Landgericht Wuppertal Urteil, 27. Aug. 2015 - 9 S 52/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, 391 C 146/13, vom 8.1.2015 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
1
,
2Gründe
3I.
4Im Herbst 2012 ließ sich die gesetzlich versicherte Beklagte von der Klägerin zahnärztlich behandeln, nachdem die Klägerin zuvor einen Heil- und Kostenplan erstellt hatte. Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Klägerin von der Beklagten erfolgreich die Bezahlung eines Eigenanteils in Höhe von 3.860,30 € verlangen kann.Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 3.860,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.2.2013 sowie 402,82 EUR außergerichtliche Anwaltskosten und 5 EUR Mahnkosten jeweils nebst Zinsen seit der Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.Das Amtsgericht hat der Klage in der Hauptsache und im Übrigen im Wesentlichen, nämlich bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung (Zinsen auf die Hauptforderung erst ab dem 22.3.2013), stattgegeben. Es sei davon überzeugt, dass die Klägerin die Beklagte darüber aufgeklärt habe, dass die ausgesuchten Leistungen teilweise von dieser privat zu tragen seien. Aus dem der Beklagten übergebenen Heil- und Kostenplan sei für diese die Höhe des Eigenanteils ersichtlich gewesen, so dass mit der Durchführung der Behandlung zwischen den Parteien eine entsprechende Honorarvereinbarung zu Stande gekommen sei. Die Behauptung der Beklagten, eine Aufklärung über die Kosten habe nicht stattgefunden, sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Der Vergütungsanspruch sei nicht analog § 125 BGB wegen fehlender Einhaltung der Schriftform entfallen. Die Beklagte könne sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auf diesen Formmangel nicht berufen.Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erstrebt und die amtsgerichtliche Beweiswürdigung angreift. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor, sie, die Beklagte, habe in ihrer persönlichen Anhörung erklärt, es sei über die Kosten nicht konkret gesprochen worden. Das Amtsgericht Wuppertal habe nicht einsehen wollen, dass im vorliegenden Fall die Klägerin persönlich verpflichtet gewesen sei, sie, die Beklagte, über die Höhe der Leistung aufzuklären und mit ihr den Heil- und Kostenplan zu besprechen. Sie, die Beklagte, habe zu keinem Zeitpunkt die Klägerin beauftragt, sie zu behandeln, wobei sie einen Eigenanteil i.H.v. 3.860,30 € zu tragen hatte. Einzelne Sätze des amtsgerichtlichen Urteils könnten von einer Kaffeesatzleserin stammen.
5II.
6Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann die begehrte Bezahlung der privatärztlichen Zahnarztleistungen nicht verlangen.Gegenstand des Rechtsstreites sind nach dem Vortrag der Klägerin Sonderleistungen, welche nicht von der Krankenkasse vergütet, sondern gegenüber dem Patienten nach GOZ liquidiert werden (Schriftsatz vom 4.4.2014, Seite 1 = Bl. 75 der Akten). Es sei eine ästhetischere Lösung gewünscht worden, die zahnärztlich nicht notwendig gewesen sei (Schriftsatz vom 25.2.2014, Seite 2 = Bl. 60 der Akten).Nach § 1 II 2 GOZ darf ein Zahnarzt Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind. Dabei müssen solche Leistungen und ihre Vergütung gemäß § 2 III 1 und 2 GOZ in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden, wobei der Heil- und Kostenplan vor Erbringung der Leistung erstellt werden muss und die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellungen enthalten muss, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht gewährleistet ist.Eine solche Vereinbarung liegt hier nicht vor und das Fehlen einer solchen Vereinbarung kann auch nicht mit Rücksicht auf Billigkeitsgesichtspunkte als unbeachtlich angesehen werden.Die Beklagte hat sich in Kenntnis des Heil- und Kostenplanes vom 13.9.2012, der einen voraussichtlichen Eigenanteil von 6.838,52 € auswies (Bl. 42ff der Akten), zur Behandlung entschlossen. Unterschrieben hat jedoch keine der Parteien, weil die Beklagte hierzu von Mitarbeiterinnen der Klägerin aufgefordert sagte, sie wolle das Formular mit nach Hause nehmen und übersetzen lassen, und es in der Praxis der Klägerin in der Folge „dadurch gegangen“ ist, das Formular (Bl. 46 der Akten) unterschrieben zurück zu fordern. Das führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß § 125 S. 1 BGB. Denn § 2 III 1 GOZ enthält eine gesetzlich vorgeschriebene Form im Sinne des § 126 I BGB, da nach Art. 2 EGBGB als Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches jede Rechtsnorm und damit auch die GOZ als Rechtsverordnung der Bundesregierung gilt (OLG Köln, 27 U 188/92, bei juris).
7Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Amtsgerichts ist es der Beklagten nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf diesen Formmangel zu berufen.Gesetzliche Formvorschriften dürfen nach ständiger Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur dann zugelassen, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Das Ergebnis muss für die betroffenen Parteien nicht bloß hart, sondern schlechthin untragbar sein (OLG Hamm, 3 U 235/98, bei juris, zum Schriftformerfordernis für eine zahnärztliche Vergütungsvereinbarung). Dafür ist hier schon nichts ersichtlich, wenn auch das Ergebnis aus verständlicher Sicht der Klägerin äußerst unbefriedigend ist.Es handelte sich nicht um einen Notfall, so dass die Klägerin mit der Behandlung hätte zuwarten können, bis die Beschwerdeführerin und Beklagte die Vereinbarung unterschrieben zurückgereicht hätte.Ob die Annahme, das formunwirksame Geschäft aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben als wirksam zu behandeln, auch daran scheitert, dass es am schutzwürdigen Vertrauen der Klägerin fehlt, kann deshalb dahinstehen. Allerdings muss die Partei, die am Rechtsgeschäft festhalten will, auf die Formgültigkeit vertraut haben. § 242 BGB ist unanwendbar, wenn diese Partei den Formmangel kannte (Ellenberger in: Palandt, BGB, 74. Auflage, § 125, Rn. 25 mit weiteren Nachweisen), was hier bei der Klägerin zumindest als ein Kennen-Müssen anzunehmen ist. Denn sie hat ein Formular für den Heil- und Kostenplan benutzt, das ausdrücklich die Unterschriften der Parteien vorgesehen hat. Es war ein Büroversehen, dass die Mitarbeiterinnen der Klägerin nicht darauf geachtet haben, dass das unterschriebene Formular vor Beginn der eigentlichen Behandlung zurück gereicht wurde.Bereicherungsrechtliche Ansprüche sind ebenfalls ausgeschlossen.Dabei würde zwar nicht schon § 814 BGB einer Inanspruchnahme der Beklagten entgegen stehen würde. Danach kann das Geleistete unter anderen dann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende positiv gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.Das OLG Hamm (a.a.O.) hat die Auffassung vertreten, ein bereicherungsrechtlicher Rückgriff sei durch die Spezialregelung des § 30 IV 4 SGB V ausgeschlossen, ohne dies allerdings näher zu begründen. § 30 IV 4 SGB V in der vom 1.10. bis 31.12.1995 geltenden Fassung des SGB V lautete, in den Fällen der Sätze 1-3 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, und betraf aufwändigeren Zahnersatz als notwendig.Der Hinweis der Klägerin, dass die in der genannten Entscheidung herangezogene Norm des § 30 IV 4 SGB V im Herbst 2012 längst aufgehoben war, trifft zwar zu, ändert aber nichts daran, dass bereicherungsrechtliche Ansprüche ausgeschlossen sind. Denn § 30 IV 4 SGB V ist nicht ersatzlos weggefallen. § 28 II 4 SGB V in der im September 2012 geltenden Fassung bestimmt nämlich für Zahnfüllungen, dass vor Beginn der Behandlung zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten eine schriftliche Vereinbarung zu treffen ist, wenn eine über das Notwendige hinausgehende Versorgung gewünscht wird. § 29 SGB V, der kieferorthopädische Maßnahmen regelt, enthält zwar keine entsprechende gesetzliche Formvorschrift. Die Literatur meint jedoch, eine Bezugnahme auf die Regelung in § 28 II 4 SGB V sei nahe liegend (Niggehoff /Axer in: Becker/Kingreen, SGB V gesetzliche Krankenversicherung, 2. Auflage § 29 Rn. 30ff).Davon abgesehen haben die Formvorschriften, die der Verordnungsgeber für Honorarvereinbarungen von Ärzten und Zahnärzten auf wirksamer bundesgesetzlicher Grundlage (§ 15 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde: „die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit“) aufgestellt hat, offensichtlich das Anliegen, dass Honorarvereinbarungen Ausnahmecharakter haben sollen. Mit den Regelungen wird der Zweck verfolgt, den Zahlungspflichtigen wegen der Risiken einer Honorarvereinbarung vor einer übereilten Bindung zu schützen (Uler, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Auflage, § 2 GOÄ, Rn. 27 und 30). Dieser Zweck würde verfehlt, wenn man einem Zahnarzt, der eine formunwirksame Honorarvereinbarung getroffen hat, die Möglichkeit eröffnen würde, über das Bereicherungsrecht wirtschaftlich zum selben Ergebnis zu gelangen.Unter Hinweis auf den Schutzzweck des § 22 BPflV hat auch der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, ein Krankenhauspatient, der auf formnichtiger Grundlage auch Wahlleistungen erhalten habe, sei nicht insoweit ungerechtfertigt bereichert, weil in einem solchen Falle auch diese Leistungen im Rahmen des für sich genommen wirksamen Krankenhausbehandlungsvertrages erbracht worden wären (BGH, III ZR 58/02; vgl. auch BGH, III ZR 169/97; jeweils bei juris).Entsprechendes gilt im vorliegenden Fall. Hier ist zwar die Honorarvereinbarung formnichtig, nicht jedoch der Behandlungsvertrag als solcher, so dass das Fehlen eines Rechtsgrundes zu verneinen ist.
8III.
9Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO einerseits und §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO andererseits.Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.860,30 € (§§ 43 I, 48 I GKG, 6 S. 1 ZPO)Die Kammer hat die Revision zugelassen (543 I Nr. 1, II ZPO), weil die Frage, ob ein Zahnarzt bei formnichtiger Vereinbarung der Vergütung für nicht zahnmedizinisch notwendige Leistungen einen bereicherungsrechtlichen Anspruch hat, bislang vom Bundesgerichtshof nicht geklärt worden ist.
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Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.860,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2013, sowie 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2013 und 5,00 € Mahnkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Zahnärztin. Die Beklagte war vier oder fünf Monate mit einem Deutschen verheiratet und lebt seit 1994 in Deutschland. Im Zeitraum vom 13.09. bis zum 21.12.2012 ließ sich die Beklagte bei der Klägerin behandeln. Die Beklagte bezieht eine kleine Witwenrente und zusätzlich Zuwendungen des Sozialamtes. Am 03.09.2012 stellte sich die Beklagte in der Praxis der Klägerin vor, weil Facetten im Oberkiefer zu reparieren waren. In der Praxis wurde mit der Beklagten am 04.09.2012 in Gegenwart des Technikers der Gang der Behandlung besprochen. Die Beklagte erzählte dabei, dass sie mit dem Vorbehandler wegen dessen Rechnung einen Disput gehabt habe. Sie sei über dessen zusätzliche Kosten nämlich nicht aufgeklärt worden. Vorab erstellte die Klägerin am 13.09.2012 einen Heil- und Kostenplan (Anlage K4 Bl. 42 d. A.) über die Höhe der gesamten Kosten und den auf die Beklagte entfallenden Eigenanteil in Höhe von 3.860,30 € und einen Heil- und Kostenplan mit reinen Kassenleistungen, die die Beklagte am selben Tag erhielt. Der am Empfang arbeitenden Q F teilte sie mit, dass sie die Anlage zum Heil- und Kostenplan, auf der sie ihr Einverständnis mit dieser Versorgung hätte erklären müssen, mit nach Hause nehmen und übersetzen lassen wolle. Sie ließ den Heil- und Kostenplan mit dem Eigenanteil genehmigen und reichte ihn an die Praxis der Klägerin zurück. Am 21.11.2012 wurde mit der Arbeit begonnen. Die Klägerin versorgte einen Zahn mit einer Vollkrone, ein Lückengebiss mit einer Brücke und ein Lückengebiss mit einer zusammengesetzten Brücke. Dabei wurden eine mehrflächige Verblendung aus Keramik und eine keramikverblendete Krone mit Geschiebe als Halterung statt der Kassenleistung mit Verblendung der Kronen nur nach außen und einer Verklammerung vorgenommen. Nach Abschluss der Behandlung erteilte die Klägerin der Beklagten am 31.12.2012 eine Eigenanteilsrechnung über 3.860,30 €. Den Betrag mahnte die Klägerin am 25.02.2013, 22.03.2013 und 16.04.2013 an. Mit Schreiben vom 24.05.2013 mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte letztmalig.
3Die Klägerin behauptet, die Beklagte sei darauf hingewiesen worden, dass sie einen Eigenanteil zu entrichten habe, falls sie Leistungen wünsche, die von der Krankenkasse nicht bezahlt würden. Beim Gespräch mit der Klägerin habe die Beklagte erklärt, dass ihr bekannt sei, dass sie eventuell einen Eigenanteil zu tragen habe und dass sie bereit sei, diese zusätzlichen Kosten selbst zu tragen. Bei dem Gespräch mit dem Techniker am 11.09.2012 seien der Beklagten verschiedene Fotos von verschiedenen Behandlungsergebnissen von Kassenversionen und teureren Versionen mit einer besseren Versorgung gezeigt worden. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass es eine preiswertere Lösung gebe, die voll von der Krankenkasse bezahlt werde. Die Beklagte habe ausdrücklich die teurere Version, nämlich die komplette Verblendung der Zähne in Edelmetall gewollt. Die Unterzeichnung der Anlage zum Heil- und Kostenplan habe die Beklagte mit der Begründung verweigert, dass sie zwar alles verstanden habe, aber die deutsche Schrift nicht lesen könne. Bei der Überweisung zum Chirurgen für Röntgenaufnahmen und eventuell erforderlich werdende chirurgische Maßnahmen sei erneut über die Kosten gesprochen worden, insbesondere sei darauf hingewiesen worden, dass die von der Beklagten gewünschte Verblendung der Zähne in Edelmetall nicht als Kassenleistung erbracht werden könne. Die Beklagte habe sich mit dem Heil- und Kostenplan ausdrücklich einverstanden erklärt. Am Tag der ersten Arbeit sei die Beklagte erneut über die Kosten aufgeklärt worden. Die Beklagte habe erklärt, dass von ihr selbst zu tragende Kosten kein Problem darstellen würden, da ihr in Amerika lebender Sohn ihr diese Kosten zur Verfügung stellen werde. Die Beklagte verstehe und spreche die deutsche Sprache sehr gut. Nach Erhalt der Rechnung sei die Beklagte im Januar 2013 in der Praxis erschienen und habe über den Rechnungsbetrag handeln wollen. Sie habe einen Betrag von 2.500,00 € angeboten. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte arglistig handele, wenn sie sich nunmehr auf die fehlende schriftliche Vereinbarung berufe.
4Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie
53.860,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2013,
6402,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit der Zustellung des Mahnbescheids und
75,00 € Mahnkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie behauptet, dass sie „zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen“ worden sei, „dass sie einen Eigenanteil in Höhe von 3.860,30 €“ zu zahlen habe. Diesbezüglich sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden. Die Klägerin habe sogar bei der Behandlung der Beklagten erklärt, dass keine weiteren Kosten auf sie zukommen werden. Dieses Gespräch sei mehr als einmal geführt worden. Sie habe die Klägerin wiederholt auf die Tatsache hingewiesen, dass sie eine kleine Rente beziehe und von Hartz IV lebe und keine Privatleistung wolle. Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei zu einer Vereinbarung nach § 28 Abs. 2 SGB V verpflichtet gewesen.
11Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.05.2014 durch Vernehmung der Zeugen B M, Q F und D L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2014 (Bl. 140 ff.) verwiesen.
12Der Mahnbescheid wurde am 26.07.2013 zugestellt.
13Entscheidungsgründe
14Die Klage ist begründet.
15Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die begehrte Vergütung aus § 611 Abs. 1 BGB. Auch bei der Anpassung und Eingliederung von Brücken steht die Heilbehandlung im Vordergrund und findet daher Dienstvertragsrecht Anwendung.
16Das Gericht ist überzeugt, dass die Klägerin die Beklagte darüber aufgeklärt hat, dass die von der Beklagten ausgesuchten Leistungen teilweise von der Krankenkasse nicht erstattet werden und daher von dieser privat zu tragen waren. Aus dem der Beklagten mitgegebenen Heil- und Kostenplan war für die Beklagte auch die genaue Höhe dieses Eigenanteils ersichtlich. Aufgrund der durch den Vorbehandler abgerechneten Privatleistungen war die Beklagte für eventuelle Eigenleistungen besonders sensibilisiert. Unstreitig hat sie auch zwei Heil- und Kostenpläne mitgegeben bekommen, wovon sie den mit der Privatleistung hat genehmigen lassen. Indem die Behandlung sodann durchgeführt wurde, ist zwischen den Parteien eine entsprechende Honorarvereinbarung zustande gekommen. Schon nach den persönlichen Anhörungen der Parteien war die Sachverhaltsschilderung durch die Klägerin viel überzeugender als die der Beklagten. Diese hatte sich schriftsätzlich zunächst lediglich darauf berufen, dass eine schriftliche Vereinbarung fehle. Als das Gericht darauf hinwies, dass dies den Klageanspruch nicht entfallen lässt, wurde eine Aufklärung über die Kosten bestritten. Die Klägerin war in der mündlichen Verhandlung um wahrheitsgemäße Angaben bemüht. Sie räumte Wissenslücken ein. Sie räumte zudem ein, dass die Beklagte entgegen des bisherigen schriftsätzlichen Vortrages sie tatsächlich über ihre kleine Rente informiert hatte. Als zusätzliches Detail ergänzte die Klägerin, dass sie den Vorschlag gemacht habe, sich ans Jobcenter zu wenden. Dies macht nur im Zusammenhang mit einem Gespräch über Privatleistungen Sinn.
17Die Beklagte wiederum trug vor, dass sie mehrfach gesagt habe, keine Privatleistung zu wollen. Auf Nachfrage, warum sie dies geäußert haben sollte, wenn von einer Privatleistung nicht die Rede gewesen sei, erklärte sie zunächst, dies gesagt zu haben, als ihr die Rechnung präsentiert worden sei. Auf zweimaligen Vorhalt, dass dies aber keine mehrfachen Äußerungen dazu vor der Behandlung erkläre, erklärte sie dies lediglich mit ihrer fehlenden Leistungsfähigkeit. Diese Angaben der Beklagten sind schon in Bezug auf den Zeitpunkt der erstmaligen Äußerung, keine Privatleistung zu wollen, widersprüchlich und auch bezüglich der Frage des Anlasses für die Äußerung nicht nachvollziehbar. Entscheidend gegen die Angaben der Beklagten spricht auch ihr Versuch, ihre Sprachkenntnisse als schwach darzustellen. Unstreitig ist die Beklagte sowohl in der Praxis der Klägerin als auch in der Praxis des Vorbehandlers mit einer Verständigung auf Deutsch zu Recht gekommen. Auch der Zeuge M hat eine normale Unterhaltung mit ihr glaubhaft bestätigt. Zudem wurde im Prozess ein Dolmetscher zunächst nicht und dann auf Nachfrage des Gerichts doch verlangt und eventuelle Verständigungsschwierigkeiten nicht vorgetragen. Im ersten Verhandlungstermin zeigte die Beklagte mehrfach Ansätze, die Frage der Richterin zu beantworten, bevor der Dolmetscher übersetzt hatte und wies ihn auch in der zweiten Verhandlung zunächst an, nur zu übersetzen, wenn sie ihm Bescheid sagen würde, dass sie etwas nicht verstünde. Später weigerte sich die Beklagte, die Frage zu beantworten, ob ihr die Fotos wirklich nicht vorgehalten wurden.
18Die Zeugin L hat die Aufklärung der Beklagten über die Privatleistungen glaubhaft bestätigt. Ihre Angaben waren detailreich auch in Randpunkten. Andererseits räumte sie ein, wenn sie Einzelheiten nur aufgrund Hörensagen wusste. Der Vortrag der Beklagten ist im Vergleich detailarm und nicht nachvollziehbar. Die Vereinbarung der durchgeführten Maßnahmen wird nicht geschildert.
19Der Vergütungsanspruch ist nicht analog § 125 BGB wegen fehlender Einhaltung der Schriftform entfallen. Zwar müssen nach § 2 Abs. 3 GOZ Leistungen nach § 1 Abs. 2 S. 2 GOZ und ihre Vergütungen in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden und bei den über den Eigenanteil abgerechneten Leistungen handelt es sich um nicht medizinisch erforderliche Leistungen i. S. v. § 1 Abs. 2 S. 2 GOZ. Die Schriftform ist wegen der fehlenden Unterschrift der Beklagten unter dem Heil- und Kostenplan nicht eingehalten. Die Beklagte kann sich jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auf diesen Formmangel nicht berufen. Unstreitig hat sich die Beklagte die erhaltenen Leistungen, die zudem unstreitig keine reinen Kassenleistungen waren, selbst ausgesucht. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass die Beklagte über den Unterschied zwischen Kassen- und Privatleistung aufgeklärt wurde und den schriftlichen Heil- und Kostenplan mitbekommen hatte und zwischen den zwei Plänen den mit den teilweisen Privatleistungen auswählte und genehmigen ließ. Der Formzweck war daher bereits erfüllt. Zudem bat sie ausdrücklich darum, die Anlage zum Heil- und Kostenplan nicht unterschreiben zu müssen, weil sie ihn sich nochmal übersetzen lassen wollte. Es ist nicht dargetan, dass dies gescheitert wäre. Es ist treuwidriges Verhalten wenn man in Kenntnis einer persönlich treffenden Leistungspflicht Arbeiten an sich durchführen lässt und sich dann auf die Nichteinhaltung der Schriftform berufen will (AG Saarbrücken 37 C 305/04 U. 3.11.2004).
20Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB. Zinsen konnten auf die Hauptforderung, da auch auf gerichtlichen Hinweis hin, die in der ersten Mahnung gesetzte Frist nicht mitgeteilt worden ist, erst ab dem Zeitpunkt der zweiten Mahnung zugesprochen werden. Es wurde der beantragte Zinssatz zugesprochen.
21Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Mahnkosten in Höhe von 402,82 € und 5,00 € aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
23Streitwert: 3.860,30 €
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht.
(2) Versicherte leisten zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert.
(3) Der Vertragszahnarzt rechnet die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.
(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei sind auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben.
(5) Wählen Versicherte im Fall von kieferorthopädischen Behandlungen Leistungen, die den im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel unterscheiden (Mehrleistungen), haben die Versicherten die Mehrkosten, die durch diese Mehrleistungen entstehen, selbst zu tragen. In diesem Fall ist von dem behandelnden Zahnarzt gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die vergleichbare im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildete kieferorthopädische Leistung als Sachleistung abzurechnen. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
(6) Der Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2022 einen Katalog von Leistungen, die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können. Er kann solche nicht im Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die nicht als Mehrleistungen anzusehen sind (Zusatzleistungen). Sofern es zur Abgrenzung zwischen Mehrleistungen und den im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen erforderlich ist, konkretisiert der Bewertungsausschuss die im einheitlichen Bewertungsmaßstab abgebildete kieferorthopädische Leistung.
(7) Werden im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung neben kieferorthopädischen Leistungen, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildet sind, Mehrleistungen oder Zusatzleistungen erbracht, ist der Versicherte vor Beginn der Behandlung vom behandelnden Zahnarzt über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen mündlich aufzuklären und ist eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile aufgeschlüsselt nach Leistungen gegenübergestellt werden. Hiermit ist eine schriftliche oder elektronische Erklärung des Versicherten zu verknüpfen, dass er über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen aufgeklärt worden ist. Die Bundesmantelvertragspartner vereinbaren für die schriftliche Vereinbarung nach Satz 1 und für die Erklärung des Versicherten nach Satz 2 verbindliche Formularvordrucke und bestimmen den Zeitpunkt, ab dem diese verbindlich zu verwenden sind.
(8) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überprüfen anlassbezogen die Einhaltung der Informations- und Aufklärungspflichten aus Absatz 7 Satz 1. Der behandelnde Zahnarzt ist verpflichtet, der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Verlangen die Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und die Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 vorzulegen. Soweit es zur Nachvollziehbarkeit der vereinbarten Mehr- und Zusatzkosten erforderlich ist, kann die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung auch behandlungs- und rechnungsbegründende Unterlagen von dem behandelnden Zahnarzt anfordern. Der behandelnde Zahnarzt ist in diesem Fall zur Übermittlung der behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen verpflichtet, wenn der Versicherte ihm gegenüber in die Übermittlung schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dürfen die in der Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und der Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 enthaltenen Daten sowie die Daten, die in den ihnen übermittelten behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen enthalten sind, nur verarbeiten, soweit dies für die Prüfung nach Satz 1 erforderlich ist.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.
(1) Durch Vereinbarung kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Für Leistungen nach § 5a ist eine Vereinbarung nach Satz 1 ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2) oder eines abweichenden Punktwerts (§ 5 Abs. 1 Satz 3) ist nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung nach Satz 1 abhängig gemacht werden.
(2) Eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muß neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, daß eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
(3) Für Leistungen nach den Abschnitten A, E, M und O ist eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 unzulässig. Im übrigen ist bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären wahlärztlichen Leistungen eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 nur für vom Wahlarzt höchstpersönlich erbrachte Leistungen zulässig.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte ist Chefarzt einer Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. In dieser Klinik befand sich von Juli bis September 1995 H. P., der bei der Klägerin eine Krankheitskostenversicherung unterhielt, in stationärer Behandlung. Die formularmäßige Wahlleistungsvereinbarung, in der als gesondert berechenbare Wahlleistungen die ärztlichen Leistungen aller an der Behandlung beteiligten und liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses und die Unterbringung in einem Zweibettzimmer angekreuzt sind, trägt nur die Unterschrift von H. P.
Der Beklagte stellte im Januar 1996 für seine ärztlichen Leistungen ins- gesamt 44.049,28 DM in Rechnung. Die Klägerin überwies dem Beklagten unter Abzug einzelner Rechnungsposten 30.236,74 DM.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung dieses Betrags. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Zahlung der 30.236,74 DM ohne Rechtsgrund erfolgte.
a) Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750) sind Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren. Demgemäß ist nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB die Form grundsätzlich nur gewahrt, wenn alle die Wahlleistungen betreffenden Erklärungen in derselben Urkunde niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sind. Trägt das Wahlleistungsformular - wie hier - nur die Unterschrift des Patienten und nicht (auch) die Unterschrift eines Vertreters des Krankenhauses, so ist die Wahlleistungsvereinbarung gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig (Senatsurteil BGHZ 138, 91, 92 f).
b) Fehlt es an einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung, so steht dem behandelnden liquidationsberechtigten Krankenhausarzt wegen § 139 BGB auch dann kein (besonderer) Vergütungsanspruch aus § 612 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Gebührenordnung für Ärzte zu, wenn zwischen ihm und dem Patienten mündlich ein Arztzusatzvertrag geschlossen worden sein sollte (Senatsurteil aaO S. 95 ff). Auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht nicht. Die erbrachten ärztlichen Leistungen sind in einem solchen Falle nur als Leistung des Krankenhauses im Rahmen des - wirksamen - Krankenhausbehandlungsvertrags zwischen dem Träger des Krankenhauses und dem Patienten anzusehen. Dies ist unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 22 BPflV auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn sich feststellen ließe , daß der Patient aufgrund der vermeintlich geschlossenen Wahlleistungsabrede in den Genuß einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden ärztlichen Versorgung gekommen wäre, die er in diesem Umfang als bloßer Regelleistungspatient nicht erhalten hätte (Senatsurteil aaO S. 99).
c) Somit bestand wegen der Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung weder ein Vergütungsanspruch des Beklagten gegen den von ihm behandelten Patienten noch ein Erstattungsanspruch des Patienten gegen die Klägerin aus dem bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrag (s. hierzu BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - IV ZR 61/97 - NJW 1998, 1790, 1791 f.).
2. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Zwischen ihr und der Erbin des mittlerweile verstorbenen Versicherungsnehmers ist entgegen der Auffassung der Revision ein wirksamer Abtretungsvertrag über etwaige dem Patienten gegenüber dem rechnungstellenden beklagten Arzt zustehende Rückforderungsan-
sprüche zustande gekommen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 - VIII ZR 370/97 - NJW 1999, 2179 f). Es kann daher offenbleiben, ob der Klägerin ungeachtet dessen, daß mit ihrer Zahlung (auch) eine (vermeintliche) Verbindlichkeit des Patienten gegenüber dem behandelnden Arzt aus § 612 Abs. 2 BGB getilgt werden sollte, ein Kondiktionsanspruch nicht aus fremdem, sondern aus eigenem Recht zusteht, sei es, weil für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von einer Drittzahlung des Krankenversicherers nach § 267 BGB auszugehen ist (wie die Rechtsprechung für den Fall der Zahlung des Haftpflichtversicherers an den Gläubiger des bei ihm versicherten Haftpflichtschuldners annimmt, vgl. BGHZ 113, 62, 68 ff; BGH, Urteil vom 29. Februar 2000 - VI ZR 47/99 - NJW 2000, 1718, 1719), sei es, weil unter dem Gesichtspunkt des "Doppelmangels in der Bereicherungskette" ausnahmsweise ein Durchgriff der Klägerin gegen den Beklagten zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2001 - VI ZR 36/00 - NJW 2001, 2880, 2881).
3. Vergeblich beruft sich die Revision darauf, ein Bereicherungsanspruch scheitere an § 814 BGB, wonach das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war.
Dieser Kondiktionsausschluß greift nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, daß er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, daß er nach der Rechtslage nichts schuldet (vgl. nur BGHZ 113, 62, 70; BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96 - NJW 1997, 2381, 2382 m.w.N.). Zweifel daran, daß diese Voraussetzungen vorliegen, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers (Palandt/Sprau, BGB,
61. Aufl., § 814 Rn. 11). Gemessen daran hat das Berufungsgericht zu Recht den Einwand aus § 814 BGB nicht durchgreifen lassen.
Ob im Rahmen des § 814 BGB dann, wenn - wie hier - ein behandelter Patient bei der Begleichung einer Arztrechnung seinen Krankenversicherer einschaltet, (allein) auf das Wissen des Versicherungsnehmers oder (auch) auf das Wissen des Krankenversicherers abzustellen ist - sei es, weil er als der Leistende im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB anzusehen ist, sei es, weil dem Versicherungsnehmer das Wissen des Versicherers zuzurechnen ist -, kann dahinstehen.
Daß der Versicherungsnehmer der Klägerin selbst wußte, daß die Wahlleistungsvereinbarung unwirksam ist, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, (auch) die Klägerin selbst habe nicht die erforderliche Kenntnis der Nichtschuld gehabt, ist rechtsfehlerfrei getroffen worden.
Der Umstand, daß die Klägerin gegenüber dem Beklagten eine Reihe von Beanstandungen hinsichtlich einzelner berechneter "GOÄ-Ziffern" erhoben hat, macht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, deutlich, daß die Klägerin ihre Einstandspflicht dem Grunde nach nicht in Zweifel gezogen hat. In diesem Zusammenhang konnte, entgegen der Auffassung der Revision, das Berufungsgericht offenlassen, ob den Behandlungsunterlagen, die die Klägerin bei der Beklagten im Rahmen der Prüfung ihrer Einstandspflicht angefordert hatte, die Wahlleistungsvereinbarung beigefügt war. Bejahendenfalls be-
deutete dies noch nicht, daß der zuständige Sachbearbeiter der Klägerin die Vereinbarung in Augenschein genommen, das Fehlen der Unterschrift eines Vertreters des Krankenhauses bemerkt und hieraus die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen hat.
4. Dem Berufungsgericht ist weiter darin zuzustimmen, daß auch im übrigen die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs durch die Klägerin nicht treuwidrig ist. Vergeblich macht die Revision geltend, der Beklagte habe aufgrund des mit der Klägerin geführten Schriftwechsels darauf vertrauen dürfen, daß "die Angelegenheit abschließend geregelt" sei. Ein dahingehendes Vertrauen konnte allenfalls bezüglich der Rechnungshöhe entstanden sein mit der Folge, daß die Klägerin möglicherweise eine Rückzahlung nicht mehr mit der Begründung verlangen könnte, sie habe einzelne Gebührenpositionen zu Unrecht als "GOÄ-mäßig" erachtet und bezahlt. Ein schützenswertes Vertrauen des Beklagten darauf, er könne die empfangenen Zahlungen auch für den Fall behalten, daß im nachhinein die Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung entdeckt wird, ist nicht anzuerkennen.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.