Die Klägerin macht gegen die Beklagte bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche geltend wegen vorbehaltlos gezahlter Trassenentgelte für die Jahre 2010 und 2011.
Die Klägerin ist ein konzessioniertes Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) im Bereich der Logistik. Die Beklagte ist ein Konzernunternehmen der ... und betreibt nahezu das gesamte bundesdeutsche Schienennetz. Die Beklagte ist gemäß § 14 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahnbahngesetzes (AEG) verpflichtet, der Klägerin die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihr betriebenen Eisenbahninfrastruktur zu gewähren.
Die Beklagte setzte jährlich ihre Entgelte für die Nutzung der Schienenwege fest (vgl. den am 01.08.2005 in Kraft getretenen § 21 VII S. 2 der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)).
Die Parteien schlossen am 22.08./1.9.2003 einen Infrastrukturnutzungsvertrag (Anlage K 1). In diesem war für die Entgelte die Trassenpreisliste mit Stand vom 01.04.2003 vereinbart. Ferner behielt sich die Beklagte Preisanpassungen gemäß der jeweils gültigen Trassen- bzw. Anlagenpreisliste vor (§ 1 Ziffer 1 des Infrastrukturnutzungsvertrages in Verbindung mit Ziffer 7 (1) der Allgemeinen Bedingungen für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur der... (ABN)).
Am 01.08.2005 trat die Verordnung über den diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und über die Grundsätze zur Erhebung von Entgelt für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (EIBV) in Kraft, wonach die Beklagte die dort vorgesehenen Schienennetz-Benutzungsbedingungen aufzustellen hatte.
Das Trassenpreissystem (TPS) der Beklagten ist kategorienbasiert (vgl. für 2009 K 2, für 2010 K 3 und für 2011 K 4) und wechselt jährlich zum zweiten Samstag im Dezember (§ 8 II S. 1 EIBV-Eisenbahninfrastruktur-BenutzungsVO). Die Bundesnetzagentur beantstandete die Preishöhe nicht.
Die Klägerin buchte in Kenntnis der jeweils aktuellen Entgelte gemäß dem Trassenpreissystem in verschiedenen Kategorien Trassenleistungen bei der Beklagten. Für das Jahr 2010 bezog sie hierbei 380.402,33 Trassenkilometer, für das Jahr 2011 838.625,94 Trassenkilometer. Die Klägerin geht dabei davon aus, dass sie die Streckenkategorien F1 bis F 3 und F 5 am meisten benutzt haben dürfte.
Die Rechnungen hierfür bezahlte die Klägerin in voller Höhe anstands- und widerspruchslos. Auch einen Vorbehalt erklärte die Klägerin zu ihren Zahlungen nicht.
Betreffend der Höhe ihrer Rückforderungen legte die Klägerin zu Grunde, dass die Preiserhöhungen seit den Trassenpreisen für das Jahr 2009 zu Unrecht erfolgt sind. Gemessen an dem Schnitt der Preiserhöhungen der Kategorien insgesamt errechnete die Klägerin eine durchschnittliche Kilometerpreiserhöhung von 6 Cent/Trassenkilometer für das Jahr 2010 und von weiteren 5 Cent/Trassenkilometer für das Jahr 2011. Durch die Multiplikation der bezogenen Trassenkilometer für das Jahr 2010 mit 6 Cent/Trassenkilometer berechnete die Klägerin einen Betrag von 22.824,14 € und für das Jahr 2011 wegen der Erhöhung um ingesamt 11 Cent/Trassenkilometer einen Betrag von 92.248,85 €. Aus dieser Summe zzgl. Mehrwertsteuer ergab sich der originäre Klagebetrag von 136.936,86 €.
Nach Einwendungen durch die Beklagte gegen diesen Betrag verminderte die Klägerin sodann ihren bereicherungsrechtlichen Anspruch auf die Höhe des zuletzt gestellten Antrages.
Die von der Beklagtenseite angeführten Zahlen zur Berechnung der Entgelte bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen.
Die Klägerin behauptet, dass Gründe für die Preiserhöhungen nicht ersichtlich seien. Die Preiserhöhung zum Fahrplanjahr 2010 sei vom OLG München in der Entscheidung Trassenentgelte (Urteil vom 23.02.2012, U 3365/11-Kart) bereits aufgrund fehlender Billigkeit als unwirksam eingestuft worden.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr aus § 812 Abs. 1 S.l, Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung derjenigen Differenzbeträge zustehe, die sich zwischen den bis zum Dezember 2009 geltenden Trassenpreisen und der Erhöhung hiergegenüber errechne.
Sie habe ohne Rechtsgrund geleistet, da die Preiserhöhung unwirksam bzw. nichtig sei.
Die Erhöhung der Trassenpreise sei unverbindlich, da sie nicht der Billigkeit entspreche, § 315 Abs. 3 BGB. Durch die Preisanpassungsklausel im Infrastrukturnutzungsvertrag habe sich die Beklagte das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung vertraglich eingeräumt. Es beinhalte das Einverständnis der Klägerin, dass die geänderten Preise nicht der Vereinbarung unterliegen, sondern ohne Mitwirkung und Einwirkungsmöglichkeit der Klägerin der Abrechnung zugrunde gelegt werden. Im Übrigen sei auch durch das gesetzlich eingeräumte einseitige Leistungsbestimmungsrecht nach § 14 IV AEG der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 1 BGB eröffnet. Unabhängig davon sei entsprechend der Grundsätze zur Daseinsvorsorge sowie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Preisfestsetzung von Unternehmen in einer Monopolstellung § 315 BGB jedenfalls entsprechend anwendbar.
Die Klägerin meint, dass die Anwendung des § 315 BGB auch nicht durch die spezielleren Vorschriften des Eisenbahnrechts verdrängt werde.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Preiseerhöhungen wegen Kartellrechtsverstosses zudem nichtig seien gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 I, II Nr. 2 GWB, Art. 102 S. 2 AEUV.
Die Klägerin beantragt,
nachdem sie zunächst 136.936,86 € von der Beklagten verlangt hatte unter Rücknahme der Klage im Übrigen, zuletzt:
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von Euro 132.550,41 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage zurückzuweisen,
hilfsweise für das Fahrplanjahr 2011 gemäß § 315 Abs. 3 S. 2 BGB billige Kategoriepreise - falls erforderlich im Wege einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO - durch Urteil zu bestimmen.
Die Beklagte führt aus, dass die Regelungen in § 1 Ziffer 3 und § 3 Ziffer 1 des Grundsatzstrukturnutzungsvertrages sowie Ziffer 7 ABN eine öffentlich - rechtliche Überformung dieser Klauseln gemäß § 4 VI S. 2 EIBV erfahren haben. Nach der Novelle des Eisenbahnregulierungsrechts im Jahr 2005 seien die ABN in den der Bundesnetzagentur vorgelegten SNB enthalten, die gem. § 4 VI S. 2 EIBV zwischen den Parteien verbindlich sind.
Die Beklagte führt aus, dass die streckenkategoriebezogenen Divergenzen bei dem Vergleich zum Preisniveau erklärbar seien, da das Schienennetz nach der spezifischen, aufwandswirksamen infrastrukturellen Ausstattung und Verkehrsbedeutung kategorisiert werde.
Die Beklagte ist der Meinung, dass die Klagesumme bereits nicht hinreichend substantiiert ist, da die Klägerin nicht dargelegt hat, welche Streckenkategorien sie tatsächlich genutzt habe, zumal sich für 2010 bezogen auf die Kategorie F 5 mangels Preiserhöhung keine Rückforderung begründen lasse.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB bereits daran scheitere, dass die Parteien sich in den Einzelnutzungsverträgen über die Preise geeinigt hätten. Jedenfalls eine konkludente Einigung liege dann vor, wenn der Abnehmer eine zunächst einseitige Preiserhöhung eines Lieferanten unbeanstandet hingenommen hat, indem er weiterhin Leistungen in Anspruch genommen und die in Rechnung gestellten erhöhten Preise gezahlt hat, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit etwaiger Preissteigerungen zu verlangen.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass das von der Klägerin vertretene gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht nicht bestünde, so dass sich eine Anwendung des § 315 BGB hierauf nicht stützen lasse.
Auch die Monopolrechtsprechung des BGH und die Grundsätze der Daseinsvorsorge betreffend die analoge Anwendbarkeit des § 315 BGB seien auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Im Übrigen schließen auch die vorrangigen eisenbahnrechtlichen Vorgabenunionsrechtlich und national - die analoge Anwendung des § 315 BGB aus.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, die Preise seien nicht unbillig gewesen, da die Entgelte nicht höher lagen als die Kosten der Pflichtleistung samt einer angemessenen Rendite.
Die Beklagte meint, dass das nationale Kartellrecht durch die eisenbahnrechtlichen Regulierungsvorgaben aus AEG und EIBV verdrängt werde. Ein Preishöhenmissbrauch läge jedenfalls nicht vor, wie ein europäischer Vergleich der Trassenpreise u.a. mit den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen ergäbe und der nationale Vergleich mit der ... zeige. Auch sei der Marktanteil des Schienengüterverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen im Güterverkehr gestiegen, was belege, dass die Netznutzungsentgelte nicht überhöht seien.
Die Beklagte hat beantragt, das Ruhen des Verfahrens gemäß § 251 Satz 1 ZPO anzuordnen, bis der Europäische Gerichtshof über die Vorlagefragen des Landgerichts Berlin im Verfahren Az: 20 O 203/14 entschieden hat. Diesem hat sich die Klageseite nicht angeschlossen. Hilfsweise hat die Beklagte eine eigene Vorlage nach Art. 267 Abs. 2 i.V. m. Abs. 1 lit. b AEUV angeregt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter jeweils nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 18.11.2015 verwiesen.
A.
Die Klage war als unbegründet abzuweisen, da die Voraussetzungen für einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte betreffend der - im Vergleich zu 2009 - erhöhten Trassenentgelten 2010/2011 nicht vorliegen.
Der geltend gemachte Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB erfordert, dass die Zahlungen der Klägerin ohne Rechtsgrund geleistet wurden, d.h. dass die Preisbestimmungen für die Nutzungsentgelte unwirksam oder nichtig sind.
Die Parteien haben sich durch ihr Verhalten jedoch auf die streitgegenständlichen Entgelte geeinigt, so dass nicht von deren Unverbindlichkeit nach § 315 Abs. 3 BGB auszugehen war.
Eine Nichtigkeit der Vereinbarung wegen eines Kartellrechtsverstosses konnte die Kammer auf der Grundlage der klägerischen Darlegungen nicht feststellen.
I.
Von einer unmittelbaren Anwendung, des § 315 BGB geht die Kammer nicht aus, da zwischen den Parteien ein einseitiges Bestimmungsrecht der Beklagten zur Festsetzung Trassenentgelte 2010 und 2011 nicht vertraglich begründet wurde.
Die gerichtliche Kontrolle des § 315 Abs. 3 BGB für eine einseitige Bestimmung durch eine Vertragspartei knüpft daran an, dass eine Vertragspartei eine Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen hat. Wenn zwischen den Parteien nicht ausdrücklich geregelt ist, dass eine Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist, stellt § 315 Abs. 1 BGB die Vermutung auf, dass dies im Zweifel immer dann der Fall sein soll, wenn die Leistung durch eine der Vertragsparteien bestimmt werden soll.
Ein solches einseitiges Preisbestimmungsrecht für die Beklagte wurde zwischen den Parteien jedoch nicht vereinbart.
Für § 315 BGB muss zunächst vereinbart sein, dass ein solches Bestimmungsrecht begründet wird (Hager in Erman, BGB, 14. Aufl., § 315 BGB, Rn. 7 m.w.N.).
§ 315 Abs. 1 BGB setzt für seine Anwendbarkeit eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Vertragspartei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (vgl. auch Grüneberg, Palandt, BGB, 74. Aufl., § 315 Rn. 1, BGH, Urteil vom 18.10.2011, KZR 18/10, Stornierungsentgelt, Rn. 12).
Eine solche Vereinbarung, dass die Beklagte einseitig die Entgelthöhe bestimmen kann, findet sich in den Einzelnutzungsverträgen, die die Klägerin mit der Beklagten für die Trassennutzung 2010 und 2011 abschloss, nicht.
Den Buchungen der Klägerin ging die Bekanntgabe der Trassenpreise durch die Beklagte voraus. In Kenntnis dieser Preise bestellte die Klägerin bei der Beklagten Trassenkilometer. Diese Buchungen führten zu Einzelnutzungsverträgen zwischen den Parteien. Da die Klägerin zum Zeitpunkt dieses Vertrags Schlusses die Preise nicht in Frage stellte oder gar widersprach, lagen diesbezüglich zwei übereinstimmende Willenserklärungen vor (vgl. auch BGH, Urteil vom 18.10.2011, Stornierungsentgelt, Az: KZR 18/10 Rn. 12, 13, der wegen des Widerspruchs der dortigen Klägerin bei den jeweiligen Einzelnutzungsverträgen jedenfalls von einer fehlenden Preiseinigung ausging). Eine Änderung dieser Preise durch die Beklagte war nach Abschluss der Verträge nicht vorgesehen.
Zwar meint die Klägerin, dass sich die Beklagte im Grundsatz-Infrastrukturnutzungsvertrag durch eine Preisanpassungsklausel ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumen hat lassen.
Ein solcher vorangegangener Preisvorbehalt bei einem noch keine unmittelbaren Zahlungspflichten begründenden Rahmenvertrag stellt jedoch keine vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB dar. Charakteristisch für die in § 315 Abs. 1 BGB vorgesehene Bestimmung ist, dass der einen Vertragspartei mit Abschluss des Vertrages eine Gestaltungsmacht eingeräumt wird. Diese privatautonome Gestaltungsmacht wird an den Maßstab des billigen Ermessens gebunden (vgl. Hager in Erman, BGB, 14. Aufl., § 315 BGB, Rn. 2). Ein solches Leistungsbestimmungsrecht steht der Beklagten jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Einzelnutzungsverträge gerade nicht mehr zu.
Durch den Grundsatz-Infrastrukturnutzungsvertrag werden noch keine unmittelbaren, auf einer Leistungsbestimmung der Beklagten beruhenden Zahlungspflichten für das EVU begründet; dies ist erst mit dem Abschluss eines Einzelnutzungsvertrages der Fall, dessen höchstmögliche Laufzeit ein Jahr beträgt (§ 11 Abs. 2 EIBV) und mit dem sich das EVU dazu verpflichtet, die in dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Trassenpreissystem ausgewiesenen Entgelte für die Inanspruchnahme der Zugtrassen zu bezahlen. Die Grundsatz-Infrastrukturnutzungsverträge enthalten auch - anders als Rahmenverträge im Sinne von §§ 14 a AEG, 13 EIBV - noch keine rechtliche Verpflichtung zum künftigen Abschluss von Einzelnutzungsverträgen (BGH, Urteil vom 08.10.2014, Az: XII ZR 164/12, Rn. 16).
Es trifft zwar zu, dass diese Vertragsklausel klar vor Augen führt, dass dem EVU kein Verhandlungsspielraum für die Entgelthöhe eröffnet wird, da ihr in ständiger Rechtsprechung das Einverständnis der EVU entnommen wird, beim Abschluss von Einzelnutzungsverträgen (nur) diejenigen Entgelte zu vereinbaren, die in der jeweils gültigen Trassenpreisliste für die betreffende Netzfahrplanperiode vorgegeben werden. Das EVU begibt sich damit der Möglichkeit, vor dem Abschluss künftiger Einzelnutzungsverträge über die von der Beklagten in den jeweils gültigen Trassenpreislisten vorgegebenen Entgelte verhandeln zu können (BGH, Urteil vom 08. 10.2014, XII ZR 164/12, Rn. 16), nicht jedoch der Möglichkeit angesichts der bekannten Preisbestimmung von einem Vertrag Abstand zu nehmen oder zumindest den Preisen zu widersprechen.
Hinzu kommt, dass dieses Einverständnis des EVU - jedenfalls angesichts der Novelle des Eisenbahnrechts 2005 und der damit verbundenen Überformung dieser Klauseln -weniger ein rechtsgeschäftliches Zugeständnis des EVU an die Beklagte ist, sondern Ausfluss des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten. Der fehlende Verhandlungsspielraum der EVU bezüglich der Entgelthöhe begründet keine von der Rechtslage abweichende Regelung, sondern entspricht dieser (vgl. BGH aaO, Rn. 17).
Die Betreiber der Schienenwege haben das Recht und die Pflicht, unter Beachtung bestimmter inhaltlicher und verfahrensmäßiger Vorgaben aus § 14 AEG und §§ 21 ff. EIBV und unter Belassung eines unternehmerischen Ermessensspielraums allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden, ohne den Zugangsberechtigten dabei eine Mitwirkungsmöglichkeit einräumen zu müssen (BGH, aaO, Rn. 19 m.w.N.). Dieser Ausschluss einer individuellen Verhandelbarkeit ergibt sich daher aus Sicht der Kammer nicht primär aus einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Vertragsparteien, sondern daraus, dass die Höhe des Entgelts für die Benutzung der Infrastruktur nach den Vorschriften des die Vertrags frei hei t insoweit überformenden Eisenbahnrechts - insbesondere wegen des Gebots der diskriminierungsfreien Entgeltberechnung (§ 21 Abs. 6 EIBV) - individuell nicht verhandelbar sein soll (BGH, ebenda).
Dieses gesetzlich vorgesehene - und in den altgemeinen Geschäftsbedingungen (SBN) gespiegelte - einseitige Leistungsbestimmungsrecht stellt aber keine vertragliche Einräumung zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB dar.
Da im Infrastrukturnutzungsvertrag weder für 2010 noch für 2011 konkrete Leistungspflichten zwischen den Parteien vereinbart sind, sondern die streitgegenständlichen vertraglichen Ansprüche in diesen Jahren erst durch die Einzelnutzungsverträge entstehen, war auf letztere abzustellen und die hierin getroffene Vereinbarung. Rechte und Pflichte zwischen den Parteien entstanden erst dann und wenn die Klägerin bei der Beklagten für den Zeitraum 2010 die Schienennutzung bestellte.
II.
Auch eine entsprechende Anwendung der in § 315 Abs. 3 BGB vorgesehenen gerichtlichen Billigkeitskontrolle, führt jedoch nicht zu einer unverbindlichen und damit unwirksamen Entgelthöhe, da sich die Parteien durch ihr Verhalten sich mit den Trassensystempreiseneinverstanden erklärt haben.
1. Die Kammer geht - unabhängig von der Frage der Einschlägigkeit des Gemeinschaftsrechts - von einer entsprechenden Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB aus.
Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 315 BGB ist eine planwidrige Regelungslücke. Die Norm dient als Schranke gegen den Missbrauch privatautonomer Gestaltungsmacht (Grüneberg, Palandt, BGB, 74. Aufl., Rn. 2). Sie lässt die vertragsergänzende Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei im Schuldvertrag zu, stellt die Vermutung auf, dass die Parteien den Bestimmungsberechtigten auf „billiges Ermessen“ verpflichten (Abs. 1) und sieht für diesen Fall eine Kontrolle vor. Die fehlerhafte Leistungsbestimmung wird durch richterliche Ersatzleistungsbestimmung aufgefangen, ebenso die ausbleibende (Abs. 3) (Rieble in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 315 Rn. 1). Sie erfasst damit dem Wortlaut nach nur die Fälle einer vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, nicht aber die Fälle, bei denen es an einem solchen rechtsgeschäftlichen Zugeständnis zur Leistungsbestimmung der einen Partei an die andere fehlt.
Es liegt eine Regelungslücke vor. Nicht geregelt hat der Gesetzgeber des BGB die Konstellation, dass an die Stelle eines vereinbarten ein faktisches oder gesetzliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zwischen den Parteien herrscht, wobei auf ersteres § 315 BGB grundsätzlich keine Anwendung findet (BGH, Urteil vom 28. 4.2009, XI ZR 86/08, Rn. 33 m.w.N.).
Diese Regelungslücke ist planwidrig. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannt, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind. Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden, wird aber auch bei einem Anschluss- und Benutzungszwang angenommen, da auch dann der Kunde der einseitigen Preisfestsetzung des Versorgungsunternehmens nicht durch Wahl eines anderen, konkurrierenden Anbieters entgehen kann (BGH, Urteil vom 05.7.2005, XZR 60/04, BGHZ 163,321-324, Rn. 11 m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund ist eine planwidrige Regelungslücke auch für solche Fälle anzunehmen, bei denen ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht vorliegt (vgl. OLG München, Urteil vom 07.04.2011, Az: U 3363/10 Kart, S. 10, wonach § 315 BGB auch auf ein Leistungsbestimmungsrecht Anwendung findet, das durch Gesetz eingeräumt wird, OLG München, Trassenentgelte, Urteil vom 23.02.2012, Az: U 3365/11 Kart, Rn. 36), zumal - wie hier - der Nutzer einen gesetzlichen Anspruch auf die Nutzung hat (hier: § 14 AEG), auf eine solche durch die andere Seite (marktbeherrschende Stellung) auch angewiesen ist, aber bei der Verwirklichung seines Zugangsrechtes keine Verhandlungsmöglichkeit bei den Preisen hat.
2. Eine Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 BGB scheitert jedoch daran, dass die Parteien sich nach Auffassung der Kammer durch ihr der anderen Seite gezeigtes Verhalten auf die Trassenpreiserhöhungen 2010 und 2011geeinigt haben.
Die Klägerin hat nicht nur in Kenntnis der jeweiligen Trassenpreise die von ihr genutzten Strecken gebucht und die Einzelnutzungsverträge geschlossen, sondern auch die hierzu gestellten Rechnungen akzeptiert, indem sie sie vorbehaltlos und ohne jeglichen Widerspruch gezahlt hat.
Bei Energiepreisen erkennt der BGH diese Bestätigungsmöglichkeit bei der Frage der direkten Anwendbarkeit des § 315 BGB an (BGH, Urteil vom 13. 6. 2007, VIII ZR 36/06 Rn. 36).
So entfällt eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB, wenn der Kunde die Tariferhöhungen längere Zeit unbeanstandet hingenommen hat (Grüneberg in Palandt, BGB, § 315, 74. Aufl., Rn. 4 a.E., vgl. auch BGH, VIII ZR 138/07, Urteil vom 19.11.2008, NJW 2009, 502: Der Kläger hat einseitige Preiserhöhungen bis Ende 2004 unbeanstandet hingenommen; indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit etwaiger Preiserhöhungen nach § 315 BGB zu verlangen, ist auch über die geforderten Preise konkludent eine vertragliche Einigung der Parteien zu Stande gekommen (…) in diesem Zeitraum stand dem Kläger ein anderer Gasanbieter nicht zur Verfügung). Grund ist, dass bei Akzeptanz der Rechnung und weiterer unbeanstandeter Vertragsbeziehung der erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis wird (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2011, Az: VIII ZR 295/09, Rn. 41: Zwar wird in einem Tarifkundenvertrag, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer Öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden, der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis und kann deshalb nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden (Senatsurteile vom 13. Juni 2007 -VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 36; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 15 f.; aA Rieble in Staudinger, BGB, 2015, § 315 Rn. 401).
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Einigung über die streitgegenständlichen Preise, die sie bereits bei Abschluss der Einzelnutzungsverträge kannte, durch die widerspruchslose Zahlung auf die Rechnungen der Beklagten bestätigt.
Diese Konstellation ist nicht vergleichbar mit dem von der Klägerin angeführten Verfahren vor der hiesigen Kammer (Az: 37 0 14793/10, nachfolgend in der Berufungsinstanz OLG München, Az: U 3365/11 Kart, Entscheidung Trassenentgelte), bei dem die Kammer den von der dortigen Klägerin ausdrücklich erklärten Vorbehalt auch die Bedeutung beigemessen hat, dass dem Verständnis der Leistung als Anerkenntnis entgegengetreten werde (vgl. Urteil vom 27.07.2011, S. 27).
Die Klägerin bezahlte die bekannten und akzeptierten Entgelte hier gerade ohne dass die Entgelthöhe in Frage gestellt wurde. Damit liegt eine konkludente Einigung über die Preise vor, da die Klägerin durch ihr Verhalten der Beklagten signalisiert hat, dass sie mit den Preisen einverstanden ist.
Zwar geht das LG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 05.02.2015 (Az: 14d O 11/14, zu Stornierungsentgelten, vorgelegt als Anlage K 14) davon aus, dass angesichts des fehlenden Verhandlungsspielraums nicht von einer stillschweigenden Vereinbarung über den Preis ausgegangen werden könne, die in der vorliegend erfolgten widerspruchslosen Zahlung der dortigen Stornierungsentgelte liegen könnte (vgl. ebenda S. 17). Die Kammer sieht jedoch gerade für den Zeitpunkt nach Abschluss der Einzelnutzungsverträge einen Entscheidungsspielraum für die Klägerin, ob diese gegenüber der Beklagten - in welcher Form auch immer - zu erkennen gibt, dass sie mit den Preisen einverstanden ist oder die Preise nicht akzeptieren will. Der fehlende Verhandlungsspielraum vor dem Abschluss der Einzelnutzungsverträge schließt daher eine nachträgliche Einigung über die Höhe der zu zahlenden Entgelte nicht aus.
Durch das von der Klägerin an den Tag gelegte Verhalten hat sie aus der objektiven Empfängersicht schlüssig ihr Einverständnis mit den bekannten, gebuchten und berechneten Entgelten gezeigt.
Damit scheidet eine Kontrolle der Preise analog § 315 BGB aus.
3. Auch Sinn und Zweck der gerichtlichen Ermessenskontrolle nach § 315 BGB stehen deren Wegfall bei einer einvernehmlichen Vertragsabwicklung und -beendigung nicht entgegen. Die Ermessenskontrolle dient allein dem Schutz des Unterworfenen, dessen Interessen in der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Er mag entscheiden, ob er die Unbilligkeit hinnimmt oder die Leistungsbestimmung angreift (Rieble in Staudinger, BGB, 2015, § 315 Rn. 397).
Einer weiteren Preiskontrolle zum Schutz der Klägerin, die weder Einwände äußert noch ihre Zahlungen unter Vorbehalt stellt, sondern die Nutzungsverträge einvernehmlich abwickelt, bedarf es nach Sinn und Zweck der Kontrolle privatautonomer Gestaltungsmacht in der vorliegenden Konstellation nach Auffassung der Kammer insoweit nicht.
Bereits bei Abschluss der Einzelnutzungsverträge kannte die Klägerin die von der Beklagten bestimmten Entgelte und ließ sich auf diese rügelos ein, welches jedoch aufgrund der besonderen Umstände (gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht, Monopolstellung, mittelbare Daseinsvorsorge) nicht der entsprechenden Anwendung des § 315 BGB entgegenstand.
Eine vergleichbare Erforderlichkeit zur Preiskontrolle liegt jedoch nicht mehr vor, wenn die Klägerin den Preiserhöhungen nicht widerspricht, weitere Einzelnutzungsverträge abschließt und die diesbezüglichen Rechnungen rüge- und vorbehaltlos zahlt. Damit begibt sich die Klägerin außerhalb der für das Vertrags Verhältnis vorgesehenen Kontrolle einseitig vorgegebener Preise, da die Beklagte diese Umstände objektiv als Einverständnis mit den von ihr veröffentlichen, dem Bestell Vorgang der Klägerin zugrunde gelegten, in Rechnung gestellten und schließlich bezahlten Preisen verstehen durfte. Auch ist der Klägerin als Wirtschaftsunternehmerin bewusst, dass die Beklagte ihr Geschäftsverhalten als Einverständnis verstehen konnte. Die Beklagte muss ihre Kalkulation für ein Wirtschaftsjahr irgendwann abschließen und nicht mit jedweder Rückforderung jahrelang (Verjährungsfrist) rechnen.
Die Klägerin hat die Entgelte für die Trassennutzung 2010 und 2011 anstands- und vorbehaltlos in voller Höhe gezahlt. Durch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses hat die Klägerin somit stillschweigend ihr Einverständnis mit den abgerechneten und bezahlten Nutzungsentgelten erklärt, so dass es einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle über die Entgelthöhe nach Sinn und Zweck des § 315 BGB nicht mehr erforderlich ist.
4. Ob eine Anwendbarkeit der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB bereits wegen der eisenbahnrechtlichen Bestimmungen ausscheidet, bedarf insoweit keiner Entscheidung. Auf die unionsrechtliche Frage, ob die Anwendung von § 315 BGB neben Bestimmungen des Eisenbahnregulierungsrechts zulässig ist (vgl. BVerfG, 1 BvR 137/13, Entscheidung vom 08.10.2015, Rn. 21 bezogen auf das Verfahren LG München I, 37 O 14793/10; OLG München, Kartellsenat, U 3365/11 Kart) kam es vorliegend nicht an.
III.
Die Preisbestimmungen war auch nicht nach § 134 BGB wegen eines gesetzlichen Verbots nichtig.
Soweit sich die Klägerin darauf stützt, die Entgelte bzw. die Preiserhöhungen von 2010 und 2011 gegenüber 2009 seien nach dem Kartellrecht verboten, fehlt es an entsprechenden Darlegungen.
Zwar wäre der Beklagten aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung im Schienenverkehr eine missbräuchliche Ausnutzung gemäß § 19 Abs. 1 GWB verboten.
Ein verbotenes Verhalten läge dann vor, wenn Entgelte gefordert werden, die bei wirksamem Wettbewerb nicht gefordert werden könnten. Maßstab für die Missbräuchlichkeit eines Verhaltens gegenüber der Marktgegenseite ist in erster Linie der hypothetische Wettbewerb (Als-Ob-Wettbewerb) (Bosch in GWB, Bechtold/Bosch in GWB, 8. Aufl., § 19 Rn. 55).
Die Darlegungs- und Beweislast für den Missbrauch trägt die Klägerin, da es sich um anspruchsbegründende Tatsachen handelt.
Einen Ausbeutungsmissbrauch im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB hat die Klägerin aber nicht substantiiert dargelegt. Einen vergleichbaren Markt hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Zwar bildet die Nutzungsüberlassung von Eisenbahnstruktureinrichtungen einen sachlichen Markt (vgl. Möschel in Immenga/Mestmäcker, § 19 Rn. 34 Stichwort Verkehr). Die großen nationalen Infrastrukturen in Polen, Großbritannien, Frankreich und Italien sieht die Klägerin jedoch nicht als Vergleichsmärkte an, da diese ebenfalls monopolistisch strukturiert sind. Der Vergleich mit einem einzigen Unternehmen, und zwar auch mit einem Monopolunternehmen, kann jedoch ausreichen (vgl. Bechtold/Bosch, GWB, 8. Aufl., § 19 Rn. 57 m.w.N.). Zu den von der Beklagten herangezogenen Ländern Estland, Lettland und Litauen sowie der Bepreisung durch die weist die Klägerin auf deren kleinere Netze und geringeres Transportvolumen hin, vermag aber nicht plausibel darzustellen, weshalb eine Vergleichbarkeit deshalb nicht in Betracht kommt.
Ferner zieht die Klägerin zwar auch einen Vergleich zu den im Wettbewerb stehenden Unternehmen der Transport - und Logistikbranche, führt aber nicht aus, zu welchem (Preis) Ergebnis ein solcher Vergleich führen würde.
Auch andere konkrete Umstände, aus denen sich die Abweichung von hypothetischen Wettbewerbsverhalten ergeben könnte, hat die Klägerin nicht konkret nachvollziehbar dargelegt.
Gleiches gilt für den Ausbeutungsmissbrauch im Sinne des Art. 102 S. 2 a AEUV.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Die Kostengrenze des § 708 Nr. 11 ZPO ist überschritten.