Landgericht Köln Beschluss, 23. Juni 2016 - 39 T 125/16


Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Betroffenen vom 24.05.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 11.05.2016 – 64 XIV (B) 11/16 – in Verbindung mit dem Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 14.06.2016 – 64 XIV (B) 11/16 – wird mit der Maßgabe, dass Dolmetscherkosten nicht erhoben werden und die Gerichtskosten um 1/3 reduziert werden, zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden um 1/3 reduziert. Die danach verbleibenden Gerichtskosten trägt der Beschwerdeführer. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden dem Antragsteller zu 1/3 auferlegt.
Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
31.
4Der Betroffene, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 24.11.2014 aus Italien in das Bundesgebiet ein. Ein diesbezüglich eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Einreise wurde von der Staatsanwaltschaft München I unter dem 09.01.2015 eingestellt.
5Mit Schreiben der Regierung von Niederbayern vom 14.01.2015 wurde der Betroffene dem Antragsteller zugewiesen. Am 09.07.2015 stellte der Betroffene einen Asylantrag. Am 21.07.2015 übertrug die Regierung von Niederbayern dem Antragsteller die ausländerrechtliche Zuständigkeit.
6Eine EURODAC-Recherche ergab, dass der Betroffene vor seiner Einreise nach Deutschland bereits in Italien Asyl beantragt hatte.
7Durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde am 20.08.2015 nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) ein Rückführungsersuchen an Italien gestellt. Da die italienischen Behörden innerhalb einer Frist von zwei Wochen nicht antworteten, war gemäß Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass dem Übernahmegesuch stattgegeben wird.
8Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 26.01.2016 wurde der Asylantrag des Betroffenen als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Betroffenen nach Italien angeordnet. Der Bescheid und die Rechtsbehelfsbelehrung wurden dem Betroffenen am 28.01.2016 zugestellt. Am 05.02.2016 trat Rechtskraft des Bescheides ein.
9Am 26.01.2016 erhielt der Antragsteller vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Mitteilung, dass die Übernahme des Betroffenen durch die italienischen Behörden bis zum 03.03.2016 erfolgen würde.
10Der Antragsteller bat mit Schreiben vom 29.01.2016 die für den Wohnort des Betroffenen örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Landshut vorsorglich, auch für den Fall, dass dort kein Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen bekannt sei, um Mitteilung, ob Einvernehmen mit der geplanten Abschiebung des Betroffenen gemäß § 72 Abs. 4 AufenthG bestehe. Mit Schreiben vom 01.02.2016 erteilte die Staatsanwaltschaft Landshut ihr Einvernehmen.
11Mit Schreiben des Antragstellers vom 25.02.2016 wurde dem Betroffenen die für den 02.03.2016 geplante Abschiebung auf dem Luftweg angekündigt und ihm dieses Schreiben bei seiner persönlichen Vorsprache am 25.02.2016 gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt und ins Englische übersetzt. Ihm wurde in diesem Schreiben aufgegeben, am 02.03.2016 um 7:45 Uhr an seiner damaligen Wohnschrift zur Verfügung zu stehen. Ein Laissez Passer lag vor.
12Am 02.03.2016 wurde der Betroffene an seiner damaligen Wohnanschrift nicht angetroffen. In der Folgezeit war er unbekannten Aufenthalts. Eine Anzeige seitens des Betroffenen zu seiner Erreichbarkeit für den Antragsteller erfolgte nicht.
13Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Betroffene unbekannten Aufenthaltes ist. Dieses teilte dem Antragsteller unter dem 02.03.2016 mit, dass eine Überstellung des Betroffenen gemäß Art. 29 Abs. 2 der Dublin-III-VO nach Italien längstens bis zum 03.03.2017 möglich ist.
14Der Betroffene wurde am 03.03.2016 zur Personenfahndung ausgeschrieben. Am 19.04.2016 war der Betroffene in einen Streit in Erftstadt verwickelt und wurde in Gewahrsam genommen. Der Betroffene gab zunächst falsche Personalien an, konnte dann jedoch mit den aus dem Tenor ersichtlichen Personalien identifiziert werden. Aufgrund der bestehenden Ausschreibung wurde er durch die Polizei der Polizeiwache Ost Frechen in den frühen Morgenstunden des 20.04.2016 in Gewahrsam genommen. Bevor der Antragsteller am 20.04.2016 tätig werden konnte, wurde der Betroffene aufgrund einer Hyperventilation in das örtliche Krankenhaus verbracht. Ihm wurde daraufhin durch die Ausländerbehörde des Rhein-Erft-Kreises ein Schreiben vom selben Tage ausgehändigt, in dem er in deutscher und in englischer Sprache aufgefordert wurde, in seiner bisherigen Unterkunft in V vorzusprechen, und sich beim Antragsteller zu melden. Der Betroffene, dem die Vorspracheaufforderung durch die Polizei ausgehändigt worden war, kam diesen Aufforderungen nicht nach.
15Am späten Abend des 10.05.2016 wurde der Betroffene durch die Polizei der Wache West Erftstadt aufgegriffen, als er in eine tätliche Auseinandersetzung in der Asylbewerberunterkunft I-Straße in Erftstadt involviert war. Er gab sich zunächst mit seinem Alias aus und legte einen Unterbringungsausweis der Stadt Erftstadt mit diesen Aliasdaten vor. Weitere Ermittlungen ergaben anhand eines Abgleichs der Fingerabdrücke, dass es sich bei der Person um den zur Festnahme ausgeschrieben Betroffenen handelt. Aufgrund der bestehenden Ausschreibung wurde der Betroffene am 11.05.2016 in Gewahrsam genommen.
16Am 11.05.2016 erteilte die Staatsanwaltschaft Köln betreffend das aufgrund der tätlichen Auseinandersetzung vom 10.05.2016 eingeleitete Verfahren telefonisch durch die Staatsanwältin Bangert ihre Zustimmung mit der Abschiebung gemäß § 72 Abs. 4 AufenthG. Das Gespräch wurde durch einen Mitarbeiter des Rhein-Erft-Kreises, der vom Antragsteller im Wege der Amtshilfe eingebunden worden war, geführt.
172.
18Am 11.05.2016 hat der Antragsteller beim Amtsgericht Brühl beantragt, gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 3, 4, 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nrn. 2, 5, 6 AufenthG Abschiebungshaft in der Form der Sicherungshaft für die Dauer von 3 Monaten mit sofortiger Wirksamkeit anzuordnen, und seinen Antrag ausführlich begründet.
19Das Amtsgericht Brühl hat den Betroffenen am 11.05.2016 hierzu angehört. Vor der Anhörung ist dem Betroffenen der Abschiebungshaftantrag übergeben und durch die anwesende Dolmetscherin in die englische Sprache übersetzt worden. Das Amtsgericht hat im Anhörungsprotokoll vermerkt, dass es sich davon überzeugt habe, dass der Betroffene den Inhalt des Antrages verstanden hat. Der Betroffene hat in der Anhörung vorgetragen, er sei nach Deutschland gekommen, weil Italien nicht gut für ihn gewesen sei. Dort habe er keine Zukunft. Mit Beschluss vom selben Tage hat das Amtsgericht Brühl gegen den Betroffenen Sicherungshaft, längstens bis zum 11.08.2016, und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet. Hinsichtlich der Kosten hat das Amtsgericht angeordnet, dass der Betroffene die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Eine Belehrung des Betroffenen über Art. 36 WÜK ist erfolgt. Der Betroffene hat erklärt, mit der Unterrichtung der für ihn zuständigen Vertretung seines Heimatlandes nicht einverstanden zu sein.
20Mit am 27.05.2016 beim Amtsgericht Brühl eingegangenen Schreiben vom 24.05.2016 hat der Betroffene über seine Verfahrensbevollmächtigte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 11.05.2016 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht Brühl hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.06.2016 teilweise insoweit abgeholfen, als die Abschiebehaft längstens bis zum 06.07.2016 dauern dürfe, und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
21Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 17.06.2016 auf die Einzelrichterin übertragen.
22Der Antragsteller hat seinen Haftantrag mit Schreiben vom 23.06.2016 unter Beifügung weiterer Anlagen ergänzt.
23Der Betroffene wurde im Beschwerdeverfahren am 23.06.2016 persönlich angehört. Vor Beginn der Anhörung wurde ihm das Schreiben des Antragstellers vom 23.06.2016 nebst Anlagen in Kopie übergeben und übersetzt.
243.
25Die Rücküberstellung des Betroffenen an die italienischen Behörden ist für den 27.06.2016 vorgesehen. Ein Flug von Düsseldorf nach Rom ist für diesen Tag gebucht.
264.
27Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Die Akte des Antragstellers (SG 62/UBENE Festus) ist beigezogen gewesen und hat im Anhörungstermin vorgelegen.
28II.
291.
30Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 2 Abs. 15 Satz 3, 106 Abs. 2 AufenthG, §§ 58, 63, 64 FamFG).
312.
32Die Beschwerde hat in der Hauptsache jedoch über die erfolgte teilweise Abhilfe hinaus keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Brühl in Verbindung mit dem Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 14.06.2016, in dem die maximale Haftdauer auf den 06.07.2016 reduziert wurde, war lediglich im Kostenpunkt teilweise abzuändern.
33Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebungshaft in Form von Sicherungshaft liegen vor.
34a)
35Der Haftantrag ist zulässig. Er wurde durch die – nach § 71 Abs. 1 AufenthG sachlich und gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1, § 2, § 5 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Zuständigkeiten zur Ausführung des Aufenthaltsgesetzes und ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen (ZustVAuslR) örtlich – zuständige Behörde gestellt (§ 417 Abs. 1 FamFG) und ist ausreichend begründet (§ 417 Abs. 2 FamFG).
36Die Begründung des Haftantrags muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein. Leerformeln und Textbausteine genügen nicht. Danach bestimmen sich Inhalt und Umfang der notwendigen Darlegungen. Sie dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen. In dem Haftantrag muss die Durchführbarkeit der Abschiebung mit konkretem Bezug auf das Land, in das der Betroffene abgeschoben werden soll, dargelegt werden. Anzugeben ist dazu, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind, von welchen Voraussetzungen dies abhängt und ob diese im konkreten Fall vorliegen (BGH, Beschluss vom 12.07.2013, Az.: V ZB 224/12, zitiert nach: juris). Diesen Anforderungen genügt der Haftantrag der beteiligten Behörde jedenfalls nach den Ergänzungen des Antragstellers mit Schreiben vom 23.06.2016.
37Der Antrag enthält auch ausreichende Darlegungen zu dem nach § 72 Abs. 4 AufenthG erforderlichen Einvernehmen der zuständigen Staatsanwaltschaften mit der beabsichtigten Abschiebung.
38Soweit die Staatsanwaltschaft Landshut ihr Einvernehmen erteilt hat, ist dies im Antrag vom 11.05.2016 dargelegt. Aus den dem Antrag beigefügten Anlagen ergibt sich, dass dieses Einvernehmen unter dem 01.02.2016 von der Staatsanwaltschaft Landshut schriftlich erteilt wurde und dass diesem Einvernehmen kein konkretes Verfahren zugrunde lag. In der Bitte um Erteilung des Einvernehmens vom 29.01.2016 ist vielmehr der Hinweis enthalten, die Bitte sei auch für den Fall gestellt, dass dort kein laufendes Ermittlungsverfahren bekannt sein sollte. Die schriftliche Erteilung des Einverständnisses enthält kein staatsanwaltschaftliches Aktenzeichen.
39In der Ergänzung des Haftantrags vom 23.06.2016 ist mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft Köln ihr Einverständnis am 11.05.2016 telefonisch erteilt hat. Mitgeteilt und aus dem als Anlage beigefügten Vermerk ersichtlich ist zudem, dass sich das Einverständnis auf das Ermittlungsverfahren betreffend den Vorfall vom 10.05.2016 mit dem Tatverdacht einer gefährlichen Körperverletzung bezieht. Geführt wurde das Telefonat am 11.05.2016 durch Herrn X vom Rhein-Erft-Kreis, der in diesem Verfahren in erster Instanz im Wege der Amtshilfe für den Antragsteller tätig geworden ist. Dass das Einverständnis nicht schriftlich eingeholt wurde, ist unschädlich. § 72 Abs. 4 AufenthG schreibt eine schriftliche Erteilung nicht vor. Auch der Zweck des Erfordernisses des Einvernehmens nach § 72 Abs. 4 AufenthG erfordert eine schriftliche Erteilung nicht. Das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft soll gewährleisten, dass Strafverfahren abgeschlossen werden können, bei denen das öffentliche Strafverfolgungsinteresse das Interesse an der sofortigen Ab- oder Zurückschiebung überwiegt (BGH wistra 2015, 324, zitiert nach: juris). Dieser Zweck wird unabhängig davon gewährleistet, ob die Staatsanwaltschaft schriftlich oder (fern)mündlich mitteilt, dass das Strafverfolgungsinteresse in einem Verfahren, für das sie zuständig ist, das Interesse an der sofortigen Abschiebung nicht überwiegt. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
40Für weitere, bei dieser oder anderen Staatsanwaltschaften laufende Ermittlungsverfahren, zu denen sich der Haftantrag ebenfalls verhalten müsste, bestehen keine Anhaltspunkte.
41Die Antragstellerin hat auch die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung im konkreten Fall hinreichend dargelegt. Der Antrag enthält Darlegungen zur Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer. Insbesondere sind dem Antrag als Anlage in Kopie der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26.01.2016 nebst Rechtsbehelfsbelehrung, Mitteilung über die Zustellung am 28.01.2016 und den Eintritt der Rechtskraft am 05.02.2016 beigefügt, es sind Darlegungen dazu erfolgt, dass für den Betroffenen ein Laissez Passer für die Rücküberstellung nach Italien vorliegt, dass eine Wiederaufnahmeverpflichtung der italienischen Behörden bis zum 03.03.2017 besteht und der Antragsteller hat dargelegt, dass für den 27.06.2016 ein Flug nach Rom für den Betroffenen gebucht ist.
42Der Antragsteller hat zwar in dem Haftantrag nicht explizit dargelegt, dass eine Abschiebungsandrohung erlassen wurde. Dies war jedoch gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AufenthG entbehrlich, weil der Betroffene mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 26.01.2016, in welchem seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde, bereits unter Wahrung der Formerfordernisse des § 77 AufenthG auf seine Ausreisepflicht hingewiesen worden war, und dieses Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26.01.2016 im Haftantrag erwähnt und diesem als Anlage beigefügt ist.
43Soweit der Antragsteller zunächst keine konkreten Ausführungen zur erforderlichen Haftdauer gemacht hatte, hat er hierzu in seiner Ergänzung dadurch vorgetragen, dass er mitgeteilt hat, dass die Durchführung am 27.06.2016 auf dem Luftwege konkret durchgeführt werden kann und eine frühere Abschiebung nicht möglich war.
44Der Haftantrag vom 11.05.2016 wurde dem Betroffenen vor Beginn seiner Anhörung vor dem Amtsgericht Brühl am 11.05.2016 ausgehändigt und für ihn in die englische Sprache übersetzt. Die Ergänzungen zum Haftantrag vom 23.06.2016 wurden dem Betroffenen vor Beginn seiner Anhörung vor dem Beschwerdegericht am 23.06.2016 ausgehändigt und für ihn in die englische Sprache übersetzt.
45b)
46Der Betroffene ist aufgrund des bestandskräftigen Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26.01.2016 vollziehbar ausreisepflichtig, § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, §§ 58 Abs. 2, 50 AufenthG.
47c)
48Die Voraussetzungen für eine Inhaftnahme liegen gemäß Art. 28 Abs. 2, Art. 2 Buchst. n Dublin-III-VO in Verbindung mit § 2 Abs. 15 AufenthG vor. Eine Bindung des Beschwerdegerichts an die vom Amtsgericht herangezogenen Haftgründe besteht nicht, weil das Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts tritt (vgl. BGH NVwZ-RR 2012, 574 f., zitiert nach: juris).
49Nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO dürfen zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren die Mitgliedsstaaten, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn dies verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
50aa)
51Art. 2 der Dublin-III-VO trifft zu den Definitionen im Sinne dieser Verordnung Regelungen. Fluchtgefahr ist nach Art. 2 Buchst. n Dublin-III-VO das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
52§ 2 Abs. 15 AufenthG normiert die Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Dublin-III-VO. § 2 Abs. 15 Satz 1 AufenthG bestimmt, dass die in § 2 Abs. 14 AufenthG genannten Anhaltspunkte entsprechend als objektive Kriterien für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchst. n der Dublin-III-VO gelten.
53Zudem ist in § 2 Abs. 15 Satz 2 AufenthG ein spezifischer, nur für die Inhaftnahme im Verfahren nach der Dublin-III-VO relevanter Anhaltspunkt geregelt. Danach kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr auch sein, wenn der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will.
54Unter Zugrundelegung dieser Regelungen und Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles ist erhebliche Fluchtgefahr gemäß § 2 Abs. 15 Satz 2 AufenthG zu bejahen.
55Der Betroffene hat in Italien einen Asylantrag gestellt, das Land aber vor Abschluss des Verfahrens verlassen und ist am 24.11.2014 in das Bundesgebiet eingereist. Obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Bescheid vom 26.01.2016 seinen Asylantrag abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien anordnet hatte, reiste der Betroffene weder selbständig aus noch leistete er der Aufforderung Folge, sich am 02.03.2016 für die Vollziehung der angeordneten Abschiebung bereit zu halten. Vielmehr hatte er am Tag des ihm mitgeteilten Abholtermins seine Unterkunft mit für den Antragsteller unbekanntem Ziel bereits verlassen. Er meldete sich in der Folgezeit auch nicht mehr beim Antragsteller. Gründe dafür, warum ihm das nicht möglich gewesen sein sollte, hat er weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Der Betroffene wurde erst aufgrund einer Ausschreibung zur Personenfahndung am 20.04.2011 in Erftstadt in Gewahrsam genommen. Er hatte bei seinem Aufgriff am 19.04.2016 anlässlich einer verbalen Auseinandersetzung jedoch zunächst falsche Personalien angegeben. Der ihm ausgehändigten und in Deutsch und Englisch schriftlich verfassten Aufforderung des Rhein-Erft-Kreises vom 20.04.2016, sich wieder in seiner früheren Unterkunft in V zu melden und sich mit dem Antragsteller in Verbindung zu setzen, kam der Betroffene nicht nach. Vielmehr war er am 10.05.2016 in einer Asylbewerberunterkunft in Erftstadt in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt und in Gewahrsam genommen worden. Auch da gab er wieder die falschen Personalien an und legte sogar einen auf den von ihm verwendeten Namen ausgestellten Unterbringungsausweis der Stadt Erftstadt vor. Anhand eines Abgleichs der Fingerabdrücke konnte jedoch die Identität des Betroffenen festgestellt werden. Auf entsprechende Nachfrage im Anhörungstermin vom 23.06.2016 hat er eingeräumt, seine damalige Unterkunft in V am Tag der geplanten Abschiebung verlassen zu haben, um zu vermeiden, dass er zwecks Überstellung nach Italien dort abgeholt werden konnte. Denn er habe nicht nach Italien zurückgewollt. Er hat sich folglich vorsätzlich seiner Rückführung nach Italien entzogen. Dafür dass der Betroffene nicht in den zuständigen Mitgliedsstaat Italien zurückkehren will, sprechen auch seine Angaben in der Anhörung vor dem Amtsgericht am 11.05.2016. Er hat dort erklärt, dass er von Italien nach Deutschland gereist sei, weil Italien nicht gut für ihn gewesen sei. In Deutschland hingegen sei es ihm gut gegangen. Zwar würden die deutschen Behörden von ihm wollen, dass er nach Italien zurückgehe. Er sehe für sich in Italien jedoch keine Zukunft. In der Anhörung vom 23.06.2016 hat er geäußert, wenn er nach Italien gehen würde, wäre sein Leben zu Ende. Es ist davon auszugehen, dass der Betroffene Italien in absehbarer Zeit freiwillig nicht aufsuchen wird. Zwar hat der Betroffene in der Anhörung vom 23.06.2016 auf Nachfrage hin geäußert, er sei nunmehr bereit, nach Italien zurückzukehren. Bei weiteren Nachfragen konnte der Betroffene insoweit sein bisheriges Verhalten jedoch nicht plausibel erklären. Er hat angegeben, den Entschluss, selbständig nach Italien zu gehen, gefasst zu haben, nachdem er im April 2016 aufgegriffen worden und ihm gesagt worden sei, er müsse nach Italien zurück gehen. Er konnte auf weitere Nachfragen jedoch nicht plausibel erklären, wieso er nach Entlassung aus dem Gewahrsam keinerlei Bemühungen unternommen hat, um dieses angebliche Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er hat sich weder mit dem Antragsteller noch einer örtlichen Ausländerbehörde in Verbindung gesetzt, um nachzufragen, ob er insoweit Hilfe erhalten könne. Dass er für eine Fahrt nach Italien angeblich Geld gespart haben will, ist schon vor dem Hintergrund unglaubhaft, dass er kurz zuvor noch seine finanzielle Situation als so schlecht geschildert hat, dass er in Erftstadt nicht einmal ausreichend Geld gehabt habe, um häufiger in die Stadt fahren zu können. Vor allem aber spricht gegen den Willen, sich in absehbarer Zeit nach Italien zu begeben, dass der Betroffene auch nachdem er am 20.04.2016 wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde, weiterhin unter dem falschen Namen auftrat. Als er anlässlich des Vorfalls vom 10.05.2016 in Gewahrsam genommen wurde, wäre für den Fall, dass der Betroffene nunmehr seiner Ausreisepflicht nachkommen wollte, zu erwarten gewesen, dass er bei der Polizei seine zutreffenden Personalien angibt. Stattdessen gab er wieder die falschen Personalien an. Dies legt aus Sicht des Beschwerdegerichts nahe, dass der Betroffene, dem klar war, dass er weiterhin gesucht wurde, sich nach wie vor einer von ihm nicht gewollten Abschiebung zu entziehen versuchte. Auch wäre im Falle des ernsthaften Vorhabens, freiwillig nach Italien auszureisen, zu erwarten gewesen, dass der Betroffene dies spätestens im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht äußert. Auch dies ist nicht erfolgt.
56In der Gesamtschau dieser Umstände besteht auch für das Beschwerdegericht der konkrete Verdacht, dass sich der Betroffene bei einer Entlassung aus der Haft seiner für den 27.06.2016 geplanten Abschiebung nach Italien nicht freiwillig stellen wird, sondern vielmehr erneut untertaucht und sich – erneut unter falschen Personalien – entweder weiter illegal im Bundesgebiet aufhalten oder in ein anderes Land als den Zielstaat Italien ausreisen wird. Dass ihm dies faktisch möglich wäre, hat bereits seine ca. eineinhalbmonatige Unauffindbarkeit trotz erfolgter Ausschreibung zur Personenfahndung verdeutlicht.
57bb)
58Die Sicherungshaft ist nicht unverhältnismäßig. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich.
59Die durch den angefochtenen Beschluss in Verbindung mit dem Beschluss vom 14.06.2016 angeordnete Dauer der Abschiebungshaft ist zur Sicherung der Abschiebung erforderlich, jedoch auch ausreichend. Die Abschiebung kann am 27.06.2016 durchgeführt werden. Ein Flug für den 27.06.2016 von Düsseldorf nach Rom ist für den Betroffenen bereits gebucht. Den Anlagen zum Haftantrag ist zu entnehmen, dass ein Laissez Passer vorliegt. Durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde am 20.08.2015 nach der Dublin-III-VO ein Rückführungsersuchen an Italien gestellt. Da die italienischen Behörden innerhalb einer Frist von zwei Wochen nicht antworteten, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass der Betroffene wieder aufgenommen wird und angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft getroffen werden. Die Wiederaufnahmeverpflichtung der italienischen Behörden besteht gemäß Art. 25 i.V.m. Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO noch bis zum 03.03.2017.
60Gründe in der Person des Betroffenen, die der geplanten Rückführung entgegen stehen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Betroffene nicht flugtauglich wäre. Soweit der Betroffene am 20.04.2016 aufgrund einer Hyperventilation in ein Krankenhaus verbracht wurde, wurde er noch am gleichen Tag wieder entlassen, ohne dass sich eine weitergehende Behandlung anschloss. Dass eine solche notwendig sei, hat der Betroffene nicht angegeben. Soweit er in der UFA Büren drei Mal beim Arzt vorstellig wurde, handelte es sich nach eigenen Angaben des Betroffenen um Probleme mit dem Magen und dem Verdauungstrakt. Der Betroffene wird deshalb derzeit jedoch nicht – auch nicht medikamentös – behandelt.
61Mildere Mittel als Sicherungshaft sind nicht ersichtlich. Schriftlich erteilten Aufforderungen der Ausländerbehörden hat der Betroffene seit der Mitteilung über die am 02.03.2016 geplante Abschiebung keine Folge mehr geleistet. Vielmehr hat er bei den beiden Aufgriffen durch die Polizei jeweils falsche Personalien angegeben und die Richtigkeit dieser Angaben durch Vorlage eines auf diesen Namen lautenden Dokuments zu untermauern versucht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie ohne Sicherungshaft sichergestellt werden könnte, dass der Betroffene sich der geplanten Abschiebung nicht erneut entzieht.
62d)
63Die Sicherungshaft darf nur aufrechterhalten werden, wenn die Behörde die Abschiebung des Betroffenen ernstlich betreibt, und zwar gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Antragsteller hat das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Der vorgelegten Ausländerakte ist zu entnehmen, dass der Antragsteller bereits am 12.05.2016, mithin einen Tag nach der Festnahme des Betroffenen, ein Amtshilfeersuchen an die Zentrale Ausländerbehörde Köln zur Durchführung der Abschiebung gestellt hat. Ab demselben Tag bemühte sich der Antragsteller unter Hinweis auf die Dringlichkeit um die Übersendung der Überstellungsmodalitäten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Als diese vorlagen, wurde ein Flug gebucht. Am 02.06.2016 wurde der Antragsteller von der Zentralen Ausländerbehörde Köln über die erfolgte Flugbuchung in Kenntnis gesetzt. Ein früherer Flug war nicht verfügbar.
64Der Antragsteller hat die ihm zeitlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten seit Rechtskraft des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 05.02.2016 genutzt, um die Abschiebung des Betroffenen voranzutreiben. Verzögerungen, die zwischen dem 02.03.2016 und dem 11.05.2016 durch sein Untertauchen entstanden sind, hat der Betroffene selbst zu verantworten.
65Die durch das Amtsgericht Brühl mit Beschluss vom 14.06.2016 auf den 06.07.2016 reduzierte Höchstdauer der Haft war nicht weiter zu reduzieren. Zwar ist die Abschiebung konkret bereits für den 27.06.2016 vorgesehen. Es ist jedoch sachgerecht, die Haftdauer nicht so kurz zu fassen, dass es dem Antragsteller nicht mehr möglich ist, auf kurzfristig erforderlich werdende Veränderungen (beispielsweise aufgrund Verschiebung der Flugzeit durch die Fluglinie oder durch Behinderungen auf den Flughäfen) zu reagieren.
66e)
67Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
68Der Betroffene ist von dem Amtsgericht Brühl gemäß Art. 36 Abs. 1b Wiener Konsularübereinkommen (WÜK) über sein Recht auf Unterrichtung seiner konsularischen Vertretung belehrt worden. Die Belehrung sowie die Reaktion des Betroffenen hierauf sind ausreichend dokumentiert worden.
693.
70Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG, von der Erhebung von Dolmetscherkosten in entsprechender Anwendung von Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK abzusehen. Die teilweise Reduzierung der Gerichtskosten in erster Instanz und die quotale Verteilung der Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt dem Teilerfolg der Beschwerde Rechnung.
714.
72Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 1 Abs. 1, 36 Abs. 3, 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.
73Rechtsmittelbelehrung (Rechtsbeschwerde)
74Gegen diesen Beschluss können Sie Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (Rechtsbeschwerdegericht), 76125 Karlsruhe, einlegen (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG). Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschluss durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Rechtsbeschwerde muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird, enthalten (§ 71 Abs. 1 Satz 2 FAmFG). Die Rechtsbeschwerdeschrift muss durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben werden, sofern es sich nicht um eine Rechtsbeschwerde bezüglich eines Gesuchs auf Verfahrenskostenhilfe handelt (§ 71 Abs. 1 Satz 3 FamFG).
75Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden (§ 71 Abs. 1 satz 4 FamFG).
76Die Parteien müssen sich in dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
77Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monates ab der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses zu begründen (§ 71 Abs. 2 FamFG). Die Begründung muss die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten wird und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge) und die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, also die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, und, soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben, enthalten (§ 71 Abs. 3 FamFG).
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Annotations
(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.
(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.
(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.
(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.
(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.
(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.
(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.
(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.
(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.
(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:
- 1.
Kindergeld, - 2.
Kinderzuschlag, - 3.
Erziehungsgeld, - 4.
Elterngeld, - 5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, - 6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und - 7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.
(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:
- 1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19), - 2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und - 3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).
(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).
(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.
(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.
(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).
(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.
(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.
(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.
(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung, - 2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.
(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der
- 1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder - 2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).
(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn
- 1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will, - 2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
- a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht, - b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.
(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.
(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.
(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für
- 1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird, - 1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird, - 1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird, - 1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8, - 1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen, - 1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist, - 2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a, - 3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 - a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind, - b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder - c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
- 4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze, - 5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben, - 6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind, - 7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer, - 8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.
(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.
(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.
(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.
(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.
(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.
(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.
(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.
(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.
(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Die folgenden Verwaltungsakte bedürfen der Schriftform und sind mit Ausnahme der Nummer 5 mit einer Begründung zu versehen:
- 1.
der Verwaltungsakt, - a)
durch den ein Passersatz, ein Ausweisersatz oder ein Aufenthaltstitel versagt, räumlich oder zeitlich beschränkt oder mit Bedingungen und Auflagen versehen wird oder - b)
mit dem die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung zum Aufenthaltstitel versagt wird, sowie
- 2.
die Ausweisung, - 3.
die Abschiebungsanordnung nach § 58a Absatz 1 Satz 1, - 4.
die Androhung der Abschiebung, - 5.
die Aussetzung der Abschiebung, - 6.
Beschränkungen des Aufenthalts nach § 12 Absatz 4, - 7.
die Anordnungen nach den §§ 47 und 56, - 8.
die Rücknahme und der Widerruf von Verwaltungsakten nach diesem Gesetz sowie - 9.
die Entscheidung über die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11.
(1a) Im Zusammenhang mit der Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte sind zusätzlich der aufnehmenden Niederlassung oder dem aufnehmenden Unternehmen schriftlich mitzuteilen
- 1.
die Versagung der Verlängerung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte, - 2.
die Rücknahme oder der Widerruf einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte, - 3.
die Versagung der Verlängerung eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder - 4.
die Rücknahme oder der Widerruf eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte.
(2) Die Versagung und die Beschränkung eines Visums und eines Passersatzes vor der Einreise bedürfen keiner Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung; die Versagung an der Grenze bedarf auch nicht der Schriftform. Formerfordernisse für die Versagung von Schengen-Visa richten sich nach der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.
(3) Dem Ausländer ist auf Antrag eine Übersetzung der Entscheidungsformel des Verwaltungsaktes, mit dem der Aufenthaltstitel versagt oder mit dem der Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht oder mit dem eine Befristungsentscheidung nach § 11 getroffen wird, und der Rechtsbehelfsbelehrung kostenfrei in einer Sprache zur Verfügung zu stellen, die der Ausländer versteht oder bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Besteht die Ausreisepflicht aus einem anderen Grund, ist Satz 1 auf die Androhung der Abschiebung sowie auf die Rechtsbehelfsbelehrung, die dieser nach Absatz 1 Satz 3 beizufügen ist, entsprechend anzuwenden. Die Übersetzung kann in mündlicher oder in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt werden. Eine Übersetzung muss dem Ausländer dann nicht vorgelegt werden, wenn er unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist ist oder auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist. In den Fällen des Satzes 4 erhält der Ausländer ein Standardformular mit Erläuterungen, die in mindestens fünf der am häufigsten verwendeten oder verstandenen Sprachen bereitgehalten werden. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Ausländer noch nicht eingereist oder bereits ausgereist ist.
(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.
(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.
(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.
(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer
- 1.
unerlaubt eingereist ist, - 2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder - 3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer
- 1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet, - 2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist, - 3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist, - 4.
mittellos ist, - 5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt, - 6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder - 7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.
(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.
(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.
(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.
(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.
(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.
(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.
(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:
- 1.
Kindergeld, - 2.
Kinderzuschlag, - 3.
Erziehungsgeld, - 4.
Elterngeld, - 5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, - 6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und - 7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.
(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:
- 1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19), - 2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und - 3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).
(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).
(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.
(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.
(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).
(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.
(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.
(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.
(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung, - 2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.
(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der
- 1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder - 2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).
(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn
- 1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will, - 2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
- a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht, - b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben.
(2) Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 1 sind auch
- 1.
Verfahren nach den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes, - 2.
Verfahren nach § 51b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, - 3.
Verfahren nach § 26 des SE-Ausführungsgesetzes, - 4.
Verfahren nach § 10 des Umwandlungsgesetzes, - 5.
Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz, - 6.
Verfahren nach den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes über den Ausschluss von Aktionären, - 7.
Verfahren nach § 8 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, - 8.
Angelegenheiten des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, - 9.
Verfahren nach der Verfahrensordnung für Höfesachen, - 10.
Pachtkreditsachen nach dem Pachtkreditgesetz, - 11.
Verfahren nach dem Verschollenheitsgesetz, - 12.
Verfahren nach dem Transsexuellengesetz, - 13.
Verfahren nach § 84 Absatz 2 und § 189 des Versicherungsvertragsgesetzes, - 14.
Verfahren nach dem Personenstandsgesetz, - 15.
Verfahren nach § 7 Absatz 3 des Erbbaurechtsgesetzes, - 16.
Verteilungsverfahren, soweit sich die Kosten nicht nach dem Gerichtskostengesetz bestimmen, - 17.
Verfahren über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung und die Bewilligung der Kraftloserklärung von Vollmachten (§ 132 Absatz 2 und § 176 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), - 18.
Verfahren über Anordnungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten, - 19.
Verfahren nach den §§ 23 bis 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, - 20.
Verfahren nach § 138 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes und - 21.
gerichtliche Verfahren nach § 335a des Handelsgesetzbuchs.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind. In Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen werden Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben.
(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.
(5) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt für
- 1.
in Landesgesetzen geregelte Verfahren und Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie - 2.
solche Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden oder Notare zuständig sind.
(6) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und - 2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); - 2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.