Landgericht Münster Urteil, 16. Juli 2021 - 022 O 12/21

ECLI:lg-munster
erstmalig veröffentlicht: 18.11.2021, letzte Fassung: 13.12.2021

Eingereicht durch

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann

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Gericht

Landgericht Münster

Zusammenfassung des Autors

Werbung mit (Non-Equity-) oder (Salary-) "Partnerinnen" oder "Partnern" ist unzulässig, wenn es sich nicht um echte Teilhaber(innen) einer Partnerschaftsgesellschaft handelt. Siehe dazu auch BRAK-Mitteilungen 6/2021, Seiten 393-395.

Leitsätze der/s Einreichenden

Bei der Werbung einer Rechtsanwaltskanzlei mit dem Status von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt es nicht auf die Branchenüblichkeit an, sondern vielmehr auf den wahren Status und darauf, ob gewöhnliche Rechtssuchende die Bedeutung zutreffend erfassen. Der Begriff „Non-Equity-Partner“ wird von Rechssuchenden - insbesondere Verbraucherinnen und Verbrauchern - überwiegend gerade nicht dahingehend verstanden, dass es sich lediglich um einen Angestellten handelt.

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn Dr. Andreas Neumann, Wienburgstr. 207, 48159 Münster, Klägers, 

Prozessbevollmächtigte: RA Malte Mörger, Rechtsanwälte HKMW Heimann, Mörger, Sachsenring 43, 50677 Köln, 

 

gegen

Herrn Prof. Dr. ..., Beklagten, 

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte DURY LEGAL, Beethovenstr. 24, 66111 Saarbrücken, 

hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster 

auf die mündliche Verhandlung vom 16.07.2021 

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Bringemeier 

für Recht erkannt:

  1. Dem Beklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, Rechtsberatungsdienstleistungen anzubieten und hierbei angestellte Rechtsanwälte als „Partner“ zu bezeichnen, wie geschehen am 27.01.2021 unter der Webadresse … und nachfolgend wiedergegeben: (…)
  2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.501,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.03.2021 Zug um Zug gegen Vorlage einer den Vorsteuerabzug ermöglichenden, auf den Beklagten lautenden Rechnung über die Leistung „Abmahnung HKMW Rechtsanwälte vom 27.01.2021“ zu zahlen.
  3.  Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
  4.  Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € vorläufig vollstreckbar. 

 

Tatbestand

Die Parteien sind Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in …, die im Bereich des Baurechts tätig sind und ihre Dienstleistungen auch im Internet anbieten. Der Beklagte warb auf seiner Webseite unter der aus dem Tenor ersichtlichen Webadresse für seine Dienstleistungen im Rahmen der Vorstellung des bei ihm angestellten Rechtsanwaltes wie folgt (aus Datenschutzgründen hier erheblich gekürzt, Hervorhebungen durch den Einreicher): 

Rechtsanwalt und Fachanwalt ... für Bau- und Architektenrecht (...)

Fachanwalt für Verwaltungsrecht 

Partner 

… entstammt einer … und ist seit vielen Jahren als Anwalt auf Baurecht spezialisiert. 

Zwischen …  und … war … ehrenamtliches Mitglied im … der Stadt … und - als Experte für Immobilienrecht - mehrere Jahre lang in der Mitgliederberatung für den Verband „Haus und Grund“. 

Seit dem … ist … zudem als Lehrbeauftragter an … tätig.

… ist (Non-Equity-)Partner und Leiter des Standortes … und … ist an den Standorten … und … für Sie da.

Hier finden Sie eine Übersicht der Veröffentlichungen (Aufsätze und Kommentierungen, Urteilsbesprechungen und Rezensionen, Monographien).“

Wegen des äußeren Erscheinungsbildes der Vorstellung des angestellten Rechtsanwaltes auf der Webseite des Beklagten wird auf den in der Klageschrift wiedergegebenen Screenshot-Ausschnitt (BI. 3 d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 27.01.2021 (Anlage HKMW 1, BI. 5 ff. d. A.) mahnte der Kläger den Beklagten unter Bezugnahme auf die werbende Vorstellung des angestellten Rechtsanwaltes … wegen der Verwendung der Bezeichnung „Partner“ ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 10.02.2021 (Anlage HKMW 2, BI. 8 ff. d. A.) als unberechtigt zurück.

Der Kläger ist der Ansicht, durch die Verwendung der Bezeichnung „Partner“ rufe der Beklagte bei den angesprochenen Verkehrskreisen die unzutreffende Vorstellung hervor, der so bezeichnete Mitarbeiter sei Gesellschafter und damit Teilinhaber des beworbenen Unternehmens Die Werbung enthalte damit zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmens, indem der Eindruck erweckt wird, die Beratung werde in Person des Rechtsanwaltes … durch einen Inhaber und nicht lediglich durch einen angestellten Rechtsanwalt erbracht. Bekannt sei, dass Rechtssuchende die Beratung durch einen Kanzleiinhaber (Partner) der Beratung und Vertretung durch einen angestellten Rechtsanwalt vorziehen. Die Irreführung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass der Beklagte später im Text vor die Bezeichnung „Partner“ in Klammern den Zusatz „Non-Equity“ gestellt habe. Denn es sei nicht verbürgt, dass jeder Webseitenbesucher den Text vollständig liest und darüber hinaus sei die Bedeutung des Zusatzes „Non-Equity“ nicht allgemein bekannt.

Der Kläger beantragt,

  1. dem Beklagten unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu untersagen, Rechtsberatungsdienstleistungen anzubieten und hierbei angestellte Rechtsanwälte als „Partner" zu bezeichnen, wie geschehen am 27.01.2021 unter der Webadresse … und nachfolgend wiedergegeben: (…)
  2. den Beklagten zu verurteilen, an den ihn 1.501,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.03.2021 Zug um Zug gegen Vorlage einer den Vorsteuerabzug ermöglichenden, auf den Beklagten lautenden Rechnung über die Leistung „Abmahnung HKMW Rechtsanwälte vom 27.01.2021“ zu zahlen.

 

Der Beklagte beantragt, 

die Klage abzuweisen. 

Der Beklagte ist der Ansicht, die Bezeichnung des angestellten Rechtsanwaltes … als „Partner“ stelle wegen der in derselben Schriftgröße und auf einem normal großen Bildschirm ohne Scrollen wahrnehmbaren Erläuterung: „(…) ist (Non- Equity-)Partner (...)“ keine Irreführung dar. Der Begriff „Non-Equity“-Partner sei allgemein verständlich und finde im Kontext von Rechtsanwaltskanzleien gängigen Gebrauch. Die Verwendung der Bezeichnung „Non-Equity-Partner“ sei auch nicht wettbewerbswidrig. Ansonsten würden alle Wirtschaftskanzleien, die ihre Berufsträger als „Non-Equity-Partner“ im Außenauftritt bezeichnen irreführend handeln, wenn die Berufsausübungseinheit, bei der sie beschäftigt sind, nicht als Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des PartGG organisiert wäre. 

Der Beklagte beruft sich ferner auf Verwirkung und die Einrede der Verjährung. In diesem Zusammenhang trägt er vor, in seiner Kanzlei sei die Bezeichnung als „Non-Equity- Partner“ bereits während der Anstellung des Klägers als Rang oder Status im Rahmen einer Beförderung innerhalb des Kreises der angestellten Rechtsanwälte angesehen und nicht als Darstellung eines gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Sachverhalts wahrgenommen worden. Auch schon während der Beschäftigungszeit des Klägers in seiner Kanzlei sei Rechtsanwalt - zum Beispiel auf der Kanzlei-Internetseite vom 26.01.2016 - als „Non-Equity-Partner“ bezeichnet worden. Mithin habe der Kläger zum Zeitpunkt seiner Abmahnung seit mehr als fünf Jahren Kenntnis von der Praxis der Verwendung der Bezeichnung gehabt, ohne hieran Anstoß zu nehmen.

Der Kläger tritt der Verwirkung und der Einrede der Verjährung unter Hinweis darauf entgegen, dass kein Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung der Bezeichnung „(Non-Equity-)Partner geltend gemacht werde. Kenntnis von der Verwendung der alleinstehenden Bezeichnung „Partner“ für einen angestellten Rechtsanwalt, die während seiner früheren Anstellung beim Beklagten nicht praktiziert worden sei, habe er am 23.01.2021 nach Aufsuchen von dessen Homepage erlangt und anschließend seine Prozessbevollmächtigten mandatiert. Dass die angegriffene Verwendung der Bezeichnung „Partner“ schon vor dem 23.01.2021 auf der Homepage des Beklagten eingestellt war, bestreitet der Kläger mit Nichtwissen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage hat Erfolg.

1. Dem Kläger steht der gegen den Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG zu.

Als Rechtsanwälte, die mit Kanzleisitz in … im Bereich des Baurechts tätig sind, sind die Parteien Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die vom Beklagten verwendete Bezeichnung des angestellten Rechtsanwaltes als „Partner“ ist zur Irreführung über die Person und Eigenschaften seines Unternehmers geeignet. Denn sie erweckt den unzutreffenden Eindruck, der angestellte Rechtsanwalt sei Gesellschafter und damit Teilinhaber der beworbenen Rechtsanwaltskanzlei des Beklagten. Diese irreführende geschäftliche Handlung ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Denn Rechtssuchende ziehen die Beratung durch einen Kanzleiinhaber (Partner), dem aufgrund seiner unmittelbaren Gewinnbeteiligung zugeschrieben wird, härter arbeitend und engagierter zu sein, der Beratung und Vertretung durch einen angestellten Rechtsanwalt vor.

a) Die durch die Bezeichnung des angestellten Rechtsanwaltes (…) als „Partner“ hervorgerufene Irreführung wird nicht dadurch gebannt, dass es vier Absätze weiter unten heißt: ist (Non-Equity-)Partner (...)“. Die Bezeichnung als „Partner“ schließt blickfangmäßig den ersten Absatz ab, in welchem rein informativ die Berufsbezeichnung als Rechtsanwalt und die erworbenen Fachanwaltsbezeichnungen wiedergegeben werden. In den nachfolgenden drei Absätzen werden in der Art des in der Unternehmenskommunikation und im Marketing eingesetzten „Storytellings“ Herkunft und weitere Tätigkeiten des angestellten Rechtsanwalts dargestellt. Die im dann folgenden Absatz enthaltene Beschreibung als „(Non-Equity-)Partner“ ist nicht hervorgehoben oder in irgendeiner Weise - zum Beispiel durch einen Sternchenhinweis - mit der im ersten Absatz verwendeten Bezeichnung „Partner“ verknüpft. Die Angabe „(Non-Equity-)Partner“ nimmt damit nicht am Blickfang der zu Beginn des Textes verwendeten Bezeichnung „Partner“ teil. Hinzu kommt, dass die Angabe „(Non-Equity-)Partner“ überhaupt nur von denjenigen Verbrauchern wahrgenommen wird, die alle fünf Textabsätze durchlesen. Dabei ist die Möglichkeit, dass der angesprochene Verkehr den Text nicht bis zu Ende liest, dadurch erhöht, dass die Absätze zwei, drei und vier narrative Informationen enthalten, die als weniger bedeutsam empfunden werden, Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, dass die Bedeutung des Zusatzes „Non- Equity“ nicht als allgemein bekannt angesehen werden kann. Denn es ist nicht darauf abzustellen, ob die Bezeichnung bei professionellen Wirtschaftskanzleien branchenüblich ist, sondern darauf, ob der gewöhnliche Rechtssuchende die diesem Anglizismus zugedachte Bedeutung zutreffend erfasst, was ganz überwiegend nicht der Fall sein wird.

b) Der Unterlassungsanspruch ist weder gemäß § 11 UWG verjährt noch gemäß § 242 BGB verwirkt. Der Kläger hat ausdrücklich dargelegt, dass die alleinstehende Bezeichnung „Partner“ für einen angestellten Rechtsanwalt, die den von ihm geltend gemachten Unterlassungsanspruch begründet, während seiner früheren Anstellung beim Beklagten nicht praktiziert worden ist und auch, dass er Kenntnis von seiner Verwendung erst am 23.01.2021 nach Aufsuchen von dessen Homepage erlangt hat. Diesen Sachvortrag hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt. Darauf, ob der Kläger seit seiner Tätigkeit für den Beklagten Kenntnis davon hatte, dass in dessen Kanzlei angestellte Rechtsanwälte auch als (Non-Equity-)Partner bezeichnet werden, kommt es nicht an.

2. Der Anspruch auf Zahlung der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Abmahnkosten Zug um Zug gegen Erteilung einer den Vorsteuerabzug ermöglichenden Rechnung ist ebenfalls begründet

Die vom Kläger unter dem 27.01.2021 ausgesprochene Abmahnung war berechtigt, so dass er aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Die für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen entsprechen dem geltend gemachten Betrag von 1.501,19 €, dem ein in Anbetracht von § 51 Abs. 2 GKG nicht zu beanstandender Gegenstandswert von 30.000,00 € und eine ebenfalls nicht zu beanstandende 1,3 Geschäftsgebühr. zuzüglich Auslagenpauschale von 20,00 € und die auf den Gesamtbetrag anfallende Umsatzsteuer zugrunde liegen.

Der für die Abmahnkosten geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB. Die Klageschrift ist dem Beklagten am 01.03.2021 zugestellt worden.

II.

Dem Antrag des Beklagten, ihm nachzulassen, auf den Schriftsatz des Klägers vom 06.07.2021 zu erwidern, war nicht zu entsprechen. Der Schriftsatz vom 06.07,2021 enthielt keinerlei neues Vorbringen im Sinne des § 283 ZPO. Insbesondere hatte der Kläger schon in seinem Schriftsatz vom 10.04.2021 dargelegt, dass er von der Verwendung der alleinstehenden Bezeichnung „Partner“ für einen angestellten Rechtsanwalt, die während seiner früheren Anstellung beim Beklagten nicht praktiziert worden sei, erst am 23.01.2021 nach Aufsuchen von dessen Homepage Kenntnis erlangt habe. Der Beklagte hat den Schriftsatz des Klägers vom 10.04.2021 durch Schriftsatz vom 23.06.2021 erwidert. Den im Schriftsatz vom 10.04.2021 mitgeteilten tatsächlichen Umständen zur Kenntniserlangung ist er dabei inhaltlich nicht entgegengetreten. 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO

Streitwert: 30.000,00 € 

Bringemeier 

Kommentar des Autors

Das anwaltliches Werberecht wird immer wieder auf die Probe gestellt. Es lockert sich auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und der zunehmenden Legal-Tech-Diversität. Nicht zuletzt dadurch nimmt die Freiheit in Bezug auf Inhalt und Formen anwaltlicher Werbung immer weiter zu. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Geht man dabei aber zu weit, drohen Sanktionen. Verstöße gegen zentrale Gebote können teuer werden. 

Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet auch Anwältinnen und Anwälten das Recht auf Werbung im Rahmen der gesetzlichen Schranken. Zu diesen Schranken gehören unter anderen auch das UWG, HGB und die BRAO. Weil es sich dabei lediglich um Berufsausübungsregelungen handelt, sind die Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Schranken niedrig. Es genügen vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls, siehe dazu die Kommentierung im Dürig/Herzog/Scholz.

Der häufigste Verstoß im anwaltlichen Werberecht ist die Irreführung nach §§ 5, 5a UWG oder § 18 HGB. Wird durch Werbung im Sinne von UWG oder HGB irregeführt, so liegt darin automatisch auch ein Berufsrechtsverstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, §§ 6 und 43b BRAO, siehe das Urteil des BGH vom 09.06.2011 – Az. I ZR 113/10.

So entschied das Landgericht Bochum vor einiger Zeit zur Werbung mit Auszeichnungen wie etwa „Top-Anwalt“, „Best Lawyer“ oder eben wie im gegebenen Sachverhalt „Lawyer of the Year“, dass interessierte Kundinnen und Kunden darüber zu informieren sind, aufgrund welcher Kriterien die jeweilige Auszeichnung vergeben wurde. Zumindest ist die Information zu erteilen, wo die Auswahlkriterien erfahren werden können. Dass eine Google-Suche möglicherweise den interessierten Kunden derartige Fragen beantworten könnte, sei nicht ausreichend, so das Landgericht präzise und zutreffend, LG Bochum, Urteil vom 12.09.2019, Az. I-14 O 101/19. Die Rechtsprechung - etwa BGH, Urteil vom 21.07.2016, Az. I ZR 26/15 - zu Prüfungen und Zertifizierungen, kurz Prüfsiegelrechtsprechung, ist mithin zur Vermeidung von Irreführungen auch auf die Anwaltswerbung anwendbar.

 

Eine andere beliebte Werbe-Methode von Kanzleien ist die Stärkung des Außenauftritts der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch hierbei kommt es mitunter zur erheblichen Irreführung, darüber hinaus aber auch zum Verstoß gegen das PartGG. 

Die Diskussion um die Exklusivität und Monopolisierung der Begriffe Partner und Partnerschaft durch das PartGG ist durch den Beschluss des BGH vom 13.04.2021 - Az. II ZB 13/20 - neu belebt worden. Darin hatte der BGH das Löschungsbegehren der zuständigen Rechtsanwaltskammer nach § 395 FamFG endgültig zurückgewiesen. Die Kammer begehrte die Löschung des Namens einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH wegen des Zusatzes „partners“ vor „mbH“, der BGH hält diesen Zusatz im Gegensatz etwa zum Kammergericht - Beschluss vom 17.09.2018 - 22 W 57/18 - für erlaubt. Die Monopolisierung des Partnerbegriffs durch das PartGG sei als Schranke eng am Wortlaut auszulegen und erfasse fremdsprachige Begriffe wie die erkennbar englische Bezeichnung „partners“ nicht. Eine Irreführung nach § 18 Abs. 2 S. 1 HGB sei durch den klarstellenden Zusatz GmbH ausgeschlossen. Weil § 11 Abs. 1 Satz 3 PartGG für Bestandsgesellschaften den Hinweis auf die andere Rechtsform genügen lässt, bestehe für den Gesetzgeber sogar bei Verwendung des Begriffs „Partner“ in einem solchen Fall keine Verwechslungsgefahr.

Das schließt allerdings eine Irreführung nicht aus. Selbst wenn kein Verstoß gegen das PartGG zu bejahen ist, kann eine Irreführung gegeben sein. Umgekehrt ist nicht jeder Verstoß gegen das PartGG zwangsläufig auch irreführend. 

Die Kanzlei des Beklagten im vorliegenden Fall des Landgerichts Münster 022 O 12/21 warb auf ihrer Homepage mit mehreren Partnerinnen und Partnern. Auch in einer reichweitenstarken Bewerber-Zeitschrift wurde mit einer Partnerin und einem Partner geworben ("Frage: Was steht auf Ihrer Visitenkarte? Antwort: Partnerin"). Tatsächlich handelt es sich bei der Beklagten laut Impressum aber um ein Einzelunternehmen und sind die vermeintlichen Partnerinnen und Partner in Wahrheit Angestellte, gerade keine „Teilhaber“ (so die Grundbedeutung von Partner).

Der Kläger mahnte den einzigen Kanzleiinhaber wegen Irreführung aufgrund §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG ab, wobei er sich auf die illegale Werbung mithilfe des langjährigsten und erfolgreichsten Angestellten beschränkte. Bei diesem ist es nicht zuletzt besonders fragwürdig, warum nach all den Jahren noch kein Partnerstatus zuerkannt wurde. 

Die Werbung und der gesamte Außenauftritt wurden infolge der Abmahnung sofort angepasst, die darin steckende Beratungsleistung mithin dankend entgegengenommen und zur Verbesserung des Außenauftritts genutzt und auch weitgehend erfolgreich umgesetzt. Weder wurde aber der Anspruch des Mitbewerbers anerkannt, noch wurde die Unterlassungserklärung unterschrieben oder die Abmahnkosten bezahlt, sogar nach Zustellung des Urteils zunächst nur teilweise. 

Der Beklagte ließ sich damit verteidigen, dass auf derselben Seite in derselben Schriftgröße und auf einem normal großen Bildschirm ohne Scrollen wahrnehmbar erläutert worden sei, der betreffende Rechtsanwalt sei (Non- Equity-)Partner. Der Begriff Non-Equity-Partner sei allgemein verständlich und finde im Kontext von Rechtsanwaltskanzleien gängigen Gebrauch. Die Verwendung der Bezeichnung „Non-Equity-Partner“ sei weder irreführend noch wettbewerbswidrig. Ansonsten würden ja alle Wirtschaftskanzleien, die ihre Berufsträger als „Non-Equity-Partner“ im Außenauftritt bezeichnen, irreführend handeln, wenn sie nicht als Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des PartGG organisiert wären, so der Beklagte. Zutreffend gab das Landgericht Münster dem Einreicher aber Recht. Mit der irreführenden Bezeichnung als Partner wird bei den angesprochenen Verkehrskreisen der unzutreffende Eindruck erweckt, der angestellte Rechtsanwalt sei Gesellschafter und damit Teil-Inhaber der beworbenen Rechtsanwaltskanzlei. Solche Werbung enthält somit zur Täuschung geeignete Angaben über Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmens. Es wird der unzutreffende Eindruck erweckt, die Beratung werde durch Inhaberinnen und Inhaber und nicht lediglich durch angestellte Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte erbracht. Rechtssuchende ziehen die Beratung durch eine Kanzleiinhaberin (Partnerin) oder einen Kanzleiinhaber (Partner) der Beratung und Vertretung durch Angestellte vor. Das sei allgemeinkundig. Denn Partnerinnen und Partner haben den Ruf, mehr und härter zu arbeiten und sich engagierter für die Anliegen der Mandantinnen und Mandanten einzusetzen als Angestellte. Die geschäftliche Handlung ist mithin besonders dazu geeignet, Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. 

Diese durch die Bezeichnung des betroffenen Angestellten als „Partner“ hervorgerufene Irreführung wird nach diesem Urteil auch nicht etwa durch die Erläuterung vier Absätze weiter unten gebannt, er sei (Non-Equity-)Partner. Ein Gesichtspunkt ist hierbei der Blickfang. Blickfangwerbung ist jede in der Werbung bildlich, farblich, grafisch oder sonst hervorgehobene Angabe, näher dazu siehe BGH, Versäumnisurt. v. 21.09.2017, I ZR 53/16. Die vermeintlichen Erläuterungen des Beklagten fanden sich versteckt im narrativen Teil der Vorstellung des angeblichen Partners, im sogenannten Storytelling. Weder wurde diese Erläuterung hervorgehoben noch durch ein Sternchenhinweis mit der plakativen Bezeichnung „Partner“ in Verbindung gebracht. Somit konnte nicht damit gerechnet werden, dass alle Rechtssuchenden diese Erläuterung überhaupt wahrnehmen. 

Nicht zuletzt handelt es sich in der Erläuterung „(Non-Equity-)Partner“ aber auch um keine ausreichende Erläuterung dahingehend, dass es sich um einen Angestellten handelt. Ob ein solcher Begriff branchenüblich ist oder nicht ist dabei irrelevant.

Es kommt vielmehr darauf an, ob die oder der gewöhnliche Rechtssuchende die Bedeutung zutreffend erfasst. Ganz überwiegend wird der Begriff „Non-Equity-Partner“ gerade nicht dahingehend verstanden, dass es sich lediglich um einen Angestellten, nicht um einen Teilhaber handelt. Das gilt in Sonderheit für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Sogar in der Rechts-Branche selbst wird der Begriff Non-Equity-Partner oder auch Salary-Partner nicht von allen richtig verstanden, insbesondere von Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern, die sich leichter blenden lassen, was im vorliegenden Fall ja gezeigt worden ist. Nicht zuletzt hat das Arbeitsgericht Düsseldorf mehrfach geurteilt, es handele sich bei Non-Equity-Partnern um keine Arbeitnehmer, ArbG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2009, 6 Ca 4447 u. 4448/09. Daher hat das Arbeitsgericht Düsseldorf die klagenden „Partner“ an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.

Der wahre Inhalt des Vertragsverhältnisses ist entscheidend, nicht das Label, das ihm die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber aus Marketing-Gründen erteilt.

Eine Gegenabmahnung bei vergleichbarem Rechtsverstoß ist zulässig, Urteil des BGH vom 21.01.2021, Az. I ZR 17/18. Abgemahnte versuchen nicht selten, das Verfahren über die Gegenabmahnung mit dem Verfahren der ursprünglichen Abmahnung zu verbinden, in der Hoffnung auf ein „unentschieden“. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird insbesondere dadurch erhöht, wenn die Gegenabmahnung im Wege des Eilrechtsschutzes zum Erlass einer einstweiligen Verfügung führt und dadurch das ursprüngliche Klageverfahren überholt. Indessen handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände und kann eine Verbindung erfolgreich verhindert werden. Verbindet das Gericht die beiden Verfahren, so kann Trennung beantragt werden, § 145 ZPO.

Der Streitwert einer entsprechenden Abmahnung kann 30.000 EUR und mehr betragen, ganz zu schweigen vom Aufwand einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder mit der Kammer und dem durch Rechtsverletzungen einhergehenden Reputationsverlust. Es empfiehlt sich daher, den eigenen Außenauftritt stets hart an die aktuelle Rechtslage anzupassen. Sachlichkeit und Ehrlichkeit sind dabei die obersten Gebote, eine auch unbeabsichtigte Irreführung von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist nach Kräften auszuschließen. Auch Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger haben die Grenzen des Werberechts zu beachten. Es gibt insoweit keinerlei Startup-Bonus. Zumindest Grundlagenwissen im UWG-Recht ist für jede erfolgreiche Kanzleigründung daher unabdingbar.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Münster Urteil, 16. Juli 2021 - 022 O 12/21 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners


Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 51 Gewerblicher Rechtsschutz


(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sort

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 11 Verjährung


(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten und der Anspruch aus § 9 Absatz 2 Satz 1 verjährt in einem Jahr. (2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn 1. der Anspruch entstanden ist und2. der Gläubiger von

Referenzen

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten und der Anspruch aus § 9 Absatz 2 Satz 1 verjährt in einem Jahr.

(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(3) Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens in 30 Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an.

(4) Andere Ansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in drei Jahren von der Entstehung an.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten als der nach Absatz 2 ermittelte Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1 000 Euro anzunehmen. Dieser Wert ist auch anzunehmen, wenn die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt. Der nach Satz 2 oder Satz 3 anzunehmende Wert ist auch maßgebend, wenn in den dort genannten Fällen die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung nebeneinander geltend gemacht werden.

(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.

(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung (§ 12 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes, § 26 des Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes, § 54 des Designgesetzes, § 22 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) sind anzuwenden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.