Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2016 - L 8 U 977/15

bei uns veröffentlicht am29.01.2016

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob das geltend gemachte Ereignis am 24.08.2012 als Arbeitsunfall der Klägerin festzustellen ist.
Die 1959 geborene Klägerin absolvierte im Jahr 2012 beim Arbeitgeber „D. Dienste S. e.V.“ eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin.
Nach Angaben der Klägerin (Unfallanzeige der Klägerin vom 28.11.2012 bei der Beklagten) sei es ihr am 24.08.2012 während der Grundpflege einer Bewohnerin „in den Rücken gefahren“. Eine eingenommene Schmerztablette habe nicht gewirkt, weshalb sie in der Frühstückspause den Arzt aufgesucht habe, wo ihr eine Spritze verabreicht worden sei. Danach habe sie die Arbeit wieder aufgenommen. Als Auszubildende habe sie Bedenken gehabt, sich krankschreiben zu lassen. An diesem Tag habe sie eine korpulente Bewohnerin zur Toilette begleitet. Als der Rollator der Bewohnerin weggerutscht sei und die Bewohnerin nach vorne zu fallen gedroht habe, habe sie die Bewohnerin um ihre Taille gefasst und sich in einer Drehung mit dem Rücken zur Wand gelehnt, sei in die Knie gegangen und habe sich die Bewohnerin auf ihren rechten Oberschenkel gesetzt.
Die in ein Feststellungsverfahren eingetretene Beklagte übersandte der Klägerin ihren Fragebogenvordruck, in dem die Klägerin unter dem 28.02.2013 diesen Vorgang bei der Begleitung der ca. 80 kg schweren Person zur Toilette als Unfallhergang und Ursache ihrer Rückenbeschwerden angab. Zuvor habe sie keine Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gehabt.
Der von der Beklagten angehörte Internist Dr. St. teilte in seinem Bericht vom 23.03.2013 mit, die Klägerin seit Jahren als Hausarzt zu betreuen. Er habe sie erstmals am 24.08.2012 – zu unterstellen wegen Rückenbeschwerden – behandelt und als Befund eine Sakralgie links über dem Iliosakralgelenk erhoben. Ein Unfallgeschehen mit Auffangen eines Patienten sei von der Klägerin erstmals am 11.09.2012 ihm gegenüber angegeben worden unter Bezugnahme auf einen Unfall am „24.09.2012“ – gemeint wohl 24.08.2012. Es sei unklar, ob die Beschwerden erst seit dem Auffangen des Patienten eingetreten seien. Beigefügt war der Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 17.09.2012 über die am 04.09.2012 durchgeführte Computertomographie, die einen rechtsseitigen Prolaps bei L5/S1 ergeben habe (radiologischer Befundbericht von PD Dr. Z. vom 05.09.2012). Weiter war der Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 beigefügt, wonach die Klägerin bei Dr. M. über einen zunächst bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts berichtet habe, der auf zweimalige Infiltration bei Dr. St. besser geworden sei. Dann habe sie einem Patienten beim Toilettengang geholfen, der beim Lösen des Rollators ausgeglitten und von der Klägerin gestützt worden sei, weshalb es zu den akuten Schmerzen gekommen sei.
In seinem Bericht an die Beklagte vom 01.03.2013 teilte der Orthopäde Dr. M. mit, die Klägerin am 30.08.2012 behandelt zu haben. Sie habe damals berichtet, am 24.08.2012 akute Gesäßschmerzen rechts entwickelt zu haben, die auf eine Spritze beim Hausarzt zunächst besser geworden seien. Die Beschwerden hätten sich im Anschluss aber wieder verschlechtert mit Ausstrahlung bis zum rechten Fuß. Das angeschuldigte Unfallereignis sei in seinen Aufzeichnungen nicht dokumentiert.
Von der Krankenkasse der Klägerin holte die Beklagte die Auskunft und ein Vorerkrankungsverzeichnis der D. vom 28.03.2013 ein, wonach Arbeitsunfähigkeit ab 25.08.2012 bis 21.02.2013 bestanden habe und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden vor dem 24.08.2012 nicht dokumentiert waren.
In seiner beratungsärztliche Stellungnahme vom 22.04.2013 verneinte Dr. K. eine Kausalität zwischen dem geltend gemachten Ereignis und dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall. Es sei von einem willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf auszugehen, der eine Fehlbelastung mit Schädigung von Muskulatur oder Skelettsystem ausschließe. Dafür sprächen auch die fachorthopädisch berichteten vorbestehenden hexenschussartigen Beschwerden wie auch der computertomographische Befund über einen Bandscheibenprolaps ohne nachweisliche Begleitschäden. Ein isolierter Bandscheibenvorfall sei kein verletzungsspezifischer Befund.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 24.08.2012 sei kein Arbeitsunfall. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch (Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 03.06.2013) mit der Begründung, altersbedingte Verschleißerscheinungen seien nicht bekannt, jedenfalls lägen keine erhebliche Vorschäden vor, weshalb Auslöser des Bandscheibenvorfalls der heftige Sturz der ca. 100 kg wiegenden, weit übergewichtigen Bewohnerin gewesen sei, holte die Beklagten die ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 01.07.2013 ein. Dieser verwies darauf, dass nach der unfallmedizinischen Literatur Hebevorgänge mit plötzlicher und unerwarteter Krafteinwirkung zunächst zu Frakturschädigungen im Deckplattenbereich führten, Faserringverletzungen oder Bandscheibenvorfälle würden dadurch nicht erzeugt. Begleitschäden seien außerdem im konkreten Fall nicht belegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
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Danach gelangte das Schreiben der Arbeitgeberin vom 19.09.2013 zu den Akten der Beklagten, der eine Arbeitgeber-Unfallanzeige vom September 2013 beigefügt war, in der auf die ebenfalls beigefügte Aktennotiz vom 16.09.2013 über eine Besprechung unter Teilnahme von Vorstandsmitgliedern, der Pflegedienstleiterin sowie der Wohnbereichsleiterin E. und der Pflegekraft H. Bezug genommen wurde. Danach habe die Klägerin bereits am 21.08.2012 gegenüber der Pflegefachkraft Schmerzen im Rücken angegeben, habe aber zunächst weitergearbeitet. In der Frühstückspause sei sie mit Genehmigung der Wohnbereichsleiterin zu ihrem Hausarzt Dr. St. gegangen. Nach ihrer Rückkehr vom Arzt, von dem sie eine Spritze bekommen haben soll, habe sie sich als arbeitsfähig erklärt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe ihr der Arzt nicht ausgestellt, da er ihren Angaben zufolge gemeint habe, die Spritze genüge. An den Folgetagen Mittwoch und Donnerstag den 22. und 23. August habe die Klägerin normal gearbeitet. Am Samstag den 25.08.2012 habe die Klägerin die Arbeit unterbrochen, weil sie starke Schmerzen gehabt habe. Einen Vorfall, mit dem Versuch eine fallende Patientin aufzufangen, habe sie zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt.
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Die Klägerin erhob am 04.10.2013 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Begehren, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 30 v.H. zu zahlen. Das SG holte von Dr. B. das orthopädische Gutachten vom 05.09.2014 ein. Dieser führte aus, es seien keine Gesundheitsstörungen mehr festzustellen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des Ereignisses vom 24.08.2012 seien, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Die Klägerin habe vor dem angeschuldigten Ereignis bereits eine Schmerzsymptomatik entwickelt, die nach der Akutbehandlung mit Injektionen zurückgegangen sei und sich durch den Vorfall erneut aktualisiert habe. Der Ereignisablauf sei ungeeignet gewesen zur Auslösung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls. Der klinische Verlauf sei ebenfalls nicht typisch für eine traumatische Bandscheibenschädigung, eine radikuläre Symptomatik sei primär nicht hinlänglich belegt. Ebenso untypisch sei ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf. Bereits im Januar 2012, also sieben Monate vor dem Ereignis, sei eine Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, was zu einem gleichartigen Befund einer Osteochondrosen intervertebralis bei L5/S1 wie bei seinem anlässlich der Begutachtung erhobenen radiologischen Befund geführt habe.
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Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2015 wies das SG die Klage ab.
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Die Klägerin hat am 16.03.2015 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, der unstreitig im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erlittene Bandscheibenvorfall sei ausschließlich bzw. zumindest überwiegend auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Bestritten werde, dass andere berufsunabhängige Umstände ursächlich seien. Erhebliche Vorschäden hätten nicht vorgelegen, daher sei es auch höchst unwahrscheinlich, dass derselbe Körperschaden auch bei einer anderen alltäglichen Tätigkeit hätte eintreten können. Soweit der Sachverständige Dr. B. von einer vollbeweislich gesicherten degenerativen Schadensanlage ausgehe, müsse dies bezweifelt werden. Er habe zum Vergleich nur Papierausdrucke der Röntgenbilder von Dr. M. und diese noch in selbst eingeräumter eingeschränkter Aufnahmequalität heranziehen können. Dr. Z. habe dahingegen eine unauffällige Bandscheibe L3/L4 und L4/L5 diagnostiziert. Eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 seien von ihm nicht angegeben worden. Auch habe Dr. Z. in Abweichung zu Dr. B. den Bandscheibenvorfall bei L5/S1 mit weiteren Einschränkungen beschrieben. Darüber bestünden Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. B. , da er Rückschlüsse aus rein tatsächlichen Vorgängen unter Auswertung der Angaben der Klägerin ziehe, was nicht in sein Fachgebiet falle, sondern allenfalls Aufgabe des Gerichts wäre. Das Gutachten sei daher unbrauchbar, weshalb eine neue Begutachtung beantragt werde. Außerdem sei nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.03.2015 – L 9 U 4750/12 – eine anlagebedingte Vorschädigung des verletzten Kniegelenks wegen der beschwerdefreien Tätigkeit als Elektriker als nicht so gravierend eingestuft worden, dass auch jedes andere alltäglich Ereignis eine derart schwerwiegende Schädigung, die als Unfallfolge geltend gemacht worden sei, habe auslösen können.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Vorfall vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie bezieht sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. . Dessen Röntgenbefund stehe nicht im Widerspruch zu der Befundbeschreibung von Dr. Z. , der mit Einengung des Neuroforamens eine Spondylarthrose im Sinne einer degenerativen Veränderung beschreibe. Der Hinweis auf die Entscheidung des neunten Senats des LSG Baden-Württemberg führe nicht weiter, da es sich hierbei um eine Entscheidung in der Vielzahl der sonstigen Entscheidungen mit der immer wieder durchzuführenden Abgrenzung zwischen zurechenbarem unfallbedingtem Gesundheitserstschaden und Vorschaden handele bei sich widersprechender Gutachtenlage. Vorliegend sei die Gutachterbewertung einheitlich.
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Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, Verletztenrente werde nicht mehr weiter verfolgt. Einen ausdrücklichen Befangenheitsantrag gegen Dr. B. stelle er nicht, sein Vorbringen sei als Beitrag zur Beweiswürdigung zu verstehen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 09.10.2015 Bezug genommen.
20 
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
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Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
34 
Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2016 - L 8 U 977/15

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2016 - L 8 U 977/15 zitiert 13 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 11 Mittelbare Folgen eines Versicherungsfalls


(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge 1. der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2013 - L 8 U 2652/12

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.04.2012 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.Die Kosten des auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgeric

Bundessozialgericht Urteil, 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurü

Bundessozialgericht Urteil, 05. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R

bei uns veröffentlicht am 05.07.2011

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.

Bundessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2010 - B 2 U 23/09 R

bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls. 2
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2016 - L 8 U 977/15.

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2016 - S 1 U 1567/15

bei uns veröffentlicht am 26.04.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Die Beteiligten streiten um die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls vom 14.03.2011. 2 Der 1964 geborene,

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.

Im Übrigen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (nur noch) darüber, ob weitere Gesundheitsstörungen - ein Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, sowie ein Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung dieser Vene und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts - als Unfallfolgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 festzustellen sind.

2

Der Kläger leitete am 10.9.2003 eine Tauchgruppe auf der Insel G. Er betrat mit voller Tauchausrüstung nebst Kamera mit einem Gesamtgewicht von ca 40 bis 60 kg das Wasser. Als dieses mehr als knie-, aber noch nicht hüfttief war, trat er auf einen Stein und knickte um. Eine Rotations-Streckbewegung des rechten Knies erfolgte dabei nicht.

3

Der Durchgangsarzt Dr. K. führte am 13.9.2003 eine durchgangsärztliche Untersuchung durch und diagnostizierte eine Distorsion des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 16.9.2003). Nach einer weiteren Untersuchung vom 23.9.2003 äußerte Dr. K. den Verdacht auf Innenmeniskusläsion. Es bestehe die Indikation zur Arthroskopie; Aufnahme und Operation wurden für den folgenden Tag vereinbart. Am 24.9.2003 wurde die Arthroskopie durchgeführt, "unter" der Diagnose einer degenerativen Innenmeniskusläsion. Intraoperativ hatte sich keine frische Läsion gefunden. Es lag ein isolierter Lappenriss des Innenmeniskus vor, also ohne Verletzungen der Kniebänder. Es wurde eine Innenmeniskushinterhornresektion durchgeführt. Im Operationsbericht vom 24.9.2003 heißt es, das Hinterhorn selbst habe aufgefaserte Strukturen gezeigt, sodass die klinische Diagnose bestätigt sei.

4

In der Folgezeit trat beim Kläger im rechten Bein eine Teilthrombosierung der Vena saphena parva bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans auf. Am 15.10.2003 erfolgte deshalb eine Operation. Hierbei wurden gleichzeitig radikuläre Varizen am linken Unterschenkel operativ entfernt. Am 10.11.2003 wurde der Kläger wegen akuter linksthorakaler Schmerzen und Dyspnoe stationär behandelt, dabei wurde ua eine Lungenembolie bei Oberschenkelthrombose links diagnostiziert.

5

Die Beklagte stellte im Bescheid vom 1.12.2004 als Folgen des Versicherungsfalls des Klägers vom 10.9.2003 eine "folgenlos ausgeheilte Kniedistorsion rechts mit Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für den Zeitraum 13. bis 27.9.2003" fest. Einen Anspruch auf Rente lehnte sie mangels einer MdE von mindestens 20 vH ebenso ab wie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.3.2005 zurück, in dem sie den Gesundheitserstschaden als banale Distorsion des rechten Knies bezeichnete.

6

Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 6.10.2006 abgewiesen, weil keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen seien. Das LSG hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 15.6.2010 zurückgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Hinsichtlich des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion fehle es bereits an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis. Das Unfallereignis ohne entsprechende Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus sei nicht geeignet gewesen, einen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus zu verursachen. Dieses Ereignis habe nur zu einer folgenlos ausheilenden Distorsion des Kniegelenks führen können. Auch der Zustand nach Unterschenkelvenen-Thrombose rechts im Bereich der Vena saphena parva mit operativer Entfernung des thrombotischen Gefäßes und einer Perforansvenenklappeninsuffizienz sei keine (mittelbare) Folge des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Dabei hat das LSG offen gelassen, ob diese Gesundheitsstörungen Folgen der arthroskopischen Operation des rechten Kniegelenks sind. Es handele sich nicht um "mittelbare Unfallfolgen" iS von § 8 SGB VII bzw § 11 SGB VII, denn sie seien nicht bei Erkennung oder Behandlung von Folgen des Versicherungsfalls eingetreten. Auf die subjektive Sicht des Klägers, die Arthroskopie am rechten Kniegelenk sei wegen dort bestehender Unfallfolgen erforderlich gewesen, komme es entgegen dem BSG-Urteil vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) nicht an. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe mangels einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 vH nicht.

7

Der Kläger rügt - nach Beschränkung seines Antrags - mit seiner Revision nur noch, dass das LSG von dem Urteil des BSG vom 24.6.1981 (2 RU 87/80, aaO) abgewichen sei und deshalb das Vorliegen von Unfallfolgen zu Unrecht verneint habe. Bereits die irrtümliche Annahme, die Arthroskopie sei wegen der Unfallfolgen durchgeführt worden, sei dafür ausreichend, eine mittelbare Unfallfolge zu bejahen.

8

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen LSG vom 15. Juni 2010 und das Urteil des SG Gießen vom 6. Oktober 2006 und die Ablehnung von Unfallfolgen im Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm einen Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, einen Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. September 2003 festzustellen.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers, mit der er ein Recht auf Verletztenrente nicht mehr verfolgt hat, ist unbegründet, soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt. Dieser Zustand ist keine Unfallfolge (im engeren oder im weiteren Sinn) des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 (hierzu unter 2.). Soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 begehrt, ist seine Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar sind diese Gesundheitsbeeinträchtigungen keine (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, da sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es dem Senat jedoch nicht möglich, abschließend darüber zu befinden, ob sie aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn festzustellen sind (im Einzelnen unter 3.).

11

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war zulässig, ebenso die von ihm erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen.

12

Diese sind gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG geltend machen. Er kann wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakt und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr 14; aA BSG vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 - Juris RdNr 13 zur Auslegung eines Antrags auf Verurteilung zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls als Feststellungsklage; vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage für die Feststellung von Unfallfolgen Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15c, 51. Lfg, V/2011; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 20b).

13

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagearten liegen vor. Insbesondere ist der Kläger auch klagebefugt (formell beschwert) iS des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG, weil er möglicherweise in seinem Anspruch auf Erlass von Verwaltungsakten, die Unfallfolgen feststellen sollen, verletzt ist.

14

Die Rechtsordnung sieht die vom Kläger als verletzt geltend gemachten Rechte vor, nämlich Rechtsansprüche gegen den Unfallversicherungsträger auf Feststellungen von Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls (und ggf einer Berufskrankheit; vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15b, 51. Lfg, V/2011). Grundsätzlich kann ein Versicherter vom Träger den Erlass feststellender Verwaltungsakte über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und ggf der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen beanspruchen. Hierzu ist der Unfallversicherungsträger auch iS von § 31 SGB I hinreichend ermächtigt. Feststellbare Unfallfolgen sind solche Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Teil-) Ursache der Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls war oder die einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (dazu im Folgenden).

15

Anspruchsgrundlage für einen solchen Feststellungsanspruch eines Versicherten und Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsakts für den Unfallversicherungsträger ist § 102 SGB VII. Nach dieser Vorschrift wird in den Fällen des § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV "die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistung" schriftlich erlassen. Sie stellt nicht nur das Schriftformerfordernis für die in § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV genannten Arten von Entscheidungen auf. Sie enthält zudem ausdrücklich die Erklärung, dass der Unfallversicherungsträger über einen Anspruch auf Leistung selbst "entscheiden" darf. Die Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers über das Bestehen/Nichtbestehen oder über Inhalt und Umfang eines Sozialleistungsanspruchs aus dem SGB VII ist aber stets eine hoheitliche (= öffentlich-rechtliche) Maßnahme zur Regelung (dh gemäß § 31 SGB I: auch zur Feststellung eines Rechts) eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (hier: Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung) mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (hier: gegenüber einem Versicherten).

16

Diese Ermächtigungsnorm ist zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Zwar ist § 38 SGB I nicht anwendbar, der speziell materiell-rechtliche Ansprüche auf Sozialleistungen, nicht Ansprüche auf den Erlass von Verwaltungsakten betrifft. § 102 SGB VII begründet aber einen solchen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater; diesen Begünstigten verleiht er zudem die Rechtsmacht, vom Hoheitsträger die Befolgung seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht rechtlich verlangen zu können (zu diesen Voraussetzungen eines subjektiv-öffentlichen Rechts BVerfGE 27, 297, 307 unter Bezugnahme auf Ottmar Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914, 42 ff, 224; BSGE 97, 63, 70 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1; BVerwGE 107, 215, 220 mwN). § 102 SGB VII soll als den Verwaltungsträger verpflichtende Befugnis auch den Interessen der durch einen Unfall gesundheitsbeschädigten Versicherten an einer raschen und rechtsverbindlichen Klärung dienen. Der Versicherte kann auch Klärung verlangen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, welcher Träger dafür verbandszuständig ist (Aufgabenkreis des Trägers) und welche Gesundheitsschäden dem Versicherungsfall zuzurechnen sind.

17

Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die einzelner Anspruchselemente. Nach der Systematik des SGB VII sind in den Vorschriften, welche die Voraussetzungen der verschiedenen sozialen Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung regeln, nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Arten von Leistungsrechten ausgestaltet. Demgegenüber sind die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 bis 13 iVm §§ 2 bis 6 SGB VII), vorab und einheitlich ausgestaltet. Ermächtigung und Anspruch betreffen daher auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen denselben Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind.

18

Hierzu gehört zuerst der Versicherungsfall. Durch ihn wird ein Gesundheitserstschaden (eine Gesundheitsbeeinträchtigung) einer bestimmten versicherten Tätigkeit und dadurch zum einen dem Versicherten zugerechnet, der (nur) unfallversichert ist, wenn und solange er eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zum anderen wird der Gesundheitserstschaden einem bestimmten Unfallversicherungsträger zugerechnet, dessen Verbandszuständigkeit für diesen Versicherungsfall und alle gegenwärtig und zukünftig aus ihm entstehenden Rechte dadurch begründet wird. Es entsteht also mit der Erfüllung des Tatbestandes eines Versicherungsfalls ein als Rechtsverhältnis feststellbares Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Träger als Inbegriff aller aus dem Versicherungsfall entstandenen und möglicherweise noch entstehenden Ansprüche (vgl hierzu auch Spellbrink in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 2, Unfallversicherungsrecht, 1996, § 24, S 441 ff).

19

Zweitens gehören zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen die (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden. Drittens zählen hierzu auch die (sog mittelbaren) Unfallfolgen im weiteren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, aber diesem oder einem (behaupteten) Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind.

20

Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten zu. Denn trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen setzen, wie bereits ausgeführt, alle Leistungsansprüche nach den §§ 26 ff SGB VII als gemeinsame Tatbestandsmerkmale einen Versicherungsfall(iS der §§ 7 bis 13 SGB VII) und durch ihn verursachte Gesundheitsschäden - bis hin zum Tod des Verletzten - voraus und begründen dafür die Verbandszuständigkeit nur eines bestimmten Trägers der Unfallversicherung.

21

Zugleich werden ggf die Grundlagen und Grenzen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104 ff SGB VII festgelegt. Ist der Unfallverletzte (wie im Regelfall) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, bedarf es auch deshalb einer raschen verbindlichen Klärung des Vorliegens eines Versicherungsfalls und seiner Folgen, weil nach § 11 Abs 5 SGB V ein Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der Leistungsbedarf im Wesentlichen durch eine Unfallfolge (oder eine Berufskrankheitsfolge) verursacht wird.

22

Zudem eröffnet § 55 Abs 1 Nr 3 SGG eine Feststellungsklage, wenn die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist. Zwar kann von der prozessrechtlichen Möglichkeit einer solchen Klage auf gerichtliche Feststellung einer Unfallfolge nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass im materiellen Recht eine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Versicherten gegen seinen Unfallversicherungsträger auf behördliche Feststellung einer Unfallfolge existiert. Diese besondere Rechtsschutzform weist aber (wie § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die Feststellung eines Versicherungsfalls) darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber ein schutzwürdiges Interesse der Versicherten an einer solchen Feststellung anerkennt.

23

Der Tatbestand der Ermächtigungs- und Anspruchsgrundlage des § 102 SGB VII, auf die der Kläger sich somit grundsätzlich berufen kann, setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.

24

In einem solchen in der Rechtsordnung vorgesehenen und ihm möglicherweise zustehenden Recht ist der Kläger durch die seine Feststellungsansprüche ablehnenden Entscheidungen der Beklagten möglicherweise verletzt, weil es nach seinem Vorbringen nicht ohne Sachprüfung ausgeschlossen ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden Unfallfolgen sind.

25

Das Revisionsgericht hat somit, wie schon die Vorinstanzen, die Befugnis, über die mit der Revision weiter verfolgten Feststellungsansprüche gegen die Beklagte in der Sache zu entscheiden.

26

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge. Denn dieser Zustand ist weder eine (sog unmittelbare) Unfallfolge im engeren Sinne (sogleich unter a), noch eine (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinne, hier aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII (hierzu unter b).

27

a) Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls iS des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des (hier anerkannten) Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls (der Berufskrankheit) ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden. Die Beklagte hat den Erstschaden hier jedenfalls im Widerspruchsbescheid noch hinreichend als banale Distorsion des rechten Kniegelenks bestimmt.

28

Ob ein Gesundheitsschaden (hier: der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts) dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls (hier: der Kniegelenksdistorsion rechts) als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr 12; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten.

29

Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

30

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des Senats gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 15 ff mwN). Darauf ist hier nicht weiter einzugehen, da die Kniegelenksdistorsion rechts schon keine notwendige Bedingung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts war.

31

Es fehlt bereits an einem Kausalzusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen dem bindend anerkannten Erstschaden des Klägers, der Distorsion des Kniegelenks rechts, und dem Innenmeniskusschaden. Der Innenmeniskusschaden selbst war nicht als Gesundheitserstschaden oder als Unfallfolge im engeren Sinne anerkannt worden. Das Unfallereignis vom 10.9.2003, ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus, war keine Ursache für den Meniskusschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war das Unfallereignis vom 10.9.2003 keine notwendige Bedingung für den Lappenriss des Innenmeniskushinterhorns des Klägers. Dem zu Grunde lag der vom LSG hinreichend klar festgestellte medizinische Erfahrungssatz, dass ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus bei einem intakten Meniskus keinen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus verursachen kann. Da nicht gerügt und nicht ersichtlich ist, dass das LSG diesen medizinischen Erfahrungssatz nach Verfahren und Inhalt falsch festgestellt hat, besteht kein Rechtsgrund für das Revisionsgericht, das Bestehen und den Inhalt dieses Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrensrüge selbst von Amts wegen zu prüfen (vgl hierzu auch BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - Juris RdNr 14 f).

32

b) Der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion ist auch nicht aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 als (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinn zuzurechnen.

33

Nach § 11 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die ua durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurde. Durch diese Vorschrift werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht wurden, dem Versicherungsfall "auch" dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls wesentlich verursacht wurden (vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 1, 46. Lfg, III/10; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 3, 33. Lfg, April 2007). Anders als § 555 Abs 1 RVO setzt § 11 Abs 1 SGB VII nicht mehr voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme etc ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden(vgl nur Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII-Kommentar, § 11 RdNr 9; Stand August 2001). § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung kraft Wesentlichkeit tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war.

34

Diese Voraussetzungen sind beim Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion nicht erfüllt. Denn er war - wie ausgeführt - nicht notwendig bedingt durch den Gesundheitserstschaden, der durch das Unfallereignis verursacht worden war. Er ist zudem nicht durch eine Heilbehandlung iS von § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII und nicht durch eine zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII verursacht worden. Denn dieser Zustand ergab sich nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG aus der Operation eines nicht unfallbedingten, sondern degenerativen Gesundheitsschadens, der schon vor der Operation bestand.

35

3. Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit deren operativer Entfernung und die Perforansvenenklappeninsuffizienz rechts als Unfallfolgen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

36

a) Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten weiteren Erkrankungen keine Unfallfolgen im engeren Sinne, da sie nicht durch den Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Denn diese war nach den Feststellungen des LSG schon keine notwendige Bedingung der degenerativen Innenmeniskushinterhornschädigung, durch deren Behandlung sie denkbarerweise vielleicht verursacht wurden. Unfallfolge im engeren Sinne kann aber nur ein Gesundheitsschaden sein, für den der Gesundheitserstschaden notwendige (und auf der zweiten Stufe dann auch wesentliche) Bedingung war.

37

Der Senat kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob diese Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 zuzurechnen und festzustellen sind. Wären diese Gesundheitsschäden wesentlich durch die Erfüllung eines der Tatbestände des § 11 SGB VII verursacht und wären diese ihrerseits (nur) notwendig durch das Unfallereignis, das Umknicken am 10.9.2003, bedingt, so würden sie kraft Gesetzes dem anerkannten Versicherungsfall zugerechnet.

38

Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kommen nur die Zurechnungstatbestände (aa) der Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII) oder (bb) die Durchführung einer Heilbehandlung (§ 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in Betracht. Bei beiden Zurechnungstatbeständen kommt es nicht zwingend darauf an, ob ein Versicherungsfall "objektiv" vorlag oder ein Heilbehandlungsanspruch "wirklich" nach materiellem Recht bestand (hierzu unter cc).

39

aa) Die Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII umfasst sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen im engeren Sinn. Dieser Zurechnungstatbestand setzt ausdrücklich nicht voraus, dass überhaupt ein Versicherungsfall objektiv vorliegt. Die Zurechnung erfolgt allein aufgrund der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Träger zur Sachverhaltsaufklärung angeordneten (nicht notwendig ärztlichen) Untersuchung. Die durch die Teilnahme wesentlich verursachten Gesundheitsschäden werden letztlich dem Versicherungsträger zugerechnet, der für die Aufklärung des behaupteten Unfallhergangs und zur Entscheidung über das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls und von Unfallfolgen verbandszuständig ist (vgl hierzu noch im Einzelnen unter 3. b, bb). Es kommt also grundsätzlich nur darauf an, ob eine solche Untersuchung gegenüber dem Versicherten angeordnet wurde und er an ihr teilgenommen sowie wesentlich dadurch Gesundheitsschäden erlitten hat.

40

bb) Die Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegt vor, wenn der Träger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII (nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform) bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen (diagnostischen oder therapeutischen) Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers gemäß den Anordnungen der Ärzte und ihres Hilfspersonals teilnimmt. Auch hier beruht die gesetzliche Zurechnung auf der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger (oder diesem zurechenbar) bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Insbesondere kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die Bewilligung oder Ansetzung der Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf (ermessensfehlerfreie Entscheidung <§ 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII> über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese) Heilbehandlung bestand.

41

Auch insoweit dient die Vorschrift gerade dazu, im Ergebnis die Gleichbehandlung zwischen den Kranken- und Rentenversicherten, die durch ihre Teilnahme an Behandlungen und medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 15a SGB VII sogar eine unfallversicherte Tätigkeit verrichten, und den Unfallversicherten herzustellen, die auf Veranlassung des Unfallversicherungsträgers an unfallversicherungsrechtlichen Sachverhaltsaufklärungs- oder Heilbehandlungsmaßnahmen teilnehmen. Allerdings bestimmt die Zurechnungsvorschrift nicht, dass die Teilnahme an solchen und anderen in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen gleichfalls eine versicherte Tätigkeit ist oder ihr gleichsteht. Schon deshalb handelt es sich bei den Fällen des § 11 SGB VII nicht um sog kleine Versicherungsfälle, obwohl die Struktur dieser Zurechnung ihnen ähnlich ist, da sie nicht notwendig einen "ersten" Versicherungsfall voraussetzt.

42

cc) Bei den besonderen Zurechnungstatbeständen kommt es also, entgegen dem LSG, nicht notwendig darauf an, dass objektiv, dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Erforderlich ist nur, dass der Träger die Maßnahmen gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder der Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst hat. In diesem Sinne muss nur das angenommene, behauptete oder gegebene Unfallereignis (bei einer Berufskrankheit: die Einwirkung) notwendige Bedingung der Durchführung der Untersuchungs- oder der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein.

43

Für die Frage, ob eine derartige Durchführung einer gegenüber dem Versicherten angeordneten Maßnahme vorliegt, an der er grundsätzlich pflichtig teilnehmen muss, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger (durch seine Organe) oder seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt haben, es solle eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers durchgeführt werden, an der er teilnehmen solle. Zwar reicht die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer solchen Maßnahme teil, nicht aus, einen Zurechnungstatbestand zu erfüllen. Das hat im Übrigen der Senat in seiner vom LSG genannten und von der Revision im Wesentlichen angeführten Entscheidung vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) auch nicht gesagt. Dort ging es ausdrücklich um eine vom Unfallversicherungsträger angeordnete Heilmaßnahme. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein (beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen auch den Rechtsschein) gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden. Das ist der Fall, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter an der Stelle des konkret Betroffenen die Erklärungen und Verhaltensweisen der auf Seiten des Trägers tätig gewordenen Personen als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme verstehen durfte. Es kommt also nicht nur auf die "Innenseite" des Trägers und seiner Hilfskräfte an, sondern maßgeblich auch darauf, was wie gegenüber dem Versicherten verlautbart wurde. Denn dieser ist kein bloßes Objekt hoheitlicher Maßnahmen des Trägers; vielmehr setzt jede "Durchführung" einer Untersuchungs- oder Heilmaßnahme seine mitwirkende Teilnahme voraus.

44

b) Das LSG wird folglich zu ermitteln haben, ob die von Dr. K. am 23.9.2003 veranlasste und am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie und/oder die anschließende Resektion des Innenmeniskushinterhorns rechts Maßnahmen iS des § 11 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 SGB VII waren. Dabei hat es zwischen der Arthroskopie (aa) und der anschließenden Resektion (bb) zu unterscheiden. Lag objektiv bei beiden ärztlichen Maßnahmen keine Durchführung einer Heilbehandlung und keine Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts (oder des Vorliegens einer Unfallfolge) angeordneten Untersuchung vor, so ist zu prüfen, ob der Kläger - nach den soeben unter 3. a) cc) aufgezeigten Kriterien - aufgrund des Verhaltens des Durchgangsarztes nach Treu und Glauben berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Behandlung/Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 SGB VII durchgeführt wurde und er zur Mitwirkung daran aufgefordert war (hierzu unter c). Läge einer dieser Zurechnungstatbestände vor, so wäre schließlich ggf noch zu entscheiden, ob die Arthroskopie oder die Resektion die weiteren geltend gemachten Gesundheitsschäden (rechtsseitige Thrombosen etc) rechtlich wesentlich (mit-)verursacht haben (unter d).

45

aa) Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, abschließend zu entscheiden, ob die am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie (zur Resektion sogleich unter bb) eine zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII war. Sie sind insoweit nicht eindeutig und in sich widersprüchlich. Zudem unterscheidet das LSG nicht zwischen der Arthroskopie und der anschließend durchgeführten Resektion.

46

Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils des LSG hatte Dr. K. wegen Verdachts auf Innenmeniskusläsion die Indikation zur Arthroskopie gestellt und Aufnahme und "Operation" des Klägers für den folgenden Tag vereinbart. Mit der diagnostischen Arthroskopie könnte der Durchgangsarzt gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII (der sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen umfasst) eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet haben. Denn Untersuchungen zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls sind nicht nur, aber insbesondere ärztliche Untersuchungen darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalls vorliegen oder welche gesundheitlichen Folgen dieser hat (vgl BSGE 52, 16, 17), also insbesondere Untersuchungen zur Feststellung, ob ein Gesundheitserstschaden bzw welche Unfallfolgen vorliegen.

47

Die Anordnung muss nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern kann auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen (offengelassen in BSGE 52, 16, 17; so Keller in Hauck/ Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 15, 46. Lfg, III/10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2011, § 11 Anm 10 iVm 12.1; Rapp in LPK-SGB VII, 3. Aufl 2011, § 11 RdNr 9; Wagner in JurisPK-SGB VII, Stand 01/2009, § 11 RdNr 28).

48

Nach § 27 Abs 1 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(Vertrag gemäß § 34 Abs 3 SGB VII zwischen dem Hauptverband der gewerblichen BGen, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen BGen, dem Bundesverband der Unfallkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen in der ab 1.5.2001 geltenden Fassung, HVBG-Info 2001, 755) beurteilt und entscheidet der Durchgangsarzt, ob eine allgemeine Heilbehandlung nach § 10 dieses Vertrags oder eine besondere Heilbehandlung nach § 11 SGB VII erforderlich ist. Er erstattet dem Unfallversicherungsträger unverzüglich den Durchgangsarztbericht gemäß § 27 Abs 2 des Vertrags.

49

Soweit ein Durchgangsarzt in dieser Funktion zur Feststellung von Art und Ausmaß der Gesundheitsstörungen eines Unfallereignisses eine weitere Untersuchung anordnet, ist dies jedenfalls eine Anordnung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII. Soweit er selbst zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt mit dem Unfallversicherungsträger tätig wird, kann es sich um die Durchführung einer Heilbehandlung handeln (dazu unten).

50

Insofern kann der Senat jedenfalls zum Zwecke der Prüfung der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII auch offenlassen, wie die Rechtsbeziehung zwischen dem Durchgangsarzt und dem Unfallversicherungsträger im Einzelnen öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist(vgl nur Pross, Zum Rechtsverhältnis zwischen Durchgangsarzt und Berufsgenossenschaft, 1972; hierzu hat insbesondere die zivilrechtliche Rechtsprechung zum Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG geklärt, wann der Durchgangsarzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt; vgl BGH, Urteil vom 28.6.1994, VI ZR 153/93 = VersR 1994, 1195; Urteil vom 9.12.2008, VI ZR 277/07 - BGHZ 179, 115 = VersR 2009, 401; BGH, Urteil vom 9.3.2010, VI ZR 131/09 = VersR 2010, 768). Denn das Handeln des Durchgangsarztes im Rahmen der Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII muss sich der Unfallversicherungsträger grundsätzlich zurechnen lassen.

51

Die hierzu fehlenden Feststellungen sind nicht deshalb unerheblich, weil das LSG in seinem Urteil auch ausgeführt hat, dass die Arthroskopie "unter der Diagnose" einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion durchgeführt worden sei. Weiterhin ging das LSG davon aus, dass die operativen Eingriffe ausschließlich der operativen Heilbehandlung der degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion nach bereits vorbestehender klinischer Diagnostik gedient hätten. Offen blieb hierbei aber, wer zu welchem Zeitpunkt die Diagnose einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion gestellt hat. Unklar bleibt nach den Feststellungen des LSG auch, ob diese Diagnose bereits vor Beginn der Arthroskopie oder der Resektion erfolgt ist.

52

Ferner ist nicht festgestellt oder ersichtlich, dass eine ggf erfolgte Anordnung einer diagnostischen Arthroskopie dem Kläger gegenüber widerrufen worden wäre. Das LSG wird deshalb Dr. K. zu den Umständen und seinen Anordnungen im Rahmen der am 23.9.2003 erfolgten Untersuchung des Klägers zu befragen haben. Maßgebend für das Vorliegen des besonderen Zurechnungstatbestands des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII sind dabei die Anordnungen und sonstigen dem Versicherten gegenüber vorgenommenen Verhaltensweisen des konkret die Operation ankündigenden und durchführenden Dr. K., der durch sein dem Unfallversicherungsträger zurechenbares Handeln den Tatbestand des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII eröffnen kann. Entscheidend ist insoweit die dem Versicherten verdeutlichte ärztliche Handlungstendenz des Durchgangsarztes vor Durchführung der Maßnahme. Die Handlungstendenz muss darauf gerichtet gewesen sein, Unfallfolgen zu erkennen bzw zu behandeln (vgl Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 12, 33. Lfg, April 2007). Die "objektive", nachträgliche Einschätzung eines diagnostischen und therapeutischen Zusammenhangs der Operation mit einem bereits bestehenden degenerativen Schaden durch einen unbeteiligten Arzt (wie sie das LSG durch Dr. A. eingeholt hat), ist in diesem rechtlichen Zusammenhang unbeachtlich.

53

Maßgeblich ist mithin auch, ob und ggf welche Erklärungen Dr. K. über seine Handlungstendenz gegenüber dem Kläger abgegeben hat. Dies wird das LSG noch im Einzelnen durch Befragung des Dr. K. und des Klägers zu ermitteln haben. Hierbei wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG erklärt hat, dass die Arthroskopie vom Durchgangsarzt als BG-Heilbehandlung angeordnet worden ist.

54

bb) Der Senat kann ebenso nicht abschließend darüber entscheiden, ob es sich bei der im Zusammenhang mit der Arthroskopie durchgeführten Hinterhornresektion um eine Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII gehandelt hat. Auch hierzu wird das LSG Dr. K. zu befragen haben. Als Durchgangsarzt könnte Dr. K. als Leistungserbringer für den Unfallversicherungsträger gemäß § 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung bestimmt und mit der Festlegung der Behandlung den Naturalleistungsanspruch des Klägers konkretisiert haben.

55

Der Durchgangsarzt ist nach § 27 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(aaO) ermächtigt, mit Wirkung für den Unfallversicherungsträger über die erforderliche Behandlungsmaßnahme zu entscheiden (vgl Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 34 RdNr 7; vgl Benz in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 26 RdNr 50; vgl auch Stähler in JurisPK-SGB VII, § 28 RdNr 14 ff). Dies gilt insbesondere auch für die Einleitung eines sog besonderen Heilverfahrens gemäß §§ 34 Abs 1 Satz 3, 28 Abs 4 SGB VII für Versicherungsfälle, für die wegen ihrer Art oder Schwere besondere unfallmedizinische Behandlung angezeigt ist. Insofern ist hier auch aufzuklären, ob Dr. K. die Resektion dem Kläger (und ggf auch der Beklagten) gegenüber als von der Arthroskopie im Wesentlichen untrennbare Maßnahme der (allgemeinen oder besonderen) berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung dargestellt bzw "bewilligt" hat, ohne den Kläger insofern auf die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu verweisen. Dabei ist auch zu prüfen, ob Dr. K. gegenüber dem Kläger bereits vor der Operation klargestellt hat, dass diese ausschließlich nicht unfallbedingt durchgeführt werde, da die Diagnose eines unfallunabhängigen degenerativen Meniskusschadens gestellt worden sei.

56

Denkbar ist nach den Mitteilungen des LSG schließlich auch, dass Dr. K. dem Kläger gegenüber (vor oder während der Operation) eine unfallbedingte Arthroskopie klar von der anschließenden nicht unfallbedingten Resektion getrennt hat. Eine derartige Trennung könnte ggf die diagnostische Heilbehandlung auf die Arthroskopie beschränkt haben, sodass die Resektion keine Heilmaßnahme gewesen wäre und ggf ausschließlich aus der Resektion folgende Gesundheitsschäden (zu der ggf notwendigen Differenzierung der durch die Arthroskopie und die Resektion wesentlich verursachten Gesundheitsschäden siehe unter d) nicht zugerechnet würden. Wird vom Durchgangsarzt für den Versicherten klar und eindeutig abgrenzbar ein zusätzlicher Eingriff zur Behebung eines - von vornherein als solches bezeichneten - unfallunabhängigen Leidens vorgenommen, so können die aus diesem Eingriff resultierenden Folgen nicht mehr dem ersten Unfallereignis zugeordnet werden (vgl BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 41/90 und BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 34/92).

57

c) Das LSG wird auch deshalb eine genaue Ermittlung der Umstände und Anordnungen anlässlich der Untersuchung des Klägers am 23.9.2003 vorzunehmen haben, weil der Kläger - wie bereits ausgeführt - seine Revision im Wesentlichen unter (unzutreffender) Berufung auf ein Urteil des Senats zu § 555 RVO(BSGE 52, 57 = SozR 2200 § 555 Nr 5) darauf stützt, er sei jedenfalls subjektiv der Überzeugung gewesen, die Operation finde im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung statt.

58

§ 11 SGB VII setzt zwar - wie aufgezeigt - nicht notwendig voraus, dass ein Versicherungsfall oder auch nur ein Unfallereignis oder ein unfallbedingter Gesundheitsschaden objektiv vorliegen. Andererseits kann aber die bloß subjektive, irrige Vorstellung, eine Untersuchung oder Behandlung werde im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung angeordnet oder durchgeführt, den spezifischen Zurechnungszusammenhang der Tatbestände des § 11 SGB VII nicht auslösen.

59

Ein Zurechnungstatbestand nach § 11 Abs 1 oder Abs 2 SGB VII kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Leistungsträger oder der insofern ihm rechtlich zuzuordnende Durchgangsarzt (hierzu bereits soeben unter 3. b) bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder auch den Rechtsschein gesetzt hat, dass die Behandlung oder Untersuchung zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder zur Untersuchung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls (einschließlich einer Unfallfolge) angeordnet werde. Das ist stets der Fall, wenn ein vernünftiger, "billig und gerecht" denkender Versicherter aufgrund des Verhaltens des Unfallversicherungsträgers (bzw seiner Organe) und der Durchgangsärzte davon ausgehen durfte, er sei aufgefordert oder ihn treffe die Obliegenheit gemäß §§ 62, 63 SGB I, an der Maßnahme mitzuwirken (zum Prüfmaßstab bereits oben 3. a, cc).

60

d) Die Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 Abs 1 Nr 1 und/oder Nr 3 SGB VII können also gegeben sein, wenn das LSG zu der Feststellung gelangt, dass die Arthroskopie als Untersuchungsmaßnahme gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII bzw die Resektion als Heilbehandlung gemäß § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII vom Durchgangsarzt der Beklagten zurechenbar angeordnet worden ist. Schließlich können diese Zurechnungstatbestände auch dann vorliegen, wenn die Beklagte (oder der für sie handelnde Durchgangsarzt) dem Kläger als rechtstreuen Versicherten gegenüber den objektivierbaren Anschein oder Rechtsschein gesetzt hat, dass die Untersuchung bzw Operation im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit durchgeführt werde.

61

Gelangt das LSG in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Überzeugung, dass einer dieser Tatbestände des § 11 SGB VII vorliegt, so wird es abschließend festzustellen haben, ob die Durchführung der Heilmaßnahme/Untersuchung die wesentliche Ursache der als Unfallfolgen im weiteren Sinne geltend gemachten Gesundheitsschäden ist. Bislang hat es das LSG - von seiner Rechtsansicht her folgerichtig - unterlassen, festzustellen, ob die geltend gemachten Gesundheitsschäden rechtlich wesentlich (überhaupt und ggf auf welche dieser beiden Maßnahmen) auf die Arthroskopie oder die Resektion zurückzuführen sind. Dabei wird zum einen - je nachdem, welcher Zurechnungstatbestand ggf vorliegt - zu ermitteln sein, ob die Gesundheitsschäden, insbesondere die Thrombose der Vena saphena parva rechts, durch die Arthroskopie oder die Innenmeniskushinterhornresektion (oder durch beide) notwendig verursacht wurden. In diesem Zusammenhang sind ggf auch (im Blick zB auf die Stammvarikosis etc) Feststellungen erforderlich, ob und welche weiteren Gesundheitsstörungen beim Kläger vorliegen, die uU ebenfalls notwendige Ursachen waren. Ggf ist die rechtliche Wesentlichkeit der notwendigen Ursachen zu beurteilen (siehe oben).

62

Das LSG wird in der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der 1976 geborene Kläger war als Steinmetzgehilfe bei der Firma (Fa) B. GmbH in O. beschäftigt. Am 7. April 2005 trat er gegen 12:05 Uhr die 30-minütige betriebliche Mittagspause an und fuhr mit seinem Motorrad vom Betriebsgelände, auf dem er auch wohnte, auf die die Bundesstraße (B) 256, um sich nach Oberlahr zu seiner damaligen Freundin zu begeben. Auf dem Weg dorthin kollidierte er mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug (Kfz) und zog sich Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein zu. Für die einfache Strecke benötigte der Kläger mit dem Motorrad üblicherweise etwa neun Minuten. Nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, er habe trotz der knappen Zeit dorthin fahren wollen, um bei seiner Freundin das Mittagessen einzunehmen, und ihm sei jede Minute mit ihr lieber gewesen als mit seinen Arbeitskollegen, stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 7. April 2005 sei kein Arbeitsunfall und Entschädigungsleistungen seien nicht zu gewähren. Es habe sich nicht um einen versicherungsrechtlich geschützten Weg zur Nahrungsaufnahme gehandelt. Im Vordergrund habe die Motivation gestanden, die Mittagspause in der Gesellschaft der Freundin zu verbringen (Bescheid vom 12. September 2005; Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006).

3

Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen (Urteil vom 4. Dezember 2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe sich auf einem nach § 8 Abs 2 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherten Weg befunden(Urteil vom 10. August 2009). Die Essenseinnahme sei wesentlich mitursächlich für den unternommenen Weg gewesen.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte, ein iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII während der Arbeitszeit unternommener Weg sei nach der Entscheidung des BSG vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28) nur dann versichert, wenn die Zeit für die Erholung einschließlich Essenseinnahme den überwiegenden Teil der zur Verfügung stehenden Pause in Anspruch nehme. Die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit diene der Erholung und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Nur wenn diese zwei betriebsbezogenen Merkmale zusammentreffen würden, bestünde ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg und der betrieblichen Tätigkeit. Dem Zweck einer Pause zur Regeneration der Kräfte würde es widersprechen, wenn die zurückgelegten Wege den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen würden, so dass zur Erholung einschließlich der Essenseinnahme nur noch der geringere Teil der Pause zur Verfügung stünde. So habe auch das BSG im Urteil vom 11. Mai 1995 (2 RU 30/94 - NJW 1995, 2942 f) ausgeführt, dass es für ein eigenwirtschaftliches Handlungsziel spreche, wenn die zurückgelegte Wegstrecke gemessen am Handlungsziel unverhältnismäßig weit oder anstrengend sei. Dann könne die Handlungstendenz der Nahrungsaufnahme eher als unwesentlich in den Hintergrund treten.

5

Die Beklagte beantragt,

        

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. August 2009 und des Sozialgerichts Koblenz vom 4. Dezember 2008 die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet, soweit das LSG die Berufung der Beklagten hinsichtlich deren Verurteilung durch das SG, die Beklagte zu verpflichten, den Arbeitsunfall vom 7. April 2005 als Versicherungsfall anzuerkennen, sowie zu entschädigen, zurückgewiesen hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Denn entsprechend dem Begehren des Klägers ist das Ereignis vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall festzustellen.

8

1. Soweit das SG, auf den Antrag des Klägers hin, die Beklagte verurteilt hat, seinen Unfall vom 7. April 2005 zu entschädigen, handelt es sich um ein unzulässig unbestimmtes unechtes Grundurteil ohne einen bezüglich der "Entschädigung" vollstreckungsfähigen Inhalt (BSG vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 8 mwN). In diesem Umfang ist die Revision begründet.

9

Ebenfalls aufzuheben ist der durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten bestätigte Verpflichtungsausspruch des SG ihr gegenüber, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn der Kläger hat vor dem BSG klarstellend erklärt, dass er nur die Feststellung des Versicherungsfalls begehre. Die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des BSG in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4, SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte nämlich allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen. Damit wird in diesen Fällen sein Begehren jedenfalls genauso wirksam durchgesetzt wie mit einer (die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts umfassenden) Verpflichtungsklage, so dass die Klageart in solchen Fällen von dem Begehren des Klägers abhängt, ob er eine behördliche oder unmittelbar eine gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls erstrebt.

10

2. Im Übrigen ist die Revision nicht begründet. Denn das Ereignis vom 7. April 2005 ist ein Arbeitsunfall.

11

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 30 mwN). Diese Voraussetzungen sind nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt.

12

Der Kläger war zur Zeit des Unfallereignisses als Steinmetzgehilfe Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Er hat am 7. April 2005 bei dem Zusammenstoß als Motorradfahrer mit einem Kfz, der zu Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein führte, auch einen Unfall erlitten.

13

Die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls - die Fahrt zur Freundin zum Mittagessen - stand auch im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit. Zwar war die Fahrt keine Verrichtung im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses und damit keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 SGB VII. In eng begrenzten Ausnahmefällen wurde dies zwar angenommen, sofern betriebliche Interessen bzw Umstände die Essenseinnahme wesentlich beeinflussten (vgl BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 11 S 48 f mwN). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil deren besondere Voraussetzungen nicht festgestellt sind, der Kläger die Fahrt vielmehr in der für die Essenseinnahme vorgesehenen betrieblichen Mittagspause unternahm.

14

Die Fahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war jedoch eine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Danach sind versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Wie schon in der Vorgängervorschrift des § 550 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII als End- bzw Ausgangspunkt des Weges nur der Ort der Tätigkeit festgelegt. Wo der Weg nach dem Ort der Tätigkeit beginnt und wo der Weg von dem Ort der Tätigkeit endet, ist nicht umschrieben. Auch regelt die Norm nicht, ob der Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit - etwa in Bezug auf § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII hinsichtlich einer zusammenhängenden Arbeitszeit (Arbeitsschicht) - jeweils nur einmal oder mehrmals täglich zurückgelegt werden kann(vgl dazu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 23). Begründet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21).

15

Das Zurücklegen eines Weges durch einen in Vollzeit Beschäftigten in der betrieblichen Mittagspause mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel für die Mittagsmahlzeit zu besorgen oder, wie vorliegend, dort das Mittagessen einzunehmen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, ist bereits nach Einführung des (damaligen) § 545a RVO durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14. Juli 1925 (RGBl I 97) in einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 18. Oktober 1927 (EuM 21, 281 f) als eine solche regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlung angesehen worden, die geeignet ist, die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Diese Auffassung ist in ständiger Rechtsprechung beibehalten worden (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN). Daran hält der Senat fest.

16

Aus dem Umstand, dass der Kläger auf dem Betriebsgelände wohnte, folgt nichts Anderes. Der zum Ort der Essenseinnahme zurückzulegende Weg ist nicht mit demjenigen von der Wohnung zur versicherten Tätigkeit zu vergleichen, weil § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII den Weg zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit nicht privilegiert(vgl BSG SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68). Davon abgesehen hat das BSG diesem Merkmal in der genannten Entscheidung ohnehin für die Konstellation eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, dass der Versicherte ein danach unverhältnismäßig weit entfernt liegendes Ziel mit einem Kfz zu erreichen versucht und deswegen hierfür nur eine relativ kurze Zeit aufbringen muss. Dies gilt auch vorliegend, da der Kläger die Wohnung seiner damaligen Freundin mit dem Motorrad in etwa neun Minuten erreichen konnte.

17

Dass mit der Essenseinnahme am 7. April 2005 auch ein Besuch der Freundin und damit das Verbringen der Zeit mit ihr verbunden sein sollte, führt vorliegend nicht dazu, dass die Wesentlichkeit der durch die Beschäftigung bedingten Motivation "Mittagessen" zu verneinen ist (vgl BSG, Urteil vom 12. Mai 2009 - B 2 U 12/09 R -SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16). Dazu hat das LSG festgestellt, dass der Kläger nur zu seiner Freundin gefahren sei, wenn diese vorgekocht habe, und dass der wesentliche Grund für den Weg das Einnehmen des Mittagessens gewesen sei.

18

Dem sachlichen Zusammenhang steht auch nicht die Zeitdauer des Weges von zweimal neun Minuten im Verhältnis zur verbleibenden Essenszeit von zwölf Minuten entgegen. Bei seiner Erwägung, für Wege, die den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen, den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht mehr als wesentlich zu erachten, stellte der 8. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68) auf den Zweck der Pause ab. Der Begriff der Ruhepause findet sich mittlerweile im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl I 1170), das aber in § 4 Satz 1 ArbZG den Begriff voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei darüber entscheiden kann, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAGE 103, 197, 201 mwN). Der Bundesgesetzgeber hat sich demzufolge dafür entschieden, die mit dem ArbZG verbundenen Zwecke allein dadurch zu erreichen, dass die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebende Hauptpflicht des Arbeitnehmers für die Zeit der Ruhepause suspendiert wird; dem Arbeitnehmer werden hingegen keine Vorgaben gemacht, durch bestimmte Verhaltensweisen hierbei mitzuwirken.

19

Bei einer Fahrzeit von 18 Minuten und einer für die Essenseinnahme zur Verfügung stehenden Zeit von zwölf Minuten führt jedenfalls ein Verhältnis von drei Fünftel (Fahrzeit) zu zwei Fünftel (Essenseinnahme) nicht zwingend dazu, dass die durch die Beschäftigung bedingte und den sachlichen Zusammenhang begründende Handlungstendenz in den Hintergrund tritt.

20

Die Kostenentscheidung beurteilt sich nach den §§ 183, 193 SGG.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der Kläger ließ sich für seinen Bruder am 17.10.2002 operativ die linke Niere entnehmen. Während der Operation wurde zur Nierenentfernung ua ein Flankenschnitt gesetzt, der zu einer partiellen Bauchwandparese links führte. Im Übrigen zeigten sich die stationäre Behandlung vom 16. bis zum 29.10.2002, die primäre Wundheilung und der weitere postoperative Verlauf unauffällig.

3

Die Beklagte lehnte es ab, das "Ereignis vom 17.10.2002" als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 21.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.9.2005). Das SG Halle hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.11.2007). Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2011). Der zu Organentnahme notwendige operative Eingriff erfülle schon den Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII und scheide damit als Unfallereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII aus. Ein Arbeitsunfall komme nur bei einem weiteren von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Betracht. Eine über die versicherte Tätigkeit der Organspende hinausgehende äußere Ursache für die partielle Bauchwandparese links liege aber nicht vor. Zudem habe sich der Kläger dem Eingriff freiwillig unterzogen. Die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung sei aber dem Unfallbegriff immanent.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII. Nach der Systematik des SGB VII stelle die Organspende als die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit zwar keinen Unfall dar. Damit wären aber zahlreiche mittel- und langfristig eintretenden Komplikationen nicht geschützt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die gesetzliche Krankenversicherung allein für die Organentnahme an sich und die mit ihr zwangsläufig einhergehenden Folgen eintrittspflichtig. In allen anderen Fällen einer im Zusammenhang mit der Organspende stehenden Gesundheitsbeeinträchtigung greife hingegen die gesetzliche Unfallversicherung ein. Als Unfall sei jede Komplikation anzusehen, mit der sich - wie bei der partiellen Bauchwandparese links - nicht lediglich das durch die Organentnahme erhöhte allgemeine Krankheitsrisiko verwirkliche.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 9. November 2007 abzuändern sowie die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls im Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass infolge der Organspende vom 17. Oktober 2002 am 27. Mai 2004 ein Arbeitsunfall eingetreten ist.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall" könne ohne Gesetzesänderung nicht verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

9

Die Ablehnung der Beklagten, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung dieses Versicherungsfalls aus § 102 SGB VII iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat infolge der Organspende vom 17.10.2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Allerdings lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob sich der Arbeitsunfall bereits vor dem 5.11.2009 ereignet hat.

10

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls (genauer: davor) durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität im engeren Sinn; vgl BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen).

11

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat dadurch, dass er seinem Bruder eine Niere spendete, als (Lebend-)Organspender iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII eine versicherte Tätigkeit verrichtet(dazu 1.). Diese Verrichtung hat den zur Organentnahme durchgeführten Flankenschnitt als das Unfallereignis (dazu 2.) und dieses hat die partielle Bauchwandparese links als Gesundheitserstschaden (dazu 3.) rechtlich wesentlich verursacht (dazu 4.). Die Freiwilligkeit der Organspende und die Vorhersehbarkeit der mit der Operation notwendig verbundenen Körperschäden schließen den Arbeitsunfall nicht aus (dazu 5.). Anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann jedoch nicht entschieden werden, wann infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist (dazu 6.).

12

1. Nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden.

13

Der Kläger hat diesen Tatbestand erfüllt, die dafür notwendigen Handlungen vorgenommen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (zumindest auch) auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet (sog objektivierte Handlungstendenz) ist (BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen). Der Kläger hat sich freiwillig der Operation unterzogen, um iS der §§ 8 bis 10 TPG (hier in der vor dem 1.8.2007 geltenden Fassung) für seinen Bruder, einen Verwandten zweiten Grades, die linke Niere, ein körpereigenes Organ, in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum entfernen zu lassen. Durch das Entgegennehmen der insoweit erforderlichen ärztlichen Behandlung war das Verhalten des Klägers darauf gerichtet, das Ziel der ärztlichen Maßnahme, die Übertragung seiner Niere auf seinen Bruder zu erreichen.

14

Entgegen dem LSG ist die Verrichtung einer Organspende nicht in der operativen Nierenentnahme durch Ärzte und andere Kräfte des Krankenhauses zu erblicken. Denn der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit kann nur durch Verrichtungen/Handlungen des Verletzten selbst erfüllt werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche Handlung. Eine Zurechnung des Handelns anderer Personen ist hierbei ausgeschlossen.

15

2. Infolge dieser Verrichtung einer Organspende ist es zu einem Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und damit zu einem Arbeitsunfall gekommen. Nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Das im Wesentlichen durch das Handeln des Klägers verursachte (Unfall-)Ereignis bestand hinsichtlich des hier umstrittenen Gesundheitserstschadens der Bauchwandparese links entgegen dem LSG in dem zur operativen Nierenentnahme durchgeführten chirurgischen Flankenschnitt des Transplantationschirurgen. Er war ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis, das unmittelbar den physiologischen Zustand des Körpers verändert und die körperliche Integrität des Klägers verletzt hat. Auch dann, wenn die Einwirkung auf den Körper nicht nur zu einer Veränderung seines physiologischen Zustandes, sondern auch zu einer Verletzung der körperlichen (seelischen oder geistigen) Integrität führt, ist zwischen der Einwirkung auf den Körper als mögliche Ursache und dem Gesundheitserstschaden (oder dem Tod) als mögliche Wirkung der Einwirkung auf den Körper zu unterscheiden (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 42 vorgesehen).

16

Das einwirkende Ereignis erfasst (auch) Geschehnisse, die aufgrund der jeweiligen versicherten Tätigkeit "üblich" sind. Es bedarf keines außergewöhnlichen Vorgangs. Vielmehr genügt jedes Ereignis, bei dem ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu absichtlichen Selbstschädigungen. Die Einwirkung des Transplantationschirurgen auf den Körper des rechtmäßigen Organspenders, die dessen Körper notwendig verletzt, ist nach dem Tatbestand der versicherten Tätigkeit des Spendens von Organen die Einwirkung, die rechtlich wesentlich Gesundheitserstschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII verursachen kann, aber nicht muss(dazu 3.).

17

Keiner Darlegung bedarf, dass die unfallversicherte Verrichtung des Klägers den Flankenschnitt des Transplantationschirurgen rechtlich wesentlich verursacht hat.

18

3. Der Gesundheitserstschaden besteht in der Bauchwandparese links, die durch den Flankenschnitt (rechtlich wesentlich) verursacht wurde.

19

Gesundheitserstschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE 108, 274 und SozR 4-2700 § 11 Nr 1 vorgesehen).

20

Die Bauchwandparese des Klägers ist keine Unfallfolge, sondern der Gesundheitserstschaden. Zwar hat bereits der Flankenschnitt, also die Einwirkung auf den Körper, unmittelbar zu einer Verletzung des Körpers geführt. Schon durch ihn ist in die körperliche Integrität eingegriffen worden. Dies wird grundsätzlich rechtlich missbilligt. Nach dem sog natürlichen Schadensbegriff liegt daher ein Gesundheitsschaden vor. Es handelt sich aber nicht um einen Gesundheitsschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Denn der natürliche Schadensbegriff bedarf hier einer wertenden Korrektur, die sich aus dem Zweck der den Versicherungsschutz begründenden Vorschrift ergibt (vgl stellv zu solchen Korrekturen BGH vom 8.4.2008 - VI ZR 49/07 - BGHZ 176, 109, 114).

21

Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation (einschließlich Vor- und Nachbehandlung für die Durchführung der Organentnahme) notwendig verursacht werden, sind nach dem Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehören notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt wird und gefördert werden soll. Deshalb setzt der Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus. Sieht aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, ist der Gesundheitserstschaden im Falle einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen.

22

Die Organtransplantation ist grundsätzlich Teil der dem Organempfänger von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewährenden Krankenbehandlung; die ambulante und stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Organempfänger zu erbringenden Behandlungsmaßnahme dar (BSG vom 16.7.1996 - 1 RK 15/95 - BSGE 79, 53 = SozR 3-2500 § 27 Nr 7).

23

In Abgrenzung zur gesetzlichen Krankenversicherung greift die gesetzliche Unfallversicherung erst dann ein, wenn im Zusammenhang mit der Organentnahme beim Organspender gesundheitliche Schäden auftreten, die über die durch die Organentnahme notgedrungen entstehenden Beeinträchtigungen hinausgehen und in ursächlichem Zusammenhang mit der Organentnahme stehen, oder wenn der Organspender an der Organentnahme verstirbt (vgl BT-Drucks 15/5050 S 62 zu Abschn 7.2.2.1). § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII soll (freiwillige) Lebendorganspender gegen alle Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich des Todes schützen, die durch die Organentnahme verursacht sind und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zwingend mit dem operativen Eingriff und einer erforderlichen Vor- und Nachbehandlung einhergehen.

24

Versicherte Gesundheitserstschäden sind daher nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zu Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden. Das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung ist hingegen, wie gesagt, das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Eine damit zwingend verbundene Integritätseinbuße (hier der Flankenschnitt) scheidet demnach als Gesundheitserstschaden aus.

25

Als ein durch die Organentnahme hervorgerufener Gesundheitserstschaden kommt vielmehr nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Betracht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird. Dass eine Bauchwandparese zwingend mit einer Nierenentfernung verbunden ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Es hat jedoch für das BSG bindend festgestellt, dass beim Kläger infolge des Flankenschnitts eine Bauchwandparese links aufgetreten ist.

26

4. Nach dem genannten Schutzzweck des in § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII geregelten Versicherungstatbestandes war der Flankenschnitt auch die rechtlich wesentliche Ursache für die Bauchwandparese. Denn der Unfallversicherungsschutz soll gerade eingreifen, wenn eine rechtmäßige Organspende zu weiteren (üblichen oder unüblichen) Gesundheitsschäden führt, die über die mit der Organentnahme (einschließlich Vor- und Nachbehandlung) notwendig verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen hinausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Unfallereignis oder der Gesundheitserstschaden durch andere Umstände allein rechtlich wesentlich verursacht worden sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten offenkundig nicht gegeben.

27

5. Dem Anspruch auf Feststellung des Arbeitsunfalls steht auch nicht entgegen, dass der Kläger "freiwillig" in die Entnahme seiner Niere eingewilligt hat (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b TPG), er sich damit freiwillig dem operativen Eingriff unterzogen und die Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität durch die Transplantation vorhergesehen hat.

28

Die Freiwilligkeit der rechtmäßigen (Lebend-)Organspende und die Vorhersehbarkeit der damit notwendig verbundenen Körperverletzungen sind schon Tatbestandsvoraussetzungen der versicherten Tätigkeit ("Organe…spenden") und können schon deshalb den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht ausschließen. Zudem sind die wie auch immer zu verstehende "Freiwilligkeit" der das einwirkende Ereignis verursachenden Verrichtung oder die "Unvorhersehbarkeit" des Gesundheitsschadens keine Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Unfallbegriffs des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Maßgeblich für die Erheblichkeit oder Unbeachtlichkeit dieser Aspekte ist grundsätzlich der Schutzzweck des jeweiligen Versicherungstatbestandes.

29

Das BSG hat unter Hinweis auf eine Entscheidung zu § 1252 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) über die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gesagt, dass die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung dem Unfallbegriff immanent sei, weil ihm ein geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung widerspreche(vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - Juris RdNr 17 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen zum Unfallbegriff tragend für die damalige Entscheidung waren. Jedenfalls hat es ausdrücklich nur ein "geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung" als mit dem Arbeitsunfall unvereinbar bezeichnet. Dem ist mit der Klarstellung beizupflichten, dass ein Versicherungsfall "wegen Freiwilligkeit oder Vorhersehbarkeit" nur dann nicht vorliegen kann, wenn es dem Verletzten gerade darauf ankam (Absicht als dolus directus ersten Grades), durch sein Handeln eine Einwirkung auf seinen Körper und dadurch seinen eigenen Gesundheitsschaden zu verursachen. Dabei kann offen bleiben, ob je nach Versicherungstatbestand schon eine "Verrichtung" der versicherten Tätigkeit mangels einer (auch) auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit gerichteten objektivierten Handlungstendenz abzulehnen ist oder die rechtliche Wesentlichkeit der Verrichtung für die Verursachung des Schadens fehlt.

30

Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu geplanten willentlichen, also absichtlichen, Selbstschädigungen (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 7). Auch bei der Entscheidung zu § 1252 Abs 2 RVO war ein Fall der versuchten Selbsttötung zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob die Erkrankung "infolge" eines Unfalls eingetreten war. Die früheren Ausführungen zum Unfallbegriff stehen daher im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, die absichtlich ausgeübt wird, um ein Unfallereignis herbeizuführen, gerade in rechtlicher Wertung wesentliche Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung für den dadurch verursachten Gesundheitserstschaden oder Tod sein kann.

31

Unabhängig davon sind, wie gesagt, die Unfreiwilligkeit und Unvorhersehbarkeit keine ausdrücklich genannten oder ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des gesetzlich definierten Unfallbegriffs. § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII beschreibt den Unfall nicht als "unfreiwilliges", "unvorhergesehenes" oder "unvorhersehbares", sondern nur als ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für eine Einengung des Anwendungsbereichs dieser für Unfälle infolge sämtlicher versicherten Tätigkeiten geltenden Vorschrift fehlt es an einem dies rechtfertigenden Zweck. Verschiedene in § 2 SGB VII aufgeführte Tatbestände einer versicherten Tätigkeit gehen gerade mit der freiwilligen Inkaufnahme eines vorhersehbaren und vorhergesehenen Gesundheitsschadens oder sogar des Todes einher. Nicht nur Helfer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not oder Retter aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit anderer (§ 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII; vgl zum Unglückshelfer BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen), auch Beschäftigte, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gefährlichen Einwirkungen aussetzen, handeln freiwillig und im Bewusstsein einer vorhersehbaren und ggf vorhergesehenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität.

32

Gerade auch bei der Organspende iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII würde durch eine Beschränkung des Unfallbegriffs auf lediglich unfreiwillig erlittene Einwirkungen der Regelungszweck dieses Versicherungstatbestandes vereitelt. Diese Vorschrift schützt gerade diejenigen Personen, die sich freiwillig einer operativen Organentnahme unterziehen. Ihr Schutzzweck, das von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckte gesundheitliche Risiko des Organspenders im Zusammenhang mit der Organspende abzusichern (hierzu unter 3.), bliebe weitgehend unerfüllt, wenn lediglich eine zusätzlich zum operativen Eingriff zur Organentnahme (mit Vor- und nachfolgender Heilbehandlung) hinzutretende weitere Einwirkung geeignet wäre, ein Unfallereignis zu begründen. Anhaltspunkte für eine andere Intention des Gesetzes ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII noch aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und ihrer Vorläuferregelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Die Freiwilligkeit der Organspende und des insoweit notwendigen operativen Eingriffs ist bereits Bestandteil dieser versicherten Tätigkeit und kann schon deshalb nicht den Versicherungsfall ausschließen.

33

Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine partielle Bauchwandparese nicht absichtlich herbeiführen wollte, liegt ein Arbeitsunfall vor.

34

6. Zu welchem Zeitpunkt infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von Dr. J am 5.11.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung davon ausgegangen, dass der Flankenschnitt zu einer Vorwölbung der Bauchwand im kranialen Bereich iS einer partiellen Parese geführt hat. Damit ist lediglich festgestellt, dass jedenfalls am 5.11.2009 der Gesundheitserstschaden entstanden war. Ein davor liegender Zeitpunkt der Entstehung der Bauchwandparese wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Diesen wird das LSG daher noch zu klären haben.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge

1.
der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung,
2.
der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels,
3.
der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung
einschließlich der dazu notwendigen Wege.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen der Heilbehandlung, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder von Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung aufsuchen. Der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Kosten des auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholten Gutachtens von Dr. C. vom 23.01.2012 sowie die dadurch entstandenen baren Auslagen der Klägerin werden auf die Staatskasse übernommen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat und ob eine posttraumatische Belastungsstörung Folge des Arbeitsunfalls ist.
Die 1954 geborene Klägerin ist bei der D. R. Baden-Württemberg beschäftigt. Ende 2001/Anfang 2002 wurde die Klägerin von einem Versicherten, der im Flur laut herum schrie, in ihr Büro gedrängt, an beiden Unterarmen festgehalten und zunächst in die Zimmerecke hinter die Türe gedrückt und schließlich unter lautem Geschrei kraftvoll auf den Bürostuhl in der diagonal gegenüber liegende Ecke geschleudert. Zwei zur Hilfe gekommene Kollegen konnten den Versicherten nicht beruhigen. Er warf einen auf dem Schreibtisch liegenden Packen Papier in die Luft und schrie weiter. Er packte die Klägerin am Arm und schwang sie vom Bürostuhl in die Mitte des Zimmers, worauf sie aus dem Zimmer flüchten konnte.
Unter dem 28.01.2010 erstattete die D. R. wegen dieses Vorfalls Unfallanzeige bei der Beklagten. Beigefügt war eine Vorgangsschilderung der Klägerin. In dieser führte die Klägerin aus, sie hätte Todesangst ausgestanden, weil sie befürchtet habe, der Mann könne eine Waffe ziehen. Sie sei danach total aufgelöst gewesen. Man habe sie gefragt, ob sie Anzeige erstatten wolle. Die verständigte Polizei habe ihr aber gesagt, wenn sie nicht direkt bedroht worden sei, würde das Verfahren sowieso eingestellt werden, weshalb sie auf eine Anzeige verzichtet habe. Der Versicherte habe kein Hausverbot erhalten, sondern sie sei ihm danach noch zweimal im Haus begegnet. Im Jahr 2006 sei ihre Behörde umgezogen. Es sei eine Einweisung am Empfang in die Sicherheitsmaßnahmen mit Notfall-Knöpfen, Alarm etc. erfolgt, weshalb sie retraumatisiert worden sei. Weitere Retraumatisierungen seien erfolgt, jedoch immer nur im Dienstgebäude, außerhalb passiere ihr das nie. Anfang 2008 habe sie die Psychotherapeutin N. aufgesucht. Bis Herbst 2008 sei sie stabil gewesen, danach seien erneut Traumatisierungen erfolgt und seit Januar 2009 sei sie wöchentlich bei der Psychologin R.-R. in Behandlung.
Vorgelegt wurde die Bescheinigung der Psychologin R.-R. vom 23.12.2009, wonach die Klägerin an Ängsten am Arbeitsplatz, intrusiven Erinnerungen und Konzentrationsschwierigkeiten leide. Diese Symptome stünden im Zusammenhang mit Zuständen nach Retraumatisierungen. Es liege keine psychische Krankheit vor, die Symptomatik sei nach neuropsychologischen Zusammenhängen der Psychotraumatologie zu erklären.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von PD Dr. Ro. vom 26.04.2010 ein, der einen psychischen Erstschaden als nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht beurteilte. Die Klägerin habe seinerzeit keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen. Ein Zusammenhang der später aufgetretenen Beeinträchtigung lasse sich nicht herleiten, denn die geltend gemachten Retraumatisierungen seien nach Art und Umfang nicht geeignet, den Zusammenhang mit dem Vorfall 2001 herzustellen.
Mit Bescheid vom 09.06.2010 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des geltend gemachten Vorfalls Ende des Jahres 2001/Anfang 2002 ab. Es sei davon auszugehen, dass bei einer entsprechenden Traumatisierung ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werde, was hier erstmals sechs Jahre nach dem Vorfall aufgrund von Depressionen und einer Angststörung der Fall sei. Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung äußerten sich in der Regel einige Wochen nach dem Ereignis. Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die erforderliche Schwere des Ereignisses zuließen, seien den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Plausibel sei allenfalls eine kurzzeitige Belastungsreaktion, die aber nicht länger als wenige Stunden angedauert haben könne. Ein primärer Gesundheitsschaden aufgrund des Ereignisses von Ende 2001/Anfang 2002 liege nicht vor.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und verwies auf den vorgelegten Befundbericht der Universitätsklinik F. für Psychiatrie und Psychosomatik vom 15.01.2009. Dort hatte sich die Klägerin erstmals am „07.02.2009“ in der Spezialsprechstunde Psychotraumata vorgestellt. Leitender Oberarzt Prof. Dr. V. hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mit verspätetem Beginn (ICD-10: F43.1) gestellt.
Diplom-Psychologin R.-R. teilte der Beklagten mit Bericht vom 30.06.2010 mit, die Klägerin habe nach dem Überfall 2001/2002 zunächst unter traumaspezifischen Symptomen wie Intrusionen, Albträumen und Schlafstörungen gelitten. Sie habe zeitnah zur Selbsthilfe gegriffen und sich einer Karategruppe angeschlossen. Der Zeitrahmen, innerhalb dessen eine posttraumatische Belastungsstörung auftrete, sei umstritten. Nach ICD-10 werde vom Auftreten belastender Symptome innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis ausgegangen, jedoch seien verspätete Reaktionen durchaus üblich. Bemerkenswert sei, dass die Klägerin sich im privaten Bereich völlig angstfrei bewegen könne. Die Umstände des ursprünglichen Überfalls legten den Schluss nahe, dass psychosoziale Begleitumstände eine spontane Bewältigung der traumatischen Situation erschwert hätten, wie z.B. die mangelhafte Unterstützung und Bagatellisierung durch die Polizei, unzureichende Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte.
PD Dr. Ro. hielt in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.07.2010 an seiner Einschätzung fest, dass der verspätete Beginn der Symptomatik mehrere Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis nicht die Bedingungen einer Retraumatisierung erfüllten. Vielmehr handele es sich um persönlichkeitsbedingte Reaktionen auf fiktive Bedrohungssituationen.
10 
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten des Neurologen Dr. Co. vom 14.10.2010 wird ein gegenwärtiger krankheitswertiger Befund verneint. Die Kriterien einer psychoreaktiven Störung bzw. einer posttraumatischen Belastungsstörung seien gemäß den Diagnosemanuals ICD-10 oder DSM IV nicht erfüllt. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei nur dann zu diagnostizieren, wenn die zugehörige Symptomatik innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen sei. Selbst 2008 sei eine psychotherapeutische Behandlung bereits nach vier Sitzungen aufgrund subjektiven Wohlbefindens beendet worden.
11 
Die Klägerin erhob hiergegen Einwände. Die behandelnde Psychologin R.-R. verwies darauf (Bericht vom 06.12.2010), dass eine Langzeittherapie nach der 25. Sitzung durch die Krankenkasse genehmigt worden sei und bereits zweimal externe Gutachter die Indikation und den Behandlungsplan überprüft hätten. Entgegen der Auffassung von Dr. Co. sei die Klägerin angesichts des angezeigten Untersuchungstermins emotional besonders belastet gewesen, ebenso leide sie an Nachhallerinnerungen. Die Beeinträchtigungen der Klägerin seien die noch nicht verarbeiteten Auswirkungen des Überfalls. Die Klägerin kämpfe nicht um einen finanziellen Ausgleich, sondern um die Anerkennung, dass sie 2002 einen Arbeitsunfall erlitten habe.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
13 
Die Klägerin erhob am 10.01.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG).
14 
Das SG holte von Prof. Dr. T. das nervenärztliche Gutachten vom 09.05.2011 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 10.08.2011 und 01.02.2012. Der Sachverständige führte aus, bei der Klägerin lägen psychovegetativ anmutende und teilweise auch dissoziative Zustände vor, die durch eine Reihe von Auslösesituationen am Arbeitsplatz zu Stande gekommen seien. Eine diagnostische Zuordnung dieser Angstattacken zu einer der klassischen Kategorien wie einer posttraumatischen Belastungsstörung falle zum jetzigen Zeitpunkt schwer, die Kriterien könnten nicht voll erfüllt werden. Die Gesundheitsstörungen wären ohne das Traumaereignis wohl nicht zu Stande gekommen, ein Zusammenhang sei wahrscheinlich. Andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung seien die hilflos gehandhabte Krisensituation, die zu geringe Hilfestellung durch Kollegen und die Nachbearbeitung des Vorfalls. Der Ablauf weise erhebliche Lücken auf, eine psychologische Beratung oder ein Gespräch mit Vorgesetzten habe nicht stattgefunden.
15 
Mit Urteil vom 24.04.2012 wies das SG die Klage ab. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei nicht bewiesen. Prof. Dr. T. habe die typischen Merkmale der posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin nicht erheben können. Er vermute nur, dass in den Voruntersuchungen im Universitätsklinikum F. und bei der behandelnden Therapeutin diese Symptome vorgelegen hätten. Gegen den Zusammenhang spreche aber die Dauer zwischen dem Ereignis und dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung. Nach dem Sachverständigen betrage die Latenz selten mehr als sechs Monate. Aufgrund der erheblichen Zeitdauer im Falle der Klägerin stehe ein Ursachenzusammenhang für das Gericht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest.
16 
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.05.2012 zugestellten Urteil hat die Klägerin am 18.06.2012 beim SG Berufung eingelegt. Sie macht geltend, auch bei einer Latenz von mehreren Jahren sei die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2010 aufzuheben und festzustellen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung und eine dissoziative Störung mit psychogenem Mutismus Folgen des Ende 2001/Anfang 2002 eingetretenen Arbeitsunfalles sind,
19 
hilfsweise zum Beweis dafür, dass die bei der Klägerin bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bieten, die Diagnose eines PTBS in Frage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie bezieht sich auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG. Bei dem Ereignis Ende 2001/Anfang 2002 sei es nicht zu einem primären Gesundheitsschaden gekommen. Dagegen spreche, dass die Klägerin sich nach dem Ereignis nicht in ärztliche Behandlung begeben habe. Die Klägerin habe unmittelbar nach dem Ereignis ihre Tätigkeit wieder aufgenommen.
23 
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten von Dr. C. vom 23.01.2013 eingeholt. Er hat aufgrund der Untersuchung der Klägerin einen Status nach posttraumatischer Belastungsstörung mit spätem Beginn (ICD-10: F43.1) und einen Status nach dissoziativer Störung mit psychogenem Mutismus (ICD-10: F 44 - Konversionsstörungen -) diagnostiziert. Aktuell lägen bei der Klägerin keine psychischen Störungen von Krankheitswert vor. Die seit 2006 aufgetretenen Symptome seien mittlerweile durch adäquate Behandlung abgeklungen. Die überwundenen Gesundheitsstörungen seien auf das Unfallgeschehen 2001/2002 zurückzuführen. Nach derzeitigem Stand der Begutachtungspraxis gelte, dass eine längere Latenz von mehr als sechs Monaten umso plausibler sei, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das seelische Ereignis gewesen sei. Danach sei die Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs vorliegend gegeben, ein Vollbeweis könne aber nicht erbracht werden. Die grundsätzliche Existenz posttraumatischer Belastungsstörungen mit verspätetem Beginn können nach Stand der internationalen Literatur kaum bestritten werden. Zum psychodynamischen Befund sei zu berücksichtigen, dass als zusätzliches Belastungsmoment die fehlende soziale Unterstützung in Erscheinung getreten sei. Der Arbeitgeber und der Unfallversicherungsträger habe keine prophylaktische Primärbetreuung vermittelt, die Polizei habe den Vorfall bagatellisiert und eine Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen sei ausgeblieben. Über Jahre habe sich auf einer Ebene unauffälligen Funktionierens ein großer Bodensatz persistierenden Grolls angestaut. Nach dem Umzug in das neue Amtsgebäude seien einerseits die alten traumatischen Erinnerungen in ihr geweckt worden, andererseits sei ihr angesichts der neuen Sicherheitseinrichtungen bewusst geworden, welche anderen und professionelleren Formen des Managements aggressiven Verhaltens von Klienten ihr nicht angeboten worden seien. Es gehe ihr weniger um die Erlangung materieller Entschädigung als um die Anerkennung, dass ihr Unrecht widerfahren sei.
24 
Die Beteiligten haben sich zu dem Gutachten geäußert. Der Klägerbevollmächtigte hat auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 01.03.2013 hingewiesen (Schriftsatz vom 05.03.2013), in dem der „Oberste Traumatologe der Bundeswehr“, Peter Zimmermann, zitiert werde, wonach in der eingeführten Schutzzeit von bis zu acht Jahren nur die Entlassung aus eigenem Wunsch aus dem Dienst gesetzlich zulässig sei, was eine der wichtigsten Errungenschaften bei der Versorgung traumatisierter Soldaten sei. Denn seelische Schädigungen würden oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt. Die Beklagte hat geltend gemacht (Schriftsatz vom 18.02.2013), der Sachverständige halte einen kausalen Zusammenhang nur für wahrscheinlich, ein Vollbeweis für eine posttraumatische Belastungsstörung könne aber nicht erbracht werden. Der seit 1980 bekannte Erkenntnisstand der amerikanischen medizinischen Wissenschaft, dass nach Erfahrungen des Vietnamkriegs sich seelische Störungen auch in einem längeren Zeitraum als sechs Monate noch bemerkbar machen können, habe keinen Einfluss auf die Kriterien nach dem ICD-10 gefunden. Zur Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung müsse ein primäres Ereignis stattgefunden haben, welches die einschlägige Reaktion erst einmal hervorrufen könne. Dies sei vorliegend nicht bewiesen.
25 
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten unter die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
27 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
28 
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG. Der Antrag der Klägerin, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls Ende 2001/Anfang 2002 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr.3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Begehrt werden die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen.
29 
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wie es das durch Arbeitsunfall begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherte und der Beklagten als Trägerin der Unfallversicherung darstellt. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss der Versicherte im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt. Das Begehren zur Feststellung eines Arbeitsunfalles ist nicht auf die Feststellung eines nicht feststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchsnorm gerichtet (BSG Urt. vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 B -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Feststellungsklage auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Über beide Feststellungsbegehren ist durch die Beklagte auch durch anfechtbaren Verwaltungsakt inzident entschieden worden, weshalb die prozessuale Voraussetzung einer Verwaltungsentscheidung und eines durchgeführten Vorverfahrens vorliegt. Im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2010 wurden Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil weder eine posttraumatische Belastungsstörung noch eine sonstige psychoreaktive Störung (so der Widerspruchbescheid) vorgelegen habe, womit die begehrte Feststellung einer posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge konkludent abgelehnt ist. Ein Arbeitsunfall wurde mangels „primärer Gesundheitsschädigung“ aufgrund des Ereignisses Ende 2001/Anfang 2002 (so der Ausgangsbescheid) zunächst konkludent und im Widerspruchbescheid ausdrücklich ein Versicherungsfall (nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind das Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) verneint.
30 
Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und geeignet ist, zum einen als -fraglicher- Erstschaden die Feststellung eines Arbeitsunfalles zu erlauben und zum anderen Leistungen für die Vergangenheit und gegebenenfalls auch für die Zukunft zu begründen.
31 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist ein Arbeitsunfall der Klägerin im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis nicht nachgewiesen. Der nicht genau datierte Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls insoweit, als es bei der Verrichtung der versicherten Tätigkeit der Klägerin durch den handgreiflichen Übergriff zu einer Einwirkung auf den Körper der Klägerin gekommen ist. Der Senat geht davon aus, dass der randalierende Versicherte die Klägerin an den Armen gepackt und sie, wie in der Unfallanzeige von ihr dargestellt, mehrfach gegen ihren Willen an verschiedene Orte in ihrem Büro gezwungen hatte. Ebenso geht der Senat davon aus, dass hierdurch auch eine Einwirkung auf die Psyche der Klägerin stattgefunden hat, die grundsätzlich auch ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.), und sich vorliegend in der Angst, der Versicherte möge eine Waffe dabei haben, dem Erschrecken über das Verhalten des Versicherten und dem Gefühl der Hilflosigkeit äußerte.
33 
Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein Gesundheitserstschaden entstanden ist.
34 
Gesundheitserstschaden i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.).
35 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Jedoch hat die Klägerin weder einen somatischen Gesundheitsschaden vorgetragen noch ergibt sich aus ihrem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung.
36 
Die Handgreiflichkeiten des randalierenden Versicherten haben keine Veränderung des Körperzustands der Klägerin in diesem Sinne bewirkt. Der Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin, indem der Versicherte sie gewaltsam an beiden Armen gepackt hat, hat keine körperliche Verletzung verursacht. Ein ärztlicher Befund hierüber wurde entsprechend dem klägerischen Vorbringen nicht erhoben und ein solcher wurde dem Senat auch nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin möglicherweise hierbei Schmerzen empfunden haben sollte, ist damit allein noch keine substantielle körperliche Verletzung dargelegt, sondern zunächst nur eine regelhafte Enervierung der Schmerzsensoren, die nicht zwingend eine - auch nur geringfügige - Verletzung von Körperstrukturen belegt.
37 
Ein unmittelbar aufgetretener psychischer Gesundheitsschaden ist dem Bericht der Klägerin, den sie der Unfallanzeige ihrer Beschäftigungsbehörde vom 28.01.2010 beigefügt hatte, nicht zu entnehmen. Als unmittelbare Reaktion auf den geschilderten Übergriff des Versicherten gibt die Klägerin zwar an, geschockt gewesen zu sein, entsetzliche Angst gehabt zu haben und nach der gelungenen Flucht aus dem Zimmer total aufgelöst gewesen zu sein. Sonstige Angaben über ihren psychischen Zustand finden sich in ihrem sonstigen Vorbringen nicht. In den vorgelegten Berichten aus der ab 2009 aufgenommenen ärztlichen und psychologischen Behandlung sind krankheitswertige Symptome eines psychischen Gesundheitsschadens nicht oder nur unzureichend dargelegt. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall bis 2008 noch keinen Arzt aufgesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand nicht. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt und ist von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Die Psychologin R.-R. zählt ohne nähere Darlegung aufgrund der Schilderung der Klägerin als Anfangssymptomatik unmittelbar nach dem Vorfall 2001/2002 aufgetretene Intrusionen von Bildern an den Überfall, Albträume und Schlafstörungen auf (Bericht vom 30.06.2010), was traumaspezifische Krankheitssymptome nicht nachvollziehbar belegt und im Widerspruch dazu steht, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hatte, sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern zu können. Im Bericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009 sind zur Erstsymptomatik zum Zeitpunkt des Vorfalls, wobei dieser auf das Jahr 2003 datiert wird, keine Ausführungen gemacht. PD Dr. Ro. verneinte nach Auswertung der Aktenlage - für den Senat daher insoweit nachvollziehbar - ausdrücklich den Nachweis einer psychoreaktiven Störung (Stellungnahmen vom 26.04.2010 und 13.07.2010). Auch Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 09.05.2011 eine akute Belastungsstörung (ICD 10: F 43.0) ausgeschlossen.
38 
Bei dieser Ausgangslage ist die bei psychischen Belastungen schwierige Abgrenzung, ob die Reaktion des Betroffenen sich noch im Bereich des zu erwartenden und angemessenen normalen Verhaltens bewegt oder bereits eine krankheitswertige Regelabweichung vom gesunden normalen Zustand erkennen lässt, nicht zuverlässig möglich. Der mit einem persönlichen körperlichen Übergriff auf die Klägerin einhergehende Vorfall geht weit über alltägliche, berufliche Belastungssituationen hinaus, zwingt aber nicht ohne weiteres - auch wegen seines noch glimpflichen Ausgangs - zu der Annahme, dass damit notwendigerweise gravierende psychische Beeinträchtigungen verbunden gewesen sein müssen. Andererseits ist aber bei gegen die eigene Person gerichteten Attacken eine Schreckreaktion, Angst vor Weiterungen des Übergriffs und eine auch nach Ende des Vorfalls anhaltende Aufgeregtheit mit nervlicher Angespanntheit eine zu erwartende und noch normale Reaktion. Nicht jede nicht alltägliche Gemütslage oder anlassbezogene, psychisch angespannte Befindlichkeit rechtfertigt den Schluss auf einen regelwidrigen Körperzustand. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.06.2010 eine kurzzeitige Belastungsreaktion unmittelbar nach dem Übergriff als allenfalls noch plausibel bewertet, ist diese anscheinende Hilfsüberlegung, dass eine Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 vorgelegen haben könnte, aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit einen Arbeitsunfall oder jedenfalls Entschädigungsleistungen ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar wäre wegen der Kurzzeitigkeit der akuten Belastungsreaktion aus den oben genannten Gründen, wonach es auf die Schwere, Dauer und Behandlungsbedürftigkeit eines Gesundheitserstschadens nicht ankommt, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht zu verneinen, jedoch reicht die bloße Möglichkeit neben anderen ebenso möglichen Sachverhaltskonstellationen für den Nachweis eines Gesundheitserstschadens nicht aus. Diese Überlegung kommt hinreichend in der Formulierung zum Ausdruck, dass hier eine Belastungsreaktion allenfalls noch plausibel sein könnte. Die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine hinreichende Aufklärung erbracht. Der Senat sieht keinen Ansatz für dahingehende weitere Ermittlungen. Solche sind auch nicht vorgetragen.
39 
Eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1, deren Vorliegen der Senat unterstellt, ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls als Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen.
40 
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet zur Überzeugung des Senats die Annahme eines Gesundheitserstschadens in Form dieser Erkrankung nicht deshalb aus, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst lange Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Nach den von den Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. dargelegten medizinischen Zusammenhängen ist bei einem Ereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A-Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) entspricht, und den später auftretenden B-, C- und D-Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) anzunehmen, dass der Betroffene in der Phase der seelischen Latenz nicht gesund ist. Damit ist mit Auftreten der Symptomatik zwar die Diagnosestellung erst gesichert, ein Gesundheitsschaden kann dagegen bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - bzw. die zum Gesundheitsschaden führende Kausalkette wurde dadurch in Gang gesetzt und der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden kann auch erst später eintreten.
41 
Für den Vollbeweis hinreichende Anhaltspunkte für einen seelischen Gesundheitsschaden unmittelbar nach dem Ereignis hat der Senat nach den obigen Ausführungen nicht. Ob eine Phase einer latenten seelischen Erkrankung vorlag, ist nicht sicher festzustellen. Der Senat geht jedoch zu Gunsten der Klägerin von dem Ingangsetzen eines Kausalverlaufs zur Entstehung der von Dr. C. diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung aus.
42 
Hierbei stellt der Senat die auch vom SG aufgeworfenen Zweifel daran, ob die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, zurück. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. T. konnte bei seiner Untersuchung die typischen Merkmale wie aufdrängende Erinnerungen, Albträume, das Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit usw. nicht erheben. Soweit der Sachverständige auf eine entsprechende Befunderhebung bei den Voruntersuchungen durch das Universitätsklinikum F. verweist, wo die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden ist, ist dies nicht vollständig überzeugend. Zum einen wurde dort bei der Untersuchung der Klägerin im Januar 2009 fälschlich angenommen, dass der auslösende Vorfall erst im Jahre 2003 eingetreten und eine unmittelbar hieran anknüpfende Behandlung durch die Psychologin N. durchgeführt worden sei (Befundbericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009). Zum anderen sind die dort wiedergegebenen Symptome von tagsüber auftretendem Wiedererleben szenischer Erinnerungen und Bilder bei der Arbeit, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit verringerter Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Vermeidungsverhalten teils wenig spezifisch und teils nicht vollständig korrekt, da ein Kundenkontakt erst ab 2010 durch Übernahme einer neuen Tätigkeit endgültig vermieden wurde und die Klägerin zuvor gerade mit vielen Menschen über den Vorfall im Rahmen der Selbsthilfe gesprochen hat, wie sich aus den Darlegungen der Psychologin R.-R. vom 30.06.2010 entnehmen lässt. Diese beurteilte die erstmals 2006 aufgetretenen Beschwerden der Klägerin, die sie ihr nach Behandlungsbeginn im Jahr 2009 schilderte, als die typischen Belastungssymptome, die die genannten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen (Bescheinigungen vom 23.12.2009 und vom 30.06.2010). Die Psychologin R.-R. bezeichnete die von ihr bei der Untersuchung der Klägerin selbst erhobenen Beschwerden jedoch nicht als Krankheit. Damit stimmt überein, dass auch Dr. C. ebenso wie Prof. Dr. T. keine akute Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung mehr hat diagnostizierten können. Seine Diagnose eines Status nach posttraumatischer Belastungsstörung bezieht sich auf einen früheren Zustand. Eine Befunderhebung aufgrund des während der Exploration gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zum Zeitpunkt des angenommenen erstmaligen Auftretens der typischen Symptomatik hat die Psychologin R.-R. gerade nicht zur Grundlage ihrer Einschätzung machen können. Dass die Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ab 2006 erfüllt waren, wovon Psychologin R.-R. und die gerichtlichen Sachverständigen ausgehen, hat der Senat dennoch als zutreffend unterstellt.
43 
Zur Überzeugung des Senats sind die ab 2006 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch nicht wesentlich kausal auf den angeschuldigten Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 zurückzuführen.
44 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11).
45 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Bedingungen.
46 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
47 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
48 
Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Senats kein wesentlicher Zusammenhang der seit 2006 aufgetretenen psychischen Beschwerden mit dem angeschuldigten Vorfall. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. zu den psychodynamisch wirkenden Bedingungen, die den geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Grunde liegen. Auch die Psychologin R.-R. beschreibt eine damit weitgehend übereinstimmende Psychodynamik. Prof. Dr. T. stellt ebenso wie Dr. C. darauf ab, dass andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung der Klägerin auch die hilflos gehandhabte Krisensituation und die zu geringe Hilfestellung durch die Kollegen waren. Dr. C. geht hiermit deckungsgleich davon aus, freilich unter Hinweis auf den hypothetischen Charakter des Bedingungsgefüges, das nur in einer längeren Psychotherapie falsifiziert oder verifiziert werden könne, dass die fehlende soziale Unterstützung durch den Arbeitgeber oder die Beklagte, wonach sie keine prophylaktische Primärbetreuung nach dem Vorfall erfahren habe, bei der im Gutachten näher beschriebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zum Durchbruch des deshalb seit dem Vorfall aufgestauten Grolls führte, als die Klägerin nach dem Umzug 2006 mit den jetzt möglichen Sicherheitseinrichtungen und Bemühungen der Dienststelle zum Schutz vor aggressiven Publikum sich konfrontiert sah und erkennen musste, dass ihr dieser Schutz nicht zuteil geworden sei. Ebenso beschreibt er die unterbliebene Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen, wobei in der Wahrnehmung der Klägerin sogar der Täter durch diese eher geschützt und umworben wurde, da er schließlich sogar Rente erhalten habe. Auch die Bagatellisierung des Vorfalls durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die von einer Anzeige abgeraten hatten, hatte zu der psychischen Konstellation geführt, dass die Klägerin sich als ungerecht behandelt fühlt und sie nun einen - auch juristischen - Kampf um Gerechtigkeit und weniger um materielle Entschädigung führt. Der Senat erachtet diese Umstände als nachgewiesene mitwirkende Bedingungen, denn die behandelnde Psychologin R.-R. hat aufgrund ihrer durchgeführten Langzeittherapie die von Dr. C. als hypothetisch angestellten Überlegungen in dem vom Sachverständigen gemeinten Sinne auch verifiziert. In ihrem Bericht vom 06.12.2010 hatte sie nach 60 Sitzungen bereits ebenso wie Dr. C. dargelegt, dass die Klägerin durch das erlebte Verhalten der Dienststelle, der Polizei und der Vorgesetzten und Kollegen eine Entwertung ihrer Person empfunden hat, weshalb sie um Anerkennung des ihr widerfahrenen Unrechts durch Feststellung dieses Vorfalls als Arbeitsunfall kämpft und nicht, um eine Entschädigung zu erlangen.
49 
Diese in den gutachterlichen Darlegungen der Mediziner und der Psychologin aufgezeigten Bedingungszusammenhänge ergeben aber entgegen deren Einschätzung keinen wesentlichen Zusammenhang der psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Vorfall 2001/2002. Bei geklärtem medizinischem Sachverhalt ist die wertende Entscheidung, welche der aus dem jeweiligen Fachgebiet dargelegten Bedingungen wesentlich ist, eine Rechtsfrage, die dem Gericht vorbehalten ist. Nach den gutachtlichen Darlegungen ist aber das angeschuldigte Unfallereignis nur noch auslösendes Moment, d.h. conditio sine qua non, für die diese von den Sachverständigen und der Psychologin genannten Bedingungen, die die Beschwerden der Klägerin ausgelöst und unterhalten haben. Die psychische Beeinträchtigung der Klägerin beruht weit überwiegend auf Erscheinungen, die mit dem eigentlichen Vorfall des Übergriffs des randalierenden Versicherten entweder nur am Rande zu tun haben - wie die von der Klägerin empfundene verspätete Hilfeleistung durch Kollegen oder die empfundene Bagatellisierung durch die Polizeibeamten - oder auf nachfolgende Eindrücke und Erfahrungen - wie die unterbliebene Betreuung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bzw. die ungerecht empfundene Bevorzugung des Verursachers ihr gegenüber -. Der Vorfall selbst, das in Betracht kommende Unfallereignis, ist demgegenüber vollständig in den Hintergrund gerückt. Dies kommt zur Überzeugung des Senats auch darin zum Ausdruck, dass die von der Psychologin R.-R. beschriebene Beschwerdesymptomatik im Sinne der Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Das typische Vermeidungsverhalten ist nicht erkennbar. Obgleich Beschwerden ab 2006 bestehen, übt die Klägerin erst seit Anfang 2010 eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt aus, wie sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hat. Auch treten die Beschwerden nur im Dienstgebäude auf, nicht zuhause oder bei privaten Beschäftigungen, wie die Klägerin mehrfach angegeben hat. Der Bezug zum Dienstbetrieb spricht einerseits für den Schwerpunkt des Bedingungsgefüges im Bereich des Verhaltens der Dienststelle und andererseits gegen die Merkmale der sich ungewollt aufdrängenden typischen Erinnerungen an das Initialereignis, wobei teilweise die auslösenden Momente (Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen, Deeskalationstraining) mit dem Vorfall nur geringe Berührungspunkte haben und die typisch intrusiven Erinnerungen an das Unfallgeschehen nicht immer vollständig erkennbar sind, denn erinnert wird häufig die unterbliebene Unterstützung bzw. die empfundene Geringschätzung. In diesem Zusammenhang ist auch die lange Latenz zwischen Initialereignis und auftretender Symptomatik von Bedeutung. Nach Dr. C. ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand, er verweist hierzu auf Foerster/Widder (2007), bei einer längeren Latenz zu berücksichtigen, dass ein Zusammenhang umso plausibler anzusehen ist, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das Ereignis war. Der trotz allem noch glimpflich ablaufende Vorfall hat keinen unmittelbaren, erkennbaren tiefergehenden psychischen Eindruck hinterlassen. Bei Prof. Dr. T. hatte die Klägerin sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern können, anders als später bei der Untersuchung durch Dr. C., wo sie angab, sie habe nach der Flucht aus dem Büro weinen müssen, sei in aufgewühltem Zustand nachhause gegangen und selbst am nächsten Tag habe sie ihr Ehemann nicht zur Arbeit gehen lassen wollen. Wie oben dargelegt ist eine tiefergehende Beeindruckung, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nicht nachgewiesen. Selbst wenn man mit Dr. C. davon ausgeht, dass trotz der Latenz von mindestens vier Jahren der Zusammenhang mit dem Unfallereignis noch herzustellen ist, ist es nach seinen eigenen Ausführungen nur unter den mitwirkenden anderen Bedingungen (naturwissenschaftlich-philosophisch) kausal geworden.
50 
Diese Bedingungen sind entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. T. und Dr. C., die dies offenkundig unterstellen, dem infrage stehenden Versicherungsfall nicht zuzurechnen, sie sind „unfallfremd“. Damit übereinstimmend stuft auch PD Dr. Ro. in seiner Stellungnahme vom 13.07.2010 den Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigung ein, die er als persönlichkeitsbedingte Reaktion bewertet.
51 
Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats. Danach liegt ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang eines psychischen Leidens nicht schon dann vor, wenn in der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Eigenschaften durch das Unfallereignis, die psychischen Unfallfolgen oder durch die Unfallabwicklung des Unfallversicherungsträgers stimuliert werden. Maßstab der wertenden Beurteilung ist vielmehr, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.2010 - L 8 U 1427/10 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verhalten der Polizei und des Arbeitgebers einschließlich der Vorgesetzten und Kollegen ist als ursächliche Bedingung der später aufgetretenen psychischen Beeinträchtigung der Klägerin und deren Unterhaltung weder einer fehlerhaften Unfallabwicklung durch die Beklagte noch irgendwelchen Auswirkungen psychischer Unfallfolgen zuzurechnen. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall ihre Tätigkeit am nächsten Tag fortgeführt, ärztliche oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch genommen und der Beklagten den Vorfall nicht gemeldet. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass präventive Maßnahme oder unterstützende Maßnahmen zur Verarbeitung einer etwaigen Traumatisierung zu ergreifen. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, dass der Dienststelle der Klägerin insoweit überhaupt ein Versäumnis vorzuwerfen ist, hat der Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht für das dem Unfall nachgehende Verhalten des Arbeitgebers einzustehen, es sei denn es ist durch den Arbeitsunfall oder dessen Folgen veranlasst und hat zu wesentlichen Weiterungen der Unfallfolgen beigetragen (z.B. psychische Erkrankung wegen einer arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund unfallbedingter Leistungsbeeinträchtigung). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die seelische Einwirkung durch den Vorfall einer Behandlung oder sonstigen Intervention bedürftig war, denn die Klägerin hatte im Rahmen der Selbsthilfe das Erlebnis verarbeitet, u.a. hatte sie einen Karatekurs belegt, wie Dr. C. und die Psychologin R.-R. ausführen, und hatte keine nach außen sichtbar werdenden funktionellen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bis 2006. Zwar sind Gesundheitsstörungen, die sich wegen der unterbliebenen, notwendigen Behandlung einer unfallbedingten Schädigung entwickelt haben, wesentlich kausal auf den Unfall zurückzuführen. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. wäre bei der Klägerin eine präventive bzw. prophylaktische Intervention sinnvoll gewesen und nicht eine Behandlung akuter/latenter Krankheitserscheinungen. Doch war das Auftreten der Symptomatik 2006 nicht Folge der Fortwirkung einer unbehandelt gebliebenen seelischen Beeindruckung durch den eigentlichen Vorfall, sondern die hierfür ursächliche seelische Beeindruckung der Klägerin beruhte nach den Darlegungen der Sachverständigen gerade auf dem Umstand, dass die Krisenintervention des Arbeitgebers oder des Unfallversicherungsträgers unterblieben ist, bzw. auf einer vermeintlichen Bagatellisierung durch die Polizei, was aufgrund der dargelegten psychodynamischen Prozesse bei der Klägerin das nachvollziehbare, aber ungerechtfertigte Gefühl erweckt hatte, ein Unrecht seitens der Dienststelle, der Polizei und der Beklagten und eine Geringschätzung ihrer Person erfahren zu haben. Dies steht nicht im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis und beruht letztlich allein auf der Zuschreibung der Klägerin. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. T. und Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Vorfall lediglich Anknüpfungspunkt für die bei der vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ablaufenden Bewertungsprozesse ist, was aber deren rechtlich unzutreffende Bewertung einer wesentlichen Mitursache des Arbeitsunfalls nicht zu rechtfertigen vermag.
52 
Damit fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität mangels nachgewiesenen Gesundheitserstschadens, woran die Feststellung eines Arbeitsunfalls scheitert.
53 
Mangels Arbeitsunfall ist auch die begehrte Feststellung von Unfallfolgen nicht begründet. Weder eine posttraumatischen Belastungsstörung, selbst wenn sie aus medizinischer Sicht eine begründete Diagnose sein mag, die allein die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalitätstheorie zur Grundlage haben kann, noch die von Dr. C. diagnostizierte dissoziative Störung, die der Sachverständiger auf die gleichen Wirkungszusammenhänge zurückführt, können rechtlich Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Darüber hinaus wird die dissoziative Störung nach der von Dr. C. mitgeteilten Definition nach ICD-10 als ursächlich psychogen angesehen und verkörpert häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Erkrankung manifestieren müsse, was ohne nähere Darlegung das auslösende Trauma eher als Gelegenheitsursache im Sinne einer nicht wesentlichen Bedingung nahelegt.
54 
Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben. Die hieran anknüpfenden rechtlichen Fragen, ob damit die im Vollbeweis oder nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegenden Tatsachen einer Primärschädigung, eines wesentlichen unfallbedingten Zusammenhangs bzw. eines Zusammenhangs unfallfremder Konkurrenzursachen nachgewiesen sind, hat der Senat zu entscheiden. Der Anregung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.02.2013, hierzu Dr. C. ergänzend zu hören, musste der Senat daher nicht nachkommen. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag der Klägerin, zum Beweis dafür, dass die bei ihr bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bietet, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung infrage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören, war nicht stattzugeben. Der Senat hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin unterstellt. Dass in der medizinischen Wissenschaft die Kriterien einer verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung bei Beschwerdelatenz möglicherweise unterschiedlich diskutiert werden, wie die insoweit – noch – voneinander abweichenden Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-IV erkennen lassen, war für den Senat nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte es der vom Klägerbevollmächtigten angeregten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zum Vorbringen, dass durch die Versorgung traumatisierter Soldaten in der Medizin seit langem bekannt sei, dass seelische Schädigungen oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt würden (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05.03.2013). Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die genannten Veröffentlichungen (Seite 35 seines Gutachtens) und mit Hinweis auf die internationale Literatur mit Forschung zu der verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen (Seite 36 seines Gutachtens) bereits dargelegt. Nachdem in den richterlichen Hinweisen vom 12.03.2013 und 14.03.2013 diese Gesichtspunkte den Beteiligten erläutert worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte zu den Aufklärungsverfügungen keine Einwendungen erhoben oder seine Anregung auf weitere Ermittlungen nicht weiter konkretisiert.
55 
Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. C., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden auf die Staatskasse übernommen. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.02.2013 - L 8 SB 727/13 B -, vom 19.10.2011 - L 8 SB 3043/11 B; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am klägerischen Prozessziel, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für die Klägerseite günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für das Klagebegehren günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Vorliegend sind die Ausführungen von Dr. C. zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand einer verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung und deren Beurteilungskriterien in der Begutachtungspraxis für die Entscheidung des Senats förderlich gewesen und haben die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen aufgrund ambulanter Untersuchung entbehrlich gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, nur die voraussichtlichen Kosten eines Aktengutachtens für erstattungsfähig zu erklären, da neben der Vermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die nur ein Gutachten nach Aktenlage erfordert hätte, auch die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Klägerin zu klären war, was in der Regel die psychiatrische Exploration im Rahmen einer ambulanten Untersuchung voraussetzt. Dass sich der Senat den aus der Exploration folgenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht angeschlossen hat, ist für die Kostenentscheidung insoweit ohne Belang.
56 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
26 
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
27 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
28 
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG. Der Antrag der Klägerin, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls Ende 2001/Anfang 2002 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr.3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Begehrt werden die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen.
29 
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wie es das durch Arbeitsunfall begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherte und der Beklagten als Trägerin der Unfallversicherung darstellt. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss der Versicherte im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt. Das Begehren zur Feststellung eines Arbeitsunfalles ist nicht auf die Feststellung eines nicht feststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchsnorm gerichtet (BSG Urt. vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 B -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Feststellungsklage auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Über beide Feststellungsbegehren ist durch die Beklagte auch durch anfechtbaren Verwaltungsakt inzident entschieden worden, weshalb die prozessuale Voraussetzung einer Verwaltungsentscheidung und eines durchgeführten Vorverfahrens vorliegt. Im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2010 wurden Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil weder eine posttraumatische Belastungsstörung noch eine sonstige psychoreaktive Störung (so der Widerspruchbescheid) vorgelegen habe, womit die begehrte Feststellung einer posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge konkludent abgelehnt ist. Ein Arbeitsunfall wurde mangels „primärer Gesundheitsschädigung“ aufgrund des Ereignisses Ende 2001/Anfang 2002 (so der Ausgangsbescheid) zunächst konkludent und im Widerspruchbescheid ausdrücklich ein Versicherungsfall (nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind das Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) verneint.
30 
Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und geeignet ist, zum einen als -fraglicher- Erstschaden die Feststellung eines Arbeitsunfalles zu erlauben und zum anderen Leistungen für die Vergangenheit und gegebenenfalls auch für die Zukunft zu begründen.
31 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist ein Arbeitsunfall der Klägerin im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis nicht nachgewiesen. Der nicht genau datierte Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls insoweit, als es bei der Verrichtung der versicherten Tätigkeit der Klägerin durch den handgreiflichen Übergriff zu einer Einwirkung auf den Körper der Klägerin gekommen ist. Der Senat geht davon aus, dass der randalierende Versicherte die Klägerin an den Armen gepackt und sie, wie in der Unfallanzeige von ihr dargestellt, mehrfach gegen ihren Willen an verschiedene Orte in ihrem Büro gezwungen hatte. Ebenso geht der Senat davon aus, dass hierdurch auch eine Einwirkung auf die Psyche der Klägerin stattgefunden hat, die grundsätzlich auch ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.), und sich vorliegend in der Angst, der Versicherte möge eine Waffe dabei haben, dem Erschrecken über das Verhalten des Versicherten und dem Gefühl der Hilflosigkeit äußerte.
33 
Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein Gesundheitserstschaden entstanden ist.
34 
Gesundheitserstschaden i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.).
35 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Jedoch hat die Klägerin weder einen somatischen Gesundheitsschaden vorgetragen noch ergibt sich aus ihrem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung.
36 
Die Handgreiflichkeiten des randalierenden Versicherten haben keine Veränderung des Körperzustands der Klägerin in diesem Sinne bewirkt. Der Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin, indem der Versicherte sie gewaltsam an beiden Armen gepackt hat, hat keine körperliche Verletzung verursacht. Ein ärztlicher Befund hierüber wurde entsprechend dem klägerischen Vorbringen nicht erhoben und ein solcher wurde dem Senat auch nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin möglicherweise hierbei Schmerzen empfunden haben sollte, ist damit allein noch keine substantielle körperliche Verletzung dargelegt, sondern zunächst nur eine regelhafte Enervierung der Schmerzsensoren, die nicht zwingend eine - auch nur geringfügige - Verletzung von Körperstrukturen belegt.
37 
Ein unmittelbar aufgetretener psychischer Gesundheitsschaden ist dem Bericht der Klägerin, den sie der Unfallanzeige ihrer Beschäftigungsbehörde vom 28.01.2010 beigefügt hatte, nicht zu entnehmen. Als unmittelbare Reaktion auf den geschilderten Übergriff des Versicherten gibt die Klägerin zwar an, geschockt gewesen zu sein, entsetzliche Angst gehabt zu haben und nach der gelungenen Flucht aus dem Zimmer total aufgelöst gewesen zu sein. Sonstige Angaben über ihren psychischen Zustand finden sich in ihrem sonstigen Vorbringen nicht. In den vorgelegten Berichten aus der ab 2009 aufgenommenen ärztlichen und psychologischen Behandlung sind krankheitswertige Symptome eines psychischen Gesundheitsschadens nicht oder nur unzureichend dargelegt. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall bis 2008 noch keinen Arzt aufgesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand nicht. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt und ist von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Die Psychologin R.-R. zählt ohne nähere Darlegung aufgrund der Schilderung der Klägerin als Anfangssymptomatik unmittelbar nach dem Vorfall 2001/2002 aufgetretene Intrusionen von Bildern an den Überfall, Albträume und Schlafstörungen auf (Bericht vom 30.06.2010), was traumaspezifische Krankheitssymptome nicht nachvollziehbar belegt und im Widerspruch dazu steht, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hatte, sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern zu können. Im Bericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009 sind zur Erstsymptomatik zum Zeitpunkt des Vorfalls, wobei dieser auf das Jahr 2003 datiert wird, keine Ausführungen gemacht. PD Dr. Ro. verneinte nach Auswertung der Aktenlage - für den Senat daher insoweit nachvollziehbar - ausdrücklich den Nachweis einer psychoreaktiven Störung (Stellungnahmen vom 26.04.2010 und 13.07.2010). Auch Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 09.05.2011 eine akute Belastungsstörung (ICD 10: F 43.0) ausgeschlossen.
38 
Bei dieser Ausgangslage ist die bei psychischen Belastungen schwierige Abgrenzung, ob die Reaktion des Betroffenen sich noch im Bereich des zu erwartenden und angemessenen normalen Verhaltens bewegt oder bereits eine krankheitswertige Regelabweichung vom gesunden normalen Zustand erkennen lässt, nicht zuverlässig möglich. Der mit einem persönlichen körperlichen Übergriff auf die Klägerin einhergehende Vorfall geht weit über alltägliche, berufliche Belastungssituationen hinaus, zwingt aber nicht ohne weiteres - auch wegen seines noch glimpflichen Ausgangs - zu der Annahme, dass damit notwendigerweise gravierende psychische Beeinträchtigungen verbunden gewesen sein müssen. Andererseits ist aber bei gegen die eigene Person gerichteten Attacken eine Schreckreaktion, Angst vor Weiterungen des Übergriffs und eine auch nach Ende des Vorfalls anhaltende Aufgeregtheit mit nervlicher Angespanntheit eine zu erwartende und noch normale Reaktion. Nicht jede nicht alltägliche Gemütslage oder anlassbezogene, psychisch angespannte Befindlichkeit rechtfertigt den Schluss auf einen regelwidrigen Körperzustand. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.06.2010 eine kurzzeitige Belastungsreaktion unmittelbar nach dem Übergriff als allenfalls noch plausibel bewertet, ist diese anscheinende Hilfsüberlegung, dass eine Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 vorgelegen haben könnte, aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit einen Arbeitsunfall oder jedenfalls Entschädigungsleistungen ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar wäre wegen der Kurzzeitigkeit der akuten Belastungsreaktion aus den oben genannten Gründen, wonach es auf die Schwere, Dauer und Behandlungsbedürftigkeit eines Gesundheitserstschadens nicht ankommt, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht zu verneinen, jedoch reicht die bloße Möglichkeit neben anderen ebenso möglichen Sachverhaltskonstellationen für den Nachweis eines Gesundheitserstschadens nicht aus. Diese Überlegung kommt hinreichend in der Formulierung zum Ausdruck, dass hier eine Belastungsreaktion allenfalls noch plausibel sein könnte. Die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine hinreichende Aufklärung erbracht. Der Senat sieht keinen Ansatz für dahingehende weitere Ermittlungen. Solche sind auch nicht vorgetragen.
39 
Eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1, deren Vorliegen der Senat unterstellt, ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls als Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen.
40 
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet zur Überzeugung des Senats die Annahme eines Gesundheitserstschadens in Form dieser Erkrankung nicht deshalb aus, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst lange Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Nach den von den Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. dargelegten medizinischen Zusammenhängen ist bei einem Ereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A-Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) entspricht, und den später auftretenden B-, C- und D-Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) anzunehmen, dass der Betroffene in der Phase der seelischen Latenz nicht gesund ist. Damit ist mit Auftreten der Symptomatik zwar die Diagnosestellung erst gesichert, ein Gesundheitsschaden kann dagegen bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - bzw. die zum Gesundheitsschaden führende Kausalkette wurde dadurch in Gang gesetzt und der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden kann auch erst später eintreten.
41 
Für den Vollbeweis hinreichende Anhaltspunkte für einen seelischen Gesundheitsschaden unmittelbar nach dem Ereignis hat der Senat nach den obigen Ausführungen nicht. Ob eine Phase einer latenten seelischen Erkrankung vorlag, ist nicht sicher festzustellen. Der Senat geht jedoch zu Gunsten der Klägerin von dem Ingangsetzen eines Kausalverlaufs zur Entstehung der von Dr. C. diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung aus.
42 
Hierbei stellt der Senat die auch vom SG aufgeworfenen Zweifel daran, ob die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, zurück. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. T. konnte bei seiner Untersuchung die typischen Merkmale wie aufdrängende Erinnerungen, Albträume, das Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit usw. nicht erheben. Soweit der Sachverständige auf eine entsprechende Befunderhebung bei den Voruntersuchungen durch das Universitätsklinikum F. verweist, wo die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden ist, ist dies nicht vollständig überzeugend. Zum einen wurde dort bei der Untersuchung der Klägerin im Januar 2009 fälschlich angenommen, dass der auslösende Vorfall erst im Jahre 2003 eingetreten und eine unmittelbar hieran anknüpfende Behandlung durch die Psychologin N. durchgeführt worden sei (Befundbericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009). Zum anderen sind die dort wiedergegebenen Symptome von tagsüber auftretendem Wiedererleben szenischer Erinnerungen und Bilder bei der Arbeit, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit verringerter Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Vermeidungsverhalten teils wenig spezifisch und teils nicht vollständig korrekt, da ein Kundenkontakt erst ab 2010 durch Übernahme einer neuen Tätigkeit endgültig vermieden wurde und die Klägerin zuvor gerade mit vielen Menschen über den Vorfall im Rahmen der Selbsthilfe gesprochen hat, wie sich aus den Darlegungen der Psychologin R.-R. vom 30.06.2010 entnehmen lässt. Diese beurteilte die erstmals 2006 aufgetretenen Beschwerden der Klägerin, die sie ihr nach Behandlungsbeginn im Jahr 2009 schilderte, als die typischen Belastungssymptome, die die genannten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen (Bescheinigungen vom 23.12.2009 und vom 30.06.2010). Die Psychologin R.-R. bezeichnete die von ihr bei der Untersuchung der Klägerin selbst erhobenen Beschwerden jedoch nicht als Krankheit. Damit stimmt überein, dass auch Dr. C. ebenso wie Prof. Dr. T. keine akute Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung mehr hat diagnostizierten können. Seine Diagnose eines Status nach posttraumatischer Belastungsstörung bezieht sich auf einen früheren Zustand. Eine Befunderhebung aufgrund des während der Exploration gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zum Zeitpunkt des angenommenen erstmaligen Auftretens der typischen Symptomatik hat die Psychologin R.-R. gerade nicht zur Grundlage ihrer Einschätzung machen können. Dass die Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ab 2006 erfüllt waren, wovon Psychologin R.-R. und die gerichtlichen Sachverständigen ausgehen, hat der Senat dennoch als zutreffend unterstellt.
43 
Zur Überzeugung des Senats sind die ab 2006 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch nicht wesentlich kausal auf den angeschuldigten Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 zurückzuführen.
44 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11).
45 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Bedingungen.
46 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
47 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
48 
Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Senats kein wesentlicher Zusammenhang der seit 2006 aufgetretenen psychischen Beschwerden mit dem angeschuldigten Vorfall. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. zu den psychodynamisch wirkenden Bedingungen, die den geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Grunde liegen. Auch die Psychologin R.-R. beschreibt eine damit weitgehend übereinstimmende Psychodynamik. Prof. Dr. T. stellt ebenso wie Dr. C. darauf ab, dass andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung der Klägerin auch die hilflos gehandhabte Krisensituation und die zu geringe Hilfestellung durch die Kollegen waren. Dr. C. geht hiermit deckungsgleich davon aus, freilich unter Hinweis auf den hypothetischen Charakter des Bedingungsgefüges, das nur in einer längeren Psychotherapie falsifiziert oder verifiziert werden könne, dass die fehlende soziale Unterstützung durch den Arbeitgeber oder die Beklagte, wonach sie keine prophylaktische Primärbetreuung nach dem Vorfall erfahren habe, bei der im Gutachten näher beschriebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zum Durchbruch des deshalb seit dem Vorfall aufgestauten Grolls führte, als die Klägerin nach dem Umzug 2006 mit den jetzt möglichen Sicherheitseinrichtungen und Bemühungen der Dienststelle zum Schutz vor aggressiven Publikum sich konfrontiert sah und erkennen musste, dass ihr dieser Schutz nicht zuteil geworden sei. Ebenso beschreibt er die unterbliebene Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen, wobei in der Wahrnehmung der Klägerin sogar der Täter durch diese eher geschützt und umworben wurde, da er schließlich sogar Rente erhalten habe. Auch die Bagatellisierung des Vorfalls durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die von einer Anzeige abgeraten hatten, hatte zu der psychischen Konstellation geführt, dass die Klägerin sich als ungerecht behandelt fühlt und sie nun einen - auch juristischen - Kampf um Gerechtigkeit und weniger um materielle Entschädigung führt. Der Senat erachtet diese Umstände als nachgewiesene mitwirkende Bedingungen, denn die behandelnde Psychologin R.-R. hat aufgrund ihrer durchgeführten Langzeittherapie die von Dr. C. als hypothetisch angestellten Überlegungen in dem vom Sachverständigen gemeinten Sinne auch verifiziert. In ihrem Bericht vom 06.12.2010 hatte sie nach 60 Sitzungen bereits ebenso wie Dr. C. dargelegt, dass die Klägerin durch das erlebte Verhalten der Dienststelle, der Polizei und der Vorgesetzten und Kollegen eine Entwertung ihrer Person empfunden hat, weshalb sie um Anerkennung des ihr widerfahrenen Unrechts durch Feststellung dieses Vorfalls als Arbeitsunfall kämpft und nicht, um eine Entschädigung zu erlangen.
49 
Diese in den gutachterlichen Darlegungen der Mediziner und der Psychologin aufgezeigten Bedingungszusammenhänge ergeben aber entgegen deren Einschätzung keinen wesentlichen Zusammenhang der psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Vorfall 2001/2002. Bei geklärtem medizinischem Sachverhalt ist die wertende Entscheidung, welche der aus dem jeweiligen Fachgebiet dargelegten Bedingungen wesentlich ist, eine Rechtsfrage, die dem Gericht vorbehalten ist. Nach den gutachtlichen Darlegungen ist aber das angeschuldigte Unfallereignis nur noch auslösendes Moment, d.h. conditio sine qua non, für die diese von den Sachverständigen und der Psychologin genannten Bedingungen, die die Beschwerden der Klägerin ausgelöst und unterhalten haben. Die psychische Beeinträchtigung der Klägerin beruht weit überwiegend auf Erscheinungen, die mit dem eigentlichen Vorfall des Übergriffs des randalierenden Versicherten entweder nur am Rande zu tun haben - wie die von der Klägerin empfundene verspätete Hilfeleistung durch Kollegen oder die empfundene Bagatellisierung durch die Polizeibeamten - oder auf nachfolgende Eindrücke und Erfahrungen - wie die unterbliebene Betreuung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bzw. die ungerecht empfundene Bevorzugung des Verursachers ihr gegenüber -. Der Vorfall selbst, das in Betracht kommende Unfallereignis, ist demgegenüber vollständig in den Hintergrund gerückt. Dies kommt zur Überzeugung des Senats auch darin zum Ausdruck, dass die von der Psychologin R.-R. beschriebene Beschwerdesymptomatik im Sinne der Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Das typische Vermeidungsverhalten ist nicht erkennbar. Obgleich Beschwerden ab 2006 bestehen, übt die Klägerin erst seit Anfang 2010 eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt aus, wie sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hat. Auch treten die Beschwerden nur im Dienstgebäude auf, nicht zuhause oder bei privaten Beschäftigungen, wie die Klägerin mehrfach angegeben hat. Der Bezug zum Dienstbetrieb spricht einerseits für den Schwerpunkt des Bedingungsgefüges im Bereich des Verhaltens der Dienststelle und andererseits gegen die Merkmale der sich ungewollt aufdrängenden typischen Erinnerungen an das Initialereignis, wobei teilweise die auslösenden Momente (Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen, Deeskalationstraining) mit dem Vorfall nur geringe Berührungspunkte haben und die typisch intrusiven Erinnerungen an das Unfallgeschehen nicht immer vollständig erkennbar sind, denn erinnert wird häufig die unterbliebene Unterstützung bzw. die empfundene Geringschätzung. In diesem Zusammenhang ist auch die lange Latenz zwischen Initialereignis und auftretender Symptomatik von Bedeutung. Nach Dr. C. ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand, er verweist hierzu auf Foerster/Widder (2007), bei einer längeren Latenz zu berücksichtigen, dass ein Zusammenhang umso plausibler anzusehen ist, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das Ereignis war. Der trotz allem noch glimpflich ablaufende Vorfall hat keinen unmittelbaren, erkennbaren tiefergehenden psychischen Eindruck hinterlassen. Bei Prof. Dr. T. hatte die Klägerin sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern können, anders als später bei der Untersuchung durch Dr. C., wo sie angab, sie habe nach der Flucht aus dem Büro weinen müssen, sei in aufgewühltem Zustand nachhause gegangen und selbst am nächsten Tag habe sie ihr Ehemann nicht zur Arbeit gehen lassen wollen. Wie oben dargelegt ist eine tiefergehende Beeindruckung, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nicht nachgewiesen. Selbst wenn man mit Dr. C. davon ausgeht, dass trotz der Latenz von mindestens vier Jahren der Zusammenhang mit dem Unfallereignis noch herzustellen ist, ist es nach seinen eigenen Ausführungen nur unter den mitwirkenden anderen Bedingungen (naturwissenschaftlich-philosophisch) kausal geworden.
50 
Diese Bedingungen sind entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. T. und Dr. C., die dies offenkundig unterstellen, dem infrage stehenden Versicherungsfall nicht zuzurechnen, sie sind „unfallfremd“. Damit übereinstimmend stuft auch PD Dr. Ro. in seiner Stellungnahme vom 13.07.2010 den Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigung ein, die er als persönlichkeitsbedingte Reaktion bewertet.
51 
Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats. Danach liegt ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang eines psychischen Leidens nicht schon dann vor, wenn in der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Eigenschaften durch das Unfallereignis, die psychischen Unfallfolgen oder durch die Unfallabwicklung des Unfallversicherungsträgers stimuliert werden. Maßstab der wertenden Beurteilung ist vielmehr, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.2010 - L 8 U 1427/10 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verhalten der Polizei und des Arbeitgebers einschließlich der Vorgesetzten und Kollegen ist als ursächliche Bedingung der später aufgetretenen psychischen Beeinträchtigung der Klägerin und deren Unterhaltung weder einer fehlerhaften Unfallabwicklung durch die Beklagte noch irgendwelchen Auswirkungen psychischer Unfallfolgen zuzurechnen. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall ihre Tätigkeit am nächsten Tag fortgeführt, ärztliche oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch genommen und der Beklagten den Vorfall nicht gemeldet. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass präventive Maßnahme oder unterstützende Maßnahmen zur Verarbeitung einer etwaigen Traumatisierung zu ergreifen. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, dass der Dienststelle der Klägerin insoweit überhaupt ein Versäumnis vorzuwerfen ist, hat der Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht für das dem Unfall nachgehende Verhalten des Arbeitgebers einzustehen, es sei denn es ist durch den Arbeitsunfall oder dessen Folgen veranlasst und hat zu wesentlichen Weiterungen der Unfallfolgen beigetragen (z.B. psychische Erkrankung wegen einer arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund unfallbedingter Leistungsbeeinträchtigung). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die seelische Einwirkung durch den Vorfall einer Behandlung oder sonstigen Intervention bedürftig war, denn die Klägerin hatte im Rahmen der Selbsthilfe das Erlebnis verarbeitet, u.a. hatte sie einen Karatekurs belegt, wie Dr. C. und die Psychologin R.-R. ausführen, und hatte keine nach außen sichtbar werdenden funktionellen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bis 2006. Zwar sind Gesundheitsstörungen, die sich wegen der unterbliebenen, notwendigen Behandlung einer unfallbedingten Schädigung entwickelt haben, wesentlich kausal auf den Unfall zurückzuführen. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. wäre bei der Klägerin eine präventive bzw. prophylaktische Intervention sinnvoll gewesen und nicht eine Behandlung akuter/latenter Krankheitserscheinungen. Doch war das Auftreten der Symptomatik 2006 nicht Folge der Fortwirkung einer unbehandelt gebliebenen seelischen Beeindruckung durch den eigentlichen Vorfall, sondern die hierfür ursächliche seelische Beeindruckung der Klägerin beruhte nach den Darlegungen der Sachverständigen gerade auf dem Umstand, dass die Krisenintervention des Arbeitgebers oder des Unfallversicherungsträgers unterblieben ist, bzw. auf einer vermeintlichen Bagatellisierung durch die Polizei, was aufgrund der dargelegten psychodynamischen Prozesse bei der Klägerin das nachvollziehbare, aber ungerechtfertigte Gefühl erweckt hatte, ein Unrecht seitens der Dienststelle, der Polizei und der Beklagten und eine Geringschätzung ihrer Person erfahren zu haben. Dies steht nicht im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis und beruht letztlich allein auf der Zuschreibung der Klägerin. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. T. und Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Vorfall lediglich Anknüpfungspunkt für die bei der vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ablaufenden Bewertungsprozesse ist, was aber deren rechtlich unzutreffende Bewertung einer wesentlichen Mitursache des Arbeitsunfalls nicht zu rechtfertigen vermag.
52 
Damit fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität mangels nachgewiesenen Gesundheitserstschadens, woran die Feststellung eines Arbeitsunfalls scheitert.
53 
Mangels Arbeitsunfall ist auch die begehrte Feststellung von Unfallfolgen nicht begründet. Weder eine posttraumatischen Belastungsstörung, selbst wenn sie aus medizinischer Sicht eine begründete Diagnose sein mag, die allein die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalitätstheorie zur Grundlage haben kann, noch die von Dr. C. diagnostizierte dissoziative Störung, die der Sachverständiger auf die gleichen Wirkungszusammenhänge zurückführt, können rechtlich Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Darüber hinaus wird die dissoziative Störung nach der von Dr. C. mitgeteilten Definition nach ICD-10 als ursächlich psychogen angesehen und verkörpert häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Erkrankung manifestieren müsse, was ohne nähere Darlegung das auslösende Trauma eher als Gelegenheitsursache im Sinne einer nicht wesentlichen Bedingung nahelegt.
54 
Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben. Die hieran anknüpfenden rechtlichen Fragen, ob damit die im Vollbeweis oder nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegenden Tatsachen einer Primärschädigung, eines wesentlichen unfallbedingten Zusammenhangs bzw. eines Zusammenhangs unfallfremder Konkurrenzursachen nachgewiesen sind, hat der Senat zu entscheiden. Der Anregung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.02.2013, hierzu Dr. C. ergänzend zu hören, musste der Senat daher nicht nachkommen. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag der Klägerin, zum Beweis dafür, dass die bei ihr bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bietet, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung infrage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören, war nicht stattzugeben. Der Senat hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin unterstellt. Dass in der medizinischen Wissenschaft die Kriterien einer verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung bei Beschwerdelatenz möglicherweise unterschiedlich diskutiert werden, wie die insoweit – noch – voneinander abweichenden Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-IV erkennen lassen, war für den Senat nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte es der vom Klägerbevollmächtigten angeregten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zum Vorbringen, dass durch die Versorgung traumatisierter Soldaten in der Medizin seit langem bekannt sei, dass seelische Schädigungen oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt würden (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05.03.2013). Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die genannten Veröffentlichungen (Seite 35 seines Gutachtens) und mit Hinweis auf die internationale Literatur mit Forschung zu der verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen (Seite 36 seines Gutachtens) bereits dargelegt. Nachdem in den richterlichen Hinweisen vom 12.03.2013 und 14.03.2013 diese Gesichtspunkte den Beteiligten erläutert worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte zu den Aufklärungsverfügungen keine Einwendungen erhoben oder seine Anregung auf weitere Ermittlungen nicht weiter konkretisiert.
55 
Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. C., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden auf die Staatskasse übernommen. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.02.2013 - L 8 SB 727/13 B -, vom 19.10.2011 - L 8 SB 3043/11 B; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am klägerischen Prozessziel, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für die Klägerseite günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für das Klagebegehren günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Vorliegend sind die Ausführungen von Dr. C. zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand einer verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung und deren Beurteilungskriterien in der Begutachtungspraxis für die Entscheidung des Senats förderlich gewesen und haben die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen aufgrund ambulanter Untersuchung entbehrlich gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, nur die voraussichtlichen Kosten eines Aktengutachtens für erstattungsfähig zu erklären, da neben der Vermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die nur ein Gutachten nach Aktenlage erfordert hätte, auch die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Klägerin zu klären war, was in der Regel die psychiatrische Exploration im Rahmen einer ambulanten Untersuchung voraussetzt. Dass sich der Senat den aus der Exploration folgenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht angeschlossen hat, ist für die Kostenentscheidung insoweit ohne Belang.
56 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.

Im Übrigen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (nur noch) darüber, ob weitere Gesundheitsstörungen - ein Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, sowie ein Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung dieser Vene und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts - als Unfallfolgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 festzustellen sind.

2

Der Kläger leitete am 10.9.2003 eine Tauchgruppe auf der Insel G. Er betrat mit voller Tauchausrüstung nebst Kamera mit einem Gesamtgewicht von ca 40 bis 60 kg das Wasser. Als dieses mehr als knie-, aber noch nicht hüfttief war, trat er auf einen Stein und knickte um. Eine Rotations-Streckbewegung des rechten Knies erfolgte dabei nicht.

3

Der Durchgangsarzt Dr. K. führte am 13.9.2003 eine durchgangsärztliche Untersuchung durch und diagnostizierte eine Distorsion des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 16.9.2003). Nach einer weiteren Untersuchung vom 23.9.2003 äußerte Dr. K. den Verdacht auf Innenmeniskusläsion. Es bestehe die Indikation zur Arthroskopie; Aufnahme und Operation wurden für den folgenden Tag vereinbart. Am 24.9.2003 wurde die Arthroskopie durchgeführt, "unter" der Diagnose einer degenerativen Innenmeniskusläsion. Intraoperativ hatte sich keine frische Läsion gefunden. Es lag ein isolierter Lappenriss des Innenmeniskus vor, also ohne Verletzungen der Kniebänder. Es wurde eine Innenmeniskushinterhornresektion durchgeführt. Im Operationsbericht vom 24.9.2003 heißt es, das Hinterhorn selbst habe aufgefaserte Strukturen gezeigt, sodass die klinische Diagnose bestätigt sei.

4

In der Folgezeit trat beim Kläger im rechten Bein eine Teilthrombosierung der Vena saphena parva bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans auf. Am 15.10.2003 erfolgte deshalb eine Operation. Hierbei wurden gleichzeitig radikuläre Varizen am linken Unterschenkel operativ entfernt. Am 10.11.2003 wurde der Kläger wegen akuter linksthorakaler Schmerzen und Dyspnoe stationär behandelt, dabei wurde ua eine Lungenembolie bei Oberschenkelthrombose links diagnostiziert.

5

Die Beklagte stellte im Bescheid vom 1.12.2004 als Folgen des Versicherungsfalls des Klägers vom 10.9.2003 eine "folgenlos ausgeheilte Kniedistorsion rechts mit Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für den Zeitraum 13. bis 27.9.2003" fest. Einen Anspruch auf Rente lehnte sie mangels einer MdE von mindestens 20 vH ebenso ab wie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.3.2005 zurück, in dem sie den Gesundheitserstschaden als banale Distorsion des rechten Knies bezeichnete.

6

Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 6.10.2006 abgewiesen, weil keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen seien. Das LSG hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 15.6.2010 zurückgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Hinsichtlich des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion fehle es bereits an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis. Das Unfallereignis ohne entsprechende Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus sei nicht geeignet gewesen, einen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus zu verursachen. Dieses Ereignis habe nur zu einer folgenlos ausheilenden Distorsion des Kniegelenks führen können. Auch der Zustand nach Unterschenkelvenen-Thrombose rechts im Bereich der Vena saphena parva mit operativer Entfernung des thrombotischen Gefäßes und einer Perforansvenenklappeninsuffizienz sei keine (mittelbare) Folge des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003. Dabei hat das LSG offen gelassen, ob diese Gesundheitsstörungen Folgen der arthroskopischen Operation des rechten Kniegelenks sind. Es handele sich nicht um "mittelbare Unfallfolgen" iS von § 8 SGB VII bzw § 11 SGB VII, denn sie seien nicht bei Erkennung oder Behandlung von Folgen des Versicherungsfalls eingetreten. Auf die subjektive Sicht des Klägers, die Arthroskopie am rechten Kniegelenk sei wegen dort bestehender Unfallfolgen erforderlich gewesen, komme es entgegen dem BSG-Urteil vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) nicht an. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe mangels einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 vH nicht.

7

Der Kläger rügt - nach Beschränkung seines Antrags - mit seiner Revision nur noch, dass das LSG von dem Urteil des BSG vom 24.6.1981 (2 RU 87/80, aaO) abgewichen sei und deshalb das Vorliegen von Unfallfolgen zu Unrecht verneint habe. Bereits die irrtümliche Annahme, die Arthroskopie sei wegen der Unfallfolgen durchgeführt worden, sei dafür ausreichend, eine mittelbare Unfallfolge zu bejahen.

8

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen LSG vom 15. Juni 2010 und das Urteil des SG Gießen vom 6. Oktober 2006 und die Ablehnung von Unfallfolgen im Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm einen Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, einen Zustand nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. September 2003 festzustellen.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers, mit der er ein Recht auf Verletztenrente nicht mehr verfolgt hat, ist unbegründet, soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt. Dieser Zustand ist keine Unfallfolge (im engeren oder im weiteren Sinn) des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 (hierzu unter 2.). Soweit er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit operativer Entfernung der Vena saphena parva rechts und eine Venenklappeninsuffizienz der mittleren Cockett'schen Vena perforans rechts als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.9.2003 begehrt, ist seine Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar sind diese Gesundheitsbeeinträchtigungen keine (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, da sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es dem Senat jedoch nicht möglich, abschließend darüber zu befinden, ob sie aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn festzustellen sind (im Einzelnen unter 3.).

11

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war zulässig, ebenso die von ihm erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen.

12

Diese sind gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG geltend machen. Er kann wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakt und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr 14; aA BSG vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 - Juris RdNr 13 zur Auslegung eines Antrags auf Verurteilung zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls als Feststellungsklage; vgl zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage für die Feststellung von Unfallfolgen Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15c, 51. Lfg, V/2011; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 20b).

13

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagearten liegen vor. Insbesondere ist der Kläger auch klagebefugt (formell beschwert) iS des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG, weil er möglicherweise in seinem Anspruch auf Erlass von Verwaltungsakten, die Unfallfolgen feststellen sollen, verletzt ist.

14

Die Rechtsordnung sieht die vom Kläger als verletzt geltend gemachten Rechte vor, nämlich Rechtsansprüche gegen den Unfallversicherungsträger auf Feststellungen von Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls (und ggf einer Berufskrankheit; vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 15b, 51. Lfg, V/2011). Grundsätzlich kann ein Versicherter vom Träger den Erlass feststellender Verwaltungsakte über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und ggf der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen beanspruchen. Hierzu ist der Unfallversicherungsträger auch iS von § 31 SGB I hinreichend ermächtigt. Feststellbare Unfallfolgen sind solche Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Teil-) Ursache der Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls war oder die einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind (dazu im Folgenden).

15

Anspruchsgrundlage für einen solchen Feststellungsanspruch eines Versicherten und Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsakts für den Unfallversicherungsträger ist § 102 SGB VII. Nach dieser Vorschrift wird in den Fällen des § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV "die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistung" schriftlich erlassen. Sie stellt nicht nur das Schriftformerfordernis für die in § 36a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB IV genannten Arten von Entscheidungen auf. Sie enthält zudem ausdrücklich die Erklärung, dass der Unfallversicherungsträger über einen Anspruch auf Leistung selbst "entscheiden" darf. Die Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers über das Bestehen/Nichtbestehen oder über Inhalt und Umfang eines Sozialleistungsanspruchs aus dem SGB VII ist aber stets eine hoheitliche (= öffentlich-rechtliche) Maßnahme zur Regelung (dh gemäß § 31 SGB I: auch zur Feststellung eines Rechts) eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (hier: Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung) mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (hier: gegenüber einem Versicherten).

16

Diese Ermächtigungsnorm ist zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Zwar ist § 38 SGB I nicht anwendbar, der speziell materiell-rechtliche Ansprüche auf Sozialleistungen, nicht Ansprüche auf den Erlass von Verwaltungsakten betrifft. § 102 SGB VII begründet aber einen solchen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater; diesen Begünstigten verleiht er zudem die Rechtsmacht, vom Hoheitsträger die Befolgung seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht rechtlich verlangen zu können (zu diesen Voraussetzungen eines subjektiv-öffentlichen Rechts BVerfGE 27, 297, 307 unter Bezugnahme auf Ottmar Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914, 42 ff, 224; BSGE 97, 63, 70 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1; BVerwGE 107, 215, 220 mwN). § 102 SGB VII soll als den Verwaltungsträger verpflichtende Befugnis auch den Interessen der durch einen Unfall gesundheitsbeschädigten Versicherten an einer raschen und rechtsverbindlichen Klärung dienen. Der Versicherte kann auch Klärung verlangen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, welcher Träger dafür verbandszuständig ist (Aufgabenkreis des Trägers) und welche Gesundheitsschäden dem Versicherungsfall zuzurechnen sind.

17

Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die einzelner Anspruchselemente. Nach der Systematik des SGB VII sind in den Vorschriften, welche die Voraussetzungen der verschiedenen sozialen Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung regeln, nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Arten von Leistungsrechten ausgestaltet. Demgegenüber sind die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 bis 13 iVm §§ 2 bis 6 SGB VII), vorab und einheitlich ausgestaltet. Ermächtigung und Anspruch betreffen daher auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen denselben Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind.

18

Hierzu gehört zuerst der Versicherungsfall. Durch ihn wird ein Gesundheitserstschaden (eine Gesundheitsbeeinträchtigung) einer bestimmten versicherten Tätigkeit und dadurch zum einen dem Versicherten zugerechnet, der (nur) unfallversichert ist, wenn und solange er eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zum anderen wird der Gesundheitserstschaden einem bestimmten Unfallversicherungsträger zugerechnet, dessen Verbandszuständigkeit für diesen Versicherungsfall und alle gegenwärtig und zukünftig aus ihm entstehenden Rechte dadurch begründet wird. Es entsteht also mit der Erfüllung des Tatbestandes eines Versicherungsfalls ein als Rechtsverhältnis feststellbares Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Träger als Inbegriff aller aus dem Versicherungsfall entstandenen und möglicherweise noch entstehenden Ansprüche (vgl hierzu auch Spellbrink in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 2, Unfallversicherungsrecht, 1996, § 24, S 441 ff).

19

Zweitens gehören zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen die (sog unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden. Drittens zählen hierzu auch die (sog mittelbaren) Unfallfolgen im weiteren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, aber diesem oder einem (behaupteten) Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind.

20

Der Feststellung, ob und welche Gesundheitsstörungen Folgen eines Versicherungsfalls sind, kommt eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten zu. Denn trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen setzen, wie bereits ausgeführt, alle Leistungsansprüche nach den §§ 26 ff SGB VII als gemeinsame Tatbestandsmerkmale einen Versicherungsfall(iS der §§ 7 bis 13 SGB VII) und durch ihn verursachte Gesundheitsschäden - bis hin zum Tod des Verletzten - voraus und begründen dafür die Verbandszuständigkeit nur eines bestimmten Trägers der Unfallversicherung.

21

Zugleich werden ggf die Grundlagen und Grenzen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104 ff SGB VII festgelegt. Ist der Unfallverletzte (wie im Regelfall) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, bedarf es auch deshalb einer raschen verbindlichen Klärung des Vorliegens eines Versicherungsfalls und seiner Folgen, weil nach § 11 Abs 5 SGB V ein Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der Leistungsbedarf im Wesentlichen durch eine Unfallfolge (oder eine Berufskrankheitsfolge) verursacht wird.

22

Zudem eröffnet § 55 Abs 1 Nr 3 SGG eine Feststellungsklage, wenn die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist. Zwar kann von der prozessrechtlichen Möglichkeit einer solchen Klage auf gerichtliche Feststellung einer Unfallfolge nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass im materiellen Recht eine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Versicherten gegen seinen Unfallversicherungsträger auf behördliche Feststellung einer Unfallfolge existiert. Diese besondere Rechtsschutzform weist aber (wie § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die Feststellung eines Versicherungsfalls) darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber ein schutzwürdiges Interesse der Versicherten an einer solchen Feststellung anerkennt.

23

Der Tatbestand der Ermächtigungs- und Anspruchsgrundlage des § 102 SGB VII, auf die der Kläger sich somit grundsätzlich berufen kann, setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einem (uU nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.

24

In einem solchen in der Rechtsordnung vorgesehenen und ihm möglicherweise zustehenden Recht ist der Kläger durch die seine Feststellungsansprüche ablehnenden Entscheidungen der Beklagten möglicherweise verletzt, weil es nach seinem Vorbringen nicht ohne Sachprüfung ausgeschlossen ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschäden Unfallfolgen sind.

25

Das Revisionsgericht hat somit, wie schon die Vorinstanzen, die Befugnis, über die mit der Revision weiter verfolgten Feststellungsansprüche gegen die Beklagte in der Sache zu entscheiden.

26

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Zustands nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge. Denn dieser Zustand ist weder eine (sog unmittelbare) Unfallfolge im engeren Sinne (sogleich unter a), noch eine (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinne, hier aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII (hierzu unter b).

27

a) Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls iS des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des (hier anerkannten) Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls (der Berufskrankheit) ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden. Die Beklagte hat den Erstschaden hier jedenfalls im Widerspruchsbescheid noch hinreichend als banale Distorsion des rechten Kniegelenks bestimmt.

28

Ob ein Gesundheitsschaden (hier: der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts) dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls (hier: der Kniegelenksdistorsion rechts) als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr 12; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten.

29

Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

30

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des Senats gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl nur BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 15 ff mwN). Darauf ist hier nicht weiter einzugehen, da die Kniegelenksdistorsion rechts schon keine notwendige Bedingung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts war.

31

Es fehlt bereits an einem Kausalzusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen dem bindend anerkannten Erstschaden des Klägers, der Distorsion des Kniegelenks rechts, und dem Innenmeniskusschaden. Der Innenmeniskusschaden selbst war nicht als Gesundheitserstschaden oder als Unfallfolge im engeren Sinne anerkannt worden. Das Unfallereignis vom 10.9.2003, ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus, war keine Ursache für den Meniskusschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war das Unfallereignis vom 10.9.2003 keine notwendige Bedingung für den Lappenriss des Innenmeniskushinterhorns des Klägers. Dem zu Grunde lag der vom LSG hinreichend klar festgestellte medizinische Erfahrungssatz, dass ein Umknicken ohne Rotations-Streckbewegung mit Einklemmmechanismus des Meniskus bei einem intakten Meniskus keinen isolierten Lappenriss des Innenmeniskus verursachen kann. Da nicht gerügt und nicht ersichtlich ist, dass das LSG diesen medizinischen Erfahrungssatz nach Verfahren und Inhalt falsch festgestellt hat, besteht kein Rechtsgrund für das Revisionsgericht, das Bestehen und den Inhalt dieses Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrensrüge selbst von Amts wegen zu prüfen (vgl hierzu auch BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - Juris RdNr 14 f).

32

b) Der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion ist auch nicht aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 als (sog mittelbare) Unfallfolge im weiteren Sinn zuzurechnen.

33

Nach § 11 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die ua durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurde. Durch diese Vorschrift werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht wurden, dem Versicherungsfall "auch" dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls wesentlich verursacht wurden (vgl Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 1, 46. Lfg, III/10; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 3, 33. Lfg, April 2007). Anders als § 555 Abs 1 RVO setzt § 11 Abs 1 SGB VII nicht mehr voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme etc ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden(vgl nur Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII-Kommentar, § 11 RdNr 9; Stand August 2001). § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden. Aber auch diese gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung kraft Wesentlichkeit tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war.

34

Diese Voraussetzungen sind beim Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion nicht erfüllt. Denn er war - wie ausgeführt - nicht notwendig bedingt durch den Gesundheitserstschaden, der durch das Unfallereignis verursacht worden war. Er ist zudem nicht durch eine Heilbehandlung iS von § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII und nicht durch eine zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII verursacht worden. Denn dieser Zustand ergab sich nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG aus der Operation eines nicht unfallbedingten, sondern degenerativen Gesundheitsschadens, der schon vor der Operation bestand.

35

3. Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung des Zustands nach Thrombose der Vena saphena parva rechts mit deren operativer Entfernung und die Perforansvenenklappeninsuffizienz rechts als Unfallfolgen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

36

a) Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten weiteren Erkrankungen keine Unfallfolgen im engeren Sinne, da sie nicht durch den Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls, die Kniegelenksdistorsion rechts, verursacht wurden. Denn diese war nach den Feststellungen des LSG schon keine notwendige Bedingung der degenerativen Innenmeniskushinterhornschädigung, durch deren Behandlung sie denkbarerweise vielleicht verursacht wurden. Unfallfolge im engeren Sinne kann aber nur ein Gesundheitsschaden sein, für den der Gesundheitserstschaden notwendige (und auf der zweiten Stufe dann auch wesentliche) Bedingung war.

37

Der Senat kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob diese Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 SGB VII als (sog mittelbare) Unfallfolgen im weiteren Sinn dem anerkannten Arbeitsunfall vom 10.9.2003 zuzurechnen und festzustellen sind. Wären diese Gesundheitsschäden wesentlich durch die Erfüllung eines der Tatbestände des § 11 SGB VII verursacht und wären diese ihrerseits (nur) notwendig durch das Unfallereignis, das Umknicken am 10.9.2003, bedingt, so würden sie kraft Gesetzes dem anerkannten Versicherungsfall zugerechnet.

38

Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kommen nur die Zurechnungstatbestände (aa) der Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII) oder (bb) die Durchführung einer Heilbehandlung (§ 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in Betracht. Bei beiden Zurechnungstatbeständen kommt es nicht zwingend darauf an, ob ein Versicherungsfall "objektiv" vorlag oder ein Heilbehandlungsanspruch "wirklich" nach materiellem Recht bestand (hierzu unter cc).

39

aa) Die Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII umfasst sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen im engeren Sinn. Dieser Zurechnungstatbestand setzt ausdrücklich nicht voraus, dass überhaupt ein Versicherungsfall objektiv vorliegt. Die Zurechnung erfolgt allein aufgrund der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Träger zur Sachverhaltsaufklärung angeordneten (nicht notwendig ärztlichen) Untersuchung. Die durch die Teilnahme wesentlich verursachten Gesundheitsschäden werden letztlich dem Versicherungsträger zugerechnet, der für die Aufklärung des behaupteten Unfallhergangs und zur Entscheidung über das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls und von Unfallfolgen verbandszuständig ist (vgl hierzu noch im Einzelnen unter 3. b, bb). Es kommt also grundsätzlich nur darauf an, ob eine solche Untersuchung gegenüber dem Versicherten angeordnet wurde und er an ihr teilgenommen sowie wesentlich dadurch Gesundheitsschäden erlitten hat.

40

bb) Die Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegt vor, wenn der Träger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff SGB VII (nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform) bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen (diagnostischen oder therapeutischen) Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers gemäß den Anordnungen der Ärzte und ihres Hilfspersonals teilnimmt. Auch hier beruht die gesetzliche Zurechnung auf der grundsätzlich pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger (oder diesem zurechenbar) bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Insbesondere kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die Bewilligung oder Ansetzung der Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf (ermessensfehlerfreie Entscheidung <§ 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII> über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese) Heilbehandlung bestand.

41

Auch insoweit dient die Vorschrift gerade dazu, im Ergebnis die Gleichbehandlung zwischen den Kranken- und Rentenversicherten, die durch ihre Teilnahme an Behandlungen und medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 15a SGB VII sogar eine unfallversicherte Tätigkeit verrichten, und den Unfallversicherten herzustellen, die auf Veranlassung des Unfallversicherungsträgers an unfallversicherungsrechtlichen Sachverhaltsaufklärungs- oder Heilbehandlungsmaßnahmen teilnehmen. Allerdings bestimmt die Zurechnungsvorschrift nicht, dass die Teilnahme an solchen und anderen in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen gleichfalls eine versicherte Tätigkeit ist oder ihr gleichsteht. Schon deshalb handelt es sich bei den Fällen des § 11 SGB VII nicht um sog kleine Versicherungsfälle, obwohl die Struktur dieser Zurechnung ihnen ähnlich ist, da sie nicht notwendig einen "ersten" Versicherungsfall voraussetzt.

42

cc) Bei den besonderen Zurechnungstatbeständen kommt es also, entgegen dem LSG, nicht notwendig darauf an, dass objektiv, dh aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Erforderlich ist nur, dass der Träger die Maßnahmen gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder der Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst hat. In diesem Sinne muss nur das angenommene, behauptete oder gegebene Unfallereignis (bei einer Berufskrankheit: die Einwirkung) notwendige Bedingung der Durchführung der Untersuchungs- oder der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein.

43

Für die Frage, ob eine derartige Durchführung einer gegenüber dem Versicherten angeordneten Maßnahme vorliegt, an der er grundsätzlich pflichtig teilnehmen muss, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger (durch seine Organe) oder seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt haben, es solle eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers durchgeführt werden, an der er teilnehmen solle. Zwar reicht die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer solchen Maßnahme teil, nicht aus, einen Zurechnungstatbestand zu erfüllen. Das hat im Übrigen der Senat in seiner vom LSG genannten und von der Revision im Wesentlichen angeführten Entscheidung vom 24.6.1981 (2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 60 = SozR 2200 § 555 Nr 5) auch nicht gesagt. Dort ging es ausdrücklich um eine vom Unfallversicherungsträger angeordnete Heilmaßnahme. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein (beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen auch den Rechtsschein) gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden. Das ist der Fall, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter an der Stelle des konkret Betroffenen die Erklärungen und Verhaltensweisen der auf Seiten des Trägers tätig gewordenen Personen als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme verstehen durfte. Es kommt also nicht nur auf die "Innenseite" des Trägers und seiner Hilfskräfte an, sondern maßgeblich auch darauf, was wie gegenüber dem Versicherten verlautbart wurde. Denn dieser ist kein bloßes Objekt hoheitlicher Maßnahmen des Trägers; vielmehr setzt jede "Durchführung" einer Untersuchungs- oder Heilmaßnahme seine mitwirkende Teilnahme voraus.

44

b) Das LSG wird folglich zu ermitteln haben, ob die von Dr. K. am 23.9.2003 veranlasste und am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie und/oder die anschließende Resektion des Innenmeniskushinterhorns rechts Maßnahmen iS des § 11 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 SGB VII waren. Dabei hat es zwischen der Arthroskopie (aa) und der anschließenden Resektion (bb) zu unterscheiden. Lag objektiv bei beiden ärztlichen Maßnahmen keine Durchführung einer Heilbehandlung und keine Durchführung einer zur Aufklärung des Sachverhalts (oder des Vorliegens einer Unfallfolge) angeordneten Untersuchung vor, so ist zu prüfen, ob der Kläger - nach den soeben unter 3. a) cc) aufgezeigten Kriterien - aufgrund des Verhaltens des Durchgangsarztes nach Treu und Glauben berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Behandlung/Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Durchführung einer Heilbehandlung iS des § 11 SGB VII durchgeführt wurde und er zur Mitwirkung daran aufgefordert war (hierzu unter c). Läge einer dieser Zurechnungstatbestände vor, so wäre schließlich ggf noch zu entscheiden, ob die Arthroskopie oder die Resektion die weiteren geltend gemachten Gesundheitsschäden (rechtsseitige Thrombosen etc) rechtlich wesentlich (mit-)verursacht haben (unter d).

45

aa) Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, abschließend zu entscheiden, ob die am 24.9.2003 durchgeführte Arthroskopie (zur Resektion sogleich unter bb) eine zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnete Untersuchung iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII war. Sie sind insoweit nicht eindeutig und in sich widersprüchlich. Zudem unterscheidet das LSG nicht zwischen der Arthroskopie und der anschließend durchgeführten Resektion.

46

Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils des LSG hatte Dr. K. wegen Verdachts auf Innenmeniskusläsion die Indikation zur Arthroskopie gestellt und Aufnahme und "Operation" des Klägers für den folgenden Tag vereinbart. Mit der diagnostischen Arthroskopie könnte der Durchgangsarzt gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII (der sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen umfasst) eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet haben. Denn Untersuchungen zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls sind nicht nur, aber insbesondere ärztliche Untersuchungen darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalls vorliegen oder welche gesundheitlichen Folgen dieser hat (vgl BSGE 52, 16, 17), also insbesondere Untersuchungen zur Feststellung, ob ein Gesundheitserstschaden bzw welche Unfallfolgen vorliegen.

47

Die Anordnung muss nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern kann auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen (offengelassen in BSGE 52, 16, 17; so Keller in Hauck/ Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 15, 46. Lfg, III/10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2011, § 11 Anm 10 iVm 12.1; Rapp in LPK-SGB VII, 3. Aufl 2011, § 11 RdNr 9; Wagner in JurisPK-SGB VII, Stand 01/2009, § 11 RdNr 28).

48

Nach § 27 Abs 1 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(Vertrag gemäß § 34 Abs 3 SGB VII zwischen dem Hauptverband der gewerblichen BGen, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen BGen, dem Bundesverband der Unfallkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen in der ab 1.5.2001 geltenden Fassung, HVBG-Info 2001, 755) beurteilt und entscheidet der Durchgangsarzt, ob eine allgemeine Heilbehandlung nach § 10 dieses Vertrags oder eine besondere Heilbehandlung nach § 11 SGB VII erforderlich ist. Er erstattet dem Unfallversicherungsträger unverzüglich den Durchgangsarztbericht gemäß § 27 Abs 2 des Vertrags.

49

Soweit ein Durchgangsarzt in dieser Funktion zur Feststellung von Art und Ausmaß der Gesundheitsstörungen eines Unfallereignisses eine weitere Untersuchung anordnet, ist dies jedenfalls eine Anordnung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls iS des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII. Soweit er selbst zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt mit dem Unfallversicherungsträger tätig wird, kann es sich um die Durchführung einer Heilbehandlung handeln (dazu unten).

50

Insofern kann der Senat jedenfalls zum Zwecke der Prüfung der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII auch offenlassen, wie die Rechtsbeziehung zwischen dem Durchgangsarzt und dem Unfallversicherungsträger im Einzelnen öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist(vgl nur Pross, Zum Rechtsverhältnis zwischen Durchgangsarzt und Berufsgenossenschaft, 1972; hierzu hat insbesondere die zivilrechtliche Rechtsprechung zum Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm Art 34 GG geklärt, wann der Durchgangsarzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt; vgl BGH, Urteil vom 28.6.1994, VI ZR 153/93 = VersR 1994, 1195; Urteil vom 9.12.2008, VI ZR 277/07 - BGHZ 179, 115 = VersR 2009, 401; BGH, Urteil vom 9.3.2010, VI ZR 131/09 = VersR 2010, 768). Denn das Handeln des Durchgangsarztes im Rahmen der Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 SGB VII muss sich der Unfallversicherungsträger grundsätzlich zurechnen lassen.

51

Die hierzu fehlenden Feststellungen sind nicht deshalb unerheblich, weil das LSG in seinem Urteil auch ausgeführt hat, dass die Arthroskopie "unter der Diagnose" einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion durchgeführt worden sei. Weiterhin ging das LSG davon aus, dass die operativen Eingriffe ausschließlich der operativen Heilbehandlung der degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion nach bereits vorbestehender klinischer Diagnostik gedient hätten. Offen blieb hierbei aber, wer zu welchem Zeitpunkt die Diagnose einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion gestellt hat. Unklar bleibt nach den Feststellungen des LSG auch, ob diese Diagnose bereits vor Beginn der Arthroskopie oder der Resektion erfolgt ist.

52

Ferner ist nicht festgestellt oder ersichtlich, dass eine ggf erfolgte Anordnung einer diagnostischen Arthroskopie dem Kläger gegenüber widerrufen worden wäre. Das LSG wird deshalb Dr. K. zu den Umständen und seinen Anordnungen im Rahmen der am 23.9.2003 erfolgten Untersuchung des Klägers zu befragen haben. Maßgebend für das Vorliegen des besonderen Zurechnungstatbestands des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII sind dabei die Anordnungen und sonstigen dem Versicherten gegenüber vorgenommenen Verhaltensweisen des konkret die Operation ankündigenden und durchführenden Dr. K., der durch sein dem Unfallversicherungsträger zurechenbares Handeln den Tatbestand des § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII eröffnen kann. Entscheidend ist insoweit die dem Versicherten verdeutlichte ärztliche Handlungstendenz des Durchgangsarztes vor Durchführung der Maßnahme. Die Handlungstendenz muss darauf gerichtet gewesen sein, Unfallfolgen zu erkennen bzw zu behandeln (vgl Schwerdtfeger in Lauterbach, UV, § 11 RdNr 12, 33. Lfg, April 2007). Die "objektive", nachträgliche Einschätzung eines diagnostischen und therapeutischen Zusammenhangs der Operation mit einem bereits bestehenden degenerativen Schaden durch einen unbeteiligten Arzt (wie sie das LSG durch Dr. A. eingeholt hat), ist in diesem rechtlichen Zusammenhang unbeachtlich.

53

Maßgeblich ist mithin auch, ob und ggf welche Erklärungen Dr. K. über seine Handlungstendenz gegenüber dem Kläger abgegeben hat. Dies wird das LSG noch im Einzelnen durch Befragung des Dr. K. und des Klägers zu ermitteln haben. Hierbei wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG erklärt hat, dass die Arthroskopie vom Durchgangsarzt als BG-Heilbehandlung angeordnet worden ist.

54

bb) Der Senat kann ebenso nicht abschließend darüber entscheiden, ob es sich bei der im Zusammenhang mit der Arthroskopie durchgeführten Hinterhornresektion um eine Heilbehandlung iS des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII gehandelt hat. Auch hierzu wird das LSG Dr. K. zu befragen haben. Als Durchgangsarzt könnte Dr. K. als Leistungserbringer für den Unfallversicherungsträger gemäß § 26 Abs 5 Satz 1 SGB VII im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung bestimmt und mit der Festlegung der Behandlung den Naturalleistungsanspruch des Klägers konkretisiert haben.

55

Der Durchgangsarzt ist nach § 27 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger(aaO) ermächtigt, mit Wirkung für den Unfallversicherungsträger über die erforderliche Behandlungsmaßnahme zu entscheiden (vgl Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 34 RdNr 7; vgl Benz in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 26 RdNr 50; vgl auch Stähler in JurisPK-SGB VII, § 28 RdNr 14 ff). Dies gilt insbesondere auch für die Einleitung eines sog besonderen Heilverfahrens gemäß §§ 34 Abs 1 Satz 3, 28 Abs 4 SGB VII für Versicherungsfälle, für die wegen ihrer Art oder Schwere besondere unfallmedizinische Behandlung angezeigt ist. Insofern ist hier auch aufzuklären, ob Dr. K. die Resektion dem Kläger (und ggf auch der Beklagten) gegenüber als von der Arthroskopie im Wesentlichen untrennbare Maßnahme der (allgemeinen oder besonderen) berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung dargestellt bzw "bewilligt" hat, ohne den Kläger insofern auf die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu verweisen. Dabei ist auch zu prüfen, ob Dr. K. gegenüber dem Kläger bereits vor der Operation klargestellt hat, dass diese ausschließlich nicht unfallbedingt durchgeführt werde, da die Diagnose eines unfallunabhängigen degenerativen Meniskusschadens gestellt worden sei.

56

Denkbar ist nach den Mitteilungen des LSG schließlich auch, dass Dr. K. dem Kläger gegenüber (vor oder während der Operation) eine unfallbedingte Arthroskopie klar von der anschließenden nicht unfallbedingten Resektion getrennt hat. Eine derartige Trennung könnte ggf die diagnostische Heilbehandlung auf die Arthroskopie beschränkt haben, sodass die Resektion keine Heilmaßnahme gewesen wäre und ggf ausschließlich aus der Resektion folgende Gesundheitsschäden (zu der ggf notwendigen Differenzierung der durch die Arthroskopie und die Resektion wesentlich verursachten Gesundheitsschäden siehe unter d) nicht zugerechnet würden. Wird vom Durchgangsarzt für den Versicherten klar und eindeutig abgrenzbar ein zusätzlicher Eingriff zur Behebung eines - von vornherein als solches bezeichneten - unfallunabhängigen Leidens vorgenommen, so können die aus diesem Eingriff resultierenden Folgen nicht mehr dem ersten Unfallereignis zugeordnet werden (vgl BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 41/90 und BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 34/92).

57

c) Das LSG wird auch deshalb eine genaue Ermittlung der Umstände und Anordnungen anlässlich der Untersuchung des Klägers am 23.9.2003 vorzunehmen haben, weil der Kläger - wie bereits ausgeführt - seine Revision im Wesentlichen unter (unzutreffender) Berufung auf ein Urteil des Senats zu § 555 RVO(BSGE 52, 57 = SozR 2200 § 555 Nr 5) darauf stützt, er sei jedenfalls subjektiv der Überzeugung gewesen, die Operation finde im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung statt.

58

§ 11 SGB VII setzt zwar - wie aufgezeigt - nicht notwendig voraus, dass ein Versicherungsfall oder auch nur ein Unfallereignis oder ein unfallbedingter Gesundheitsschaden objektiv vorliegen. Andererseits kann aber die bloß subjektive, irrige Vorstellung, eine Untersuchung oder Behandlung werde im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung angeordnet oder durchgeführt, den spezifischen Zurechnungszusammenhang der Tatbestände des § 11 SGB VII nicht auslösen.

59

Ein Zurechnungstatbestand nach § 11 Abs 1 oder Abs 2 SGB VII kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Leistungsträger oder der insofern ihm rechtlich zuzuordnende Durchgangsarzt (hierzu bereits soeben unter 3. b) bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder auch den Rechtsschein gesetzt hat, dass die Behandlung oder Untersuchung zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder zur Untersuchung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls (einschließlich einer Unfallfolge) angeordnet werde. Das ist stets der Fall, wenn ein vernünftiger, "billig und gerecht" denkender Versicherter aufgrund des Verhaltens des Unfallversicherungsträgers (bzw seiner Organe) und der Durchgangsärzte davon ausgehen durfte, er sei aufgefordert oder ihn treffe die Obliegenheit gemäß §§ 62, 63 SGB I, an der Maßnahme mitzuwirken (zum Prüfmaßstab bereits oben 3. a, cc).

60

d) Die Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände des § 11 Abs 1 Nr 1 und/oder Nr 3 SGB VII können also gegeben sein, wenn das LSG zu der Feststellung gelangt, dass die Arthroskopie als Untersuchungsmaßnahme gemäß § 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII bzw die Resektion als Heilbehandlung gemäß § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII vom Durchgangsarzt der Beklagten zurechenbar angeordnet worden ist. Schließlich können diese Zurechnungstatbestände auch dann vorliegen, wenn die Beklagte (oder der für sie handelnde Durchgangsarzt) dem Kläger als rechtstreuen Versicherten gegenüber den objektivierbaren Anschein oder Rechtsschein gesetzt hat, dass die Untersuchung bzw Operation im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit durchgeführt werde.

61

Gelangt das LSG in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Überzeugung, dass einer dieser Tatbestände des § 11 SGB VII vorliegt, so wird es abschließend festzustellen haben, ob die Durchführung der Heilmaßnahme/Untersuchung die wesentliche Ursache der als Unfallfolgen im weiteren Sinne geltend gemachten Gesundheitsschäden ist. Bislang hat es das LSG - von seiner Rechtsansicht her folgerichtig - unterlassen, festzustellen, ob die geltend gemachten Gesundheitsschäden rechtlich wesentlich (überhaupt und ggf auf welche dieser beiden Maßnahmen) auf die Arthroskopie oder die Resektion zurückzuführen sind. Dabei wird zum einen - je nachdem, welcher Zurechnungstatbestand ggf vorliegt - zu ermitteln sein, ob die Gesundheitsschäden, insbesondere die Thrombose der Vena saphena parva rechts, durch die Arthroskopie oder die Innenmeniskushinterhornresektion (oder durch beide) notwendig verursacht wurden. In diesem Zusammenhang sind ggf auch (im Blick zB auf die Stammvarikosis etc) Feststellungen erforderlich, ob und welche weiteren Gesundheitsstörungen beim Kläger vorliegen, die uU ebenfalls notwendige Ursachen waren. Ggf ist die rechtliche Wesentlichkeit der notwendigen Ursachen zu beurteilen (siehe oben).

62

Das LSG wird in der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der 1976 geborene Kläger war als Steinmetzgehilfe bei der Firma (Fa) B. GmbH in O. beschäftigt. Am 7. April 2005 trat er gegen 12:05 Uhr die 30-minütige betriebliche Mittagspause an und fuhr mit seinem Motorrad vom Betriebsgelände, auf dem er auch wohnte, auf die die Bundesstraße (B) 256, um sich nach Oberlahr zu seiner damaligen Freundin zu begeben. Auf dem Weg dorthin kollidierte er mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug (Kfz) und zog sich Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein zu. Für die einfache Strecke benötigte der Kläger mit dem Motorrad üblicherweise etwa neun Minuten. Nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, er habe trotz der knappen Zeit dorthin fahren wollen, um bei seiner Freundin das Mittagessen einzunehmen, und ihm sei jede Minute mit ihr lieber gewesen als mit seinen Arbeitskollegen, stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 7. April 2005 sei kein Arbeitsunfall und Entschädigungsleistungen seien nicht zu gewähren. Es habe sich nicht um einen versicherungsrechtlich geschützten Weg zur Nahrungsaufnahme gehandelt. Im Vordergrund habe die Motivation gestanden, die Mittagspause in der Gesellschaft der Freundin zu verbringen (Bescheid vom 12. September 2005; Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006).

3

Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen (Urteil vom 4. Dezember 2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe sich auf einem nach § 8 Abs 2 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherten Weg befunden(Urteil vom 10. August 2009). Die Essenseinnahme sei wesentlich mitursächlich für den unternommenen Weg gewesen.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte, ein iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII während der Arbeitszeit unternommener Weg sei nach der Entscheidung des BSG vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28) nur dann versichert, wenn die Zeit für die Erholung einschließlich Essenseinnahme den überwiegenden Teil der zur Verfügung stehenden Pause in Anspruch nehme. Die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit diene der Erholung und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Nur wenn diese zwei betriebsbezogenen Merkmale zusammentreffen würden, bestünde ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg und der betrieblichen Tätigkeit. Dem Zweck einer Pause zur Regeneration der Kräfte würde es widersprechen, wenn die zurückgelegten Wege den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen würden, so dass zur Erholung einschließlich der Essenseinnahme nur noch der geringere Teil der Pause zur Verfügung stünde. So habe auch das BSG im Urteil vom 11. Mai 1995 (2 RU 30/94 - NJW 1995, 2942 f) ausgeführt, dass es für ein eigenwirtschaftliches Handlungsziel spreche, wenn die zurückgelegte Wegstrecke gemessen am Handlungsziel unverhältnismäßig weit oder anstrengend sei. Dann könne die Handlungstendenz der Nahrungsaufnahme eher als unwesentlich in den Hintergrund treten.

5

Die Beklagte beantragt,

        

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. August 2009 und des Sozialgerichts Koblenz vom 4. Dezember 2008 die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet, soweit das LSG die Berufung der Beklagten hinsichtlich deren Verurteilung durch das SG, die Beklagte zu verpflichten, den Arbeitsunfall vom 7. April 2005 als Versicherungsfall anzuerkennen, sowie zu entschädigen, zurückgewiesen hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Denn entsprechend dem Begehren des Klägers ist das Ereignis vom 7. April 2005 als Arbeitsunfall festzustellen.

8

1. Soweit das SG, auf den Antrag des Klägers hin, die Beklagte verurteilt hat, seinen Unfall vom 7. April 2005 zu entschädigen, handelt es sich um ein unzulässig unbestimmtes unechtes Grundurteil ohne einen bezüglich der "Entschädigung" vollstreckungsfähigen Inhalt (BSG vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 8 mwN). In diesem Umfang ist die Revision begründet.

9

Ebenfalls aufzuheben ist der durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten bestätigte Verpflichtungsausspruch des SG ihr gegenüber, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn der Kläger hat vor dem BSG klarstellend erklärt, dass er nur die Feststellung des Versicherungsfalls begehre. Die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des BSG in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4, SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte nämlich allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen. Damit wird in diesen Fällen sein Begehren jedenfalls genauso wirksam durchgesetzt wie mit einer (die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts umfassenden) Verpflichtungsklage, so dass die Klageart in solchen Fällen von dem Begehren des Klägers abhängt, ob er eine behördliche oder unmittelbar eine gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls erstrebt.

10

2. Im Übrigen ist die Revision nicht begründet. Denn das Ereignis vom 7. April 2005 ist ein Arbeitsunfall.

11

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 30 mwN). Diese Voraussetzungen sind nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt.

12

Der Kläger war zur Zeit des Unfallereignisses als Steinmetzgehilfe Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Er hat am 7. April 2005 bei dem Zusammenstoß als Motorradfahrer mit einem Kfz, der zu Verletzungen an seiner linken Hand und am linken Bein führte, auch einen Unfall erlitten.

13

Die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls - die Fahrt zur Freundin zum Mittagessen - stand auch im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit. Zwar war die Fahrt keine Verrichtung im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses und damit keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 SGB VII. In eng begrenzten Ausnahmefällen wurde dies zwar angenommen, sofern betriebliche Interessen bzw Umstände die Essenseinnahme wesentlich beeinflussten (vgl BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 11 S 48 f mwN). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil deren besondere Voraussetzungen nicht festgestellt sind, der Kläger die Fahrt vielmehr in der für die Essenseinnahme vorgesehenen betrieblichen Mittagspause unternahm.

14

Die Fahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war jedoch eine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Danach sind versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Wie schon in der Vorgängervorschrift des § 550 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII als End- bzw Ausgangspunkt des Weges nur der Ort der Tätigkeit festgelegt. Wo der Weg nach dem Ort der Tätigkeit beginnt und wo der Weg von dem Ort der Tätigkeit endet, ist nicht umschrieben. Auch regelt die Norm nicht, ob der Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit - etwa in Bezug auf § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII hinsichtlich einer zusammenhängenden Arbeitszeit (Arbeitsschicht) - jeweils nur einmal oder mehrmals täglich zurückgelegt werden kann(vgl dazu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 23). Begründet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21).

15

Das Zurücklegen eines Weges durch einen in Vollzeit Beschäftigten in der betrieblichen Mittagspause mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel für die Mittagsmahlzeit zu besorgen oder, wie vorliegend, dort das Mittagessen einzunehmen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, ist bereits nach Einführung des (damaligen) § 545a RVO durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14. Juli 1925 (RGBl I 97) in einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 18. Oktober 1927 (EuM 21, 281 f) als eine solche regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlung angesehen worden, die geeignet ist, die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Diese Auffassung ist in ständiger Rechtsprechung beibehalten worden (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN). Daran hält der Senat fest.

16

Aus dem Umstand, dass der Kläger auf dem Betriebsgelände wohnte, folgt nichts Anderes. Der zum Ort der Essenseinnahme zurückzulegende Weg ist nicht mit demjenigen von der Wohnung zur versicherten Tätigkeit zu vergleichen, weil § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII den Weg zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit nicht privilegiert(vgl BSG SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68). Davon abgesehen hat das BSG diesem Merkmal in der genannten Entscheidung ohnehin für die Konstellation eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, dass der Versicherte ein danach unverhältnismäßig weit entfernt liegendes Ziel mit einem Kfz zu erreichen versucht und deswegen hierfür nur eine relativ kurze Zeit aufbringen muss. Dies gilt auch vorliegend, da der Kläger die Wohnung seiner damaligen Freundin mit dem Motorrad in etwa neun Minuten erreichen konnte.

17

Dass mit der Essenseinnahme am 7. April 2005 auch ein Besuch der Freundin und damit das Verbringen der Zeit mit ihr verbunden sein sollte, führt vorliegend nicht dazu, dass die Wesentlichkeit der durch die Beschäftigung bedingten Motivation "Mittagessen" zu verneinen ist (vgl BSG, Urteil vom 12. Mai 2009 - B 2 U 12/09 R -SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16). Dazu hat das LSG festgestellt, dass der Kläger nur zu seiner Freundin gefahren sei, wenn diese vorgekocht habe, und dass der wesentliche Grund für den Weg das Einnehmen des Mittagessens gewesen sei.

18

Dem sachlichen Zusammenhang steht auch nicht die Zeitdauer des Weges von zweimal neun Minuten im Verhältnis zur verbleibenden Essenszeit von zwölf Minuten entgegen. Bei seiner Erwägung, für Wege, die den überwiegenden Teil der Pause in Anspruch nehmen, den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht mehr als wesentlich zu erachten, stellte der 8. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 26. April 1977 (8 RU 76/76 - SozR 2200 § 550 Nr 28 S 68) auf den Zweck der Pause ab. Der Begriff der Ruhepause findet sich mittlerweile im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl I 1170), das aber in § 4 Satz 1 ArbZG den Begriff voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei darüber entscheiden kann, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAGE 103, 197, 201 mwN). Der Bundesgesetzgeber hat sich demzufolge dafür entschieden, die mit dem ArbZG verbundenen Zwecke allein dadurch zu erreichen, dass die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebende Hauptpflicht des Arbeitnehmers für die Zeit der Ruhepause suspendiert wird; dem Arbeitnehmer werden hingegen keine Vorgaben gemacht, durch bestimmte Verhaltensweisen hierbei mitzuwirken.

19

Bei einer Fahrzeit von 18 Minuten und einer für die Essenseinnahme zur Verfügung stehenden Zeit von zwölf Minuten führt jedenfalls ein Verhältnis von drei Fünftel (Fahrzeit) zu zwei Fünftel (Essenseinnahme) nicht zwingend dazu, dass die durch die Beschäftigung bedingte und den sachlichen Zusammenhang begründende Handlungstendenz in den Hintergrund tritt.

20

Die Kostenentscheidung beurteilt sich nach den §§ 183, 193 SGG.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der Kläger ließ sich für seinen Bruder am 17.10.2002 operativ die linke Niere entnehmen. Während der Operation wurde zur Nierenentfernung ua ein Flankenschnitt gesetzt, der zu einer partiellen Bauchwandparese links führte. Im Übrigen zeigten sich die stationäre Behandlung vom 16. bis zum 29.10.2002, die primäre Wundheilung und der weitere postoperative Verlauf unauffällig.

3

Die Beklagte lehnte es ab, das "Ereignis vom 17.10.2002" als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 21.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.9.2005). Das SG Halle hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.11.2007). Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2011). Der zu Organentnahme notwendige operative Eingriff erfülle schon den Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII und scheide damit als Unfallereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII aus. Ein Arbeitsunfall komme nur bei einem weiteren von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Betracht. Eine über die versicherte Tätigkeit der Organspende hinausgehende äußere Ursache für die partielle Bauchwandparese links liege aber nicht vor. Zudem habe sich der Kläger dem Eingriff freiwillig unterzogen. Die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung sei aber dem Unfallbegriff immanent.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII. Nach der Systematik des SGB VII stelle die Organspende als die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit zwar keinen Unfall dar. Damit wären aber zahlreiche mittel- und langfristig eintretenden Komplikationen nicht geschützt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die gesetzliche Krankenversicherung allein für die Organentnahme an sich und die mit ihr zwangsläufig einhergehenden Folgen eintrittspflichtig. In allen anderen Fällen einer im Zusammenhang mit der Organspende stehenden Gesundheitsbeeinträchtigung greife hingegen die gesetzliche Unfallversicherung ein. Als Unfall sei jede Komplikation anzusehen, mit der sich - wie bei der partiellen Bauchwandparese links - nicht lediglich das durch die Organentnahme erhöhte allgemeine Krankheitsrisiko verwirkliche.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 9. November 2007 abzuändern sowie die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls im Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass infolge der Organspende vom 17. Oktober 2002 am 27. Mai 2004 ein Arbeitsunfall eingetreten ist.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall" könne ohne Gesetzesänderung nicht verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

9

Die Ablehnung der Beklagten, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung dieses Versicherungsfalls aus § 102 SGB VII iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat infolge der Organspende vom 17.10.2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Allerdings lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob sich der Arbeitsunfall bereits vor dem 5.11.2009 ereignet hat.

10

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls (genauer: davor) durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität im engeren Sinn; vgl BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen).

11

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat dadurch, dass er seinem Bruder eine Niere spendete, als (Lebend-)Organspender iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII eine versicherte Tätigkeit verrichtet(dazu 1.). Diese Verrichtung hat den zur Organentnahme durchgeführten Flankenschnitt als das Unfallereignis (dazu 2.) und dieses hat die partielle Bauchwandparese links als Gesundheitserstschaden (dazu 3.) rechtlich wesentlich verursacht (dazu 4.). Die Freiwilligkeit der Organspende und die Vorhersehbarkeit der mit der Operation notwendig verbundenen Körperschäden schließen den Arbeitsunfall nicht aus (dazu 5.). Anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann jedoch nicht entschieden werden, wann infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist (dazu 6.).

12

1. Nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden.

13

Der Kläger hat diesen Tatbestand erfüllt, die dafür notwendigen Handlungen vorgenommen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (zumindest auch) auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet (sog objektivierte Handlungstendenz) ist (BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen). Der Kläger hat sich freiwillig der Operation unterzogen, um iS der §§ 8 bis 10 TPG (hier in der vor dem 1.8.2007 geltenden Fassung) für seinen Bruder, einen Verwandten zweiten Grades, die linke Niere, ein körpereigenes Organ, in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum entfernen zu lassen. Durch das Entgegennehmen der insoweit erforderlichen ärztlichen Behandlung war das Verhalten des Klägers darauf gerichtet, das Ziel der ärztlichen Maßnahme, die Übertragung seiner Niere auf seinen Bruder zu erreichen.

14

Entgegen dem LSG ist die Verrichtung einer Organspende nicht in der operativen Nierenentnahme durch Ärzte und andere Kräfte des Krankenhauses zu erblicken. Denn der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit kann nur durch Verrichtungen/Handlungen des Verletzten selbst erfüllt werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche Handlung. Eine Zurechnung des Handelns anderer Personen ist hierbei ausgeschlossen.

15

2. Infolge dieser Verrichtung einer Organspende ist es zu einem Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und damit zu einem Arbeitsunfall gekommen. Nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Das im Wesentlichen durch das Handeln des Klägers verursachte (Unfall-)Ereignis bestand hinsichtlich des hier umstrittenen Gesundheitserstschadens der Bauchwandparese links entgegen dem LSG in dem zur operativen Nierenentnahme durchgeführten chirurgischen Flankenschnitt des Transplantationschirurgen. Er war ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis, das unmittelbar den physiologischen Zustand des Körpers verändert und die körperliche Integrität des Klägers verletzt hat. Auch dann, wenn die Einwirkung auf den Körper nicht nur zu einer Veränderung seines physiologischen Zustandes, sondern auch zu einer Verletzung der körperlichen (seelischen oder geistigen) Integrität führt, ist zwischen der Einwirkung auf den Körper als mögliche Ursache und dem Gesundheitserstschaden (oder dem Tod) als mögliche Wirkung der Einwirkung auf den Körper zu unterscheiden (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 42 vorgesehen).

16

Das einwirkende Ereignis erfasst (auch) Geschehnisse, die aufgrund der jeweiligen versicherten Tätigkeit "üblich" sind. Es bedarf keines außergewöhnlichen Vorgangs. Vielmehr genügt jedes Ereignis, bei dem ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu absichtlichen Selbstschädigungen. Die Einwirkung des Transplantationschirurgen auf den Körper des rechtmäßigen Organspenders, die dessen Körper notwendig verletzt, ist nach dem Tatbestand der versicherten Tätigkeit des Spendens von Organen die Einwirkung, die rechtlich wesentlich Gesundheitserstschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII verursachen kann, aber nicht muss(dazu 3.).

17

Keiner Darlegung bedarf, dass die unfallversicherte Verrichtung des Klägers den Flankenschnitt des Transplantationschirurgen rechtlich wesentlich verursacht hat.

18

3. Der Gesundheitserstschaden besteht in der Bauchwandparese links, die durch den Flankenschnitt (rechtlich wesentlich) verursacht wurde.

19

Gesundheitserstschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE 108, 274 und SozR 4-2700 § 11 Nr 1 vorgesehen).

20

Die Bauchwandparese des Klägers ist keine Unfallfolge, sondern der Gesundheitserstschaden. Zwar hat bereits der Flankenschnitt, also die Einwirkung auf den Körper, unmittelbar zu einer Verletzung des Körpers geführt. Schon durch ihn ist in die körperliche Integrität eingegriffen worden. Dies wird grundsätzlich rechtlich missbilligt. Nach dem sog natürlichen Schadensbegriff liegt daher ein Gesundheitsschaden vor. Es handelt sich aber nicht um einen Gesundheitsschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Denn der natürliche Schadensbegriff bedarf hier einer wertenden Korrektur, die sich aus dem Zweck der den Versicherungsschutz begründenden Vorschrift ergibt (vgl stellv zu solchen Korrekturen BGH vom 8.4.2008 - VI ZR 49/07 - BGHZ 176, 109, 114).

21

Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation (einschließlich Vor- und Nachbehandlung für die Durchführung der Organentnahme) notwendig verursacht werden, sind nach dem Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehören notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt wird und gefördert werden soll. Deshalb setzt der Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus. Sieht aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, ist der Gesundheitserstschaden im Falle einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen.

22

Die Organtransplantation ist grundsätzlich Teil der dem Organempfänger von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewährenden Krankenbehandlung; die ambulante und stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Organempfänger zu erbringenden Behandlungsmaßnahme dar (BSG vom 16.7.1996 - 1 RK 15/95 - BSGE 79, 53 = SozR 3-2500 § 27 Nr 7).

23

In Abgrenzung zur gesetzlichen Krankenversicherung greift die gesetzliche Unfallversicherung erst dann ein, wenn im Zusammenhang mit der Organentnahme beim Organspender gesundheitliche Schäden auftreten, die über die durch die Organentnahme notgedrungen entstehenden Beeinträchtigungen hinausgehen und in ursächlichem Zusammenhang mit der Organentnahme stehen, oder wenn der Organspender an der Organentnahme verstirbt (vgl BT-Drucks 15/5050 S 62 zu Abschn 7.2.2.1). § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII soll (freiwillige) Lebendorganspender gegen alle Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich des Todes schützen, die durch die Organentnahme verursacht sind und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zwingend mit dem operativen Eingriff und einer erforderlichen Vor- und Nachbehandlung einhergehen.

24

Versicherte Gesundheitserstschäden sind daher nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zu Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden. Das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung ist hingegen, wie gesagt, das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Eine damit zwingend verbundene Integritätseinbuße (hier der Flankenschnitt) scheidet demnach als Gesundheitserstschaden aus.

25

Als ein durch die Organentnahme hervorgerufener Gesundheitserstschaden kommt vielmehr nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Betracht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird. Dass eine Bauchwandparese zwingend mit einer Nierenentfernung verbunden ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Es hat jedoch für das BSG bindend festgestellt, dass beim Kläger infolge des Flankenschnitts eine Bauchwandparese links aufgetreten ist.

26

4. Nach dem genannten Schutzzweck des in § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII geregelten Versicherungstatbestandes war der Flankenschnitt auch die rechtlich wesentliche Ursache für die Bauchwandparese. Denn der Unfallversicherungsschutz soll gerade eingreifen, wenn eine rechtmäßige Organspende zu weiteren (üblichen oder unüblichen) Gesundheitsschäden führt, die über die mit der Organentnahme (einschließlich Vor- und Nachbehandlung) notwendig verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen hinausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Unfallereignis oder der Gesundheitserstschaden durch andere Umstände allein rechtlich wesentlich verursacht worden sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten offenkundig nicht gegeben.

27

5. Dem Anspruch auf Feststellung des Arbeitsunfalls steht auch nicht entgegen, dass der Kläger "freiwillig" in die Entnahme seiner Niere eingewilligt hat (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b TPG), er sich damit freiwillig dem operativen Eingriff unterzogen und die Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität durch die Transplantation vorhergesehen hat.

28

Die Freiwilligkeit der rechtmäßigen (Lebend-)Organspende und die Vorhersehbarkeit der damit notwendig verbundenen Körperverletzungen sind schon Tatbestandsvoraussetzungen der versicherten Tätigkeit ("Organe…spenden") und können schon deshalb den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht ausschließen. Zudem sind die wie auch immer zu verstehende "Freiwilligkeit" der das einwirkende Ereignis verursachenden Verrichtung oder die "Unvorhersehbarkeit" des Gesundheitsschadens keine Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Unfallbegriffs des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Maßgeblich für die Erheblichkeit oder Unbeachtlichkeit dieser Aspekte ist grundsätzlich der Schutzzweck des jeweiligen Versicherungstatbestandes.

29

Das BSG hat unter Hinweis auf eine Entscheidung zu § 1252 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) über die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gesagt, dass die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung dem Unfallbegriff immanent sei, weil ihm ein geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung widerspreche(vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - Juris RdNr 17 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen zum Unfallbegriff tragend für die damalige Entscheidung waren. Jedenfalls hat es ausdrücklich nur ein "geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung" als mit dem Arbeitsunfall unvereinbar bezeichnet. Dem ist mit der Klarstellung beizupflichten, dass ein Versicherungsfall "wegen Freiwilligkeit oder Vorhersehbarkeit" nur dann nicht vorliegen kann, wenn es dem Verletzten gerade darauf ankam (Absicht als dolus directus ersten Grades), durch sein Handeln eine Einwirkung auf seinen Körper und dadurch seinen eigenen Gesundheitsschaden zu verursachen. Dabei kann offen bleiben, ob je nach Versicherungstatbestand schon eine "Verrichtung" der versicherten Tätigkeit mangels einer (auch) auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit gerichteten objektivierten Handlungstendenz abzulehnen ist oder die rechtliche Wesentlichkeit der Verrichtung für die Verursachung des Schadens fehlt.

30

Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu geplanten willentlichen, also absichtlichen, Selbstschädigungen (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 7). Auch bei der Entscheidung zu § 1252 Abs 2 RVO war ein Fall der versuchten Selbsttötung zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob die Erkrankung "infolge" eines Unfalls eingetreten war. Die früheren Ausführungen zum Unfallbegriff stehen daher im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, die absichtlich ausgeübt wird, um ein Unfallereignis herbeizuführen, gerade in rechtlicher Wertung wesentliche Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung für den dadurch verursachten Gesundheitserstschaden oder Tod sein kann.

31

Unabhängig davon sind, wie gesagt, die Unfreiwilligkeit und Unvorhersehbarkeit keine ausdrücklich genannten oder ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des gesetzlich definierten Unfallbegriffs. § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII beschreibt den Unfall nicht als "unfreiwilliges", "unvorhergesehenes" oder "unvorhersehbares", sondern nur als ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für eine Einengung des Anwendungsbereichs dieser für Unfälle infolge sämtlicher versicherten Tätigkeiten geltenden Vorschrift fehlt es an einem dies rechtfertigenden Zweck. Verschiedene in § 2 SGB VII aufgeführte Tatbestände einer versicherten Tätigkeit gehen gerade mit der freiwilligen Inkaufnahme eines vorhersehbaren und vorhergesehenen Gesundheitsschadens oder sogar des Todes einher. Nicht nur Helfer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not oder Retter aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit anderer (§ 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII; vgl zum Unglückshelfer BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen), auch Beschäftigte, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gefährlichen Einwirkungen aussetzen, handeln freiwillig und im Bewusstsein einer vorhersehbaren und ggf vorhergesehenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität.

32

Gerade auch bei der Organspende iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII würde durch eine Beschränkung des Unfallbegriffs auf lediglich unfreiwillig erlittene Einwirkungen der Regelungszweck dieses Versicherungstatbestandes vereitelt. Diese Vorschrift schützt gerade diejenigen Personen, die sich freiwillig einer operativen Organentnahme unterziehen. Ihr Schutzzweck, das von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckte gesundheitliche Risiko des Organspenders im Zusammenhang mit der Organspende abzusichern (hierzu unter 3.), bliebe weitgehend unerfüllt, wenn lediglich eine zusätzlich zum operativen Eingriff zur Organentnahme (mit Vor- und nachfolgender Heilbehandlung) hinzutretende weitere Einwirkung geeignet wäre, ein Unfallereignis zu begründen. Anhaltspunkte für eine andere Intention des Gesetzes ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII noch aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und ihrer Vorläuferregelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Die Freiwilligkeit der Organspende und des insoweit notwendigen operativen Eingriffs ist bereits Bestandteil dieser versicherten Tätigkeit und kann schon deshalb nicht den Versicherungsfall ausschließen.

33

Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine partielle Bauchwandparese nicht absichtlich herbeiführen wollte, liegt ein Arbeitsunfall vor.

34

6. Zu welchem Zeitpunkt infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von Dr. J am 5.11.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung davon ausgegangen, dass der Flankenschnitt zu einer Vorwölbung der Bauchwand im kranialen Bereich iS einer partiellen Parese geführt hat. Damit ist lediglich festgestellt, dass jedenfalls am 5.11.2009 der Gesundheitserstschaden entstanden war. Ein davor liegender Zeitpunkt der Entstehung der Bauchwandparese wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Diesen wird das LSG daher noch zu klären haben.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge

1.
der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung,
2.
der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels,
3.
der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung
einschließlich der dazu notwendigen Wege.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen der Heilbehandlung, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder von Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung aufsuchen. Der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Kosten des auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholten Gutachtens von Dr. C. vom 23.01.2012 sowie die dadurch entstandenen baren Auslagen der Klägerin werden auf die Staatskasse übernommen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat und ob eine posttraumatische Belastungsstörung Folge des Arbeitsunfalls ist.
Die 1954 geborene Klägerin ist bei der D. R. Baden-Württemberg beschäftigt. Ende 2001/Anfang 2002 wurde die Klägerin von einem Versicherten, der im Flur laut herum schrie, in ihr Büro gedrängt, an beiden Unterarmen festgehalten und zunächst in die Zimmerecke hinter die Türe gedrückt und schließlich unter lautem Geschrei kraftvoll auf den Bürostuhl in der diagonal gegenüber liegende Ecke geschleudert. Zwei zur Hilfe gekommene Kollegen konnten den Versicherten nicht beruhigen. Er warf einen auf dem Schreibtisch liegenden Packen Papier in die Luft und schrie weiter. Er packte die Klägerin am Arm und schwang sie vom Bürostuhl in die Mitte des Zimmers, worauf sie aus dem Zimmer flüchten konnte.
Unter dem 28.01.2010 erstattete die D. R. wegen dieses Vorfalls Unfallanzeige bei der Beklagten. Beigefügt war eine Vorgangsschilderung der Klägerin. In dieser führte die Klägerin aus, sie hätte Todesangst ausgestanden, weil sie befürchtet habe, der Mann könne eine Waffe ziehen. Sie sei danach total aufgelöst gewesen. Man habe sie gefragt, ob sie Anzeige erstatten wolle. Die verständigte Polizei habe ihr aber gesagt, wenn sie nicht direkt bedroht worden sei, würde das Verfahren sowieso eingestellt werden, weshalb sie auf eine Anzeige verzichtet habe. Der Versicherte habe kein Hausverbot erhalten, sondern sie sei ihm danach noch zweimal im Haus begegnet. Im Jahr 2006 sei ihre Behörde umgezogen. Es sei eine Einweisung am Empfang in die Sicherheitsmaßnahmen mit Notfall-Knöpfen, Alarm etc. erfolgt, weshalb sie retraumatisiert worden sei. Weitere Retraumatisierungen seien erfolgt, jedoch immer nur im Dienstgebäude, außerhalb passiere ihr das nie. Anfang 2008 habe sie die Psychotherapeutin N. aufgesucht. Bis Herbst 2008 sei sie stabil gewesen, danach seien erneut Traumatisierungen erfolgt und seit Januar 2009 sei sie wöchentlich bei der Psychologin R.-R. in Behandlung.
Vorgelegt wurde die Bescheinigung der Psychologin R.-R. vom 23.12.2009, wonach die Klägerin an Ängsten am Arbeitsplatz, intrusiven Erinnerungen und Konzentrationsschwierigkeiten leide. Diese Symptome stünden im Zusammenhang mit Zuständen nach Retraumatisierungen. Es liege keine psychische Krankheit vor, die Symptomatik sei nach neuropsychologischen Zusammenhängen der Psychotraumatologie zu erklären.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von PD Dr. Ro. vom 26.04.2010 ein, der einen psychischen Erstschaden als nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht beurteilte. Die Klägerin habe seinerzeit keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen. Ein Zusammenhang der später aufgetretenen Beeinträchtigung lasse sich nicht herleiten, denn die geltend gemachten Retraumatisierungen seien nach Art und Umfang nicht geeignet, den Zusammenhang mit dem Vorfall 2001 herzustellen.
Mit Bescheid vom 09.06.2010 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des geltend gemachten Vorfalls Ende des Jahres 2001/Anfang 2002 ab. Es sei davon auszugehen, dass bei einer entsprechenden Traumatisierung ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werde, was hier erstmals sechs Jahre nach dem Vorfall aufgrund von Depressionen und einer Angststörung der Fall sei. Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung äußerten sich in der Regel einige Wochen nach dem Ereignis. Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die erforderliche Schwere des Ereignisses zuließen, seien den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Plausibel sei allenfalls eine kurzzeitige Belastungsreaktion, die aber nicht länger als wenige Stunden angedauert haben könne. Ein primärer Gesundheitsschaden aufgrund des Ereignisses von Ende 2001/Anfang 2002 liege nicht vor.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und verwies auf den vorgelegten Befundbericht der Universitätsklinik F. für Psychiatrie und Psychosomatik vom 15.01.2009. Dort hatte sich die Klägerin erstmals am „07.02.2009“ in der Spezialsprechstunde Psychotraumata vorgestellt. Leitender Oberarzt Prof. Dr. V. hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mit verspätetem Beginn (ICD-10: F43.1) gestellt.
Diplom-Psychologin R.-R. teilte der Beklagten mit Bericht vom 30.06.2010 mit, die Klägerin habe nach dem Überfall 2001/2002 zunächst unter traumaspezifischen Symptomen wie Intrusionen, Albträumen und Schlafstörungen gelitten. Sie habe zeitnah zur Selbsthilfe gegriffen und sich einer Karategruppe angeschlossen. Der Zeitrahmen, innerhalb dessen eine posttraumatische Belastungsstörung auftrete, sei umstritten. Nach ICD-10 werde vom Auftreten belastender Symptome innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis ausgegangen, jedoch seien verspätete Reaktionen durchaus üblich. Bemerkenswert sei, dass die Klägerin sich im privaten Bereich völlig angstfrei bewegen könne. Die Umstände des ursprünglichen Überfalls legten den Schluss nahe, dass psychosoziale Begleitumstände eine spontane Bewältigung der traumatischen Situation erschwert hätten, wie z.B. die mangelhafte Unterstützung und Bagatellisierung durch die Polizei, unzureichende Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte.
PD Dr. Ro. hielt in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.07.2010 an seiner Einschätzung fest, dass der verspätete Beginn der Symptomatik mehrere Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis nicht die Bedingungen einer Retraumatisierung erfüllten. Vielmehr handele es sich um persönlichkeitsbedingte Reaktionen auf fiktive Bedrohungssituationen.
10 
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten des Neurologen Dr. Co. vom 14.10.2010 wird ein gegenwärtiger krankheitswertiger Befund verneint. Die Kriterien einer psychoreaktiven Störung bzw. einer posttraumatischen Belastungsstörung seien gemäß den Diagnosemanuals ICD-10 oder DSM IV nicht erfüllt. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei nur dann zu diagnostizieren, wenn die zugehörige Symptomatik innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen sei. Selbst 2008 sei eine psychotherapeutische Behandlung bereits nach vier Sitzungen aufgrund subjektiven Wohlbefindens beendet worden.
11 
Die Klägerin erhob hiergegen Einwände. Die behandelnde Psychologin R.-R. verwies darauf (Bericht vom 06.12.2010), dass eine Langzeittherapie nach der 25. Sitzung durch die Krankenkasse genehmigt worden sei und bereits zweimal externe Gutachter die Indikation und den Behandlungsplan überprüft hätten. Entgegen der Auffassung von Dr. Co. sei die Klägerin angesichts des angezeigten Untersuchungstermins emotional besonders belastet gewesen, ebenso leide sie an Nachhallerinnerungen. Die Beeinträchtigungen der Klägerin seien die noch nicht verarbeiteten Auswirkungen des Überfalls. Die Klägerin kämpfe nicht um einen finanziellen Ausgleich, sondern um die Anerkennung, dass sie 2002 einen Arbeitsunfall erlitten habe.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
13 
Die Klägerin erhob am 10.01.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG).
14 
Das SG holte von Prof. Dr. T. das nervenärztliche Gutachten vom 09.05.2011 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 10.08.2011 und 01.02.2012. Der Sachverständige führte aus, bei der Klägerin lägen psychovegetativ anmutende und teilweise auch dissoziative Zustände vor, die durch eine Reihe von Auslösesituationen am Arbeitsplatz zu Stande gekommen seien. Eine diagnostische Zuordnung dieser Angstattacken zu einer der klassischen Kategorien wie einer posttraumatischen Belastungsstörung falle zum jetzigen Zeitpunkt schwer, die Kriterien könnten nicht voll erfüllt werden. Die Gesundheitsstörungen wären ohne das Traumaereignis wohl nicht zu Stande gekommen, ein Zusammenhang sei wahrscheinlich. Andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung seien die hilflos gehandhabte Krisensituation, die zu geringe Hilfestellung durch Kollegen und die Nachbearbeitung des Vorfalls. Der Ablauf weise erhebliche Lücken auf, eine psychologische Beratung oder ein Gespräch mit Vorgesetzten habe nicht stattgefunden.
15 
Mit Urteil vom 24.04.2012 wies das SG die Klage ab. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei nicht bewiesen. Prof. Dr. T. habe die typischen Merkmale der posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin nicht erheben können. Er vermute nur, dass in den Voruntersuchungen im Universitätsklinikum F. und bei der behandelnden Therapeutin diese Symptome vorgelegen hätten. Gegen den Zusammenhang spreche aber die Dauer zwischen dem Ereignis und dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung. Nach dem Sachverständigen betrage die Latenz selten mehr als sechs Monate. Aufgrund der erheblichen Zeitdauer im Falle der Klägerin stehe ein Ursachenzusammenhang für das Gericht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest.
16 
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.05.2012 zugestellten Urteil hat die Klägerin am 18.06.2012 beim SG Berufung eingelegt. Sie macht geltend, auch bei einer Latenz von mehreren Jahren sei die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2010 aufzuheben und festzustellen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung und eine dissoziative Störung mit psychogenem Mutismus Folgen des Ende 2001/Anfang 2002 eingetretenen Arbeitsunfalles sind,
19 
hilfsweise zum Beweis dafür, dass die bei der Klägerin bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bieten, die Diagnose eines PTBS in Frage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie bezieht sich auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG. Bei dem Ereignis Ende 2001/Anfang 2002 sei es nicht zu einem primären Gesundheitsschaden gekommen. Dagegen spreche, dass die Klägerin sich nach dem Ereignis nicht in ärztliche Behandlung begeben habe. Die Klägerin habe unmittelbar nach dem Ereignis ihre Tätigkeit wieder aufgenommen.
23 
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten von Dr. C. vom 23.01.2013 eingeholt. Er hat aufgrund der Untersuchung der Klägerin einen Status nach posttraumatischer Belastungsstörung mit spätem Beginn (ICD-10: F43.1) und einen Status nach dissoziativer Störung mit psychogenem Mutismus (ICD-10: F 44 - Konversionsstörungen -) diagnostiziert. Aktuell lägen bei der Klägerin keine psychischen Störungen von Krankheitswert vor. Die seit 2006 aufgetretenen Symptome seien mittlerweile durch adäquate Behandlung abgeklungen. Die überwundenen Gesundheitsstörungen seien auf das Unfallgeschehen 2001/2002 zurückzuführen. Nach derzeitigem Stand der Begutachtungspraxis gelte, dass eine längere Latenz von mehr als sechs Monaten umso plausibler sei, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das seelische Ereignis gewesen sei. Danach sei die Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs vorliegend gegeben, ein Vollbeweis könne aber nicht erbracht werden. Die grundsätzliche Existenz posttraumatischer Belastungsstörungen mit verspätetem Beginn können nach Stand der internationalen Literatur kaum bestritten werden. Zum psychodynamischen Befund sei zu berücksichtigen, dass als zusätzliches Belastungsmoment die fehlende soziale Unterstützung in Erscheinung getreten sei. Der Arbeitgeber und der Unfallversicherungsträger habe keine prophylaktische Primärbetreuung vermittelt, die Polizei habe den Vorfall bagatellisiert und eine Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen sei ausgeblieben. Über Jahre habe sich auf einer Ebene unauffälligen Funktionierens ein großer Bodensatz persistierenden Grolls angestaut. Nach dem Umzug in das neue Amtsgebäude seien einerseits die alten traumatischen Erinnerungen in ihr geweckt worden, andererseits sei ihr angesichts der neuen Sicherheitseinrichtungen bewusst geworden, welche anderen und professionelleren Formen des Managements aggressiven Verhaltens von Klienten ihr nicht angeboten worden seien. Es gehe ihr weniger um die Erlangung materieller Entschädigung als um die Anerkennung, dass ihr Unrecht widerfahren sei.
24 
Die Beteiligten haben sich zu dem Gutachten geäußert. Der Klägerbevollmächtigte hat auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 01.03.2013 hingewiesen (Schriftsatz vom 05.03.2013), in dem der „Oberste Traumatologe der Bundeswehr“, Peter Zimmermann, zitiert werde, wonach in der eingeführten Schutzzeit von bis zu acht Jahren nur die Entlassung aus eigenem Wunsch aus dem Dienst gesetzlich zulässig sei, was eine der wichtigsten Errungenschaften bei der Versorgung traumatisierter Soldaten sei. Denn seelische Schädigungen würden oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt. Die Beklagte hat geltend gemacht (Schriftsatz vom 18.02.2013), der Sachverständige halte einen kausalen Zusammenhang nur für wahrscheinlich, ein Vollbeweis für eine posttraumatische Belastungsstörung könne aber nicht erbracht werden. Der seit 1980 bekannte Erkenntnisstand der amerikanischen medizinischen Wissenschaft, dass nach Erfahrungen des Vietnamkriegs sich seelische Störungen auch in einem längeren Zeitraum als sechs Monate noch bemerkbar machen können, habe keinen Einfluss auf die Kriterien nach dem ICD-10 gefunden. Zur Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung müsse ein primäres Ereignis stattgefunden haben, welches die einschlägige Reaktion erst einmal hervorrufen könne. Dies sei vorliegend nicht bewiesen.
25 
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten unter die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
27 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
28 
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG. Der Antrag der Klägerin, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls Ende 2001/Anfang 2002 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr.3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Begehrt werden die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen.
29 
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wie es das durch Arbeitsunfall begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherte und der Beklagten als Trägerin der Unfallversicherung darstellt. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss der Versicherte im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt. Das Begehren zur Feststellung eines Arbeitsunfalles ist nicht auf die Feststellung eines nicht feststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchsnorm gerichtet (BSG Urt. vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 B -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Feststellungsklage auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Über beide Feststellungsbegehren ist durch die Beklagte auch durch anfechtbaren Verwaltungsakt inzident entschieden worden, weshalb die prozessuale Voraussetzung einer Verwaltungsentscheidung und eines durchgeführten Vorverfahrens vorliegt. Im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2010 wurden Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil weder eine posttraumatische Belastungsstörung noch eine sonstige psychoreaktive Störung (so der Widerspruchbescheid) vorgelegen habe, womit die begehrte Feststellung einer posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge konkludent abgelehnt ist. Ein Arbeitsunfall wurde mangels „primärer Gesundheitsschädigung“ aufgrund des Ereignisses Ende 2001/Anfang 2002 (so der Ausgangsbescheid) zunächst konkludent und im Widerspruchbescheid ausdrücklich ein Versicherungsfall (nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind das Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) verneint.
30 
Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und geeignet ist, zum einen als -fraglicher- Erstschaden die Feststellung eines Arbeitsunfalles zu erlauben und zum anderen Leistungen für die Vergangenheit und gegebenenfalls auch für die Zukunft zu begründen.
31 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist ein Arbeitsunfall der Klägerin im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis nicht nachgewiesen. Der nicht genau datierte Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls insoweit, als es bei der Verrichtung der versicherten Tätigkeit der Klägerin durch den handgreiflichen Übergriff zu einer Einwirkung auf den Körper der Klägerin gekommen ist. Der Senat geht davon aus, dass der randalierende Versicherte die Klägerin an den Armen gepackt und sie, wie in der Unfallanzeige von ihr dargestellt, mehrfach gegen ihren Willen an verschiedene Orte in ihrem Büro gezwungen hatte. Ebenso geht der Senat davon aus, dass hierdurch auch eine Einwirkung auf die Psyche der Klägerin stattgefunden hat, die grundsätzlich auch ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.), und sich vorliegend in der Angst, der Versicherte möge eine Waffe dabei haben, dem Erschrecken über das Verhalten des Versicherten und dem Gefühl der Hilflosigkeit äußerte.
33 
Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein Gesundheitserstschaden entstanden ist.
34 
Gesundheitserstschaden i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.).
35 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Jedoch hat die Klägerin weder einen somatischen Gesundheitsschaden vorgetragen noch ergibt sich aus ihrem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung.
36 
Die Handgreiflichkeiten des randalierenden Versicherten haben keine Veränderung des Körperzustands der Klägerin in diesem Sinne bewirkt. Der Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin, indem der Versicherte sie gewaltsam an beiden Armen gepackt hat, hat keine körperliche Verletzung verursacht. Ein ärztlicher Befund hierüber wurde entsprechend dem klägerischen Vorbringen nicht erhoben und ein solcher wurde dem Senat auch nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin möglicherweise hierbei Schmerzen empfunden haben sollte, ist damit allein noch keine substantielle körperliche Verletzung dargelegt, sondern zunächst nur eine regelhafte Enervierung der Schmerzsensoren, die nicht zwingend eine - auch nur geringfügige - Verletzung von Körperstrukturen belegt.
37 
Ein unmittelbar aufgetretener psychischer Gesundheitsschaden ist dem Bericht der Klägerin, den sie der Unfallanzeige ihrer Beschäftigungsbehörde vom 28.01.2010 beigefügt hatte, nicht zu entnehmen. Als unmittelbare Reaktion auf den geschilderten Übergriff des Versicherten gibt die Klägerin zwar an, geschockt gewesen zu sein, entsetzliche Angst gehabt zu haben und nach der gelungenen Flucht aus dem Zimmer total aufgelöst gewesen zu sein. Sonstige Angaben über ihren psychischen Zustand finden sich in ihrem sonstigen Vorbringen nicht. In den vorgelegten Berichten aus der ab 2009 aufgenommenen ärztlichen und psychologischen Behandlung sind krankheitswertige Symptome eines psychischen Gesundheitsschadens nicht oder nur unzureichend dargelegt. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall bis 2008 noch keinen Arzt aufgesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand nicht. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt und ist von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Die Psychologin R.-R. zählt ohne nähere Darlegung aufgrund der Schilderung der Klägerin als Anfangssymptomatik unmittelbar nach dem Vorfall 2001/2002 aufgetretene Intrusionen von Bildern an den Überfall, Albträume und Schlafstörungen auf (Bericht vom 30.06.2010), was traumaspezifische Krankheitssymptome nicht nachvollziehbar belegt und im Widerspruch dazu steht, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hatte, sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern zu können. Im Bericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009 sind zur Erstsymptomatik zum Zeitpunkt des Vorfalls, wobei dieser auf das Jahr 2003 datiert wird, keine Ausführungen gemacht. PD Dr. Ro. verneinte nach Auswertung der Aktenlage - für den Senat daher insoweit nachvollziehbar - ausdrücklich den Nachweis einer psychoreaktiven Störung (Stellungnahmen vom 26.04.2010 und 13.07.2010). Auch Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 09.05.2011 eine akute Belastungsstörung (ICD 10: F 43.0) ausgeschlossen.
38 
Bei dieser Ausgangslage ist die bei psychischen Belastungen schwierige Abgrenzung, ob die Reaktion des Betroffenen sich noch im Bereich des zu erwartenden und angemessenen normalen Verhaltens bewegt oder bereits eine krankheitswertige Regelabweichung vom gesunden normalen Zustand erkennen lässt, nicht zuverlässig möglich. Der mit einem persönlichen körperlichen Übergriff auf die Klägerin einhergehende Vorfall geht weit über alltägliche, berufliche Belastungssituationen hinaus, zwingt aber nicht ohne weiteres - auch wegen seines noch glimpflichen Ausgangs - zu der Annahme, dass damit notwendigerweise gravierende psychische Beeinträchtigungen verbunden gewesen sein müssen. Andererseits ist aber bei gegen die eigene Person gerichteten Attacken eine Schreckreaktion, Angst vor Weiterungen des Übergriffs und eine auch nach Ende des Vorfalls anhaltende Aufgeregtheit mit nervlicher Angespanntheit eine zu erwartende und noch normale Reaktion. Nicht jede nicht alltägliche Gemütslage oder anlassbezogene, psychisch angespannte Befindlichkeit rechtfertigt den Schluss auf einen regelwidrigen Körperzustand. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.06.2010 eine kurzzeitige Belastungsreaktion unmittelbar nach dem Übergriff als allenfalls noch plausibel bewertet, ist diese anscheinende Hilfsüberlegung, dass eine Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 vorgelegen haben könnte, aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit einen Arbeitsunfall oder jedenfalls Entschädigungsleistungen ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar wäre wegen der Kurzzeitigkeit der akuten Belastungsreaktion aus den oben genannten Gründen, wonach es auf die Schwere, Dauer und Behandlungsbedürftigkeit eines Gesundheitserstschadens nicht ankommt, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht zu verneinen, jedoch reicht die bloße Möglichkeit neben anderen ebenso möglichen Sachverhaltskonstellationen für den Nachweis eines Gesundheitserstschadens nicht aus. Diese Überlegung kommt hinreichend in der Formulierung zum Ausdruck, dass hier eine Belastungsreaktion allenfalls noch plausibel sein könnte. Die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine hinreichende Aufklärung erbracht. Der Senat sieht keinen Ansatz für dahingehende weitere Ermittlungen. Solche sind auch nicht vorgetragen.
39 
Eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1, deren Vorliegen der Senat unterstellt, ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls als Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen.
40 
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet zur Überzeugung des Senats die Annahme eines Gesundheitserstschadens in Form dieser Erkrankung nicht deshalb aus, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst lange Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Nach den von den Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. dargelegten medizinischen Zusammenhängen ist bei einem Ereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A-Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) entspricht, und den später auftretenden B-, C- und D-Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) anzunehmen, dass der Betroffene in der Phase der seelischen Latenz nicht gesund ist. Damit ist mit Auftreten der Symptomatik zwar die Diagnosestellung erst gesichert, ein Gesundheitsschaden kann dagegen bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - bzw. die zum Gesundheitsschaden führende Kausalkette wurde dadurch in Gang gesetzt und der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden kann auch erst später eintreten.
41 
Für den Vollbeweis hinreichende Anhaltspunkte für einen seelischen Gesundheitsschaden unmittelbar nach dem Ereignis hat der Senat nach den obigen Ausführungen nicht. Ob eine Phase einer latenten seelischen Erkrankung vorlag, ist nicht sicher festzustellen. Der Senat geht jedoch zu Gunsten der Klägerin von dem Ingangsetzen eines Kausalverlaufs zur Entstehung der von Dr. C. diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung aus.
42 
Hierbei stellt der Senat die auch vom SG aufgeworfenen Zweifel daran, ob die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, zurück. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. T. konnte bei seiner Untersuchung die typischen Merkmale wie aufdrängende Erinnerungen, Albträume, das Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit usw. nicht erheben. Soweit der Sachverständige auf eine entsprechende Befunderhebung bei den Voruntersuchungen durch das Universitätsklinikum F. verweist, wo die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden ist, ist dies nicht vollständig überzeugend. Zum einen wurde dort bei der Untersuchung der Klägerin im Januar 2009 fälschlich angenommen, dass der auslösende Vorfall erst im Jahre 2003 eingetreten und eine unmittelbar hieran anknüpfende Behandlung durch die Psychologin N. durchgeführt worden sei (Befundbericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009). Zum anderen sind die dort wiedergegebenen Symptome von tagsüber auftretendem Wiedererleben szenischer Erinnerungen und Bilder bei der Arbeit, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit verringerter Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Vermeidungsverhalten teils wenig spezifisch und teils nicht vollständig korrekt, da ein Kundenkontakt erst ab 2010 durch Übernahme einer neuen Tätigkeit endgültig vermieden wurde und die Klägerin zuvor gerade mit vielen Menschen über den Vorfall im Rahmen der Selbsthilfe gesprochen hat, wie sich aus den Darlegungen der Psychologin R.-R. vom 30.06.2010 entnehmen lässt. Diese beurteilte die erstmals 2006 aufgetretenen Beschwerden der Klägerin, die sie ihr nach Behandlungsbeginn im Jahr 2009 schilderte, als die typischen Belastungssymptome, die die genannten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen (Bescheinigungen vom 23.12.2009 und vom 30.06.2010). Die Psychologin R.-R. bezeichnete die von ihr bei der Untersuchung der Klägerin selbst erhobenen Beschwerden jedoch nicht als Krankheit. Damit stimmt überein, dass auch Dr. C. ebenso wie Prof. Dr. T. keine akute Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung mehr hat diagnostizierten können. Seine Diagnose eines Status nach posttraumatischer Belastungsstörung bezieht sich auf einen früheren Zustand. Eine Befunderhebung aufgrund des während der Exploration gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zum Zeitpunkt des angenommenen erstmaligen Auftretens der typischen Symptomatik hat die Psychologin R.-R. gerade nicht zur Grundlage ihrer Einschätzung machen können. Dass die Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ab 2006 erfüllt waren, wovon Psychologin R.-R. und die gerichtlichen Sachverständigen ausgehen, hat der Senat dennoch als zutreffend unterstellt.
43 
Zur Überzeugung des Senats sind die ab 2006 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch nicht wesentlich kausal auf den angeschuldigten Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 zurückzuführen.
44 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11).
45 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Bedingungen.
46 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
47 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
48 
Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Senats kein wesentlicher Zusammenhang der seit 2006 aufgetretenen psychischen Beschwerden mit dem angeschuldigten Vorfall. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. zu den psychodynamisch wirkenden Bedingungen, die den geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Grunde liegen. Auch die Psychologin R.-R. beschreibt eine damit weitgehend übereinstimmende Psychodynamik. Prof. Dr. T. stellt ebenso wie Dr. C. darauf ab, dass andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung der Klägerin auch die hilflos gehandhabte Krisensituation und die zu geringe Hilfestellung durch die Kollegen waren. Dr. C. geht hiermit deckungsgleich davon aus, freilich unter Hinweis auf den hypothetischen Charakter des Bedingungsgefüges, das nur in einer längeren Psychotherapie falsifiziert oder verifiziert werden könne, dass die fehlende soziale Unterstützung durch den Arbeitgeber oder die Beklagte, wonach sie keine prophylaktische Primärbetreuung nach dem Vorfall erfahren habe, bei der im Gutachten näher beschriebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zum Durchbruch des deshalb seit dem Vorfall aufgestauten Grolls führte, als die Klägerin nach dem Umzug 2006 mit den jetzt möglichen Sicherheitseinrichtungen und Bemühungen der Dienststelle zum Schutz vor aggressiven Publikum sich konfrontiert sah und erkennen musste, dass ihr dieser Schutz nicht zuteil geworden sei. Ebenso beschreibt er die unterbliebene Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen, wobei in der Wahrnehmung der Klägerin sogar der Täter durch diese eher geschützt und umworben wurde, da er schließlich sogar Rente erhalten habe. Auch die Bagatellisierung des Vorfalls durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die von einer Anzeige abgeraten hatten, hatte zu der psychischen Konstellation geführt, dass die Klägerin sich als ungerecht behandelt fühlt und sie nun einen - auch juristischen - Kampf um Gerechtigkeit und weniger um materielle Entschädigung führt. Der Senat erachtet diese Umstände als nachgewiesene mitwirkende Bedingungen, denn die behandelnde Psychologin R.-R. hat aufgrund ihrer durchgeführten Langzeittherapie die von Dr. C. als hypothetisch angestellten Überlegungen in dem vom Sachverständigen gemeinten Sinne auch verifiziert. In ihrem Bericht vom 06.12.2010 hatte sie nach 60 Sitzungen bereits ebenso wie Dr. C. dargelegt, dass die Klägerin durch das erlebte Verhalten der Dienststelle, der Polizei und der Vorgesetzten und Kollegen eine Entwertung ihrer Person empfunden hat, weshalb sie um Anerkennung des ihr widerfahrenen Unrechts durch Feststellung dieses Vorfalls als Arbeitsunfall kämpft und nicht, um eine Entschädigung zu erlangen.
49 
Diese in den gutachterlichen Darlegungen der Mediziner und der Psychologin aufgezeigten Bedingungszusammenhänge ergeben aber entgegen deren Einschätzung keinen wesentlichen Zusammenhang der psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Vorfall 2001/2002. Bei geklärtem medizinischem Sachverhalt ist die wertende Entscheidung, welche der aus dem jeweiligen Fachgebiet dargelegten Bedingungen wesentlich ist, eine Rechtsfrage, die dem Gericht vorbehalten ist. Nach den gutachtlichen Darlegungen ist aber das angeschuldigte Unfallereignis nur noch auslösendes Moment, d.h. conditio sine qua non, für die diese von den Sachverständigen und der Psychologin genannten Bedingungen, die die Beschwerden der Klägerin ausgelöst und unterhalten haben. Die psychische Beeinträchtigung der Klägerin beruht weit überwiegend auf Erscheinungen, die mit dem eigentlichen Vorfall des Übergriffs des randalierenden Versicherten entweder nur am Rande zu tun haben - wie die von der Klägerin empfundene verspätete Hilfeleistung durch Kollegen oder die empfundene Bagatellisierung durch die Polizeibeamten - oder auf nachfolgende Eindrücke und Erfahrungen - wie die unterbliebene Betreuung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bzw. die ungerecht empfundene Bevorzugung des Verursachers ihr gegenüber -. Der Vorfall selbst, das in Betracht kommende Unfallereignis, ist demgegenüber vollständig in den Hintergrund gerückt. Dies kommt zur Überzeugung des Senats auch darin zum Ausdruck, dass die von der Psychologin R.-R. beschriebene Beschwerdesymptomatik im Sinne der Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Das typische Vermeidungsverhalten ist nicht erkennbar. Obgleich Beschwerden ab 2006 bestehen, übt die Klägerin erst seit Anfang 2010 eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt aus, wie sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hat. Auch treten die Beschwerden nur im Dienstgebäude auf, nicht zuhause oder bei privaten Beschäftigungen, wie die Klägerin mehrfach angegeben hat. Der Bezug zum Dienstbetrieb spricht einerseits für den Schwerpunkt des Bedingungsgefüges im Bereich des Verhaltens der Dienststelle und andererseits gegen die Merkmale der sich ungewollt aufdrängenden typischen Erinnerungen an das Initialereignis, wobei teilweise die auslösenden Momente (Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen, Deeskalationstraining) mit dem Vorfall nur geringe Berührungspunkte haben und die typisch intrusiven Erinnerungen an das Unfallgeschehen nicht immer vollständig erkennbar sind, denn erinnert wird häufig die unterbliebene Unterstützung bzw. die empfundene Geringschätzung. In diesem Zusammenhang ist auch die lange Latenz zwischen Initialereignis und auftretender Symptomatik von Bedeutung. Nach Dr. C. ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand, er verweist hierzu auf Foerster/Widder (2007), bei einer längeren Latenz zu berücksichtigen, dass ein Zusammenhang umso plausibler anzusehen ist, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das Ereignis war. Der trotz allem noch glimpflich ablaufende Vorfall hat keinen unmittelbaren, erkennbaren tiefergehenden psychischen Eindruck hinterlassen. Bei Prof. Dr. T. hatte die Klägerin sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern können, anders als später bei der Untersuchung durch Dr. C., wo sie angab, sie habe nach der Flucht aus dem Büro weinen müssen, sei in aufgewühltem Zustand nachhause gegangen und selbst am nächsten Tag habe sie ihr Ehemann nicht zur Arbeit gehen lassen wollen. Wie oben dargelegt ist eine tiefergehende Beeindruckung, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nicht nachgewiesen. Selbst wenn man mit Dr. C. davon ausgeht, dass trotz der Latenz von mindestens vier Jahren der Zusammenhang mit dem Unfallereignis noch herzustellen ist, ist es nach seinen eigenen Ausführungen nur unter den mitwirkenden anderen Bedingungen (naturwissenschaftlich-philosophisch) kausal geworden.
50 
Diese Bedingungen sind entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. T. und Dr. C., die dies offenkundig unterstellen, dem infrage stehenden Versicherungsfall nicht zuzurechnen, sie sind „unfallfremd“. Damit übereinstimmend stuft auch PD Dr. Ro. in seiner Stellungnahme vom 13.07.2010 den Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigung ein, die er als persönlichkeitsbedingte Reaktion bewertet.
51 
Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats. Danach liegt ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang eines psychischen Leidens nicht schon dann vor, wenn in der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Eigenschaften durch das Unfallereignis, die psychischen Unfallfolgen oder durch die Unfallabwicklung des Unfallversicherungsträgers stimuliert werden. Maßstab der wertenden Beurteilung ist vielmehr, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.2010 - L 8 U 1427/10 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verhalten der Polizei und des Arbeitgebers einschließlich der Vorgesetzten und Kollegen ist als ursächliche Bedingung der später aufgetretenen psychischen Beeinträchtigung der Klägerin und deren Unterhaltung weder einer fehlerhaften Unfallabwicklung durch die Beklagte noch irgendwelchen Auswirkungen psychischer Unfallfolgen zuzurechnen. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall ihre Tätigkeit am nächsten Tag fortgeführt, ärztliche oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch genommen und der Beklagten den Vorfall nicht gemeldet. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass präventive Maßnahme oder unterstützende Maßnahmen zur Verarbeitung einer etwaigen Traumatisierung zu ergreifen. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, dass der Dienststelle der Klägerin insoweit überhaupt ein Versäumnis vorzuwerfen ist, hat der Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht für das dem Unfall nachgehende Verhalten des Arbeitgebers einzustehen, es sei denn es ist durch den Arbeitsunfall oder dessen Folgen veranlasst und hat zu wesentlichen Weiterungen der Unfallfolgen beigetragen (z.B. psychische Erkrankung wegen einer arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund unfallbedingter Leistungsbeeinträchtigung). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die seelische Einwirkung durch den Vorfall einer Behandlung oder sonstigen Intervention bedürftig war, denn die Klägerin hatte im Rahmen der Selbsthilfe das Erlebnis verarbeitet, u.a. hatte sie einen Karatekurs belegt, wie Dr. C. und die Psychologin R.-R. ausführen, und hatte keine nach außen sichtbar werdenden funktionellen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bis 2006. Zwar sind Gesundheitsstörungen, die sich wegen der unterbliebenen, notwendigen Behandlung einer unfallbedingten Schädigung entwickelt haben, wesentlich kausal auf den Unfall zurückzuführen. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. wäre bei der Klägerin eine präventive bzw. prophylaktische Intervention sinnvoll gewesen und nicht eine Behandlung akuter/latenter Krankheitserscheinungen. Doch war das Auftreten der Symptomatik 2006 nicht Folge der Fortwirkung einer unbehandelt gebliebenen seelischen Beeindruckung durch den eigentlichen Vorfall, sondern die hierfür ursächliche seelische Beeindruckung der Klägerin beruhte nach den Darlegungen der Sachverständigen gerade auf dem Umstand, dass die Krisenintervention des Arbeitgebers oder des Unfallversicherungsträgers unterblieben ist, bzw. auf einer vermeintlichen Bagatellisierung durch die Polizei, was aufgrund der dargelegten psychodynamischen Prozesse bei der Klägerin das nachvollziehbare, aber ungerechtfertigte Gefühl erweckt hatte, ein Unrecht seitens der Dienststelle, der Polizei und der Beklagten und eine Geringschätzung ihrer Person erfahren zu haben. Dies steht nicht im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis und beruht letztlich allein auf der Zuschreibung der Klägerin. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. T. und Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Vorfall lediglich Anknüpfungspunkt für die bei der vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ablaufenden Bewertungsprozesse ist, was aber deren rechtlich unzutreffende Bewertung einer wesentlichen Mitursache des Arbeitsunfalls nicht zu rechtfertigen vermag.
52 
Damit fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität mangels nachgewiesenen Gesundheitserstschadens, woran die Feststellung eines Arbeitsunfalls scheitert.
53 
Mangels Arbeitsunfall ist auch die begehrte Feststellung von Unfallfolgen nicht begründet. Weder eine posttraumatischen Belastungsstörung, selbst wenn sie aus medizinischer Sicht eine begründete Diagnose sein mag, die allein die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalitätstheorie zur Grundlage haben kann, noch die von Dr. C. diagnostizierte dissoziative Störung, die der Sachverständiger auf die gleichen Wirkungszusammenhänge zurückführt, können rechtlich Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Darüber hinaus wird die dissoziative Störung nach der von Dr. C. mitgeteilten Definition nach ICD-10 als ursächlich psychogen angesehen und verkörpert häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Erkrankung manifestieren müsse, was ohne nähere Darlegung das auslösende Trauma eher als Gelegenheitsursache im Sinne einer nicht wesentlichen Bedingung nahelegt.
54 
Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben. Die hieran anknüpfenden rechtlichen Fragen, ob damit die im Vollbeweis oder nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegenden Tatsachen einer Primärschädigung, eines wesentlichen unfallbedingten Zusammenhangs bzw. eines Zusammenhangs unfallfremder Konkurrenzursachen nachgewiesen sind, hat der Senat zu entscheiden. Der Anregung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.02.2013, hierzu Dr. C. ergänzend zu hören, musste der Senat daher nicht nachkommen. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag der Klägerin, zum Beweis dafür, dass die bei ihr bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bietet, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung infrage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören, war nicht stattzugeben. Der Senat hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin unterstellt. Dass in der medizinischen Wissenschaft die Kriterien einer verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung bei Beschwerdelatenz möglicherweise unterschiedlich diskutiert werden, wie die insoweit – noch – voneinander abweichenden Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-IV erkennen lassen, war für den Senat nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte es der vom Klägerbevollmächtigten angeregten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zum Vorbringen, dass durch die Versorgung traumatisierter Soldaten in der Medizin seit langem bekannt sei, dass seelische Schädigungen oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt würden (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05.03.2013). Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die genannten Veröffentlichungen (Seite 35 seines Gutachtens) und mit Hinweis auf die internationale Literatur mit Forschung zu der verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen (Seite 36 seines Gutachtens) bereits dargelegt. Nachdem in den richterlichen Hinweisen vom 12.03.2013 und 14.03.2013 diese Gesichtspunkte den Beteiligten erläutert worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte zu den Aufklärungsverfügungen keine Einwendungen erhoben oder seine Anregung auf weitere Ermittlungen nicht weiter konkretisiert.
55 
Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. C., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden auf die Staatskasse übernommen. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.02.2013 - L 8 SB 727/13 B -, vom 19.10.2011 - L 8 SB 3043/11 B; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am klägerischen Prozessziel, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für die Klägerseite günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für das Klagebegehren günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Vorliegend sind die Ausführungen von Dr. C. zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand einer verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung und deren Beurteilungskriterien in der Begutachtungspraxis für die Entscheidung des Senats förderlich gewesen und haben die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen aufgrund ambulanter Untersuchung entbehrlich gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, nur die voraussichtlichen Kosten eines Aktengutachtens für erstattungsfähig zu erklären, da neben der Vermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die nur ein Gutachten nach Aktenlage erfordert hätte, auch die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Klägerin zu klären war, was in der Regel die psychiatrische Exploration im Rahmen einer ambulanten Untersuchung voraussetzt. Dass sich der Senat den aus der Exploration folgenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht angeschlossen hat, ist für die Kostenentscheidung insoweit ohne Belang.
56 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
26 
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
27 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
28 
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG. Der Antrag der Klägerin, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls Ende 2001/Anfang 2002 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr.3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Begehrt werden die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen.
29 
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wie es das durch Arbeitsunfall begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherte und der Beklagten als Trägerin der Unfallversicherung darstellt. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss der Versicherte im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt. Das Begehren zur Feststellung eines Arbeitsunfalles ist nicht auf die Feststellung eines nicht feststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchsnorm gerichtet (BSG Urt. vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 B -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Feststellungsklage auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Über beide Feststellungsbegehren ist durch die Beklagte auch durch anfechtbaren Verwaltungsakt inzident entschieden worden, weshalb die prozessuale Voraussetzung einer Verwaltungsentscheidung und eines durchgeführten Vorverfahrens vorliegt. Im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2010 wurden Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil weder eine posttraumatische Belastungsstörung noch eine sonstige psychoreaktive Störung (so der Widerspruchbescheid) vorgelegen habe, womit die begehrte Feststellung einer posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge konkludent abgelehnt ist. Ein Arbeitsunfall wurde mangels „primärer Gesundheitsschädigung“ aufgrund des Ereignisses Ende 2001/Anfang 2002 (so der Ausgangsbescheid) zunächst konkludent und im Widerspruchbescheid ausdrücklich ein Versicherungsfall (nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind das Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) verneint.
30 
Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und geeignet ist, zum einen als -fraglicher- Erstschaden die Feststellung eines Arbeitsunfalles zu erlauben und zum anderen Leistungen für die Vergangenheit und gegebenenfalls auch für die Zukunft zu begründen.
31 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist ein Arbeitsunfall der Klägerin im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis nicht nachgewiesen. Der nicht genau datierte Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls insoweit, als es bei der Verrichtung der versicherten Tätigkeit der Klägerin durch den handgreiflichen Übergriff zu einer Einwirkung auf den Körper der Klägerin gekommen ist. Der Senat geht davon aus, dass der randalierende Versicherte die Klägerin an den Armen gepackt und sie, wie in der Unfallanzeige von ihr dargestellt, mehrfach gegen ihren Willen an verschiedene Orte in ihrem Büro gezwungen hatte. Ebenso geht der Senat davon aus, dass hierdurch auch eine Einwirkung auf die Psyche der Klägerin stattgefunden hat, die grundsätzlich auch ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.), und sich vorliegend in der Angst, der Versicherte möge eine Waffe dabei haben, dem Erschrecken über das Verhalten des Versicherten und dem Gefühl der Hilflosigkeit äußerte.
33 
Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein Gesundheitserstschaden entstanden ist.
34 
Gesundheitserstschaden i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.).
35 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Jedoch hat die Klägerin weder einen somatischen Gesundheitsschaden vorgetragen noch ergibt sich aus ihrem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung.
36 
Die Handgreiflichkeiten des randalierenden Versicherten haben keine Veränderung des Körperzustands der Klägerin in diesem Sinne bewirkt. Der Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin, indem der Versicherte sie gewaltsam an beiden Armen gepackt hat, hat keine körperliche Verletzung verursacht. Ein ärztlicher Befund hierüber wurde entsprechend dem klägerischen Vorbringen nicht erhoben und ein solcher wurde dem Senat auch nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin möglicherweise hierbei Schmerzen empfunden haben sollte, ist damit allein noch keine substantielle körperliche Verletzung dargelegt, sondern zunächst nur eine regelhafte Enervierung der Schmerzsensoren, die nicht zwingend eine - auch nur geringfügige - Verletzung von Körperstrukturen belegt.
37 
Ein unmittelbar aufgetretener psychischer Gesundheitsschaden ist dem Bericht der Klägerin, den sie der Unfallanzeige ihrer Beschäftigungsbehörde vom 28.01.2010 beigefügt hatte, nicht zu entnehmen. Als unmittelbare Reaktion auf den geschilderten Übergriff des Versicherten gibt die Klägerin zwar an, geschockt gewesen zu sein, entsetzliche Angst gehabt zu haben und nach der gelungenen Flucht aus dem Zimmer total aufgelöst gewesen zu sein. Sonstige Angaben über ihren psychischen Zustand finden sich in ihrem sonstigen Vorbringen nicht. In den vorgelegten Berichten aus der ab 2009 aufgenommenen ärztlichen und psychologischen Behandlung sind krankheitswertige Symptome eines psychischen Gesundheitsschadens nicht oder nur unzureichend dargelegt. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall bis 2008 noch keinen Arzt aufgesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand nicht. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt und ist von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Die Psychologin R.-R. zählt ohne nähere Darlegung aufgrund der Schilderung der Klägerin als Anfangssymptomatik unmittelbar nach dem Vorfall 2001/2002 aufgetretene Intrusionen von Bildern an den Überfall, Albträume und Schlafstörungen auf (Bericht vom 30.06.2010), was traumaspezifische Krankheitssymptome nicht nachvollziehbar belegt und im Widerspruch dazu steht, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hatte, sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern zu können. Im Bericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009 sind zur Erstsymptomatik zum Zeitpunkt des Vorfalls, wobei dieser auf das Jahr 2003 datiert wird, keine Ausführungen gemacht. PD Dr. Ro. verneinte nach Auswertung der Aktenlage - für den Senat daher insoweit nachvollziehbar - ausdrücklich den Nachweis einer psychoreaktiven Störung (Stellungnahmen vom 26.04.2010 und 13.07.2010). Auch Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 09.05.2011 eine akute Belastungsstörung (ICD 10: F 43.0) ausgeschlossen.
38 
Bei dieser Ausgangslage ist die bei psychischen Belastungen schwierige Abgrenzung, ob die Reaktion des Betroffenen sich noch im Bereich des zu erwartenden und angemessenen normalen Verhaltens bewegt oder bereits eine krankheitswertige Regelabweichung vom gesunden normalen Zustand erkennen lässt, nicht zuverlässig möglich. Der mit einem persönlichen körperlichen Übergriff auf die Klägerin einhergehende Vorfall geht weit über alltägliche, berufliche Belastungssituationen hinaus, zwingt aber nicht ohne weiteres - auch wegen seines noch glimpflichen Ausgangs - zu der Annahme, dass damit notwendigerweise gravierende psychische Beeinträchtigungen verbunden gewesen sein müssen. Andererseits ist aber bei gegen die eigene Person gerichteten Attacken eine Schreckreaktion, Angst vor Weiterungen des Übergriffs und eine auch nach Ende des Vorfalls anhaltende Aufgeregtheit mit nervlicher Angespanntheit eine zu erwartende und noch normale Reaktion. Nicht jede nicht alltägliche Gemütslage oder anlassbezogene, psychisch angespannte Befindlichkeit rechtfertigt den Schluss auf einen regelwidrigen Körperzustand. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.06.2010 eine kurzzeitige Belastungsreaktion unmittelbar nach dem Übergriff als allenfalls noch plausibel bewertet, ist diese anscheinende Hilfsüberlegung, dass eine Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 vorgelegen haben könnte, aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit einen Arbeitsunfall oder jedenfalls Entschädigungsleistungen ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar wäre wegen der Kurzzeitigkeit der akuten Belastungsreaktion aus den oben genannten Gründen, wonach es auf die Schwere, Dauer und Behandlungsbedürftigkeit eines Gesundheitserstschadens nicht ankommt, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht zu verneinen, jedoch reicht die bloße Möglichkeit neben anderen ebenso möglichen Sachverhaltskonstellationen für den Nachweis eines Gesundheitserstschadens nicht aus. Diese Überlegung kommt hinreichend in der Formulierung zum Ausdruck, dass hier eine Belastungsreaktion allenfalls noch plausibel sein könnte. Die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine hinreichende Aufklärung erbracht. Der Senat sieht keinen Ansatz für dahingehende weitere Ermittlungen. Solche sind auch nicht vorgetragen.
39 
Eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1, deren Vorliegen der Senat unterstellt, ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls als Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen.
40 
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet zur Überzeugung des Senats die Annahme eines Gesundheitserstschadens in Form dieser Erkrankung nicht deshalb aus, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst lange Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Nach den von den Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. dargelegten medizinischen Zusammenhängen ist bei einem Ereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A-Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) entspricht, und den später auftretenden B-, C- und D-Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) anzunehmen, dass der Betroffene in der Phase der seelischen Latenz nicht gesund ist. Damit ist mit Auftreten der Symptomatik zwar die Diagnosestellung erst gesichert, ein Gesundheitsschaden kann dagegen bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - bzw. die zum Gesundheitsschaden führende Kausalkette wurde dadurch in Gang gesetzt und der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden kann auch erst später eintreten.
41 
Für den Vollbeweis hinreichende Anhaltspunkte für einen seelischen Gesundheitsschaden unmittelbar nach dem Ereignis hat der Senat nach den obigen Ausführungen nicht. Ob eine Phase einer latenten seelischen Erkrankung vorlag, ist nicht sicher festzustellen. Der Senat geht jedoch zu Gunsten der Klägerin von dem Ingangsetzen eines Kausalverlaufs zur Entstehung der von Dr. C. diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung aus.
42 
Hierbei stellt der Senat die auch vom SG aufgeworfenen Zweifel daran, ob die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, zurück. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. T. konnte bei seiner Untersuchung die typischen Merkmale wie aufdrängende Erinnerungen, Albträume, das Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit usw. nicht erheben. Soweit der Sachverständige auf eine entsprechende Befunderhebung bei den Voruntersuchungen durch das Universitätsklinikum F. verweist, wo die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden ist, ist dies nicht vollständig überzeugend. Zum einen wurde dort bei der Untersuchung der Klägerin im Januar 2009 fälschlich angenommen, dass der auslösende Vorfall erst im Jahre 2003 eingetreten und eine unmittelbar hieran anknüpfende Behandlung durch die Psychologin N. durchgeführt worden sei (Befundbericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009). Zum anderen sind die dort wiedergegebenen Symptome von tagsüber auftretendem Wiedererleben szenischer Erinnerungen und Bilder bei der Arbeit, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit verringerter Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Vermeidungsverhalten teils wenig spezifisch und teils nicht vollständig korrekt, da ein Kundenkontakt erst ab 2010 durch Übernahme einer neuen Tätigkeit endgültig vermieden wurde und die Klägerin zuvor gerade mit vielen Menschen über den Vorfall im Rahmen der Selbsthilfe gesprochen hat, wie sich aus den Darlegungen der Psychologin R.-R. vom 30.06.2010 entnehmen lässt. Diese beurteilte die erstmals 2006 aufgetretenen Beschwerden der Klägerin, die sie ihr nach Behandlungsbeginn im Jahr 2009 schilderte, als die typischen Belastungssymptome, die die genannten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen (Bescheinigungen vom 23.12.2009 und vom 30.06.2010). Die Psychologin R.-R. bezeichnete die von ihr bei der Untersuchung der Klägerin selbst erhobenen Beschwerden jedoch nicht als Krankheit. Damit stimmt überein, dass auch Dr. C. ebenso wie Prof. Dr. T. keine akute Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung mehr hat diagnostizierten können. Seine Diagnose eines Status nach posttraumatischer Belastungsstörung bezieht sich auf einen früheren Zustand. Eine Befunderhebung aufgrund des während der Exploration gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zum Zeitpunkt des angenommenen erstmaligen Auftretens der typischen Symptomatik hat die Psychologin R.-R. gerade nicht zur Grundlage ihrer Einschätzung machen können. Dass die Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ab 2006 erfüllt waren, wovon Psychologin R.-R. und die gerichtlichen Sachverständigen ausgehen, hat der Senat dennoch als zutreffend unterstellt.
43 
Zur Überzeugung des Senats sind die ab 2006 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch nicht wesentlich kausal auf den angeschuldigten Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 zurückzuführen.
44 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11).
45 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Bedingungen.
46 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
47 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
48 
Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Senats kein wesentlicher Zusammenhang der seit 2006 aufgetretenen psychischen Beschwerden mit dem angeschuldigten Vorfall. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. zu den psychodynamisch wirkenden Bedingungen, die den geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Grunde liegen. Auch die Psychologin R.-R. beschreibt eine damit weitgehend übereinstimmende Psychodynamik. Prof. Dr. T. stellt ebenso wie Dr. C. darauf ab, dass andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung der Klägerin auch die hilflos gehandhabte Krisensituation und die zu geringe Hilfestellung durch die Kollegen waren. Dr. C. geht hiermit deckungsgleich davon aus, freilich unter Hinweis auf den hypothetischen Charakter des Bedingungsgefüges, das nur in einer längeren Psychotherapie falsifiziert oder verifiziert werden könne, dass die fehlende soziale Unterstützung durch den Arbeitgeber oder die Beklagte, wonach sie keine prophylaktische Primärbetreuung nach dem Vorfall erfahren habe, bei der im Gutachten näher beschriebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zum Durchbruch des deshalb seit dem Vorfall aufgestauten Grolls führte, als die Klägerin nach dem Umzug 2006 mit den jetzt möglichen Sicherheitseinrichtungen und Bemühungen der Dienststelle zum Schutz vor aggressiven Publikum sich konfrontiert sah und erkennen musste, dass ihr dieser Schutz nicht zuteil geworden sei. Ebenso beschreibt er die unterbliebene Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen, wobei in der Wahrnehmung der Klägerin sogar der Täter durch diese eher geschützt und umworben wurde, da er schließlich sogar Rente erhalten habe. Auch die Bagatellisierung des Vorfalls durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die von einer Anzeige abgeraten hatten, hatte zu der psychischen Konstellation geführt, dass die Klägerin sich als ungerecht behandelt fühlt und sie nun einen - auch juristischen - Kampf um Gerechtigkeit und weniger um materielle Entschädigung führt. Der Senat erachtet diese Umstände als nachgewiesene mitwirkende Bedingungen, denn die behandelnde Psychologin R.-R. hat aufgrund ihrer durchgeführten Langzeittherapie die von Dr. C. als hypothetisch angestellten Überlegungen in dem vom Sachverständigen gemeinten Sinne auch verifiziert. In ihrem Bericht vom 06.12.2010 hatte sie nach 60 Sitzungen bereits ebenso wie Dr. C. dargelegt, dass die Klägerin durch das erlebte Verhalten der Dienststelle, der Polizei und der Vorgesetzten und Kollegen eine Entwertung ihrer Person empfunden hat, weshalb sie um Anerkennung des ihr widerfahrenen Unrechts durch Feststellung dieses Vorfalls als Arbeitsunfall kämpft und nicht, um eine Entschädigung zu erlangen.
49 
Diese in den gutachterlichen Darlegungen der Mediziner und der Psychologin aufgezeigten Bedingungszusammenhänge ergeben aber entgegen deren Einschätzung keinen wesentlichen Zusammenhang der psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Vorfall 2001/2002. Bei geklärtem medizinischem Sachverhalt ist die wertende Entscheidung, welche der aus dem jeweiligen Fachgebiet dargelegten Bedingungen wesentlich ist, eine Rechtsfrage, die dem Gericht vorbehalten ist. Nach den gutachtlichen Darlegungen ist aber das angeschuldigte Unfallereignis nur noch auslösendes Moment, d.h. conditio sine qua non, für die diese von den Sachverständigen und der Psychologin genannten Bedingungen, die die Beschwerden der Klägerin ausgelöst und unterhalten haben. Die psychische Beeinträchtigung der Klägerin beruht weit überwiegend auf Erscheinungen, die mit dem eigentlichen Vorfall des Übergriffs des randalierenden Versicherten entweder nur am Rande zu tun haben - wie die von der Klägerin empfundene verspätete Hilfeleistung durch Kollegen oder die empfundene Bagatellisierung durch die Polizeibeamten - oder auf nachfolgende Eindrücke und Erfahrungen - wie die unterbliebene Betreuung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bzw. die ungerecht empfundene Bevorzugung des Verursachers ihr gegenüber -. Der Vorfall selbst, das in Betracht kommende Unfallereignis, ist demgegenüber vollständig in den Hintergrund gerückt. Dies kommt zur Überzeugung des Senats auch darin zum Ausdruck, dass die von der Psychologin R.-R. beschriebene Beschwerdesymptomatik im Sinne der Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Das typische Vermeidungsverhalten ist nicht erkennbar. Obgleich Beschwerden ab 2006 bestehen, übt die Klägerin erst seit Anfang 2010 eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt aus, wie sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hat. Auch treten die Beschwerden nur im Dienstgebäude auf, nicht zuhause oder bei privaten Beschäftigungen, wie die Klägerin mehrfach angegeben hat. Der Bezug zum Dienstbetrieb spricht einerseits für den Schwerpunkt des Bedingungsgefüges im Bereich des Verhaltens der Dienststelle und andererseits gegen die Merkmale der sich ungewollt aufdrängenden typischen Erinnerungen an das Initialereignis, wobei teilweise die auslösenden Momente (Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen, Deeskalationstraining) mit dem Vorfall nur geringe Berührungspunkte haben und die typisch intrusiven Erinnerungen an das Unfallgeschehen nicht immer vollständig erkennbar sind, denn erinnert wird häufig die unterbliebene Unterstützung bzw. die empfundene Geringschätzung. In diesem Zusammenhang ist auch die lange Latenz zwischen Initialereignis und auftretender Symptomatik von Bedeutung. Nach Dr. C. ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand, er verweist hierzu auf Foerster/Widder (2007), bei einer längeren Latenz zu berücksichtigen, dass ein Zusammenhang umso plausibler anzusehen ist, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das Ereignis war. Der trotz allem noch glimpflich ablaufende Vorfall hat keinen unmittelbaren, erkennbaren tiefergehenden psychischen Eindruck hinterlassen. Bei Prof. Dr. T. hatte die Klägerin sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern können, anders als später bei der Untersuchung durch Dr. C., wo sie angab, sie habe nach der Flucht aus dem Büro weinen müssen, sei in aufgewühltem Zustand nachhause gegangen und selbst am nächsten Tag habe sie ihr Ehemann nicht zur Arbeit gehen lassen wollen. Wie oben dargelegt ist eine tiefergehende Beeindruckung, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nicht nachgewiesen. Selbst wenn man mit Dr. C. davon ausgeht, dass trotz der Latenz von mindestens vier Jahren der Zusammenhang mit dem Unfallereignis noch herzustellen ist, ist es nach seinen eigenen Ausführungen nur unter den mitwirkenden anderen Bedingungen (naturwissenschaftlich-philosophisch) kausal geworden.
50 
Diese Bedingungen sind entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. T. und Dr. C., die dies offenkundig unterstellen, dem infrage stehenden Versicherungsfall nicht zuzurechnen, sie sind „unfallfremd“. Damit übereinstimmend stuft auch PD Dr. Ro. in seiner Stellungnahme vom 13.07.2010 den Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigung ein, die er als persönlichkeitsbedingte Reaktion bewertet.
51 
Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats. Danach liegt ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang eines psychischen Leidens nicht schon dann vor, wenn in der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Eigenschaften durch das Unfallereignis, die psychischen Unfallfolgen oder durch die Unfallabwicklung des Unfallversicherungsträgers stimuliert werden. Maßstab der wertenden Beurteilung ist vielmehr, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.2010 - L 8 U 1427/10 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verhalten der Polizei und des Arbeitgebers einschließlich der Vorgesetzten und Kollegen ist als ursächliche Bedingung der später aufgetretenen psychischen Beeinträchtigung der Klägerin und deren Unterhaltung weder einer fehlerhaften Unfallabwicklung durch die Beklagte noch irgendwelchen Auswirkungen psychischer Unfallfolgen zuzurechnen. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall ihre Tätigkeit am nächsten Tag fortgeführt, ärztliche oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch genommen und der Beklagten den Vorfall nicht gemeldet. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass präventive Maßnahme oder unterstützende Maßnahmen zur Verarbeitung einer etwaigen Traumatisierung zu ergreifen. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, dass der Dienststelle der Klägerin insoweit überhaupt ein Versäumnis vorzuwerfen ist, hat der Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht für das dem Unfall nachgehende Verhalten des Arbeitgebers einzustehen, es sei denn es ist durch den Arbeitsunfall oder dessen Folgen veranlasst und hat zu wesentlichen Weiterungen der Unfallfolgen beigetragen (z.B. psychische Erkrankung wegen einer arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund unfallbedingter Leistungsbeeinträchtigung). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die seelische Einwirkung durch den Vorfall einer Behandlung oder sonstigen Intervention bedürftig war, denn die Klägerin hatte im Rahmen der Selbsthilfe das Erlebnis verarbeitet, u.a. hatte sie einen Karatekurs belegt, wie Dr. C. und die Psychologin R.-R. ausführen, und hatte keine nach außen sichtbar werdenden funktionellen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bis 2006. Zwar sind Gesundheitsstörungen, die sich wegen der unterbliebenen, notwendigen Behandlung einer unfallbedingten Schädigung entwickelt haben, wesentlich kausal auf den Unfall zurückzuführen. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. wäre bei der Klägerin eine präventive bzw. prophylaktische Intervention sinnvoll gewesen und nicht eine Behandlung akuter/latenter Krankheitserscheinungen. Doch war das Auftreten der Symptomatik 2006 nicht Folge der Fortwirkung einer unbehandelt gebliebenen seelischen Beeindruckung durch den eigentlichen Vorfall, sondern die hierfür ursächliche seelische Beeindruckung der Klägerin beruhte nach den Darlegungen der Sachverständigen gerade auf dem Umstand, dass die Krisenintervention des Arbeitgebers oder des Unfallversicherungsträgers unterblieben ist, bzw. auf einer vermeintlichen Bagatellisierung durch die Polizei, was aufgrund der dargelegten psychodynamischen Prozesse bei der Klägerin das nachvollziehbare, aber ungerechtfertigte Gefühl erweckt hatte, ein Unrecht seitens der Dienststelle, der Polizei und der Beklagten und eine Geringschätzung ihrer Person erfahren zu haben. Dies steht nicht im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis und beruht letztlich allein auf der Zuschreibung der Klägerin. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. T. und Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Vorfall lediglich Anknüpfungspunkt für die bei der vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ablaufenden Bewertungsprozesse ist, was aber deren rechtlich unzutreffende Bewertung einer wesentlichen Mitursache des Arbeitsunfalls nicht zu rechtfertigen vermag.
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Damit fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität mangels nachgewiesenen Gesundheitserstschadens, woran die Feststellung eines Arbeitsunfalls scheitert.
53 
Mangels Arbeitsunfall ist auch die begehrte Feststellung von Unfallfolgen nicht begründet. Weder eine posttraumatischen Belastungsstörung, selbst wenn sie aus medizinischer Sicht eine begründete Diagnose sein mag, die allein die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalitätstheorie zur Grundlage haben kann, noch die von Dr. C. diagnostizierte dissoziative Störung, die der Sachverständiger auf die gleichen Wirkungszusammenhänge zurückführt, können rechtlich Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Darüber hinaus wird die dissoziative Störung nach der von Dr. C. mitgeteilten Definition nach ICD-10 als ursächlich psychogen angesehen und verkörpert häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Erkrankung manifestieren müsse, was ohne nähere Darlegung das auslösende Trauma eher als Gelegenheitsursache im Sinne einer nicht wesentlichen Bedingung nahelegt.
54 
Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben. Die hieran anknüpfenden rechtlichen Fragen, ob damit die im Vollbeweis oder nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegenden Tatsachen einer Primärschädigung, eines wesentlichen unfallbedingten Zusammenhangs bzw. eines Zusammenhangs unfallfremder Konkurrenzursachen nachgewiesen sind, hat der Senat zu entscheiden. Der Anregung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.02.2013, hierzu Dr. C. ergänzend zu hören, musste der Senat daher nicht nachkommen. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag der Klägerin, zum Beweis dafür, dass die bei ihr bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bietet, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung infrage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören, war nicht stattzugeben. Der Senat hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin unterstellt. Dass in der medizinischen Wissenschaft die Kriterien einer verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung bei Beschwerdelatenz möglicherweise unterschiedlich diskutiert werden, wie die insoweit – noch – voneinander abweichenden Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-IV erkennen lassen, war für den Senat nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte es der vom Klägerbevollmächtigten angeregten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zum Vorbringen, dass durch die Versorgung traumatisierter Soldaten in der Medizin seit langem bekannt sei, dass seelische Schädigungen oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt würden (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05.03.2013). Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die genannten Veröffentlichungen (Seite 35 seines Gutachtens) und mit Hinweis auf die internationale Literatur mit Forschung zu der verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen (Seite 36 seines Gutachtens) bereits dargelegt. Nachdem in den richterlichen Hinweisen vom 12.03.2013 und 14.03.2013 diese Gesichtspunkte den Beteiligten erläutert worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte zu den Aufklärungsverfügungen keine Einwendungen erhoben oder seine Anregung auf weitere Ermittlungen nicht weiter konkretisiert.
55 
Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. C., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden auf die Staatskasse übernommen. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.02.2013 - L 8 SB 727/13 B -, vom 19.10.2011 - L 8 SB 3043/11 B; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am klägerischen Prozessziel, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für die Klägerseite günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für das Klagebegehren günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Vorliegend sind die Ausführungen von Dr. C. zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand einer verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung und deren Beurteilungskriterien in der Begutachtungspraxis für die Entscheidung des Senats förderlich gewesen und haben die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen aufgrund ambulanter Untersuchung entbehrlich gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, nur die voraussichtlichen Kosten eines Aktengutachtens für erstattungsfähig zu erklären, da neben der Vermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die nur ein Gutachten nach Aktenlage erfordert hätte, auch die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Klägerin zu klären war, was in der Regel die psychiatrische Exploration im Rahmen einer ambulanten Untersuchung voraussetzt. Dass sich der Senat den aus der Exploration folgenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht angeschlossen hat, ist für die Kostenentscheidung insoweit ohne Belang.
56 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.