Landgericht München I Beschluss, 23. Feb. 2016 - 31 T 2775/16

bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

III. Der Streitwert wird auf 3000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Herausgabe des auf den Betriebshof der Antragsgegnerin verbrachten Fahrzeuges des Antragstellers, hilfsweise Zug um Zug gegen Zahlung von 238,- Euro. Das Fahrzeug befand sich ohne Kennzeichen und ohne Genehmigung auf dem Tankstellengelände des Pächters x in Eching. Die Antragsgegnerin hat in dessen Auftrag das Fahrzeug entfernt und zu ihrem Betriebshof in München verbracht. Die Forderung des Tankstellenpächters bezüglich der Abschleppkosten wurde an die Antragsgegnerin abgetreten. Als der Antragsteller sein Fahrzeug dort abholen wollte, wurde ihm mitgeteilt, dass eine Herausgabe nur gegen Zahlung eines Betrages von 422,- Euro erfolgt. Daraufhin verblieb das Fahrzeug bei der Antragsgegnerin.

Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde unmittelbar zum Landgericht München I eingelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde (Abhilfeverfahren ist nicht zwingend erforderlich, vgl. Zöller 31. Aufl. 2016 § 572 Rn. 4) ist unbegründet. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts München kann Bezug genommen werden.

Aufgrund der Beschwerdebegründung und des Schriftsatzes vom 22.02.2016 des Antragstellers ist keine andere Beurteilung veranlasst. Die Antragsgegnerin hat nicht ihrerseits ebenfalls eine verbotene Eigenmacht begangen, so dass ein Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe gem. § 861 BGB gegeben sein könnte.

Das Entfernen des Fahrzeuges als solches verstößt nicht gegen das Übermaßverbot. Denn ist es weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Antragsgegnerin in anderer, schonenderer Weise von ihrem Selbsthilferecht hätte Gebrauch machen können (vgl. BGH Urteil vom 5. Juni 2009 Az. V ZR 144/08). Da an dem streitgegenständlichen Fahrzeug keine Kennzeichen angebracht waren, konnte dieses auch nicht irgendwo auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt werden, zumal dann die Erfüllung der Obhutspflicht seitens der Antragsgegnerin problematisch gewesen wäre. Die Verbringung des Fahrzeuges auf ihrem Betriebshof erscheint von daher als die einzige in Betracht kommende bzw. angemessene Maßnahme. Dabei befindet sich der Betriebshof in derselben Stadt wie der Wohnsitz des Antragstellers, nämlich in München, wobei auch die Gemeinde Eching noch im näheren Umkreis von München liegt. Eine Abholung des Fahrzeuges seitens des Antragstellers ist somit noch mit zumutbarem Aufwand möglich und wurde ja auch von ihm bereits versucht. Die streitgegenständliche Vorgehensweise kann daher letztlich nicht als treuwidrig oder unverhältnismäßig angesehen werden. Dem Antragsteller sind durch die streitgegenständliche Maßnahme auch keine sonstigen „unverhältnismäßig großen Nachteile“ (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2009 - V ZR 144/08) zugefügt worden.

Der seitens des Antragstellers angeführte Beispielsfall einer Verbringung des Fahrzeugs nach Hamburg ist damit ersichtlich nicht vergleichbar und muss hier aber auch nicht entschieden werden. Es geht nicht um die Entscheidung einer abstrakten Rechtsfrage, sondern um den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände.

Dass es dem Antragsteller gewisse Mühe bedeutet, sein Fahrzeug wieder zu erlangen, liegt in der Natur der Sache und hat auch letztlich er selbst zu vertreten. Wie bereits das Amtsgericht festgestellt hat, hat diese Frage bzw. diejenige, ob ein anderer Abschleppdienst, etwa die vom Antragsteller genannte Firma Abschleppdienst ... hätte beauftragt werden müssen, letztlich nur Bedeutung für die Höhe der Kosten, welche der Antragssteller der Antragsgegnerin zu erstatten hat, worüber hier jedoch nicht zu befinden ist. Die Rechtmäßigkeit der tatsächlichen Abschlepp-Maßnahme an sich - was Gegenstand des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens ist - wird dadurch indes nicht berührt. Es wäre auch systemwidrig, die Frage der Rechtmäßigkeit einer tatsächlichen Maßnahme - Ausübung des Selbsthilferechts mittels Gewalt - mit der Frage der Höhe der aufgrund der Ausübung des Selbsthilferechts entstehenden Schadensersatzansprüche des Berechtigten zu verknüpfen. Das würde letztlich dieses Recht auch in seiner Wirksamkeit einschränken, was eben als Voraussetzung im Wesentlichen nur das Vorliegen einer verbotenen Eigenmacht hat (vgl. auch § 863 BGB).

Sofern man dies anders sehen sollte, ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht (vgl. §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO), dass der Abschleppdienst... zum konkreten Zeitpunkt auch tätig geworden wäre. Der Ausdruck der Internetseite dieses Abschleppdienstes (Anlage AS 6), welche nur eine allgemeine Werbeanzeige darstellt, ist hierfür nicht ausreichend (§ 294 ZPO).

Sofern in der Beschwerdebegründung auf Palandt § 859 Rn. 1 verwiesen wird, findet sich dort die Entscheidung des OLG Schleswig, Beschluss vom 26.08.1986 - 1 Ss 303/86. Darin wird u. a. festgestellt, dass die angewendete Gewalt nur so weit gehen darf, wie sie zur Abwehr der verbotenen Eigenmacht erforderlich ist. Die „angewendete Gewalt“ bedeutet vorliegend den Abschleppvorgang an sich, nicht jedoch die Verursachung von etwaigen Schadensersatzansprüchen der Anspruchsgegnerin gegenüber dem Beschwerdeführer. Außerdem betont das OLG, dass es berechtigt war, den Wagen auf das Gelände des Abschleppunternehmers zu fahren, da er den ihm zustehenden Besitz dort am leichtesten und sichersten ausüben konnte. Vorliegend war dies - wie bereits erwähnt - eben gerade der Betriebshof der Antragsgegnerin. So wäre ein Beispiel für eine unverhältnismäßige Selbsthilfemaßnahme etwa das Zerstören einer Sache, wenn deren Beseitigung genügt (vgl. RGSt. 34, 249).

Dabei unterfällt das Verbringen des Fahrzeuges zu einem anderen Ort notwendigerweise bzw. aufgrund Sachzusammenhangs noch dem Selbsthilferecht. Der § 859 Abs. 1 BGB enthält diesbezüglich zwar keine näheren Angaben, jedoch aber auch keine Einschränkungen. So muss das entfernte Fahrzeug ja zwangsläufig wieder irgendwo abgestellt werden. Sofern man jedoch die weitere Verbringung des Fahrzeuges - nach dem unmittelbaren Entfernen vom Tankstellengelände - als Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 677 BGB ff. ansehen sollte, hätte dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Selbsthilfemaßnahme als solche und wiederum lediglich Bedeutung für etwaige Zahlungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche seitens des Antragsgegners.

Andernfalls würde dem Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe entgegenstehen, dass es sich dann um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache handeln würde und die Voraussetzungen für eine sog. Leistungsverfügung (vgl. Thomas/Putzo 36. Aufl. 2015 § 940 Rn. 6ff.) nicht vorliegen. Die Vermutung der Dringlichkeit im Falle einer verbotenen Eigenmacht bzw. deren grundsätzlicher Entfall als sonst notwendige Voraussetzung würde dann nämlich nicht mehr gegeben sein, da man die Maßnahme ja dann im Zeitpunkt der weiteren Verbringung auf das Betriebsgelände als bereits abgeschlossen ansehen müsste.

Im Hinblick auf die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts hat im Übrigen der BGH die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts in solchen Fällen als rechtmäßig angesehen (vgl. BGH Urteil vom 02.12.2011 - V ZR 30/11) und auch die Kammer hat bereits in der Entscheidung vom 14.04.2011 (31 S 19129/10) den Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Hinweis auf die Möglichkeit des § 273 Abs. 3 BGB zurückgewiesen, wonach der Gläubiger (des Herausgabeanspruches) die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden kann, so dass eine vorläufige gerichtliche Regelung nicht erforderlich ist (vgl. z. B. auch LG Marburg Beschluss vom 10.08.2006 - 10 O 1543/06 und BGH a. a. O..). Die Frage der (berechtigten) Höhe des dem Schuldner zustehenden Schadensersatzanspruches ist grundsätzlich im Hauptsacheverfahren zu klären. Dabei ist die seitens der Antragsgegnerin geltend gemachte Forderung auch nicht ohne weiteres erkennbar (so erheblich) überhöht, so dass die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts möglicherweise gem. § 242 BGB unzulässig sein könnte. Da der Schuldner (des Herausgabeanspruches) aufgrund einer Hinterlegung lediglich ein Pfandrecht an dem hinterlegten Geld erwirbt (vgl. § 233 BGB), wird auch dessen Insolvenzrisiko nicht dem Gläubiger aufgebürdet.

Somit erweist sich bei jeder möglichen rechtlichen Beurteilung die Beschwerde als unbegründet.

Kosten: § 97 ZPO; Streitwert: § 3 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 273 Zurückbehaltungsrecht


(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweiger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 677 Pflichten des Geschäftsführers


Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 861 Anspruch wegen Besitzentziehung


(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. (2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Bes

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 859 Selbsthilfe des Besitzers


(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren. (2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder a

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 863 Einwendungen des Entziehers oder Störers


Gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eige

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 233 Wirkung der Hinterlegung


Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein Pfandrecht an dem hinterlegten Geld oder an den hinterlegten Wertpapieren und, wenn das Geld oder die Wertpapiere in das Eigentum des Fiskus oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehe

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(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.

 
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 8. Juli 2008 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen die Abweisung der auf Zahlung von 46,41 € gerichteten Klage wendet. Im Übrigen wird auf die Revision des Klägers ‑ unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels ‑ das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 8. Juli 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage in Höhe von 15 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2008 abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 15 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2007 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen trägt der Kläger 91 % und der Beklagte 9 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Dem Beklagten gehört ein Grundstück, welches als Parkplatz mehrerer Einkaufsmärkte genutzt wird. Dort steht ein großes, gut sichtbares Schild mit folgenden Hinweisen:

"Mo.‑Sa. 6.00‑21.00 Uhr

nur für Kunden und Mitarbeiter

des Nahversorgungszentrums

Parken nur mit Parkuhr

Parkzeit

1,5 h (daneben ist eine Parkscheibe abgebildet)

Parken nur innerhalbder gekennzeichneten Flächen!

Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt" (daneben ist ein Abschlepp‑Piktogramm abgebildet)

Am 6. März 2007 schloss der Beklagte mit einem Abschleppunternehmen und einem Inkassounternehmen eine Vereinbarung, in der es u.a. heißt:

"2. Der Eigentümer beauftragt das Abschleppunternehmen, unberechtigt parkende oder versperrend abgestellte Fahrzeuge von dem ... Grundstück abzuschleppen und zu entfernen.

3. Die Durchführung des Abschleppvorganges setzt voraus, dass sich das Abschleppunternehmen zuvor darüber vergewissert, dass dieses Fahrzeug nicht über eine Parkberechtigung verfügt bzw. sich der Fahrzeugführer nicht in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug aufhält oder dieser der Aufforderung zum Entfernen bzw. ordnungsgemäßen Abparken des Fahrzeugs nicht sofort nachkommt."

Das Inkassounternehmen beauftragte der Beklagte mit der Einziehung der Abschleppkosten.

Am 20. April 2007 stellte der Kläger seinen Pkw unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde das Fahrzeug abgeschleppt und auf das Gelände des Abschleppunternehmens verbracht. Dort löste es der Kläger am späten Abend gegen Zahlung von 150 € Abschleppkosten und 15 € Inkassogebühren aus. Den Betrag von 165 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten von 46,41 € verlangt er von dem Beklagten zurück.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger die Durchsetzung seiner Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 BGB verneint, weil seine Zahlung von 165 € an den Beklagten mit Rechtsgrund erfolgt sei. Dieser habe gegen den Kläger einen Anspruch auf Ersatz der Abschlepp‑ und Inkassokosten nach §§ 823 Abs. 2, 858 BGB gehabt. Die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 Abs. 3 BGB durch den Beklagten sei rechtmäßig gewesen. Ob das Abschleppen des Fahrzeugs notwendig gewesen sei, sei unerheblich; denn das Selbsthilferecht werde nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sondern nur durch das Schikaneverbot und durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt. Beides sei hier nicht verletzt. Der Rechtmäßigkeit der Selbsthilfe stehe auch nicht entgegen, dass der Auftrag zum Abschleppen nicht von dem Beklagten als dem unmittelbaren Grundstücksbesitzer erteilt worden sei, sondern dem Abschleppvorgang ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen zugrunde gelegen habe. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten könne der Kläger nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs erstattet verlangen, weil sich der Beklagte nicht in Verzug befunden habe.

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung weitgehend stand.

II.

1. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der auf Zahlung von 46,41 € vorgerichtlicher Kosten gerichteten Klage wendet. Insoweit fehlt es dem Rechtsmittel an der vorgeschriebenen Begründung (§§ 551 Abs. 1, 553 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

2. Im Übrigen ist die Revision zwar zulässig, aber überwiegend unbegründet.

a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von 150 € Abschleppkosten zu Recht verneint.

aa) Als Anspruchsgrundlage kommt nur die Vorschrift des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) in Betracht. Der Kläger hat den für das Abschleppen seines Fahrzeugs in Rechnung gestellten Betrag zwar nicht an den Beklagten, sondern an das Abschleppunternehmen bzw. für dieses an das Inkassounternehmen gezahlt. Bereicherungsrechtlich hat er damit aber nicht diesen gegenüber eine Leistung erbracht, sondern gegenüber dem Beklagten. Denn der Zweck der Zahlung bestand darin, eine von dem Beklagten geltend gemachte Forderung zu erfüllen, nämlich einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Abschleppkosten, deren Begleichung der Beklagte aufgrund des Vertrages mit dem Abschleppunternehmen diesem schuldete. Das Abschlepp‑ und das Inkassounternehmen waren nur Zahlstelle. Ihnen gegenüber verfolgte der Kläger keinen Zweck. Folglich kann der Kläger von dem Beklagten kondizieren, wenn der Schadensersatzanspruch nicht besteht, während die Frage, ob das Abschleppunternehmen den ihm zugeflossenen Betrag behalten kann, sich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen beurteilt.

bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch nicht gegeben sind, weil die Leistung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erfolgte. Denn es hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der Abschleppkosten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB bejaht.

(1) Mit dem unbefugten Abstellen des Fahrzeugs auf dem Parkplatz des Beklagten beging der Kläger eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB (siehe nur OLG Karlsruhe Die Justiz 1978, 71; LG Frankfurt a.M. MDR 2003, 388; AG Augsburg DAR 2008, 91; AG Essen DAR 2002, 131; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 858 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/ Joost, 4. Aufl., § 858 Rdn. 5, 11; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 858 Rdn. 3; Staudinger/Bund, BGB [2007], § 858 Rdn. 49; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550). Ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teilweise Besitzentziehung handelte, ist für die weitere rechtliche Beurteilung ohne Belang.

(2) Entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht zutreffend den Beklagten als unmittelbaren Besitzer des Parkplatzes und damit als denjenigen angesehen, gegen den sich die verbotene Eigenmacht richtete. Denn weder hat der Kläger Umstände vorgetragen, die gegen den unmittelbaren Besitz des Beklagten sprechen, noch ergeben sich aus dessen Vortrag Anhaltspunkte dafür, dass er mittelbarer Besitzer war. Für einen mittelbaren Besitz spricht insbesondere nicht der von der Revision hervorgehobene Vortrag des Beklagten, dass der Parkplatz tagsüber ausschließlich für die Kunden des Supermarktes vorgesehen sei. Dem ist nichts zu den Besitzverhältnissen zu entnehmen; selbst wenn der Beklagte die Fläche für den Supermarkt an einen Betreiber vermietet oder verpachtet hat, bedeutet das nicht zwingend, dass auch die Parkplatzfläche vermietet oder verpachtet ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Revision zitierten Feststellung in der in dem Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Entscheidung, der Kläger habe sein Fahrzeug "auf dem Parkplatz des Beklagten, dem R. Einkaufsmarkt" geparkt. Unabhängig davon, ob man ‑ wie die Revisionserwiderung ‑ diese Formulierung als sprachlich missglückt ansieht, besagt sie nichts über die Besitzverhältnisse an dem Parkplatz. Auch die von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zitierte Textstelle aus der Klageerwiderung, wonach der Beklagte verpflichtet sei, dem Betreiber des Supermarktes die Parkplatzfläche zur Verfügung zu stellen, spricht nicht gegen den unmittelbaren Besitz des Beklagten. Schließlich ist die Annahme von mittelbarem Besitz nicht damit zu vereinbaren, dass nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht nur den Kunden des Supermarktes, sondern den Kunden aller angrenzenden Einkaufsmärkte das Parken auf dem Parkplatz des Beklagten gestattet ist. Falls nach alledem gleichwohl noch Zweifel an dem unmittelbaren Besitz des Beklagten bestehen, geht das zu Lasten des Klägers; denn ihm obliegt es, den von dem Beklagten angeführten Rechtsgrund für die Zahlung der Abschleppkosten zu widerlegen (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003, II ZR 335/00, NJW‑RR 2004, 556). Das hat der Kläger nicht getan.

(3) Dass § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers ist (siehe nur BGHZ 114, 305, 313 f. m.w.N.), hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Dies greift die Revision auch nicht an.

(4) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht dem Beklagten ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zugestanden. Dieses hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 859 Abs. 1 BGB, wenn man das unbefugte Parken als Besitzstörung ansieht; nimmt man eine teilweise Entziehung des Besitzes an, folgt es aus der Vorschrift des § 859 Abs. 3 BGB. Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht. Sie rügt allerdings, dass das Berufungsgericht das Selbsthilferecht als nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegend angesehen hat. Diese Rüge bleibt indes ohne Erfolg. Zwar kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Selbsthilfe des unmittelbaren Besitzers nach § 859 Abs. 1 und 3 BGB unabhängig davon rechtmäßig sei, ob sie notwendig, geboten oder angemessen sei. Diese Ansicht ist mit dem die Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar. Aber für die Beurteilung, ob derebenfalls auf Treu und Glauben beruhende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist, ist grundsätzlich eine Mittel‑Zweck‑Relation maßgeblich. Die Ausübung eines Rechts ist unter diesem Gesichtspunkt dann unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären (MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 242 Rdn. 380); es gilt das Gebot der schonendsten Sanktion (Staudinger/Looschelders, BGB [2005], § 242 Rdn. 280). Danach war das Abschleppen des Fahrzeugs nicht unverhältnismäßig. Es ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte in anderer Weise von seinem Selbsthilferecht hätte Gebrauch machen können.

(5) Der in der Revisionsbegründung hervorgehobene Umstand, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass der Kläger sein Fahrzeug behindernd geparkt habe oder keine anderen freien Parkplätze für Kunden des Supermarktes vorhanden gewesen seien, ist für die Entscheidung, ob das Abschleppen des Fahrzeugs rechtmäßig war, unerheblich. Zwar kann die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 BGB, auch wenn es verhältnismäßig ist, unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben unzulässig sein. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Selbsthilfe eine verbotene Eigenmacht beseitigt, die nur einen örtlich abgegrenzten Teil des Grundstücks betrifft und die übrige Grundstücksfläche unberührt lässt, so dass diese ohne Einschränkung genutzt werden kann. Denn wie der Eigentümer andere von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 Satz 1 Alt. 2 BGB), auch wenn dies ihn nur teilweise in dem Gebrauch seiner Sache beeinträchtigt, kann sich der unmittelbare Besitzer verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt (Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026). Deshalb darf z.B. ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden (Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl. § 858 Rdn. 3). Anderenfalls müsste der Besitzer die verbotene Eigenmacht all derer dulden, die ‑ wie es der Kläger für sich in Anspruch nimmt ‑ nur eine kleine, räumlich abgegrenzte Grundstücksfläche unbefugt nutzen, ohne dass dadurch die Nutzungsmöglichkeit der übrigen Fläche eingeschränkt wird; von seinem Selbsthilferecht dürfte der Besitzer nur gegenüber demjenigen Gebrauch machen, der sein Fahrzeug ohne Berechtigung auf dem letzten freien Platz abstellt. Dies widerspräche der rechtlichen Bedeutung, welche das Gesetz dem unmittelbaren Besitz beimisst.

(6) Ohne Erfolg macht die Revision Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Abschleppens unter dem Gesichtspunkt geltend, dass weder der Beklagte selbst noch ein Vertreter den Abschleppauftrag erteilt habe, sondern der Beklagte dem Abschleppunternehmen die Entscheidung darüber überlassen habe, wann die Voraussetzungen für ein rechtmäßiges Abschleppen vorlägen. Dies lässt zum einen nicht den rechtlichen Ansatz erkennen, der zur Rechtswidrigkeit des Abschleppens führen soll; denn dass der Beklagte einen Dritten mit der Überwachung seines Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken beauftragen durfte (vgl. nur MünchKomm-BGB/Joost, aaO, § 859 Rdn. 1), gesteht die Revision zu. Zum anderen sind in der Vereinbarung vom 6. März 2007 die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Fahrzeuge abgeschleppt werden dürfen; sie sind von dem Bestreben gekennzeichnet, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die z.B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhen, zu verhindern. Falls sich das Abschleppunternehmen nicht an die Vorgaben hält, macht es sich gegenüber dem Beklagten schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass er die Abschleppkosten nicht bezahlen muss. In diesem Fall fehlt es an einem Schaden des Beklagten, den er von dem Fahrzeughalter oder ‑führer ersetzt verlangen kann. Dieser ist somit ausreichend vor einem eventuellen Missbrauch geschützt. Deshalb bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Höhe des Entgelts für den Beauftragten nach der Anzahl der Abschleppvorgänge bestimmt wird.

(7) Schließlich hat das Berufungsgericht die ‑ der Höhe nach nicht zu beanstandenden und von der Revision auch nicht beanstandeten ‑ Abschleppkosten zu Recht als erstattungsfähigen Schaden des Beklagten angesehen. Dieser war aufgrund der Vereinbarung vom 6. März 2007 verpflichtet, die Kosten an das Abschleppunternehmen zu zahlen. Das steht in adäquatem Zusammenhang (siehe dazu nur BGHZ 3, 261, 267; 57, 25, 27 f.; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, 4. Aufl., Rdn. 52 ff.) mit der von dem Kläger verübten verbotenen Eigenmacht. Denn dass unbefugt auf dem Grundstück des Beklagten abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden, stellt keine überraschende oder fern liegende Reaktion des unmittelbaren Besitzers dar, sondern die Verwirklichung der deutlich sichtbaren Ankündigung auf dem aufgestellten Schild. Das reicht indes noch nicht aus, die Schadensersatzpflicht des Klägers zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nämlich nur für solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen; es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde, und es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Pflicht‑ oder Normverletzung und dem Schaden, nicht nur eine mehr oder weniger zufällige äußere Verbindung bestehen (BGHZ 164, 50, 60 m.w.N.). Auch diese Voraussetzung liegt hier vor. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Reaktion auf eine verbotene Eigenmacht (Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 9 Rdn. 10) das Selbsthilferecht (§ 859 BGB) zubilligt, dessen Ausübung mit Kosten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwischen der Verletzung des Schutzgesetzes (§ 858 Abs. 1 BGB) und der Schadensfolge her. Auch entfällt die Schadensersatzpflicht des Klägers nicht deshalb, weil der Beklagte selbst durch die Beauftragung des Abschleppunternehmens die letzte Ursache für die Herbeiführung des Schadens gesetzt hat. Denn die Schadensfolge beruht nicht auf einem selbständigen oder freien Entschluss des Beklagten, sondern auf seiner vom Gesetz (§ 859 BGB) gebilligten Reaktion, die durch das Verhalten des Klägers herausgefordert wurde. Dies lässt die Ersatzpflicht des Klägers unberührt (vgl. nur BGHZ 57, 25, 29 f.; 63, 189, 192; 132, 164, 166).

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von 15 € Inkassokosten nebst Zinsen verneint. Der Beklagte kann diesen Betrag nicht als Schadensersatz verlangen; die Zahlung des Klägers erfolgte somit ohne Rechtsgrund, so dass er sie nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zurückfordern kann.

aa) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB scheidet insoweit aus. Die Inkassokosten sind als Folgeschaden anzusehen, der dem Kläger nicht zuzurechnen ist. Die Beauftragung des Inkassounternehmens diente nicht der Schadensbeseitigung oder Schadensverhütung, die den Schädiger unter bestimmten Umständen nicht entlastet (siehe nur BGHZ 75, 230, 234), sondern ausschließlich der Bearbeitung und außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruchs des Beklagten. Solche Aufwendungen kann der Geschädigte von dem Schädiger regelmäßig nicht ersetzt verlangen (BGHZ 66, 112, 114). Dass hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz zum Tragen kommt, ist nicht ersichtlich.

bb) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 280 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB) scheidet ebenfalls aus. Es fehlt an den Voraussetzungen für den Verzugseintritt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.

(2) Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.

(3) Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.

(4) Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muss.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 30/11 Verkündet am:
2. Dezember 2011
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 858 Abs. 1, 823 Abs. 2 F, 249 Abs. 1 Bb, Fb
Zu den erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück
abgestellten Fahrzeugs zählen nicht nur die Kosten des reinen Abschleppens
, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung
des Abschleppvorgangs entstehen.
Nicht erstattungsfähig sind dagegen die Kosten, die nicht der Beseitigung der Besitzstörung
dienen, sondern im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen sind,
wie etwa die Kosten einer Parkraumüberwachung.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Kammergerichts in Berlin vom 7. Januar 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Am 5. Januar 2010 stellte die Klägerin - trotz Hinweisschildes, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden - ihr Fahrzeug unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes ab. Aufgrund eines Rahmenvertrages mit dem Betreiber des Supermarktes, der u.a. die Abtretung von Ansprüchen gegen unberechtigte Nutzer enthält, schleppte die Beklagte das Fahrzeug ab und verbrachte es auf einen öffentlichen Parkgrund. Da die Klägerin nicht bereit war, den Rechnungsbetrag über netto 219,50 € ("Grundgebühr mit Versetzung") zu begleichen, gab die Beklagte ihr den Standort des Fahrzeugs nicht bekannt.
2
Die ursprünglich auf Herausgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung von (nur) 150 € sowie auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung ge- richtete Klage der Klägerin hat das Landgericht abgewiesen. Nachdem die Beklagte der Klägerin den Standort des Fahrzeuges mitgeteilt hatte, haben die Parteien im Berufungsverfahren den Herausgabeantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der weiterhin verlangten Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.758 €ist die Berufung erfolglos geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt , verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung, da sich die Beklagte mit der Herausgabe des Fahrzeugs bzw. der Bekanntgabe seines Standortes nicht in Verzug befunden habe. Die Beklagte habe zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht wegen der ihr abgetretenen Schadensersatzforderung der Supermarktbetreiberin ausgeübt. Die mit dieser vereinbarten Abschleppkosten in Höhe von netto 219,50 € seien angemessen. Maßgeblich seien nicht allein die für das Umsetzen eines Fahrzeugs anfallenden Kosten. Vielmehr seien auch die Kosten mit einzubeziehen, die der Vorbereitung dieses Vorgangs dienten, da es sich um Maßnahmen handle, die die normale Mühewaltung eines Geschädigten überschritten. Schließlich habe die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

II.


4
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
5
Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gemäß § 990 Abs. 1 Satz 2, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens verneint, da sich die Beklagte mit der Herausgabe des Fahrzeugs nicht in Verzug befand. Die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe war nicht fällig, weil ihr gemäß § 273 Abs. 1 und 2 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Durch das unbefugte Parken ist dem Betreiber des Supermarkts ein Schaden entstanden, dessen Ersatz die Beklagte von der Klägerin verlangen kann, weil ihr der Betreiber des Markts seine Ansprüche abgetreten hat.
6
1. Rechtsgrundlage des der Beklagten abgetretenen Anspruchs ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB. Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem privaten Kundenparkplatz eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB dar, der sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 ff.). Die Klägerin ist daher verpflichtet, dem Betreiber des Supermarkts den ihm aus der verbotenen Eigenmacht entstandenen Schaden zu ersetzen.
7
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bemisst sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens allerdings nicht nach § 249 Abs. 2 BGB, sondern nach § 249 Abs. 1 BGB. Denn es geht hier nicht um die Beschädigung einer Sache, sondern um die Beseitigung der Folgen einer verbotenen Eigenmacht. Ersatzfähig sind solche Schäden, die in adäquatem Zusammenhang mit der von der Klägerin verübten verbotenen Eigenmacht stehen und vom Schutzbereich der verletzten Norm erfasst werden.
8
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den auf das reine Abschleppen (ohne Grundgebühr) entfallenden Anteil dem Grunde nach als einen erstattungsfähigen Schaden des Supermarktbetreibers angesehen.
9
Dass unbefugt auf dem Grundstück des Supermarktbetreibers abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden, stellt keine überraschende oder fern liegende Reaktion des unmittelbaren Besitzers dar, sondern die Verwirklichung der deutlich sichtbaren Ankündigung auf dem aufgestellten Schild. Diese Schadensfolge liegt auch im Schutzbereich der verletzten Norm. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Reaktion auf eine verbotene Eigenmacht das Selbsthilferecht (§ 859 BGB) zubilligt, dessen Ausübung mit Kosten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwischen der Verletzung des Schutzgesetzes (§ 858 Abs. 1 BGB) und der Schadensfolge her (Senat, aaO, Rn. 19).
10
c) Die "Grundgebühr ohne Versetzung", die über das eigentliche Abschleppen hinausgehende Zusatzleistungen der Beklagten vergütet, hat das Berufungsgericht hingegen zu Unrecht ohne Differenzierung als dem Grunde nach ersatzfähig erachtet.
11
aa) Allerdings beschränkt sich - entgegen der Auffassung der Revision - der Schadensersatzanspruch der Geschädigten nicht auf die Kosten des reinen Abschleppens. Zu den durch das konkrete Schadensereignis adäquat kausal verursachten Schäden gehören auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppens entstanden sind, etwa durch die Überprü- fung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen , die Zuordnung des Fahrzeugs in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und durch die Anforderung eines geeigneten Abschleppfahrzeugs. Der Einwand der Revision, die Vorbereitungskosten seien deshalb nicht erstattungsfähig, weil sie den Rahmen der von einem privaten Geschädigten üblicher- und typischerweise für die Durchsetzung des Anspruchs zu erbringende Mühewaltung nicht überschritten, greift nicht durch. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel kein Ersatz für den Zeitaufwand verlangt werden, wenn die Zeit zur Schadensermittlung und zur außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruchs angefallen ist und der im Einzelfall erforderliche Zeitaufwand nicht die von einem privaten Geschädigten typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschreitet (BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 64/94, BGHZ 133, 155, 158 mwN). Um einen derartigen Aufwand geht es jedoch bei der Vorbereitung des konkreten Abschleppvorgangs nicht. Auch insoweit dient die Tätigkeit nicht der Abwicklung oder Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs des Grundstücksbesitzers, sondern unmittelbar der Beseitigung der durch die verbotene Eigenmacht hervorgerufenen konkreten Störung. Sie ist Teil des ausgeübten Selbsthilferechts gemäß § 859 BGB (vgl. Lorenz, DAR 2010, 647, 648; ders. NJW 2009, 1025, 1026; Goering, DAR 2009, 603, 604).
12
bb) Nach dem Sachvortrag der Beklagten umfassen die aufgrund des Rahmenvertrages erbrachten Leistungen neben der Vorbereitung des Abschleppens auch die Überwachung des Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken. Dies ergibt sich zudem aus der Anlage 1 zum Rahmenvertrag, wonach unberechtigt parkende Fahrzeuge "… nach Kontrollgängen von S. -Co Mitarbeitern" entfernt werden. Der hierauf entfallende Kostenanteil der Grundgebühr ist von der Klägerin nicht zu ersetzen. Denn Kosten, die nicht der Beseitigung der Besitzstörung dienen, sondern im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen sind, wie etwa die Kosten einer Parkraumüberwachung durch regelmäßige Kontrollgänge, zählen nicht zu dem adäquat verursachten und damit erstattungsfähigen Schaden. Solchen allgemeinen Überwachungsmaßnahmen fehlt der Bezug zur konkreten Besitzstörung, da sie nicht entfallen, wenn die schädigende Handlung hinweggedacht wird; sie entstehen unabhängig von dem konkreten schadensstiftendenden Ereignis. Vorkehrungen zur Überwachung des Parkplatzes sind daher im Verhältnis zum Schädiger der Sphäre des Grundstücksbesitzers zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1979 - VI ZR 254/77, BGHZ 75, 230, 237).
13
d) Entgegen der Ansicht der Klägerin muss im vorliegenden Rechtsstreit nicht geklärt werden, ob der dem Betreiber des Supermarkts entstandene Schaden der Höhe nach in vollem Umfang erstattungsfähig ist. Das Zurückbehaltungsrecht setzt allein das Bestehen eines fälligen Gegenanspruchs voraus, ohne dass es auf dessen Höhe ankommt. Die genaue Höhe des Schadensersatzanspruchs wäre hier nur dann von Bedeutung, wenn die Klägerin zumindest den von ihr als zutreffend angesehenen Schadensersatzbetrag gezahlt oder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, in dieser Höhe gemäß § 273 Abs. 3 BGB Sicherheit zu leisten. Beides ist indessen nicht der Fall. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Betreiber des Supermarktes - was der Senat für zweifelhaft hält - aufgrund seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verpflichtet war, den preisgünstigsten Anbieter ausfindig zu machen , oder ob er sich mit der Auswahl eines (noch) angemessenen Angebots begnügen kann.
14
3. Der Geschädigte hat den auf Freistellung von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten gerichteten Schadensersatzanspruch wirk- sam an die Beklagte abgetreten, wodurch er sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310, 315 Rn. 12). Die im Rahmenvertrag geregelte Abtretung der Ansprüche des Geschädigten ist nicht - wie die Klägerin meint - wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig. Die Beklagte erbringt gegenüber dem Betreiber des Supermarkts Abschleppdienste, nicht aber eine Inkassodienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 RDG. Die Einziehung der von dem Kunden an Erfüllungs statt abgetretenen Schadensersatzansprüche erfolgt auf Risiko und Rechnung der Beklagten. Mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung besorgt die Beklagte daher kein fremdes Geschäft.
15
4. Der abgetretene Schadensersatzanspruch ist auch fällig, § 271 BGB. Die von der Klägerin im Verfahren verlangte Aufschlüsselung, wie sich der dem Betreiber des Supermarkts in Rechnung gestellte Betrag von 219,50 € im Einzelnen zusammensetzt, ist nicht Fälligkeitsvoraussetzung. Im Übrigen hat die Beklagte die der abgetretenen Schadensersatzforderung zugrunde liegende Rechnung durch Vorlage des Rahmenvertrages hinreichend erläutert.
16
5. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts verstößt schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
17
a) Als besonderer Anwendungsfall des Verbots unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) darf das Zurückbehaltungsrecht nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise ausgeübt werden. So kann es gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen, wenn eine hochwertige Leistung zum Zwecke der Durchsetzung eines verhältnismäßig geringfügigen Gegenanspruchs zurückgehalten wird (vgl. MünchKomm-BGB/Krüger, 5. Aufl., § 273, Rn. 72; BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 173/01, NJW 2004, 3484, 3485; RGZ 61, 128, 133). Allerdings ist nicht schematisch allein auf die Wertverhältnisse abzustellen. Vielmehr kann ein Zurückbehaltungsrecht auch dann gegeben sein, wenn der Wert der Forderung, derentwegen die Herausgabe eines Gegenstandes verweigert wird, erheblich geringer ist als der Wert der herausverlangten Sache; denn das Recht auf Zurückbehaltung würde seinen vom Gesetzgeber verfolgten Zweck verlieren, auf den Schuldner Druck auszuüben, wenn es nur dann ausgeübt werden könnte, wenn das Wertverhältnis in etwa ausgeglichen ist (BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 173/01, NJW 2004, 3484, 3486). Erforderlich ist vielmehr stets eine Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls.
18
b) Bei dieser Abwägung ist hier einerseits zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit der Weigerung, den Standort des Fahrzeugs preiszugeben, die Klägerin an dem Zugriff auf einen erheblichen Vermögenswert gehindert hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hätte sich die Klägerin andererseits angesichts der relativ geringen Forderung mit einem einfachen Mittel diesen Zugang wieder verschaffen können, indem sie die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Erbringung einer Sicherheitsleistung gemäß § 273 Abs. 3 BGB abgewendet hätte. Die Klägerin hat jedoch nicht einmal den von ihr für gerechtfertigt gehaltenen Betrag von 150 € hinterlegt.

III.


19
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.07.2010 - 9 O 150/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.01.2011 - 13 U 31/10 -

(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).

(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.

(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein Pfandrecht an dem hinterlegten Geld oder an den hinterlegten Wertpapieren und, wenn das Geld oder die Wertpapiere in das Eigentum des Fiskus oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, ein Pfandrecht an der Forderung auf Rückerstattung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.