Landgericht Schweinfurt Endurteil, 04. März 2016 - 22 O 539/15

published on 04/03/2016 00:00
Landgericht Schweinfurt Endurteil, 04. März 2016 - 22 O 539/15
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Subsequent court decisions
Oberlandesgericht Bamberg, 1 U 48/16, 17/11/2016

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 6.268,69 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem beendeten Lebensversicherungsvertrag geltend.

Der Antrag des Klägers vom 05.02.1997 (Anlage K 1) enthält folgende Belehrung:

„Rücktrittsrecht Sie haben als Versicherungsnehmerdas Recht, innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages vom Vertrag zurückzutreten. Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung. Die Belehrung über Ihr Rücktrittsrecht bestätigen Sie mit der nachfolgenden Unterschrift.

Datum Unterschrift des Antragstellers.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Bei der Antragstellung erhielt der Kläger das ... - Bedingungsheft für die Lebens- und Rentenversicherung, in welches Verbraucherinformationen und Versicherungsbedingungen eingeschlossen waren.

Die Beklagte nahm den Antrag an. Der Kläger erhielt den Versicherungsschein vom 24.02.1997.

Der Kläger zahlte die vereinbarten Beiträge bis 31.10.2013.

Mit Schreiben vom 25.09.2013 (Anlage K 5) hat der Klägervertreter den Widerspruch/Rücktritt/Widerruf, hilfsweise die Kündigung erklärt. Die Beklagte hat die Erklärung als Kündigung zum 31.10.2013 anerkannt.

Mit Schreiben vom 11.11.2013 (Anlage K 6) hat der Klägervertreter unter Vorlage einer Vollmacht erneut die Rückabwicklung geltend gemacht.

Der Kläger macht geltend, es fehle an einer hinreichend deutlichen Gestaltung der Widerrufsbelehrung. Die Belehrung sei auch aus zwei Gründen inhaltlich mangelhaft. Es werde nicht deutlich gemacht, was mit „Abschluss des Vertrages“ gemeint sei. Auch werde nicht mitgeteilt, in welcher Form der Rücktritt zu erfolgen habe.

Hinsichtlich des klägerischen Vortrags zur Anspruchshöhe wird auf die Klageschrift und die Replik Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.268,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2013 zu zahlen;

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 939,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger könne sich nicht auf ein Rücktrittsrecht berufen. Beim Vertragsschluss - im konkreten Fall nach dem Antragsmodell - sei eine drucktechnische Hervorhebung nicht erforderlich. Die Belehrung habe auch den inhaltlichen Anforderungen genügt.

Hinsichtlich des Beklagtenvortrages zur Anspruchshöhe wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2016 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Dem Kläger steht kein Anspruch nach § 812 I 1 BGB zu. Die Erklärung des Klägers aus dem Jahr 2013 war verfristet, da seine 1997 erfolgte Belehrung sowohl formalen wie inhaltlichen Erfordernissen genügte.

1. Die Belehrung ist hinreichend deutlich. Die Belehrung befindet sich räumlich unmittelbar vor der Unterschriftenzeile, fällt damit besonders in den Blick und ist nicht in einen Text eingebettet oder gar „versteckt“. Eine drucktechnische Hervorhebung liegt weiterhin insbesondere durch den Fettdruck vor; eine solche drucktechnische Hervorhebung wäre indes im vorliegenden Fall beim Abschluss nach dem Antragsmodell schon nicht gesetzlich geboten gewesen. Die für das Rücktrittsrecht geltenden Anforderungen für die Klarheit und Hervorhebung der Belehrung (vgl. OLG Köln, Urt. v. 01.08.2014 - Az: 20 U 21/14 = NJOZ 2015, 592) sind im vorliegenden Fall erfüllt. Es handelt sich mithin um eine Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 - IV ZR 260/11 = NJW 2015, 1023; BGH Urt. v. 16.10.2013- IV ZR 52/12 = NJW 2013, 3776).

2. Die Belehrung genügt auch den inhaltlichen Erfordernissen.

a.) Einer gesonderten Belehrung über den Terminus „Abschluss des Vertrages“ war nicht erforderlich. Es handelt sich zum einen um den Wortlaut der entsprechenden gesetzlichen Vorschrift des § 8 V WG a.F.. Zum anderen würde eine inhaltlich in allen Einzelheiten und Varianten erläuternde Differenzierung dieses Begriffes zu einer notwendigen Darstellung des Vertragsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches im Einzelnen führen, welches der zu belehrenden Person keine Klarheit, sondern nur eine Fülle von Wissen über rechtliche Grundlagen des Vertragsrechts im Allgemeinen vermitteln würde. Dies mag interessant sein, ist indes nicht Sinn und Zweck einer Belehrung und kann von Klägerseite auch nicht verlangt werden.

b.) Die Belehrung ist auch hinsichtlich der gebotenen Form der Erklärung nicht inhaltlich unzutreffend oder unzureichend. Aus der Venwendung des Wortes „Absendung“ ergibt sich, dass ein mündlicher Rücktritt nicht ausreichend ist (vgl. auch OLG München, Urt. v. 23.10.2014 - Az.: 14 U 875/14 = BeckRS 2014, 20160). Es kann nicht Sache des Versicherers sein, die insoweit unklare [damalige] gesetzliche Bestimmung im Rahmen der Belehrung in bestimmter Weise auszulegen; vielmehr reicht es aus, wenn die Belehrung sich am Gesetzestext orientiert, was hier geschehen ist (vgl. OLG Köln, Urt. v. 21.10.2011 - Az: 20 U 138/11 zitiert nach juris; OLG Hinweisbeschluss v. 21.03.2010 - Az.: 20 U 189/11 = BeckRS 2016, 00386).

3. Ein Rückforderungsanspruch des Klägers auf geleistete Prämien (abzüglich des Rückkaufswertes) und geleisteter Zinsen besteht somit nicht.

4. Mangels eines Anspruches in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund Verzugs.

5. Die Klage war daher abzuweisen.

II.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

III.

Die Entscheidung zum Streitwert folgt aus § 3 ZPO i.V.m. §§ 48 11, 63 II GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 16/10/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 52/12 Verkündet am: 16. Oktober 2013 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. §
published on 17/12/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR260/11 Verkündet am: 17. Dezember 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a. F. (Fassung vom 21.
published on 01/08/2014 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Januar 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen ‑ 9 O 307/13 - wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Dieses Urteil und das angefocht
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.