Landgericht München I Endurteil, 30. Juli 2015 - 7 O 26546/13

bei uns veröffentlicht am30.07.2015

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an deren Geschäftsführer,

zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland einen Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, der aufweist

1. einen Körper (12)

2. eine erste Raupenanordnung (26) und eine zweite Raupenanordnung (28), welche von der ersten Raupenanordnung in einer zu der Laufrichtung der Raupe transversalen Richtung beabstandet ist, um einen Spurabstand zu definieren, wobei

3. jede Raupenanordnung mittels eines jeweiligen Arms (32, 34) gestützt wird, wobei

3.1 die Arme bewegbar an dem Körper montiert sind, und

3.2 Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) zum Bewegen der jeweiligen Arme vorgesehen sind, um

3.3 die jeweiligen Raupenanordnungen relativ zu dem Körper zu bewegen, wobei

3.4 die Bewegung der Anordnungen relativ zu dem Körper derart ist, dass die Bodenfreiheit des Körpers und der Spurabstand zwischen den Raupenanordnungen einstellbar sind, wobei

4. jeder Arm relativ zu einer fiktiven horizontalen Ebene des Körpers bei einem festen Winkel in einem Bereich von 10° - 60° relativ zu der fiktiven horizontalen Ebene angeordnet ist, wobei

5. die Arme an dem Körper auf eine verschiebbare Art und Weise montiert sind, um die Bewegung herbeizuführen.

(Anspruch 1)

insbesondere, wenn der Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder der kombinierte Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz Arme (32, 34) mit einer teleskopischen Gestaltung umfasst

(Anspruch 1 + 2)

und/oder

wenn bei einem vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder einem kombinierten Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz, das Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) innerhalb jedes jeweiligen Arms angeordnet ist

(Anspruch 1+2 + 3)

und/oder

wenn bei einem der vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz der Winkel in einem Bereich von 30° - 50° liegt

(Anspruch 1-3 + 4)

und/oder

wenn bei einem vorgenannten Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz das Betätigungsmittel einen Hydraulikkolben oder Pneumatikkolben umfasst.

(Anspruch 1-4 + 10)

wenn dies wie beim folgenden Modell ... der Beklagten zu 1 geschieht:

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II.

Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 23.08.2008 begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

2. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufs belege (Lieferscheine oder Rechnungen) mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können;

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn berechtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 23.08.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV.

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen Erzeugnisse gewerblicher Dritter, denen durch die Beklagte zu 1 oder mit deren Zustimmung seit dem 23.07.2008 Besitz eingeräumt wurde, gemäß vorstehender Ziffer I, an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der-Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1 herauszugeben.

V.

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziffer I., die seit dem 23.07.2008 vertrieben wurden, aus den Vertriebswegen schriftlich zurückzurufen, und zwar unter Angabe eines verbindlichen Angebots, die notwendigen Kosten und Auslagen der Rückrufadressaten wegen des Rückrufs zu tragen, sowie zugleich schriftlich darauf hinzuweisen, dass diese Erzeugnisse das europäische Patent ... verletzen.

VI.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VII.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtstreits.

VIII.

Das Urteil ist in den Ziffern I., II., IV., V. und VII. gegen Sicherheitsleistung wie folgt vorläufig vollstreckbar:

- Ziffer I. (Unterlassung), Ziffer IV. (Vernichtung) und Ziffer V. (Rückruf) nur gegen eine einheitliche Sicherheitsleistung in Höhe von € 412.500,00;

- Ziffer II. (Auskunft und Rechnungslegung) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 25.000,00 pro beklagte Partei;'

Ziffer VII. (Kosten) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Sicherheit kann durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung ihrer Rechte aus dem nationalen deutschen Teil des europäischen Patents auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Rückruf/Vernichtung in Anspruch.

Die Klägerin ist eine britische Limited. Sie ist im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Holzhackmaschinen und Holzzerkleinerern tätig.

Die Beklagte zu 1) ist eine deutsche GmbH mit den im Rubrum wiedergegebenen Rechtsverhältnissen. Sie ist zugleich persönlich haftende Gesellschafterin der Jensen Holding KG.

Der Beklagte zu 2) ist Alleingeschäftsführer der Beklagten zu 1) und führt deren Geschäfte.

Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents ... (nachfolgend: Klagepatent), Sie meldete das Klagepatent am 25.02.2003 an. Es nimmt die Priorität der britischen Voranmeldung ... vom 26.02.2002 in Anspruch. Die Anmeldung wurde am 27.08.2003 und der Hinweis auf die Erteilung des Patents am 23.07.2008 veröffentlicht.

Die Patentansprüche 1 -4 und 10 lauten im englischen Original wie folgt:

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In deutscher Übersetzung lauten die Patentansprüche 1 - 4 und 10 wie folgt:

1. Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombinierter Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz (10), aufweisend einen Körper (12), eine erste Raupenanordnung (26) und eine zweite Raupenanordnung (28), welche von der ersten Raupenanordnung in einer zu der Laufrichtung der Raupe transversalen Richtung beabstandet ist, um einen Spurabstand zu definieren, wobei jede Raupenanordnung mittels eines jeweiligen Arms (32,34) gestützt wird, wobei die Arme bewegbar an dem Körper montiert sind, und Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) zum Bewegen der jeweiligen Arme, um die jeweiligen Raupenanordnungen relativ zu dem Körper zu bewegen, wobei die Bewegung der Anordnungen relativ zu dem Körper derart ist, dass die Bodenfreiheit des Körpers und der Spurabstand zwischen den Raupenanordnungen einstellbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Arm relativ zu einer fiktiven horizontalen Ebene des Körpers bei einemfesten Winkel in einem Bereich von 10 - 60° relativ zu der fiktiven horizontalen Ebene angeordnet ist, wobei die Arme an dem Körper auf eine verschiebbare Art und Weise montiert sind, um die Bewegung herbeizuführen.

2. Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombinierter Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß Anspruch 1, wobei die Arme (32, 34) eine teleskopische Gestaltung umfassen.

3. Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombinierter Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß Anspruch 2, wobei das Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) innerhalb jedes jeweiligen Armes angeordnet ist.

4. Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombinierter Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß einem vorhergehenden Anspruch, wobei der Winkel in einem Bereich von 30 - 50° liegt

10. Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombinierter Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß einem vorhergehenden Anspruch, wobei das Betätigungsmitteleinen Hydraulikkolben oder Pneumatikkolben umfasst.

Die Klägerin greift den Holzhacker der Beklagten zu 1 des Typs ... Baujahr 1/2010, einen sog. X-Beiner (angegriffene Ausführungsform), an, den sie am 09.09.2013 untersuchte:

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Die Beklagte zu 1) bietet an, bewirbt und vertreibt derartige Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz sowie Kombinationen der beiden in der Bundesrepublik Deutschland. Dabei wirbt sie. vor allem im Internet unter ihrer Internetseite www... und www... für Hackmaschinen mit Raupenfahrwerk, die sie als „X-Bein-Version mit hydraulisch teleskopierbarem Niveau-Ausgleich bis ca. 30°“ anbietet.

Bei der angegriffenen Ausführungsform sind die Arme - nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 27.10.2014 S. 3 = Bl. 93) - nicht am Körper befestigt. Vielmehr ist eine Konstruktion aus Holmen vorgesehen, die unterhalb des Körpers angeordnet ist. Diese Holme sind zu einem Rahmen verschweißt und an diesen Holmen bzw. an diesem Rahmen sind die Arme angebracht.

Die Beklagte trägt vor, auch eine Variante des X-Beiners zu vertreiben, bei der ein weiterer Niveauausgleich über das Anklappen des Rahmens mit den an dem Rahmen angeordneten Beinen möglich sei. Dies wird durch die nachfolgende Zeichnung verdeutlicht:

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Die Klägerin hat ihre Klage aber ausdrücklich nicht auf diese Ausführungsform erstreckt (vgl. Schriftsatz vom 15.01.2015, S. 2 = Bl. 120, 2. Absatz der Akte).

Gegen die Erteilung des Klagepatents wurde ein Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt durchgeführt. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 15.12.2011 zurückgewiesen (Anlage K 4). Es liege kein Widerrufsgrund vor. Am 26.09.2014 entschied dann die Beschwerdekammer. Die Beschwerde der Einsprechenden wurde zurückgewiesen (Anlage K 25). Unter dem 24.10.2014 hat eine dritte Partei Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben (Anlage B20).

Die Klägerin beantragt zuletzt:

I.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an den Geschäftsführer, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland einen Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, der aufweist

1. einen Körper (12)

2. eine erste Raupenanordnung (26) und eine zweite Raupenanordnung (28), welche von der ersten Raupenanordnung in einer zu der Laufrichtung der Raupe transversalen Richtung beabstandet ist, um einen Spurabstand zu definieren, wobei

3. jede Raupenanordnung mittels eines jeweiligen Arms (32, 34) gestützt wird, wobei

3.1 die Arme bewegbar an dem Körper montiert sind, und

3.2 Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) zum Bewegen der jeweiligen Arme vorgesehen sind, um

3.3 die jeweiligen Raupenanordnungen relativ zu dem Körper zu bewegen, wobei

3.4 die Bewegung der Anordnungen relativ zu dem Körper derart ist, dass die Bodenfreiheit des Körpers und der Spurabstand zwischen den Raupenanordnungen einstellbar sind, wobei

4. jeder Arm relativ zu einer fiktiven horizontalen Ebene des Körpers bei einem festen Winkel in einem Bereich von 10° - 60° relativ zu der fiktiven horizontalen Ebene angeordnet ist, wobei

5. die Arme an dem Körper auf eine verschiebbare Art und Weise montiert sind, um die Bewegung herbeizuführen.

(Anspruch 1)

insbesondere, wenn der Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder der kombinierte Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz Arme (32, 34) mit einer teleskopischen Gestaltung umfasst

(Anspruch 1 + 2)

und/oder

wenn bei einem vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder einem kombinierten Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz, das Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) innerhalb jedes jeweiligen Arms angeordnet ist

(Anspruch 1+2 + 3)

und/oder

wenn bei einem der vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz der Winkel in einem Bereich von 30° - 50° liegt

(Anspruch 1-3 + 4)

und/oder

wenn bei einem vorgenannten Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz das Betätigungsmittel einen Hydraulikkolben oder Pneumatikkolben umfasst.

(Anspruch 1-4+10).

II.

Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 23.08.2008 begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufssteilen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

2. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -Zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege (Lieferscheine oder Rechnungen) mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können;

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn berechtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 23.08.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen Erzeugnisse gewerblicher Dritter, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung seit dem 23.07.2008 Besitz eingeräumt wurde gemäß vorstehender Ziffer I. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

V.

Die Beklagten werden verurteilt, Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziffer l. aus den Vertriebswegen schriftlich zurückzurufen, und zwar unter Angabe eines verbindlichen Angebots, die notwendigen Kosten und Auslagen der Rückrufadressaten wegen des Rückrufs zu tragen, sowie zugleich schriftlich darauf hinzuweisen, dass diese Erzeugnisse das europäische Patent ... verletzen.

VI.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtstreits.

VII.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Hilfsweise wird folgender Antrag hinsichtlich Ziffer I. gestellt:

l.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an den Geschäftsführer, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland einen Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, der aufweist

1. einen Körper (12)

2. eine erste Raupenanordnung (26) und eine zweite Raupenanordnung (28), welche von der ersten Raupenanordnung in einer zu der Laufrichtung der Raupe transversalen Richtung beabstandet ist, um einen Spurabstand zu definieren, wobei

3. jede Raupenanordnung mittels eines jeweiligen Arms (32, 34) gestützt wird, wobei 1

3.1 die Arme bewegbar an dem Körper montiert sind, und

3.2 Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) zum Bewegen der jeweiligen Arme vorgesehen sind, um

3.3 die jeweiligen Raupenanordnungen relativ zu dem Körper zu bewegen, wobei

3.4 die Bewegung der Anordnungen relativ zü dem Körper derart ist, dass die Bodenfreiheit des Körpers und der Spurabstand zwischen den Raupenanordnungen einstellbar sind, wobei

4. jeder Arm relativ zu einer fiktiven horizontalen Ebene des Körpers bei einem festen Winkel in einem Bereich von 10° - 60° relativ zu der fiktiven horizontalen Ebene angeordnet ist, nämlich gekreuzt zu dem anderen Arm, wobei

5. die Arme an dem Körper auf eine verschiebbare Art und Weise montiert sind, um die Bewegung herbeizuführen.

(Anspruch 1)

insbesondere, wenn der Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder der kombinierte Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz Arme (32, 34) mit einer teleskopischen Gestaltung umfasst

(Anspruch 1 + 2)

und/oder

wenn bei einem vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder einem kombinierten Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz, das Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) innerhalb jedes jeweiligen Arms angeordnet ist

(Anspruch 1+2 + 3)

und/oder

wenn bei einem der vorstehenden Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz der Winkel in einem Bereich von 30° - 50° liegt

(Anspruch 1-3 + 4)

und/oder

wenn bei einem vorgenannten Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder kombiniertem Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz das Betätigungsmittel einen Hydraulikkolben oder Pneumatikkolben umfasst.

(Anspruch 1 - 4 + 10)

Die Beklagten beantragen zuletzt:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

hilfsweise: Der Rechtsstreit wird bis zum erstinstanzlichen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens ausgesetzt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Aussetzung.

Die Beklagten meinen, dass die angegriffene Ausführungsform Merkmal 3/3.1 des Patentanspruchs 1 nicht verletze. Ferner stehe der Beklagten zu 1 ein privates Vorbenutzungsrecht zu. Im Übrigen sei der Rechtsstreit auszusetzen, weil die Beklagten durch diejenigen Handlungen, die zu dem privaten Vorbenutzungsrecht geführt hätten, auch eine offenkundige Vorbenutzung vorgenommen hätten. Ferner stünden dem Rechtsbestand des Klagepatents weitere Entgegenhaltungen entgegen.

Die Kammer hat am 07.05.2015 Beweis durch Einvernahme des Zeugen ... erhoben.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 04.09.2014 und vom 07.05.2015 Bezug genommen.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den Schriftsatz vom 18.6.2015 und haben die Beklagten den Schriftsatz vom 30.6.2015 eingereicht.

Gründe

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

I.

Das Landgericht München I ist zuständig, weil die sachliche und örtliche Zuständig- keit für alle Beklagten gegeben ist. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts München folgt aus § 143 Abs. 1 PatG, weil in der Sache eine Patentverletzungsstreitigkeit vorliegt. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig geblieben. Sie ergibt sich aus § 32 ZPO. Das Angebot der Verletzungsform im Internet auf den Webseiten der Beklagten zu 1 unter www... und www... führt zu einem Anbieten der Verletzungsform überall in Deutschland und begründet die Zuständigkeit des hiesigen Gerichts. Der Beklagte zu 2 wird ebenfalls als Verletzer in Anspruch genommen. Zudem haben die Beklagten zur Hauptsache mündlich verhandelt, § 39 ZPO.

II.

Die (zuletzt gestellten) Klageanträge sind im Rahmen der Zulässigkeit hinreichend bestimmt. Dies gilt auch für den Unterlassungsanspruch, auch wenn er dem Streit der Parteien über die Auslegung und Bedeutung einzelner Merkmale der geltend gemachten Patentansprüche nicht hinreichend Rechnung trägt (BGH GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung und GRUR 2012, 485 - Rohrreinigungsdüse II). Hinsichtlich der Zulässigkeit des Insbesondere-Antrags bestehen keine Bedenken.

III.

Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Schadensersatzfeststellungsklage sind gegeben, weil das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, § 256 Abs. 1 ZPO. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten ist vor Erteilung der Auskunft durch die Beklagten (noch) nicht bezifferbar.

IV.

Die Beklagten sind Streitgenossen, §§ 59, 60 ZPO.

V.

Es liegen objektive (§ 260 ZPO) und subjektive Klagehäufungen (§ 260 analog) vor.

B.

Die Klage gegen die Beklagten ist überwiegend begründet, weil die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent wie vorgetragen verletzt, den Beklagten kein Vorbenutzungsrecht zusteht und der Rechtsstreit aufgrund der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht auszusetzen war. Hinsichtlich der Tathandlung des Einführens war die Klage aber zum Teil abzuweisen. Anspruch auf Rückruf und Vernichtung bestehen nur gegen die Beklagte zu 1 und auch insoweit nur im tenorierten Umfang.

Ferner war der Tenor an die Erfordernisse der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmtheit eines gerichtlichen Unterlassungsgebots (BGH GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung und GRUR 2012, 485 - Rohrreinigungsdüse II) anzupassen. Mangels eines entsprechenden und gebotenen Antrags durch die Kiagepartei sah sich die Kammer vorliegend im aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang außerstande, selbst eine Formulierung zu finden, die die Besonderheiten der angegriffenen Ausführungsform so konkret wie nötig, aber - auch so abstrakt wie möglich beschreibt, um damit dem Streit der Parteien um die Verwirklichung des Merkmals 3/3.1 hinreichend Rechnung zu tragen. Um dennoch bereits im Tenor die Besonderheiten der angegriffenen Ausführungsform in Bezug auf diesen Streit zu verdeutlichen, hat die Kammer im Tenor auf die konkret angegriffene Ausführungsform Bezug genommen.

Das Klagepatent ... (Anlage K 2) schützt in seinem Anspruch 1 einen Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder einen kombinierten Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz. Das Klagepatent wurde am 25. Februar 2003 unter Inanspruchnahme einer englischen Priorität vom 26. Februar 2002 (GB 0204518) angemeldet. Die Anmeldung wurde am 27.8.2003 veröffentlicht, der Hinweis auf seine Erteilung am 23.7.2008. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim DPMA unter dem Aktenzeichen 603 22 284.6 geführt. Eine amtliche deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift wurde nicht veröffentlicht. Nach dem sog. Londoner Übereinkommen ist eine Übersetzung der Patentschrift nicht mehr erforderlich und die Kammer hat auch keine angefordert.

1. In Anlehnung an das Bundespatentgericht definiert die Kammer den angesprochenen Fachmann als einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger und praktischer Erfahrung sowie mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung von Fahrwerken für geländegängige Nutzfahrzeuge, dem ferner die Anforderungen bekannt sind, die an einen selbstfahrenden und für unwegsames Gelände geeigneten Holzhäcksler gestellt werden.

Insofern folgt die Kammer der übereinstimmenden Definition von Kläger und Beklagten, dass der Fachmann ein Diplom-Ingenieur ist und weicht insofern von der Definition des Bundespatentgerichts ab. Dem Vorbringen des Klägers, dass der Fachmann mehrjährige Erfahrung im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von Holzhäckselmaschinen besitze, folgt die Kammer anhand der obigen Definition nicht, weil Gegenstand der Erfindung keine Holzhäckselmaschine ist, sondern es - wie es das weitere Verfahren auch gezeigt hat -in erster Linie um das Fahrwerk/Fahrgestell einer solchen Maschine geht.

2. Im Stand der Technik war der Einsatz von Raupenfahrzeugen für Forstgebiete mit schwierigem Gelände bekannt, bei denen der Holzhäcksler oder Zerkleinerer vor Ort tätig .war und so das unverarbeitete Holz nicht abtransportiert zu werden brauchte (Klagepatent, Anlage K 2, [0002]). Da sich bei unebenen und ggf. abschüssigen Gelände trotz Raupenantriebs Probleme bei der Beförderung der Maschine ergeben, waren im Stand der Technik bereits Mechanismen bekannt, um die Spur der Raupe allein in horizontaler Richtung zu erweitern. Dazu wurden typischerweise hydraulische Kolben oder horizontale Schienen genutzt, wodurch mittels eines hydraulischen Stempels die Raupenanordnungen in horizontaler Ebene nach außen weggedrückt wurden. Im Stand der Technik war es zudem bekannt, dass die Abstandsvergrößerung zwischen den Raupenanordnungen die laterale Stabilität vergrößert (Klagepatent, Anlage K 2, [0003]). Unter Bezugnahme auf die Druckschrift ... (Anlage B 1) führt das Klagepatent als weiteren Stand der Technik Nutzfahrzeuge mit an Auslegern angebrachten Rädern an, die in der Vertikalen drehbar sind und einen Mechanismus aufweisen, um die Spurweite zu verändern. Dabei seien die Arme beweglich angeordnet und mit den Rädern verbunden. Zudem sei die Länge der Arme variierbar, wodurch die Bodenfreiheit erhöht werden könne (Klagepatent, Anlage K 2, [0004]).

3. Das Klagepatent kritisiert an diesen Stand der Technik, dass eine geringe und nicht veränderliche Bodenfreiheit bei unwegsamen und ungleichmäßigen Terrain Schwierigkeiten bereite und die Vergrößerung der Spur nicht nur in horizontaler Richtung stattfinden solle.

4. Das Klagepatent stellt sich daher als Aufgabe, einen Holzhäcksler, Zerkleinerer oder eine Kombination von Holzhäcksler und Zerkleinerer bereitzustellen, der die kritisierten Nachteile nicht aufweist.

It is an object of the present invention to provide an improved wood chipper, shredder or combination chipper/shredder (Klagepatent, Anlage K 2, Abschnitt [0005]).

5.

Diese Aufgabe löst das Klagepatent mit den hier geltend gemachten Patentansprüchen, die sich wie folgt gliedern lassen:

a. Anspruch 1

Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder einen kombinierten Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz (10) aufweisend

1. einen Körper (12)

2. eine erste Raupenanordnung (26) und eine zweite Raupenanordnung (28), welche von der ersten Raupenanordnung in einer zu der Laufrichtung der Raupe transversalen Richtung beabstandet ist, um einen Spurabstand zu definieren, wobei

3. jede Raupenanordnung mittels eines jeweiligen Arms (32, 34) gestützt wird, wobei

3.1 die Arme bewegbar an dem Körper montiert sind, und

3.2 Betätigungsmittel (36, 36a, 38, 38a) zum Bewegen der jeweiligen Arme, um

3.3 die jeweiligen Raupenanordnungen relativ zu dem Körper zu bewegen gegeben sind, wobei

3.4 die Bewegung der Raupenanordnungen relativ zu dem Körper derart ist, dass die Bodenfreiheit des Körpers und der Spurabstand zwischen den Raupenanordnungen einstellbar sind,

4. Jeder Arm ist relativ zu einer fiktiven horizontalen Ebene des Körpers bei einem festen Winkel in einem Bereich von 10° - 60° relativ zu der fiktiven horizontalen Ebene angeordnet, wobei

5. die Arme an dem Körper auf eine verschiebbare Art und Weise montiert sind, um die Bewegung herbeizuführen.

b. Anspruch 2 des Klagepatents beansprucht einen

Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder die Kombination aus Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß Anspruch 1,

wobei die Arme (32, 34) eine teleskopische Gestaltung umfassen.

c. Anspruch 3 des Klagepatents beansprucht einen

Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder die Kombination aus Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß Anspruch 2,

wobei das Betätigungsmittel {36, 36a, 38, 38a) innerhalb jedes jeweiligen Armes angeordnet ist.

d. Anspruch 4 des Klagepatents beansprucht einen Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder die Kombination aus Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß einem der vorstehenden Ansprüche,

wobei der Winkel in einem Bereich von 30° - 50° liegt.

e.

Anspruch 10 des Klagepatents beansprucht einen

Holzhäcksler, Zerkleinerer für Unterholz oder die Kombination aus Holzhäcksler und Zerkleinerer für Unterholz gemäß einem der vorstehenden Ansprüche,

wobei das Betätigungsmittel einen Hydraulikkolben oder Pneumatikkolben umfasst.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre der geltend gemachten Patentansprüche wortsinngemäß Gebrauch. Die geltend gemachten Patentansprüche sind Vorrichtungsansprüche.

1. Der Schutzbereich eines Europäischen Patents wird nach Art. 69 EPÜ durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung heranzuziehen. Hierbei ist funktionsorientiert und aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns auszulegen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Patentschrift ihr eigenes Lexikon bilden kann. Soweit sich aber einzelne Beschreibungsstellen nicht (mehr) auf den Anspruch lesen, sind sie bei der Anspruchsauslegung nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2012, 701, Rn. 23 ff. - Okklusionsvorrichtung).

Bei Vorrichtungsansprüchen liegt eine Patentverletzung jedenfalls dann vor, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform objektiv geeignet sind', die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen regelmäßig, nur in Ausnahmefällen oder nur zufällig erreicht werden und, ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkungen zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelmäßig so bedient wird, dass die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entfällt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt (BGH GRUR 2006, 399, Rn. 21 - Rangierkatze).

2. Zu Recht herrscht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale bis auf das Merkmal 3/3.1 des Patentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß verletzt.

Die angegriffene Ausführungsform machte aber auch von Merkmal 3/3.1 des Patentanspruchs 1 wortsinngemäßen Gebrauch.

a. Das Klagepatent betrifft einen Holzhäcksler oder Zerkleinerer für Unterholz oder die Kombination von beidem', die mit einem besonders vorteilhaften Antrieb versehen sind, um im Einsatzgebiet dieser Maschinen - besonders auf schwierigen und unebenen Böden und bei Neigungen - eine verbesserte Fortbewegungsfreiheit der Maschine zu gewährleisten. So wird der Vorteil genutzt, den Raupenantriebe für unebenes Terrain bieten. Zur Vermeidung der aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile werden die jeweiligen Raupenanordnungen an Armen befestigt.

b. Der angesprochene Fachmann versteht die streitige Passage von Merkmal 3/3.1 des Patentanspruchs 1 „bewegbar an dem Körper montiert“ dahingehend, dass mit „Körper“ der Bestandteil der Vorrichtung bezeichnet wird, der die Verbrennungsmaschine trägt. Er erkennt aus Patentanspruch 1, dass zwar ein Holzhäcksler beansprucht wird, aber die beanspruchte technische Lösung nicht das Häckseln von Holz betrifft, sondern das Fahrwerk einer Maschine, die als Holzhäcksler eingesetzt werden kann. Insofern handelt es sich um einen Vorrichtungsteil (bzw. um eine Teilvorrichtung).

Die technische Funktion des „Körpers“ ist eine tragende. Dies ergibt sich aus Absatz [0016] des Klagepatents („comprises a body which carries an internal combustion engine“). Ferner leitet der Fachmann daraus ab, dass „Körper“ all das ist, was nicht Arm und nicht Raupenanordnung ist und die beschriebene tragende Funktion aufweist, weil diese Teile der Vorrichtung separat angeführt werden und andere Funktionen aufweisen.

Die von den Beklagten vorgebrachte Unterscheidung zwischen einer Anordnung an Holmen und am Körper besteht nicht. Aus Figur 1 der Klagepatentschrift ergibt sich keine Beschränkung des Wortsinns. Zwar zeigt diese Figur 1 eine Befestigung der Arme unmittelbar am Körper. Doch stellt Figur 1 lediglich ein Ausführungsbeispiel der klagepatentgemäßen Lehre dar, das - denknotwendig, weil es sich bloß um ein mögliches Beispiel handelt - den Wortsinn des hier streitigen Merkmals nicht beschränken kann. Der Anspruch gibt in Merkmal 3.1 lediglich vor, dass die Arme am Körper „montiert“ bzw. auf Englisch „mounted“ sind. Die Art der Montage/Befestigung wird nicht näher spezifiziert. Sie kann daher mit allen dem Fachmann geläufigen Mitteln erfolgen. Von der im Stand der Technik bekannten Anordnung an Holmen grenzt sich das Klagepatent weder durch den Anspruch noch durch die Beschreibung ab, so dass auch eine solche Anordnung erfasst ist. Vor allem kritisiert das Klagepatent in Absatz [0003] am Stand der Technik, dass die Spur der Raupe allein in horizontaler Richtung erweitert werden kann.

Außerdem versteht der maßgebliche Fachmann „bewegbar“ aufgrund des Sachzusammenhangs so, dass die Arme klagepatentgemäß funktional beweglich im Sinne ausfahrbar oder teleskopierbar montiert sein müssen. Er deutet das Merkmal nicht so, dass die Arme am Punkt ihrer Verbindung mit dem Körper beweglich sein müssen, sondern dass in ihrer Längenausdehnung verschiebbare Arme gemeint sind. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau mit Merkmal 4 (fester Winkel) und Merkmal 5 (verschiebbare Art und Weise). Denn dem Fachmann ist offenbar, dass im Wesentlichen ein Holzhäcksler mit Raupenanordnungen beansprucht wird, die über Arme am Körper befestigt sind, wobei diese Arme einen festen Winkel relativ zur horizontalen Ebene des Körpers bilden. Dadurch werden Spurweite und Bodenabstand vordefiniert. Die Arme sind mit Betätigungsmitteln versehen, um die Raupenanordnungen relativ zum Körper verschieben zu können und so Spurweite und Bodenabstand einstellen zu können. Außerdem können beide Arme unabhängig voneinander bewegt werden.

c. Die angegriffene Ausführungsform macht vom Merkmal 3/3.1 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Die beiden Arme sind bewegbar am Körper montiert, um die Raupenanordnungen relativ zum Körper bewegen (verschieben) zu können. Der Rahmen der angegriffenen Ausführungsform ist zum „Körper“ im Sinne des Streitpatents zu zählen. Der Rahmen weist bei der angegriffenen Ausführungsform dieselbe Funktion auf. Diese besteht darin, den Verbrennungsmotor zu tragen. Soweit bei der angegriffenen Ausführungsform die Arme mit den Raupenanordnungen an Vierkantrohren befestigt sind, die einen Rahmen bilden, und auf diesen Rahmen verschiedene Aufsätze montiert werden können, stellt dies lediglich weitere (Unter-)Merkmale dar, die nicht aus dem Klagepatent herausführen.

Soweit bei einer Variante der angegriffenen Ausführungsform ein Niveauausgleich auch bzw. zusätzlich über das Abklappen des Rahmens mit den an dem Rahmen angeordneten Beinen möglich ist, führt dieser Umstand ebenfalls nicht aus der Patentbenutzung heraus. Die Patentbenutzung entfällt nicht, weil es auf diese Funktionalität nicht relevant ankommt. Die so ausgestaltete angegriffene Ausführungsform ist nämlich dennoch objektiv geeignet, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Es handelt sich lediglich um eine zusätzliche Funktionalität.

3. Die Verwirklichung der Unteransprüche 2-4 und 10 des Klagepatents ist unter den Parteien zu Recht nicht umstritten.

III.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Das Klagepatent ist derzeit auch in Kraft.

IV.

Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Tathandlungen ist festzustellen, dass lediglich hinsichtlich der Tathandlung „einführen“ kein konkreter Vortrag der Klägerin gegeben ist. Diesbezüglich ist die Klage unbegründet, weil sie mangels Vortrags unschlüssig ist. Im Übrigen war die Patentbenutzung rechtswidrig. Vor allem bestand keine Rechtfertigung oder Zustimmung (Lizenz) durch die Klägerin zugunsten der Beklagten.

V.

Die Beklagten können sich nicht auf ein privates Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG stützen Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass der... Gegenstand der Vorbenutzung - wie von den Beklagten vorgetragen - war und dass das Vorbenutzungsrecht wirksam auf die Beklagte zu 1 übertragen wurde, können sich die Beklagten aus Rechtsgründen nicht auf das private Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG berufen.

1. Nach § 12 PatG ist derjenige, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat, befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen.

§ 12 PatG hat den Zweck, aus Billigkeitsgründen einen vorhandenen oder bereits angelegten gewerblichen Besitzstand des Vorbenutzers zu schützen und damit die unbillige Zerstörung in zulässiger, insbesondere rechtlich unbedenklicher Weise geschaffener Werte zu verhindern (BGH GRUR 2002, 231, 233 - Biegevorrichtung). Dessen Kraft, Zeit und Kapitaleinsatz auf bestehende Anlagen, die entweder die Erfindung bereits verwerten oder bei denen der Wille, sie zu verwerten, durch Veranstaltungen zur Benutzung bestätigt worden ist, sollen nicht umsonst aufgewandt sein und ein solcher Besitzstand nicht durch die Patentanmeldung eines anderen entwertet werden (BGH GRUR 1964, 20 - Taxilan; BGH GRUR 1969, 35, 36 - Europareise; GRUR 2003, 507, 509 - Enalapril). Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein Vorbenutzungsrecht unabhängig vom Vorliegen der in § 12 PatG normierten Voraussetzungen aufgrund von Billigkeitserwägungen oder im Hinblick auf einen „Besitzstand“ bejaht oder verneint werden könnte (BGH GRUR 1964, 673, 675 f. - Kasten für Fußabtrittsroste; GRUR 2003, 507, 509 - Enalapril), obwohl dieser Zweck von § 12 PatG bei der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale zu berücksichtigen ist. Die Anwendung von § 12 PatG setzt voraus, dass die Erfindung vor dem Prioritätstag bereits in Benutzung genommen wurde oder die dafür erforderlichen Veranstaltungen getroffen worden sind. Zusätzlich ist vor allem erforderlich, dass der Handelnde Erfindungsbesitz erlangt hat (BGH GRUR 2010, 47 Rn. 15 ff. - Füllstoff). Eine ausreichende Benutzungshandlung oder Veranstaltung im Sinne von § 12 Abs. 1 PatG erfordert, dass der Handelnde selbstständigen Erfindungsbesitz erlangt und diesen redlich erworben und ausgeübt hat (BGH GRUR 2010, 47 Rn. 17 - Füllstoff). Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die aus Aufgabe und Lösung sich ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv derart erkannt ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist (BGH GRUR 2010, 47 Rn. 17 - Füllstoff). Redlich erworben ist der Erfindungsbesitz, wenn der Benutzer sich für befugt halten durfte, die erfindungsgemäße Lehre für eigene Zwecke anzuwenden (BGH GRUR 2010, 47 Rn. 17 - Füllstoff). Unredlich handelt der Benutzer jedenfalls dann, wenn er die geschützte Lehre widerrechtlich entnommen hat (BGH GRUR 2010, 47 Rn. 17 - Füllstoff).

Die sachliche Reichweite dieser Regelung im Falle von Weiterentwicklungen ist umstritten und nicht abschließend geklärt. Vom Vorbenutzungsrecht umfasst ist jedenfalls nur diejenige technische Lehre, auf die sich der Erfindungsbesitz und die geschehene oder vorbereitete Benutzung bezogen haben. Weiterentwicklungen, die über den Umfang der bisherigen Benutzung hinausgehen, sind dem Vorbenutzer jedenfalls dann verwehrt, wenn sie in den Gegenstand der patentierten Erfindung (erstmals) eingreifen. Dementsprechend hat bereits das Reichsgericht (RGZ 133, 377, 380) entschieden, dass der Vorbenutzer nicht das Recht hat, sich auch diejenigen Ausführungsformen zu eigen zu machen, die gerade der Patentinhaber gezeigt hat und die der Vorbenutzer dann als besonders zweckmäßig erkennt, gleichviel ob diese besonderen Ausführungsformen gegenüber dem allgemeinen Erfindungsgedanken selbst wieder erfinderisch sind oder nicht. Folgerichtig hat dann das Reichsgericht in einer weiteren Entscheidung (RGZ 153, 321, 326) festgestellt, das verbesserte oder zweckmäßigere Ausführungsformen des Erfindungsgedanken, die erst das Klagepatent offenbarte, vom Vorbenutzungsrecht nicht erfasst werden.

Allerdings können nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts Weiterentwicklungen, die naheliegende Abwandlungen der vorbenutzten Lehre sind, wiederum dem Vorbenutzungsrecht unterfallen. So meinte das Reichsgericht, dass das Vorbenutzungsrecht den Vorbenutzer ermächtige, seine Vorbenutzung so, wie sie stattfand, einschließlich der glatten Äquivalente fortzusetzen (RGZ 133, 377, 380).

Der Bundesgerichtshof hat zu diesen Fragestellungen noch nicht abschließend Stellung genommen. Die Entscheidung mit dem Stichwort Biegevorrichtung (GRUR 2002, 231 ff.) betrifft eine andere Konstellation. Der dort entschiedene Fall zeichnete sich dadurch aus, dass die vorbenutzte Vorrichtung nicht unter das Klagepatent fiel. Vorliegend wird aber die angeblich vorbenutzte Vorrichtung (der Y-Beiner) von dem breit formulierten Anspruch 1 erfasst.

In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird die zuletzt dargestellte Rechtsprechung des Reichsgerichts aus dogmatischen Gründen kritisiert (Keukenschrijver, GRUR 2001,944,947).

Dieser Kritik schließt sich die Kammer an. Insgesamt ist es nicht sachgerecht, den Umfang des Vorbenutzungsrechts nach denselben Grundsätzen zu bestimmen, die für die Bestimmung des Schutzbereichs des Patents gelten, weil eine Vorbenutzung weder ein Schutzrecht noch eine schutzrechtsähnliche Position verschafft, sondern lediglich ein Abwehrrecht gegenüber der Rechtsposition des Patentinhabers begründet (Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947), Anders als das Patent hat das Vorbenutzungsrecht keinen Schutzbereich im patentrechtlichen Sinne {Keukenschrijver GRUR 2001, 944, 947). Insofern ist der Wortlaut von § 12 PatG auch nicht so zu verstehen, dass jegliche Vorbenutzung der Erfindung, sei sie im Bereich wortsinngemäßer Benutzung, sei sie im Bereich abweichender, insbesondere äquivalenter Verwirklichung, den Nichteintritt der Wirkungen des Patents in seiner ganzen Breite zur Folge hat, weil dies Sinn und Zweck der Regelung zuwiderlaufen würde {Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947). Dieser besteht nämlich - wie oben dargelegt - lediglich darin, den Besitzstand des Vorbenutzers zu schützen, nicht aber, ihn - gegenüber dem Patentinhaber, worauf wegen der Relativität des Vorbenutzungsrechts allein abgestellt werden kann - auszuweiten {Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947). Allerdings wäre es auch nicht sachgerecht, ein generelles Verbot jeglicher Änderungen in Bezug auf den vorbenutzen Gegenstand zu statuieren, weil dann der vom Gesetz beabsichtigte Investitionsschutz faktisch leerlaufen würde {Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947).

Hiervon ausgehend darf derjenige, der sich auf ein Vorbenutzungsrecht berufen kann, solche Abwandlungen der vorbenutzten Ausführungsform vornehmen, die in Kenntnis dieser Ausführungsform und ohne Kenntnis des Patents naheliegend waren. Darüber hinausgehend darf er nicht naheliegende Abwandlungen nur dann vornehmen, wenn sie durch das Patent, dem gegenüber das Vorbenutzungsrecht geltend gemacht wird, ihrerseits nicht offenbart oder nahegelegt werden {Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947).

Diese dynamische Auslegung des Vorbenutzungsrechts stellt aus der Sicht der Kammer sicher, dass der Berechtigte nicht auf ein Weiterbetätigen in fotografisch identischer Form (vgl. Keukenschrijver, GRUR 2001, 944, 947) beschränkt bleibt. Ihm sind nicht erfinderische Abwandlungen und Weiterentwicklungen gestattet. Zugleich erstreckt sich die Gestattung auch nicht auf dasjenige, was der Berechtigte erst dem Klagepatent entnommen hat, was er also nicht selbst zum Prioritätszeitpunkt im Erfindungsbesitz hatte (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2012, 895 - Desmopressin).

Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen dieser zweistufigen Prüfung trägt derjenige, der sich auf diesen Einwand berufen möchte, hier also die Beklagtenseite.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass sich die Beklagten vorliegend nicht auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen können.

a. Auf die noch auf der Grundlage einer abweichenden rechtlichen Einordnung durchgeführte Beweisaufnahme zu den Umständen der Vorbenutzung kommt es aufgrund der nunmehr getroffenen rechtlichen Bewertung nicht mehr entscheidend an. Mithin kann - auch wenn die bisherige Beweisaufnahme hierzu aus Sicht der Kammer indifferent endete, ohne ein klares Ergebnis in die eine oder andere Richtung zu liefern - für die Zwecke des Einwands des Vorbenutzungsrechts als wahr unterstellt werden, dass die Beklagte zu 1 den Y-Beiner vorbenutzt hat.

b. Denn der Vorbenutzungseinwand der Beklagten greift bereits aus rechtlichen Gründen nicht durch. Beide Stufen der oben dargestellten zweistufigen Prüfung sind zugunsten der Klägerin zu entscheiden.

aa. Nach Überzeugung der Kammer handelt es sich bei dem - unterstellt -vorbenutzen Y-Beiner und dem nun angegriffenen X-Beiner um zwei unterschiedliche Erfindungen, die in einem Patent zusammengefasst sind. Der Y-Beiner hat konstruktionsbedingt Nachteile, der Winkel der Beine ist, wie aus der Anlage K 29 (obere Darstellung) ersichtlich, eingeschränkt.

Diese Nachteile treten bei der Konstruktion des Fahrwerks als X-Beiner (vgl. Anlage K 29 - untere Darstellung) hingegen nicht auf. Er kann an steileren Hängen bewegt und verwendet werden. So sind wesentliche Merkmale der X-Bein-Version, dass die Arme in Kettenlaufrichtung zueinander versetzt sind und quer zur Kettenlaufrichtung parallel verlaufen. Die Arme kreuzen beim X-Beiner einander und weisen über eine Horizontalebene des Körpers nach oben ragende Armbereiche auf. Demgegenüber fluchten bei der Y-Bein-Version die Arme quer zur Kettenlaufrichtung miteinander in einer Linie. Sie enden unterhalb der Unterkante des Körpers in einem stumpfen Winkel zueinander und kreuzen einander nicht. Aufgrund der relativ flachen Stellung der Arme ergibt sich beim Y-Beiner ein ungleiches Verhältnis zwischen Spurbreitenänderung und Höhenänderung bei einer Längsverstellung der Arme. Eine Längsverstellung der Arme führt im Wesentlichen zu einer breiteren Spur bei nur moderater Erhöhung der Höhe.

cc. Aus Sicht der Kammer musste der Fachmann auch erfinderisch tätig werden, um den Y-Beiner zum X-Beiner weiterzuentwickeln. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben auf den konkreten Vortrag der Klageseite bereits nichts Konkretes erwidert.

(A) Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit geht die Kammer von folgenden Rechtsgrundsätzen aus: Keine erfinderische Tätigkeit liegt vor, wenn die technische Lehre nicht über die normale technologische Weiterentwicklung hinausgeht, sondern sich lediglich und ohne weiteres oder folgerichtig aus dem bisherigen Stand der Technik ergibt (Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, § 2 Rh. 559). Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist die Gesamtheit der Lösungsmerkmale, d. h die Kombination sämtlicher Merkmale der beanspruchten Erfindung in ihrem technischen Zusammenhang zugrunde zu legen (BGH GRUR 2007, 1055, 1059 - Papiermaschinengewebe; Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, § 2 Rn. 542). Die Merkmale einer Merkmalskombination müssen deshalb in ihrem technischen Zusammenhang gesehen werden (BGH GRUR 1994, 357, 358 - Muffelofen; Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, § 2 Rn. 542).

Abzustellen ist bei der Prüfung auf den im konkreten Fall relevanten Durchschnittsfachmann. Dessen Sicht zum Prioritätszeitpunkt ist einzunehmen und zu fragen, was einschlägiger Stand der Technik war und ob er angesichts dessen, unter Berücksichtigung seines Fachwissens und ohne Kenntnis der Erfindung zur beanspruchten Erfindung in naheliegender Weise gelangt wäre. Es ist unzulässig, eine rückschauende Betrachtungsweise anzustellen, weil sie sich der Kenntnis der beanspruchten Erfindung bedient (BGH GRUR 2001, 232, 234 -Brieflocher, Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, § 2 Rn. 548). So kann eine Erfindung trotzdem erfinderisch sein, auch wenn sie in der Rückschau als Anwendung eines vorbekannten Prinzips erkannt wird, sofern die Kenntnis vom Prinzip nicht ausreichte, um in naheliegender Weise zur beanspruchten Erfindung zu gelangen (Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, §2 Rn. 548).

Anhand des Prüfungsmaßstabs des Bundesgerichtshofs sind zum einen die Überlegungen des Fachmanns zu ermitteln, die er anstellen muss, um die Unterscheidungsmerkmale, durch die sich die beanspruchte Erfindung von der Entgegenhaltung unterscheidet, aus weiteren Offenbarungsquellen zu entnehmen oder mithilfe seines Fachwissens aufzufinden. Zum anderen ist zu untersuchen, ob der Fachmann eine Veranlassung hatte, die in den weiteren Offenbarungsquellen aufgefundenen Anregungen aufzunehmen und bei der Weiterentwicklung der bekannten Lehre in Richtung der beanspruchten Lehre zu berücksichtigen. Damit ein von den bisherigen beschrittenen Wegen abweichender Ansatz naheliegt, bedarf es in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausgehender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstige Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2013, 363, Rn. 27 - Polymerzusammensetzung). Einer solchen Veranlassung bedarf es in der Regel nicht, in denen für den Fachmann aufgrund seines Fachwissens auf der Hand liegt, was zu tun ist (Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, 1. Auflage, 2012, §2 Rn. 565).

(B) Im vorliegenden Einzelfall fehlt es besonders an hinreichend substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, dass keine erfinderische Tätigkeit notwendig war, um den - unterstellt vorbenutzen - Y-Beiner zu einem X-Beiner weiterzuentwickeln. Jedenfalls reicht das in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2015 Vorgebrachte nicht aus, um die Kammer in die Lage zu versetzen, zu einer anderen, für die Beklagten günstigeren, rechtlichen Beurteilung zu gelangen.

(1)

Nach Hinweis der Kammer vom 29.04.2015 (Bl. 155/156), dass es möglicherweise auf die von Keukenschrijver in GRUR 2001, 944 ff. vertretene Auffassung ankommen könnte, hatten die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2015 vorgetragen (Prot. S. 3 = Bl. 177), dass dessen Ansatz richtig sei, so dass die Frage zu stellen sei, ob die Weiterentwicklung von einem Y-Beiner zu einem X-Beiner nahegelegen habe. Dies sei vorliegend zu bejahen, weil die Erfindung eine Weiterentwicklung der Höhenverstellbarkeit zusätzlich zu einer Verbreiterung der Spurbreite beinhalte, wozu die Arme in einem bestimmten Winkel angeordnet würden. Es liege aber im Bereich der fachmännischen Kenntnisse, wie genau diese Anordnung auszuführen sei, sei es mit einer Y-Bein Anordnung; sei es mit einer X-Bein Anordnung.

Die Klägerin hat hierauf erwidert (Prot. S. 3 = Bl. 177), dass eine Abwandlung, die einem Ausführungsbeispiel des vorbenutzten Patents entspreche, keinesfalls vom Vorbenutzungsrecht erfasst sei, unabhängig davon, ob die Abwandlung durch die vorbenutzte Form nahegelegt gewesen sei. Jedenfalls aber sei ein Naheliegen zu verneinen, weil ausgehend von einem Y-Beiner allenfalls Anlass bestanden haben könnte, zur Vergrößerung der Bodenfreiheit die Beine zu verlängern. was aber zwingend zu einer Verbreiterung der Spurbreite führen würde. Demgegenüber würden im X-Beiner die widerstreitenden Anforderungen der Spurbreite und der Höhenverstellbarkeit in der Art gelöst, dass durch die Überkreuzung der Arme bei geringerer Spurbreite eine gleiche Höhe, und umgekehrt, erreicht werden könne. Für eine solche Anforderung gebe der Y-Beiner keine Anregung, weil die folgerichtige handwerkliche Fortentwicklung des Y-Beiners allein in der Verlängerung von dessen Beine gelegen hätte.

(2)

Zunächst wurde von den Beklagten bereits kein Anlass für den Fachmann benannt, in den weiteren Offenbarungsquellen auf- gefundenen Anregungen aufzunehmen und bei der Weiterentwicklung der - unterstellt - bekannten Lehre des Y-Beiner in Richtung der benutzten Lehre (X-Beiner) ohne Kenntnis des Klagepatents zu berücksichtigen. Zudem wurde das fachmännische Wissen nur pauschal angeführt. Es wäre hier Aufgabe der Beklagtenseite .gewesen, im Einzelnen darzutun, dass im Stand der Technik technische Lehren bekannt waren, aus denen der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens den Gegenstand der Erfindung (X-Beiner) hätte entwickeln können. Dazu hätte die Beklagtenseite diejenigen technischen und sonstigen tatsächlichen Umstände darlegen müssen, aus denen das Verletzungsgericht die rechtliche Schlussfolgerung ziehen soll, dass der Fachmann Anlass hatte, den ihm nach seinem Fachwissen und -können objektiv möglichen Weg auch zu gehen (vgl. BGH BeckRS 2015, 02047 - Zwangsmischer).

(C) Zur zweiten Bedingung des oben dargestellten zweistufigen Tests ist festzustellen, dass die - unterstellte - Weiterentwicklung (der X-Beiner) durch das Ausführungsbeispiel des Klagepatents (vgl. Figuren) offenbart wird.

VI.

Die Beklagten sind passivlegitimiert. Der Beklagte zu 2 haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 selbstständig unmittelbar. Er ist Alleingeschäftsführer der Beklagten zu 1 und führt deren Geschäft (vgl. BGH GRUR 2009, 1142 - MP3-Player Import). Die Beklagte zu 1 ist Täterin der Patentverletzung. Das Handeln ihrer Organe und Mitarbeiter ist ihr zuzurechnen.

VII.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagten daher die nachfolgend dargestellten Ansprüche zu:

1. Die Klägerin hat Anspruch auf Unterlassung gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. mit § 139 Abs. 1 PatG, weil Wiederholungsgefahr hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen besteht. Durch die festgestellte begangene rechtswidrige Benutzungshandlung wird die Wiederholungsgefahr indiziert.

2. Die erhobenen Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung bestehen ebenfalls. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b Abs. 3 PatG.

Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern.

Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben der Beklagten angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden durch die von ihr abverlangten Auskünfte auch nicht unzumutbar belastet. Der Anspruch bezieht sich wie von der Klägerin beantragt auf Gegenstände, die seit dem 23.08.2008 in Verkehr gelangt sind.

3. Der Klägerin steht auch ein Schadensersatzanspruch zu, weil die Beklagten schuldhaft gehandelt haben, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V m. § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagten haben die im Verkehr erforderlichen Informations- und Nachforschungspflichten zumindest fahrlässig verletzt. Jeder Beklagte hätte prüfen müssen, ob im Einzelfall die angegriffenen Ausführungsformen gegen das Klage patent verstoßen. Der Klägerin steht der Schadensersatzanspruch auch dem Grunde nach zu.

4. Der Rückrufanspruch sowie der Vernichtungsanspruch der Klägerin sind nur gegen die Beklagte zu 1 gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. mit § 140 a Abs. 1, 3 PatG im tenorierten Umfang gegeben. Gegen natürliche Personen bestehen diese Ansprüche in der Regel nicht (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rn. 1396, 1429). Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung zuließen, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit von Vernichtung und Rückruf im Sinne von § 140 a Abs. 4 PatG vermochte die Kammer nicht festzustellen. Zur Begründung haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 27.10.2014 (S. 19 f. = Bl. 109 f.) ausgeführt, dass sich die angegriffenen Holzhäcksler unschwer zu einem patentfreien Erzeugnis umgestalten ließen. Ferner beziehe sich der Anspruch nur auf das Fahrwerk. Letzteres trifft ersichtlich nicht zu. Der Anspruch erfasst eindeutig eine Kombination aus Fahrwerk und Holzhäcksler. Die leichte Umgestaltung wurde von der Klägerin bestritten (Schriftsatz vom 15.1.2015 S. 18 = Bl. 136). Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Partei hat keinen Beweis für ihre Behauptung angeboten. Unabhängig hiervon ist ein Absehen von der regelmäßig anzuordnenden Vernichtung vorliegend auch nicht geboten. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass für den Fall der Teilvernichtung nur des Fahrwerks die Gefahr bestünde, dass der Holzhäcksler von einem anderen Unternehmen der Firmengruppe, der die Beklagte zu 1 angehört, wiederum mit einem patentverletzenden Fahrwerk versehen und vertrieben wird.

Der Anspruch bezieht sich aber nur auf die seit dem 23.07.2008 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse. Ferner bezieht sich dieser Anspruch nur auf die sich im Besitz gewerblich handelnder Dritter befindlichen Gegenstände (Haedicke/Timmann/Kam/ah, Handbuch des Patentrechts, 1, Auflage, 2012, § 10 Rn. 250). Insoweit war die Klage im Übrigen abzuweisen.

C.

Eine Aussetzung des Verfahrens auf die von den Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage ist nach § 148 ZPO nicht veranlasst.

I.

Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt als solches noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinaus laufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (vgl. BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes absolutes Recht verleiht und dass ein wesentlicher Teil dieses Rechts, nämlich der Unterlassungsanspruch gegenüber dem Patentverletzer durch eine Aussetzung der Verhandlung des Verletzungsrechtsstreits praktisch suspendiert werden würde, kommt eine Aussetzung wegen eines gegen das Klagepatent anhängigen Nichtigkeitsverfahrens nur dann in Betracht, wenn eine Vernichtung des Klageschutzrechts nicht mehr möglich, sondern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der ihm am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe die von einer wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Neben der Prognoseentscheidung über die Erfolgsaussichten des Angriffs auf das Patent hat das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung im Rahmen der Interessenabwägung weitere Kriterien zu berücksichtigen. Zu beachten ist zum Beispiel, wann das Rechtsbestandsverfahren eingeleitet wurde. Denn grundsätzlich sollte der Beklagte den Angriff auf das Klageschutzrecht so früh wie möglich einleiten, spätestens als Reaktion auf eine vorgerichtliche Abmahnung. Wartet der Beklagte mit dem Angriff auf das Klageschutzrecht zu lange und verhindert er auf diese Weise, dass frühzeitig Klarheit über die Schutzfähigkeit des Klagepatents besteht, spricht dies tendenziell gegen eine Aussetzung.

Bei der Aussetzungsentscheidung sind lediglich diejenigen Umstände zu prüfen, welche von der Beklagtenseite in einer in sich geschlossenen, verständlichen und zusammenhängenden Darstellung schriftsätzlich vorbereitet vorgetragen worden sind. Allgemein reicht eine Bezugnahme auf Anlagen allenfalls dann aus, wenn diese Anlagen selbst den Anforderungen an schriftsätzliches Vorbringen im Zivilprozess genügen. Dies ist jedoch bei einem an das DPMA, das EPA oder das BPatG gerichteten Schriftsatz oftmals gerade nicht der Fall, weil sich die Parteien in einer Vielzahl von Fällen darauf verlassen, dass die dort statuierten Spruchkörper mit technisch sachverständigen Personen besetzt sind, die den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und denen eventuell im Einzelfall sogar Stand der Technik bereits geläufig ist, ohne dass es hierzu näherer Erläuterungen bedarf. Hingegen sind im Patentverletzungsprozess wie in jedem Zivilprozess aufgrund des Vortragsgrundsatzes die tatsächlichen Umstände schriftsätzlich vorzutragen, aus welchen sich die begehrte Rechtsfolge ergibt. Eine Amtsermittlung findet nicht statt. Mündliche Ausführungen können den schriftsätzlich Vortrag allenfalls in einzelnen Punkten ergänzen, vertiefen oder verdeutlichen. Bei dem Einwand fehlender Rechtsbeständigkeit eines Patents gehören hierzu auch Erläuterungen zu Gegenstand und Hintergrund der in den Entgegenhaltungen beschriebenen und offenbarten Erfindungen, sowie zu den Kenntnissen und der Herangehensweise des angesprochenen Fachmanns. Denn erst durch einen dahingehenden Sachvortrag wird eine mit ausschließlich juristisch qualifizierten Richtern besetzte Patentstreitkammer in die Lage versetzt, eine Aussage dazu zu treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Streitpatent vor dem Hintergrund der derart schriftsätzlich diskutierten Entgegenhaltungen als rechtsbeständig erweisen wird (LG München I, Schlussurteil vom 24.07.2014 - Aktenzeichen 7 0 24814/13, BeckRS 2014, 16686).

II.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht im vorliegenden Rechtsstreit keine Veranlassung zur Aussetzung, weil sich weder aus dem schriftsätzlich aufbereiteten Vortrag der Beklagten noch aus dem mündlichen Vorbringen mit der für eine Aussetzungsentscheidung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der Gegenstand der streitgegenständlichen Patentansprüche sich im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht als nicht rechtsbeständig erweisen wird.

1. Eine - von der Klägerin zulässig mit Nichtwissen bestrittene - offenkundige Vorbenutzung konnte die Kammer unabhängig von der oben diskutierten Frage, ob die Vorbenutzung eines Y-Beiners ein privates Vorbenutzungsrecht im Hinblick auf einen X-Beiner vermitteln kann, auch anlässlich der im Hinblick auf das behauptete private Vorbenutzungsrecht durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen.

Die Klägerin hat den Vortrag der Beklagten zur offenkundigen Vorbenutzung zulässig mit Nichtwissen bestritten. Da sich die Durchführung einer Beweisaufnahme hierüber im Rahmen der zu treffenden Aussetzungsentscheidung verbietet, ist wegen dieses Nichtigkeitsgrundes eine Aussetzung grundsätzlich nicht veranlasst, weil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die im Nichtigkeitsverfahren noch durchzuführende Beweisaufnahme zu diesem oder jedem Ergebnis führen wird, nicht festgestellt werden kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.10.2013 - 6 U 4418/12, Anlage K11).

An diesem Befund ändert auch der Umstand nichts, dass im Hinblick auf das parallele Gebrauchsmuster eine Löschungsentscheidung aufgrund offenkundiger Vorbenutzung vorliegt, weil ebenfalls sachkundig besetzte Spruchkörper, die Einspruchsabteilung sowie die Beschwerdekammer des EPA, eine offenkundige Vorbenutzung des hiesigen Klagepatents im Ergebnis verneint haben. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die verschiedenen Spruchkörper leicht unterschiedliche Sachverhalte zu beurteilen hatten, was aber daran liegt, dass die Einsprechende vor dem EPA nicht rechtzeitig alle Umstände und Beweismittel eingereicht und geltend gemacht hat. Dieser Umstand kann dem Patentinhaber aber nicht zum Nachteil gereichen, zumal die Beklagte vorliegend nicht mitgeteilt hat, auf welchen konkreten fachmännischen Kenntnissen und Überlegungen die Einschätzung des Bundespatentgerichts beruht (vgl. Schriftsatz vom 09.04.2013 S. 9 = Bl. 61 der Akte). Derartige Informationen lassen sich auch dem Urteil des Bundespatentgerichts (Anlage B 9 S. 11 des Urteilsumdrucks) nicht entnehmen. Die Kammer ist daher vorliegend nicht in der Lage, sich mit dieser Einschätzung substantiiert auseinanderzusetzen und sie nachzuvollziehen. Jedenfalls besteht insoweit keine erhöhte Wahrscheinlichkeit der rechtskräftigen Vernichtung auch des Klagepatents.

Auch aus der Einvernahme des Zeugen ... konnte die Kammer zur Frage der Offenkundigkeit einer Vorbenutzung keine verlässlicheren Erkenntnisse ableiten. Soweit der Zeuge ... in seiner Vernehmung ausgesagt hat, dass der ..., bei dem es sich - anders als dies noch dem Schriftsatz der Beklagten vom 09.04.2013 S. 6 = Bl. 58 der Akte entnommen werden könnte - um einen Y-Beiner handelte, seinerzeit auch auf dem betriebseigenen Testgelände im Wald mit ausgefahrenen Armen bewegt worden sei, vermag die Kammer daraus schon nicht die Wertung zu treffen, dass dies bei Wahrunterstellung eine offenkundige Vorbenutzung der Y-Beiner-Alternative des Klagepatents begründet. Denn dass es Dritten möglich war, dies auf dem firmeneigenen Testgelände im Wald tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen und dass diesen Dritten damit die Erfindung nach dem Klagepatent vollständig offenbart wurde, hat der Zeugen ... nicht ausgesagt. Mithin ist nicht bewiesen, dass die behaupteten Vorbenutzungshandlungen offenkundig erfolgten. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass dieser Beweis im anhängigen Nichtigkeitsverfahren, in dem ebenfalls der Zeuge ... benannt ist, noch erbracht werden wird, kann nicht festgestellt werden.

Soweit der Zeuge ... ausgesagt hat, dass der ... auf dem Betriebsgelände - bzw. in der Halle für Besucher frei zugänglich gewesen sei, ist für die Kammer nicht ersichtlich, wie die Benutzung der vollständigen klagepatentgemäßen Erfindung bei einem stehenden und im Ruhezustand befindlichen Holzhäcksler (vgl. Anlagen zum Schriftsatz vom 11.5.2015, Bl. 194) für den Betrachter möglich sein soll. Im Ruhezustand sind die Arme, unabhängig davon, ob sie X-förmig oder Y-förmig angeordnet sind, eingefahren. Der vorgetragenen abweichenden Einschätzung des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren dahingehend, dass fachkundige Personen beim schlichten Betrachten des ruhenden Holzhäcksler erkennen konnten, dass die Arme teleskopierbar sind, und wie sich dies an einem Hang auswirkt, vermag sich die Kammer im vorliegenden Zivilverfahren aus den oben dargestellten Gründen nicht anzuschließen.

2. Aus der Entgegenhaltung A3 ... die auch als Anlage B1 und als Anlage A21 vorgelegt wurde, kann die Kammer nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit das Fehlen eines erfinderischen Schritts hinsichtlich der klagepatentgemäßen Erfindung entnehmen. Da diese Druckschrift bereits Teil des Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt (EPA) war und dort gewürdigt wurde, wobei der erfinderische Schritt der klagepatentgemäßen Erfindung vor dem Hintergrund dieser Schrift bejaht wurde, besteht aus Sicht der Kammer keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents aufgrund dieser Entgegenhaltung.

3. Gleiches gilt für die Entgegenhaltungen A7 und A19. Die A7 wird im Klagepatent in Abschnitt 3 erwähnt. Beide Entgegenhaltungen waren ebenfalls Teil des Einspruchsverfahrens vor dem EPA und wurden dort gewürdigt. Eine Patentnichtigkeit aufgrund dieser Entgegenhaltungen konnte das Amt nicht feststellen, so dass es aus Sicht der Kammer keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents aufgrund dieser Entgegenhaltungen gibt.

4. Sofern die Beklagten eine unzulässige Erweiterung in ihrer Nichtigkeitsklage darstellen, diesen Nichtigkeitsgrund aber im Verletzungsverfahren nicht schriftsätzlich diskutieren, war dieser Einwand von der Kammer aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung nicht zu prüfen. Selbiges gilt auch für die Entgegenhaltungen A8, A12/A13, weil diese zwar schriftsätzlich mit einem Satz erwähnt (vgl. Schriftsatz vom 09.04.2013 S. 15 = Bl. 67 der Akte) aber nicht hinreichend erläutert wurden.

6. Die Kammer hat zur Kenntnis genommen, dass das Landgericht Düsseldorf und das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem zwischen den Parteien geführten einstweiligen Verfügungsverfahren, das auch auf das Klagepatent gestützt war, Zweifel am Rechtsbestand des Klagepatents geäußert haben. Beide Gerichte folgten im Wesentlichen der Beurteilung des DPMA im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren.

Doch handelt es sich hier um zwei strikt voneinander zu trennende Streitgegenstände (einstweiliges Verfügungsverfahren einerseits und Hauptsacheverfahren andererseits), bei denen unterschiedliche Anforderungen an den Rechtsbestand des Patents zu stellen sind. Während im einstweiligen Verfügungsverfahren - zumindest nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (GRUR-RR 2013, 236 - Flupirtin-Maleat) - der Verfügungsgrund entfallen kann, wenn der Bestand des Verfügungspatents nicht eindeutig zugunsten des Antragstellers gesichert ist, werden in einem Hauptsacheverfahren die oben dargestellten Anforderungen hinsichtlich des Rechtsbestands und der Begründung eines Aussetzungsantrages gestellt.

Diese Anforderungen wurden vorliegend aus Sicht der Kammer nicht erfüllt.

D.

Über den Hilfsantrag der Klägerin brauchte nicht entschieden zu werden, weil bereits der Hauptantrag im Wesentlichen begründet war. Der Hauptgesichtspunkt des Hilfsantrags (Beschränkung auf X-Beiner) kommt im Hinblick auf die Teilabweisung ohnehin nicht zum Tragen, weil diese unabhängig von der Ausgestaltung als X-Beiner oder Y-Beiner auszusprechen war. Wegen fehlender Anpassung des Antrags an den Streit der Parteien hinsichtlich der Auslegung und Verwirklichung des Merkmals 3/3.1 war aber der Tenor wie geschehen auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken, die ein X-Beiner und kein Y-Beiner ist. Eine Teilabweisung ist darin nicht zu sehen, weil die Klägerin den Y-Beiner nicht angegriffen hat.

Die Kammer war nicht an den Antrag der Klägerin, dem die Beklagten mit Schriftsatz vom 30.06.2015 entgegengetreten sind, gebunden, wonach die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden sollte. Ein zwingender Wiedereröffnungsgrund nach § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Im Übrigen übt die Kammer ihr Ermessen im Rahmen des § 156 Abs. 1 ZPO dahingehend aus, dass sie aufgrund der Entscheidungsreife des Verfahrens zugunsten der Klägerin keine Wiedereröffnung anordnet. Ein Ablehnungsbeschluss war nicht erforderlich (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Auflage, 2015, § 156 Rn. 8).

E.

I.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 ZPO. Die Zuvielforderungen der Klägerin waren verhältnismäßig gering und haben keine höheren Kosten veranlasst.

II.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich nach § 709 ZPO wie folgt:

- Ziffer I. (Unterlassung), Ziffer IV. (Vernichtung) und Ziffer V. (Rückruf) nur gegen eine einheitliche Sicherheitsleistung in Höhe von € 412.500,00;

- Ziffer II. (Auskunft und Rechnungslegung) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 25.000,00 pro beklagte Partei;

- Ziffer VII. (Kosten) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Art der Sicherheitsleistung folgt aus § 108 Abs. 1 ZPO.

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Landgericht München I Endurteil, 30. Juli 2015 - 7 O 26546/13 zitiert 19 §§.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


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(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht


(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege

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(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch

Zivilprozessordnung - ZPO | § 32 Besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung


Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 39 Zuständigkeit infolge rügeloser Verhandlung


Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 59 Streitgenossenschaft bei Rechtsgemeinschaft oder Identität des Grundes


Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpfli

Zivilprozessordnung - ZPO | § 108 Art und Höhe der Sicherheit


(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes

Zivilprozessordnung - ZPO | § 60 Streitgenossenschaft bei Gleichartigkeit der Ansprüche


Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegensta

Patentgesetz - PatG | § 143


(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

Patentgesetz - PatG | § 12


(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse

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(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(3) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in dem Rechtsstreit entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat.

(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.