Oberlandesgericht Köln Beschluss, 02. Juni 2014 - 9 U 157/13
Gericht
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 03.07.2013 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln, Az. 20 O 431/12, wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.07.2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
G R Ü N D E
1I.
2Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Steuerberater in Anspruch, welche die zwischenzeitlich in Insolvenz gefallene U C mbH (nachfolgend: „U“) bei der Beklagten unterhielt.
3Durch rechtskräftiges Urteil des LG Berlin vom 22.12.2011 - 14 O 160/11 - wurde die U verurteilt, an die Kläger insgesamt 19.800,- EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen und die Kläger von sämtlichen etwaigen Ansprüchen freizustellen, die an sie im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Vierte K GmbH & Co Q KG gerichtet werden. Das Landgericht Berlin sah in dem Urteil vom 22.12.2011 (Anlage K9, Bl. 107ff GA), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, den von den Klägern erhobenen Vorwurf unzureichender Aufklärung über Prospekt- und Informationsfehler hinsichtlich der mit der Beteiligung verbundenen Risiken als begründet an. Nach Pfändung und Überweisung des vermeintlichen Deckungsanspruchs der U haben die Kläger vor dem Landgericht Köln Klage gegen die Beklagte erhoben, weil sich diese auf den Standpunkt stellte, dass die Treuhandtätigkeit der U im Zusammenhang mit ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin für den Q nicht zum Bereich ihrer versicherten beruflichen Tätigkeit gehöre. Mit dem angefochtenen Urteil hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Tätigkeit der U Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit aufgewiesen habe, weshalb sie gemäß § 4 Ziffer 6 AVB – S als unternehmerische Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgenommen sei. Wegen aller Einzelheiten - einschließlich der erstinstanzlichen Anträge - wird auf das Urteil der 20. Zivilkammer vom 03.07.2013 (Bl. 224 ff GA) verwiesen.
4Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerechte Berufung der Kläger, mit der sie fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht rügen. Das Landgericht habe die Regelungen des Steuerberatungsgesetzes und die zur Einstandspflicht der Berufshaftpflichtversicherer bei Treuhandtätigkeiten von Steuerberatern ergangene Rechtsprechung missachtet, wonach eine geschäftsführende Treuhand nur anzunehmen sei, wenn der Treuhänder die Geschäfte des Fonds führe, was hier aber nicht der Fall gewesen sei.
5Die Kläger beantragen,
6unter Abänderung des angefochtenen Urteils
7die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 21.145,00 EUR zuzüglich weiterer Tageszinsen auf diese Forderung ab dem 01.06.2012 in Höhe von 2.816,00 EUR zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wobei die Beklagte ihren Vortrag erster Instanz wiederholt und vertieft.
11II.
12Die zulässige Berufung ist in der Sache offensichtlich unbegründet. Den Klägern steht der mit ihrem Rechtsmittel weiterverfolgte Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen in Höhe von 21.145,- EUR aus dem zwischen der Beklagten und der U geschlossenen Berufshaftpflichtversicherungsvertrag gemäߠ § 1 VVG in Verbindung mit § 4 Nr. 6 AVB- S nicht zu. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit der U im Zusammenhang mit den Q nicht von der Pflichtversicherung für Steuerberater umfasst war, weil sie Elemente einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit beinhaltete, die mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht zu vereinbaren waren.
13Der Senat nimmt insoweit gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf die Begründung seines Beschlusses vom 06.02.2014 Bezug.
14Diese wird durch das Vorbringen der Kläger mit Schriftsatz vom 02.04.2014 nicht entkräftet. Soweit die Kläger es inhaltlich und rechtlich für nicht nachvollziehbar halten, woraus sich die vom Senat in seinem Hinweisbeschluss erwähnte Bindungswirkung der vom LG Berlin im Haftungsprozess getroffenen Feststellungen ergeben soll, ist anzumerken, dass die aus dem materiellen Leistungsversprechen des Haftpflichtversicherers folgende Bindungswirkung an die im Haftpflichtprozess getroffenen Feststellungen wesentliches Korrektiv des im Haftpflichtversicherungsrecht geltenden Trennungsprinzips ist (BGH VersR 1992, 1504 und ständig); sie bewirkt, dass die im Haftpflichtprozess rechtskräftig getroffenen Feststellungen zur Haftpflichtfrage auch für den Deckungsprozess Gültigkeit haben.
15Danach ist für die Entscheidung im vorliegend nach Erwirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch die Kläger eingeleiteten Deckungsprozess davon auszugehen, dass die U den Klägern wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne schadensersatzpflichtig ist, §§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V. m. § 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB, weil sie die Kläger entgegen den in ihrer Eigenschaft als Treuhandkommanditistin begründeten Pflicht, die künftigen Treugeber über alle für die Anlageentscheidung maßgeblich bedeutsamen Umstände zu informieren, nicht darüber aufgeklärt hatte, dass der Emissionsprospekt unzureichende Informationen über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken beinhaltete. Auf der Grundlage der in dem Urteil des LG Berlin vom 22.12. 2011 im Weiteren getroffenen Feststellungen sowie der unstreitigen, u.a. aus dem Anlageprospekt selbst hervorgehenden Erkenntnisse ist ferner im hiesigen Deckungsprozess davon auszugehen, dass sich die Gesellschafterstellung der U nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpfte, sondern die U auch einen eigenen Anteil hielt und damit nicht nur Treuhandgesellschafterin war, sondern auch „normale“ Gesellschafterin (vgl. dazu BGH, Urteil vom 09.07.2013- II ZR 193/11). Durch die ihr eingeräumte Entscheidungsbefugnis, ob sie Angebote auf den Abschluss von Treuhandverträgen annehmen wollte oder nicht, hatte die U zudem einen eigenen Handlungsspielraum, der ihre Rolle in dem Gesellschaftsgefüge von einer rein aufsichtführenden Treuhändertätigkeit deutlich unterschied. Die vom Landgericht in dem angefochtenen Urteil aufgezeigten hinzutretenden Besonderheiten ihrer Aufgabenzuweisungen belegen, wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 06.02.2014 dargelegt hat, noch zusätzlich den unternehmerischen Charakter der von der U ausgeübten Funktionen. Indem die Kläger den vom Landgericht genannten Beispielen aus dem Katalog der von der U wahrzunehmenden Aufgaben und Befugnisse einen unternehmerischen Charakter absprechen, setzen sie ohne Erfolg lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der zutreffenden Beurteilung des Landgerichts.
16III.
17Die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen auch ansonsten vor. Die Sache hat keine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
19Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.
20Wert des Berufungsverfahrens: 21.145,00 €
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.