er wegen seines laufenden SGB II-Bezugs dem Datenabgleich automatisch und ohne die Möglichkeit einer eigenen Einflussnahme in regelmäßigen Abständen unterworfen, weshalb ein erneutes von ihm als widerrechtlich bewertetes Vorgehen des Beklagten im Sinne einer Wiederholungsgefahr ernstlich zu befürchten ist. Der Beklagte ist nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verpflichtet, die vorgesehenen Daten jeweils zu Beginn eines jeden Quartals zu erheben. Es ist dem Kläger wegen des Datenabgleichs ohne angreifbaren Verwaltungsakt nicht möglich, nachträglich effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Gleichfalls hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass ggf stattgefundene tatsächliche Handlungen der Datenübermittlung und des Datenabgleichs nicht mehr rückgängig gemacht werden können, der Kläger also auf einen nachträglichen Rechtsschutz nicht verwiesen werden kann.

13

Mit seinem Klagevortrag bringt er zudem zum Ausdruck, dass er sich gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern unabhängig von einer hiermit ggf verbundenen Anrechnung von bisher nicht angegebenem Vermögen oder (Zins-)Einkünften durch spätere Rücknahme- und Erstattungsbescheide wenden möchte. Unbesehen dieser möglichen Folgen des Datenabgleichs hat der Kläger schlüssig behauptet, durch den Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II an sich in seinen Rechten verletzt zu sein. Er kann also - zur eventuellen Erreichung seines Klageziels - nicht darauf verwiesen werden, gegen die nach den Feststellungen des LSG möglicherweise wegen fehlender Auskünfte zu Vermögenswerten nur vorläufig erfolgte Bewilligung vorzugehen und in diesem Rahmen einzuwenden, dass die Erkenntnisse aus dem Datenabgleich nicht "verwertet" werden dürften.

14

2. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage auf Unterlassung des Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern zutreffend gegen den Beklagten als gemeinsame Einrichtung. Der Beklagte ist der richtige Klagegegner. Nach § 44b Abs 1 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) nimmt die gemeinsame Einrichtung grundsätzlich alle Aufgaben der Träger nach dem SGB II gegenüber den Leistungsberechtigten wahr (Grundsatz der Gesamtwahrnehmung). Der Beklagte ist die verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X sowie Stelle iS des § 35 Abs 1 SGB I, sodass der hier streitige Unterlassungsanspruch gegen ihn zu richten ist(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 50 RdNr 7).

15

3. Das LSG hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

16

Materiell-rechtlich beruht der Unterlassungsanspruch auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95, RdNr 17 mwN). § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthält eine gesetzliche Grundlage, die in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X steht und den Kläger auf einfach-gesetzlicher Ebene zur Duldung des automatisierten Datenabgleichs verpflichtet.

17

a) Zwar hat nach § 35 Abs 1 S 1 SGB I jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Auch handelt es sich bei den für den Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern verwendeten Informationen um Sozialdaten iS des § 67 Abs 1 SGB X. Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden(§ 67 Abs 1 SGB X). Hierzu gehören auch die hier verwendeten Daten. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I). Hierzu bestimmt § 67d Abs 1 SGB X, dass eine Übermittlung von Sozialdaten nur zulässig ist, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches vorliegt. Nach § 67a Abs 2 S 1 SGB X sind Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie bei anderen (als in den in § 35 SGB I oder in § 69 Abs 2 SGB X genannten Stellen) oder bei "anderen Personen oder Stellen" nur erhoben werden, "wenn eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt" (§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2a SGB X).

18

b) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II enthält eine diesen Vorgaben entsprechende spezielle und bereichsspezifische Ermächtigung im SGB II(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 2)an die BA und die zugelassenen kommunalen Träger zur Übermittlung und Überprüfung von Daten iS von § 67d Abs 1 SGB X.

19

Nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II überprüfen die BA und die zugelassenen kommunalen Träger Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin, ob und welche Daten nach § 45d Abs 1 und § 45e des EStG an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Auf der Grundlage der Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 52 Abs 4 SGB II zur Regelung von Einzelheiten des Verfahrens des automatisierten Datenabgleichs und der Verfahrenskosten hat der Verordnungsgeber die GrSiDAV vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung vom 21.2.2012 (BGBl I 309), erlassen. § 2 Abs 4 GrSiDAV bestimmt, dass das Bundeszentralamt für Steuern die ihm übermittelten Daten mit den dort gespeicherten Daten zur Feststellung von Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags(Nr 1), sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl Nr L 1573 S 38) mitgeteilt wurden (Nr 2), abgleicht. Nach § 1 Abs 1 GrSiDAV bezieht die BA in den Datenabgleich alle Personen ein, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben (Abgleichsfälle). Abweichend hiervon werden in den Abgleich mit den Daten des Bundeszentralamtes für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben (§ 1 S 2 GrSiDAV). Mit den genannten Regelungen wird der Umfang der Datenübermittlung und -überprüfung hinsichtlich der in die Überprüfung einzubeziehenden Zeiträume konkretisiert.

20

4. Das Unterlassungsbegehren des Klägers hat auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen Erfolg, weil der automatisierte Datenabgleich zwischen der BA und dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt. Die mit dem Datenabgleich verbundenen Eingriffe, die in der Übermittlung der Sozialdaten (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 3 SGB X), vorübergehenden Speicherung (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 1 SGB X) und einem Datenabgleich im Sinne des Synchronisierens der Daten zwischen zwei Datenträgern (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 52 RdNr 9, Stand März 2015) liegen, sind jedoch verfassungsgemäß (dazu 5. und 6.).

21

In seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt das allgemeine Persönlichkeitsrecht Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, ergeben (BVerfG vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 41 ff; vom 12.4.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29, 45 f; vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320; vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183). Es gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl BVerfGE 65, 1, 43; 84, 192, 194). Eine Gefährdung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern entstehen, so insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden (können), die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Vor allem mittels elektronischer Datenverarbeitung können aus solchen Informationen weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183 f).

22

Mit den Datenabgleichen auf der Grundlage von § 52 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV wird dem SGB II-Träger Kenntnis darüber verschafft, ob und ggf in welchem Umfang Leistungsberechtigte nach dem SGB II für vorhandenes Vermögen an inländische Kreditanstalten Freistellungsaufträge erteilt und Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt haben. Hierfür wird an die Mitteilungspflichten von inländischen und ausländischen Kreditinstituten ua an das Bundeszentralamt für Steuern nach § 45d EStG und § 45e EStG angeknüpft. Die so gewonnenen Informationen werden auch - zumindest vorübergehend - gespeichert und können zur Grundlage weiterer Maßnahmen gemacht werden. Stellt sich heraus, dass der Betroffene über bislang unbekannte Konten und Depots verfügt, kann sich der zuständige SGB II-Träger - auf der Grundlage anderer Regelungen - ggf weitere Informationen über deren Inhalt verschaffen. Das in den angegriffenen Normen vorgesehene Verfahren führt damit zu einem Abruf von Daten, die den Zugriff auf weitere Informationen ermöglichen. Auch die im Anschluss - etwa über die Mitwirkungsvorschriften der §§ 60 ff SGB I - erhebbaren Informationen über Vermögensbeträge und Zinserträge können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein. Der SGB II-Träger kann Maßnahmen vorbereiten, die ansonsten nicht möglich wären. Die Belange der Betroffenen können durch Erstattungsverlangen, aber auch Hinweise an die Strafverfolgungsbehörden, berührt werden. Von diesen Beeinträchtigungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist der Kläger, wie sich etwa an den vorangegangenen Aufhebungs- und Erstattungsverfahren im Jahre 2004 zeigt, unmittelbar betroffen.

23

5. a) Die automatisierte Datenerhebung und -übermittlung nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verletzt im Ergebnis jedoch nicht das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die angegriffene Norm genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit, aber auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu 6.).

24

Bezogen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet das Bestimmtheitsgebot seine Grundlage in Art 2 Abs 1 iVm mit Art 1 Abs 1 GG (vgl BVerfG Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 46 ff, 54; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 186 ff). Es soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe für ihr Verhalten vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns anhand klarer rechtlicher Maßstäbe durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar durch gesetzliche Regelungen festgelegt werden (vgl BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 52 f; BVerfG Urteil vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348, 375 ff).

25

b) Von dem automatisierten Datenabgleich erfasst werden nach § 52 Abs 1 SGB II Personen, die Leistungen nach dem SGB II "beziehen". Der berücksichtigte Personenkreis wird in § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV weiter umschrieben. Dies geschieht mit der Festlegung, dass die BA bei dem Datenabgleich alle Personen einbezieht, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben. Eine weitere Konkretisierung der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - wie hier - durch Rechtsverordnung steht das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen, soweit sich aus dieser eine normenklare Festlegung entnehmen lässt (BVerfG Urteil vom 24.4.2013 - 1 BvR 1215/07 - BVerfGE 133, 277, 336). Dies ist hier der Fall, weil sich die in der GrSiDAV erfolgte Begrenzung des Umfangs des Datenabgleichs in zeitlicher Hinsicht als generell-abstrakte Präzisierung und normenklare Konkretisierung des in § 52 Abs 1 SGB II vom Gesetzgeber umfassend angeordneten Datenabgleichs erweist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung zur Regelung des Datenabgleichs durch Rechtsverordnung enthält Art 52 Abs 4 SGB II mit seiner Bezugnahme auf das Verfahren des Datenabgleichs eine Regelung, die den hier einräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des SGB II und unter Berücksichtigung des Zwecks des Datenabgleichs (s hierzu d) eingrenzt. Wie bereits in der Systematik des § 52 Abs 1 SGB II mit den genannten Stichtagen angelegt, findet nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV eine Begrenzung des von dem Abgleich erfassten Personenkreises in Anknüpfung an einen SGB II-Leistungsbezug in dem jeweils vorangegangenen Kalendervierteljahr statt. Darüber hinaus werden nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres SGB II-Leistungen erhalten haben(§ 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV). Diese Regelungen bringen hinreichend klar zum Ausdruck, dass in den Datenabgleich alle Personen einbezogen werden, die - bezogen auf die jeweiligen Stichtage im vorangegangenen Vierteljahr bzw Kalenderjahr (Abgleichszeiträume) - für mindestens einen Tag SGB II-Leistungen bezogen haben (Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 26, Stand 7/2012; vgl auch BR-Drucks 483/05; aA Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009 "nur aktueller Grundsicherungsempfänger").

26

c) Durch die Bezugnahme auf die nach den steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 45d, 45e EStG an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnden Daten wird der Gegenstand des Datenabgleichs abschließend festgelegt.

27

Zu dem Gegenstand der Datenübermittlung bzw des Datenabgleichs regelt § 52 Abs 2 SGB II iVm der GrSiDAV, welche Daten einer Person im SGB II-Bezug von der - intern zuständigen - BA an die in Abs 1 genannten Stellen(ua das Bundeszentralamt für Steuern nach Abs 1 Nr 3) bzw über die Vermittlungsstelle (Datenstelle der Rentenversicherungsträger, "Kopfstelle") nach Abs 2a übermittelt werden dürfen. Es handelt sich um abschließend aufgeführte personenbezogene Daten (Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Anschrift, Versicherungsnummer). Nach Übermittlung der Anfragedatensätze durch die BA an die Kopfstelle leitet diese dem Bundeszentralamt für Steuern einen um die Daten "Versicherungsnummer" und "Geburtsort" verminderten Anfragedatensatz (§ 1b Abs 1 S 1 Nr 1 GrSiDAV) weiter, der wiederum Gegenstand des Datenabgleichs bei dem Bundeszentralamt für Steuern ist (§ 2 Abs 4 GrSiDAV).

28

Das Bundeszentralamt für Steuern führt den Datenabgleich in der Weise durch, dass es die dort eingegangenen Anfragedatensätze mit denjenigen Daten abgleicht ("synchronisiert"), die "nach § 45 d Abs 1 und § 45 e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind"(§ 52 Abs 1 Nr 3 SGB II). Hiervon grundsätzlich erfasst sind die beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten zu Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags, sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl EU Nr L 157 S 38) mitgeteilt wurden (vgl § 2 Abs 4 GrSiDAV).

29

Der Umstand, dass sich der Gegenstand der Datenübermittlung und des Datenabgleichs hier erst aus den genannten steuerrechtlichen Regelungen ergibt, steht dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit nicht entgegen. Ausreichend ist es, wenn sich der Gegenstand jedenfalls aus dem Zusammenwirken verschiedener Regelungen ergibt (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 53 f), was hier zu bejahen ist. Mit der Bezugnahme auf § 45d Abs 1 EStG wird an die Mitteilungspflichten der inländischen Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute zu den beim verpflichtenden Steuerabzug aufgrund eines Freistellungsauftrags oder einer Nichtveranlagungsbescheinigung freigestellten Kapitalerträgen angeknüpft. Diese Daten sind nach § 45d Abs 1 EStG idF des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 1768) regelmäßig bis zum 1.3. des Jahres zu übermitteln, das auf das Jahr folgt, in dem die Kapitalerträge den Gläubigern zufließen. Bei der steuerrechtlichen Regelung des § 45e EStG ergibt sich der Gegenstand des Datenabgleichs aus der Richtlinie 2003/48/EG(EU-Zinsrichtlinie). Diese sieht vor, dass Erträge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche Eigentümer, die natürliche Personen sind und die in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden (Niedland in Lademann, EStG, § 45e, Stand September 2010). Dabei werden nach Art 8 der Richtlinie 2003/48/EG Informationen zur Identität und zum Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers, Name und Anschrift der (ausländischen) Zahlstelle (zB des ausländischen Kreditinstituts), Konto- oder Depotnummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder Bezeichnung der Forderung, aus der die Zinsen stammen sowie der Betrag und Zeitraum der Zinszahlung an die "zuständige Behörde" - im Inland ist dies das Bundeszentralamt für Steuern (§ 5 Abs 2 S 1 der Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 - BGBl I 128) übermittelt (Art 6 der Richtlinie 2003/48/EG).

30

d) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II und § 2 Abs 4 GrSiDAV legen auch hinreichend normenklar fest, welcher Ausschnitt der beim Bundeszentralamt für Steuern vorhandenen Daten in die automatisierten Datenabgleiche zu den verschiedenen Abgleichszeitpunkten im Verlauf eines Kalenderjahres einbezogen werden dürfen. Nach der gesetzlichen Anknüpfung in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II wird zunächst auf die nach § 45d Abs 1 und § 45e Abs 1 EStG "übermittelten Daten" abgestellt, ohne dass zugleich festgelegt wird, in welchem Zeitraum die Angaben der Kreditinstitute an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet worden sein müssen. Auch § 2 Abs 4 GrSiDAV gibt hierzu keinen näheren Aufschluss, weil nach dessen Wortlaut nur mit "gespeicherten Daten" abgeglichen werden soll. Ausreichend zur Wahrung des Gebots der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit ist jedoch, dass sich die Regelungsinhalte unter Nutzung der juristischen Methodik bewältigen lassen, sodass das Verwaltungshandeln vorhersehbar und justiziabel ist (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 56 f; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvL 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 188). Dies ist hier zu bejahen.

31

Aus der Systematik des Datenabgleichs in § 52 SGB II iVm der GrSiDAV folgt, dass bei den als Abgleichsgegenstand einzubeziehenden steuerrechtlichen Meldungen nicht auf Daten zurückgegriffen werden darf, die in der länger zurückliegenden Vergangenheit an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind. Vielmehr gilt in gleicher Weise wie bei den weiteren Formen der Datenabgleiche des § 52 Abs 1 SGB I, dass die Abgleichszeiträume sowohl den Kreis der einzubeziehenden Personen auf Seiten des Jobcenters (Anfragedatensätze) als auch den Umfang der einbezogenen Daten der jeweiligen Auskunftsstellen einheitlich begrenzen. So ist in § 2 Abs 2 und 3 GrSiDAV ausdrücklich geregelt, dass die vom Jobcenter übermittelten Daten mit den bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Post AG gespeicherten Daten zur Feststellung eines zeitgleichen Bezugs anderer Leistungen "im Abgleichszeitraum" überprüft werden sollen. Der Abgleich bezieht sich also in diesen Fallgestaltungen auf die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Daten der nachfragenden Stelle und die Auskunftsstelle zeitlich übereinstimmenden Abgleichszeitraum. Auch beim Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist auf die tatsächlichen Verhältnisse und Entwicklungen im Abgleichszeitraum, also die nach § 45d EStG und § 45e EStG aktuell übermittelten, nicht jedoch die in den zurückliegenden Jahren übermittelten und noch gespeicherten Daten als Gegenstand des Abgleichs abzustellen. Dies folgt aus der wegen der Abweichung vom Sozialgeheimnis geforderten engen Auslegung des § 52 SGB II(vgl hierzu Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009; Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 5, Stand 3/2015), die eine Begrenzung der auf Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern einzubeziehenden Daten erfordert, die über das Merkmal der "gespeicherten" Daten hinausgehen muss. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 2 GrSiDAV enthält zudem - wie ein Vergleich mit den Datenabgleichen in anderen Sozialleistungsbereichen zeigt - keine vom festgelegten Abgleichszeitraum abweichenden Regelungen zum Umfang der in zeitlicher Hinsicht auf Seiten der Auskunftsstellen in den Datenabgleich einzubeziehenden Daten(für eine derartige Regelung vgl zB § 2 Abs 2 S 2 der Verordnung zur Durchführung des § 118 Abs 1 und 2 SGB XII vom 21.1.1998 , zuletzt geändert durch Art 365 vom 31.10.2006 ).

32

Bei dem Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist daher auf die aktuell im Abgleichszeitraum übermittelten Daten abzustellen. Dies sind die in dem jeweiligen Kalendervierteljahr vor den Abgleichszeitpunkten 1.4., 1.7. und 1.1. neu bei dem Bundeszentralamt für Steuern eingegangenen Daten. Bezogen auf den Abgleichszeitpunkt 1.10. des jeweiligen Jahres werden die Daten derjenigen Leistungsbezieher, die in dem vorangegangenen Jahr für mindestens einen Tag tatsächlich SGB II-Leistungen bezogen haben, mit den beim Bundeszentralamt für Steuern in dem Abgleichszeitraum neu eingegangenen Mitteilungen der Kreditinstitute zu Freistellungsaufträgen und Zinseinkünften abgeglichen.

33

e) Auch die Beteiligten des Datenabgleichs und das Verfahren sind normenklar festgelegt. Beteiligt sind die BA bzw die zugelassenen kommunalen Träger, das Bundeszentralamt für Steuern und die Datenstelle der Rentenversicherungsträger als Vermittlungs- bzw Kopfstelle.

34

f) Der bereichsspezifische Zweck des automatisierten Datenabgleichs ist dem Gesamtzusammenhang der Regelungen zu entnehmen und liegt in einer Überprüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II sowie der Vermeidung eines Leistungsmissbrauchs. Das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit wird auch nicht dadurch verletzt, dass dieser Zweck des Datenabgleichs nicht unmittelbar in § 52 SGB II aufgenommen ist. Ausreichend ist, dass er ohne Weiteres bestimmbar ist. Insofern ergibt sich aus dem Kontext der Regelungen, dass keine mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende Sammlung personenbezogener Informationen auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 187 mwN) gegeben ist. Den in § 52 Abs 1 SGB II im Einzelnen aufgeführten Abrufgegenständen liegt klar erkennbar zugrunde, dass ein Bezug von SGB II-Leistungen vermieden werden soll, wenn andere Einkünfte oder Vermögenswerte vorliegen, die - bei einer Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach ordnungsgemäßen Angaben des Leistungsberechtigten - eigentlich zum Ausschluss oder zur Verminderung des SGB II-Anspruchs führen würden. Die Datenabgleiche verfolgen erkennbar das Ziel, das (weitere) Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu prüfen, einen Leistungsmissbrauch zu vermeiden sowie die "Konzentration der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die wirklich Bedürftigen sowie die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel" sicherzustellen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 64; BT-Drucks 16/1410, S 30; BR-Drucks 483/05, S 6).

35

6. Die in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthaltene Eingriffsermächtigung genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient (dazu a) und als Mittel zu diesem Zweck geeignet (dazu b) sowie erforderlich und angemessen (dazu c) ist (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 193; BVerfG Beschluss vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320, 345). Diesen Erfordernissen ist Rechnung getragen. Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (dazu d).

36

a) Der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern dient der Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen und damit einem Gemeinwohlbelang, dem nach der Rechtsprechung des BVerfG eine erhebliche Bedeutung zukommt (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 126). Wie bereits vorstehend näher ausgeführt, verfolgt der Gesetzgeber mit dem automatisierten Datenabgleich nach § 52 SGB II den legitimen Zweck, das anzurechnende Einkommen und Vermögen(§§ 11, 12 SGB II) zu überprüfen, sodass einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme entgegen gewirkt und ein Missbrauch von Sozialleistungen aufgedeckt werden kann (BT-Drucks 15/1516, S 64; 16/1410, S 30; vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 4/07 R - BSGE 101, 260 ff = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 25 zur Vorlagepflicht von Kontoauszügen).

37

b) Der automatisierte Abgleich von Daten nach § 52 SGB II iVm der GrSiDAV ist auch geeignet, die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist die Kenntnis von Kapitalerträgen und evtl dahinter stehenden Vermögenswerten bei deutschen und ausländischen Kreditinstituten oder etwaigen Zinserträgen von entscheidender Bedeutung. Ergeben sich aus den von Bundeszentralamt für Steuern über die Kopfstelle der BA übermittelten Daten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Vermögensverhältnissen des SGB II-Leistungsberechtigten, unterrichtet die BA die Stellen, die Leistungen bewilligt haben, innerhalb von zwei Wochen über die Ergebnisse des Datenabgleichs (§ 1 Abs 2 GrSiDAV). Diejenigen SGB II-Träger, die Leistungen bewilligt haben, können ggf Aufhebungs- und Erstattungsverfahren einleiten oder nach § 34 SGB II - bei Vermögensverschiebungen zu Lasten des Grundsicherungsträgers insbesondere vor dem Bezug von SGB II-Leistungen - Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten geltend machen.

38

c) Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs ist zur Erreichung der beschriebenen Gesetzeszwecke erforderlich. Dem kann nicht mit dem Argument des Klägers entgegen getreten werden, dass zunächst empirische Erhebungen zur tatsächlichen Häufigkeit der Missbrauchstatbestände erfolgen müssten. Der gesetzgeberische Gestaltungspielraum ist jedenfalls nicht in der Weise eingeschränkt, dass ein automatisierter Datenabgleich nur möglich ist, wenn durch den Datenabgleich nachgewiesene Überzahlungen von SGB II-Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit in einem bestimmten Umfang feststellbar sind. Ausreichend ist, dass das tatsächliche Phänomen des unberechtigten Bezugs von SGB II-Leistungen wegen nicht angegebenen Einkommen und Vermögen besteht. Insofern hat der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auf die in den Jahren 2005 bis 2012 durch den Datenabgleich nach § 52 SGB II festgestellten Überzahlungsbeträge in Höhe von rund 575 Mio Euro hingewiesen(vgl BT-Drucks 17/13629 vom 24.5.2013). Auch wenn zu unterstellen ist, dass die weitaus überwiegende Zahl der Empfänger von SGB II-Leistungen vorhandenes Einkommen oder Vermögen korrekt angibt, hat bereits das Wissen um einen möglichen Datenabgleich eine nicht zu unterschätzende Präventivwirkung (vgl Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 6; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010; 18. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz - BT-Drucks 14/5555, S 137 zu dem zum 1.1.1998 eingeführten Sozialhilfedatenabgleich). Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Gesetzgeber nicht allein auf die Deklarationsbereitschaft der Leistungsberechtigten bei Antragstellung abstellen, sondern kann eine Verifizierung der (fortdauernden) Richtigkeit der Angaben durchführen.

39

Ein ebenso wirksamer, den Betroffenen aber weniger belastender Weg als das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs ist nicht ersichtlich (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010). Das automatisierte, pauschale Abgleichverfahren ist in den meisten Fallgestaltungen zu Unrecht bezogener SGB II-Leistungen die einzige Möglichkeit einen Doppelbezug von Sozialleistungen bzw einen Leistungsbezug trotz Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen zu belegen (Zahn, Datenabgleich zur Missbrauchskontrolle im Bereich der Sozialleistungen, 2001, S 230). Das LSG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass stichprobenartige Einzelabfragen schon wegen der hohen Zahl von Kreditinstituten in der Bundesrepublik und wegen der möglicherweise hohen Zahl der Abfragen kein praktikables alternatives Mittel zur Zielerreichung sind (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 194 f). Bei der Auswahl der in eine mögliche Stichprobe einbezogenen Kreditinstitute sind keine konkreten gesetzlichen Vorgaben denkbar, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit gerecht werden und zugleich zu einer sachgerechten Begrenzung eines Datenabgleichs durch Einzelabfragen vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Datenabgleichs führen könnten. Das Herausgreifen nur einzelner Leistungsberechtigter wäre mit einer Ungleichbehandlung der SGB II-Bezieher in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Missbrauchskontrolle verbunden.

40

Zudem ist zweifelhaft, ob Einzelanfragen überhaupt ein milderes Mittel im Vergleich zu einem automatisierten Verfahren des Datenabgleichs darstellen (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 123). Aufgrund von individuellen Anfragen - etwa im Wege von stichprobenhaften Überprüfungen - werden die angeschriebenen Kreditinstitute zugleich über den Bezug von existenzsichernden Mitteln durch ihren Kunden direkt unterrichtet, was Einfluss auf deren Kreditwürdigkeit und eine stigmatisierende Wirkung haben kann. Dagegen ist im Rahmen des automatisierten Verfahrens nach § 52 SGB II eine Kenntnisnahme des SGB II-Bezugs durch die Kreditinstitute auszuschließen(vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195). Anders als bei Einzelabfragen greift § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II auf bereits an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Daten zur Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Steuervorteilen zurück.

41

d) Die Ermächtigung zum automatisierten Datenabgleich wahrt auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

42

Dieses Gebot verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf. Der Gesetzgeber hat das Individualinteresse, das durch einen Grundrechtseingriff beschnitten wird, den Allgemeininteressen, denen der Eingriff dient, angemessen zuzuordnen. Das Gewicht des Eingriffs wird insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten beeinflusst (BVerfG Urteil vom 11.3.2008 - 1 BvR 2074/05 ua - BVerfGE 120, 378, 401; BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Ist das Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung jedoch geringer, kann diese mit Rücksicht auf wichtige Ziele des Gesetzes eher als verhältnismäßig hinzunehmen sein (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195).

43

Nach diesen Maßstäben steht § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV - soweit diese zu Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berechtigen - nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Die erhobenen und übermittelten Daten weisen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz auf; sie beinhalten insbesondere kein Persönlichkeitsprofil des SGB II-Leistungsberechtigten, bilden seine Persönlichkeit auch nicht teilweise ab und lassen keine Einblicke oder Rückschlüsse auf Art und Intensität von Beziehungen, Kommunikationsverhalten und Kommunikationsinhalt, soziales Umfeld, persönliche Angelegenheiten, Interessen, Neigungen und Gewohnheiten zu (vgl zB BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Soweit dem SGB II-Träger eine Kenntnis über eventuelle Sparkonten bzw Kapitalerträge, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, vermittelt wird, handelt es sich lediglich um (Teil-)Informationen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten. Es entsteht kein umfassender "Sozialdatenpool"; vielmehr werden nur Informationen erhoben, zu deren Angabe der SGB II-Leistungsberechtigte ohnehin bei Antragstellung und bei einer späteren Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet wären (Müller-Thele in Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 52 SGB II RdNr 11, Stand April 2009).

44

Auch die Häufigkeit des automatisierten Datenabgleichs führt nicht zu dessen Unangemessenheit. § 52 Abs 1 S 1 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) in der Weise geändert, dass anstelle des zuvor festgelegten "regelmäßigen Datenabgleichs" vierteljährliche Vorgaben für den Datenabgleich durch die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger normenklar festgelegt worden sind (vgl BT-Drucks 16/1410, S 30). Das LSG hat bereits darauf hingewiesen, dass nach Durchführung der automatisierten Abfrage die Daten unverzüglich gelöscht werden, falls keine Kapitalerträge gemeldet worden sind (vgl § 52 Abs 2a S 3 SGB II, § 52 Abs 3 SGB II). Diese Regelungen beinhalten umfassende verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutzes.

45

Die Häufigkeit der Datenabgleiche hat der Gesetzgeber mit den rechtfertigenden Gründen der Fluktuation bei den Leistungsbeziehern, der Häufigkeit von Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Situation sowie dem Aufwand und Zeitbedarf für die Durchführung des Datenabgleichs bei den Auskunftsstellen begründet (BR-Drucks 483/05, S 7). Die Ausführungen des Gesetzgebers verdeutlichen, dass von dem automatisierten Datenabgleich auch diejenigen Leistungsbezieher erfasst werden sollten, die nur für kurze Zeit SGB II-Leistungen beziehen. Da sich der Datenabgleich zu den Stichtagen 1.1., 1.4. und 1.7. jeweils nur auf das vorangegangene Kalendervierteljahr bezieht, ermöglicht der Datenabgleich eine schnelle Reaktion auf die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Demgegenüber führt ein zeitlich größerer Abstand der Datenabgleiche zwangsläufig zu vermehrten Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden, die regelmäßig mit einer erschwerten oder nicht mehr möglichen "Rückführung" der überzahlten SGB II-Beträge verbunden sind.

46

Auch die zeitlich länger zurückwirkenden Datenabgleiche zwischen der BA und des Bundeszentralamts für Steuern zum 1.10. eines jeden Jahres sind durch ausreichende Gründe gerechtfertigt. Nach § 52 Abs 4 SGB II iVm § 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV werden in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben. Dies hat der Verordnungsgeber mit Gründen der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs gerechtfertigt, ohne dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Er hat darauf Bezug genommen, dass bei dem Bundesamt für Finanzen (als Vorgängerin des seit 1.1.2006 zuständigen Bundeszentralamtes für Steuern) erst im vierten Kalendervierteljahr ein zuverlässiger Datenbestand über das Vorjahr vorliege, während im ersten, zweiten und dritten Kalendervierteljahr die Anfragesätze auf der Grundlage der jeweils aktuellen Daten geprüft würden (BR-Drucks 483/05, S 7). Dieser einmalige im Verlauf des Kalenderjahres auf das gesamte vorangegangene Jahr bezogene, "rückwirkende Datenabgleich" ist im Hinblick auf die Ziele des § 52 SGB II erforderlich, weil sich - unbeschadet der Verkürzung der Übermittlungsfristen der inländischen Kreditinstitute von dem Zeitraum bis zum 31.5. des Folgejahres auf den Zeitraum bis zum 31.3. des Folgejahres (durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010, BGBl 1768) - in zahlreichen Fallgestaltungen auch weiter zurückliegende Informationen zu Vermögen und Zinserträgen oder aktuellere Daten ergeben können. So ist zB - bei einem Verbrauch von Vermögen vor einem (erneuten) Antrag auf SGB II-Leistungen - auch ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht zu ziehen(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - RdNr 13; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14), der erst drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung erbracht worden ist, erlischt. Zwar können die nicht auf die Dauer und die zeitliche Lage eines SGB II-Bezugs im Jahresverlauf abstellenden Stichtage in einigen Fallgestaltungen des jahresbezogenen Abgleichs dazu führen, dass diese (nur) bereits bekannte Inhalte ergeben. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Gründe der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs zu festgelegten Zeitpunkten führen jedoch auch diese Nachteile, die dem von Datenabgleichen Betroffenen infolge des Abgleichs drohen, angesichts der verfolgten Ziele nicht zur Unangemessenheit der Ermächtigung.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den automatisierten Datenabgleich zwischen dem Beklagten und dem Bundeszentralamt für Steuern.

2

Der Beklagte erhielt während des SGB II-Bezugs des Klägers von Mai 2005 bis November 2006 über den automatisierten vierteljährlichen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahr 2004 Einkünfte aus Vermögen erzielt hatte. Nach vergeblicher Aufforderung zur Darlegung der Höhe des Vermögens sowie der Kapitalerträge entzog der Beklagte ihm die SGB II-Leistungen wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit. Seit August 2012 erhält der Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II, die der Beklagte vorläufig bewilligte.

3

Die im Dezember 2012 erhobene und gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 22.11.2013). Die Berufung mit dem Begehren, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und "den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zukünftig zu unterlassen", ist ohne Erfolg geblieben(Urteil des LSG vom 8.5.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die zulässige vorbeugende Unterlassungsklage sei nicht begründet. Zwar werde mit dem automatisierten Datenabgleich in das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen; dies begegne jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Eingriff erfolge mit der erforderlichen Bestimmtheit und Normenklarheit. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II regele, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben der geregelten Informationserhebung berechtigt sein solle. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels und der Intensität des Eingriffs sei dieser nach Maßgabe der getroffenen Regelung verhältnismäßig. Der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II solle die Überprüfung des beim Alg II zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens sicherstellen, diene der Aufdeckung von nicht angegebenem Vermögen und des Leistungsmissbrauchs sowie gleichzeitig der Abschreckung gegenüber Antragstellern, die bestimmte Vermögenswerte nicht angeben wollten. Die ermittelten Kapitalerträge ermöglichten Rückschlüsse auf aktuelles bzw in der Vergangenheit vorhandenes Vermögen. Durch weitere Ermittlungen könne der Beklage feststellen, ob anrechenbares Vermögen vorhanden (gewesen) sei, das für den laufenden oder einen bereits zurückliegenden Leistungszeitraum Auswirkungen auf den Grund oder die Höhe der Leistungen habe oder gehabt habe. Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern sei zur Erreichung des Gesetzeszwecks erforderlich, weil ein ebenso wirksamer, den Leistungsempfänger weniger belastender Weg nicht ersichtlich sei. Die beanstandete gesetzliche Ermächtigung wahre auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem dargestellten Schutzzweck nicht schwerwiegender sei. Auch der beschränkte Blick in die Vergangenheit sei verhältnismäßig. Die gemeldeten Daten beträfen von vornherein Sachverhalte (Erwirtschaftung von Erträgen aus Vermögen), die in einer (zeitnahen) Vergangenheit lägen. Die Schwere der vom Kläger beanstandeten Eingriffe, die durch die quartalsmäßige Abfrage ausgelöst würden, stehe nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II gegen Verfassungsrecht. Das LSG habe nicht problematisiert, ob es - wie in § 52 Abs 4 SGB II festgelegt - in formeller Hinsicht genüge, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Verordnungsermächtigung zu erteilen. Auch liege kein konkreter, sondern ein allgemeiner Erhebungszweck vor, wenn der Gesetzgeber unterstelle, Hinweise auf Vermögen trotz einer ersten (negativen) Abfrage bei erstmaliger Antragsstellung zu finden. Fraglich sei auch, ob der automatisierte Datenabgleich in der konkreten Häufigkeit geeignet sei, nach der erstmaligen Abfrage für die Vergangenheit noch weitere, neue Erkenntnisse zu bringen. Hierzu müssten empirische Ermittlungen erfolgen. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II ermögliche ein "dauerhaftes Ermitteln ins Blaue hinein". Eine Verhältnismäßigkeit sei daher nicht mehr gegeben. Die quartalsmäßigen Abgleiche aller Leistungsberechtigten fielen in den Bereich anlassloser Routineabrufe, die nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung unzulässig seien.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 und des Sozialgerichts Dortmund vom 22. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zu unterlassen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er vertritt die Auffassung, dass der automatisierte Datenabgleich zur Vermeidung des Sozialleistungsmissbrauchs geeignet sei. Das LSG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass ein konkreter Einzelabruf bei den Kreditinstituten einen stigmatisierenden Charakter habe, es also weniger belastende Wege zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht gebe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

9

1. a) Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, den automatisierten Datenabgleich in der gesetzlich vorgesehenen Form mit dem Bundeszentralamt für Steuern zukünftig zu unterlassen. Er wendet sich nicht im Wege des grundsätzlich nachgängigen Rechtsschutzes gegen einzelne oder wiederholte Datenabgleiche, die in der Vergangenheit nach bestimmten - ggf gesetzlichen Vorgaben zuwiderlaufenden - Praktiken stattgefunden haben. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, wie er in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) iVm den Regelungen der Verordnung über den automatisierten Datenabgleich bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung ) vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 Erste ÄndVO vom 21.2.2012 (BGBl I 309), im Einzelnen gesetzlich umschrieben ist, unzulässig sei. Sein Begehren richtet sich damit auf die künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten. Dieses Klageziel kann er grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs 1 S 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist(BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 RdNr 10; BSG Urteil vom 27.1.1977 - 7 RAr 17/76 - BSGE 43, 134 = SozR 4100 § 34 Nr 6, RdNr 18).

10

b) Das für eine vorbeugende Unterlassungsklage geforderte qualifizierte Rechtsschutzinteresse einschließlich einer Wiederholungsgefahr (BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 mwN) hat der Kläger schlüssig dargelegt. Bei einem hoheitlichen Handeln besteht dies darin, dass der Betreffende von der Verwaltungsmaßnahme widerrechtlich berührt, dh in seinen Rechten nachteilig verletzt wird bzw eine solche Verletzung behauptet.

11

Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten sein (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, § 54 RdNr 119 SGG, Stand: Dezember 2012). Es muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 P 5/12 R - SozR 4-3300 § 115 Nr 2 RdNr 9; BSG Urteil vom 24.7.2013 - B 3 P 4/02 R - BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1, RdNr 7; vgl auch BVerwG Urteil vom 22.10.2014 - 6 C 7/13 - RdNr 12 f).

12

Ein solches spezifisches Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz liegt hier vor. Mit seinem Vorbringen, der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II werde laufend durchgeführt und verletze das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, hat der Kläger schlüssig dargetan, dass er durch den Datenabgleich in seinen Rechten betroffen sei. Unstreitig ist er wegen seines laufenden SGB II-Bezugs dem Datenabgleich automatisch und ohne die Möglichkeit einer eigenen Einflussnahme in regelmäßigen Abständen unterworfen, weshalb ein erneutes von ihm als widerrechtlich bewertetes Vorgehen des Beklagten im Sinne einer Wiederholungsgefahr ernstlich zu befürchten ist. Der Beklagte ist nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verpflichtet, die vorgesehenen Daten jeweils zu Beginn eines jeden Quartals zu erheben. Es ist dem Kläger wegen des Datenabgleichs ohne angreifbaren Verwaltungsakt nicht möglich, nachträglich effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Gleichfalls hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass ggf stattgefundene tatsächliche Handlungen der Datenübermittlung und des Datenabgleichs nicht mehr rückgängig gemacht werden können, der Kläger also auf einen nachträglichen Rechtsschutz nicht verwiesen werden kann.

13

Mit seinem Klagevortrag bringt er zudem zum Ausdruck, dass er sich gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern unabhängig von einer hiermit ggf verbundenen Anrechnung von bisher nicht angegebenem Vermögen oder (Zins-)Einkünften durch spätere Rücknahme- und Erstattungsbescheide wenden möchte. Unbesehen dieser möglichen Folgen des Datenabgleichs hat der Kläger schlüssig behauptet, durch den Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II an sich in seinen Rechten verletzt zu sein. Er kann also - zur eventuellen Erreichung seines Klageziels - nicht darauf verwiesen werden, gegen die nach den Feststellungen des LSG möglicherweise wegen fehlender Auskünfte zu Vermögenswerten nur vorläufig erfolgte Bewilligung vorzugehen und in diesem Rahmen einzuwenden, dass die Erkenntnisse aus dem Datenabgleich nicht "verwertet" werden dürften.

14

2. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage auf Unterlassung des Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern zutreffend gegen den Beklagten als gemeinsame Einrichtung. Der Beklagte ist der richtige Klagegegner. Nach § 44b Abs 1 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) nimmt die gemeinsame Einrichtung grundsätzlich alle Aufgaben der Träger nach dem SGB II gegenüber den Leistungsberechtigten wahr (Grundsatz der Gesamtwahrnehmung). Der Beklagte ist die verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X sowie Stelle iS des § 35 Abs 1 SGB I, sodass der hier streitige Unterlassungsanspruch gegen ihn zu richten ist(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 50 RdNr 7).

15

3. Das LSG hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

16

Materiell-rechtlich beruht der Unterlassungsanspruch auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95, RdNr 17 mwN). § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthält eine gesetzliche Grundlage, die in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X steht und den Kläger auf einfach-gesetzlicher Ebene zur Duldung des automatisierten Datenabgleichs verpflichtet.

17

a) Zwar hat nach § 35 Abs 1 S 1 SGB I jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Auch handelt es sich bei den für den Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern verwendeten Informationen um Sozialdaten iS des § 67 Abs 1 SGB X. Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden(§ 67 Abs 1 SGB X). Hierzu gehören auch die hier verwendeten Daten. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I). Hierzu bestimmt § 67d Abs 1 SGB X, dass eine Übermittlung von Sozialdaten nur zulässig ist, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches vorliegt. Nach § 67a Abs 2 S 1 SGB X sind Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie bei anderen (als in den in § 35 SGB I oder in § 69 Abs 2 SGB X genannten Stellen) oder bei "anderen Personen oder Stellen" nur erhoben werden, "wenn eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt" (§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2a SGB X).

18

b) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II enthält eine diesen Vorgaben entsprechende spezielle und bereichsspezifische Ermächtigung im SGB II(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 2)an die BA und die zugelassenen kommunalen Träger zur Übermittlung und Überprüfung von Daten iS von § 67d Abs 1 SGB X.

19

Nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II überprüfen die BA und die zugelassenen kommunalen Träger Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin, ob und welche Daten nach § 45d Abs 1 und § 45e des EStG an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Auf der Grundlage der Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 52 Abs 4 SGB II zur Regelung von Einzelheiten des Verfahrens des automatisierten Datenabgleichs und der Verfahrenskosten hat der Verordnungsgeber die GrSiDAV vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung vom 21.2.2012 (BGBl I 309), erlassen. § 2 Abs 4 GrSiDAV bestimmt, dass das Bundeszentralamt für Steuern die ihm übermittelten Daten mit den dort gespeicherten Daten zur Feststellung von Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags(Nr 1), sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl Nr L 1573 S 38) mitgeteilt wurden (Nr 2), abgleicht. Nach § 1 Abs 1 GrSiDAV bezieht die BA in den Datenabgleich alle Personen ein, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben (Abgleichsfälle). Abweichend hiervon werden in den Abgleich mit den Daten des Bundeszentralamtes für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben (§ 1 S 2 GrSiDAV). Mit den genannten Regelungen wird der Umfang der Datenübermittlung und -überprüfung hinsichtlich der in die Überprüfung einzubeziehenden Zeiträume konkretisiert.

20

4. Das Unterlassungsbegehren des Klägers hat auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen Erfolg, weil der automatisierte Datenabgleich zwischen der BA und dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt. Die mit dem Datenabgleich verbundenen Eingriffe, die in der Übermittlung der Sozialdaten (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 3 SGB X), vorübergehenden Speicherung (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 1 SGB X) und einem Datenabgleich im Sinne des Synchronisierens der Daten zwischen zwei Datenträgern (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 52 RdNr 9, Stand März 2015) liegen, sind jedoch verfassungsgemäß (dazu 5. und 6.).

21

In seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt das allgemeine Persönlichkeitsrecht Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, ergeben (BVerfG vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 41 ff; vom 12.4.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29, 45 f; vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320; vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183). Es gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl BVerfGE 65, 1, 43; 84, 192, 194). Eine Gefährdung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern entstehen, so insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden (können), die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Vor allem mittels elektronischer Datenverarbeitung können aus solchen Informationen weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183 f).

22

Mit den Datenabgleichen auf der Grundlage von § 52 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV wird dem SGB II-Träger Kenntnis darüber verschafft, ob und ggf in welchem Umfang Leistungsberechtigte nach dem SGB II für vorhandenes Vermögen an inländische Kreditanstalten Freistellungsaufträge erteilt und Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt haben. Hierfür wird an die Mitteilungspflichten von inländischen und ausländischen Kreditinstituten ua an das Bundeszentralamt für Steuern nach § 45d EStG und § 45e EStG angeknüpft. Die so gewonnenen Informationen werden auch - zumindest vorübergehend - gespeichert und können zur Grundlage weiterer Maßnahmen gemacht werden. Stellt sich heraus, dass der Betroffene über bislang unbekannte Konten und Depots verfügt, kann sich der zuständige SGB II-Träger - auf der Grundlage anderer Regelungen - ggf weitere Informationen über deren Inhalt verschaffen. Das in den angegriffenen Normen vorgesehene Verfahren führt damit zu einem Abruf von Daten, die den Zugriff auf weitere Informationen ermöglichen. Auch die im Anschluss - etwa über die Mitwirkungsvorschriften der §§ 60 ff SGB I - erhebbaren Informationen über Vermögensbeträge und Zinserträge können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein. Der SGB II-Träger kann Maßnahmen vorbereiten, die ansonsten nicht möglich wären. Die Belange der Betroffenen können durch Erstattungsverlangen, aber auch Hinweise an die Strafverfolgungsbehörden, berührt werden. Von diesen Beeinträchtigungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist der Kläger, wie sich etwa an den vorangegangenen Aufhebungs- und Erstattungsverfahren im Jahre 2004 zeigt, unmittelbar betroffen.

23

5. a) Die automatisierte Datenerhebung und -übermittlung nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verletzt im Ergebnis jedoch nicht das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die angegriffene Norm genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit, aber auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu 6.).

24

Bezogen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet das Bestimmtheitsgebot seine Grundlage in Art 2 Abs 1 iVm mit Art 1 Abs 1 GG (vgl BVerfG Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 46 ff, 54; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 186 ff). Es soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe für ihr Verhalten vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns anhand klarer rechtlicher Maßstäbe durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar durch gesetzliche Regelungen festgelegt werden (vgl BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 52 f; BVerfG Urteil vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348, 375 ff).

25

b) Von dem automatisierten Datenabgleich erfasst werden nach § 52 Abs 1 SGB II Personen, die Leistungen nach dem SGB II "beziehen". Der berücksichtigte Personenkreis wird in § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV weiter umschrieben. Dies geschieht mit der Festlegung, dass die BA bei dem Datenabgleich alle Personen einbezieht, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben. Eine weitere Konkretisierung der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - wie hier - durch Rechtsverordnung steht das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen, soweit sich aus dieser eine normenklare Festlegung entnehmen lässt (BVerfG Urteil vom 24.4.2013 - 1 BvR 1215/07 - BVerfGE 133, 277, 336). Dies ist hier der Fall, weil sich die in der GrSiDAV erfolgte Begrenzung des Umfangs des Datenabgleichs in zeitlicher Hinsicht als generell-abstrakte Präzisierung und normenklare Konkretisierung des in § 52 Abs 1 SGB II vom Gesetzgeber umfassend angeordneten Datenabgleichs erweist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung zur Regelung des Datenabgleichs durch Rechtsverordnung enthält Art 52 Abs 4 SGB II mit seiner Bezugnahme auf das Verfahren des Datenabgleichs eine Regelung, die den hier einräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des SGB II und unter Berücksichtigung des Zwecks des Datenabgleichs (s hierzu d) eingrenzt. Wie bereits in der Systematik des § 52 Abs 1 SGB II mit den genannten Stichtagen angelegt, findet nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV eine Begrenzung des von dem Abgleich erfassten Personenkreises in Anknüpfung an einen SGB II-Leistungsbezug in dem jeweils vorangegangenen Kalendervierteljahr statt. Darüber hinaus werden nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres SGB II-Leistungen erhalten haben(§ 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV). Diese Regelungen bringen hinreichend klar zum Ausdruck, dass in den Datenabgleich alle Personen einbezogen werden, die - bezogen auf die jeweiligen Stichtage im vorangegangenen Vierteljahr bzw Kalenderjahr (Abgleichszeiträume) - für mindestens einen Tag SGB II-Leistungen bezogen haben (Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 26, Stand 7/2012; vgl auch BR-Drucks 483/05; aA Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009 "nur aktueller Grundsicherungsempfänger").

26

c) Durch die Bezugnahme auf die nach den steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 45d, 45e EStG an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnden Daten wird der Gegenstand des Datenabgleichs abschließend festgelegt.

27

Zu dem Gegenstand der Datenübermittlung bzw des Datenabgleichs regelt § 52 Abs 2 SGB II iVm der GrSiDAV, welche Daten einer Person im SGB II-Bezug von der - intern zuständigen - BA an die in Abs 1 genannten Stellen(ua das Bundeszentralamt für Steuern nach Abs 1 Nr 3) bzw über die Vermittlungsstelle (Datenstelle der Rentenversicherungsträger, "Kopfstelle") nach Abs 2a übermittelt werden dürfen. Es handelt sich um abschließend aufgeführte personenbezogene Daten (Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Anschrift, Versicherungsnummer). Nach Übermittlung der Anfragedatensätze durch die BA an die Kopfstelle leitet diese dem Bundeszentralamt für Steuern einen um die Daten "Versicherungsnummer" und "Geburtsort" verminderten Anfragedatensatz (§ 1b Abs 1 S 1 Nr 1 GrSiDAV) weiter, der wiederum Gegenstand des Datenabgleichs bei dem Bundeszentralamt für Steuern ist (§ 2 Abs 4 GrSiDAV).

28

Das Bundeszentralamt für Steuern führt den Datenabgleich in der Weise durch, dass es die dort eingegangenen Anfragedatensätze mit denjenigen Daten abgleicht ("synchronisiert"), die "nach § 45 d Abs 1 und § 45 e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind"(§ 52 Abs 1 Nr 3 SGB II). Hiervon grundsätzlich erfasst sind die beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten zu Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags, sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl EU Nr L 157 S 38) mitgeteilt wurden (vgl § 2 Abs 4 GrSiDAV).

29

Der Umstand, dass sich der Gegenstand der Datenübermittlung und des Datenabgleichs hier erst aus den genannten steuerrechtlichen Regelungen ergibt, steht dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit nicht entgegen. Ausreichend ist es, wenn sich der Gegenstand jedenfalls aus dem Zusammenwirken verschiedener Regelungen ergibt (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 53 f), was hier zu bejahen ist. Mit der Bezugnahme auf § 45d Abs 1 EStG wird an die Mitteilungspflichten der inländischen Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute zu den beim verpflichtenden Steuerabzug aufgrund eines Freistellungsauftrags oder einer Nichtveranlagungsbescheinigung freigestellten Kapitalerträgen angeknüpft. Diese Daten sind nach § 45d Abs 1 EStG idF des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 1768) regelmäßig bis zum 1.3. des Jahres zu übermitteln, das auf das Jahr folgt, in dem die Kapitalerträge den Gläubigern zufließen. Bei der steuerrechtlichen Regelung des § 45e EStG ergibt sich der Gegenstand des Datenabgleichs aus der Richtlinie 2003/48/EG(EU-Zinsrichtlinie). Diese sieht vor, dass Erträge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche Eigentümer, die natürliche Personen sind und die in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden (Niedland in Lademann, EStG, § 45e, Stand September 2010). Dabei werden nach Art 8 der Richtlinie 2003/48/EG Informationen zur Identität und zum Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers, Name und Anschrift der (ausländischen) Zahlstelle (zB des ausländischen Kreditinstituts), Konto- oder Depotnummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder Bezeichnung der Forderung, aus der die Zinsen stammen sowie der Betrag und Zeitraum der Zinszahlung an die "zuständige Behörde" - im Inland ist dies das Bundeszentralamt für Steuern (§ 5 Abs 2 S 1 der Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 - BGBl I 128) übermittelt (Art 6 der Richtlinie 2003/48/EG).

30

d) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II und § 2 Abs 4 GrSiDAV legen auch hinreichend normenklar fest, welcher Ausschnitt der beim Bundeszentralamt für Steuern vorhandenen Daten in die automatisierten Datenabgleiche zu den verschiedenen Abgleichszeitpunkten im Verlauf eines Kalenderjahres einbezogen werden dürfen. Nach der gesetzlichen Anknüpfung in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II wird zunächst auf die nach § 45d Abs 1 und § 45e Abs 1 EStG "übermittelten Daten" abgestellt, ohne dass zugleich festgelegt wird, in welchem Zeitraum die Angaben der Kreditinstitute an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet worden sein müssen. Auch § 2 Abs 4 GrSiDAV gibt hierzu keinen näheren Aufschluss, weil nach dessen Wortlaut nur mit "gespeicherten Daten" abgeglichen werden soll. Ausreichend zur Wahrung des Gebots der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit ist jedoch, dass sich die Regelungsinhalte unter Nutzung der juristischen Methodik bewältigen lassen, sodass das Verwaltungshandeln vorhersehbar und justiziabel ist (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 56 f; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvL 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 188). Dies ist hier zu bejahen.

31

Aus der Systematik des Datenabgleichs in § 52 SGB II iVm der GrSiDAV folgt, dass bei den als Abgleichsgegenstand einzubeziehenden steuerrechtlichen Meldungen nicht auf Daten zurückgegriffen werden darf, die in der länger zurückliegenden Vergangenheit an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind. Vielmehr gilt in gleicher Weise wie bei den weiteren Formen der Datenabgleiche des § 52 Abs 1 SGB I, dass die Abgleichszeiträume sowohl den Kreis der einzubeziehenden Personen auf Seiten des Jobcenters (Anfragedatensätze) als auch den Umfang der einbezogenen Daten der jeweiligen Auskunftsstellen einheitlich begrenzen. So ist in § 2 Abs 2 und 3 GrSiDAV ausdrücklich geregelt, dass die vom Jobcenter übermittelten Daten mit den bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Post AG gespeicherten Daten zur Feststellung eines zeitgleichen Bezugs anderer Leistungen "im Abgleichszeitraum" überprüft werden sollen. Der Abgleich bezieht sich also in diesen Fallgestaltungen auf die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Daten der nachfragenden Stelle und die Auskunftsstelle zeitlich übereinstimmenden Abgleichszeitraum. Auch beim Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist auf die tatsächlichen Verhältnisse und Entwicklungen im Abgleichszeitraum, also die nach § 45d EStG und § 45e EStG aktuell übermittelten, nicht jedoch die in den zurückliegenden Jahren übermittelten und noch gespeicherten Daten als Gegenstand des Abgleichs abzustellen. Dies folgt aus der wegen der Abweichung vom Sozialgeheimnis geforderten engen Auslegung des § 52 SGB II(vgl hierzu Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009; Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 5, Stand 3/2015), die eine Begrenzung der auf Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern einzubeziehenden Daten erfordert, die über das Merkmal der "gespeicherten" Daten hinausgehen muss. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 2 GrSiDAV enthält zudem - wie ein Vergleich mit den Datenabgleichen in anderen Sozialleistungsbereichen zeigt - keine vom festgelegten Abgleichszeitraum abweichenden Regelungen zum Umfang der in zeitlicher Hinsicht auf Seiten der Auskunftsstellen in den Datenabgleich einzubeziehenden Daten(für eine derartige Regelung vgl zB § 2 Abs 2 S 2 der Verordnung zur Durchführung des § 118 Abs 1 und 2 SGB XII vom 21.1.1998 , zuletzt geändert durch Art 365 vom 31.10.2006 ).

32

Bei dem Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist daher auf die aktuell im Abgleichszeitraum übermittelten Daten abzustellen. Dies sind die in dem jeweiligen Kalendervierteljahr vor den Abgleichszeitpunkten 1.4., 1.7. und 1.1. neu bei dem Bundeszentralamt für Steuern eingegangenen Daten. Bezogen auf den Abgleichszeitpunkt 1.10. des jeweiligen Jahres werden die Daten derjenigen Leistungsbezieher, die in dem vorangegangenen Jahr für mindestens einen Tag tatsächlich SGB II-Leistungen bezogen haben, mit den beim Bundeszentralamt für Steuern in dem Abgleichszeitraum neu eingegangenen Mitteilungen der Kreditinstitute zu Freistellungsaufträgen und Zinseinkünften abgeglichen.

33

e) Auch die Beteiligten des Datenabgleichs und das Verfahren sind normenklar festgelegt. Beteiligt sind die BA bzw die zugelassenen kommunalen Träger, das Bundeszentralamt für Steuern und die Datenstelle der Rentenversicherungsträger als Vermittlungs- bzw Kopfstelle.

34

f) Der bereichsspezifische Zweck des automatisierten Datenabgleichs ist dem Gesamtzusammenhang der Regelungen zu entnehmen und liegt in einer Überprüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II sowie der Vermeidung eines Leistungsmissbrauchs. Das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit wird auch nicht dadurch verletzt, dass dieser Zweck des Datenabgleichs nicht unmittelbar in § 52 SGB II aufgenommen ist. Ausreichend ist, dass er ohne Weiteres bestimmbar ist. Insofern ergibt sich aus dem Kontext der Regelungen, dass keine mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende Sammlung personenbezogener Informationen auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 187 mwN) gegeben ist. Den in § 52 Abs 1 SGB II im Einzelnen aufgeführten Abrufgegenständen liegt klar erkennbar zugrunde, dass ein Bezug von SGB II-Leistungen vermieden werden soll, wenn andere Einkünfte oder Vermögenswerte vorliegen, die - bei einer Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach ordnungsgemäßen Angaben des Leistungsberechtigten - eigentlich zum Ausschluss oder zur Verminderung des SGB II-Anspruchs führen würden. Die Datenabgleiche verfolgen erkennbar das Ziel, das (weitere) Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu prüfen, einen Leistungsmissbrauch zu vermeiden sowie die "Konzentration der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die wirklich Bedürftigen sowie die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel" sicherzustellen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 64; BT-Drucks 16/1410, S 30; BR-Drucks 483/05, S 6).

35

6. Die in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthaltene Eingriffsermächtigung genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient (dazu a) und als Mittel zu diesem Zweck geeignet (dazu b) sowie erforderlich und angemessen (dazu c) ist (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 193; BVerfG Beschluss vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320, 345). Diesen Erfordernissen ist Rechnung getragen. Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (dazu d).

36

a) Der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern dient der Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen und damit einem Gemeinwohlbelang, dem nach der Rechtsprechung des BVerfG eine erhebliche Bedeutung zukommt (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 126). Wie bereits vorstehend näher ausgeführt, verfolgt der Gesetzgeber mit dem automatisierten Datenabgleich nach § 52 SGB II den legitimen Zweck, das anzurechnende Einkommen und Vermögen(§§ 11, 12 SGB II) zu überprüfen, sodass einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme entgegen gewirkt und ein Missbrauch von Sozialleistungen aufgedeckt werden kann (BT-Drucks 15/1516, S 64; 16/1410, S 30; vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 4/07 R - BSGE 101, 260 ff = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 25 zur Vorlagepflicht von Kontoauszügen).

37

b) Der automatisierte Abgleich von Daten nach § 52 SGB II iVm der GrSiDAV ist auch geeignet, die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist die Kenntnis von Kapitalerträgen und evtl dahinter stehenden Vermögenswerten bei deutschen und ausländischen Kreditinstituten oder etwaigen Zinserträgen von entscheidender Bedeutung. Ergeben sich aus den von Bundeszentralamt für Steuern über die Kopfstelle der BA übermittelten Daten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Vermögensverhältnissen des SGB II-Leistungsberechtigten, unterrichtet die BA die Stellen, die Leistungen bewilligt haben, innerhalb von zwei Wochen über die Ergebnisse des Datenabgleichs (§ 1 Abs 2 GrSiDAV). Diejenigen SGB II-Träger, die Leistungen bewilligt haben, können ggf Aufhebungs- und Erstattungsverfahren einleiten oder nach § 34 SGB II - bei Vermögensverschiebungen zu Lasten des Grundsicherungsträgers insbesondere vor dem Bezug von SGB II-Leistungen - Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten geltend machen.

38

c) Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs ist zur Erreichung der beschriebenen Gesetzeszwecke erforderlich. Dem kann nicht mit dem Argument des Klägers entgegen getreten werden, dass zunächst empirische Erhebungen zur tatsächlichen Häufigkeit der Missbrauchstatbestände erfolgen müssten. Der gesetzgeberische Gestaltungspielraum ist jedenfalls nicht in der Weise eingeschränkt, dass ein automatisierter Datenabgleich nur möglich ist, wenn durch den Datenabgleich nachgewiesene Überzahlungen von SGB II-Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit in einem bestimmten Umfang feststellbar sind. Ausreichend ist, dass das tatsächliche Phänomen des unberechtigten Bezugs von SGB II-Leistungen wegen nicht angegebenen Einkommen und Vermögen besteht. Insofern hat der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auf die in den Jahren 2005 bis 2012 durch den Datenabgleich nach § 52 SGB II festgestellten Überzahlungsbeträge in Höhe von rund 575 Mio Euro hingewiesen(vgl BT-Drucks 17/13629 vom 24.5.2013). Auch wenn zu unterstellen ist, dass die weitaus überwiegende Zahl der Empfänger von SGB II-Leistungen vorhandenes Einkommen oder Vermögen korrekt angibt, hat bereits das Wissen um einen möglichen Datenabgleich eine nicht zu unterschätzende Präventivwirkung (vgl Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 6; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010; 18. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz - BT-Drucks 14/5555, S 137 zu dem zum 1.1.1998 eingeführten Sozialhilfedatenabgleich). Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Gesetzgeber nicht allein auf die Deklarationsbereitschaft der Leistungsberechtigten bei Antragstellung abstellen, sondern kann eine Verifizierung der (fortdauernden) Richtigkeit der Angaben durchführen.

39

Ein ebenso wirksamer, den Betroffenen aber weniger belastender Weg als das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs ist nicht ersichtlich (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010). Das automatisierte, pauschale Abgleichverfahren ist in den meisten Fallgestaltungen zu Unrecht bezogener SGB II-Leistungen die einzige Möglichkeit einen Doppelbezug von Sozialleistungen bzw einen Leistungsbezug trotz Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen zu belegen (Zahn, Datenabgleich zur Missbrauchskontrolle im Bereich der Sozialleistungen, 2001, S 230). Das LSG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass stichprobenartige Einzelabfragen schon wegen der hohen Zahl von Kreditinstituten in der Bundesrepublik und wegen der möglicherweise hohen Zahl der Abfragen kein praktikables alternatives Mittel zur Zielerreichung sind (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 194 f). Bei der Auswahl der in eine mögliche Stichprobe einbezogenen Kreditinstitute sind keine konkreten gesetzlichen Vorgaben denkbar, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit gerecht werden und zugleich zu einer sachgerechten Begrenzung eines Datenabgleichs durch Einzelabfragen vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Datenabgleichs führen könnten. Das Herausgreifen nur einzelner Leistungsberechtigter wäre mit einer Ungleichbehandlung der SGB II-Bezieher in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Missbrauchskontrolle verbunden.

40

Zudem ist zweifelhaft, ob Einzelanfragen überhaupt ein milderes Mittel im Vergleich zu einem automatisierten Verfahren des Datenabgleichs darstellen (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 123). Aufgrund von individuellen Anfragen - etwa im Wege von stichprobenhaften Überprüfungen - werden die angeschriebenen Kreditinstitute zugleich über den Bezug von existenzsichernden Mitteln durch ihren Kunden direkt unterrichtet, was Einfluss auf deren Kreditwürdigkeit und eine stigmatisierende Wirkung haben kann. Dagegen ist im Rahmen des automatisierten Verfahrens nach § 52 SGB II eine Kenntnisnahme des SGB II-Bezugs durch die Kreditinstitute auszuschließen(vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195). Anders als bei Einzelabfragen greift § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II auf bereits an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Daten zur Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Steuervorteilen zurück.

41

d) Die Ermächtigung zum automatisierten Datenabgleich wahrt auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

42

Dieses Gebot verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf. Der Gesetzgeber hat das Individualinteresse, das durch einen Grundrechtseingriff beschnitten wird, den Allgemeininteressen, denen der Eingriff dient, angemessen zuzuordnen. Das Gewicht des Eingriffs wird insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten beeinflusst (BVerfG Urteil vom 11.3.2008 - 1 BvR 2074/05 ua - BVerfGE 120, 378, 401; BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Ist das Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung jedoch geringer, kann diese mit Rücksicht auf wichtige Ziele des Gesetzes eher als verhältnismäßig hinzunehmen sein (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195).

43

Nach diesen Maßstäben steht § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV - soweit diese zu Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berechtigen - nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Die erhobenen und übermittelten Daten weisen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz auf; sie beinhalten insbesondere kein Persönlichkeitsprofil des SGB II-Leistungsberechtigten, bilden seine Persönlichkeit auch nicht teilweise ab und lassen keine Einblicke oder Rückschlüsse auf Art und Intensität von Beziehungen, Kommunikationsverhalten und Kommunikationsinhalt, soziales Umfeld, persönliche Angelegenheiten, Interessen, Neigungen und Gewohnheiten zu (vgl zB BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Soweit dem SGB II-Träger eine Kenntnis über eventuelle Sparkonten bzw Kapitalerträge, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, vermittelt wird, handelt es sich lediglich um (Teil-)Informationen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten. Es entsteht kein umfassender "Sozialdatenpool"; vielmehr werden nur Informationen erhoben, zu deren Angabe der SGB II-Leistungsberechtigte ohnehin bei Antragstellung und bei einer späteren Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet wären (Müller-Thele in Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 52 SGB II RdNr 11, Stand April 2009).

44

Auch die Häufigkeit des automatisierten Datenabgleichs führt nicht zu dessen Unangemessenheit. § 52 Abs 1 S 1 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) in der Weise geändert, dass anstelle des zuvor festgelegten "regelmäßigen Datenabgleichs" vierteljährliche Vorgaben für den Datenabgleich durch die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger normenklar festgelegt worden sind (vgl BT-Drucks 16/1410, S 30). Das LSG hat bereits darauf hingewiesen, dass nach Durchführung der automatisierten Abfrage die Daten unverzüglich gelöscht werden, falls keine Kapitalerträge gemeldet worden sind (vgl § 52 Abs 2a S 3 SGB II, § 52 Abs 3 SGB II). Diese Regelungen beinhalten umfassende verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutzes.

45

Die Häufigkeit der Datenabgleiche hat der Gesetzgeber mit den rechtfertigenden Gründen der Fluktuation bei den Leistungsbeziehern, der Häufigkeit von Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Situation sowie dem Aufwand und Zeitbedarf für die Durchführung des Datenabgleichs bei den Auskunftsstellen begründet (BR-Drucks 483/05, S 7). Die Ausführungen des Gesetzgebers verdeutlichen, dass von dem automatisierten Datenabgleich auch diejenigen Leistungsbezieher erfasst werden sollten, die nur für kurze Zeit SGB II-Leistungen beziehen. Da sich der Datenabgleich zu den Stichtagen 1.1., 1.4. und 1.7. jeweils nur auf das vorangegangene Kalendervierteljahr bezieht, ermöglicht der Datenabgleich eine schnelle Reaktion auf die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Demgegenüber führt ein zeitlich größerer Abstand der Datenabgleiche zwangsläufig zu vermehrten Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden, die regelmäßig mit einer erschwerten oder nicht mehr möglichen "Rückführung" der überzahlten SGB II-Beträge verbunden sind.

46

Auch die zeitlich länger zurückwirkenden Datenabgleiche zwischen der BA und des Bundeszentralamts für Steuern zum 1.10. eines jeden Jahres sind durch ausreichende Gründe gerechtfertigt. Nach § 52 Abs 4 SGB II iVm § 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV werden in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben. Dies hat der Verordnungsgeber mit Gründen der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs gerechtfertigt, ohne dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Er hat darauf Bezug genommen, dass bei dem Bundesamt für Finanzen (als Vorgängerin des seit 1.1.2006 zuständigen Bundeszentralamtes für Steuern) erst im vierten Kalendervierteljahr ein zuverlässiger Datenbestand über das Vorjahr vorliege, während im ersten, zweiten und dritten Kalendervierteljahr die Anfragesätze auf der Grundlage der jeweils aktuellen Daten geprüft würden (BR-Drucks 483/05, S 7). Dieser einmalige im Verlauf des Kalenderjahres auf das gesamte vorangegangene Jahr bezogene, "rückwirkende Datenabgleich" ist im Hinblick auf die Ziele des § 52 SGB II erforderlich, weil sich - unbeschadet der Verkürzung der Übermittlungsfristen der inländischen Kreditinstitute von dem Zeitraum bis zum 31.5. des Folgejahres auf den Zeitraum bis zum 31.3. des Folgejahres (durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010, BGBl 1768) - in zahlreichen Fallgestaltungen auch weiter zurückliegende Informationen zu Vermögen und Zinserträgen oder aktuellere Daten ergeben können. So ist zB - bei einem Verbrauch von Vermögen vor einem (erneuten) Antrag auf SGB II-Leistungen - auch ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht zu ziehen(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - RdNr 13; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14), der erst drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung erbracht worden ist, erlischt. Zwar können die nicht auf die Dauer und die zeitliche Lage eines SGB II-Bezugs im Jahresverlauf abstellenden Stichtage in einigen Fallgestaltungen des jahresbezogenen Abgleichs dazu führen, dass diese (nur) bereits bekannte Inhalte ergeben. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Gründe der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs zu festgelegten Zeitpunkten führen jedoch auch diese Nachteile, die dem von Datenabgleichen Betroffenen infolge des Abgleichs drohen, angesichts der verfolgten Ziele nicht zur Unangemessenheit der Ermächtigung.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend § 40 Absatz 2 Nummer 5.

(2) Der Ersatzanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches festgesetzt worden ist, unanfechtbar geworden ist. Soweit gegenüber einer rechtswidrig begünstigten Person ein Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden kann, beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zeitpunkt, ab dem die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung hat. § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 34 Absatz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach dem Tod der Person, die gemäß Absatz 1 zum Ersatz verpflichtet war; § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Zum Ersatz nach Absatz 1 und zur Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig ist die Berechtigung zur Veröffentlichung von zukünftigen Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI.

2

Die Klägerin ist Trägerin einer zur Versorgung von Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung, in der am 6.8.2009 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI durchgeführt worden war. Im Anschluss daran hatten ihr die beklagten Landesverbände der Pflegekassen die Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung aufgegeben (Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009) und einen vorläufigen Transparenzbericht nach § 115 Abs 1a SGB XI mit einer Gesamtnote von 3,3 übersandt(Schreiben vom 18.11.2009). Die Klage dagegen hat die Klägerin vor dem SG zunächst auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem die Beklagten den Maßnahmenbescheid aufgehoben (Bescheid vom 11.1.2011) und zugesichert hatten, den Transparenzbericht dauerhaft nicht zu veröffentlichen (Schriftsatz vom 14.1.2011). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin sodann beantragt, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär" vom 17.12.2008 (PTVS 2008) über ihre Einrichtung zu unterlassen. Sie hat dazu nicht nur die fehlerhafte Feststellung von Tatsachen der konkreten Qualitätsprüfung gerügt, sondern auch beanstandet, dass die Prüffragen auf der nicht rechtmäßig zustande gekommenen und ungeeigneten PTVS 2008 beruhten. Dabei ging es ihr nicht in erster Linie um einzelne fehlerhafte Feststellungen des ursprünglich angegriffenen Transparenzberichts, sondern um die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Veröffentlichung, weil die PTVS 2008 rechtswidrig sei.

3

Mit ihrem Klagebegehren ist die Klägerin in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die ursprüngliche Klageänderung als unzulässig angesehen, da die übrigen Beteiligten nicht eingewilligt hätten und die Änderung auch nicht sachdienlich sei (Gerichtsbescheid vom 24.10.2011). Das LSG hat die vorbeugende Unterlassungsklage als zwar zulässig, aber unbegründet erachtet (Urteil vom 15.8.2012): Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. § 115 Abs 1a SGB XI sei verfassungsgemäß und durch die PTVS 2008 auch rechtmäßig umgesetzt worden. Art 12 Abs 1 GG sei durch die Einführung solcher Pflege-Transparenzberichte nicht verletzt; dies gelte sowohl im Hinblick auf die Rechtsetzungsdelegation auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI als auch in Anbetracht der Zweifel an der Tauglichkeit der Transparenzkriterien. Zwar existierten nach pflegewissenschaftlicher Einschätzung valide Indikatoren zur Beurteilung der Ergebnis- und Lebensqualität derzeit noch nicht in ausreichendem Maße, dieser Umstand sei Gesetzgeber und Vertragspartnern aber bewusst gewesen und müsse im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen komplexer und sich entwickelnder Sachverhalte bei entsprechender Beobachtung und Entwicklung hingenommen werden; jedenfalls evidente Mängel seien nicht ersichtlich.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Transparenzberichterstattung verletzte sie in ihrer durch Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit. Die mit amtlicher Autorität ausgestatteten Bewertungen beeinflussten ihre Chancen am Markt und seien nicht ausreichend legitimiert. Rechtswidrig sei insbesondere die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI, für die der Gesetzgeber auch nicht alle rechtlich wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen habe. Die nach der gesetzlichen Konzeption verlangte Bewertung der Ergebnis- und Lebensqualität könne sich nicht auf ausreichend wissenschaftlich etablierte Verfahren stützen. Unter anderem deshalb sei auch die PTVS 2008 selbst rechtswidrig; ihre Kriterien hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Zudem sei die Prüf- und Bewertungspraxis des MDK in der Regel rechtswidrig.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.8.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 24.10.2011 zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der Pflegetransparenzvereinbarung stationär (PTVS) vom 17.12.2008 über ihre Einrichtung zukünftig zu unterlassen.

6

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die Klage auf Unterlassung künftiger Pflege-Transparenzberichte abzuweisen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist die Klage allerdings schon unzulässig; Anlass, ausnahmsweise vorbeugenden Rechtsschutz gegen den künftigen Normvollzug des § 115 Abs 1a SGB XI(hier in der für die Prüfung am 6.8.2009 maßgebenden Fassung von Art 1 Nr 74 Buchst b des Pflege-WEG vom 28.5.2008, BGBl I 874) zu gewähren, besteht auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Transparenzberichterstattung nicht. Ungeachtet dessen sind diese Bedenken in der Sache ebenfalls unbegründet.

8

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der Aufhebung des Maßnahmenbescheides und dem Verzicht der Beklagten auf die Veröffentlichung des Pflege-Transparenzberichts im Anschluss an die MDK-Prüfung vom 6.8.2009 das Begehren der Klägerin, den Beklagten schlechthin jede künftige Erstellung und Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI iVm der PTVS 2008 über ihre Einrichtung zu untersagen. Geleitet ist dieses Begehren von der Überzeugung, dass schon die zugrundeliegende Norm verfassungswidrig und zudem durch die PTVS 2008 und die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI (Qualitätsprüfungs-Richtlinien) rechtswidrig ausgestaltet ist und der Prüfauftrag deshalb regelmäßig rechtswidrig umgesetzt werde. Der Sache nach zielt das Begehren damit auf eine abstrakte Überprüfung der Transparenzberichterstattung nach Art eines Normenkontrollverfahrens iS von Art 93 Abs 1 Nr 2 GG oder von § 55a SGG bzw § 47 VwGO sowie zusätzlich auf allgemeine Feststellungen zur Prüfpraxis in stationären Pflegeeinrichtungen. Für ein solches - tatsächlich auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zielendes - Rechtsschutzbegehren bietet das SGG indes keine Grundlage, und zwar entgegen der Auffassung des LSG nicht nur für die vor dem SG zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern auch im Rahmen der vorbeugenden Unterlassungsklage.

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2. Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat der erkennende Senat Anlass gesehen in einem Fall, in dem weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten (BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1). Entsprechend fehlt es nach der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - USK 95139 = Juris RdNr 15 und 17; dem folgend auch der 1. Senat des BSG, vgl SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 39; nicht anders die Literatur, vgl etwa Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, SGG, Stand: Dezember 2012, § 54 RdNr 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 54 RdNr 123, jeweils mwN). Ebenso heben das BVerwG und der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 16, RdNr 26) bzw eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr 15 mwN).

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Eine solche Ausnahmelage besteht hier nicht. Hierfür ist entgegen der Auffassung des LSG nicht ausreichend, dass die Beklagten sich überhaupt weiterhin zur Durchführung von jährlichen Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs 2 S 1 SGB XI und entsprechenden Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI als berechtigt ansehen. Nach den dargelegten Maßstäben könnte nur dann ausnahmsweise ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme von vorbeugendem Rechtsschutz begründet sein, wenn der Klägerin wegen dieser Vorgehensweise unzumutbare Nachteile drohen würden. Solche Nachteile sind indes weder dargetan noch ansonsten erkennbar.

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a) Nachteile dieser Art drohen insbesondere nicht deshalb, weil die Klägerin befürchten müsste, gegen einen möglichen weiteren Prüfbericht nicht rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz erlangen zu können. Dabei kann offenbleiben, ob der Veröffentlichung eines Pflege-Transparenzberichts nach § 115 Abs 1a SGB XI eine Anhörung in entsprechender Anwendung von § 24 Abs 1 SGB X voranzugehen hätte - was nahe liegen dürfte - oder ob insoweit der Literatur zu folgen ist, wonach die Vorschrift auf Realakte - wozu die Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten zählt - nicht anwendbar ist(vgl etwa Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2012, § 24 RdNr 8; Franz in: jurisPK-SGB X, § 24 RdNr 14; aA dagegen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl 2012, VwVfG, § 28 RdNr 4a). Denn jedenfalls nach der Verfahrensordnung der PTVS 2008 haben die Landesverbände der Pflegekassen den Pflegeeinrichtungen vor der Veröffentlichung die hierfür vorgesehenen Ergebnisse zu übersenden und den Einrichtungen innerhalb einer Frist von 28 Kalendertagen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Klärung strittiger Fragen zu geben (Anlage 4 S 2 PTVS 2008). Hierdurch ist verfahrensrechtlich hinreichend gewährleistet, dass vor der Veröffentlichung abträglicher Pflege-Transparenzberichte ausreichend Raum für die Erörterung der sachlichen Grundlagen und der maßgeblichen Bewertungsfragen zunächst zwischen der Einrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen sowie ggf zur Einleitung von vorläufigen Rechtsschutzverfahren besteht. Dass dem in der praktischen Umsetzung dennoch unüberwindliche Hürden entgegenstehen sollten, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich; die große Zahl solcher Verfahren um die geplante Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten belegt im Gegenteil eher, dass hierdurch bedingten möglichen Rechtsgutsverletzungen durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend begegnet werden kann (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg, MMR 2010, 643 und NZS 2011, 509 ff; Sächsisches LSG, RsDE Nr 72, 77 ff; Bayerisches LSG Beschluss vom 30.3.2010 - L 2 P 7/10 B ER - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, GesR 2010, 476 ff; LSG Sachsen-Anhalt, NZS 2011, 944 ff; Hessisches LSG, NZS 2011, 504 ff; SG München, MedR 2010, 667 ff und ZFSH/SGB 2010, 257; SG Münster, Sozialrecht aktuell 2010, 61 ff und MedR 2011, 529 ff mit Anmerkung von Ossege, S 534; SG Frankfurt am Main Beschluss vom 23.3.2010 - S 18 P 16/10 ER - Juris; SG Bayreuth, Sozialrecht aktuell 2010, 64 ff; SG Augsburg Beschluss vom 29.1.2010 - S 10 P 105/09 ER - Juris; SG Lüneburg Beschluss vom 4.4.2011 - S 5 P 8/11 ER - Juris).

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b) Unzumutbar ist der Verweis auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten auch nicht deshalb, weil die Klägerin - wie sie möglicherweise meint - erst durch die Transparenzberichterstattung faktisch zur Beachtung der auf die §§ 112 ff SGB XI gestützten Qualitätsvorgaben angehalten wird. Dies ist jedoch keine Folge der Transparenzberichterstattung, sondern der Qualitätsverantwortung der Klägerin als Pflegeeinrichtung nach § 112 SGB XI geschuldet. Hiernach sind die Träger der Pflegeeinrichtungen unbeschadet des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich(§ 112 Abs 1 S 1 SGB XI). Sie haben sich dabei auszurichten an den Maßstäben, die sich aus den für sie verbindlichen Anforderungen in den Vereinbarungen nach § 113 SGB XI sowie den vereinbarten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen nach § 84 Abs 5 SGB XI ergeben(§ 112 Abs 1 S 2 SGB XI). Zur Umsetzung dessen haben sie Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie ein Qualitätsmanagement nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI durchzuführen, Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden sowie bei Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI mitzuwirken(§ 112 Abs 2 S 1 SGB XI). Diese Qualitätsverpflichtung aktualisiert sich nicht erst durch die Transparenzberichterstattung; sie ist vielmehr Voraussetzung dafür, als Pflegeeinrichtung an der Versorgung von Pflegebedürftigen überhaupt beteiligt zu sein (§ 72 Abs 3 Nr 3 und 4 SGB XI). Insofern betreffen die Einwände der Klägerin nicht die Pflege-Transparenzberichte selbst, sondern die ihr vorgelagerten Anforderungen an den Betrieb von Pflegeeinrichtungen; dies rechtfertigt eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Transparenzberichterstattung nicht.

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3. Entsprechendes gilt für den nach dem Verzicht auf die Veröffentlichung des streitigen Transparenzberichts zunächst verfolgten Fortsetzungsfeststellungsantrag der Klägerin. Zwar war der Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit entsprechend § 131 Abs 1 S 3 SGG statthaft(zur Anwendung auf Klagen, deren Rechtsschutzbegehren - wie hier - nicht auf einen Verwaltungsakt bezogen war, vgl BSG SozR 3-2500 § 207 Nr 1; BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 33). Jedoch fehlte es später an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse für die beanspruchte Feststellung. Präjudiziell hätte die Entscheidung des LSG nicht wirken können, weil die Klägerin selbst - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt - für einen Schadensersatzprozess keinen greifbaren Anlass sieht (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10d f). Von einer Wiederholungsgefahr ist nicht auszugehen, weil kein Anhalt dafür besteht, dass ein gleichartiger Streitfall mit ähnlichen Prüfumständen und einem vergleichbaren Bewertungsstreit erneut auftreten könnte (vgl hierzu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19 und vom 18.5.2011 - B 3 KR 7/10 - BSGE 108, 206 SozR 4-2500 § 33 Nr 34; BSG SozR 4-3250 § 145 Nr 4 RdNr 22). So hat die Klägerin eine erneute Qualitätsprüfung im Mai 2012 mit der Note 1,1 bestanden. Schließlich brauchte nachgängiger Rechtsschutz auch nicht deshalb gewährt zu werden, weil wegen des Gewichts der beanstandeten Grundrechtsverletzung andernfalls die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG verletzt worden wäre und die Klägerin ein entsprechendes Rehabilitätsbedürfnis gehabt haben könnte; eine solche Intensität (vgl etwa BVerfGE 104, 220, 234 ff) kam den streitigen Beanstandungen - abgesehen davon, dass sie ohnehin unveröffentlicht geblieben sind - ersichtlich nicht zu.

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4. Ungeachtet der Unzulässigkeit der geänderten Klage sind die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Transparenzberichterstattung auch in der Sache unbegründet. Dass der Gesetzgeber für wesentlich aus Steuer- und Beitragsmitteln finanzierte Pflegeinrichtungen eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI vorschreibt und eine Veröffentlichung entsprechender Prüfergebnisse nach Maßgabe von § 115 Abs 1a SGB XI vorsieht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, solange davon in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht und die Entwicklung unter Beobachtung gehalten wird und ggf Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Instrumentariums ergriffen werden.

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a) Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art 12 Abs 1 GG; davon geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend aus. Ungeachtet der grundsätzlichen Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zum Informationshandeln staatlicher Behörden (vgl etwa Murswiek, DVBl 1997, 1021 ff; Huber, JZ 2003, 290 ff; Schoch, NVwZ 2011, 193 ff; Dreier, Die Verwaltung 36 <2003>, S 105, 129 ff) verlässt die Transparenzberichterstattung nach § 115 Abs 1a SGB XI den Bereich der bloßen Unterrichtung über Tatsachen, den das BVerfG in der sog Glykol-Entscheidung nicht der Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs der Berufsfreiheit zugerechnet hat, solange sie im Rahmen einer staatlichen Aufgabe, unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und fehlerfrei erfolgt(vgl BVerfGE 105, 252 ff). Transparenzberichte beschränken sich nicht auf die Wiedergabe sachlicher Informationen etwa über Ausstattungsmerkmale von Pflegeeinrichtungen; im Kern zielen sie auf die Abgabe vergleichender Werturteile, inwieweit nämlich "die zugelassenen Pflegeeinrichtungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach diesem Buch erfüllen" (§ 114a Abs 1 S 1 SGB XI, hier idF von Art 1 Nr 73 des Pflege-WEG). Dabei stützen sie sich zudem auf hoheitlich angeordnete Untersuchungen: Im Rahmen des § 114 SGB XI müssen Einrichtungen es dulden, dass sie zum Zweck der systematisch vergleichenden öffentlichen Bewertung "an Ort und Stelle" geprüft und die Ergebnisse anschließend öffentlich gemacht werden(§ 115 Abs 1a S 1 SGB XI). Damit greifen die zuständigen Stellen unter Nutzung nur dem Staat zu Gebote stehender Mittel hoheitlichen Zwangs in die Außendarstellung von Einrichtungsträgern und somit in Rechtsgüter ein, die bei natürlichen Personen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Schutz der Selbstdarstellung zugeordnet werden (vgl etwa BVerfGE 114, 339, 346 mwN). Ob diese verfassungsrechtliche Schutzfunktion bei juristischen Personen des Privatrechts auch unmittelbar aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG abzuleiten ist, kann hier offenbleiben (vgl zur Frage allgemein der Erstreckung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristischen Personen des Privatrechts BVerfGE 106, 28, 42 mwN). Denn anerkannt ist, dass die Berufsfreiheit die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für berufliche Leistungen gewährleistet (vgl nur BVerfGE 85, 248, 256 - ärztliches Werbeverbot; BVerfGE 94, 372, 389 - Apothekerwerbung; BVerfGE 95, 173, 183 - Warnhinweise auf Tabakpackungen). Eingriffe des Staates in diesen Bereich können nicht nur über Werbeverbote oder andere Beschränkungen erfolgen. Einfluss auf die Außendarstellung eines Unternehmens und die damit verbundene Wertschätzung der Kunden kann er auch durch wertende Stellungnahmen eigener oder von ihm autorisierter Stellen zu Lasten einzelner Marktteilnehmer nehmen, zumal wenn er sich dazu auf Informationen stützt, die mit Mitteln des staatlichen Zwangs erhoben worden sind. Insofern ist der Berufsfreiheit neben der Befugnis zu unternehmerischer Außendarstellung auch ein Recht auf eine selbstbestimmte unternehmerische Selbstdarstellung immanent. Sollen gemäß § 115 Abs 1a SGB XI und den der Pflegeberichterstattung zugrundeliegenden Vorschriften über Qualitätsprüfungen in Pflegeinrichtungen insbesondere der §§ 114 und 114a SGB XI Leistungen eines ganzen Berufsfeldes mit staatlich verliehener Autorität einer systematischen Leistungsbeurteilung unterzogen werden, so berührt das diese Gewährleistung(vgl Schütze, KrV 2012, 14, 15 f).

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b) Die hier zur Prüfung stehenden Vorschriften sind indes kompetenzgemäß erlassen. Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erfasst als Materie der Sozialversicherung auch die soziale Pflegeversicherung (vgl BVerfGE 103, 197, 215 ff = SozR 3-1100 Art 74 Nr 4 S 21 ff) und damit über die Ausgestaltung der Leistungen und ihre Erbringung im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen (§ 69 SGB XI) deren Qualitätssicherung. Das gilt ebenso, soweit sich die Beurteilungen auf Unterkunft und Verpflegung zu erstrecken haben (vgl § 115 Abs 1a S 2 iVm § 114 Abs 2 S 5 SGB XI). Heimrechtlich unterliegt diese Materie zwar bei stationären Einrichtungen nach der Änderung von Art 74 Abs 1 Nr 7 GG durch das GGÄndG 2006 vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) nunmehr der Gesetzgebungskompetenz der Länder; insoweit ist auch die Sachleistungspflicht der Pflegekassen begrenzt (vgl § 82 Abs 1 S 4 SGB XI). Seit jeher stehen im Leistungserbringungsrecht indes sozialversicherungsrechtliche und landes(berufs)rechtliche Regelungskompetenzen nebeneinander (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27 mwN und unter Verweis auf BVerfG, MedR 1999, 560 = NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16). Dies steht aber einer umfassenden pflegeversicherungsrechtlichen Ordnung der Qualitätssicherung der Pflegeversorgung nach dem SGB XI durch den Bundesgesetzgeber nicht entgegen. Sozialversicherung iS des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ist als weit gefasster Gattungsbegriff zu verstehen, für den alle Beitrags- und Leistungsaspekte bestimmend sind (vgl BVerfGE 114, 196, 221 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49). Wegen der Bedeutung von Unterkunft und Verpflegung für die Qualität der Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen steht dem Bundesgesetzgeber deshalb insgesamt die Kompetenz für das Ausgreifen der Pflegequalitätsberichterstattung zu, und zwar auch unter Berücksichtigung auf die von den Heimbewohnern mit eigenen Mitteln zu finanzierenden Leistungen (aA dagegen Geldermann/ Hammer, VerwArch 2013, 64, 77 ff). Denn schon nach pflegefachlichen Maßstäben lässt sich die Qualität der pflegerischen Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum isoliert von der Güte von Unterkunft und Verpflegung betrachten. Auch für das Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen selbst ist dieser Aspekt bei der Wahl eines Pflegeheims zentral. Schließlich liegt es im Interesse der Beitragszahler, dass Beitragsmittel für Pflegeleistungen nur Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die Unterkunft und Verpflegung in der notwendigen Qualität sicherstellen.

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c) Materiell durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Pflegequalitätsberichterstattung ebenfalls nicht. Bei Regelungen der Berufsausübung - denen sie zugehört - ist dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG ein erhebliches Maß an Freiheit belassen. Der verfassungsrechtlich eingeräumte Rahmen wird gewahrt, wenn die zu beurteilenden Vorschriften durch vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert sind sowie Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl nur BVerfGE 123, 186, 238 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 165, mwN). Dabei weist das BVerfG dem Gesetzgeber nicht nur bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele, sondern auch bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung seiner Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, den es je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang als überprüfbar ansieht (vgl nur BVerfGE 110, 141, 157 mwN).

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d) Ausgehend hiervon ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das Informationsinteresse von Pflegebedürftigen und Angehörigen mit der Pflegetransparenzberichterstattung über das Interesse von Einrichtungen an einem von staatlicher Bewertung freien Auftreten am Markt gestellt hat. Sie können durch eine - negative - öffentliche Bewertung allerdings erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, doch andererseits ist die Herstellung von Marktransparenz ein legitimes gesetzgeberisches Regelungsziel. Das mag zwar nicht in allen Zweigen des Wirtschaftslebens die Abgabe von Werturteilen auf der Basis staatlich angeordneter Evaluierung erlauben, jedoch liegen die Verhältnisse bei der Pflegeversorgung anders als bei Alltagsgeschäften des täglichen Lebens. Pflegeleistungen rechnen zur öffentlichen Daseinsvorsorge und werden wesentlich über Beiträge und aus öffentlichen Haushalten finanziert. Das verleiht den Leistungen auch in privatrechtlicher Trägerschaft eine besondere Qualifikation, die schon für sich eine gesteigerte öffentliche Beobachtung und Bewertung rechtfertigen kann. Zudem sind Pflegebedürftige wegen ihrer angegriffenen Gesundheit und des in der Regel hohen Alters bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung - häufig ist die Grenze von 80 Jahren weit überschritten (vgl etwa Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen , Zweiter Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern, März 2009, Kapitel 9, 579, wonach das durchschnittliche Eintrittsalter in ein Pflegeheim in Bayern zu diesem Zeitpunkt bei 86 Jahren lag) - in außergewöhnlich hohem Maß auf die Güte der Leistungserbringung angewiesen und haben deshalb besonderen Orientierungsbedarf bei der Wahl vor allem von stationären Einrichtungen. Viele Versicherte wechseln ins Pflegeheim erst dann, wenn die Versorgung im häuslichen Umfeld endgültig nicht mehr möglich ist, was auch im Interesse des vom Gesetzgeber beförderten Vorrangs der häuslichen Pflege liegt.

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e) Dem steht nicht entgegen, dass sich nach pflegewissenschaftlicher Sicht ein Konsens über Kriterien und Standards der Qualitätsbeurteilung von Pflegeleistungen in Deutschland noch nicht herausgebildet hat (vgl etwa Hasseler/Wolf-Ostermann, Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen für den ambulanten und stationären Bereich, Juli 2010, S 71). Selbst bei für die Berufsfreiheit erheblich schwerer wiegenden objektiven Berufszugangsvoraussetzungen besteht unter Berücksichtigung der Wertungs- und Prognosespielräume des Gesetzgebers Anlass zur Beanstandung seiner Einschätzung der einer Regelung zugrundeliegende Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts von Verfassungs wegen nur, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widerspricht, sodass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben kann (stRspr vgl etwa BVerfGE 110, 141, 158; BVerfGE 126, 112, 141 = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 96, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall: Weder muss angenommen werden, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Pflegetransparenzberichterstattung von einer schlechthin unvertretbaren Einschätzung über den Informationsbedarf von Pflegebedürftigen hat leiten lassen, noch musste er davon ausgehen, dass für die Beurteilung der Pflegequalität auch viele Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung fachlich keinerlei Kriterien zur Verfügung stehen. Zwar hat verbreiteter Auffassung nach der in § 11 Abs 1 S 1, § 28 Abs 3, § 69 S 1 und § 113 Abs 1 S 1 SGB XI vorausgesetzte Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse noch nicht das Niveau erreicht wie vergleichbar in der gesetzlichen Krankenversicherung iS von § 2 Abs 1 S 3 SGB V(kritisch etwa Igl, SGb 2007, 381, 383; Udsching, SGb 2007, 694, 698; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand Mai 2006, § 11 RdNr 5). Das bedeutet indes nicht, dass gegenwärtig nicht einmal Mindeststandards für die Erbringung von Pflegeleistungen bestünden; darauf beruft sich auch die Klägerin selbst nicht. In dieser Lage genügt der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn er erstens selbst die Situation beobachtet und bei Bedarf auf Defizite reagiert und - soweit er Einzelheiten nicht selbst regelt - zweitens einen Prozess etabliert, der die Ausbildung eines angemessenen Bewertungsverfahrens verspricht. Soweit er dem nachkommt (vgl dazu Punkt 4.f), müssen die Betroffenen jedenfalls für eine Übergangszeit Mängel hinnehmen, die der Einrichtung eines Prüfverfahrens immanent sind, solange die jeweils in Frage stehende Bewertung nicht auf unzutreffenden Grundlagen beruht und mindestens insgesamt als vertretbar anzusehen ist (zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers vgl etwa BVerfGE 110, 141, 169 mwN; zu den materiellen Anforderungen an staatlich veranlasstes Informationshandeln vgl BVerfGE 105, 252, 273).

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f) Dass die nähere Ausgestaltung der Pflegetransparenzvereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände übertragen worden ist, ist im Lichte der Verfassung ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Übertragung originärer Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung auf die zuständigen Spitzenverbände hat bereits das BVerfG als unbedenklich angesehen (BVerfGE 106, 275, 305 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 f), für die gesetzliche Krankenversicherung zieht das BSG die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V ebenfalls nicht mehr grundlegend in Zweifel(BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). In entsprechender Weise bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen den Auftrag zur näheren Konkretisierung der Pflegetransparenzberichterstattung durch die Spitzenverbände iS von § 115 Abs 1a S 6 SGB XI. Denn von pflegewissenschaftlicher Seite wird stets betont, dass es der "wissenschaftlichen Überarbeitung und Entwicklung" bedürfe, wenn die Pflegetransparenzkriterien aussagekräftige Ergebnisse erzielen sollen (vgl Hasseler/Wolf-Ostermann, aaO, S 278). Wie nicht zuletzt das Vorbringen der Klägerin selbst deutlich erweist, betreffen die dabei im Streit stehenden Fragen vor allem Einzelheiten der fachlichen Bewertung. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage die Bewertungskriterien nicht selbst festgelegt hat, sondern sich auf Grundziele, Zuständigkeit und Verfahren beschränkt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn vertretbar hat er bei der Wahl des Verfahrens nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI die beste Gewähr dafür gesehen, dass einerseits die Qualitätsbewertungen sachgerechten Maßstäben folgt und fachliche Weiterentwicklungen zeitnah aufgegriffen werden können, und andererseits dem auch verfassungsrechtlich fundierten Auftrag genügt wird, an der Entwicklung der Bewertungskriterien die Betroffenen selbst zu beteiligen.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Die zuständige Landesbehörde und der Krankenhausträger können für ein Investitionsvorhaben nach § 9 Abs. 1 eine nur teilweise Förderung mit Restfinanzierung durch den Krankenhausträger vereinbaren; Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen und den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 ist anzustreben. Die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird durch Bescheid festgestellt. Gegen den Bescheid ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(1a) Krankenhäuser, die bei den für sie maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien oder den im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, dürfen insoweit ganz oder teilweise nicht in den Krankenhausplan aufgenommen werden. Die Auswertungsergebnisse nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu berücksichtigen.

(1b) Plankrankenhäuser, die nach den in Absatz 1a Satz 1 genannten Vorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, sind insoweit durch Aufhebung des Feststellungsbescheides ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan herauszunehmen; Absatz 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(1c) Soweit die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 6 Absatz 1a Satz 2 nicht Bestandteil des Krankenhausplans geworden sind, gelten die Absätze 1a und 1b nur für die im Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben.

(2) Ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan und in das Investitionsprogramm besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird; die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist.

(3) Für die in § 2 Nr. 1a genannten Ausbildungsstätten gelten die Vorschriften dieses Abschnitts entsprechend.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit

1.
die betroffene Person nach § 82a Absatz 1, 4 und 5 nicht zu informieren ist oder
2.
die Sozialdaten
a)
nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder
b)
ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen
und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

(2) Die betroffene Person soll in dem Antrag auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateisystemen gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die betroffene Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht. Soweit Artikel 15 und 12 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 keine Regelungen enthalten, bestimmt der Verantwortliche das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich, wenn die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, an diesen oder diese, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann.

(4) Wird einer betroffenen Person keine Auskunft erteilt, so kann, soweit es sich um in § 35 des Ersten Buches genannte Stellen handelt, die der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, diese, sonst die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle, auf Verlangen der betroffenen Person prüfen, ob die Ablehnung der Auskunftserteilung rechtmäßig war.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(1) Ist eine betroffene Person der Ansicht, bei der Verarbeitung ihrer Sozialdaten in ihren Rechten verletzt worden zu sein, kann sie sich

1.
an den Bundesbeauftragten oder die Bundesbeauftragte wenden, wenn sie eine Verletzung ihrer Rechte durch eine in § 35 des Ersten Buches genannte Stelle des Bundes bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch behauptet,
2.
an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden, wenn sie die Verletzung ihrer Rechte durch eine andere in § 35 des Ersten Buches genannte Stelle bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch behauptet.

(2) Bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch gelten für die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen die §§ 14 bis 16 des Bundesdatenschutzgesetzes. Bei öffentlichen Stellen der Länder, die unter § 35 des Ersten Buches fallen, tritt an die Stelle des oder der Bundesbeauftragten die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle.

(3) Verbände und Arbeitsgemeinschaften der in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände gelten, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen und an ihnen Stellen des Bundes beteiligt sind, unbeschadet ihrer Rechtsform als öffentliche Stellen des Bundes, wenn sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden, anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder. Sonstige Einrichtungen der in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände gelten als öffentliche Stellen des Bundes, wenn die absolute Mehrheit der Anteile oder der Stimmen einer oder mehrerer öffentlicher Stellen dem Bund zusteht, anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder. Die Datenstelle der Rentenversicherung nach § 145 Absatz 1 des Sechsten Buches gilt als öffentliche Stelle des Bundes.

(4) Auf die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen, die Vermittlungsstellen nach § 67d Absatz 3 und die Auftragsverarbeiter sind die §§ 5 bis 7 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. In räumlich getrennten Organisationseinheiten ist sicherzustellen, dass der oder die Beauftragte für den Datenschutz bei der Erfüllung seiner oder ihrer Aufgaben unterstützt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für öffentliche Stellen der Länder mit Ausnahme der Sozialversicherungsträger und ihrer Verbände. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 über Kategorien von Empfängern besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme nur, soweit

1.
sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit der Nutzung oder der Übermittlung von Sozialdaten an diese Kategorien von Empfängern rechnen muss,
2.
es sich nicht um Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung oder Löschung von Sozialdaten innerhalb einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle oder einer Organisationseinheit im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt oder
3.
es sich nicht um eine Kategorie von in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder von Organisationseinheiten im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt, die auf Grund eines Gesetzes zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind.

(2) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
2.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
3.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(3) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 2, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3 keine Anwendung.

(4) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 2 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an die Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stelle zulässig.

(1) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit

1.
die betroffene Person nach § 82a Absatz 1, 4 und 5 nicht zu informieren ist oder
2.
die Sozialdaten
a)
nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder
b)
ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen
und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

(2) Die betroffene Person soll in dem Antrag auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateisystemen gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die betroffene Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht. Soweit Artikel 15 und 12 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 keine Regelungen enthalten, bestimmt der Verantwortliche das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich, wenn die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, an diesen oder diese, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann.

(4) Wird einer betroffenen Person keine Auskunft erteilt, so kann, soweit es sich um in § 35 des Ersten Buches genannte Stellen handelt, die der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, diese, sonst die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle, auf Verlangen der betroffenen Person prüfen, ob die Ablehnung der Auskunftserteilung rechtmäßig war.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 über Kategorien von Empfängern besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme nur, soweit

1.
sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit der Nutzung oder der Übermittlung von Sozialdaten an diese Kategorien von Empfängern rechnen muss,
2.
es sich nicht um Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung oder Löschung von Sozialdaten innerhalb einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle oder einer Organisationseinheit im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt oder
3.
es sich nicht um eine Kategorie von in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder von Organisationseinheiten im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt, die auf Grund eines Gesetzes zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind.

(2) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
2.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
3.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(3) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 2, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3 keine Anwendung.

(4) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 2 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an die Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stelle zulässig.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den automatisierten Datenabgleich zwischen dem Beklagten und dem Bundeszentralamt für Steuern.

2

Der Beklagte erhielt während des SGB II-Bezugs des Klägers von Mai 2005 bis November 2006 über den automatisierten vierteljährlichen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahr 2004 Einkünfte aus Vermögen erzielt hatte. Nach vergeblicher Aufforderung zur Darlegung der Höhe des Vermögens sowie der Kapitalerträge entzog der Beklagte ihm die SGB II-Leistungen wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit. Seit August 2012 erhält der Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II, die der Beklagte vorläufig bewilligte.

3

Die im Dezember 2012 erhobene und gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 22.11.2013). Die Berufung mit dem Begehren, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und "den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zukünftig zu unterlassen", ist ohne Erfolg geblieben(Urteil des LSG vom 8.5.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die zulässige vorbeugende Unterlassungsklage sei nicht begründet. Zwar werde mit dem automatisierten Datenabgleich in das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen; dies begegne jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Eingriff erfolge mit der erforderlichen Bestimmtheit und Normenklarheit. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II regele, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben der geregelten Informationserhebung berechtigt sein solle. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels und der Intensität des Eingriffs sei dieser nach Maßgabe der getroffenen Regelung verhältnismäßig. Der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II solle die Überprüfung des beim Alg II zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens sicherstellen, diene der Aufdeckung von nicht angegebenem Vermögen und des Leistungsmissbrauchs sowie gleichzeitig der Abschreckung gegenüber Antragstellern, die bestimmte Vermögenswerte nicht angeben wollten. Die ermittelten Kapitalerträge ermöglichten Rückschlüsse auf aktuelles bzw in der Vergangenheit vorhandenes Vermögen. Durch weitere Ermittlungen könne der Beklage feststellen, ob anrechenbares Vermögen vorhanden (gewesen) sei, das für den laufenden oder einen bereits zurückliegenden Leistungszeitraum Auswirkungen auf den Grund oder die Höhe der Leistungen habe oder gehabt habe. Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern sei zur Erreichung des Gesetzeszwecks erforderlich, weil ein ebenso wirksamer, den Leistungsempfänger weniger belastender Weg nicht ersichtlich sei. Die beanstandete gesetzliche Ermächtigung wahre auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem dargestellten Schutzzweck nicht schwerwiegender sei. Auch der beschränkte Blick in die Vergangenheit sei verhältnismäßig. Die gemeldeten Daten beträfen von vornherein Sachverhalte (Erwirtschaftung von Erträgen aus Vermögen), die in einer (zeitnahen) Vergangenheit lägen. Die Schwere der vom Kläger beanstandeten Eingriffe, die durch die quartalsmäßige Abfrage ausgelöst würden, stehe nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II gegen Verfassungsrecht. Das LSG habe nicht problematisiert, ob es - wie in § 52 Abs 4 SGB II festgelegt - in formeller Hinsicht genüge, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Verordnungsermächtigung zu erteilen. Auch liege kein konkreter, sondern ein allgemeiner Erhebungszweck vor, wenn der Gesetzgeber unterstelle, Hinweise auf Vermögen trotz einer ersten (negativen) Abfrage bei erstmaliger Antragsstellung zu finden. Fraglich sei auch, ob der automatisierte Datenabgleich in der konkreten Häufigkeit geeignet sei, nach der erstmaligen Abfrage für die Vergangenheit noch weitere, neue Erkenntnisse zu bringen. Hierzu müssten empirische Ermittlungen erfolgen. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II ermögliche ein "dauerhaftes Ermitteln ins Blaue hinein". Eine Verhältnismäßigkeit sei daher nicht mehr gegeben. Die quartalsmäßigen Abgleiche aller Leistungsberechtigten fielen in den Bereich anlassloser Routineabrufe, die nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung unzulässig seien.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 und des Sozialgerichts Dortmund vom 22. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zu unterlassen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er vertritt die Auffassung, dass der automatisierte Datenabgleich zur Vermeidung des Sozialleistungsmissbrauchs geeignet sei. Das LSG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass ein konkreter Einzelabruf bei den Kreditinstituten einen stigmatisierenden Charakter habe, es also weniger belastende Wege zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht gebe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

9

1. a) Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, den automatisierten Datenabgleich in der gesetzlich vorgesehenen Form mit dem Bundeszentralamt für Steuern zukünftig zu unterlassen. Er wendet sich nicht im Wege des grundsätzlich nachgängigen Rechtsschutzes gegen einzelne oder wiederholte Datenabgleiche, die in der Vergangenheit nach bestimmten - ggf gesetzlichen Vorgaben zuwiderlaufenden - Praktiken stattgefunden haben. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, wie er in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) iVm den Regelungen der Verordnung über den automatisierten Datenabgleich bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung ) vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 Erste ÄndVO vom 21.2.2012 (BGBl I 309), im Einzelnen gesetzlich umschrieben ist, unzulässig sei. Sein Begehren richtet sich damit auf die künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten. Dieses Klageziel kann er grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs 1 S 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist(BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 RdNr 10; BSG Urteil vom 27.1.1977 - 7 RAr 17/76 - BSGE 43, 134 = SozR 4100 § 34 Nr 6, RdNr 18).

10

b) Das für eine vorbeugende Unterlassungsklage geforderte qualifizierte Rechtsschutzinteresse einschließlich einer Wiederholungsgefahr (BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 mwN) hat der Kläger schlüssig dargelegt. Bei einem hoheitlichen Handeln besteht dies darin, dass der Betreffende von der Verwaltungsmaßnahme widerrechtlich berührt, dh in seinen Rechten nachteilig verletzt wird bzw eine solche Verletzung behauptet.

11

Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten sein (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, § 54 RdNr 119 SGG, Stand: Dezember 2012). Es muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 P 5/12 R - SozR 4-3300 § 115 Nr 2 RdNr 9; BSG Urteil vom 24.7.2013 - B 3 P 4/02 R - BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1, RdNr 7; vgl auch BVerwG Urteil vom 22.10.2014 - 6 C 7/13 - RdNr 12 f).

12

Ein solches spezifisches Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz liegt hier vor. Mit seinem Vorbringen, der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II werde laufend durchgeführt und verletze das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, hat der Kläger schlüssig dargetan, dass er durch den Datenabgleich in seinen Rechten betroffen sei. Unstreitig ist er wegen seines laufenden SGB II-Bezugs dem Datenabgleich automatisch und ohne die Möglichkeit einer eigenen Einflussnahme in regelmäßigen Abständen unterworfen, weshalb ein erneutes von ihm als widerrechtlich bewertetes Vorgehen des Beklagten im Sinne einer Wiederholungsgefahr ernstlich zu befürchten ist. Der Beklagte ist nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verpflichtet, die vorgesehenen Daten jeweils zu Beginn eines jeden Quartals zu erheben. Es ist dem Kläger wegen des Datenabgleichs ohne angreifbaren Verwaltungsakt nicht möglich, nachträglich effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Gleichfalls hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass ggf stattgefundene tatsächliche Handlungen der Datenübermittlung und des Datenabgleichs nicht mehr rückgängig gemacht werden können, der Kläger also auf einen nachträglichen Rechtsschutz nicht verwiesen werden kann.

13

Mit seinem Klagevortrag bringt er zudem zum Ausdruck, dass er sich gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern unabhängig von einer hiermit ggf verbundenen Anrechnung von bisher nicht angegebenem Vermögen oder (Zins-)Einkünften durch spätere Rücknahme- und Erstattungsbescheide wenden möchte. Unbesehen dieser möglichen Folgen des Datenabgleichs hat der Kläger schlüssig behauptet, durch den Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II an sich in seinen Rechten verletzt zu sein. Er kann also - zur eventuellen Erreichung seines Klageziels - nicht darauf verwiesen werden, gegen die nach den Feststellungen des LSG möglicherweise wegen fehlender Auskünfte zu Vermögenswerten nur vorläufig erfolgte Bewilligung vorzugehen und in diesem Rahmen einzuwenden, dass die Erkenntnisse aus dem Datenabgleich nicht "verwertet" werden dürften.

14

2. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage auf Unterlassung des Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern zutreffend gegen den Beklagten als gemeinsame Einrichtung. Der Beklagte ist der richtige Klagegegner. Nach § 44b Abs 1 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) nimmt die gemeinsame Einrichtung grundsätzlich alle Aufgaben der Träger nach dem SGB II gegenüber den Leistungsberechtigten wahr (Grundsatz der Gesamtwahrnehmung). Der Beklagte ist die verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X sowie Stelle iS des § 35 Abs 1 SGB I, sodass der hier streitige Unterlassungsanspruch gegen ihn zu richten ist(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 50 RdNr 7).

15

3. Das LSG hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

16

Materiell-rechtlich beruht der Unterlassungsanspruch auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95, RdNr 17 mwN). § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthält eine gesetzliche Grundlage, die in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X steht und den Kläger auf einfach-gesetzlicher Ebene zur Duldung des automatisierten Datenabgleichs verpflichtet.

17

a) Zwar hat nach § 35 Abs 1 S 1 SGB I jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Auch handelt es sich bei den für den Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern verwendeten Informationen um Sozialdaten iS des § 67 Abs 1 SGB X. Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden(§ 67 Abs 1 SGB X). Hierzu gehören auch die hier verwendeten Daten. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I). Hierzu bestimmt § 67d Abs 1 SGB X, dass eine Übermittlung von Sozialdaten nur zulässig ist, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches vorliegt. Nach § 67a Abs 2 S 1 SGB X sind Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie bei anderen (als in den in § 35 SGB I oder in § 69 Abs 2 SGB X genannten Stellen) oder bei "anderen Personen oder Stellen" nur erhoben werden, "wenn eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt" (§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2a SGB X).

18

b) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II enthält eine diesen Vorgaben entsprechende spezielle und bereichsspezifische Ermächtigung im SGB II(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 2)an die BA und die zugelassenen kommunalen Träger zur Übermittlung und Überprüfung von Daten iS von § 67d Abs 1 SGB X.

19

Nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II überprüfen die BA und die zugelassenen kommunalen Träger Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin, ob und welche Daten nach § 45d Abs 1 und § 45e des EStG an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Auf der Grundlage der Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 52 Abs 4 SGB II zur Regelung von Einzelheiten des Verfahrens des automatisierten Datenabgleichs und der Verfahrenskosten hat der Verordnungsgeber die GrSiDAV vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung vom 21.2.2012 (BGBl I 309), erlassen. § 2 Abs 4 GrSiDAV bestimmt, dass das Bundeszentralamt für Steuern die ihm übermittelten Daten mit den dort gespeicherten Daten zur Feststellung von Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags(Nr 1), sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl Nr L 1573 S 38) mitgeteilt wurden (Nr 2), abgleicht. Nach § 1 Abs 1 GrSiDAV bezieht die BA in den Datenabgleich alle Personen ein, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben (Abgleichsfälle). Abweichend hiervon werden in den Abgleich mit den Daten des Bundeszentralamtes für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben (§ 1 S 2 GrSiDAV). Mit den genannten Regelungen wird der Umfang der Datenübermittlung und -überprüfung hinsichtlich der in die Überprüfung einzubeziehenden Zeiträume konkretisiert.

20

4. Das Unterlassungsbegehren des Klägers hat auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen Erfolg, weil der automatisierte Datenabgleich zwischen der BA und dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt. Die mit dem Datenabgleich verbundenen Eingriffe, die in der Übermittlung der Sozialdaten (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 3 SGB X), vorübergehenden Speicherung (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 1 SGB X) und einem Datenabgleich im Sinne des Synchronisierens der Daten zwischen zwei Datenträgern (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 52 RdNr 9, Stand März 2015) liegen, sind jedoch verfassungsgemäß (dazu 5. und 6.).

21

In seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt das allgemeine Persönlichkeitsrecht Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, ergeben (BVerfG vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 41 ff; vom 12.4.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29, 45 f; vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320; vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183). Es gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl BVerfGE 65, 1, 43; 84, 192, 194). Eine Gefährdung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern entstehen, so insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden (können), die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Vor allem mittels elektronischer Datenverarbeitung können aus solchen Informationen weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183 f).

22

Mit den Datenabgleichen auf der Grundlage von § 52 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV wird dem SGB II-Träger Kenntnis darüber verschafft, ob und ggf in welchem Umfang Leistungsberechtigte nach dem SGB II für vorhandenes Vermögen an inländische Kreditanstalten Freistellungsaufträge erteilt und Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt haben. Hierfür wird an die Mitteilungspflichten von inländischen und ausländischen Kreditinstituten ua an das Bundeszentralamt für Steuern nach § 45d EStG und § 45e EStG angeknüpft. Die so gewonnenen Informationen werden auch - zumindest vorübergehend - gespeichert und können zur Grundlage weiterer Maßnahmen gemacht werden. Stellt sich heraus, dass der Betroffene über bislang unbekannte Konten und Depots verfügt, kann sich der zuständige SGB II-Träger - auf der Grundlage anderer Regelungen - ggf weitere Informationen über deren Inhalt verschaffen. Das in den angegriffenen Normen vorgesehene Verfahren führt damit zu einem Abruf von Daten, die den Zugriff auf weitere Informationen ermöglichen. Auch die im Anschluss - etwa über die Mitwirkungsvorschriften der §§ 60 ff SGB I - erhebbaren Informationen über Vermögensbeträge und Zinserträge können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein. Der SGB II-Träger kann Maßnahmen vorbereiten, die ansonsten nicht möglich wären. Die Belange der Betroffenen können durch Erstattungsverlangen, aber auch Hinweise an die Strafverfolgungsbehörden, berührt werden. Von diesen Beeinträchtigungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist der Kläger, wie sich etwa an den vorangegangenen Aufhebungs- und Erstattungsverfahren im Jahre 2004 zeigt, unmittelbar betroffen.

23

5. a) Die automatisierte Datenerhebung und -übermittlung nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verletzt im Ergebnis jedoch nicht das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die angegriffene Norm genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit, aber auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu 6.).

24

Bezogen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet das Bestimmtheitsgebot seine Grundlage in Art 2 Abs 1 iVm mit Art 1 Abs 1 GG (vgl BVerfG Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 46 ff, 54; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 186 ff). Es soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe für ihr Verhalten vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns anhand klarer rechtlicher Maßstäbe durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar durch gesetzliche Regelungen festgelegt werden (vgl BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 52 f; BVerfG Urteil vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348, 375 ff).

25

b) Von dem automatisierten Datenabgleich erfasst werden nach § 52 Abs 1 SGB II Personen, die Leistungen nach dem SGB II "beziehen". Der berücksichtigte Personenkreis wird in § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV weiter umschrieben. Dies geschieht mit der Festlegung, dass die BA bei dem Datenabgleich alle Personen einbezieht, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben. Eine weitere Konkretisierung der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - wie hier - durch Rechtsverordnung steht das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen, soweit sich aus dieser eine normenklare Festlegung entnehmen lässt (BVerfG Urteil vom 24.4.2013 - 1 BvR 1215/07 - BVerfGE 133, 277, 336). Dies ist hier der Fall, weil sich die in der GrSiDAV erfolgte Begrenzung des Umfangs des Datenabgleichs in zeitlicher Hinsicht als generell-abstrakte Präzisierung und normenklare Konkretisierung des in § 52 Abs 1 SGB II vom Gesetzgeber umfassend angeordneten Datenabgleichs erweist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung zur Regelung des Datenabgleichs durch Rechtsverordnung enthält Art 52 Abs 4 SGB II mit seiner Bezugnahme auf das Verfahren des Datenabgleichs eine Regelung, die den hier einräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des SGB II und unter Berücksichtigung des Zwecks des Datenabgleichs (s hierzu d) eingrenzt. Wie bereits in der Systematik des § 52 Abs 1 SGB II mit den genannten Stichtagen angelegt, findet nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV eine Begrenzung des von dem Abgleich erfassten Personenkreises in Anknüpfung an einen SGB II-Leistungsbezug in dem jeweils vorangegangenen Kalendervierteljahr statt. Darüber hinaus werden nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres SGB II-Leistungen erhalten haben(§ 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV). Diese Regelungen bringen hinreichend klar zum Ausdruck, dass in den Datenabgleich alle Personen einbezogen werden, die - bezogen auf die jeweiligen Stichtage im vorangegangenen Vierteljahr bzw Kalenderjahr (Abgleichszeiträume) - für mindestens einen Tag SGB II-Leistungen bezogen haben (Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 26, Stand 7/2012; vgl auch BR-Drucks 483/05; aA Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009 "nur aktueller Grundsicherungsempfänger").

26

c) Durch die Bezugnahme auf die nach den steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 45d, 45e EStG an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnden Daten wird der Gegenstand des Datenabgleichs abschließend festgelegt.

27

Zu dem Gegenstand der Datenübermittlung bzw des Datenabgleichs regelt § 52 Abs 2 SGB II iVm der GrSiDAV, welche Daten einer Person im SGB II-Bezug von der - intern zuständigen - BA an die in Abs 1 genannten Stellen(ua das Bundeszentralamt für Steuern nach Abs 1 Nr 3) bzw über die Vermittlungsstelle (Datenstelle der Rentenversicherungsträger, "Kopfstelle") nach Abs 2a übermittelt werden dürfen. Es handelt sich um abschließend aufgeführte personenbezogene Daten (Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Anschrift, Versicherungsnummer). Nach Übermittlung der Anfragedatensätze durch die BA an die Kopfstelle leitet diese dem Bundeszentralamt für Steuern einen um die Daten "Versicherungsnummer" und "Geburtsort" verminderten Anfragedatensatz (§ 1b Abs 1 S 1 Nr 1 GrSiDAV) weiter, der wiederum Gegenstand des Datenabgleichs bei dem Bundeszentralamt für Steuern ist (§ 2 Abs 4 GrSiDAV).

28

Das Bundeszentralamt für Steuern führt den Datenabgleich in der Weise durch, dass es die dort eingegangenen Anfragedatensätze mit denjenigen Daten abgleicht ("synchronisiert"), die "nach § 45 d Abs 1 und § 45 e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind"(§ 52 Abs 1 Nr 3 SGB II). Hiervon grundsätzlich erfasst sind die beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten zu Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags, sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl EU Nr L 157 S 38) mitgeteilt wurden (vgl § 2 Abs 4 GrSiDAV).

29

Der Umstand, dass sich der Gegenstand der Datenübermittlung und des Datenabgleichs hier erst aus den genannten steuerrechtlichen Regelungen ergibt, steht dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit nicht entgegen. Ausreichend ist es, wenn sich der Gegenstand jedenfalls aus dem Zusammenwirken verschiedener Regelungen ergibt (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 53 f), was hier zu bejahen ist. Mit der Bezugnahme auf § 45d Abs 1 EStG wird an die Mitteilungspflichten der inländischen Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute zu den beim verpflichtenden Steuerabzug aufgrund eines Freistellungsauftrags oder einer Nichtveranlagungsbescheinigung freigestellten Kapitalerträgen angeknüpft. Diese Daten sind nach § 45d Abs 1 EStG idF des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 1768) regelmäßig bis zum 1.3. des Jahres zu übermitteln, das auf das Jahr folgt, in dem die Kapitalerträge den Gläubigern zufließen. Bei der steuerrechtlichen Regelung des § 45e EStG ergibt sich der Gegenstand des Datenabgleichs aus der Richtlinie 2003/48/EG(EU-Zinsrichtlinie). Diese sieht vor, dass Erträge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche Eigentümer, die natürliche Personen sind und die in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden (Niedland in Lademann, EStG, § 45e, Stand September 2010). Dabei werden nach Art 8 der Richtlinie 2003/48/EG Informationen zur Identität und zum Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers, Name und Anschrift der (ausländischen) Zahlstelle (zB des ausländischen Kreditinstituts), Konto- oder Depotnummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder Bezeichnung der Forderung, aus der die Zinsen stammen sowie der Betrag und Zeitraum der Zinszahlung an die "zuständige Behörde" - im Inland ist dies das Bundeszentralamt für Steuern (§ 5 Abs 2 S 1 der Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 - BGBl I 128) übermittelt (Art 6 der Richtlinie 2003/48/EG).

30

d) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II und § 2 Abs 4 GrSiDAV legen auch hinreichend normenklar fest, welcher Ausschnitt der beim Bundeszentralamt für Steuern vorhandenen Daten in die automatisierten Datenabgleiche zu den verschiedenen Abgleichszeitpunkten im Verlauf eines Kalenderjahres einbezogen werden dürfen. Nach der gesetzlichen Anknüpfung in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II wird zunächst auf die nach § 45d Abs 1 und § 45e Abs 1 EStG "übermittelten Daten" abgestellt, ohne dass zugleich festgelegt wird, in welchem Zeitraum die Angaben der Kreditinstitute an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet worden sein müssen. Auch § 2 Abs 4 GrSiDAV gibt hierzu keinen näheren Aufschluss, weil nach dessen Wortlaut nur mit "gespeicherten Daten" abgeglichen werden soll. Ausreichend zur Wahrung des Gebots der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit ist jedoch, dass sich die Regelungsinhalte unter Nutzung der juristischen Methodik bewältigen lassen, sodass das Verwaltungshandeln vorhersehbar und justiziabel ist (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 56 f; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvL 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 188). Dies ist hier zu bejahen.

31

Aus der Systematik des Datenabgleichs in § 52 SGB II iVm der GrSiDAV folgt, dass bei den als Abgleichsgegenstand einzubeziehenden steuerrechtlichen Meldungen nicht auf Daten zurückgegriffen werden darf, die in der länger zurückliegenden Vergangenheit an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind. Vielmehr gilt in gleicher Weise wie bei den weiteren Formen der Datenabgleiche des § 52 Abs 1 SGB I, dass die Abgleichszeiträume sowohl den Kreis der einzubeziehenden Personen auf Seiten des Jobcenters (Anfragedatensätze) als auch den Umfang der einbezogenen Daten der jeweiligen Auskunftsstellen einheitlich begrenzen. So ist in § 2 Abs 2 und 3 GrSiDAV ausdrücklich geregelt, dass die vom Jobcenter übermittelten Daten mit den bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Post AG gespeicherten Daten zur Feststellung eines zeitgleichen Bezugs anderer Leistungen "im Abgleichszeitraum" überprüft werden sollen. Der Abgleich bezieht sich also in diesen Fallgestaltungen auf die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Daten der nachfragenden Stelle und die Auskunftsstelle zeitlich übereinstimmenden Abgleichszeitraum. Auch beim Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist auf die tatsächlichen Verhältnisse und Entwicklungen im Abgleichszeitraum, also die nach § 45d EStG und § 45e EStG aktuell übermittelten, nicht jedoch die in den zurückliegenden Jahren übermittelten und noch gespeicherten Daten als Gegenstand des Abgleichs abzustellen. Dies folgt aus der wegen der Abweichung vom Sozialgeheimnis geforderten engen Auslegung des § 52 SGB II(vgl hierzu Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009; Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 5, Stand 3/2015), die eine Begrenzung der auf Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern einzubeziehenden Daten erfordert, die über das Merkmal der "gespeicherten" Daten hinausgehen muss. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 2 GrSiDAV enthält zudem - wie ein Vergleich mit den Datenabgleichen in anderen Sozialleistungsbereichen zeigt - keine vom festgelegten Abgleichszeitraum abweichenden Regelungen zum Umfang der in zeitlicher Hinsicht auf Seiten der Auskunftsstellen in den Datenabgleich einzubeziehenden Daten(für eine derartige Regelung vgl zB § 2 Abs 2 S 2 der Verordnung zur Durchführung des § 118 Abs 1 und 2 SGB XII vom 21.1.1998 , zuletzt geändert durch Art 365 vom 31.10.2006 ).

32

Bei dem Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist daher auf die aktuell im Abgleichszeitraum übermittelten Daten abzustellen. Dies sind die in dem jeweiligen Kalendervierteljahr vor den Abgleichszeitpunkten 1.4., 1.7. und 1.1. neu bei dem Bundeszentralamt für Steuern eingegangenen Daten. Bezogen auf den Abgleichszeitpunkt 1.10. des jeweiligen Jahres werden die Daten derjenigen Leistungsbezieher, die in dem vorangegangenen Jahr für mindestens einen Tag tatsächlich SGB II-Leistungen bezogen haben, mit den beim Bundeszentralamt für Steuern in dem Abgleichszeitraum neu eingegangenen Mitteilungen der Kreditinstitute zu Freistellungsaufträgen und Zinseinkünften abgeglichen.

33

e) Auch die Beteiligten des Datenabgleichs und das Verfahren sind normenklar festgelegt. Beteiligt sind die BA bzw die zugelassenen kommunalen Träger, das Bundeszentralamt für Steuern und die Datenstelle der Rentenversicherungsträger als Vermittlungs- bzw Kopfstelle.

34

f) Der bereichsspezifische Zweck des automatisierten Datenabgleichs ist dem Gesamtzusammenhang der Regelungen zu entnehmen und liegt in einer Überprüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II sowie der Vermeidung eines Leistungsmissbrauchs. Das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit wird auch nicht dadurch verletzt, dass dieser Zweck des Datenabgleichs nicht unmittelbar in § 52 SGB II aufgenommen ist. Ausreichend ist, dass er ohne Weiteres bestimmbar ist. Insofern ergibt sich aus dem Kontext der Regelungen, dass keine mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende Sammlung personenbezogener Informationen auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 187 mwN) gegeben ist. Den in § 52 Abs 1 SGB II im Einzelnen aufgeführten Abrufgegenständen liegt klar erkennbar zugrunde, dass ein Bezug von SGB II-Leistungen vermieden werden soll, wenn andere Einkünfte oder Vermögenswerte vorliegen, die - bei einer Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach ordnungsgemäßen Angaben des Leistungsberechtigten - eigentlich zum Ausschluss oder zur Verminderung des SGB II-Anspruchs führen würden. Die Datenabgleiche verfolgen erkennbar das Ziel, das (weitere) Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu prüfen, einen Leistungsmissbrauch zu vermeiden sowie die "Konzentration der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die wirklich Bedürftigen sowie die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel" sicherzustellen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 64; BT-Drucks 16/1410, S 30; BR-Drucks 483/05, S 6).

35

6. Die in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthaltene Eingriffsermächtigung genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient (dazu a) und als Mittel zu diesem Zweck geeignet (dazu b) sowie erforderlich und angemessen (dazu c) ist (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 193; BVerfG Beschluss vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320, 345). Diesen Erfordernissen ist Rechnung getragen. Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (dazu d).

36

a) Der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern dient der Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen und damit einem Gemeinwohlbelang, dem nach der Rechtsprechung des BVerfG eine erhebliche Bedeutung zukommt (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 126). Wie bereits vorstehend näher ausgeführt, verfolgt der Gesetzgeber mit dem automatisierten Datenabgleich nach § 52 SGB II den legitimen Zweck, das anzurechnende Einkommen und Vermögen(§§ 11, 12 SGB II) zu überprüfen, sodass einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme entgegen gewirkt und ein Missbrauch von Sozialleistungen aufgedeckt werden kann (BT-Drucks 15/1516, S 64; 16/1410, S 30; vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 4/07 R - BSGE 101, 260 ff = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 25 zur Vorlagepflicht von Kontoauszügen).

37

b) Der automatisierte Abgleich von Daten nach § 52 SGB II iVm der GrSiDAV ist auch geeignet, die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist die Kenntnis von Kapitalerträgen und evtl dahinter stehenden Vermögenswerten bei deutschen und ausländischen Kreditinstituten oder etwaigen Zinserträgen von entscheidender Bedeutung. Ergeben sich aus den von Bundeszentralamt für Steuern über die Kopfstelle der BA übermittelten Daten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Vermögensverhältnissen des SGB II-Leistungsberechtigten, unterrichtet die BA die Stellen, die Leistungen bewilligt haben, innerhalb von zwei Wochen über die Ergebnisse des Datenabgleichs (§ 1 Abs 2 GrSiDAV). Diejenigen SGB II-Träger, die Leistungen bewilligt haben, können ggf Aufhebungs- und Erstattungsverfahren einleiten oder nach § 34 SGB II - bei Vermögensverschiebungen zu Lasten des Grundsicherungsträgers insbesondere vor dem Bezug von SGB II-Leistungen - Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten geltend machen.

38

c) Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs ist zur Erreichung der beschriebenen Gesetzeszwecke erforderlich. Dem kann nicht mit dem Argument des Klägers entgegen getreten werden, dass zunächst empirische Erhebungen zur tatsächlichen Häufigkeit der Missbrauchstatbestände erfolgen müssten. Der gesetzgeberische Gestaltungspielraum ist jedenfalls nicht in der Weise eingeschränkt, dass ein automatisierter Datenabgleich nur möglich ist, wenn durch den Datenabgleich nachgewiesene Überzahlungen von SGB II-Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit in einem bestimmten Umfang feststellbar sind. Ausreichend ist, dass das tatsächliche Phänomen des unberechtigten Bezugs von SGB II-Leistungen wegen nicht angegebenen Einkommen und Vermögen besteht. Insofern hat der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auf die in den Jahren 2005 bis 2012 durch den Datenabgleich nach § 52 SGB II festgestellten Überzahlungsbeträge in Höhe von rund 575 Mio Euro hingewiesen(vgl BT-Drucks 17/13629 vom 24.5.2013). Auch wenn zu unterstellen ist, dass die weitaus überwiegende Zahl der Empfänger von SGB II-Leistungen vorhandenes Einkommen oder Vermögen korrekt angibt, hat bereits das Wissen um einen möglichen Datenabgleich eine nicht zu unterschätzende Präventivwirkung (vgl Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 6; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010; 18. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz - BT-Drucks 14/5555, S 137 zu dem zum 1.1.1998 eingeführten Sozialhilfedatenabgleich). Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Gesetzgeber nicht allein auf die Deklarationsbereitschaft der Leistungsberechtigten bei Antragstellung abstellen, sondern kann eine Verifizierung der (fortdauernden) Richtigkeit der Angaben durchführen.

39

Ein ebenso wirksamer, den Betroffenen aber weniger belastender Weg als das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs ist nicht ersichtlich (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010). Das automatisierte, pauschale Abgleichverfahren ist in den meisten Fallgestaltungen zu Unrecht bezogener SGB II-Leistungen die einzige Möglichkeit einen Doppelbezug von Sozialleistungen bzw einen Leistungsbezug trotz Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen zu belegen (Zahn, Datenabgleich zur Missbrauchskontrolle im Bereich der Sozialleistungen, 2001, S 230). Das LSG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass stichprobenartige Einzelabfragen schon wegen der hohen Zahl von Kreditinstituten in der Bundesrepublik und wegen der möglicherweise hohen Zahl der Abfragen kein praktikables alternatives Mittel zur Zielerreichung sind (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 194 f). Bei der Auswahl der in eine mögliche Stichprobe einbezogenen Kreditinstitute sind keine konkreten gesetzlichen Vorgaben denkbar, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit gerecht werden und zugleich zu einer sachgerechten Begrenzung eines Datenabgleichs durch Einzelabfragen vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Datenabgleichs führen könnten. Das Herausgreifen nur einzelner Leistungsberechtigter wäre mit einer Ungleichbehandlung der SGB II-Bezieher in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Missbrauchskontrolle verbunden.

40

Zudem ist zweifelhaft, ob Einzelanfragen überhaupt ein milderes Mittel im Vergleich zu einem automatisierten Verfahren des Datenabgleichs darstellen (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 123). Aufgrund von individuellen Anfragen - etwa im Wege von stichprobenhaften Überprüfungen - werden die angeschriebenen Kreditinstitute zugleich über den Bezug von existenzsichernden Mitteln durch ihren Kunden direkt unterrichtet, was Einfluss auf deren Kreditwürdigkeit und eine stigmatisierende Wirkung haben kann. Dagegen ist im Rahmen des automatisierten Verfahrens nach § 52 SGB II eine Kenntnisnahme des SGB II-Bezugs durch die Kreditinstitute auszuschließen(vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195). Anders als bei Einzelabfragen greift § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II auf bereits an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Daten zur Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Steuervorteilen zurück.

41

d) Die Ermächtigung zum automatisierten Datenabgleich wahrt auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

42

Dieses Gebot verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf. Der Gesetzgeber hat das Individualinteresse, das durch einen Grundrechtseingriff beschnitten wird, den Allgemeininteressen, denen der Eingriff dient, angemessen zuzuordnen. Das Gewicht des Eingriffs wird insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten beeinflusst (BVerfG Urteil vom 11.3.2008 - 1 BvR 2074/05 ua - BVerfGE 120, 378, 401; BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Ist das Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung jedoch geringer, kann diese mit Rücksicht auf wichtige Ziele des Gesetzes eher als verhältnismäßig hinzunehmen sein (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195).

43

Nach diesen Maßstäben steht § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV - soweit diese zu Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berechtigen - nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Die erhobenen und übermittelten Daten weisen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz auf; sie beinhalten insbesondere kein Persönlichkeitsprofil des SGB II-Leistungsberechtigten, bilden seine Persönlichkeit auch nicht teilweise ab und lassen keine Einblicke oder Rückschlüsse auf Art und Intensität von Beziehungen, Kommunikationsverhalten und Kommunikationsinhalt, soziales Umfeld, persönliche Angelegenheiten, Interessen, Neigungen und Gewohnheiten zu (vgl zB BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Soweit dem SGB II-Träger eine Kenntnis über eventuelle Sparkonten bzw Kapitalerträge, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, vermittelt wird, handelt es sich lediglich um (Teil-)Informationen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten. Es entsteht kein umfassender "Sozialdatenpool"; vielmehr werden nur Informationen erhoben, zu deren Angabe der SGB II-Leistungsberechtigte ohnehin bei Antragstellung und bei einer späteren Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet wären (Müller-Thele in Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 52 SGB II RdNr 11, Stand April 2009).

44

Auch die Häufigkeit des automatisierten Datenabgleichs führt nicht zu dessen Unangemessenheit. § 52 Abs 1 S 1 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) in der Weise geändert, dass anstelle des zuvor festgelegten "regelmäßigen Datenabgleichs" vierteljährliche Vorgaben für den Datenabgleich durch die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger normenklar festgelegt worden sind (vgl BT-Drucks 16/1410, S 30). Das LSG hat bereits darauf hingewiesen, dass nach Durchführung der automatisierten Abfrage die Daten unverzüglich gelöscht werden, falls keine Kapitalerträge gemeldet worden sind (vgl § 52 Abs 2a S 3 SGB II, § 52 Abs 3 SGB II). Diese Regelungen beinhalten umfassende verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutzes.

45

Die Häufigkeit der Datenabgleiche hat der Gesetzgeber mit den rechtfertigenden Gründen der Fluktuation bei den Leistungsbeziehern, der Häufigkeit von Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Situation sowie dem Aufwand und Zeitbedarf für die Durchführung des Datenabgleichs bei den Auskunftsstellen begründet (BR-Drucks 483/05, S 7). Die Ausführungen des Gesetzgebers verdeutlichen, dass von dem automatisierten Datenabgleich auch diejenigen Leistungsbezieher erfasst werden sollten, die nur für kurze Zeit SGB II-Leistungen beziehen. Da sich der Datenabgleich zu den Stichtagen 1.1., 1.4. und 1.7. jeweils nur auf das vorangegangene Kalendervierteljahr bezieht, ermöglicht der Datenabgleich eine schnelle Reaktion auf die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Demgegenüber führt ein zeitlich größerer Abstand der Datenabgleiche zwangsläufig zu vermehrten Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden, die regelmäßig mit einer erschwerten oder nicht mehr möglichen "Rückführung" der überzahlten SGB II-Beträge verbunden sind.

46

Auch die zeitlich länger zurückwirkenden Datenabgleiche zwischen der BA und des Bundeszentralamts für Steuern zum 1.10. eines jeden Jahres sind durch ausreichende Gründe gerechtfertigt. Nach § 52 Abs 4 SGB II iVm § 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV werden in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben. Dies hat der Verordnungsgeber mit Gründen der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs gerechtfertigt, ohne dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Er hat darauf Bezug genommen, dass bei dem Bundesamt für Finanzen (als Vorgängerin des seit 1.1.2006 zuständigen Bundeszentralamtes für Steuern) erst im vierten Kalendervierteljahr ein zuverlässiger Datenbestand über das Vorjahr vorliege, während im ersten, zweiten und dritten Kalendervierteljahr die Anfragesätze auf der Grundlage der jeweils aktuellen Daten geprüft würden (BR-Drucks 483/05, S 7). Dieser einmalige im Verlauf des Kalenderjahres auf das gesamte vorangegangene Jahr bezogene, "rückwirkende Datenabgleich" ist im Hinblick auf die Ziele des § 52 SGB II erforderlich, weil sich - unbeschadet der Verkürzung der Übermittlungsfristen der inländischen Kreditinstitute von dem Zeitraum bis zum 31.5. des Folgejahres auf den Zeitraum bis zum 31.3. des Folgejahres (durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010, BGBl 1768) - in zahlreichen Fallgestaltungen auch weiter zurückliegende Informationen zu Vermögen und Zinserträgen oder aktuellere Daten ergeben können. So ist zB - bei einem Verbrauch von Vermögen vor einem (erneuten) Antrag auf SGB II-Leistungen - auch ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht zu ziehen(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - RdNr 13; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14), der erst drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung erbracht worden ist, erlischt. Zwar können die nicht auf die Dauer und die zeitliche Lage eines SGB II-Bezugs im Jahresverlauf abstellenden Stichtage in einigen Fallgestaltungen des jahresbezogenen Abgleichs dazu führen, dass diese (nur) bereits bekannte Inhalte ergeben. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Gründe der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs zu festgelegten Zeitpunkten führen jedoch auch diese Nachteile, die dem von Datenabgleichen Betroffenen infolge des Abgleichs drohen, angesichts der verfolgten Ziele nicht zur Unangemessenheit der Ermächtigung.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den automatisierten Datenabgleich zwischen dem Beklagten und dem Bundeszentralamt für Steuern.

2

Der Beklagte erhielt während des SGB II-Bezugs des Klägers von Mai 2005 bis November 2006 über den automatisierten vierteljährlichen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahr 2004 Einkünfte aus Vermögen erzielt hatte. Nach vergeblicher Aufforderung zur Darlegung der Höhe des Vermögens sowie der Kapitalerträge entzog der Beklagte ihm die SGB II-Leistungen wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit. Seit August 2012 erhält der Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II, die der Beklagte vorläufig bewilligte.

3

Die im Dezember 2012 erhobene und gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 22.11.2013). Die Berufung mit dem Begehren, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und "den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zukünftig zu unterlassen", ist ohne Erfolg geblieben(Urteil des LSG vom 8.5.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die zulässige vorbeugende Unterlassungsklage sei nicht begründet. Zwar werde mit dem automatisierten Datenabgleich in das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen; dies begegne jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Eingriff erfolge mit der erforderlichen Bestimmtheit und Normenklarheit. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II regele, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben der geregelten Informationserhebung berechtigt sein solle. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels und der Intensität des Eingriffs sei dieser nach Maßgabe der getroffenen Regelung verhältnismäßig. Der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II solle die Überprüfung des beim Alg II zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens sicherstellen, diene der Aufdeckung von nicht angegebenem Vermögen und des Leistungsmissbrauchs sowie gleichzeitig der Abschreckung gegenüber Antragstellern, die bestimmte Vermögenswerte nicht angeben wollten. Die ermittelten Kapitalerträge ermöglichten Rückschlüsse auf aktuelles bzw in der Vergangenheit vorhandenes Vermögen. Durch weitere Ermittlungen könne der Beklage feststellen, ob anrechenbares Vermögen vorhanden (gewesen) sei, das für den laufenden oder einen bereits zurückliegenden Leistungszeitraum Auswirkungen auf den Grund oder die Höhe der Leistungen habe oder gehabt habe. Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern sei zur Erreichung des Gesetzeszwecks erforderlich, weil ein ebenso wirksamer, den Leistungsempfänger weniger belastender Weg nicht ersichtlich sei. Die beanstandete gesetzliche Ermächtigung wahre auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem dargestellten Schutzzweck nicht schwerwiegender sei. Auch der beschränkte Blick in die Vergangenheit sei verhältnismäßig. Die gemeldeten Daten beträfen von vornherein Sachverhalte (Erwirtschaftung von Erträgen aus Vermögen), die in einer (zeitnahen) Vergangenheit lägen. Die Schwere der vom Kläger beanstandeten Eingriffe, die durch die quartalsmäßige Abfrage ausgelöst würden, stehe nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II gegen Verfassungsrecht. Das LSG habe nicht problematisiert, ob es - wie in § 52 Abs 4 SGB II festgelegt - in formeller Hinsicht genüge, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Verordnungsermächtigung zu erteilen. Auch liege kein konkreter, sondern ein allgemeiner Erhebungszweck vor, wenn der Gesetzgeber unterstelle, Hinweise auf Vermögen trotz einer ersten (negativen) Abfrage bei erstmaliger Antragsstellung zu finden. Fraglich sei auch, ob der automatisierte Datenabgleich in der konkreten Häufigkeit geeignet sei, nach der erstmaligen Abfrage für die Vergangenheit noch weitere, neue Erkenntnisse zu bringen. Hierzu müssten empirische Ermittlungen erfolgen. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II ermögliche ein "dauerhaftes Ermitteln ins Blaue hinein". Eine Verhältnismäßigkeit sei daher nicht mehr gegeben. Die quartalsmäßigen Abgleiche aller Leistungsberechtigten fielen in den Bereich anlassloser Routineabrufe, die nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung unzulässig seien.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2014 und des Sozialgerichts Dortmund vom 22. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Datenabgleich nach Maßgabe des § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II zu unterlassen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er vertritt die Auffassung, dass der automatisierte Datenabgleich zur Vermeidung des Sozialleistungsmissbrauchs geeignet sei. Das LSG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass ein konkreter Einzelabruf bei den Kreditinstituten einen stigmatisierenden Charakter habe, es also weniger belastende Wege zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht gebe.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

9

1. a) Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, den automatisierten Datenabgleich in der gesetzlich vorgesehenen Form mit dem Bundeszentralamt für Steuern zukünftig zu unterlassen. Er wendet sich nicht im Wege des grundsätzlich nachgängigen Rechtsschutzes gegen einzelne oder wiederholte Datenabgleiche, die in der Vergangenheit nach bestimmten - ggf gesetzlichen Vorgaben zuwiderlaufenden - Praktiken stattgefunden haben. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, wie er in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) iVm den Regelungen der Verordnung über den automatisierten Datenabgleich bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung ) vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 Erste ÄndVO vom 21.2.2012 (BGBl I 309), im Einzelnen gesetzlich umschrieben ist, unzulässig sei. Sein Begehren richtet sich damit auf die künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns des Beklagten. Dieses Klageziel kann er grundsätzlich im Wege einer sogenannten vorbeugenden Unterlassungsklage verfolgen, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs 1 S 1 SGG hinaus allgemein anerkannt ist(BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 RdNr 10; BSG Urteil vom 27.1.1977 - 7 RAr 17/76 - BSGE 43, 134 = SozR 4100 § 34 Nr 6, RdNr 18).

10

b) Das für eine vorbeugende Unterlassungsklage geforderte qualifizierte Rechtsschutzinteresse einschließlich einer Wiederholungsgefahr (BSG Urteil vom 5.2.1985 - 6 RKa 40/83 - SozR 2200 § 368n Nr 34 mwN) hat der Kläger schlüssig dargelegt. Bei einem hoheitlichen Handeln besteht dies darin, dass der Betreffende von der Verwaltungsmaßnahme widerrechtlich berührt, dh in seinen Rechten nachteilig verletzt wird bzw eine solche Verletzung behauptet.

11

Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten sein (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, § 54 RdNr 119 SGG, Stand: Dezember 2012). Es muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 P 5/12 R - SozR 4-3300 § 115 Nr 2 RdNr 9; BSG Urteil vom 24.7.2013 - B 3 P 4/02 R - BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1, RdNr 7; vgl auch BVerwG Urteil vom 22.10.2014 - 6 C 7/13 - RdNr 12 f).

12

Ein solches spezifisches Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz liegt hier vor. Mit seinem Vorbringen, der automatisierte Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II werde laufend durchgeführt und verletze das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I sowie sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, hat der Kläger schlüssig dargetan, dass er durch den Datenabgleich in seinen Rechten betroffen sei. Unstreitig ist er wegen seines laufenden SGB II-Bezugs dem Datenabgleich automatisch und ohne die Möglichkeit einer eigenen Einflussnahme in regelmäßigen Abständen unterworfen, weshalb ein erneutes von ihm als widerrechtlich bewertetes Vorgehen des Beklagten im Sinne einer Wiederholungsgefahr ernstlich zu befürchten ist. Der Beklagte ist nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verpflichtet, die vorgesehenen Daten jeweils zu Beginn eines jeden Quartals zu erheben. Es ist dem Kläger wegen des Datenabgleichs ohne angreifbaren Verwaltungsakt nicht möglich, nachträglich effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Gleichfalls hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass ggf stattgefundene tatsächliche Handlungen der Datenübermittlung und des Datenabgleichs nicht mehr rückgängig gemacht werden können, der Kläger also auf einen nachträglichen Rechtsschutz nicht verwiesen werden kann.

13

Mit seinem Klagevortrag bringt er zudem zum Ausdruck, dass er sich gegen die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern unabhängig von einer hiermit ggf verbundenen Anrechnung von bisher nicht angegebenem Vermögen oder (Zins-)Einkünften durch spätere Rücknahme- und Erstattungsbescheide wenden möchte. Unbesehen dieser möglichen Folgen des Datenabgleichs hat der Kläger schlüssig behauptet, durch den Datenabgleich nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II an sich in seinen Rechten verletzt zu sein. Er kann also - zur eventuellen Erreichung seines Klageziels - nicht darauf verwiesen werden, gegen die nach den Feststellungen des LSG möglicherweise wegen fehlender Auskünfte zu Vermögenswerten nur vorläufig erfolgte Bewilligung vorzugehen und in diesem Rahmen einzuwenden, dass die Erkenntnisse aus dem Datenabgleich nicht "verwertet" werden dürften.

14

2. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage auf Unterlassung des Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern zutreffend gegen den Beklagten als gemeinsame Einrichtung. Der Beklagte ist der richtige Klagegegner. Nach § 44b Abs 1 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) nimmt die gemeinsame Einrichtung grundsätzlich alle Aufgaben der Träger nach dem SGB II gegenüber den Leistungsberechtigten wahr (Grundsatz der Gesamtwahrnehmung). Der Beklagte ist die verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs 9 SGB X sowie Stelle iS des § 35 Abs 1 SGB I, sodass der hier streitige Unterlassungsanspruch gegen ihn zu richten ist(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 50 RdNr 7).

15

3. Das LSG hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

16

Materiell-rechtlich beruht der Unterlassungsanspruch auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95, RdNr 17 mwN). § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthält eine gesetzliche Grundlage, die in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X steht und den Kläger auf einfach-gesetzlicher Ebene zur Duldung des automatisierten Datenabgleichs verpflichtet.

17

a) Zwar hat nach § 35 Abs 1 S 1 SGB I jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Auch handelt es sich bei den für den Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern verwendeten Informationen um Sozialdaten iS des § 67 Abs 1 SGB X. Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden(§ 67 Abs 1 SGB X). Hierzu gehören auch die hier verwendeten Daten. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I). Hierzu bestimmt § 67d Abs 1 SGB X, dass eine Übermittlung von Sozialdaten nur zulässig ist, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches vorliegt. Nach § 67a Abs 2 S 1 SGB X sind Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie bei anderen (als in den in § 35 SGB I oder in § 69 Abs 2 SGB X genannten Stellen) oder bei "anderen Personen oder Stellen" nur erhoben werden, "wenn eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt" (§ 67a Abs 2 S 2 Nr 2a SGB X).

18

b) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II enthält eine diesen Vorgaben entsprechende spezielle und bereichsspezifische Ermächtigung im SGB II(Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 2)an die BA und die zugelassenen kommunalen Träger zur Übermittlung und Überprüfung von Daten iS von § 67d Abs 1 SGB X.

19

Nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II überprüfen die BA und die zugelassenen kommunalen Träger Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin, ob und welche Daten nach § 45d Abs 1 und § 45e des EStG an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Auf der Grundlage der Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 52 Abs 4 SGB II zur Regelung von Einzelheiten des Verfahrens des automatisierten Datenabgleichs und der Verfahrenskosten hat der Verordnungsgeber die GrSiDAV vom 27.7.2005 (BGBl I 2273), zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung vom 21.2.2012 (BGBl I 309), erlassen. § 2 Abs 4 GrSiDAV bestimmt, dass das Bundeszentralamt für Steuern die ihm übermittelten Daten mit den dort gespeicherten Daten zur Feststellung von Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags(Nr 1), sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl Nr L 1573 S 38) mitgeteilt wurden (Nr 2), abgleicht. Nach § 1 Abs 1 GrSiDAV bezieht die BA in den Datenabgleich alle Personen ein, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben (Abgleichsfälle). Abweichend hiervon werden in den Abgleich mit den Daten des Bundeszentralamtes für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben (§ 1 S 2 GrSiDAV). Mit den genannten Regelungen wird der Umfang der Datenübermittlung und -überprüfung hinsichtlich der in die Überprüfung einzubeziehenden Zeiträume konkretisiert.

20

4. Das Unterlassungsbegehren des Klägers hat auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen Erfolg, weil der automatisierte Datenabgleich zwischen der BA und dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt. Die mit dem Datenabgleich verbundenen Eingriffe, die in der Übermittlung der Sozialdaten (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 3 SGB X), vorübergehenden Speicherung (§ 67 Abs 6 S 2 Nr 1 SGB X) und einem Datenabgleich im Sinne des Synchronisierens der Daten zwischen zwei Datenträgern (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 52 RdNr 9, Stand März 2015) liegen, sind jedoch verfassungsgemäß (dazu 5. und 6.).

21

In seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt das allgemeine Persönlichkeitsrecht Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, ergeben (BVerfG vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 41 ff; vom 12.4.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29, 45 f; vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320; vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183). Es gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl BVerfGE 65, 1, 43; 84, 192, 194). Eine Gefährdung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern entstehen, so insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden (können), die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Vor allem mittels elektronischer Datenverarbeitung können aus solchen Informationen weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 183 f).

22

Mit den Datenabgleichen auf der Grundlage von § 52 SGB II iVm den Vorschriften der GrSiDAV wird dem SGB II-Träger Kenntnis darüber verschafft, ob und ggf in welchem Umfang Leistungsberechtigte nach dem SGB II für vorhandenes Vermögen an inländische Kreditanstalten Freistellungsaufträge erteilt und Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt haben. Hierfür wird an die Mitteilungspflichten von inländischen und ausländischen Kreditinstituten ua an das Bundeszentralamt für Steuern nach § 45d EStG und § 45e EStG angeknüpft. Die so gewonnenen Informationen werden auch - zumindest vorübergehend - gespeichert und können zur Grundlage weiterer Maßnahmen gemacht werden. Stellt sich heraus, dass der Betroffene über bislang unbekannte Konten und Depots verfügt, kann sich der zuständige SGB II-Träger - auf der Grundlage anderer Regelungen - ggf weitere Informationen über deren Inhalt verschaffen. Das in den angegriffenen Normen vorgesehene Verfahren führt damit zu einem Abruf von Daten, die den Zugriff auf weitere Informationen ermöglichen. Auch die im Anschluss - etwa über die Mitwirkungsvorschriften der §§ 60 ff SGB I - erhebbaren Informationen über Vermögensbeträge und Zinserträge können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein. Der SGB II-Träger kann Maßnahmen vorbereiten, die ansonsten nicht möglich wären. Die Belange der Betroffenen können durch Erstattungsverlangen, aber auch Hinweise an die Strafverfolgungsbehörden, berührt werden. Von diesen Beeinträchtigungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist der Kläger, wie sich etwa an den vorangegangenen Aufhebungs- und Erstattungsverfahren im Jahre 2004 zeigt, unmittelbar betroffen.

23

5. a) Die automatisierte Datenerhebung und -übermittlung nach § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II verletzt im Ergebnis jedoch nicht das durch Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die angegriffene Norm genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit, aber auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu 6.).

24

Bezogen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet das Bestimmtheitsgebot seine Grundlage in Art 2 Abs 1 iVm mit Art 1 Abs 1 GG (vgl BVerfG Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1, 46 ff, 54; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 186 ff). Es soll sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe für ihr Verhalten vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns anhand klarer rechtlicher Maßstäbe durchführen können; ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung grundsätzlich bereichsspezifisch, präzise und normenklar durch gesetzliche Regelungen festgelegt werden (vgl BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 52 f; BVerfG Urteil vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348, 375 ff).

25

b) Von dem automatisierten Datenabgleich erfasst werden nach § 52 Abs 1 SGB II Personen, die Leistungen nach dem SGB II "beziehen". Der berücksichtigte Personenkreis wird in § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV weiter umschrieben. Dies geschieht mit der Festlegung, dass die BA bei dem Datenabgleich alle Personen einbezieht, die innerhalb des dem Abgleich vorangehenden Kalendervierteljahres (Abgleichszeitraum) von einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Ausnahme der zugelassenen kommunalen Träger Leistungen bezogen haben. Eine weitere Konkretisierung der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - wie hier - durch Rechtsverordnung steht das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen, soweit sich aus dieser eine normenklare Festlegung entnehmen lässt (BVerfG Urteil vom 24.4.2013 - 1 BvR 1215/07 - BVerfGE 133, 277, 336). Dies ist hier der Fall, weil sich die in der GrSiDAV erfolgte Begrenzung des Umfangs des Datenabgleichs in zeitlicher Hinsicht als generell-abstrakte Präzisierung und normenklare Konkretisierung des in § 52 Abs 1 SGB II vom Gesetzgeber umfassend angeordneten Datenabgleichs erweist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung zur Regelung des Datenabgleichs durch Rechtsverordnung enthält Art 52 Abs 4 SGB II mit seiner Bezugnahme auf das Verfahren des Datenabgleichs eine Regelung, die den hier einräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des SGB II und unter Berücksichtigung des Zwecks des Datenabgleichs (s hierzu d) eingrenzt. Wie bereits in der Systematik des § 52 Abs 1 SGB II mit den genannten Stichtagen angelegt, findet nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV eine Begrenzung des von dem Abgleich erfassten Personenkreises in Anknüpfung an einen SGB II-Leistungsbezug in dem jeweils vorangegangenen Kalendervierteljahr statt. Darüber hinaus werden nach § 1 Abs 1 S 1 GrSiDAV in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres SGB II-Leistungen erhalten haben(§ 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV). Diese Regelungen bringen hinreichend klar zum Ausdruck, dass in den Datenabgleich alle Personen einbezogen werden, die - bezogen auf die jeweiligen Stichtage im vorangegangenen Vierteljahr bzw Kalenderjahr (Abgleichszeiträume) - für mindestens einen Tag SGB II-Leistungen bezogen haben (Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 26, Stand 7/2012; vgl auch BR-Drucks 483/05; aA Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009 "nur aktueller Grundsicherungsempfänger").

26

c) Durch die Bezugnahme auf die nach den steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 45d, 45e EStG an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnden Daten wird der Gegenstand des Datenabgleichs abschließend festgelegt.

27

Zu dem Gegenstand der Datenübermittlung bzw des Datenabgleichs regelt § 52 Abs 2 SGB II iVm der GrSiDAV, welche Daten einer Person im SGB II-Bezug von der - intern zuständigen - BA an die in Abs 1 genannten Stellen(ua das Bundeszentralamt für Steuern nach Abs 1 Nr 3) bzw über die Vermittlungsstelle (Datenstelle der Rentenversicherungsträger, "Kopfstelle") nach Abs 2a übermittelt werden dürfen. Es handelt sich um abschließend aufgeführte personenbezogene Daten (Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Anschrift, Versicherungsnummer). Nach Übermittlung der Anfragedatensätze durch die BA an die Kopfstelle leitet diese dem Bundeszentralamt für Steuern einen um die Daten "Versicherungsnummer" und "Geburtsort" verminderten Anfragedatensatz (§ 1b Abs 1 S 1 Nr 1 GrSiDAV) weiter, der wiederum Gegenstand des Datenabgleichs bei dem Bundeszentralamt für Steuern ist (§ 2 Abs 4 GrSiDAV).

28

Das Bundeszentralamt für Steuern führt den Datenabgleich in der Weise durch, dass es die dort eingegangenen Anfragedatensätze mit denjenigen Daten abgleicht ("synchronisiert"), die "nach § 45 d Abs 1 und § 45 e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind"(§ 52 Abs 1 Nr 3 SGB II). Hiervon grundsätzlich erfasst sind die beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten zu Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, und von Namen und Anschrift des Empfängers des Freistellungsauftrags, sowie von Zinserträgen, die aufgrund der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl EU Nr L 157 S 38) mitgeteilt wurden (vgl § 2 Abs 4 GrSiDAV).

29

Der Umstand, dass sich der Gegenstand der Datenübermittlung und des Datenabgleichs hier erst aus den genannten steuerrechtlichen Regelungen ergibt, steht dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit nicht entgegen. Ausreichend ist es, wenn sich der Gegenstand jedenfalls aus dem Zusammenwirken verschiedener Regelungen ergibt (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 53 f), was hier zu bejahen ist. Mit der Bezugnahme auf § 45d Abs 1 EStG wird an die Mitteilungspflichten der inländischen Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute zu den beim verpflichtenden Steuerabzug aufgrund eines Freistellungsauftrags oder einer Nichtveranlagungsbescheinigung freigestellten Kapitalerträgen angeknüpft. Diese Daten sind nach § 45d Abs 1 EStG idF des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 1768) regelmäßig bis zum 1.3. des Jahres zu übermitteln, das auf das Jahr folgt, in dem die Kapitalerträge den Gläubigern zufließen. Bei der steuerrechtlichen Regelung des § 45e EStG ergibt sich der Gegenstand des Datenabgleichs aus der Richtlinie 2003/48/EG(EU-Zinsrichtlinie). Diese sieht vor, dass Erträge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche Eigentümer, die natürliche Personen sind und die in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden (Niedland in Lademann, EStG, § 45e, Stand September 2010). Dabei werden nach Art 8 der Richtlinie 2003/48/EG Informationen zur Identität und zum Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers, Name und Anschrift der (ausländischen) Zahlstelle (zB des ausländischen Kreditinstituts), Konto- oder Depotnummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder Bezeichnung der Forderung, aus der die Zinsen stammen sowie der Betrag und Zeitraum der Zinszahlung an die "zuständige Behörde" - im Inland ist dies das Bundeszentralamt für Steuern (§ 5 Abs 2 S 1 der Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 - BGBl I 128) übermittelt (Art 6 der Richtlinie 2003/48/EG).

30

d) § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II und § 2 Abs 4 GrSiDAV legen auch hinreichend normenklar fest, welcher Ausschnitt der beim Bundeszentralamt für Steuern vorhandenen Daten in die automatisierten Datenabgleiche zu den verschiedenen Abgleichszeitpunkten im Verlauf eines Kalenderjahres einbezogen werden dürfen. Nach der gesetzlichen Anknüpfung in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II wird zunächst auf die nach § 45d Abs 1 und § 45e Abs 1 EStG "übermittelten Daten" abgestellt, ohne dass zugleich festgelegt wird, in welchem Zeitraum die Angaben der Kreditinstitute an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet worden sein müssen. Auch § 2 Abs 4 GrSiDAV gibt hierzu keinen näheren Aufschluss, weil nach dessen Wortlaut nur mit "gespeicherten Daten" abgeglichen werden soll. Ausreichend zur Wahrung des Gebots der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit ist jedoch, dass sich die Regelungsinhalte unter Nutzung der juristischen Methodik bewältigen lassen, sodass das Verwaltungshandeln vorhersehbar und justiziabel ist (BVerfG Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33, 56 f; BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvL 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 188). Dies ist hier zu bejahen.

31

Aus der Systematik des Datenabgleichs in § 52 SGB II iVm der GrSiDAV folgt, dass bei den als Abgleichsgegenstand einzubeziehenden steuerrechtlichen Meldungen nicht auf Daten zurückgegriffen werden darf, die in der länger zurückliegenden Vergangenheit an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind. Vielmehr gilt in gleicher Weise wie bei den weiteren Formen der Datenabgleiche des § 52 Abs 1 SGB I, dass die Abgleichszeiträume sowohl den Kreis der einzubeziehenden Personen auf Seiten des Jobcenters (Anfragedatensätze) als auch den Umfang der einbezogenen Daten der jeweiligen Auskunftsstellen einheitlich begrenzen. So ist in § 2 Abs 2 und 3 GrSiDAV ausdrücklich geregelt, dass die vom Jobcenter übermittelten Daten mit den bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Post AG gespeicherten Daten zur Feststellung eines zeitgleichen Bezugs anderer Leistungen "im Abgleichszeitraum" überprüft werden sollen. Der Abgleich bezieht sich also in diesen Fallgestaltungen auf die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Daten der nachfragenden Stelle und die Auskunftsstelle zeitlich übereinstimmenden Abgleichszeitraum. Auch beim Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist auf die tatsächlichen Verhältnisse und Entwicklungen im Abgleichszeitraum, also die nach § 45d EStG und § 45e EStG aktuell übermittelten, nicht jedoch die in den zurückliegenden Jahren übermittelten und noch gespeicherten Daten als Gegenstand des Abgleichs abzustellen. Dies folgt aus der wegen der Abweichung vom Sozialgeheimnis geforderten engen Auslegung des § 52 SGB II(vgl hierzu Schmidt in Gagel, SGB II/SGB III, § 52 RdNr 9, Stand 6/2009; Voelzke in Hauck/Noftz, K § 52 RdNr 5, Stand 3/2015), die eine Begrenzung der auf Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern einzubeziehenden Daten erfordert, die über das Merkmal der "gespeicherten" Daten hinausgehen muss. § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm § 2 GrSiDAV enthält zudem - wie ein Vergleich mit den Datenabgleichen in anderen Sozialleistungsbereichen zeigt - keine vom festgelegten Abgleichszeitraum abweichenden Regelungen zum Umfang der in zeitlicher Hinsicht auf Seiten der Auskunftsstellen in den Datenabgleich einzubeziehenden Daten(für eine derartige Regelung vgl zB § 2 Abs 2 S 2 der Verordnung zur Durchführung des § 118 Abs 1 und 2 SGB XII vom 21.1.1998 , zuletzt geändert durch Art 365 vom 31.10.2006 ).

32

Bei dem Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern ist daher auf die aktuell im Abgleichszeitraum übermittelten Daten abzustellen. Dies sind die in dem jeweiligen Kalendervierteljahr vor den Abgleichszeitpunkten 1.4., 1.7. und 1.1. neu bei dem Bundeszentralamt für Steuern eingegangenen Daten. Bezogen auf den Abgleichszeitpunkt 1.10. des jeweiligen Jahres werden die Daten derjenigen Leistungsbezieher, die in dem vorangegangenen Jahr für mindestens einen Tag tatsächlich SGB II-Leistungen bezogen haben, mit den beim Bundeszentralamt für Steuern in dem Abgleichszeitraum neu eingegangenen Mitteilungen der Kreditinstitute zu Freistellungsaufträgen und Zinseinkünften abgeglichen.

33

e) Auch die Beteiligten des Datenabgleichs und das Verfahren sind normenklar festgelegt. Beteiligt sind die BA bzw die zugelassenen kommunalen Träger, das Bundeszentralamt für Steuern und die Datenstelle der Rentenversicherungsträger als Vermittlungs- bzw Kopfstelle.

34

f) Der bereichsspezifische Zweck des automatisierten Datenabgleichs ist dem Gesamtzusammenhang der Regelungen zu entnehmen und liegt in einer Überprüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II sowie der Vermeidung eines Leistungsmissbrauchs. Das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit wird auch nicht dadurch verletzt, dass dieser Zweck des Datenabgleichs nicht unmittelbar in § 52 SGB II aufgenommen ist. Ausreichend ist, dass er ohne Weiteres bestimmbar ist. Insofern ergibt sich aus dem Kontext der Regelungen, dass keine mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende Sammlung personenbezogener Informationen auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 187 mwN) gegeben ist. Den in § 52 Abs 1 SGB II im Einzelnen aufgeführten Abrufgegenständen liegt klar erkennbar zugrunde, dass ein Bezug von SGB II-Leistungen vermieden werden soll, wenn andere Einkünfte oder Vermögenswerte vorliegen, die - bei einer Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach ordnungsgemäßen Angaben des Leistungsberechtigten - eigentlich zum Ausschluss oder zur Verminderung des SGB II-Anspruchs führen würden. Die Datenabgleiche verfolgen erkennbar das Ziel, das (weitere) Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu prüfen, einen Leistungsmissbrauch zu vermeiden sowie die "Konzentration der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die wirklich Bedürftigen sowie die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel" sicherzustellen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 64; BT-Drucks 16/1410, S 30; BR-Drucks 483/05, S 6).

35

6. Die in § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV enthaltene Eingriffsermächtigung genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient (dazu a) und als Mittel zu diesem Zweck geeignet (dazu b) sowie erforderlich und angemessen (dazu c) ist (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168, 193; BVerfG Beschluss vom 4.4.2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320, 345). Diesen Erfordernissen ist Rechnung getragen. Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (dazu d).

36

a) Der Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern dient der Überprüfung der Leistungsberechtigung bei Sozialleistungen und damit einem Gemeinwohlbelang, dem nach der Rechtsprechung des BVerfG eine erhebliche Bedeutung zukommt (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 126). Wie bereits vorstehend näher ausgeführt, verfolgt der Gesetzgeber mit dem automatisierten Datenabgleich nach § 52 SGB II den legitimen Zweck, das anzurechnende Einkommen und Vermögen(§§ 11, 12 SGB II) zu überprüfen, sodass einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme entgegen gewirkt und ein Missbrauch von Sozialleistungen aufgedeckt werden kann (BT-Drucks 15/1516, S 64; 16/1410, S 30; vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 4/07 R - BSGE 101, 260 ff = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 25 zur Vorlagepflicht von Kontoauszügen).

37

b) Der automatisierte Abgleich von Daten nach § 52 SGB II iVm der GrSiDAV ist auch geeignet, die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist die Kenntnis von Kapitalerträgen und evtl dahinter stehenden Vermögenswerten bei deutschen und ausländischen Kreditinstituten oder etwaigen Zinserträgen von entscheidender Bedeutung. Ergeben sich aus den von Bundeszentralamt für Steuern über die Kopfstelle der BA übermittelten Daten Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen zu den Vermögensverhältnissen des SGB II-Leistungsberechtigten, unterrichtet die BA die Stellen, die Leistungen bewilligt haben, innerhalb von zwei Wochen über die Ergebnisse des Datenabgleichs (§ 1 Abs 2 GrSiDAV). Diejenigen SGB II-Träger, die Leistungen bewilligt haben, können ggf Aufhebungs- und Erstattungsverfahren einleiten oder nach § 34 SGB II - bei Vermögensverschiebungen zu Lasten des Grundsicherungsträgers insbesondere vor dem Bezug von SGB II-Leistungen - Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten geltend machen.

38

c) Das Mittel des automatisierten Datenabgleichs ist zur Erreichung der beschriebenen Gesetzeszwecke erforderlich. Dem kann nicht mit dem Argument des Klägers entgegen getreten werden, dass zunächst empirische Erhebungen zur tatsächlichen Häufigkeit der Missbrauchstatbestände erfolgen müssten. Der gesetzgeberische Gestaltungspielraum ist jedenfalls nicht in der Weise eingeschränkt, dass ein automatisierter Datenabgleich nur möglich ist, wenn durch den Datenabgleich nachgewiesene Überzahlungen von SGB II-Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit in einem bestimmten Umfang feststellbar sind. Ausreichend ist, dass das tatsächliche Phänomen des unberechtigten Bezugs von SGB II-Leistungen wegen nicht angegebenen Einkommen und Vermögen besteht. Insofern hat der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auf die in den Jahren 2005 bis 2012 durch den Datenabgleich nach § 52 SGB II festgestellten Überzahlungsbeträge in Höhe von rund 575 Mio Euro hingewiesen(vgl BT-Drucks 17/13629 vom 24.5.2013). Auch wenn zu unterstellen ist, dass die weitaus überwiegende Zahl der Empfänger von SGB II-Leistungen vorhandenes Einkommen oder Vermögen korrekt angibt, hat bereits das Wissen um einen möglichen Datenabgleich eine nicht zu unterschätzende Präventivwirkung (vgl Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 52 RdNr 6; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010; 18. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz - BT-Drucks 14/5555, S 137 zu dem zum 1.1.1998 eingeführten Sozialhilfedatenabgleich). Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Gesetzgeber nicht allein auf die Deklarationsbereitschaft der Leistungsberechtigten bei Antragstellung abstellen, sondern kann eine Verifizierung der (fortdauernden) Richtigkeit der Angaben durchführen.

39

Ein ebenso wirksamer, den Betroffenen aber weniger belastender Weg als das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs ist nicht ersichtlich (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 118 RdNr 4, Stand 12/2010). Das automatisierte, pauschale Abgleichverfahren ist in den meisten Fallgestaltungen zu Unrecht bezogener SGB II-Leistungen die einzige Möglichkeit einen Doppelbezug von Sozialleistungen bzw einen Leistungsbezug trotz Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen zu belegen (Zahn, Datenabgleich zur Missbrauchskontrolle im Bereich der Sozialleistungen, 2001, S 230). Das LSG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass stichprobenartige Einzelabfragen schon wegen der hohen Zahl von Kreditinstituten in der Bundesrepublik und wegen der möglicherweise hohen Zahl der Abfragen kein praktikables alternatives Mittel zur Zielerreichung sind (vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 194 f). Bei der Auswahl der in eine mögliche Stichprobe einbezogenen Kreditinstitute sind keine konkreten gesetzlichen Vorgaben denkbar, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit gerecht werden und zugleich zu einer sachgerechten Begrenzung eines Datenabgleichs durch Einzelabfragen vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Datenabgleichs führen könnten. Das Herausgreifen nur einzelner Leistungsberechtigter wäre mit einer Ungleichbehandlung der SGB II-Bezieher in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Missbrauchskontrolle verbunden.

40

Zudem ist zweifelhaft, ob Einzelanfragen überhaupt ein milderes Mittel im Vergleich zu einem automatisierten Verfahren des Datenabgleichs darstellen (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, RdNr 123). Aufgrund von individuellen Anfragen - etwa im Wege von stichprobenhaften Überprüfungen - werden die angeschriebenen Kreditinstitute zugleich über den Bezug von existenzsichernden Mitteln durch ihren Kunden direkt unterrichtet, was Einfluss auf deren Kreditwürdigkeit und eine stigmatisierende Wirkung haben kann. Dagegen ist im Rahmen des automatisierten Verfahrens nach § 52 SGB II eine Kenntnisnahme des SGB II-Bezugs durch die Kreditinstitute auszuschließen(vgl BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195). Anders als bei Einzelabfragen greift § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II auf bereits an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Daten zur Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Steuervorteilen zurück.

41

d) Die Ermächtigung zum automatisierten Datenabgleich wahrt auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

42

Dieses Gebot verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf. Der Gesetzgeber hat das Individualinteresse, das durch einen Grundrechtseingriff beschnitten wird, den Allgemeininteressen, denen der Eingriff dient, angemessen zuzuordnen. Das Gewicht des Eingriffs wird insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten beeinflusst (BVerfG Urteil vom 11.3.2008 - 1 BvR 2074/05 ua - BVerfGE 120, 378, 401; BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Ist das Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung jedoch geringer, kann diese mit Rücksicht auf wichtige Ziele des Gesetzes eher als verhältnismäßig hinzunehmen sein (BVerfG Beschluss vom 13.6.2007 - 1 BvR 1550/03 ua - BVerfGE 118, 168 ff, 195).

43

Nach diesen Maßstäben steht § 52 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm den Regelungen der GrSiDAV - soweit diese zu Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berechtigen - nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Die erhobenen und übermittelten Daten weisen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz auf; sie beinhalten insbesondere kein Persönlichkeitsprofil des SGB II-Leistungsberechtigten, bilden seine Persönlichkeit auch nicht teilweise ab und lassen keine Einblicke oder Rückschlüsse auf Art und Intensität von Beziehungen, Kommunikationsverhalten und Kommunikationsinhalt, soziales Umfeld, persönliche Angelegenheiten, Interessen, Neigungen und Gewohnheiten zu (vgl zB BFH Urteil vom 18.1.2012 - II R 491/10 - BFHE 235, 151). Soweit dem SGB II-Träger eine Kenntnis über eventuelle Sparkonten bzw Kapitalerträge, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, vermittelt wird, handelt es sich lediglich um (Teil-)Informationen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten. Es entsteht kein umfassender "Sozialdatenpool"; vielmehr werden nur Informationen erhoben, zu deren Angabe der SGB II-Leistungsberechtigte ohnehin bei Antragstellung und bei einer späteren Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet wären (Müller-Thele in Mergler/Zink, SGB II/SGB XII, § 52 SGB II RdNr 11, Stand April 2009).

44

Auch die Häufigkeit des automatisierten Datenabgleichs führt nicht zu dessen Unangemessenheit. § 52 Abs 1 S 1 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) in der Weise geändert, dass anstelle des zuvor festgelegten "regelmäßigen Datenabgleichs" vierteljährliche Vorgaben für den Datenabgleich durch die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger normenklar festgelegt worden sind (vgl BT-Drucks 16/1410, S 30). Das LSG hat bereits darauf hingewiesen, dass nach Durchführung der automatisierten Abfrage die Daten unverzüglich gelöscht werden, falls keine Kapitalerträge gemeldet worden sind (vgl § 52 Abs 2a S 3 SGB II, § 52 Abs 3 SGB II). Diese Regelungen beinhalten umfassende verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutzes.

45

Die Häufigkeit der Datenabgleiche hat der Gesetzgeber mit den rechtfertigenden Gründen der Fluktuation bei den Leistungsbeziehern, der Häufigkeit von Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Situation sowie dem Aufwand und Zeitbedarf für die Durchführung des Datenabgleichs bei den Auskunftsstellen begründet (BR-Drucks 483/05, S 7). Die Ausführungen des Gesetzgebers verdeutlichen, dass von dem automatisierten Datenabgleich auch diejenigen Leistungsbezieher erfasst werden sollten, die nur für kurze Zeit SGB II-Leistungen beziehen. Da sich der Datenabgleich zu den Stichtagen 1.1., 1.4. und 1.7. jeweils nur auf das vorangegangene Kalendervierteljahr bezieht, ermöglicht der Datenabgleich eine schnelle Reaktion auf die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Demgegenüber führt ein zeitlich größerer Abstand der Datenabgleiche zwangsläufig zu vermehrten Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden, die regelmäßig mit einer erschwerten oder nicht mehr möglichen "Rückführung" der überzahlten SGB II-Beträge verbunden sind.

46

Auch die zeitlich länger zurückwirkenden Datenabgleiche zwischen der BA und des Bundeszentralamts für Steuern zum 1.10. eines jeden Jahres sind durch ausreichende Gründe gerechtfertigt. Nach § 52 Abs 4 SGB II iVm § 1 Abs 1 S 2 GrSiDAV werden in den Abgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern zum vierten Kalendervierteljahr alle Personen einbezogen, die innerhalb des dem Abgleich vorangegangenen Jahres Leistungen bezogen haben. Dies hat der Verordnungsgeber mit Gründen der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs gerechtfertigt, ohne dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Er hat darauf Bezug genommen, dass bei dem Bundesamt für Finanzen (als Vorgängerin des seit 1.1.2006 zuständigen Bundeszentralamtes für Steuern) erst im vierten Kalendervierteljahr ein zuverlässiger Datenbestand über das Vorjahr vorliege, während im ersten, zweiten und dritten Kalendervierteljahr die Anfragesätze auf der Grundlage der jeweils aktuellen Daten geprüft würden (BR-Drucks 483/05, S 7). Dieser einmalige im Verlauf des Kalenderjahres auf das gesamte vorangegangene Jahr bezogene, "rückwirkende Datenabgleich" ist im Hinblick auf die Ziele des § 52 SGB II erforderlich, weil sich - unbeschadet der Verkürzung der Übermittlungsfristen der inländischen Kreditinstitute von dem Zeitraum bis zum 31.5. des Folgejahres auf den Zeitraum bis zum 31.3. des Folgejahres (durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010, BGBl 1768) - in zahlreichen Fallgestaltungen auch weiter zurückliegende Informationen zu Vermögen und Zinserträgen oder aktuellere Daten ergeben können. So ist zB - bei einem Verbrauch von Vermögen vor einem (erneuten) Antrag auf SGB II-Leistungen - auch ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht zu ziehen(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - RdNr 13; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14), der erst drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung erbracht worden ist, erlischt. Zwar können die nicht auf die Dauer und die zeitliche Lage eines SGB II-Bezugs im Jahresverlauf abstellenden Stichtage in einigen Fallgestaltungen des jahresbezogenen Abgleichs dazu führen, dass diese (nur) bereits bekannte Inhalte ergeben. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Gründe der praktischen Durchführbarkeit des Datenabgleichs zu festgelegten Zeitpunkten führen jedoch auch diese Nachteile, die dem von Datenabgleichen Betroffenen infolge des Abgleichs drohen, angesichts der verfolgten Ziele nicht zur Unangemessenheit der Ermächtigung.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Zum Ersatz rechtswidrig erbrachter Geld- und Sachleistungen nach diesem Buch ist verpflichtet, wer diese durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten an Dritte herbeigeführt hat. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend § 40 Absatz 2 Nummer 5.

(2) Der Ersatzanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt, mit dem die Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches festgesetzt worden ist, unanfechtbar geworden ist. Soweit gegenüber einer rechtswidrig begünstigten Person ein Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden kann, beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zeitpunkt, ab dem die Behörde Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung hat. § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 34 Absatz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach dem Tod der Person, die gemäß Absatz 1 zum Ersatz verpflichtet war; § 34 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Zum Ersatz nach Absatz 1 und zur Erstattung nach § 50 des Zehnten Buches Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig ist die Berechtigung zur Veröffentlichung von zukünftigen Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI.

2

Die Klägerin ist Trägerin einer zur Versorgung von Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung, in der am 6.8.2009 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI durchgeführt worden war. Im Anschluss daran hatten ihr die beklagten Landesverbände der Pflegekassen die Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung aufgegeben (Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009) und einen vorläufigen Transparenzbericht nach § 115 Abs 1a SGB XI mit einer Gesamtnote von 3,3 übersandt(Schreiben vom 18.11.2009). Die Klage dagegen hat die Klägerin vor dem SG zunächst auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem die Beklagten den Maßnahmenbescheid aufgehoben (Bescheid vom 11.1.2011) und zugesichert hatten, den Transparenzbericht dauerhaft nicht zu veröffentlichen (Schriftsatz vom 14.1.2011). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin sodann beantragt, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär" vom 17.12.2008 (PTVS 2008) über ihre Einrichtung zu unterlassen. Sie hat dazu nicht nur die fehlerhafte Feststellung von Tatsachen der konkreten Qualitätsprüfung gerügt, sondern auch beanstandet, dass die Prüffragen auf der nicht rechtmäßig zustande gekommenen und ungeeigneten PTVS 2008 beruhten. Dabei ging es ihr nicht in erster Linie um einzelne fehlerhafte Feststellungen des ursprünglich angegriffenen Transparenzberichts, sondern um die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Veröffentlichung, weil die PTVS 2008 rechtswidrig sei.

3

Mit ihrem Klagebegehren ist die Klägerin in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die ursprüngliche Klageänderung als unzulässig angesehen, da die übrigen Beteiligten nicht eingewilligt hätten und die Änderung auch nicht sachdienlich sei (Gerichtsbescheid vom 24.10.2011). Das LSG hat die vorbeugende Unterlassungsklage als zwar zulässig, aber unbegründet erachtet (Urteil vom 15.8.2012): Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. § 115 Abs 1a SGB XI sei verfassungsgemäß und durch die PTVS 2008 auch rechtmäßig umgesetzt worden. Art 12 Abs 1 GG sei durch die Einführung solcher Pflege-Transparenzberichte nicht verletzt; dies gelte sowohl im Hinblick auf die Rechtsetzungsdelegation auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI als auch in Anbetracht der Zweifel an der Tauglichkeit der Transparenzkriterien. Zwar existierten nach pflegewissenschaftlicher Einschätzung valide Indikatoren zur Beurteilung der Ergebnis- und Lebensqualität derzeit noch nicht in ausreichendem Maße, dieser Umstand sei Gesetzgeber und Vertragspartnern aber bewusst gewesen und müsse im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen komplexer und sich entwickelnder Sachverhalte bei entsprechender Beobachtung und Entwicklung hingenommen werden; jedenfalls evidente Mängel seien nicht ersichtlich.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Transparenzberichterstattung verletzte sie in ihrer durch Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit. Die mit amtlicher Autorität ausgestatteten Bewertungen beeinflussten ihre Chancen am Markt und seien nicht ausreichend legitimiert. Rechtswidrig sei insbesondere die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI, für die der Gesetzgeber auch nicht alle rechtlich wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen habe. Die nach der gesetzlichen Konzeption verlangte Bewertung der Ergebnis- und Lebensqualität könne sich nicht auf ausreichend wissenschaftlich etablierte Verfahren stützen. Unter anderem deshalb sei auch die PTVS 2008 selbst rechtswidrig; ihre Kriterien hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Zudem sei die Prüf- und Bewertungspraxis des MDK in der Regel rechtswidrig.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.8.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 24.10.2011 zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der Pflegetransparenzvereinbarung stationär (PTVS) vom 17.12.2008 über ihre Einrichtung zukünftig zu unterlassen.

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Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die Klage auf Unterlassung künftiger Pflege-Transparenzberichte abzuweisen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist die Klage allerdings schon unzulässig; Anlass, ausnahmsweise vorbeugenden Rechtsschutz gegen den künftigen Normvollzug des § 115 Abs 1a SGB XI(hier in der für die Prüfung am 6.8.2009 maßgebenden Fassung von Art 1 Nr 74 Buchst b des Pflege-WEG vom 28.5.2008, BGBl I 874) zu gewähren, besteht auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Transparenzberichterstattung nicht. Ungeachtet dessen sind diese Bedenken in der Sache ebenfalls unbegründet.

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1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der Aufhebung des Maßnahmenbescheides und dem Verzicht der Beklagten auf die Veröffentlichung des Pflege-Transparenzberichts im Anschluss an die MDK-Prüfung vom 6.8.2009 das Begehren der Klägerin, den Beklagten schlechthin jede künftige Erstellung und Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI iVm der PTVS 2008 über ihre Einrichtung zu untersagen. Geleitet ist dieses Begehren von der Überzeugung, dass schon die zugrundeliegende Norm verfassungswidrig und zudem durch die PTVS 2008 und die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI (Qualitätsprüfungs-Richtlinien) rechtswidrig ausgestaltet ist und der Prüfauftrag deshalb regelmäßig rechtswidrig umgesetzt werde. Der Sache nach zielt das Begehren damit auf eine abstrakte Überprüfung der Transparenzberichterstattung nach Art eines Normenkontrollverfahrens iS von Art 93 Abs 1 Nr 2 GG oder von § 55a SGG bzw § 47 VwGO sowie zusätzlich auf allgemeine Feststellungen zur Prüfpraxis in stationären Pflegeeinrichtungen. Für ein solches - tatsächlich auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zielendes - Rechtsschutzbegehren bietet das SGG indes keine Grundlage, und zwar entgegen der Auffassung des LSG nicht nur für die vor dem SG zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern auch im Rahmen der vorbeugenden Unterlassungsklage.

9

2. Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat der erkennende Senat Anlass gesehen in einem Fall, in dem weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten (BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1). Entsprechend fehlt es nach der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - USK 95139 = Juris RdNr 15 und 17; dem folgend auch der 1. Senat des BSG, vgl SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 39; nicht anders die Literatur, vgl etwa Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, SGG, Stand: Dezember 2012, § 54 RdNr 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 54 RdNr 123, jeweils mwN). Ebenso heben das BVerwG und der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 16, RdNr 26) bzw eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr 15 mwN).

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Eine solche Ausnahmelage besteht hier nicht. Hierfür ist entgegen der Auffassung des LSG nicht ausreichend, dass die Beklagten sich überhaupt weiterhin zur Durchführung von jährlichen Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs 2 S 1 SGB XI und entsprechenden Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI als berechtigt ansehen. Nach den dargelegten Maßstäben könnte nur dann ausnahmsweise ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme von vorbeugendem Rechtsschutz begründet sein, wenn der Klägerin wegen dieser Vorgehensweise unzumutbare Nachteile drohen würden. Solche Nachteile sind indes weder dargetan noch ansonsten erkennbar.

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a) Nachteile dieser Art drohen insbesondere nicht deshalb, weil die Klägerin befürchten müsste, gegen einen möglichen weiteren Prüfbericht nicht rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz erlangen zu können. Dabei kann offenbleiben, ob der Veröffentlichung eines Pflege-Transparenzberichts nach § 115 Abs 1a SGB XI eine Anhörung in entsprechender Anwendung von § 24 Abs 1 SGB X voranzugehen hätte - was nahe liegen dürfte - oder ob insoweit der Literatur zu folgen ist, wonach die Vorschrift auf Realakte - wozu die Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten zählt - nicht anwendbar ist(vgl etwa Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2012, § 24 RdNr 8; Franz in: jurisPK-SGB X, § 24 RdNr 14; aA dagegen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl 2012, VwVfG, § 28 RdNr 4a). Denn jedenfalls nach der Verfahrensordnung der PTVS 2008 haben die Landesverbände der Pflegekassen den Pflegeeinrichtungen vor der Veröffentlichung die hierfür vorgesehenen Ergebnisse zu übersenden und den Einrichtungen innerhalb einer Frist von 28 Kalendertagen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Klärung strittiger Fragen zu geben (Anlage 4 S 2 PTVS 2008). Hierdurch ist verfahrensrechtlich hinreichend gewährleistet, dass vor der Veröffentlichung abträglicher Pflege-Transparenzberichte ausreichend Raum für die Erörterung der sachlichen Grundlagen und der maßgeblichen Bewertungsfragen zunächst zwischen der Einrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen sowie ggf zur Einleitung von vorläufigen Rechtsschutzverfahren besteht. Dass dem in der praktischen Umsetzung dennoch unüberwindliche Hürden entgegenstehen sollten, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich; die große Zahl solcher Verfahren um die geplante Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten belegt im Gegenteil eher, dass hierdurch bedingten möglichen Rechtsgutsverletzungen durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend begegnet werden kann (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg, MMR 2010, 643 und NZS 2011, 509 ff; Sächsisches LSG, RsDE Nr 72, 77 ff; Bayerisches LSG Beschluss vom 30.3.2010 - L 2 P 7/10 B ER - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, GesR 2010, 476 ff; LSG Sachsen-Anhalt, NZS 2011, 944 ff; Hessisches LSG, NZS 2011, 504 ff; SG München, MedR 2010, 667 ff und ZFSH/SGB 2010, 257; SG Münster, Sozialrecht aktuell 2010, 61 ff und MedR 2011, 529 ff mit Anmerkung von Ossege, S 534; SG Frankfurt am Main Beschluss vom 23.3.2010 - S 18 P 16/10 ER - Juris; SG Bayreuth, Sozialrecht aktuell 2010, 64 ff; SG Augsburg Beschluss vom 29.1.2010 - S 10 P 105/09 ER - Juris; SG Lüneburg Beschluss vom 4.4.2011 - S 5 P 8/11 ER - Juris).

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b) Unzumutbar ist der Verweis auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten auch nicht deshalb, weil die Klägerin - wie sie möglicherweise meint - erst durch die Transparenzberichterstattung faktisch zur Beachtung der auf die §§ 112 ff SGB XI gestützten Qualitätsvorgaben angehalten wird. Dies ist jedoch keine Folge der Transparenzberichterstattung, sondern der Qualitätsverantwortung der Klägerin als Pflegeeinrichtung nach § 112 SGB XI geschuldet. Hiernach sind die Träger der Pflegeeinrichtungen unbeschadet des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich(§ 112 Abs 1 S 1 SGB XI). Sie haben sich dabei auszurichten an den Maßstäben, die sich aus den für sie verbindlichen Anforderungen in den Vereinbarungen nach § 113 SGB XI sowie den vereinbarten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen nach § 84 Abs 5 SGB XI ergeben(§ 112 Abs 1 S 2 SGB XI). Zur Umsetzung dessen haben sie Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie ein Qualitätsmanagement nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI durchzuführen, Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden sowie bei Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI mitzuwirken(§ 112 Abs 2 S 1 SGB XI). Diese Qualitätsverpflichtung aktualisiert sich nicht erst durch die Transparenzberichterstattung; sie ist vielmehr Voraussetzung dafür, als Pflegeeinrichtung an der Versorgung von Pflegebedürftigen überhaupt beteiligt zu sein (§ 72 Abs 3 Nr 3 und 4 SGB XI). Insofern betreffen die Einwände der Klägerin nicht die Pflege-Transparenzberichte selbst, sondern die ihr vorgelagerten Anforderungen an den Betrieb von Pflegeeinrichtungen; dies rechtfertigt eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Transparenzberichterstattung nicht.

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3. Entsprechendes gilt für den nach dem Verzicht auf die Veröffentlichung des streitigen Transparenzberichts zunächst verfolgten Fortsetzungsfeststellungsantrag der Klägerin. Zwar war der Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit entsprechend § 131 Abs 1 S 3 SGG statthaft(zur Anwendung auf Klagen, deren Rechtsschutzbegehren - wie hier - nicht auf einen Verwaltungsakt bezogen war, vgl BSG SozR 3-2500 § 207 Nr 1; BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 33). Jedoch fehlte es später an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse für die beanspruchte Feststellung. Präjudiziell hätte die Entscheidung des LSG nicht wirken können, weil die Klägerin selbst - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt - für einen Schadensersatzprozess keinen greifbaren Anlass sieht (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10d f). Von einer Wiederholungsgefahr ist nicht auszugehen, weil kein Anhalt dafür besteht, dass ein gleichartiger Streitfall mit ähnlichen Prüfumständen und einem vergleichbaren Bewertungsstreit erneut auftreten könnte (vgl hierzu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19 und vom 18.5.2011 - B 3 KR 7/10 - BSGE 108, 206 SozR 4-2500 § 33 Nr 34; BSG SozR 4-3250 § 145 Nr 4 RdNr 22). So hat die Klägerin eine erneute Qualitätsprüfung im Mai 2012 mit der Note 1,1 bestanden. Schließlich brauchte nachgängiger Rechtsschutz auch nicht deshalb gewährt zu werden, weil wegen des Gewichts der beanstandeten Grundrechtsverletzung andernfalls die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG verletzt worden wäre und die Klägerin ein entsprechendes Rehabilitätsbedürfnis gehabt haben könnte; eine solche Intensität (vgl etwa BVerfGE 104, 220, 234 ff) kam den streitigen Beanstandungen - abgesehen davon, dass sie ohnehin unveröffentlicht geblieben sind - ersichtlich nicht zu.

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4. Ungeachtet der Unzulässigkeit der geänderten Klage sind die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Transparenzberichterstattung auch in der Sache unbegründet. Dass der Gesetzgeber für wesentlich aus Steuer- und Beitragsmitteln finanzierte Pflegeinrichtungen eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI vorschreibt und eine Veröffentlichung entsprechender Prüfergebnisse nach Maßgabe von § 115 Abs 1a SGB XI vorsieht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, solange davon in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht und die Entwicklung unter Beobachtung gehalten wird und ggf Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Instrumentariums ergriffen werden.

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a) Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art 12 Abs 1 GG; davon geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend aus. Ungeachtet der grundsätzlichen Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zum Informationshandeln staatlicher Behörden (vgl etwa Murswiek, DVBl 1997, 1021 ff; Huber, JZ 2003, 290 ff; Schoch, NVwZ 2011, 193 ff; Dreier, Die Verwaltung 36 <2003>, S 105, 129 ff) verlässt die Transparenzberichterstattung nach § 115 Abs 1a SGB XI den Bereich der bloßen Unterrichtung über Tatsachen, den das BVerfG in der sog Glykol-Entscheidung nicht der Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs der Berufsfreiheit zugerechnet hat, solange sie im Rahmen einer staatlichen Aufgabe, unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und fehlerfrei erfolgt(vgl BVerfGE 105, 252 ff). Transparenzberichte beschränken sich nicht auf die Wiedergabe sachlicher Informationen etwa über Ausstattungsmerkmale von Pflegeeinrichtungen; im Kern zielen sie auf die Abgabe vergleichender Werturteile, inwieweit nämlich "die zugelassenen Pflegeeinrichtungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach diesem Buch erfüllen" (§ 114a Abs 1 S 1 SGB XI, hier idF von Art 1 Nr 73 des Pflege-WEG). Dabei stützen sie sich zudem auf hoheitlich angeordnete Untersuchungen: Im Rahmen des § 114 SGB XI müssen Einrichtungen es dulden, dass sie zum Zweck der systematisch vergleichenden öffentlichen Bewertung "an Ort und Stelle" geprüft und die Ergebnisse anschließend öffentlich gemacht werden(§ 115 Abs 1a S 1 SGB XI). Damit greifen die zuständigen Stellen unter Nutzung nur dem Staat zu Gebote stehender Mittel hoheitlichen Zwangs in die Außendarstellung von Einrichtungsträgern und somit in Rechtsgüter ein, die bei natürlichen Personen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Schutz der Selbstdarstellung zugeordnet werden (vgl etwa BVerfGE 114, 339, 346 mwN). Ob diese verfassungsrechtliche Schutzfunktion bei juristischen Personen des Privatrechts auch unmittelbar aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG abzuleiten ist, kann hier offenbleiben (vgl zur Frage allgemein der Erstreckung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristischen Personen des Privatrechts BVerfGE 106, 28, 42 mwN). Denn anerkannt ist, dass die Berufsfreiheit die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für berufliche Leistungen gewährleistet (vgl nur BVerfGE 85, 248, 256 - ärztliches Werbeverbot; BVerfGE 94, 372, 389 - Apothekerwerbung; BVerfGE 95, 173, 183 - Warnhinweise auf Tabakpackungen). Eingriffe des Staates in diesen Bereich können nicht nur über Werbeverbote oder andere Beschränkungen erfolgen. Einfluss auf die Außendarstellung eines Unternehmens und die damit verbundene Wertschätzung der Kunden kann er auch durch wertende Stellungnahmen eigener oder von ihm autorisierter Stellen zu Lasten einzelner Marktteilnehmer nehmen, zumal wenn er sich dazu auf Informationen stützt, die mit Mitteln des staatlichen Zwangs erhoben worden sind. Insofern ist der Berufsfreiheit neben der Befugnis zu unternehmerischer Außendarstellung auch ein Recht auf eine selbstbestimmte unternehmerische Selbstdarstellung immanent. Sollen gemäß § 115 Abs 1a SGB XI und den der Pflegeberichterstattung zugrundeliegenden Vorschriften über Qualitätsprüfungen in Pflegeinrichtungen insbesondere der §§ 114 und 114a SGB XI Leistungen eines ganzen Berufsfeldes mit staatlich verliehener Autorität einer systematischen Leistungsbeurteilung unterzogen werden, so berührt das diese Gewährleistung(vgl Schütze, KrV 2012, 14, 15 f).

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b) Die hier zur Prüfung stehenden Vorschriften sind indes kompetenzgemäß erlassen. Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erfasst als Materie der Sozialversicherung auch die soziale Pflegeversicherung (vgl BVerfGE 103, 197, 215 ff = SozR 3-1100 Art 74 Nr 4 S 21 ff) und damit über die Ausgestaltung der Leistungen und ihre Erbringung im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen (§ 69 SGB XI) deren Qualitätssicherung. Das gilt ebenso, soweit sich die Beurteilungen auf Unterkunft und Verpflegung zu erstrecken haben (vgl § 115 Abs 1a S 2 iVm § 114 Abs 2 S 5 SGB XI). Heimrechtlich unterliegt diese Materie zwar bei stationären Einrichtungen nach der Änderung von Art 74 Abs 1 Nr 7 GG durch das GGÄndG 2006 vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) nunmehr der Gesetzgebungskompetenz der Länder; insoweit ist auch die Sachleistungspflicht der Pflegekassen begrenzt (vgl § 82 Abs 1 S 4 SGB XI). Seit jeher stehen im Leistungserbringungsrecht indes sozialversicherungsrechtliche und landes(berufs)rechtliche Regelungskompetenzen nebeneinander (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27 mwN und unter Verweis auf BVerfG, MedR 1999, 560 = NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16). Dies steht aber einer umfassenden pflegeversicherungsrechtlichen Ordnung der Qualitätssicherung der Pflegeversorgung nach dem SGB XI durch den Bundesgesetzgeber nicht entgegen. Sozialversicherung iS des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ist als weit gefasster Gattungsbegriff zu verstehen, für den alle Beitrags- und Leistungsaspekte bestimmend sind (vgl BVerfGE 114, 196, 221 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49). Wegen der Bedeutung von Unterkunft und Verpflegung für die Qualität der Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen steht dem Bundesgesetzgeber deshalb insgesamt die Kompetenz für das Ausgreifen der Pflegequalitätsberichterstattung zu, und zwar auch unter Berücksichtigung auf die von den Heimbewohnern mit eigenen Mitteln zu finanzierenden Leistungen (aA dagegen Geldermann/ Hammer, VerwArch 2013, 64, 77 ff). Denn schon nach pflegefachlichen Maßstäben lässt sich die Qualität der pflegerischen Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum isoliert von der Güte von Unterkunft und Verpflegung betrachten. Auch für das Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen selbst ist dieser Aspekt bei der Wahl eines Pflegeheims zentral. Schließlich liegt es im Interesse der Beitragszahler, dass Beitragsmittel für Pflegeleistungen nur Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die Unterkunft und Verpflegung in der notwendigen Qualität sicherstellen.

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c) Materiell durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Pflegequalitätsberichterstattung ebenfalls nicht. Bei Regelungen der Berufsausübung - denen sie zugehört - ist dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG ein erhebliches Maß an Freiheit belassen. Der verfassungsrechtlich eingeräumte Rahmen wird gewahrt, wenn die zu beurteilenden Vorschriften durch vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert sind sowie Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl nur BVerfGE 123, 186, 238 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 165, mwN). Dabei weist das BVerfG dem Gesetzgeber nicht nur bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele, sondern auch bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung seiner Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, den es je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang als überprüfbar ansieht (vgl nur BVerfGE 110, 141, 157 mwN).

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d) Ausgehend hiervon ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das Informationsinteresse von Pflegebedürftigen und Angehörigen mit der Pflegetransparenzberichterstattung über das Interesse von Einrichtungen an einem von staatlicher Bewertung freien Auftreten am Markt gestellt hat. Sie können durch eine - negative - öffentliche Bewertung allerdings erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, doch andererseits ist die Herstellung von Marktransparenz ein legitimes gesetzgeberisches Regelungsziel. Das mag zwar nicht in allen Zweigen des Wirtschaftslebens die Abgabe von Werturteilen auf der Basis staatlich angeordneter Evaluierung erlauben, jedoch liegen die Verhältnisse bei der Pflegeversorgung anders als bei Alltagsgeschäften des täglichen Lebens. Pflegeleistungen rechnen zur öffentlichen Daseinsvorsorge und werden wesentlich über Beiträge und aus öffentlichen Haushalten finanziert. Das verleiht den Leistungen auch in privatrechtlicher Trägerschaft eine besondere Qualifikation, die schon für sich eine gesteigerte öffentliche Beobachtung und Bewertung rechtfertigen kann. Zudem sind Pflegebedürftige wegen ihrer angegriffenen Gesundheit und des in der Regel hohen Alters bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung - häufig ist die Grenze von 80 Jahren weit überschritten (vgl etwa Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen , Zweiter Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern, März 2009, Kapitel 9, 579, wonach das durchschnittliche Eintrittsalter in ein Pflegeheim in Bayern zu diesem Zeitpunkt bei 86 Jahren lag) - in außergewöhnlich hohem Maß auf die Güte der Leistungserbringung angewiesen und haben deshalb besonderen Orientierungsbedarf bei der Wahl vor allem von stationären Einrichtungen. Viele Versicherte wechseln ins Pflegeheim erst dann, wenn die Versorgung im häuslichen Umfeld endgültig nicht mehr möglich ist, was auch im Interesse des vom Gesetzgeber beförderten Vorrangs der häuslichen Pflege liegt.

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e) Dem steht nicht entgegen, dass sich nach pflegewissenschaftlicher Sicht ein Konsens über Kriterien und Standards der Qualitätsbeurteilung von Pflegeleistungen in Deutschland noch nicht herausgebildet hat (vgl etwa Hasseler/Wolf-Ostermann, Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen für den ambulanten und stationären Bereich, Juli 2010, S 71). Selbst bei für die Berufsfreiheit erheblich schwerer wiegenden objektiven Berufszugangsvoraussetzungen besteht unter Berücksichtigung der Wertungs- und Prognosespielräume des Gesetzgebers Anlass zur Beanstandung seiner Einschätzung der einer Regelung zugrundeliegende Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts von Verfassungs wegen nur, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widerspricht, sodass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben kann (stRspr vgl etwa BVerfGE 110, 141, 158; BVerfGE 126, 112, 141 = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 96, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall: Weder muss angenommen werden, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Pflegetransparenzberichterstattung von einer schlechthin unvertretbaren Einschätzung über den Informationsbedarf von Pflegebedürftigen hat leiten lassen, noch musste er davon ausgehen, dass für die Beurteilung der Pflegequalität auch viele Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung fachlich keinerlei Kriterien zur Verfügung stehen. Zwar hat verbreiteter Auffassung nach der in § 11 Abs 1 S 1, § 28 Abs 3, § 69 S 1 und § 113 Abs 1 S 1 SGB XI vorausgesetzte Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse noch nicht das Niveau erreicht wie vergleichbar in der gesetzlichen Krankenversicherung iS von § 2 Abs 1 S 3 SGB V(kritisch etwa Igl, SGb 2007, 381, 383; Udsching, SGb 2007, 694, 698; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand Mai 2006, § 11 RdNr 5). Das bedeutet indes nicht, dass gegenwärtig nicht einmal Mindeststandards für die Erbringung von Pflegeleistungen bestünden; darauf beruft sich auch die Klägerin selbst nicht. In dieser Lage genügt der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn er erstens selbst die Situation beobachtet und bei Bedarf auf Defizite reagiert und - soweit er Einzelheiten nicht selbst regelt - zweitens einen Prozess etabliert, der die Ausbildung eines angemessenen Bewertungsverfahrens verspricht. Soweit er dem nachkommt (vgl dazu Punkt 4.f), müssen die Betroffenen jedenfalls für eine Übergangszeit Mängel hinnehmen, die der Einrichtung eines Prüfverfahrens immanent sind, solange die jeweils in Frage stehende Bewertung nicht auf unzutreffenden Grundlagen beruht und mindestens insgesamt als vertretbar anzusehen ist (zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers vgl etwa BVerfGE 110, 141, 169 mwN; zu den materiellen Anforderungen an staatlich veranlasstes Informationshandeln vgl BVerfGE 105, 252, 273).

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f) Dass die nähere Ausgestaltung der Pflegetransparenzvereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände übertragen worden ist, ist im Lichte der Verfassung ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Übertragung originärer Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung auf die zuständigen Spitzenverbände hat bereits das BVerfG als unbedenklich angesehen (BVerfGE 106, 275, 305 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 f), für die gesetzliche Krankenversicherung zieht das BSG die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V ebenfalls nicht mehr grundlegend in Zweifel(BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). In entsprechender Weise bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen den Auftrag zur näheren Konkretisierung der Pflegetransparenzberichterstattung durch die Spitzenverbände iS von § 115 Abs 1a S 6 SGB XI. Denn von pflegewissenschaftlicher Seite wird stets betont, dass es der "wissenschaftlichen Überarbeitung und Entwicklung" bedürfe, wenn die Pflegetransparenzkriterien aussagekräftige Ergebnisse erzielen sollen (vgl Hasseler/Wolf-Ostermann, aaO, S 278). Wie nicht zuletzt das Vorbringen der Klägerin selbst deutlich erweist, betreffen die dabei im Streit stehenden Fragen vor allem Einzelheiten der fachlichen Bewertung. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage die Bewertungskriterien nicht selbst festgelegt hat, sondern sich auf Grundziele, Zuständigkeit und Verfahren beschränkt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn vertretbar hat er bei der Wahl des Verfahrens nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI die beste Gewähr dafür gesehen, dass einerseits die Qualitätsbewertungen sachgerechten Maßstäben folgt und fachliche Weiterentwicklungen zeitnah aufgegriffen werden können, und andererseits dem auch verfassungsrechtlich fundierten Auftrag genügt wird, an der Entwicklung der Bewertungskriterien die Betroffenen selbst zu beteiligen.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Die zuständige Landesbehörde und der Krankenhausträger können für ein Investitionsvorhaben nach § 9 Abs. 1 eine nur teilweise Förderung mit Restfinanzierung durch den Krankenhausträger vereinbaren; Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen und den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 ist anzustreben. Die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird durch Bescheid festgestellt. Gegen den Bescheid ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(1a) Krankenhäuser, die bei den für sie maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien oder den im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, dürfen insoweit ganz oder teilweise nicht in den Krankenhausplan aufgenommen werden. Die Auswertungsergebnisse nach § 136c Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu berücksichtigen.

(1b) Plankrankenhäuser, die nach den in Absatz 1a Satz 1 genannten Vorgaben nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweisen, sind insoweit durch Aufhebung des Feststellungsbescheides ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan herauszunehmen; Absatz 1a Satz 2 gilt entsprechend.

(1c) Soweit die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 6 Absatz 1a Satz 2 nicht Bestandteil des Krankenhausplans geworden sind, gelten die Absätze 1a und 1b nur für die im Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben.

(2) Ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan und in das Investitionsprogramm besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird; die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist.

(3) Für die in § 2 Nr. 1a genannten Ausbildungsstätten gelten die Vorschriften dieses Abschnitts entsprechend.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit

1.
die betroffene Person nach § 82a Absatz 1, 4 und 5 nicht zu informieren ist oder
2.
die Sozialdaten
a)
nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder
b)
ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen
und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

(2) Die betroffene Person soll in dem Antrag auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateisystemen gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die betroffene Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht. Soweit Artikel 15 und 12 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 keine Regelungen enthalten, bestimmt der Verantwortliche das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich, wenn die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, an diesen oder diese, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann.

(4) Wird einer betroffenen Person keine Auskunft erteilt, so kann, soweit es sich um in § 35 des Ersten Buches genannte Stellen handelt, die der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, diese, sonst die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle, auf Verlangen der betroffenen Person prüfen, ob die Ablehnung der Auskunftserteilung rechtmäßig war.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(1) Ist eine betroffene Person der Ansicht, bei der Verarbeitung ihrer Sozialdaten in ihren Rechten verletzt worden zu sein, kann sie sich

1.
an den Bundesbeauftragten oder die Bundesbeauftragte wenden, wenn sie eine Verletzung ihrer Rechte durch eine in § 35 des Ersten Buches genannte Stelle des Bundes bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch behauptet,
2.
an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden, wenn sie die Verletzung ihrer Rechte durch eine andere in § 35 des Ersten Buches genannte Stelle bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch behauptet.

(2) Bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetzbuch gelten für die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen die §§ 14 bis 16 des Bundesdatenschutzgesetzes. Bei öffentlichen Stellen der Länder, die unter § 35 des Ersten Buches fallen, tritt an die Stelle des oder der Bundesbeauftragten die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle.

(3) Verbände und Arbeitsgemeinschaften der in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände gelten, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen und an ihnen Stellen des Bundes beteiligt sind, unbeschadet ihrer Rechtsform als öffentliche Stellen des Bundes, wenn sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden, anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder. Sonstige Einrichtungen der in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände gelten als öffentliche Stellen des Bundes, wenn die absolute Mehrheit der Anteile oder der Stimmen einer oder mehrerer öffentlicher Stellen dem Bund zusteht, anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder. Die Datenstelle der Rentenversicherung nach § 145 Absatz 1 des Sechsten Buches gilt als öffentliche Stelle des Bundes.

(4) Auf die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen, die Vermittlungsstellen nach § 67d Absatz 3 und die Auftragsverarbeiter sind die §§ 5 bis 7 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. In räumlich getrennten Organisationseinheiten ist sicherzustellen, dass der oder die Beauftragte für den Datenschutz bei der Erfüllung seiner oder ihrer Aufgaben unterstützt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für öffentliche Stellen der Länder mit Ausnahme der Sozialversicherungsträger und ihrer Verbände. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 über Kategorien von Empfängern besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme nur, soweit

1.
sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit der Nutzung oder der Übermittlung von Sozialdaten an diese Kategorien von Empfängern rechnen muss,
2.
es sich nicht um Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung oder Löschung von Sozialdaten innerhalb einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle oder einer Organisationseinheit im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt oder
3.
es sich nicht um eine Kategorie von in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder von Organisationseinheiten im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt, die auf Grund eines Gesetzes zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind.

(2) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
2.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
3.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(3) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 2, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3 keine Anwendung.

(4) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 2 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an die Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stelle zulässig.

(1) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit

1.
die betroffene Person nach § 82a Absatz 1, 4 und 5 nicht zu informieren ist oder
2.
die Sozialdaten
a)
nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder
b)
ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen
und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

(2) Die betroffene Person soll in dem Antrag auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateisystemen gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die betroffene Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht. Soweit Artikel 15 und 12 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 keine Regelungen enthalten, bestimmt der Verantwortliche das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich, wenn die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, an diesen oder diese, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann.

(4) Wird einer betroffenen Person keine Auskunft erteilt, so kann, soweit es sich um in § 35 des Ersten Buches genannte Stellen handelt, die der Kontrolle des oder der Bundesbeauftragten unterliegen, diese, sonst die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle, auf Verlangen der betroffenen Person prüfen, ob die Ablehnung der Auskunftserteilung rechtmäßig war.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies gilt auch für die Erhebung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden

1.
bei den in § 35 des Ersten Buches oder in § 69 Absatz 2 genannten Stellen, wenn
a)
diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt sind,
b)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
c)
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
2.
bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a)
eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b)
aa)
die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb)
die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 über Kategorien von Empfängern besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme nur, soweit

1.
sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit der Nutzung oder der Übermittlung von Sozialdaten an diese Kategorien von Empfängern rechnen muss,
2.
es sich nicht um Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung oder Löschung von Sozialdaten innerhalb einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle oder einer Organisationseinheit im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt oder
3.
es sich nicht um eine Kategorie von in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder von Organisationseinheiten im Sinne von § 67 Absatz 4 Satz 2 handelt, die auf Grund eines Gesetzes zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind.

(2) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
2.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
3.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(3) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 2, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3 keine Anwendung.

(4) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 2 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(5) Bezieht sich die Informationserteilung auf die Übermittlung von Sozialdaten durch öffentliche Stellen an die Staatsanwaltschaften und Gerichte im Bereich der Strafverfolgung, an Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stelle zulässig.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.