Gericht

Landgericht Landshut

Gründe

Landgericht Landshut

Az.: 24 O 2596/13

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 08.05.2015

..., JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -

gegen

...

- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -

wegen Forderung

erlässt das Landgericht Landshut - 2. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht - als Einzelrichter am 08.05.2015 im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze berücksichtigt wurden, die bis zum 28.04.2015 bei Gericht eingegangen sind, folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.100 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.100 EUR seit dem 10.10.2013 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus und im Zusammenhang mit dem mit der U. GmbH geschlossenen Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der D. GmbH & Co KG gegenüber der vorgenannten Treuhandgesellschaft sowie gegenüber den Gläubigern der D. GmbH & Co KG freizustellen.

3. Die Verurteilung gemäß Ziffern 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Abtretung sämtlicher Rechte aus dem mit der U. GmbH geschlossenen Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der D. GmbH & Co KG über nominal 10.000 EUR sowie Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. GmbH & Co KG zur Insolvenztabelle des Amtsgerichts Hamburg (Az. 67g IN 149/13) angemeldeten Forderung des Klägers.

4. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der unter 3. Angebotenen Gegenleistung im Annahmeverzug befindet.

5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 962,71 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 962,71 EUR seit dem 10.10.2013 zu bezahlen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

9. Der Streitwert wird auf 10.318,43 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer Beteiligung am grauen Kapitalmarkt.

Der Beklagte ist als Finanzdienstleister tätig. Als solcher berät der den Kläger bereits seit Jahren in Geldangelegenheiten. In diesem Zusammenhang stellte der Beklagte dem Kläger eine Beteiligung an der D. GmbH & Co. KG vor. Am 02.08.2012 zeichnete der Beklagte einen an die U. GmbH gerichteten Treuhandauftrag mit einer Beteiligung an der D. GmbH & Co. KG mit einer Einlage von 10.500,-- EUR (inkl. 5% Agio). Die Einlage von 10.500,-- EUR zahlte der Kläger in Folge, während der Laufzeit der Beteiligung erhielt er Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 400,-- EUR.

Das Fondskonzept sah vor, dass die D. GmbH & Co KG ein Anlegerkapital inklusive Agio in Höhe von 31,5 Mio EUR einwerben sollte, das, abzüglich des Agios, als Darlehen an die D. GmbH ausgereicht werden sollte. Von der Darlehenssumme von 30 Mio EUR sollten 4,65 Mio EUR an die U. mbH & Co KG als Provision für die Darlehenvermittlung zurückfließen. Die D. GmbH & Co KG sollte mit dem restlichen Darlehenbetrag Immobilien aus Zwangsversteigerungen erwerben und gewinnbringend am Markt verkaufen. Das Darlehen sollte mit 13,25% pro Jahr verzinst werden, die Anleger sollten, abgesehen von 2012, pro Jahr 12% Rendite, zahlbar in Monatsraten von je 1%, erhalten.

Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe ihn fernmündlich kontaktiert und unter dem Vorwand einer allgemeinen Beratung in Geldangelegenheiten einen Besprechungstermin für den 02.08.2013 vereinbart. In dem Gespräch sei es um verschiedene Kapitalanlagemöglichkeiten gegangen, der Schwerpunkt sei jedoch vom Beklagten auf die streitgegenständliche Beteiligung gelegt worden.

Der Kläger trägt weiterhin vor, der Beklagte habe er ihn nicht anlegergerecht beraten. Er habe dem Beklagten mitgeteilt, dass es ihm als Rentner darauf ankomme, eine sichere und risikolose Kapitalanlage zur weiteren Altersvorsorge zu tätigen. Die streitgegenständliche Kapitalanlage sei vom Beklagten als zur Altersvorsorge ohne weiteres geeignete sichere Anlageform bezeichnet worden. Es sei eine Rendite von 12% pro Jahr, zahlbar in monatlichen Raten zu 1%, und damit eine zusätzliche Rente versprochen worden, am Ende der Laufzeit von 6 Jahren sollte der Kläger das investierte Kapital zurückerhalten. Die Anlage sei ihm vom Beklagten als sichere Altersvorsorge empfohlen worden. Deswegen habe er sich beteiligt.

Außerdem sei auch keine objektgerechte Beratung erfolgt. Er sei nicht über die Risiken der streitgegenständlichen Kapitalanlage aufgeklärt worden. Er sei weder über das Risiko eines Totalverlustes, noch über das Wiederaufleben der Einlagenhaftung im Falle der Auszahlung nicht durch Gewinne gedeckter Ausschüttungen informiert worden. Der Beklagte habe vielmehr behauptet, es handele sich um eine sehr sichere und rentable Kapitalanlage ohne besonderen Risiken. Außerdem habe ihn der Beklagte nicht darüber aufgeklärt, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus der streitgegenständlichen Beteiligung in Ermangelung eines geregelten Zweitmarktes in aller Regel nur mit erheblichem Kapitalverlust möglich ist. Außerdem habe der Beklagte ihn nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Fondsgesellschaft ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft betreibe, hierzu jedoch keine entsprechende Genehmigung nach dem KWG habe. Außerdem sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass das Anlagekonzept nicht tragfähig sei. Angesichts der abfließenden Weichkosten und jährlichen Kosten sei, um die prognostizierte Rendite zu erreichen, auf der Ebene der Darlehensnehmerin eine jährliche Rendite von 16% pro Jahr nötig. Dies sei mit dem Handel mit Immobilien nicht möglich. Das Konzept sei auch deswegen unplausibel, weil die Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zur Beratung der Darlehensnehmerin bei der ihr gegenüber der Fondsgesellschaft obliegenden Informations- und Kontrollpflichten verpflichtet war. Für diese Unterstützungsleistung sollte die Geschäftsführerin des Fonds eine höhere Vergütung erhalten als für die Verwaltung des Fonds selbst. Entsprechende Interessenkonflikte seien im Prospekt nicht thematisiert.

Außerdem sei der Kläger nicht darüber aufgeklärt worden, dass mehr als 15% des Anlegerkapitals für Vertriebsprovisionen verwendet werden würde. Es sei behauptet worden, dass die Kosten der Beteiligungsvermittlung einen Teil des Agios von 5% aus machten. Einen Emissionsprospekt habe der Kläger bis heute nicht erhalten.

Der Kläger trägt vor, dass die Eintragungen in den als B 1 und B 2 vorgelegten Dokumentationen im Wesentlichen falsch seien und nicht den tatsächlichen Verlauf der Beratungen wiedergäben. In der Anlage B 1 seien ohne Abstimmung mit dem Kläger durch den Beklagten eigenmächtige Eintragungen vorgenommen worden.

Der Kläger trägt vor, dass er, wenn er pflichtgemäß beraten und informiert worden wäre, sich an dem streitgegenständlichen Fonds nicht beteiligt hätte.

Der Kläger trägt vor, er habe zunächst einen Schaden in Höhe von 10.100,-- EUR, nämlich die Einlage von 10.000,-- EUR inklusive 5% Agio minus 400,-- EUR Ausschüttung erlitten. Außerdem habe er einen Zinsschaden erlitten, da er bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht die Beteiligung gezeichnet, sondern 6.000,-- EUR in insgesamt drei Bausparverträge, zwei mit einem Garantiezins von 3% und einen mit einem Garantiezins von 4%, eingelegt hätte. Dies hätte über einen Zeitraum vom 16.08.2012 bis zum 18.09.2013 einen Zinsgewinn in Höhe von 218,43 EUR ergeben, der ihm aufgrund der Anlage in die streitgegenständliche Beteiligung entgangen seien.

Außerdem macht der Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 962,71 EUR geltend. Aufgrund der schwierigen Sach- und Rechtslage sei eine Gebühr von 1,5 angemessen.

Der Kläger beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.318,43 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.318,43 EUR ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus und im Zusammenhang mit dem mit der U. GmbH geschlossenen Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der D. GmbH & Co. KG gegenüber der vorgenannten Treuhandgesellschaft sowie gegenüber den Gläubigern der D. GmbH & Co. KG freizustellen.

3. Die Verurteilung gemäß Ziffern 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Abtretung sämtlicher Rechte aus dem mit der U. GmbH geschlossenen Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der D. GmbH & Co. KG über nominal 10.000,-- EUR sowie Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. GmbH & Co. KG zur Insolvenztabelle des Amtsgerichts Hamburg (Az. 67g IN 149/13) angemeldeten Forderung des Klägers.

4. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der unter 3. angebotenen Gegenleistung im Annahmeverzug befindet.

5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 962,71 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 962,71 EUR über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte trägt vor, der Kläger habe sich an ihn gewandt mit dem Wunsch, einen Geldbetrag in eine geschlossene Beteiligung mit hohen Ertragschancen zu investieren.

Er trägt vor, er habe die Beratung akribisch dokumentiert. Zunächst habe er anlässlich der Aufnahme der Geschäftsbeziehung am 06.12.2010 eine Risikoeinstufung mit dem Kläger durchgeführt (Anlage B1). In dieser vom Kläger unterschriebenen Erklärung habe dieser sich als ausgesprochen erfahren eingestuft. Er habe angegeben, dass er mit nahezu sämtlichen Geldanlageformen seit mehr als 5 Jahren Erfahrung habe, entsprechende Risiko- und Produktaufklärung erhalten habe, dass er im Jahr Wertpapiergeschäfte mit Volumen von bis zu 125.000,-- EUR tätige. Als Anlageziel sei u. a. angegeben aktive Nutzung von Kurschancen und „endlich mal weg von konservativen Bankanlagen/Bausparen/Festgeld“. Der Anleger habe sich in die Anlageklasse 4 (risikobewusst) mit folgender Beschreibung eingruppiert: „Die Ertragserwartungen gehen deutlich über das marktübliche Zinsniveau hinaus; der Vermögenszuwachs resultiert vorrangig aus Marktchancen. Nicht kalkulierbare Verlustrisiken.“.

Auch anlässlich der streitgegenständlichen Vermittlung habe der Beklagte eine Vermittlungsdokumentation erstellt, die der Kläger unterschrieben habe. In dieser sei zunächst wahrheitsgemäß angegeben, dass das oben genannte Anlegerprofil vom 06.12.2010 weiterhin als zutreffend bestätigt werde. Es sei ausdrücklich eine geschlossene Anlage gewünscht worden. In diesem Protokoll sei auch wahrheitsgemäß angegeben worden, dass der Verkaufs-/Emissionsprospekt bereits vorab per Post zugesandt worden und im Termin besprochen worden sei und ausdrücklich auf die Risiken unter Seitenangaben des Verkaufsprospektes hingewiesen worden sei. Weiter sei dort angegeben, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele, bei der ein Totalverlustrisiko bestehe und das keinerlei Garantie für die Rückzahlung der Anlage und für die prognostizierte Verzinsung usw. bestehe. Auf den fehlenden Zweitmarkt sei hingewiesen worden.

Der Kläger habe sich im Vorfeld des Beratungstermins anhand des vorab per Post zugesandten Prospekts und über das Internet bereits intensiv mit dem Anlageprodukt beschäftigt. Der Beklagte trägt weiterhin vor, er habe den Kläger im Rahmen des Gesprächs auf sämtliche Risiken der Anlage hingewiesen, nämlich dass ein Totalverlustrisiko bestehe, ebenso, dass kein Zweitmarkt existiere. Außerdem sei darüber aufgeklärt worden, dass die Haftung im Falle der Ausschüttung, die nicht durch Gewinne gedeckt seien, wieder aufleben könne.

Der Kläger habe nicht geäußert, dass er eine risikolose Kapitalanlage zur weiteren Altersvorsorge tätigen wolle. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Anlage auch nicht als zur Altersvorsorge geeignet oder sicher dargestellt. Er habe zu einer offenen Beteiligung geraten, der Kläger habe jedoch eine geschlossene Beteiligung favorisiert.

Der Beklagte trägt weiterhin vor, er habe im Vermittlungsgespräch darauf hingewiesen, dass er nicht in der Lage sei, die Prognosen im Prospekt und das Anlagekonzept auf Plausibilität zu überprüfen. Außerdem sei das Konzept nicht unplausibel, es sei durchaus möglich, mit dem Anlagekonzept erheblich über den Durchschnittswerten liegende Erträge zu erzielen.

Der Beklagte trägt weiterhin vor, er habe über die Höhe der von ihm erhaltenen Vergütung, nämlich 11% der Anlagesumme, aufgeklärt. Über die Kostenstruktur werde ausreichend durch den Prospekt aufgeklärt.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.

Gemäß Beweisbeschluss vom 14.03.2014 (Bl. 65ff.), ergänzt durch Beschluss vom 14.04.2014 (Bl. 73) hat das Gericht Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Insoweit wird auf Bl. 83ff. und 110 der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist, abgesehen vom geltend gemachten entgangenen Gewinn, begründet.

Der Beklagte haftet dem Kläger aus Pflichtverletzung aus einem Anlagevermittlungsvertrag auf Schadenersatz, § 280 BGB.

I.

Zwischen den Parteien ist ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen.

1. Zwischen den Parteien ist ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen. Ein Anlagevermittlungsvertrag in Gestalt eines Auskunftsvertrages kommt zustande, wenn ein Anleger deutlich macht, dass er sich bei der Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse des Vermittlers zunutze machen will und der Vermittler daraufhin tätig wird. Der Vertrag kann formfrei und konkludent geschlossen werden (Palandt, 74. Auflage 2015, § 280 RdNr. 52; Seibert H., Das Recht der Kapitalanlage und -vermittlung, München 2014, S. 272 RdNr. 3).

2. Dies ist hier gegeben. Zwischen den Parteien ist zumindest unstreitig, dass sich der Kläger an den Beklagten gewandt hat, und angegeben hat, eine Geldanlagemöglichkeit zu suchen. Der Beklagte hat, ebenfalls unstreitig, Auskünfte hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlage gegeben. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Beklagte, wie er selbst schriftsätzlich vorgetragen hat, den Kläger seit Jahren in Geldangelegenheiten beraten hat, war für den Beklagten erkennbar, dass sich der Kläger bei der Anlageentscheidung auf die Angaben des Beklagten verlassen würde. Da er unter diesen Umständen Auskünfte zur streitgegenständlichen Anlage erteilt hat, ist ein Auskunftsvertrag zwischen ihm und den Kläger zustande gekommen.

3. Der Kläger, der insoweit beweisbelastet ist, da es sich um eine für ihn günstige Tatsache handelt, konnte die Tatsachen, aus denen sich der Abschluss eines Anlageberatungsvertrages ergeben würde, nicht nachweisen. Ein Anlageberatungsvertrag kommt nämlich zustande, wenn ein Anlageinteressent bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Beratungsunternehmens in Anspruch nimmt und sich dieses auf eine Beratung einlässt (Palandt, 74. Auflage 2015, § 280 RdNr. 47). Vom Auskunftsvertrag (Anlagevermittlungsvertrag) unterscheidet sich der Beratungsvertrag darin, dass der Anleger beim Auskunftsvertrag in erster Linie eine Aufklärung über die tatsächlichen Umstände einer ins Auge gefassten Kapitalanlage erwartet, beim Beratungsvertrag jedoch eine fachkundige Bewertung und auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beurteilung (Seibert H., Das Recht der Kapitalanlage und -vermittlung, München 2014, S. 132 RdNr. 10, S. 275 RdNr. 15). Der Kläger hat zwar vorgetragen, es sei ein Gesprächstermin über eine allgemeine Beratung in Geldangelegenheiten für den 02.08.2012 vereinbart worden und im Verlauf dieses Gespräches sei ihm dann der streitgegenständliche Fonds vorgestellt worden. Der Beklagte hat demgegenüber angegeben, der Kläger habe sich an ihn mit dem ausdrücklichen Wunsch gewandt habe, eine geschlossene Beteiligung mit hohen Ertragschancen zu erwerben. Der Kläger hat seinen Vortrag nicht beweisen können. Aus den Gesamtumständen ergibt sich nicht, welche Version glaubhafter ist. Zwar liegt mit den Anlagen B 2) eine „Ergänzende Vermittlungsdokumentation“ vor, die auf das Anlegerprofil vom 06.12.2010 verweist (Anlage B 1) und die aufgrund der Angaben zu „Wertpapiererfahrungen“, „Geschäftsumfang“, „Anlageziele“ und „Anlagehorizont“ auf eine auf die persönlichen Verhältnisse zugeschnittenen Beratung hinweisen, doch hat der Kläger vortragen lassen, dass die Anlage B 1) nicht Gegenstand der „Beratung“ am 02.08.2012 gewesen sei. Die Eintragungen in der Anlage B 1) habe der Beklagte eigenmächtig vorgenommen. Die Anlage B 2) wiederum, die „Ergänzende Vermittlungsdokumentation“, jedoch beschäftigt sich diese im Wesentlichen mit Informationen zur streitgegenständlichen Anlage. Auch aus dem persönlichen Eindruck den das Gericht im Rahmen der informatorischen Anhörung in der öffentlichen Sitzung vom 14.01.2014 gewonnen hat, kann das Gericht keine Rückschlüsse ziehen. Beide Parteien wirkten gleichermaßen glaubwürdig.

II.

Der Beklagte hat Pflichten aus dem Anlagevermittlungsvertrag verletzt.

1. Der Anlagevermittler ist verpflichtet, die Anlage auf Plausibilität hin zu überprüfen. Maßstab ist dabei nicht der bankübliche Sachverstand wie beim Anlageberatungsvertrag, sondern der kaufmännische Sachverstand (Seibert H., Das Recht der Kapitalanlage und -vermittlung, München 2014, S. 274 RdNr. 10). Der Anlagevermittler muss insbesondere das Anlagekonzept auf Schlüssigkeit, wirtschaftliche Plausibilität und Tragfähigkeit hin überprüfen (Seibert H., a. a. O., S. 279 RdNr. 28; Zoller M., Die Haftung bei Kapitalanlagen, 2014 S. 77 RdNr. 14; Palandt 74. Auflage 2015 § 280 RdNr. 52 unter Verweis auf BGH NJW 2012 S. 380 und NJW RR 2011 S. 910).

2. Das Anlagekonzept ist nicht plausibel, es ist im Gegenteil äußerst unwahrscheinlich, dass mit dem streitgegenständlichen Anlagekonzept die prognostizierten Renditen zu erzielen waren. Das Gericht stützt sich dabei auf ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K.. Der Sachverständige ist dem Gericht zwar nicht bekannt, doch spricht die Tatsache, dass er Ordinarius an der Technischen Universität München, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte ist sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger an der IHK für München und Oberbayern mit dem Sachgebiet Kapitalanlagen und Finanzplanung für seine ausgewiesene Sachkenntnis auf dem Gebiet der Kapitalanlagen und für die Beantwortung der Frage, welche Renditen mit welchen Anlagestrategien zu erzielen sind. Außerdem hat der Sachverständige ein ausführliches, nachvollziehbares und in sich schlüssiges Gutachten vorgelegt, das auf einer breiten Tatsachengrundlage basiert und unter Berücksichtigung zahlreicher Vergleichsmaßstäbe die Plausibilität des streitgegenständlichen Anlagekonzepts überprüft. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige Interesse am Ausgang des Prozesses haben könnte, liegen nicht vor.

A) In einem ersten Schritt hat der Sachverständige festgestellt, welche Rendite die D. GmbH & Co KG (Darlehensnehmerin) hätte erwirtschaften müssen, um die den Anlegern gegenüber prognostizierte monatliche Ausschüttung von 1% zu erzielen. Im zweiten Schritt hat der Sachverständige sodann überprüft, ob diese Rendite mittels des Geschäftskonzepts der Darlehensnehmerin dauerhaft zu erzielen war.

B) Ausweislich des Emissionsprospekts (vorgelegt als Anlage K 2) sollten pro Jahr 3.975.000 EUR Zinsen auf das eingezahlte Kapital von 30.000.000 EUR abzüglich agio, also 13,25% erwirtschaftet werden. Dies ergibt auch aus dem Liquiditätsplan auf S. 32 des Prospekts. Nach der Modellberechnung auf S. 33 des Prospekts sollten an die Anleger pro Jahr 12% Zinsen ausgeschüttet werden. Gleichzeitig stehen aber als Darlehensbetrag, der überhaupt für Investitionen eingesetzt werden kann, lediglich 25.300.000 EUR zur Verfügung, der restliche Betrag war laut Prospekt für Vergütungen, Nebenkosten und Liquiditätsreserve eingeplant. Der Sachverständige hat nachvollziehbar berechnet, dass die tatsächlich für Investitionen zur Verfügung stehende Summe von 25.300.000 EUR aufgrund der Zahlungsmodalitäten der Zinsen mindestens eine Rendite von 16,86% hätte erwirtschaften müssen. Diese Mindestrendite stellt nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen lediglich eine Untergrenze dar, da eventuell noch Verwaltungskosten und Gewerbe- und Körperschaftssteuer zu berücksichtigen seien. So käme man bei einem unterstellten Hebesatz von 400% bei der Gewerbesteuer zu einer Rendite von 17.70%, die nötig sei, um die avisierten Ausschüttungen an die Anleger leisten zu können. Die Hintergrundinformationen, die zur Beurteilung einer Steuerpflichtigkeit notwendig sind, können, dies hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, nicht aus dem Prospekt entnommen werden. Insoweit kann der Sachverständige zu diesen, unter Umständen erheblichen Faktoren, keine Aussage treffen.

C) Der Sachverständige hat weiterhin nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass diese Rendite mit dem Geschäftsmodell der Fondsgesellschaft, nämlich dem Aufkauf von Immobilien in Toplagen aus Zwangsversteigerungen oder im freien Verkauf, deren Weiterentwicklung und Veräußerung oder Halten im Portfolio (Emissionsprospekt, Anlage K 2, S. 4) nicht zu erzielen ist. Der Sachverständige stellt dabei zunächst fest, dass sich hinsichtlich des oben skizzierten Geschäftsmodells keine exakten Angaben im Prospekt finden lassen.

D) Zunächst stellt der Sachverständige auf der Basis sorgfältig erhobener Daten nach anerkannten Maßstäben systematisch fest, welche Renditen durchschnittlich im Jahr 2011, also dem Jahr der Prospekterstellung, mit dem Immobilienhandel allgemein erzielt werden konnten. Er wendet dabei zunächst das in der Praxis gebräuchliche Verfahren der Verwendung von Inventardaten an. Danach lag die Renditeerwartung bei Immobilien im Dezember 2011 bei lediglich 0,48%, bei Wohnimmobilien bei 2,13%. Da damit die Renditeerwartung von Immobilieninvestments unterhalb der Rendite langlaufender Bundesanleihen liegen würde, verwirft der Sachverständige, für das Gericht nachvollziehbar, diesen Ansatz und ermittelt die Rendite nach einem weiteren, in der Praxis gebräuchlichen Maßstab, nämlich der Verwendung von Marktbewertungen von Immobiliengesellschaften. Diese Vorgehensweise ist, nach Angaben des Sachverständigen, vor allem im Ausland verbreitet. Auch in Deutschland wird ein Index, der auf den Aktienkursen börsennotierter Immobiliengesellschaften beruht, geführt, der sogenannte DIMAX. Die Aktienkurse der börsennotierten Immobiliengesellschaften sollen nämlich die Marktwerte der Immobilien widerspiegeln, in die die Gesellschaften investiert sind. Dieser Gedankengang ist für das Gericht nachvollziehbar. Der Sachverständige weist zwar auch auf Schwächen des DIMAX hin, so das nicht transparent ist, wer in den Index aufgenommen wurde und wie der Index gewichtet ist. Dieser Hinweis auf die Schwächen stärkt die Verlässlichkeit des Gutachters, da das Gericht deswegen davon ausgehen kann, dass der Sachverständige sich umfassend und kritisch mit den verwendeten Maßstäben auseinandersetzt. Gleichzeitigt sind jedoch nach Angaben des Sachverständigen 60 Gesellschaften im Index gelistet, stellen also eine gewisse Bandbreite und Repräsentanz des Marktes dar, außerdem hat der Index eine breite Beachtung in der Praxis. Aufgrund dieses Indexes kommt der Sachverständige unter Berücksichtigung von nach der modernen Kapitalmarkttheorie berechneten Risikofaktoren für das Gericht nachvollziehbar auf eine Renditeerwartung von 4,93-6,65%.

E) Sodann legt der Sachverständige für das Gericht völlig nachvollziehbar dar, dass mit dem Geschäftsmodell der Darlehensnehmerin eine Rendite von 16,86% dauerhaft nicht erwirtschaftet werden kann. Zunächst ist festzustellen, dass selbst die höchste durchschnittliche Rendite von 6,65% unterstellt, die Darlehensnehmerin dauerhaft 10%-Punkte mehr oder rund das 2,5-Fache der Durchschnittsrendite erzielen müsste. Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass Durchschnittsrenditen nichts darüber aussagen, ob es einzelnen Markteilnehmern gelingt, dauerhaft deutlich höhere Renditen zu erzielen oder nicht. Der Sachverständige hat jedoch ausführlich und überzeugend dargelegt, dass es nach dem Geschäftskonzept nicht möglich war, dass die Darlehensnehmerin dauerhaft in dieser eklatanten Weise besser wirtschaftet als andere Marktteilnehmer und daher diese überdurchschnittlichen Renditen erzielt. Zwar mag es sein, dass die Darlehensnehmerin zunächst eine Marktlücke entdeckt und diese erfolgreich besetzen und damit überdurchschnittliche Renditen erwirtschaften kann. Der Sachverständige führt jedoch dann überzeugend aus, dass diese „Renditedifferenz“, also die Möglichkeit, durch besonderes Verhalten am Markt diese überdurchschnittlichen Renditen zu erzielen, auch von anderen Marktteilnehmern erkannt werden würde. Diese würden dann ihre Investitionsmittel ebenfalls in dieses Marktsegment umleiten, was dann zu einem Preisanstieg der Immobilien in diesem Segment führen würde, so dass sich die Rendite in diesem Marktsegment wieder allgemeinen Werten annähern würde. Da es zahlreiche institutionelle Anleger mit großer Kapitalausstattung am deutschen Immobilienmarkt gibt, würde eine entsprechende Unterbewertung von Immobilien in diesem Marktsegment von diesen erkannt und ausgenutzt. Hinweise darauf, dass dies nicht geschehen würde, existieren nicht. Es handelt sich beim Immobilienmarkt in Deutschland um einen funktionierenden Markt. Sowohl Immobilien in Top-Lagen als auch der Immobilienerwerb aus Zwangsversteigerungen sind allen institutionellen Anlegern zugänglich. Die Darlehensnehmerin verfügte auch über kein spezielles, nur ihr zugängliches Wissen, Informationen über Zwangsversteigerungen sind allgemein zugänglich. Auch Immobiliensanierungen werden von institutionellen Anlegern regelmäßig durchgeführt. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die Darlehensnehmerin weder über Sonderwissen oder Sonderfertigkeiten oder besondere Marktkenntnisse und -zugänge verfügt, die dazu führen würden, dass andere Investoren ihr Geschäftsmodell nicht übernehmen könnten und was ihr wiederum ermöglichen würde, dauerhaft erheblich höhere Renditen als ihre Konkurrenten auf dem Markt zu erzielen. Dass solche Sondersituationen, nämlich dass trotz eines funktionierenden Marktes ein Investor dauerhaft in der Lage sein sollte, weit überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, in der historischen Entwicklung nicht gegeben waren, hat der Sachverständige unter Rückgriff auf entsprechende Untersuchungen nachvollziehbar dargelegt. Auch Leverage-Effekte, also die Möglichkeit, mittels einer massiven Fremdfinanzierung von Projekten die Rendite zu verbessern, hat der Sachverständige untersucht aber nachvollziehbar verworfen. Angesichts der Tatsache, dass die Darlehensnehmerin bereits mit einem hohen und teuren Darlehen belastet war, war es äußerst unwahrscheinlich, dass die Darlehensnehmerin von Banken weiteres Kapital in größerem Umfang erhalten hätte.

F) Der Sachverständige hat außerdem überzeugend dargelegt, dass sich zwar grundsätzlich eine deutlich höhere Rendite ergeben könnte, wenn in deutlich risikoreichere Immobilien investiert würde. Der Gutachter hat aber ebenso plausibel dargelegt, dass diejenigen Immobilien, in die die Darlehensnehmerin investieren wollte, nicht zu den äußerst risikoreichen Immobilien gehören.

G) Außerdem hat der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass die Darlehensnehmerin ihre Renditeprognose auch nicht mit Anlageerfolgen aus der Vergangenheit unterlegen konnte.

3. Es handelt sich bei den Erkenntnissen und Bewertungen des Sachverständigen um Schlussfolgerungen, die auch aufgrund allgemeiner Erwägungen zu ziehen sind und die auch von einem Anlagevermittler mit dem von diesem geforderten Maßstab des kaufmännischen Sachverstands erzielt werden können. Es sind hierzu keine speziellen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse nötig. Unter Heranziehen des kaufmännischen Sachverstands hätte dem Beklagten auffallen müssen, dass es nicht plausibel ist, dass mit Immobilieninvestitionen dauerhaft über 16% und damit erheblich höhere Renditen zu erzielen waren als bei anderen Investoren. Dass 16% eine überaus und ungewöhnlich hohe Rendite darstellen, hätte dem Beklagten aufgrund der Tatsache, dass er offene Fonds vermittelt und daher die entsprechenden Renditen kennt, klar sein müssen. Gerade die zuletzt ausgeführten Überlegungen des Sachverständigen, dass auch andere Investoren das Marktsegment der Darlehensnehmerin für sich entdecken werden und durch ihre Betätigung in diesem Segment die in diesem Marktbereich zu erzielenden Margen sinken würden, erschließen sich zwanglos, erst recht, jedoch, wenn der Sachverstand als Kaufmann herangezogen wird. Gerade ein Kaufmann stellt sich die Frage, wie es anderen Marktteilnehmern gelingen sollte, dauerhaft weit höhere Renditen als andere Marktteilnehmer zu erzielen. Es war für den Beklagten auch leicht erkennbar, dass im Prospekt nur relativ allgemein das Geschäftsmodell erläutert wird, aber gerade keine Details erläutert werden, worin die Besonderheit des Geschäftsmodells der Darlehensnehmerin besteht, die es ihr ermöglicht hätte, dauerhaft diese hohen Renditen zu erwirtschaften.

4. Zwar wird der Anlagevermittler von der Haftung frei, wenn er im Rahmen der Vermittlung darlegt, dass er keine ausreichenden Kenntnisse hinsichtlich der Anlage hat oder die Plausibilitätsprüfung nicht durchgeführt hat (Zoller M., Die Haftung bei Kapitalanlagen, München 2014, S. 77 RdNr. 15; BGH III ZR 17/08 Ziff. 11; so schon BGH III ZR 413/04 und III ZR 62/99; Palandt, 74. Auflage 2015 § 280 RdNr. 52). Dass ein solcher Hinweis erfolgt ist, muss der Anlagevermittler beweisen. Es handelt sich nämlich zunächst um eine für ihn günstige Tatsache. Außerdem ergibt sich die Beweislastverteilung auch aus den Gesamtumständen: Es geht hier um das Pflichtenprogramm, das dem Vermittler obliegt, nämlich eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Gibt der Vermittler an, eine solche aus welchen Gründen auch immer nicht durchgeführt zu haben oder nicht durchführen zu können, und akzeptiert dies der Anleger, würde die Pflicht zur Plausibilitätsprüfung vertraglich abbedungen. Dass von dieser Kernpflicht und damit vom Leitbild des Anlagevermittungsvertrages abgewichen wurde, ist eine atypische Sondersituation, die vom Anlagevermittler zu beweisen ist.

A) Dieser Nachweis ist dem Beklagten nicht gelungen. Der Beklagte hat lediglich schriftsätzlich vortragen lassen, er habe dem Kläger mitgeteilt, dass er die Plausibilität des Anlagekonzepts nicht aus eigener Anschauung prüfen könne. Der Beklagte hat hierzu als Beweismittel die Parteieinvernahme angeboten. Der Kläger hat dieser Vernehmung jedoch nicht ausdrücklich zugestimmt, was zur Vernehmung der beweisbelasteten Partei nötig wäre (Zöller, 28. Auflage 2010, § 447 RdNr. 2). Auch für eine Parteivernahme von Amts wegen nach § 448 ZPO besteht kein Raum, weil dafür ein „Anfangsbeweis“ für die zu beweisende Tatsache vorliegen muss (Zöller, 28. Auflage 2010, § 448 RdNr. 4). Dies ist hier nicht gegeben. Es ist ungewöhnlich, dass ein Anlagevermittler im Rahmen eines Vermittlungsgesprächs darauf hinweist, dass er eine Plausibilitätsprüfung nicht durchführen kann und damit seine Fachkompetenz und den Wert seiner Informationen in Frage stellt und damit die erstrebte Zeichnung einer Anlage unwahrscheinlicher macht. Es ist nämlich der Regelfall, dass der Anlagevermittler als Sachkundiger am Markt auftritt und der Anleger, für den Vermittler erkennbar, auf diese Sachkunde des Vermittlers vertraut und ihr im Rahmen der Anlageentscheidung einen hohen Stellenwert bemisst. Dass ein Vermittler im Rahmen des Anlagevermittlungsgesprächs offen zugibt, keine ausreichenden Kenntnisse zu haben oder eine Plausibilitätsprüfung nicht durchgeführt zu haben, was den Wert seiner Informationen deutlich herabsetzt und die Chance auf die Zeichnung der vorgestellten Ablage durch den Anleger ist eher der atypische Ausnahmefall (Zoller M, a. a. O.). Die Lebenserfahrung spricht eher gegen ein solches Geschehen. Es handelt sich damit nicht um einen per se plausiblen Geschehensablauf.

B) Auch die weiteren Umstände sprechen dagegen, dass der Beklagte darauf hingewiesen hat, dass er nicht in der Lage sei, das Anlagekonzept auf Plausibilität hin zu überprüfen und er eine solche Prüfung unterlassen hat. Aufschlussreich ist hier die als Anlage B 2 vorgelegte „Ergänzende Vermittlungsdokumentation“. Dort werden zahlreiche vorgedruckte Hinweise zur streitgegenständlichen Anlage gegeben, außerdem wurden handschriftlich in extra dafür vorgesehene Felder angeblich vom Beklagten gegebene detaillierte individuelle weitere Informationen und Hinweise notiert. Ein Hinweis, dass eine Plausibilitätsprüfung unterblieben ist oder dass dem Beklagten eine solche nicht möglich ist, finden sich hier nicht. Dies ist unverständlich, handelt es sich bei dem Hinweis auf die unterlassene Plausibilitätsprüfung um ein für die Haftung des Beklagten als Anlagevermittler zentrales Element. Dass dieser Hinweis nicht in die Dokumentation aufgenommen wurde erstaunt umso mehr, als unter 4.5 in der Dokumentation ein freies Feld gelassen wurde, um dort ergänzende Hinweise einzufügen. Dort wurde unter anderem vermerkt, dass auf das Totalverlustrisiko und die mangelnde Fungibilität der Anlage hingewiesen wurde, ein Hinweis, der redundant ist, da dieser bereits unter 4.1 gegeben wurden. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2014 die Parteien zwar nicht explizit zu der Frage angehört, ob der Beklagte darauf hingewiesen hat, das Konzept nicht auf Plausibilität überprüft zu haben oder nicht, doch hat das Gericht die Parteien zu anderen Fragen angehört, unter anderem zu der Frage, wer die Anlagen B 1 und B 2 ausgefüllt hat und wie. Im Rahmen dieser Befragung konnte sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von den Parteien verschaffen. Beide Parteien machten auf das Gericht in gleicher Weise einen glaubwürdigen Eindruck.

C) Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich hier nicht um eine Frage des Umfangs der geschuldeten Beratungspflichten handelt, sondern darum, ob die geschuldeten Pflichten verletzt wurden, käme man zu keinem anderen Ergebnis. Zwar muss grundsätzlich der Anleger den Verstoß gegen Informationspflichten beweisen (Palandt, 74. Auflage 2015, § 280 RdNr. 35ff.). Allerdings hat der Vermittler sodann detailliert darzulegen, in welcher Weise er im Einzelnen seinen Informationspflichten nachgekommen ist (zum Anlageberater Hannöver in Schimasky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch Band II, 4. Auflage 2011, S.1307 RdNr. 110). In der Regel kommt der Vermittler dieser Pflicht nach, indem er eine entsprechende Dokumentation aushändigt. Im Falle einer lückenhaften Dokumentation besteht die tatsächliche Vermutung, dass eine nicht dokumentierte Information nicht gegeben wurde. Eine tatsächliche Vermutung spricht dafür, dass eine Beratung so stattgefunden hat, wie sie dokumentiert wurde. Dies hat das OLG Karslruhe in einem Urteil zur Beratung bei Versicherungsverträgen festgestellt (OLG Karlsruhe, 12 U 121/12), doch handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz (Palandt, 74. Auflage 2015, § 280 RdNr. 43). Diese Vermutung konnte nicht widerlegt werden. Es gilt insoweit das oben Ausgeführte.

5. Da bereits der Hinweis auf eine mangelnde Plausibilität des Anlagekonzepts unterblieben ist, kam es auf die übrigen geltend gemachten Vertragsverletzungen nicht mehr an.

III.

Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz

1. Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz in der Form der Rückzahlung der aufgewendeten Beträge Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung, §§ 280, 249 BGB (Palandt, 74. Auflage 2015, § 280 RdNr. 50).

2. Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 962,71 EUR.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten werden als Rechtsverfolgungskosten als Schadenersatz geschuldet (Palandt, 74. Auflage 2015, § 249 RdNr. 56f). Auch die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten ist angemessen. Hier wird eine Rahmengebühr nach §14 Abs. 1 S. 1 RVG von 1,5 verlangt. Wenn allerdings, wie hier, die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, ist die von einem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (vgl. BGH, 26.02.2013, XI ZR 345/10). Im Falle der Unbilligkeit wird die Gebühr nach §315 Abs. 3 S. 2 BGB vom Gericht durch Urteil bestimmt. Die Gebühr ist dabei durch eine Gesamtabwägung aller nach §14 Abs. 1 S. 1 RVG maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hier um eine Kapitalanlagesache handelte, bei der eine besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeit grundsätzlich angenommen werden kann, handelt es sich hier um eine überdurchschnittliche Angelegenheit. Es war ein rechtlich und tatsächlich komplexer und umfangreicher Sachverhalt aufzuarbeiten, außerdem war ein Emissionsprospekt hinsichtlich rechtlich anspruchsvoller Fragestellungen zu überprüfen. Angesichts des Streitwerts von 10.500 EUR beträgt die entsprechende Gebühr unter der Berücksichtigung, dass die anwaltliche Tätigkeit vor dem 01.08.2013 entfaltet wurde und daher altes Recht anzuwenden war inklusive Unkostenpauschale und Umsatzsteuer 962,71 EUR. Dass dieser Betrag auch tatsächlich vom Kläger an seinen Vertreter überwiesen wurde, ergibt sich aus dem als Anlage K 4 vorgelegten Kontoauszug.

3. Die Klagepartei hat der Beklagten die Beteiligungen spätestens mit der Klage angeboten, so dass diese in Verzug mit der Annahme war. Somit rechtfertigt sich der auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Antrag der Klage.

4. Es war auch geboten, gem. § 256 ZPO festzustellen, dass die Beklagte den Kläger von weiteren Ansprüchen freizustellen hat. Eine Gesellschaft ist auf längere Zeit angelegt. Wie sich die Rückabwicklung in der Insolvenzsituation tatsächlich gestalten wird, steht noch nicht fest. Da die Klagepartei Ausschüttungen erhalten hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass an sie als Gesellschafterin Ansprüche gestellt werden.

5. Verzugszinsen waren nach §§ 286,288 BGB seit dem10.10.2013 (Zustellung der Klage war am 09.10.2013) zuzusprechen.

6. Soweit Zinsen als entgangener Gewinn gefordert wurden, war die Klage abzuweisen. Grundsätzlich kann nach § 252 BGB auch der entgangene Gewinn als Schaden geltend gemacht werden, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, er hätte bei richtiger Aufklärung 6000 EUR des angelegten Kapitals als Sonderzahlungen in drei Bausparer mit einer Garantierverzinsung von zwei Mal 3% und ein Mal 4% eingelegt und so vom 16.08.2012 bis zum 18.09.2013 einen Gewinn in Höhe von 218,43 EUR erzielt. Der Beklagte hat dieses Alternativverhalten bestritten, der Kläger hat trotz Ankündigung keine Unterlagen zu den Bausparverträgen vorgelegt. Der Beklagte hat auch nicht ausreichend dargelegt, dass die Anlage in Bausparverträge die einzige mögliche Alternative zu einer Anlage im streitgegenständlichen Fonds gewesen wäre. Insoweit wurde nicht ausreichend dargelegt, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge 6000 EUR in die Bausparverträge eingezahlt und der geltend gemachte Gewinn erzielt worden wäre.

IV.

Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

2. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

3. Der Streitwert wurde nach §§ 3 ff. ZPO festgesetzt.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 252 Entgangener Gewinn


Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

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Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 17/08
Verkündet am:
5. März 2009
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht eines auf den Vertrieb von Beteiligungen an Windkraftanlagen
spezialisierten Anlagevermittlers, den Emissionsprospekt auf Plausibilität zu
überprüfen.
BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - OLG Hamm
LG Münster
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Seiters und Schilling

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. November 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage.
2
Zum Jahresende 2001 gab der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Dies führte zur Aufdeckung stiller Reserven, die hohe Steuerforderungen nach sich zu ziehen drohten. Auf Anraten seines Steuerberaters suchte der Kläger deshalb eine Möglichkeit zu einer langfristigen Geldanlage mit hohen Verlustzuweisungen, um seine Steuerlast zu reduzieren. Durch Werbebroschü- ren, die im Büro des Steuerberaters auslagen, stieß der Kläger auf den Beklagten , dessen Geschäftstätigkeit ausweislich seiner Visitenkarte unter anderem die "Vermittlung von Beteiligungen an Windparks" war. Nach einem ersten Kontakt beteiligte sich der Kläger auf Vermittlung des Beklagten, der von Haus aus Landwirt ist, mit einer Einlage von 100.000 DM an dem Windpark P. I. Nach Rücksprache mit seinem Steuerberater wollte der Kläger seine Beteiligung aufstocken. Dies war jedoch bei diesem Windpark nicht mehr möglich. Deshalb wies der Beklagte den Kläger auf ein anderes Windparkprojekt bei O. hin und übersandte ihm am 1. Dezember 2001 einen Prospekt über dieses Vorhaben. Am 10. Dezember 2001 zeichnete der Beklagte eine Beteiligung von 50.000 €.
3
Der Windpark O. nahm am 30. April 2002 seinen Betrieb auf. Die tatsächlichen Erträge blieben erheblich unter den prognostizierten. Die Betreibergesellschaft wurde zahlungsunfähig und beantragte am 25. April 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Die Windkraftanlage wurde abgebaut und anderweitig verwertet.
4
Der Kläger behauptet, der über den Windpark O. erstellte Emissionsprospekt weise eine Reihe von Mängeln auf, die dem Beklagten bei einer Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen.
5
Gemeinsam mit 39 weiteren Anlegern hat der Kläger 14 mit der Konzeption , Vermittlung und Durchführung des Projekts befasste Personen, zu denen auch der Beklagte gehört, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In einem vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleich hat die Prospektverantwortliche die Verpflichtung übernommen, an den Kläger 22.547,70 € zu zahlen. Der Beklagte, der sich in einem weiteren Vergleich verpflichtet hatte, an den Kläger weitere 7.515,90 € zu zahlen, hat hingegen von dem ihm vorbehaltenen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht.
6
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 27.558,30 € verlangt hat, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten nach einer Reduzierung der Klageforderung zur Zahlung von 23.352,06 € Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Beklagte hafte dem Kläger aus positiver Vertragsverletzung (in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB) im Zusammenhang mit einem Anlageberatungs - oder Anlagevermittlungsvertrag. Kapitalanlagevermittler seien unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genössen, verpflichtet, das Konzept der Anlage, die sie empfehlen wollten und bezüglich derer sie Auskunft erteilen sollten, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, selbst zu prüfen. Verfüge der Anlagevermittler nicht über objektive eigene Kenntnisse, etwa weil er eigene Informationen nicht eingeholt oder keine Prüfungsmöglichkeit gehabt habe, so dass er sich bei seiner Empfehlung ausschließlich auf nicht überprüfte Informationen des Kapitalsuchenden stütze, müsse er dies dem Interessenten offen legen. Der Beklagte habe eine Plausibilitätsprüfung unterlassen. Er habe sich vielmehr auf die Angaben im Emissionsprospekt einschließlich der darin enthaltenen unzutreffenden Ertragsberechnungen verlassen, dies dem Kläger jedoch nicht offenbart. Was eine Plausibilitätsprüfung ergeben hätte, könne offen bleiben. Die bestehenden Mitteilungspflichten habe der Beklagte jedenfalls fahrlässig verletzt. Die schuldhafte Pflichtverletzung sei auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers geworden. Soweit der Beklagte behaupte, der Kläger hätte die Anlage auch dann gezeichnet, wenn er ihn auf sämtliche geltend gemachten Prospektmängel hingewiesen hätte und sich der Beklagte insoweit auf das Zeugnis des Steuerberaters des Klägers berufe, sei dies kein geeigneter Beweisantritt. Es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken in den Windpark O. zu investieren. Der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert , die Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen. Diesem habe erkennbar keine Gesamtwirkung im Verhältnis zum Beklagten zukommen sollen. Eine endgültige Regelung habe nur im Verhältnis der Parteien eintreten sollen, die an der Bereinigung mitgewirkt hätten.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die vorstehenden Erwägungen rechtfertigen noch nicht die Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz an den Kläger.

10
1. Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass der Beklagte zumindest als Anlagevermittler tätig geworden ist. Dies nimmt auch die Revision hin.
11
2. a) Als Anlagevermittler schuldete der Beklagte dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (z.B.: BGHZ 158, 110, 116; Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 8 jew. m.w.N.). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - WM 2005, 1219, 1220 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - WM 2000, 426, 427; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 - III ZR 230/07 - juris Rn. 5). Unterlässt er diese Prüfung, muss der Anlagevermittler den Interessenten hierauf hinweisen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 und vom 13. Januar 2000 jew. aaO).
12
der In Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Interessenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Interessenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B.: Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO, Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 - WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Vertreibt der Vermittler , wie hier, die Anlage anhand eines Prospekts, muss er aber, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen , soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - NJW-RR 2007, 925 Rn. 4; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Ist die Plausibilitätsprüfung des Prospekts unterblieben , hat der Anlagevermittler den Interessenten hierauf ebenfalls hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2007 aaO, S. 1693 Rn. 14 und vom 12. Mai 2005; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 jew. aaO).
13
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ der Beklagte schuldhaft sowohl die Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospekts für den Windpark O. als auch die Aufklärung des Klägers über diesen Umstand. Damit verstieß er zwar gegen seine aus dem Vertrag mit dem Kläger folgenden Pflichten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt dies jedoch noch nicht, um eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen. Der Schutzzweck der Prüfungs- beziehungsweise Offenbarungspflicht des Anlagevermittlers ist nicht betroffen, wenn der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07 - NJW 2008, 3700, 3701, Rn. 14). Hiernach ist jeweils festzustellen, ob eine (hypothetische) Untersuchung des Prospekts auf Plausibilität durch den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. Hierzu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Dies ist nachzuholen, da der Kläger mehrere Prospektmängel vorgetragen hat.
14
c) Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass der Emissionsprospekt fehlerhaft war, stellt sich die weitere Frage, ob der Beklagte die Mängel bei einer Plausibilitätsprüfung hätte erkennen müssen. Insoweit obliegt ihm die Darlegungs - und Beweislast, da er die gebotene Prüfung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ und er damit seine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzte. Will er einwenden, die (etwaigen) Fehler des Prospekts seien für ihn auch bei der hypothetischen Plausibilitätsprüfung nicht zu entdecken gewesen, ist dies nicht mehr ein Problem des Schutzzwecks der Prüfungs- und Offenbarungspflicht, da dieser gerade bei Vorliegen von Prospektmängeln eingreift. Vielmehr würde der Beklagte den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben. Für dessen tatsächliche Voraussetzungen ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der ihn geltend macht (z.B.: BGHZ 29, 176, 187; BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - NJW 1993, 520, 521 m.w.N.)
15
Hinsichtlich der von der Revision aufgeworfenen Frage, ob sich die Prüfungspflicht des Beklagten auch auf das den Energieertragsberechnungen im Prospekt zugrunde liegende Windgutachten erstreckte, weist der Senat für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Die Plausibilitätsprüfung kann auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach der vorauszusetzenden Kenntnis des Anlagevermittlers Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Andererseits dürfen an die Pflichten eines Anlagevermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (vgl. Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 aaO; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Wo die Grenzen einer Prüfungspflicht im Einzelfall zu ziehen sind, hängt weit gehend davon ab, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt (Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
16
Für die Beurteilung der Streitsache wird insoweit zu berücksichtigen sein, dass sich der Beklagte speziell als Vermittler von "Beteiligungen an Windparks" bezeichnete. In solchen Fällen erwartet der Anleger regelmäßig nicht nur allgemeine wirtschaftliche Kenntnisse des Vermittlers, sondern weitergehendes, auch technisches Wissen im Zusammenhang mit diesem besonderen Wirtschaftszweig , zumal die Rentabilität der Anlage entscheidend von den technisch -meteorologischen Vorbedingungen abhängt. Einer etwaigen Überforderung kann der Vermittler ohne weiteres dadurch begegnen, dass er wahrheitsgemäß unzureichende Kenntnisse offen legt (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
17
Der Anleger wird deshalb regelmäßig erwarten können, dass der spezialisierte Anlagevermittler die Plausibilität der Prospektangaben über die zu erwartende Windausbeute überprüft. Dabei wird der Vermittler, wenn ihm nicht andere gleichwertige Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen, die Prospektangaben mit den Ergebnissen der ihnen zugrunde liegenden Windgutachten abzugleichen haben. Ob er darüber hinaus verpflichtet ist, die Schlüssigkeit des Windgutachtens selbst zu überprüfen, hängt davon ab, welche Anforderungen dies stellt und welche Qualifikation der Anlagevermittler für sich in Anspruch genommen hat. Sofern der Vermittler sich nicht einer entsprechenden Ausbildung berühmt, kann von ihm regelmäßig nicht erwartet werden, dass er eine umfassende Überprüfung des Windgutachtens vornimmt, wenn und soweit dies ein meteorologisches oder sonstiges naturwissenschaftliches Studium voraussetzt. Die - wie der Senat nicht verkennt, schwierige - Abgrenzung zwischen den Wissensanforderungen, die an einen auf die Vermittlung von Beteiligungen an Windparks spezialisierten Anlagevermittler zu stellen sind, und den weitergehenden Kenntnissen, die der Anleger bei einem Vermittler ohne naturwissenschaftliche Ausbildung nicht mehr erwarten kann, obliegt im wesentlichen dem Tatrichter. Gleiches gilt für die Beurteilung, ob die Überprüfung der dem Emissionsprospekt zugrunde liegenden Windgutachten eine wissenschaftliche Ausbildung erfordert.
18
3. Weiterhin ist für das neue Verfahren vor dem Berufungsgericht auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen.
19
a) Die Rüge der Revision, die Vorinstanz habe die Vernehmung des als Zeugen angebotenen Steuerberaters des Klägers O. zu Unrecht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG abgelehnt, ist unbegründet. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung den Steuerberater als Zeugen für die Behauptungen angeboten, für den Kläger habe Ende 2001 keine steuerlich vernünftige Alternative zur Anlage der 50.000 € in dem Windparkprojekt O. bestanden , und der Kläger hätte sich deshalb auch bei einer Aufklärung über die von ihm nunmehr geltend gemachten Risiken zu der Beteiligung entschlossen. Das Berufungsgericht hat die Zeugenvernehmung des Steuerberaters mit der Begründung abgelehnt, es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken der Anlage in den Windpark O. zu investieren. Der Beklagte habe nicht behauptet, der Kläger habe gegenüber seinem Steuerberater erklärt, er wolle die ihm vorgeschlagene Beteiligung unabhängig von den wirtschaftlichen Gefahren aus steuerlichen Gründen in jedem Fall eingehen. Über die steuerlichen Auswirkungen der Beteiligung an dem Windpark O. für den Kläger sei der Steuerberater nicht zu vernehmen , da das Interesse des Klägers an einer steuergünstigen Anlage nach der Lebenserfahrung allein noch nicht besage, dass es ihm ansonsten gleichgültig gewesen sei, wie es um die Rentabilität und die Sicherheit der Beteiligung bestellt gewesen sei.
20
Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein substantiierter Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen setzt zwar, wie der Revision zuzugestehen ist, nicht voraus, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen hat (Senatsbeschluss vom 1. August 2007 - III ZR 35/07 - juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87 - NJW-RR 1988, 1529). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht allerdings , wenn ein Zeuge über innere Vorgänge einer anderen Person vernommen werden soll, da solche Tatsachen einer direkten Wahrnehmung durch Dritte entzogen sind. In einem solchen Fall kann der Zeuge nur äußere Umstände bekunden, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen. Es handelt sich deshalb um einen Indizienbeweis, bei dem der Richter vor der Beweiserhebung prüfen darf und muss, ob der Beweisantritt schlüssig ist (z.B.: Senat aaO; BGH, Urteile vom 30. April 1992 - VII ZR 78/91 - NJW 1992, 2489 und vom 13. Juli 1988 aaO).
21
Der vom Beklagten behauptete Entschluss des Klägers, die Beteiligung an dem Windpark O. unabhängig von den wirtschaftlichen Risiken der Anlage einzugehen, ist eine innere Tatsache, die lediglich einem Indizienbeweis zugänglich ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht herausgestellt, dass der Beklagte eine entsprechende Äußerung des Klägers gegenüber seinem Steu- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=286 - 12 - erberater, die ein starkes Indiz für die vorgebrachte Haupttatsache gewesen wäre, nicht behauptet hat. Soweit das Berufungsgericht weiter ausgeführt hat, aus dem Umstand, dass die Beteiligung an dem Windpark O. die einzige realistische noch in Betracht kommende, steuerlich vernünftige Anlage gewesen sei, lasse sich nicht schließen, dass der Kläger diese ungeachtet der wirtschaftlichen Risiken vorgenommen hätte, handelt es sich um die Würdigung der Aussagekraft einer vom Beklagten vorgebrachten - in das Wissen des Steuerberaters gestellten - Hilfstatsache. Bei einem auf Indizien gestützten Beweis ist der Tatrichter grundsätzlich frei, welche Aussagekraft er den Hilfstatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03 - NJW 2004, 3423, 3424). Revisionsrechtlich ist seine Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nur darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat (z.B.: BGH, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - NJW-RR 2005, 558 m.w.N. und vom 13. Juli 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 - III ZR 163/07 - NJW 2008, 651, 652 Rn. 24). Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs sind die Ausführungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Ihre Würdigung ist möglich, widerspruchsfrei , nachvollziehbar und lässt keine in dem Rechtsstreit vorgebrachten Tatsachen außer Acht (vgl. im Übrigen auch Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - WM 2006, 668, 671).
22
b) Unbegründet ist weiterhin die Rüge der Revision, der Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert, seine Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen, liege ein falsches Verständnis des Sachverhalts zugrunde. Die Revision bemängelt, anders als das Berufungsgericht meine, habe eine "Privilegierung" des Beklagten in der Weise, dass er wegen des Vergleichs nur in Höhe von 15 % der Schadenssumme hafte , nicht in Rede gestanden. Vielmehr habe der Beklagte einen Erlass in Höhe von lediglich 40 % der ursprünglichen Klagesumme durch den Vergleichsabschluss behauptet. Die Darstellung der Revision und der Sachverhalt, von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist, widersprechen einander nicht. Nach dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts Osnabrück, der von den Prospektverantwortlichen angenommen worden ist, sollten die Anleger insgesamt 60 % ihrer Investitionen zurückerstattet erhalten. Hiervon sollten, soweit Anlagevermittler eingeschaltet waren, diese 15 Prozentpunkte übernehmen und die Prospektverantwortlichen 45 Prozentpunkte (Protokoll der Sitzung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 29. Mai 2006, S. 173 der Gerichtsakten). Durch den Vergleich sollten demnach den seinerzeitigen Beklagten 40 % der gegen sie gerichteten Forderungen "erlassen" werden. Von den verbleibenden 60 % sollte der hiesige Beklagte als Anlagevermittler 15 Prozentpunkte tragen.
23
c) Soweit die Revision unter Hinweis auf andere oberlandesgerichtliche Entscheidungen (OLG Dresden BauR 2005, 1954, 1955; OLG Hamm [11. Zivilsenat ] NJW-RR 1998, 486, 487; OLG Hamm [2. Zivilsenat] BauR 1997, 1056) die Auslegung des Vergleichs durch das Berufungsgericht beanstandet, nach der die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht begrenzt werden, ist folgendes anzumerken: Welche Wirkungen ein Vergleich mit einem Gesamtschuldner auch im Verhältnis zu anderen, nicht an ihm beteiligten Gesamtschuldnern hat, ist eine Frage der Interpretation im Einzelfall (OLG Hamm jeweils aaO), die als Auslegung eines Individualvertrags dem Tatrichter obliegt. Revisionsrechtlich relevante Fehler bei der Auslegung des vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleichs durch das Berufungsgericht sind nicht ersichtlich.
24
3. In dem neuen Verfahren wird sich der 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts , an den der Senat die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwiesen hat, auch mit den weiteren Beanstandungen der Revision zu befassen haben, auf die einzugehen im derzeitigen Verfahrensstadium kein Anlass besteht.
Schlick Herrmann Hucke
Seiters Schilling
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 22.01.2007 - 15 O 477/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2007 - 4 U 30/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 413/04
Verkündet am:
12. Mai 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages kann es genügen,
wenn der Anleger den Anlagevermittler um einen Beratungstermin bittet
und der Anlagevermittler dann Angaben zu der fraglichen Anlage macht.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Nach Gesprächen mit dem Beklagten beteiligte sich die Kl ägerin unter anderem mit Anträgen vom 27. April 1992, 3. September 1993 und 8. April 1994 an BGB-Gesellschaften, die von der P. C. GmbH als alleiniger Geschäftsführerin und Vertreterin geführt wurden. Hierauf zahlte sie an den Treuhänder der BGB-Gesellschaften "P. C. GbR …" - einschließlich einer 10 %igen Abschlußgebühr, die der P. C. GmbH zufließen sollte - insgesamt 57.900 DM (= 29.603,80 €).
Der Beklagte hatte der Klägerin erklärt, 91 % ihrer Anlage beiP. C. seien abgesichert und es seien Renditen zwischen 0,4 % und 2 % p.m. zu erwarten. Nach dem prospektierten Anlagekonzept waren Arbitrage-Geschäfte mit Triple A-Staatsanleihen geplant.
DieP. C. GmbH geriet 1995 in Vermöge nsverfall; über ihr Vermögen wurde das Konkursverfahren eröffnet. Es stellte sich heraus, daß sie nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil er Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler obgelegen hätten, schlecht erfüllt habe. Der Beklagte schulde ihr daher Erstattung der Aufwendungen, die ihr durch die Beteiligung an dem Anlagemodell der P. C. GmbH entstanden seien. Ihre Anspruchsberechtigung werde nicht dadurch infrage gestellt , daß sie später ihre Ansprüche gegen die P. C. GmbH und deren Geschäftsführer G. , gegen den Notar W. , die FT C. GmbH, den Kaufmann K. , den Kaufmann M. -B. "sowie weitere(r) in Betracht kommende(r) Firmen und Personen" an den Beklagten als Vorsitzenden des Vereins der P. C. Geschädigten e.V. abgetreten habe.
Das Landgericht hat der Klägerin - unter Berücksichtigun g, daß sie von P. C. angebliche Renditezahlungen erhielt - 17.920,60 € nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren, die Klage vollständig abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die mit dem V erein derP. C. Geschädigten e.V. getroffene Abtretungsvereinbarung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG, § 134 BGB unwirksam sei.
Der Beklagte und nicht eine durch diesen vertretene C. GmbH habe der Klägerin die Anlage bei P. C. vermittelt. Im Zuge der Anlagevermittlung sei zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Seiner Auskunftspflicht habe der Beklagte indes nicht genügt. Das Anlagekonzept von P. C. sei fragwürdig gewesen. Nach dem Prospekt habe eine konservative Anlagestrategie, nämlich Arbitrage-Geschäfte mit Triple A-Staatsanleihen , verfolgt werden sollen. Der Beklagte habe sich bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung fragen und diese Zweifel der Klägerin offenbaren müssen, wie mit solchen weitgehend risikolosen Geschäften dauerhaft Renditen zwischen 4,8 % und 24 % p.a. erzielt werden könnten. Denn andere - spekulativ einsetzbare - Anlagegelder als diejenigen, mit denen der Erwerb der amerikanischen Staatsanleihen hätte finanziert werden sollen, hätten nicht zur Verfügung gestanden.

II.


Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersa tzanspruch in Höhe des zuerkannten Betrages zu.
1. Die Klägerin ist anspruchsberechtigt. Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, umfaßt die vorgerichtliche Abtretung die Schadensersatzforderung der Klägerin gegen den Beklagten nicht. Die von der Klägerin und dem Beklagten als Vorstand des Vereins derP. C. Geschädigten e.V. getroffene "Abtretungsvereinbarung" - die der Senat selbst auslegen kann, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind - nennt als Anspruchsgegner namentlich die P. C. GmbH und deren Geschäftsführer, eine FT C. GmbH, den an dem Anlagemodell beteiligten Notar und zwei Kaufleute , nicht jedoch den Beklagten. Es ist auch auszuschließen, daß die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten unter der Sammelbezeichnung "Ansprüche gegen … weitere(r) in Betracht kommende(r) Firmen und Personen" hat abtreten wollen. Denn ihre Abtretungserklärung richtete sich gerade an den Beklagten als "(Zessionar) Vereinsvorsitzender Verein P. C. Geschädigter e.V.".
2. Die Klägerin kann von dem Beklagten Schadensersatz beanspruchen, weil er einen mit ihr geschlossenen Auskunftsvertrag schuldhaft verletzt hat.

a) Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem A nlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß
er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 356 und vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690).

b) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenomme n, zwischen den Parteien sei ein Auskunftsvertrag im vorbeschriebenen Sinn zustande gekommen. Das wird von den im Berufungsurteil in Bezug genommenen und insoweit unstreitigen Feststellungen des Landgerichts getragen. Danach erfuhr die Klägerin von P. C. , als der Beklagte ihrem Sohn dieses Anlagemodell in dessen Wohnung vorstellte. Sie vereinbarte damals einen Beratungstermin mit dem Beklagten, bei dem dieser das Beteiligungskonzept erörterte und die hohe Rendite aufzeigte.
aa) Die Revision wendet gegen die Annahme einer vertr aglichen Auskunftspflicht ein, nach dem Vorbringen des Beklagten sei die Klägerin schon vor ihrer ersten Zeichnung fest entschlossen gewesen, sich bei P. C. zu beteiligen. Sie habe es nämlich abgelehnt, eine detaillierte Vermögensberatung entgegenzunehmen, und immer nur die Kapitalanlage P. C. gewünscht. Von anderen, ihr vom Beklagten angebotenen Kapitalanlagen habe sie nichts wissen wollen. Diese Umstände stellen die Würdigung des Berufungsgerichts indes nicht durchgreifend in Frage (§ 286 ZPO).
Die Klägerin mag das Anlagemodell P. C. als für sie attraktiv angesehen haben, nachdem sie es bei Gelegenheit eines Werbegesprächs des Beklagten mit ihrem Sohn kennengelernt hatte. Sie wünschte aber dennoch einen eigenen Beratungstermin. Das durfte das Berufungsgericht dahin verstehen, daß die Klägerin von dem als sachkundig eingeschätzten Beklagten dann eine verbindliche Auskunft zur Anlage beiP. C. erwartete. Ließ sich der Beklagte - wie geschehen - auf ein solches Ersuchen ein, ist der Auskunftsvertrag zustande gekommen.
bb) Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellung d es Berufungsgerichts an, der durch die Anlagevermittlung begründete Auskunftsvertrag sei mit dem Beklagten und nicht mit der C. GmbH zustande gekommen. Die - bestrittene - Behauptung des Beklagten, er habe sich der Klägerin ausdrücklich als Vertreter der C. GmbH vorgestellt, blieb beweislos. Die vom Beklagten verwandten formularmäßigen Beteiligungsanträge enthielten teilweise den Stempel derA. GmbH - die hier nicht im Spiel ist -, aber keinen Hinweis auf die C. GmbH. Daß der Beklagte für die C. GmbH auftreten wollte, konnte sich deshalb nicht schon daraus ergeben, daß er in dem Antragsformular seinen Namen in die Spalte "Der Antrag wird eingereicht von Mitarbeiter Nr. 771 Namen des Mitarbeiters: …" eintrug. Zwar hatte die Klägerin jedenfalls nach dem Vorbringen des Beklagten noch ihre persönlichen Daten in dem ihr von dem Beklagten vorgelegten "Leitfaden" der C. GmbH, in dem es eingangs unter anderem hieß "Gehen Sie ihn gemeinsam mit Ihrem C. FINANZBERATER", vermerkt. Dem durfte das Berufungsgericht aber, weil sich die C. -Vermögensanalyse nicht konkret auf die hier maßgeblichen Anlagegeschäfte bezog, geringeres Gewicht beimessen (§ 286 ZPO) als den Beteiligungsanträgen. Letztere nannten, wie schon erwähnt, die C. GmbH nicht; sie
boten damit aus Sicht der Klägerin keinen Anhalt dafür, daß die Anlagevermittlung nicht durch den tatsächlich tätigen Beklagten, sondern durch eine C. GmbH erfolgt sein könnte.
Ob die Klägerin jedenfalls bei Zeichnung des letzten B eteiligungsantrags vom Dezember 1994 oder Januar 1995 wußte, daß der Beklagte als "Mitarbeiter" der C. GmbH handelte, ist unerheblich. Denn die Vorinstanzen haben dem Beklagten ohnehin die Vermittlung dieses Beteiligungsvertrages nicht zugerechnet.

c) Frei von Rechtsfehlern ist weiter die Würdigung des B erufungsgerichts , der Beklagte habe den mit der Klägerin geschlossenen Auskunftsvertrag schuldhaft verletzt.
aa) Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet, das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen. Sonst können sie keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Fehlende Sachkunde muß der Anlagevermittler dem Vertragspartner offenlegen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO S. 356).
bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgeg angen. Es hat den Beklagten auch zu Recht nicht deshalb der Plausibilitätsprüfung als enthoben angesehen, weil sich aus Prüfvermerken von Wirtschaftsprüfern ergab , daß der Geschäftsablauf, insbesondere der Mittelzufluß und die Mittelverwendung , nach den vertraglichen Vereinbarungen erfolgt sei; den Beklagten entlastete ferner nicht der Informationsbrief von "kapital-markt intern" vom
22. Mai 1992, wonach P. C. als "seriöser als zahlreiche Vergleichsofferten" angesehen wurde. Diese Unterlagen besagten erkennbar nichts darüber , ob das Anlagekonzept von P. C. tragfähig und die von dem Beklagten in Aussicht gestellte Rendite von 4,8 % bis 24 % p.a. realistisch war (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO).
cc) Bei mithin gebotener Plausibilitätsprüfung hätte d em Beklagten die Fragwürdigkeit des Anlagekonzepts von P. C. auffallen müssen. Die von dem Beklagten erwartete Rendite von bis zu 24 % p.a. konnte mit der von P. C. prospektierten Anlagestrategie schwerlich erzielt werden.
Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, daß im Prospekt n icht spekulative , sondern weitgehend risikolose Geschäfte konservativen Charakters angekündigt wurden. Gegen diese Feststellung wendet sich die Revision vergeblich. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe Vortrag des Beklagten übergangen (§ 286 ZPO), demzufolge das Anlagekapital zu 100 % habe spekulativ arbeiten sollen; es hätten TED-Spread- und NOB-Spread-Tradings geschlossen werden sollen, bei denen sehr hohe Renditen gewunken hätten.
Die Rüge ist unbegründet. Nach dem - von dem Beklagten beispielhaft vorgelegten - Prospekt waren TED-Spread- und NOB-Spread-Geschäfte, die nach der Behauptung des Beklagten Spekulation waren, zugleich aber außerordentliche Gewinnchancen boten, gerade nicht geplant; sie wurden "zur Zeit nicht angeboten" (S. 10 des Prospekts). Vielmehr sollte laut Prospekt Staatsanleihen -Arbitrage-Handel mit Triple A-Staatsanleihen, also mit Wertpapieren höchster Bonität, betrieben werden. Die Arbitrage war laut Prospekt von Spekulationsgeschäften zu unterscheiden. Es handele sich um ein Geschäft, das
Preisunterschiede für dasselbe Objekt an verschiedenen Märkten - vor allem Börsen - zur Gewinnerzielung ausnutze. Voraussetzung sei eine schnelle Nachrichtenübermittlung sowie eine Kursdifferenz, die höher sei als die anfallenden Kosten. Da per Arbitrage nur örtliche Kursdifferenzen ausgenutzt würden , sei sie theoretisch risikolos. Die Triple A-Staatsanleihen würden ausschließlich von der "Summe der einzelnen monatlichen Beträge der GbR" von der Broker-Gesellschaft geordert und dem Gesamtpool zugeführt (S. 10 des Prospekts). Diesen Prospektangaben durfte das Berufungsgericht durchaus entnehmen, P. C. habe - zumindest für einen wesentlichen Teil der Anlagegelder - eine konservative, "theoretisch risikolose" Anlagestrategie angekündigt. Damit war aber, wie auf der Hand liegt und die Revision nicht bezweifelt , eine Rendite zwischen 4,8 % und 24 % p.a. nicht zu erzielen. Auf die Frage, wie die weiter prospektierte "91 %ige Kapitalsicherheit" (vgl. S. 5, 6, 7, 11, 13, 18 des Prospekts) gewährleistet war, kam es nicht mehr an.
dd) Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Beruf ungsgerichts hat der Beklagte die vorbeschriebenen, im Zuge der Plausibilitätsprüfung gebotenen Überlegungen nicht angestellt. Hatte der Beklagte aber die Schlüssigkeit des prospektierten Anlagekonzepts nicht geprüft, dann hätte er auf die Erklärung , es seien Renditen in einer Größenordnung zwischen 4,8 % und 24 % jährlich zu erwarten, verzichten oder zumindest offenbaren müssen, daß es sich um eine rein subjektive Einschätzung handelte, die er ohne Prüfung des Anlagekonzepts abgebe (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO S. 357). Wenn der Beklagte Kraftfahrer war, keine gesonderte Ausbildung im Finanzdienstleistungssektor hatte und deshalb das Anlagekonzept nicht durchschauen konnte, hätte er dies gegenüber der Klägerin aufdecken oder von der Anlagevermittlung überhaupt Abstand nehmen müssen.

d) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Kausalität der Vertragsverletzung für den der Klägerin entstandenen Schaden bejaht und ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 62/99 Verkündet am:
13. Januar 2000
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
BGB § 675 Abs. 2 F.: 21. Juli 1999
Zur Haftung des Kapitalanlagevermittlers, der es unterläßt, das Anlagekonzept auf
wirtschaftliche Plausibilität hin zu prüfen (im Anschluß an Senatsurteil vom 13. Mai
1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114).
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Januar 1999 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 66.000 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 18. Juli 1997 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Beklagte vermittelte dem Kläger von der P. GmbH angebotene Kapitalanlagen. Nach Gesprächen mit dem Beklagten unterzeichnete der Kläger am 2. August 1993 einen Beteiligungsantrag über 30.000 DM zuzüglich einer Abschlußgebühr von 10 %, die der P. GmbH zufließen sollte. Nach Annahme des Antrages durch die P. GmbH zahlte der Kläger über einen Treuhänder 33.000 DM an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die von der P. GmbH als alleiniger Geschäftsführerin und Vertreterin geführt wurde.
Am 30. Januar 1994 und am 7. Oktober 1994 zeichnete der Kläger - wiederum durch Vermittlung des Beklagten - weitere Beteiligungen über 30.000 DM und 3.000 DM, jeweils zuzüglich Abschlußgebühr, und entrichtete die entsprechenden Beträge (33.000 DM sowie 3.300 DM) an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in der die P. GmbH die Gelder der Anleger sammelte.
Nach dem prospektierten Anlagekonzept sollten 91 % der Beteiligungssumme als Kapitalsicherheit in US-Staatsanleihen (Triple A-Papieren) angelegt , die restlichen 9 % sollten für Termingeschäfte verwandt werden. Die realisierten Erträge sollten zu je 50 % der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der P. GmbH zustehen.
Die P. GmbH geriet 1995 in Vermögensverfall; über ihr Vermögen wurde das Konkursverfahren eröffnet. Es stellte sich heraus, daß sie nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler obgelegen hätten,
schlecht erfüllt habe. Der Beklagte schulde ihm daher in Höhe von insgesamt 69.300 DM Erstattung der Aufwendungen, die ihm durch die Beteiligung an dem Anlagemodell der P. GmbH entstanden seien. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist überwiegend begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Zwischen dem Kläger und dem die Kapitalanlage vermittelnden Beklagten sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Den Beklagten habe die Verpflichtung getroffen, sich über das Kapitalanlagesystem der P. GmbH zu informieren, den Kläger auf Besonderheiten hinzuweisen und eventuelle Informationslücken zu offenbaren. Hätte der Beklagte den Prospekt der P. GmbH kritisch auf innere Schlüssigkeit untersucht, hätte ihm auffallen können, daß das im Prospekt beschriebene Konzept zumindest fragwürdig erscheine. Zu den Informationspflichten eines Kapitalanlagevermittlers habe es ferner gehört, bei Anlageobjekten auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt die einschlägi-
gen Informationsdienste und die von der Verbraucherzentrale B. herausgegebene Liste der unseriösen Geldanlageangebote auszuwerten. Das habe der Beklagte unterlassen.
In dem Verhalten des Beklagten könne aber letztlich ein Verstoß gegen die von ihm zu fordernde Sorgfalt nicht gesehen werden. Der Beklagte habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, daß die der Beschreibung im Prospekt und den kritischen Anmerkungen in der Fachpresse zu entnehmenden Bedenken ausgeräumt seien. Denn eine Vielzahl von als Rechtsanwalt, Notar, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater tätigen Personen habe sich mit der P. GmbH befaßt und ihre teils internen Informationen nicht zum Anlaß genommen, sich davon zu distanzieren. Es komme hinzu, daß die Kapitalanleger von 1989 bis 1993/1994 ordnungsgemäß bedient worden seien, der Beklagte selbst Geld bei der P. GmbH angelegt und gute Erfahrungen gemacht habe.

II.


Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß die Parteien stillschweigend einen Auskunftsvertrag geschlossen haben.
Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß er,
auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114 m.w.N.). Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen solchen stillschweigenden Vertragsschluß zwischen dem Kläger und dem Beklagten persönlich hat das Berufungsgericht festgestellt. Es hat den Beklagten auch rechtsfehlerfrei als bloßen Anlagevermittler, nicht als Anlageberater , angesehen und danach seine vertraglichen Pflichten im Rahmen des Auskunftsvertrages bestimmt. Die Revision teilt diesen Ausgangspunkt.
2. Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustande gekommene Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es - jedenfalls grundsätzlich - vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände kann der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muß er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO S. 1115 m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht ist im wesentlichen von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat den beklagten Kapitalanlagevermittler für verpflichtet gehalten, das Kapitalanlagekonzept anhand des hierzu zur Verfügung stehenden Prospekts auf innere Plausibilität zu überprüfen. Bei fehlender Plausibilität
müsse er Nachforschungen anstellen oder den Kapitalanlageinteressenten über Informationslücken unterrichten.
Der Auffassung des Berufungsgerichts ist beizutreten. Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet , das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen. Sonst können sie keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Fehlende Sachkunde muß der Anlagevermittler dem Vertragspartner offenlegen.

b) Die Plausibilitätsprüfung ist hier - wie die Revision mit Recht hervorhebt - unterblieben. Das stellt das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich im Tatbestand fest. Den Entscheidungsgründen ist aber zu entnehmen, daß es davon ausgeht, der Beklagte habe die Schlüssigkeit des Anlagekonzepts nicht geprüft. Denn es legt dar, was dem Beklagten hätte auffallen können, wenn er den Prospekt untersucht hätte. Der Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen , die Plausibilität einer Anlage bei der P. GmbH überprüft zu haben. Er hat sich vielmehr damit verteidigt, ihm seien diverse positive Auskünfte von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern bekannt gewesen. Anhaltspunkte dafür , daß es sich bei der P. GmbH möglicherweise um ein unseriöses Unternehmen handele, habe er nicht gehabt und deshalb selbst erheblich in das Anlagemodell der P. GmbH investiert.
Dieser Einwand schließt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - eine schuldhafte Verletzung des Auskunftsvertrages nicht aus.

c) Der Beklagte war der Plausibilitätsprüfung - und sich gegebenenfalls daran anschließender Ermittlungen - nur dann enthoben, wenn er bei pflichtgemäßer Prüfung der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen durfte,
bereits auf dieser Grundlage zuverlässig Auskunft zur Wirtschaftlichkeit und Sicherheit der Kapitalanlage bei der P. GmbH erteilen zu können. So lag der Fall hier jedoch nicht.
aa) Die von dem Beklagten geltend gemachte Einsichtnahme in den "positiven Prüfbericht" des Wirtschaftsprüfers W. vom 23. Februar 1993 bzw. 23. März 1994 konnte ebensowenig wie die Bestätigungsvermerke vom 24. Mai 1993 und 26. Oktober 1992 eine Plausibilitätsprüfung ersetzen (vgl. BGHZ 100, 117, 123). Der Wirtschaftsprüfer hatte die ordnungsgemäße Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf den Anderkonten des Treuhänders untersucht und festgestellt, daß der Geschäftsablauf bezüglich der finanziellen Abwicklung entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Für die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Anlagekonzepts gab dies erkennbar nichts her.
bb) Entsprechendes gilt für den Bericht des Rechtsanwalts und Notars B. vom 6. September 1991, der nach einer Überprüfung der Kapitalanlagesicherung zu dem Ergebnis gelangt war, die im Prospekt ausgewiesene "Kapitalsicherheit" über 91 % der Nettozeichnungshöhe werde tatsächlich gestellt. Das besagte nichts darüber, ob die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Beklagten erwartete Rendite von etwa 15 % realistisch war.
cc) Der Vermerk von Rechtsanwalt und Notar N. vom 28. Juli 1994 lag noch nicht vor, als die Parteien die Beteiligungsanträge des Klägers vom 2. August 1993 und 30. Januar 1994 besprachen; er hätte also höchstens Bedeutung für den letzten Beteiligungsantrag des Klägers vom 7. Oktober 1994 über 3.300 DM. Vor allem wurde durch den Vermerk von Rechtsanwalt und Notar N. weder die Sicherheit noch die Wirtschaftlichkeit einer Kapitalanlage bei der P. GmbH belegt; der Verfasser hatte ausdrücklich darauf hingewiesen,
daß es sich seiner Kenntnis entziehe, ob und wie die Absicherung der Einlage funktioniere. Zur Plausibilität der Renditeerwartungen hatte er überhaupt nicht Stellung genommen.
dd) Die Mitwirkung des Rechtsanwalts und Notars W. als Treuhänder mochte die Erwartung begründen, daß die Gelder der Anleger - solange sie in seiner Hand waren - ordnungsgemäß verwaltet wurden. Das bot aber keine Gewähr für die Wirtschaftlichkeit des Anlagekonzepts der P. GmbH.
ee) Das Berufungsgericht hat betont, daß der Beklagte selbst in Kapitalanlagen der P. GmbH investierte und dabei - zunächst - gute Erfahrungen machte. Deshalb durfte der Beklage eine Plausibilitätsprüfung jedoch nicht für entbehrlich halten. Die Tatsache, daß eine Kapitalanlage über eine gewisse Zeit sehr hoch rentiert - hier bis zu 1,915 % pro Monat - kann jedenfalls dann nicht als zuverlässiges Indiz für die Schlüssigkeit des Anlagekonzepts angesehen werden, wenn es um "konservative" Anlagen geht. Dazu muß aber das Anlagemodell der P. GmbH gerechnet werden; denn 91 % der Anlagegelder sollten in Triple A-Papiere fließen. Damit war eine solch hohe Rendite schwerlich zu erzielen.
ff) Nach dem festgestellten Sachverhalt lagen dem Beklagten mithin keine objektiven Informationen vor, die die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage bei der P. GmbH verläßlich belegt hätten. Solche lieferten weder die Berichte bzw. Vermerke des Wirtschaftsprüfers W. noch die der Rechtsanwälte und Notare N. und B. Sie ergaben sich auch nicht aus den eigenen Erfahrungen des Beklagten mit der P. GmbH. Der Prospekt und die "Monatlichen Informationen", die der Beklagte zur Grundlage für die Erläuterungen gegenüber dem Kläger nahm, beruhten auf den Angaben der P. GmbH und waren deshalb ohne objektiven Aussagewert (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO). Der Beklagte
hätte sich daher selbst sachkundig machen müssen, bevor er zum Anlagemodell der P. GmbH Auskunft gab. Insbesondere hätte er die wirtschaftliche Plausibilität dieser Kapitalbeteiligung prüfen müssen; bei pflichtgemäßer Prüfung - entsprechend den v om Berufungsgericht angestellten Überlegungen - wäre ihm die, oben schon angesprochene, Fragwürdigkeit einer angeblich im wesentlichen mit fest verzinslichen Staatsanleihen erwarteten Rendite von 15 % aufgefallen. Der Beklagte beging eine schuldhafte Verletzung des mit dem Kläger geschlossenen Auskunftsvertrages, indem er ihm die Anlage bei der P. GmbH anhand des Prospekts und der "Monatlichen Informationen" darlegte, ohne gleichzeitig zu offenbaren, daß es sich dabei im Grunde nur um Erklärungen der Geschäftsführung der P. GmbH handelte und er weder deren Schlüssigkeit geprüft noch sonstige objektive Informationen zur Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage hatte. Nicht erst im Rechtsstreit, sondern schon bei den Besprechungen , die zu den Beteiligungsanträgen des Klägers führten, hätte der Beklagte darlegen müssen, daß er "davon, welche Geschäfte die Firma P., ihr Geschäftsführer G. und die zahlreichen mitwirkenden weiteren Gesellschaften und Einzelpersonen mit dem Geld der Anleger, weit entfernt von seinem Einblickbereich , tätigten ... keine Ahnung" hatte. Darin hätte keine, vom Berufungsgericht befürchtete, Überschüttung mit Informationen gelegen.
3. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, offenlassen können, ob die im "Beteiligungsantrag" erklärte Haftungsfreistellung auch für den Beklagten gilt. Diese Frage ist in dem Sinne zu entscheiden, daß sich der Beklagte auf die Freistellungsklausel nicht berufen kann; denn es handelt sich dabei um eine den Vertragspartner unangemessen benachteiligende Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.
Der Kläger hatte in den an die P. GmbH gerichteten Beteiligungsanträgen jeweils formularmäßig bestätigt,
"f) die beteiligten Firmen (ebenso Vermittler) sowie deren gesetzlicher Vertreter von jeglicher Haftung freizustellen. Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sind davon ausgeschlossen ..."
Darin ist eine unzulässige Einschränkung der Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung einer sogenannten Kardinalpflicht zu sehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - VIII ZR 165/92 = BGHR AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2 Haftungsfreizeichnung 4). Die Haftungsfreistellung unterscheidet nämlich nicht zwischen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, umfaßt also bei einem Auskunftsvertrag, wie er hier zwischen den Parteien geschlossen wurde, auch die Auskunftsverpflichtung selbst. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages "steht und fällt" aber gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen freizeichnen.
4. Soweit der Kläger Erstattung der am 7. Oktober 1994 eingelegten 3.300 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 18. Juli 1997 fordert, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da sie zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Im übrigen ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

a) Wie oben (unter II. 2.c ff) ausgeführt, fällt dem Beklagten eine schuldhafte Verletzung des mit dem Kläger geschlossenen Auskunftsvertrages zur Last, weil er im Vermittlungsgespräch nicht offenlegte, daß er das Anlagekonzept der P. GmbH, dessen Fragwürdigkeit sich ihm schon im Blick auf die Höhe der angegebenen Rendite hätte aufdrängen müssen, weder auf Plausibilität hin geprüft noch sonstige objektive Informationen zur Wirtschaftlichkeit dieser Ka-
pitalanlage hatte. Wegen dieser positiven Vertragsverletzung ist der Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß die in einem wesentlichen Punkt unvollständige Auskunft ursächlich für die Beteiligungsentscheidung des unstreitig auf eine sichere , "garantierte" Anlage bedachten Klägers war (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97 = NJW 1998, 2898, 2899; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 = NJW 1995, 130, 132). In den Tatsacheninstanzen hat der Beklagte die Kausalität nicht in Zweifel gezogen. Zu Unrecht vermißt die Revisionserwiderung Vortrag des Klägers, daß er von der Beteiligung Abstand genommen hätte, wenn der Beklagte ihn auf das Ausstehen einer Plausibilitätsprüfung hingewiesen hätte. Die Darlegungs- und Beweislast lag bei dem Aufklärungspflichtigen, d.h. bei dem Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 = NJW 1992, 228, 231).

b) Der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell der P. GmbH nicht beteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 = NJW 1992, 228, 230). Erstattungsfähige Aufwendungen sind darum die vom Kläger im Zuge der Beteiligungsanträge vom 2. August 1993 und vom 30. Januar 1994 eingezahlten 66.000 DM.
Dagegen kann der Kläger nicht Ersatz der am 7. Oktober 1994 investierten weiteren 3.300 DM beanspruchen. Dabei handelte es sich nämlich um eine Renditezahlung aus der ersten Beteiligung an dem Anlagemodell der P. GmbH, die der Kläger durch Vermittlung des Beklagten sogleich wieder anlegte. Dieser Betrag kann nicht zu den Aufwendungen gerechnet werden, die dem Kläger erspart geblieben wären, wenn er die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte. Der Kläger hätte im Falle, daß er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt hätte, auch keine wiederanlagefähige Ausschüttung erlangt.
Weitere Abzüge muß sich der Kläger - vorbehaltlich der im folgenden angesprochenen Frage des Mitverschuldens - nicht gefallen lassen. Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe - über den unstreitigen Betrag von 3.300 DM hinaus - Renditezahlungen erhalten, ist unsubstantiiert.

c) Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen dazu getroffen, ob den Kläger ein Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft.
Zwar gibt derjenige, der einen Anlagevermittler als Sachkundigen hinzuzieht , zu erkennen, daß er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnisse hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so daß sein Vertrauen besonderen Schutz verdient. Dennoch kann unter besonderen Umständen der Einwand des Mitverschuldens begründet sein (vgl. Senatsurteil vom
13. Mai 1993 aaO). Anhaltspunkt hierfür könnte im Streitfall das Versprechen einer auch für Unkundige auffällig hohen Rendite sein. Insoweit wird das Berufungsgericht den Sachverhalt gegebenenfalls weiter aufklären und bewerten müssen.
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Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17.7.2012 (7 O 70/12) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Falschberatung.
Die Klägerin, die einen Fachhandel für Fotozubehör betreibt, unterhielt bei der Beklagten mehrere Versicherungsverträge, u.a. eine Inhaltsversicherung zum Neuwert. Versichert waren dabei die Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie der Warenbestand gegen Einbruchsdiebstahl und sonstige Risiken.
Am 16.9.2011 fand zwischen dem Geschäftsinhaber der Klägerin und dem Zeugen K, einen bei der Beklagten angestellten Außendienstmitarbeiter, ein Beratungsgespräch statt, in dessen Folge das Versicherungsvertragsverhältnis neu geordnet und für die Inhaltsversicherung die ursprünglich vereinbarte Versicherungssumme von 480.000 EUR auf 390.000 EUR reduziert wurde. Das nicht unterzeichnete Beratungsprotokoll mit Datum vom 7.9.2011 weist aus, dass "kein Beratungsbedarf zu mindestens einem Versicherungsthema" bestanden und der Kunde "die Umstellung/Bündelung der bisher bestehenden Versicherungsverträge in eine neue Unternehmenspolice" gewünscht habe. Als Grund für den erteilten Rat wird im Beratungsprotokoll "Einsparpotential" angegeben sowie, dass "keine abweichenden Kundenwünsche zur empfohlenen Versicherung/Absicherung" bestanden haben.
Aufgrund eines Einbruchs vom 6.10.2011 entstand der Klägerin ein Diebstahlschaden in Höhe von 129.437 EUR. Der Ersatzwert der versicherten Gegenstände zum Neuwert belief sich auf 686.940 EUR. Die Beklagte berief sich auf Unterversicherung und erstattete der Klägerin lediglich den Betrag von 80.834,53 EUR.
Die Klägerin hat behauptet, der Zeuge K habe die Versicherungssumme der Inhaltsversicherung unzutreffend ermittelt, indem er nach Vorlage der Buchführungsunterlagen statt der Anschaffungswerte der versicherten Gegenstände die deutlich geringeren Buchwerte zugrundegelegt habe. Der Zeuge habe auch nicht auf die Risiken einer Unterdeckung hingewiesen. Die Klägerin hat bestritten, dass von ihr bei dem Beratungsgespräch eine Absenkung der Versicherungssumme aus Kostengründen gewünscht worden sei. Sie hat die Auffassung vertreten, der Zeuge K habe bei Neuordnung des Versicherungsverhältnisses gegen seine Bedarfsermittlungs- und Beratungspflicht verstoßen, was der Beklagten zuzurechnen sei.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.602,47 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.03.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Die Beklagte hat bestritten, dass der Zeuge K die Versicherungssumme selbst ermittelt habe und ihm bei dem Beratungsgespräch Unterlagen zu den Warenwerten vorgelegt worden seien. Die Versicherungssumme sei vielmehr vom Inhaber der Klägerin selbst errechnet und von ihm eine Reduzierung gewünscht worden. Der Zeuge K habe auf die Gefahr einer Unterversicherung und die Maßgeblichkeit der Neuwerte hingewiesen. Der Versicherungsvertrag sei nach entsprechender Belehrung auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin mit dem vorliegenden Inhalt zustande gekommen. Im Übrigen hätte auch nach dem ursprünglichen Versicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von 480.000 EUR eine Unterversicherung bestanden. Der Klägerin seien bereits Schadensersatzzahlungen vom Hersteller der zur Einbruchsicherung verwendeten Alarmanlage zugeflossen, die sie sich auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsse.
11 
Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme mit Urteil vom 17.7.2012, auf das wegen der weiteren Feststellungen verwiesen wird, der Klage teilweise in Höhe von 36.451,85 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VVG wegen Falschberatung zustehe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Beklagte die ihr obliegende Bedarfsermittlungspflicht schuldhaft verletzt habe. Zwar beschränke sich diese auf eine Fragepflicht. Der Zeuge K habe aber in jedem Fall deutlich machen müssen, dass der Neuwert der versicherten Gegenstände für die Ermittlung der Versicherungssumme maßgeblich sei. Aufgrund der unzureichenden Dokumentation des Beratungsgesprächs spreche für die Verletzung dieser Pflichten eine tatsächliche Vermutung, die die Beklagte nicht widerlegt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Beklagten nicht der Nachweis gelungen, der Inhaber der Klägerin habe die reduzierte Versicherungssumme zum Neuwert selbst errechnet bzw. nach Belehrung über die Risiken ausdrücklich gewünscht. Im Gegensatz zum Inhaber der Klägerin habe der Zeuge K zum Zustandekommen des Betrages der reduzierten Versicherungssumme keine Angaben machen und auch keinen anderen nachvollziehbaren Grund für die angeblich gewünschte Reduktion der Versicherungssumme benennen können. Zwar sei davon auszugehen, dass der Inhaber der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt erwogen habe, seinen Geschäftsbetrieb zu verkleinern. Dabei sei aber unklar geblieben, wie sich dies auf die Versicherungssumme habe auswirken sollen. Gleiche Erwägung gelte auch für die vom Zeugen K benannten Umsatzrückgänge. Ausgehend von einem entstandenen Schaden von 48.602,47 EUR habe sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen zu lassen, das in Höhe von ¼ zu bewerten sei. Bei dem Geschäftsinhaber der Klägerin handele es sich um einen Geschäftsmann, der bereits zuvor Versicherungsverträge abgeschlossen habe. Die Versicherung zum Neuwert sei zudem allgemein bekannt, bestehe ebenso bei der Hausratversicherung. Da sich aus den Unterlagen der Klägerin ohne weiteres ergeben habe, dass die Versicherungssumme deutlich hinter den Neuwerten der versicherten Gegenstände zurückbleibe, habe auch die Klägerin Veranlassung gehabt, die Versicherungssumme zu überprüfen. Den Zufluss von sonstigen Schadensersatzzahlungen habe die Beklagte nicht nachgewiesen.
12 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte behauptet, es habe weder ein produktbezogener noch ein auf die Person der Versicherungsnehmerin bezogener Beratungsanlass bestanden. Dem Inhaber der Klägerin sei schon zuvor das Risiko einer Unterversicherung und die Maßgeblichkeit des Neuwerts zur Ermittlung der Versicherungssumme bekannt gewesen. Die vom Landgericht zur Begründung eines Mitverschuldens herangezogenen Erwägungen seien schon beim Beratungsanlass zu berücksichtigen mit der Folge, dass aufgrund eigener Sachkunde des Versicherungsnehmers ein Beratungsanlass entfalle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Zeuge K seiner Fragepflicht nachgekommen sei, auf die sich die Bedarfsermittlung beschränke. Ohne tatsächliche Anhaltspunkte sei das Gericht den Angaben des Inhabers der Klägerin gefolgt, der Zeuge K habe fälschlicherweise die Buchwerte übernommen. Dies sei schon angesichts der langjährigen Berufserfahrung des Zeugen nicht naheliegend. Nicht ausreichend berücksichtigt habe das Landgericht, dass der Zeuge K ein Provisionsinteresse an einer möglichst hohen Versicherungssumme habe, so dass davon auszugehen sei, dass auch der Zeuge K den Inhaber der Klägerin intensiv über die Gefahren einer Unterversicherung aufgeklärt habe, um einen möglichst hohen Abschluss zu erreichen. Ausgehend davon hätte das Landgericht daher den Angaben des Zeugen K folgen müssen. Selbst bei einer Pflichtverletzung des Zeugen bei Ermittlung der Versicherungssumme löse dies keine Schadensersatzpflicht aus, da § 6 VVG nach seinem Schutzzweck den Versicherungsnehmer lediglich vor gezielter Übervorteilung, nicht jedoch vor den Risiken einer unbewussten Falschberatung schützen wolle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei auch widerlegt, dass der Zeuge K selbst Einsicht in die Unterlagen genommen habe. Im Übrigen sei die unrichtige Ermittlung der Versicherungssumme darauf zurückzuführen, dass der Inhaber der Klägerin unzutreffende, da veraltete Werte für den Warenbestand genannt habe. Die Angaben des Geschäftsinhabers der Klägerin, der ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits habe und nicht zur Wahrheit ermahnt worden sei, seien daher nicht glaubhaft. Demgegenüber habe der belehrte Zeuge K die bereits erhaltene Provision zurückgezahlt und daher kein prozessuales Eigeninteresse. Der auch vom Zeugen T. erwähnte Umsatzrückgang und die beabsichtigte Aufgabe eines Fotostudios durch die Klägerin belege deren Interesse an einer Prämienreduzierung. Im Übrigen hätte dem Inhaber der Klägerin eine Falschberatung sofort auffallen müssen. Der Mitverschuldenseinwand sei aufgrund der falschen Wertangaben durch den Inhaber der Klägerin zu niedrig angesetzt worden.
13 
Die Beklagte beantragt:
14 
Unter Abänderung des am 17.07.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Karlsruhe, AZ: 7 O 70/12, wird die Klage abgewiesen.
15 
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt:
16 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
17 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
18 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist der Klägerin zum Schadensersatz in Höhe von 36.451,85 EUR verpflichtet, § 6 Abs. 5 VVG.
19 
1. Die Beklagte haftet der Klägerin wegen Verletzung ihrer nachvertraglichen Beratungspflichten (§ 6 Abs. 4 VVG) aus dem Versicherungsverhältnis.
20 
a. Die Reduzierung der Versicherungssumme im Rahmen der Neuordnung der Verträge stellte einen Beratungsanlass dar, der die Beklagte zur Bedarfsermittlung und Beratung verpflichtet hat.
21 
aa. Die nachvertragliche Beratungspflicht nach § 6 Abs. 4 VVG setzt ebenso wie die vorvertraglichen Pflichten nach § 6 Abs. 1 VVG einen Beratungsanlass voraus (OLG Saarbrücken VersR 2011, 1556; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 46; Armbrüster in MünchKomm, VVG, 2010, § 6 Rdnr. 219).
22 
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass den Versicherer nach Vertragsschluss keine Pflicht zu einer vorsorgenden Rechtsberatung darüber trifft, ob der vereinbarte Versicherungsschutz den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers weiter genügt (OLG Saarbrücken VersR 2011, 1556; Prölss, aaO, § 6 Rdnr. 46). Er muss nicht vorsorglich auf alle möglichen Auswirkungen von veränderten Umständen ohne konkreten Anlass – etwa einer Nachfrage des Versicherungsnehmers oder einer anstehenden Vertragsänderung – hinweisen (OLG Saarbrücken VersR 2011, 1556). Ein erkennbarer Beratungsanlass ist erst dann gegeben, wenn der Versicherer entweder aufgrund von Verhandlungen anlässlich von Vertragsänderungen oder allein aufgrund der Informationen, die er besitzt, inzwischen entstandene oder zu erwartende Deckungslücken erkennen kann (Prölss, aaO, § 6 Rdnr. 46).
23 
bb. Ein erkennbarer Beratungsanlass hat sich für den Zeugen K als Außendienstmitarbeiter der Beklagten anlässlich des auf seine Initiative zustande gekommenen Beratungsgesprächs vom 16.9.2011 zur Neuordnung der bestehenden Versicherungen ergeben. Nachdem im Verlauf des Beratungsgesprächs nicht lediglich die Optimierung der Verträge, sondern auch eine Reduzierung der Versicherungssumme thematisiert worden ist, stellte dies in Anbetracht des damit einhergehenden Risikos einer möglichen Unterdeckung einen die Bedarfsermittlungs- und Beratungspflichten nach § 6 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 VVG auslösenden Beratungsanlass dar.
24 
b. Dass ein Beratungsanlass aufgrund besonderer Kenntnisse der Versicherungsnehmerin nicht gegeben war, hat die Beklagte nicht dargelegt.
25 
Zwar kann im Hinblick auf weit verbreitete Grundkenntnisse, die von dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer bezogen auf den von ihm nachgefragten Versicherungstyp erwartet werden können, schon das Bestehen von Informationspflichten und damit ein Beratungsanlass verneint werden (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 20). Davon ist bei der im Streitfall gegebenen Inhaltsversicherung zum Neuwert, die die Bewertung von Betriebsvermögen zur Ermittlung der Versicherungssumme voraussetzt, nicht auszugehen. Auch kann besondere Sachkunde eines Versicherungsnehmers einen Beratungsanlass entfallen lassen, zumindest soweit es um Umstände geht, die zweifelsfrei von seiner Sachkunde erfasst werden (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 20). Dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt wären, hat die Beklagte nicht dargetan. Zwar handelt es sich bei dem Inhaber der Klägerin um einen geschäftsgewandten und im Rechtsverkehr erfahrenen Einzelhändler. Dies weist ihn aber noch nicht als Sachkundigen in Versicherungsangelegenheiten aus.
26 
c. Im Rahmen der Bedarfsermittlungs- und Beratungspflicht bestand für den Zeugen K, dessen Handeln sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, die Verpflichtung, die Klägerin bei der Ermittlung der Versicherungssumme auf die Gefahr einer Unterversicherung sowie die Maßgeblichkeit der Wiederbeschaffungswerte hinzuweisen. Demgegenüber ist der Zeuge K nicht verpflichtet gewesen, die Versicherungssumme selbst zu ermitteln. Die Bedarfsermittlungspflicht ist grundsätzlich auf eine Fragepflicht beschränkt (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Auf. 2010, § 6 Rdnr. 6). Der Zeuge war aber gehalten, durch entsprechende Hinweise sicherzustellen, dass die Versicherungssumme nicht fehlerhaft festgesetzt wird, indem statt der Neuwerte die geringeren Buchwerte in die Berechnung einfließen. Der Außendienstmitarbeiter der Beklagten genügt deshalb nicht seiner Pflicht, wenn er kommentarlos die ihm vom Versicherungsnehmer genannten Werte entgegennimmt, ohne sich zu vergewissern, ob damit auch das versicherte Risiko abgedeckt werden kann. Soweit der Zeuge K selbst die Versicherungssumme unter Zugrundelegung der falschen Werte ermittelt hat, stellte dies ebenfalls eine Verletzung der Beratungspflichten dar.
27 
2. Die Verletzung der nachvertraglichen Beratungspflicht hat die Klägerin nachgewiesen.
28 
a. Nach allgemeinen Grundsätzen hat grundsätzlich der Versicherungsnehmer das Vorliegen einer Pflichtverletzung durch den Versicherer zu beweisen. Allerdings hat der Versicherer die behauptete Fehlberatung substanziiert zu bestreiten und zunächst darzulegen, in welcher Weise er im Einzelnen seinen Beratungs- und Informationspflichten nachgekommen ist. Dem Versicherungsnehmer obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (BGHZ 126, 217; 166, 56; Prölss/Martin, VVG. 28. Aufl., 2010, § 63 Rdnr. 12).
29 
b. Die Klägerin kann sich zum Nachweis einer Pflichtverletzung auf Beweiserleichterungen wegen unzureichender Dokumentation des Beratungsgesprächs berufen. Danach besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Zeuge K den Inhaber der Klägerin nicht auf die Risiken einer Unterversicherung bei Reduzierung der Versicherungssumme hingewiesen und auch nicht über die Relevanz der Neuwerte für den Summenansatz aufgeklärt hat.
30 
aa. In der Regel kommt der Versicherer seiner sekundären Darlegungslast durch die Aushändigung der Beratungsdokumentation gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VVG nach (Prölss in Prölss/Martin, VVG. 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 65). Im Falle einer fehlenden, lückenhaften oder unzutreffenden Dokumentation besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Versicherer eine nicht dokumentierte Bedarfsermittlung oder Beratung nicht vorgenommen bzw. eine nicht dokumentierte Empfehlung nicht abgegeben hat (Prölss/Martin, VVG. 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 34f.).
31 
bb. Allerdings ist der Versicherer nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VVG grundsätzlich nur bei der vorvertraglichen Beratung verpflichtet, Bedarfserhebung, Produktberatung und Empfehlung zu dokumentieren. Eine Dokumentationspflicht ist bei der Beratung während des Vertragsverhältnisses nach § 6 Abs. 4 VVG nicht vorgesehen (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 51). § 6 Abs. 1 VVG findet jedoch bei einer Umstellung des bisherigen Vertrages auf einen neuen Vertrag Anwendung (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 52). Gleiche Erwägung gilt auch bei weitgehenden Vertragsänderungen, die es erforderlich machen, die gegenwärtige Situation des Versicherungsnehmers in großem Umfang zu durchleuchten (Prölss, aaO, § 6 Rdnr. 52).
32 
cc. Unabhängig vom Bestehen einer Dokumentationspflicht folgt im Streitfall aus der erstellten Beratungsdokumentation die tatsächliche Vermutungswirkung einer fehlerhaften, die Risiken einer Unterversicherung und der Ermittlung der Versicherungssumme ausblendenden Beratung. Auch wenn die Beratungsdokumentation nicht als Urkunde i. S. des § 416 ZPO zu betrachten ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beratung so stattgefunden hat, wie sie dokumentiert worden ist (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 34). Zwar kann, soweit eine Dokumentationspflicht nicht besteht, aus dem Fehlen einer Dokumentation nicht auf eine unzulängliche Beratung geschlossen werden. Eine lückenhafte Dokumentation schadet jedoch dem Versicherer, da eine lückenhafte Beratung vermutet wird (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 35).
33 
dd. Die Dokumentation ist offensichtlich unzureichend. Sie ist nichtssagend und erschöpft sich in allgemeinen Angaben zur Motivation der Versicherungsnehmerin und zu den Hintergründen für die Vertragsänderung, ohne dass die Reduzierung der Versicherungssumme überhaupt Erwähnung findet. Aus ihr ergibt sich nicht der Grund für die Reduzierung der Versicherungssumme, die Maßgeblichkeit der Neuwerte sowie eine Aufklärung über die Risiken einer Unterversicherung.
34 
c. Eine Widerlegung der aus der lückenhaften Dokumentation folgenden tatsächlichen Vermutung eines Beratungsfehlers ist der Beklagten nicht gelungen. Die von der Beklagten mit der Berufung vorgetragenen Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts greifen nicht durch.
35 
aa. Das Landgericht hat sich nach umfassender Würdigung der Aussagen des Zeugen K und des Inhabers der Klägerin keine Überzeugung davon bilden können, der Inhaber der Klägerin habe auch nach Belehrung über die Risiken einer Unterversicherung im Kosteninteresse eine Reduzierung der Versicherungssumme gewünscht, die er zudem selbst ermittelt habe. Vielmehr kann, wovon auch der Senat ausgeht, nach dem zutreffend gewürdigten Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge K die Ermittlung der Versicherungssumme selbst vorgenommen und dabei irrtümlich die niedrigeren Buchwerte zugrunde gelegt hat und auch ein Hinweis auf die Risiken der Unterversicherung sowie die Maßgeblichkeit der Neuwerte nicht erfolgt ist.
36 
bb. Die Beklagte zeigt dabei schon einen Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze nicht auf, wenn sie vorträgt, der Annahme des Landgerichts, der Zeuge K habe die Werte verwechselt, stehe dessen langjährige Berufserfahrung entgegen. Vielmehr entspricht es der Lebenserfahrung, dass im Einzelfall auch langjährige Berufserfahrung Fehler nicht ausschließt. Das Bestehen eines Provisionsinteresses mag im Einzelfall dazu führen, dass der Versicherungsvertreter besonders intensiv über die Gefahren einer Unterversicherung belehrt. Allerdings hat der Zeuge K auch für die streitgegenständliche Vertragsänderung eine Provision vereinnahmt. Nicht auszuschließen ist daher, dass der Zeuge K dem Inhaber der Klägerin zu der streitgegenständlichen Vertragsänderung geraten hat, um überhaupt einen provisionspflichtigen Abschluss zu erlangen, der u.U. nicht zustande gekommen wäre, wenn der Inhaber der Klägerin nach Belehrung über die Risiken einer Unterversicherung im Kosteninteresse von einer Änderung der bestehenden Versicherungssumme abgesehen hätte. Im Übrigen bleibt bei der von der Beklagten behaupteten intensiven, aber fruchtlosen Belehrung der Klägerin über die Gefahren einer Unterversicherung offen, weshalb der Zeuge K keine Dokumentation der Risikobelehrung vorgenommen hat, wofür unter den behaupteten Umständen ein dringender Anlass bestanden hätte. Insoweit ist bei Würdigung der Angaben des Zeugen zu berücksichtigen, dass der Versicherungsvertreter auch ein Interesse daran hat, Schadensersatzansprüchen vorzubeugen, die im Falle einer Unterversicherung gegen den Versicherer wegen des Vorwurfs einer unzureichenden Beratung erhoben werden könnten.
37 
Nicht zu überzeugen vermag auch der Vortrag der Beklagten, die von der Klägerin beabsichtigte Verkleinerung ihres Geschäftsbetriebes durch Aufgabe eines Fotostudios und ein Umsatzrückgang belegten ihr erhebliches Interesse an einer Reduzierung der Versicherungssumme unter Inkaufnahme des Unterversicherungsrisikos. Dabei erscheint es bereits fernliegend, dass eine Reduzierung der Versicherungssumme schon im Hinblick auf eine lediglich in Aussicht genommene, tatsächlich noch nicht umgesetzte betriebliche Maßnahme vorgenommen wird. Da das Beratungsgespräch auch nicht auf Initiative der Klägerin zustande gekommen ist, spricht auch dieser Umstand gegen ein das Beratungsgespräch dominierendes Interesse der Klägerin an einer Reduzierung der Versicherungssumme im Kosteninteresse.
38 
Im Übrigen hat das Landgericht bei der Beweiswürdigung zutreffend das jeweilige Eigeninteresse des Inhabers der Klägerin, aber auch des Zeugen K berücksichtigt. Die Rückzahlung der vereinnahmten Provision steht der Annahme eines prozessualen Eigeninteresses des Zeugen aufgrund des fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses und des ihn auch persönlich treffenden Vorwurfs der Falschberatung nicht entgegen. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Aussage eines belehrten Zeugen ein höherer Beweiswert als den im Rahmen einer informatorischen Anhörung nach § 141 ZPO gemachten Angaben beizulegen sei. Auch diese unterliegen als Teil der mündlichen Verhandlung der Würdigung des Gerichts, § 286 ZPO (Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 141 Rdnr. 1).
39 
Soweit die Beklagte erstmals in der Berufung dazu vorträgt, dass die dem Zeugen K genannten Werte ausweislich des Gutachtens M vom 7.2.2012 falsch gewesen seien und darauf die unzutreffende Versicherungssumme beruhe, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist, da weder dargetan noch ersichtlich ist, warum dieser Vortrag nicht im ersten Rechtszug erfolgt ist und die Klägerin den neuen Vortrag der Beklagten auch bestritten hat. Im Übrigen versucht die Beklagte, ihre Würdigung der erhobenen Beweise und des sonstigen Tatsachenstoffs an die Stelle des Landgerichts zu setzten, ohne aber Fehler bei der Erhebung und Würdigung der Beweise aufzuzeigen.
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3. Die Beklagte hat sich die Pflichtverletzung ihres Außendienstmitarbeiters nach § 278 BGB zurechnen zu lassen. Ein Verschulden der Beklagten an der Pflichtverletzung wird gesetzlich vermutet, § 6 Abs. 5 Satz 2 VVG.
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4. Der Rechtsansicht der Beklagten, dass sich die Schadensersatzpflicht nach § 6 Abs. 5 VVG dem Schutzzweck der Vorschrift nach nicht auf eine fahrlässige Falschberatung beziehe, kann angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 6 Abs. 5 Satz 2 VVG nicht gefolgt werden, § 276 BGB. Eine Beschränkung des Schadensersatzes auf vorsätzliche Verhaltensweisen wäre vielmehr mit dem von § 6 Abs. 5 VVG verfolgten Schutzzweck, den Versicherungsnehmer vor den durch Informationsdefiziten verursachten Schäden zu bewahren, unvereinbar.
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5. Die pflichtwidrige Beratung ist auch ursächlich für die Reduzierung der Versicherungssumme und damit für den der Klägerin entstandenen Schaden geworden.
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Hierfür spricht schon der Grundsatz der Vermutung für aufklärungsrichtiges bzw. beratungsrichtiges Verhalten, da im Streitfall bei zutreffender Beratung über die Ermittlung der Versicherungssumme vernünftigerweise nur eine Entscheidungsalternative, nämlich die Erhöhung der Versicherungssumme in Betracht gekommen wäre, um der Klägerin den von ihr erstrebten Versicherungsschutz zu verschaffen (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 67). Dass eine Unterdeckung bereits zuvor vorhanden gewesen war, ist unter dem Gesichtspunkt der Schadenskausalität der Pflichtverletzung nicht von Bedeutung.
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6. Ein höheres als das vom Landgericht bereits in Ansatz gebrachte Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzunehmen (§ 254 Abs. 1 BGB).
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Grundsätzlich kann dem Versicherungsnehmer schon nicht entgegengehalten werden, er habe dem Rat des Versicherers nicht ohne weiteres vertrauen dürfen (BGH VersR 1998, 905; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, § 6 Rdnr. 64). Zwar hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass von dem Inhaber der Klägerin die Kenntnis erwartet werden konnte, dass es sich bei der Inhaltsversicherung um eine Versicherung zum Neuwert handelt und die Unrichtigkeit der Versicherungssumme dem Inhaber der Klägerin bei seinem Informationsstand hinsichtlich seiner betrieblichen Zahlenwerte hätte auffallen müssen. Auch ist davon auszugehen, dass dem Inhaber der Klägerin durchaus hätte auffallen können, dass unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten die Versicherungssumme deutlich zu niedrig angegeben war. Der Mitverschuldensanteil ist insoweit aber angemessen in Höhe eines Viertels berücksichtigt. Ein höheres Mitverschulden ist in Anbetracht dessen, dass primär dem Versicherer aufgrund seiner Sachkunde die Aufklärung über zutage getretene Risiken im Versicherungsschutz obliegt, insbesondere hinsichtlich der Risiken einer Unterversicherung, nicht anzusetzen.
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7. Eine Vorteilsausgleichung des der Höhe nach unstreitigen Schadens in Gestalt der Anrechnung einer anderen Ersatzleistung aus dem Diebstahl war nicht vorzunehmen. Auf die Anrechnung ersparter höherer Prämien hat sich die Beklagte nicht berufen.
III.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 2 ZPO.
48 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.