Landgericht Karlsruhe Urteil, 25. Feb. 2011 - 6 O 350/10

bei uns veröffentlicht am25.02.2011

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 105,- nebst 5 % Zins p.a. über dem jeweils gültigen Basiszins der EZB seit dem 28.10.2010 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.
Am 13. September 2010 ereignete sich gegen 17.20 Uhr auf der Neureuter Straße in K. ein Verkehrsunfall, an dem das Fahrzeug der Klägerin, eine Straßen-Reinigungsmaschine Mitsubishi Canter Airmatic, amtl. Kennzeichen XXXXX, und der Zeuge W. mit seinem Fahrzeug, einem Pkw Mercedes Benz, E-Klasse, mit dem amtlichen Kennzeichen YYYYY, haftpflichtversichert bei der beklagten Versicherung, beteiligt waren. Die Parteien streiten lediglich über die Höhe des durch den Zeugen W. an dem Lkw verursachten Schaden.
Die Klägerin holte bei einem Ingenieurbüro F. ein Schadensgutachten zur Schadenshöhe ein, welches am 27. September 2010 erstattet wurde. In diesem Gutachten sind Reparaturkosten in Höhe von brutto EUR 36.172,57 ausgewiesen. Das Gutachten nimmt zum Schadenshergang mangels bekannter Einzelheiten nicht Stellung und stellt fest, dass die Schäden durch ein unmittelbar von außen her, mit plötzlicher mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis verursacht wurden. An Materialkosten werden dabei für eine beschädigte Rotorhaube EUR 17.840,-, für einen Verfahrschlitten EUR 3.440,- und eine Grundplatte EUR 2.960,- angesetzt.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten im Anlagenheft Seiten 17 bis 59 (im Folgenden: AH Seite) verwiesen.
Die Klägerin behauptet,
der Fahrer W. habe beim Rückwärtsausparken das stehende Fahrzeug der Beklagten übersehen und durch einen Anstoß schwer beschädigt, wodurch sämtliche in dem Gutachten F. festgestellten Schäden verursacht worden seien. Zu ersetzen seien deshalb Reparaturkosten in Höhe von netto EUR 29.402,79, sowie Kosten für das Gutachten in Höhe von EUR 1.617,00, eine Auslagenpauschale in Höhe von EUR 20,00 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.099,00.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 31.045,79 nebst 5 % Zins p.a. über dem jeweils gültigen Basiszins der EZB seit dem 28.10.2010 zu bezahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.099,00 nebst 5 % Zins p.a. über dem jeweils gültigen Basiszins der EZB seit dem 28.10.2010 zu bezahlen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Das Gericht hat verhandelt am 02. Februar 2011 und in dieser Verhandlung die Zeugen W. und H. vernommen; es hat durch den vom Gericht beauftragten. Sachverständigen Dipl. Ing K. ein mündliches Gutachten erstatten lassen.
13 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Hinweise zum Umfang der Beweisaufnahme gegeben.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung (AS. 47 - 95) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die zulässige Klage ist weit überwiegend nicht begründet.
I.
16 
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung eines Schadens in Höhe von EUR 105,- (§§ 823, 249 BGB, § 7 Abs. 1 StrVG, § 115 VVG).
17 
1. Die volle Einstandspflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherer für den Unfallschaden vom 13. September 2010 durch den von dem Zeugen W. gelenkten Pkw Mercedes Benz steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
18 
2. Der Klägerin ist der Nachweis nicht gelungen, dass ihr durch diesen Unfall an ihrem Lkw Mitsubishi Canter Airmatic der geltend gemachte Schaden in Höhe von netto EUR 29.402,79 entstanden ist. Das Gericht ist vielmehr nach der Beweisaufnahme davon überzeigt, dass der Mercedes lediglich einen geringfügigen Streifschaden in Höhe von höchstens EUR 100,- verursacht hat.
19 
a) - c) (wird ausgeführt)
20 
d) Die Schriftsätze der Klägerin vom 07. Februar 2011 (AS 149/151) und vom 21. Februar 2011 (AS. 165/167) gingen bei Gericht nach mündlicher Verhandlung vom 2. Februar 2011 ein und das in ihnen enthaltene Vorbringen ist nicht mehr zu berücksichtigen (§ 296 a Satz 1 ZPO). Der dort erstmals angebotene Zeuge S. war daher nicht zum Hergang des Unfalls zu vernehmen.
21 
Ein Schriftsatzrecht war in der mündlichen Verhandlung vom 02. Februar 2011 weder beantragt, noch gewährt worden (§ 283 ZPO).
22 
Das Verfahren war auch nicht wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Das Gericht hatte zur mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2011 mit Verfügung vom 7. Dezember 2010 (AS. 25) lediglich die Zeugen H. und W. gem. § 273 ZPO zu dem Beweisthema „Hergang des Verkehrsunfalls vom 13. September 2010 … und der Umfang des dadurch …entstandenen Schadens“ geladen. Eine Rüge der Klägerin, es müsse auch der sachverständige Zeuge F. geladen werden, ist durch die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
23 
Die Klägerin trägt auch nicht vor, welche Erkenntnisse der benannte sachverständige Zeuge F. über den Hergang des Unfalls beibringen können soll. In seinem Privatgutachten vom 27. September 2010 hat der benannte Zeuge F. sogar ausdrücklich ausgeführt, dass zum Schadenshergang Einzelheiten nicht bekannt seien (Gutachten Seite 4 - AH 23). Dass die von dem Zeugen F. festgestellten Schäden am Lkw der Klägerin tatsächlich vorhanden waren, hat auch der vom Gericht bestellte Sachverständige K. nicht in Abrede gestellt. Er hat jedoch aufgrund der Gegenüberstellung der Schäden an den Fahrzeugen Ausführungen dazu gemacht, welche der am Lkw vorhanden Schäden auf das Unfallereignis vom 13. September 2010 und den unfallverursachenden Pkw Mercedes zurückzuführen sind.
24 
Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit der Einführung in den Sach- und Streitstand und der Vernehmung der Zeugen H. und W. bereits darauf hingewiesen, dass die Klägerin für den Hergang des Unfalls und den durch den Unfall verursachten Schaden lediglich ein Sachverständigengutachten als Beweis angeboten habe, nicht jedoch den Fahrer des Lkw. Der im Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 (AS. 21) angebotene sachverständige Zeuge F. könne zum Hergang des Unfalls keine Ausführungen machen, da er lediglich Beschädigungen am Lkw untersucht und festgestellt habe. Trotz dieses Hinweises ist weder ein Zeuge in der mündlichen Verhandlung benannt, noch ein Schriftsatzrecht zu diesen Hinweisen beantragt worden. Die Parteien haben vielmehr streitig zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt und mit dem Gericht - ohne weitere Anträge zu stellen - das Ergebnis der Beweisaufnahme erörtert (§§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO - vgl. Protokoll vom 2. Februar 2011, Seite 7 - AS. 59). Damit wurde das gebotene Verfahren beachtet und den Parteien das rechtliche Gehör gewährt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - VI ZR 162/06 - ZMGR 2007, 141; Beschluss vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 307/04 - BGHReport 2006, 529; BGH, Urteile vom 24. Januar 2001 - IV ZR 264/99 - MDR 2001, 830; vom 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121, 122).
25 
Daher war der Klägerin auch nicht nochmals nach der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör zu gewähren und die mündliche Verhandlung nicht nochmals zu eröffnen (§ 156 ZPO).
26 
e) Wie der Sachverständige K. in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, ist zur Instandsetzung des Fahnenträgers erforderlich, diesen Fahnenträger abzubauen und zu richten. Der Sachverständige ging hierbei von Kosten im Bereich von unter 100 Euro aus. Dieser Betrag war daher der Klägerin als erstattungsfähiger Betrag zuzuerkennen (§ 287 ZPO).
27 
4. Die Klägerin erhält für die Geltendmachung ihres Schadenersatzanspruchs gegenüber der Beklagten eine Kostenpauschale von EUR 5,00 (§ 249 BGB) erstattet. Bei einem geringfügigen Schaden von EUR 100,- schätzt das Gericht den Aufwand in einem Telefonat nebst einem Brief oder einem Fax. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich auf höchstens EUR 5,00 (§ 287 ZPO).
28 
5. Die Klägerin kann die Kosten für das Sachverständigengutachten nicht ersetzt verlangen.
29 
Die Kosten für ein Sachverständigengutachten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - IV ZR 67/06 - NJW 2007, 145 m.w.N.). Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn das Gutachten wegen falscher Angaben des Geschädigten unbrauchbar ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Kommentar, 70. Auflage, 2011, Rdn 58 zu § 249 m.w.N.).
30 
Im vorliegenden Fall war das Gutachten F. vom 27. September 2010 für die Feststellung und Durchsetzung der Schäden vom Unfallereignis 13. September 2010 gänzlich unbrauchbar. Es hat weitestgehend Schäden festgestellt, die in keinem Zusammenhang mit dem Unfall vom 13. September 2010 stehen. Diese Schäden müssen von einem früheren oder späteren Schadensereignis stammen, über die die Klägerin fehlerhaft den Sachverständigen F. nicht unterrichtete. Gegen die Geltendmachung einer Forderung von lediglich EUR 100,- hätte die Beklagte - für das Gericht ohne Zweifel - keine Einwände erhoben, da dieser Schaden den Schilderungen ihres Versicherten über den Hergang des Unfalls vom 13. September 2010 und des daraus typischerweise resultierenden Schadens entsprochen hätte. Wie der Sachverständige Kurz in der mündlichen Verhandlung vom 02. Februar 2011 ausgeführt hat, war durch den Unfall lediglich die Begrenzungsstange des Lkw verbogen worden und wäre ohne Materialkosten durch bloßes Richten reparierbar gewesen. Da aus den korrespondierenden Schäden an Lkw und Pkw auch ohne Weiteres erkennbar war, dass es sich lediglich um einen kleinen Streifschaden gehandelt hat, war ein Gutachten zur Prüfung, ob eventuell im nicht sofort erkennbaren Bereich der Reinigungsanlage des Lkw weitere Schäden entstanden sein könnten, für einen vernünftig handelnden Geschädigten nicht geboten. Ebenso wie ein beim Ausparken am Nachbarfahrzeug verursachter Kratzer an der Stoßstange kein Gutachten über eine mögliche Schädigung der Spurstange erforderlich macht, war im vorliegenden Fall ein Schadensgutachten zur Durchsetzung der Rechte der Klägerin nicht notwendig.
31 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage daher in Höhe von EUR 105,00 stattzugeben; im Übrigen war sie abzuweisen.
II.
32 
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten zu. Die der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten sind für die Abwicklung des Schadens aus dem konkreten Unfall weder zweckmäßig, noch erforderlich gewesen.
33 
Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Dabei hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - NJW 2006, 1065 m.w.N.). Das trifft in einfach gelagerten Fällen nur zu, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. BGH, Urteil vom 08. November 1994 - VI ZR 3/94 - NJW 1995, 446).
34 
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen solchen einfach gelagerten Unfall, bei dem der Klägerin lediglich ein sehr geringer Schaden in Höhe von maximal EUR 100,- entstanden ist. Die Schadensabwicklung wurde erst dadurch umfangreich und kompliziert, als sich die Beklagte gegen eine um das 310fach überhöhte Forderung der Klägerin zur Wehr setzte. Die Klägerin hat sich also eines Rechtsbeistandes bedient, um statt einer tatsächlichen Bagatelle einen angeblichen Großschaden gerichtlich geltend zu machen. Die Beauftragung eines Anwalts ist in diesen Fällen nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar missbräuchlich. Gegen die Geltendmachung einer Forderung von lediglich EUR 100,- hätte die Beklagte - für das Gericht ohne Zweifel - keine Einwände erhoben, da dieser Schaden den Schilderungen ihres Versicherten über den Hergang des Unfalls vom 13. September 2010 und des daraus typischerweise resultierenden Schadens entsprochen hätte. In denjenigen Fällen, deren Bearbeitung an einen Rechtsanwalt abgegeben wird, muss dieser von der Geschädigten zunächst über den Schadensfall informiert werden, was einen vergleichbaren Zeitaufwand erfordert. Jedenfalls kann die der Geschädigten grundsätzlich obliegende erstmalige Anmeldung einfach gelagerter Schadensfälle organisatorisch derart eingerichtet werden, dass der hierzu erforderliche Zeitaufwand die zur Information eines Rechtsanwalts erforderliche Mühewaltung nicht nennenswert übersteigt. Diese Mühewaltung könnte jedoch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht geltend gemacht werden, weil es sich insoweit um den gewöhnlichen Zeitaufwand des Geschädigten bei Wahrung seiner Rechte und Durchsetzung seines Anspruchs handelt, der von der Haftung des Schädigers nicht umfasst wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08. November 1994 - VI ZR 3/94 - NJW 1995, 446 m.w.N.).
35 
Der Klägerin sind deshalb nicht aus einem Streitwert von EUR 100,- Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
36 
2. Der Zinsanspruch der Klägerin rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO, die der Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

Gründe

 
15 
Die zulässige Klage ist weit überwiegend nicht begründet.
I.
16 
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung eines Schadens in Höhe von EUR 105,- (§§ 823, 249 BGB, § 7 Abs. 1 StrVG, § 115 VVG).
17 
1. Die volle Einstandspflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherer für den Unfallschaden vom 13. September 2010 durch den von dem Zeugen W. gelenkten Pkw Mercedes Benz steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
18 
2. Der Klägerin ist der Nachweis nicht gelungen, dass ihr durch diesen Unfall an ihrem Lkw Mitsubishi Canter Airmatic der geltend gemachte Schaden in Höhe von netto EUR 29.402,79 entstanden ist. Das Gericht ist vielmehr nach der Beweisaufnahme davon überzeigt, dass der Mercedes lediglich einen geringfügigen Streifschaden in Höhe von höchstens EUR 100,- verursacht hat.
19 
a) - c) (wird ausgeführt)
20 
d) Die Schriftsätze der Klägerin vom 07. Februar 2011 (AS 149/151) und vom 21. Februar 2011 (AS. 165/167) gingen bei Gericht nach mündlicher Verhandlung vom 2. Februar 2011 ein und das in ihnen enthaltene Vorbringen ist nicht mehr zu berücksichtigen (§ 296 a Satz 1 ZPO). Der dort erstmals angebotene Zeuge S. war daher nicht zum Hergang des Unfalls zu vernehmen.
21 
Ein Schriftsatzrecht war in der mündlichen Verhandlung vom 02. Februar 2011 weder beantragt, noch gewährt worden (§ 283 ZPO).
22 
Das Verfahren war auch nicht wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Das Gericht hatte zur mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2011 mit Verfügung vom 7. Dezember 2010 (AS. 25) lediglich die Zeugen H. und W. gem. § 273 ZPO zu dem Beweisthema „Hergang des Verkehrsunfalls vom 13. September 2010 … und der Umfang des dadurch …entstandenen Schadens“ geladen. Eine Rüge der Klägerin, es müsse auch der sachverständige Zeuge F. geladen werden, ist durch die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
23 
Die Klägerin trägt auch nicht vor, welche Erkenntnisse der benannte sachverständige Zeuge F. über den Hergang des Unfalls beibringen können soll. In seinem Privatgutachten vom 27. September 2010 hat der benannte Zeuge F. sogar ausdrücklich ausgeführt, dass zum Schadenshergang Einzelheiten nicht bekannt seien (Gutachten Seite 4 - AH 23). Dass die von dem Zeugen F. festgestellten Schäden am Lkw der Klägerin tatsächlich vorhanden waren, hat auch der vom Gericht bestellte Sachverständige K. nicht in Abrede gestellt. Er hat jedoch aufgrund der Gegenüberstellung der Schäden an den Fahrzeugen Ausführungen dazu gemacht, welche der am Lkw vorhanden Schäden auf das Unfallereignis vom 13. September 2010 und den unfallverursachenden Pkw Mercedes zurückzuführen sind.
24 
Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit der Einführung in den Sach- und Streitstand und der Vernehmung der Zeugen H. und W. bereits darauf hingewiesen, dass die Klägerin für den Hergang des Unfalls und den durch den Unfall verursachten Schaden lediglich ein Sachverständigengutachten als Beweis angeboten habe, nicht jedoch den Fahrer des Lkw. Der im Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 (AS. 21) angebotene sachverständige Zeuge F. könne zum Hergang des Unfalls keine Ausführungen machen, da er lediglich Beschädigungen am Lkw untersucht und festgestellt habe. Trotz dieses Hinweises ist weder ein Zeuge in der mündlichen Verhandlung benannt, noch ein Schriftsatzrecht zu diesen Hinweisen beantragt worden. Die Parteien haben vielmehr streitig zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt und mit dem Gericht - ohne weitere Anträge zu stellen - das Ergebnis der Beweisaufnahme erörtert (§§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO - vgl. Protokoll vom 2. Februar 2011, Seite 7 - AS. 59). Damit wurde das gebotene Verfahren beachtet und den Parteien das rechtliche Gehör gewährt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - VI ZR 162/06 - ZMGR 2007, 141; Beschluss vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 307/04 - BGHReport 2006, 529; BGH, Urteile vom 24. Januar 2001 - IV ZR 264/99 - MDR 2001, 830; vom 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121, 122).
25 
Daher war der Klägerin auch nicht nochmals nach der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör zu gewähren und die mündliche Verhandlung nicht nochmals zu eröffnen (§ 156 ZPO).
26 
e) Wie der Sachverständige K. in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, ist zur Instandsetzung des Fahnenträgers erforderlich, diesen Fahnenträger abzubauen und zu richten. Der Sachverständige ging hierbei von Kosten im Bereich von unter 100 Euro aus. Dieser Betrag war daher der Klägerin als erstattungsfähiger Betrag zuzuerkennen (§ 287 ZPO).
27 
4. Die Klägerin erhält für die Geltendmachung ihres Schadenersatzanspruchs gegenüber der Beklagten eine Kostenpauschale von EUR 5,00 (§ 249 BGB) erstattet. Bei einem geringfügigen Schaden von EUR 100,- schätzt das Gericht den Aufwand in einem Telefonat nebst einem Brief oder einem Fax. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich auf höchstens EUR 5,00 (§ 287 ZPO).
28 
5. Die Klägerin kann die Kosten für das Sachverständigengutachten nicht ersetzt verlangen.
29 
Die Kosten für ein Sachverständigengutachten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - IV ZR 67/06 - NJW 2007, 145 m.w.N.). Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn das Gutachten wegen falscher Angaben des Geschädigten unbrauchbar ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Kommentar, 70. Auflage, 2011, Rdn 58 zu § 249 m.w.N.).
30 
Im vorliegenden Fall war das Gutachten F. vom 27. September 2010 für die Feststellung und Durchsetzung der Schäden vom Unfallereignis 13. September 2010 gänzlich unbrauchbar. Es hat weitestgehend Schäden festgestellt, die in keinem Zusammenhang mit dem Unfall vom 13. September 2010 stehen. Diese Schäden müssen von einem früheren oder späteren Schadensereignis stammen, über die die Klägerin fehlerhaft den Sachverständigen F. nicht unterrichtete. Gegen die Geltendmachung einer Forderung von lediglich EUR 100,- hätte die Beklagte - für das Gericht ohne Zweifel - keine Einwände erhoben, da dieser Schaden den Schilderungen ihres Versicherten über den Hergang des Unfalls vom 13. September 2010 und des daraus typischerweise resultierenden Schadens entsprochen hätte. Wie der Sachverständige Kurz in der mündlichen Verhandlung vom 02. Februar 2011 ausgeführt hat, war durch den Unfall lediglich die Begrenzungsstange des Lkw verbogen worden und wäre ohne Materialkosten durch bloßes Richten reparierbar gewesen. Da aus den korrespondierenden Schäden an Lkw und Pkw auch ohne Weiteres erkennbar war, dass es sich lediglich um einen kleinen Streifschaden gehandelt hat, war ein Gutachten zur Prüfung, ob eventuell im nicht sofort erkennbaren Bereich der Reinigungsanlage des Lkw weitere Schäden entstanden sein könnten, für einen vernünftig handelnden Geschädigten nicht geboten. Ebenso wie ein beim Ausparken am Nachbarfahrzeug verursachter Kratzer an der Stoßstange kein Gutachten über eine mögliche Schädigung der Spurstange erforderlich macht, war im vorliegenden Fall ein Schadensgutachten zur Durchsetzung der Rechte der Klägerin nicht notwendig.
31 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage daher in Höhe von EUR 105,00 stattzugeben; im Übrigen war sie abzuweisen.
II.
32 
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten zu. Die der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten sind für die Abwicklung des Schadens aus dem konkreten Unfall weder zweckmäßig, noch erforderlich gewesen.
33 
Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Dabei hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - NJW 2006, 1065 m.w.N.). Das trifft in einfach gelagerten Fällen nur zu, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. BGH, Urteil vom 08. November 1994 - VI ZR 3/94 - NJW 1995, 446).
34 
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen solchen einfach gelagerten Unfall, bei dem der Klägerin lediglich ein sehr geringer Schaden in Höhe von maximal EUR 100,- entstanden ist. Die Schadensabwicklung wurde erst dadurch umfangreich und kompliziert, als sich die Beklagte gegen eine um das 310fach überhöhte Forderung der Klägerin zur Wehr setzte. Die Klägerin hat sich also eines Rechtsbeistandes bedient, um statt einer tatsächlichen Bagatelle einen angeblichen Großschaden gerichtlich geltend zu machen. Die Beauftragung eines Anwalts ist in diesen Fällen nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar missbräuchlich. Gegen die Geltendmachung einer Forderung von lediglich EUR 100,- hätte die Beklagte - für das Gericht ohne Zweifel - keine Einwände erhoben, da dieser Schaden den Schilderungen ihres Versicherten über den Hergang des Unfalls vom 13. September 2010 und des daraus typischerweise resultierenden Schadens entsprochen hätte. In denjenigen Fällen, deren Bearbeitung an einen Rechtsanwalt abgegeben wird, muss dieser von der Geschädigten zunächst über den Schadensfall informiert werden, was einen vergleichbaren Zeitaufwand erfordert. Jedenfalls kann die der Geschädigten grundsätzlich obliegende erstmalige Anmeldung einfach gelagerter Schadensfälle organisatorisch derart eingerichtet werden, dass der hierzu erforderliche Zeitaufwand die zur Information eines Rechtsanwalts erforderliche Mühewaltung nicht nennenswert übersteigt. Diese Mühewaltung könnte jedoch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht geltend gemacht werden, weil es sich insoweit um den gewöhnlichen Zeitaufwand des Geschädigten bei Wahrung seiner Rechte und Durchsetzung seines Anspruchs handelt, der von der Haftung des Schädigers nicht umfasst wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08. November 1994 - VI ZR 3/94 - NJW 1995, 446 m.w.N.).
35 
Der Klägerin sind deshalb nicht aus einem Streitwert von EUR 100,- Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
36 
2. Der Zinsanspruch der Klägerin rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO, die der Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

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(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 115 Direktanspruch


(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, 1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder2.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners


Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 273 Vorbereitung des Termins


(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. (2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere1.den Parteien die Ergänzung oder E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 285 Verhandlung nach Beweisaufnahme


(1) Über das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Parteien unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln. (2) Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozessgericht erfolgt, so haben die Parteien ihr Ergebnis auf Grund der Beweisverhandlung

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Landgericht Karlsruhe Urteil, 25. Feb. 2011 - 6 O 350/10 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landgericht Karlsruhe Urteil, 25. Feb. 2011 - 6 O 350/10 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2005 - VI ZR 307/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 307/04 vom 20. Dezember 2005 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr beschlo

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2006 - VI ZR 43/05

bei uns veröffentlicht am 10.01.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 43/05 Verkündet am: 10. Januar 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

(1) Über das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Parteien unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln.

(2) Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozessgericht erfolgt, so haben die Parteien ihr Ergebnis auf Grund der Beweisverhandlungen vorzutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 307/04
vom
20. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. November 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 305.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, weil er nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe die Wiedereinsetzung innerhalb der zweiwöchigen Frist beantragt und zugleich die Nichtzulassungsbeschwerde begründet hat (§§ 233, 234 ZPO).

II.

2
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht sein Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Deshalb verweist der Senat den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
3
Nach §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO ist über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln und der Sach- und Streitstand erneut mit den Parteien zu erörtern. Findet sich im Protokoll kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt haben, steht ein Verstoß gegen §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO fest (§§ 165, 160 Abs. 2 ZPO). Dies ist - schon im Hinblick auf die damit regelmäßig verbundene Verletzung des rechtlichen Gehörs - grundsätzlich als Verfahrensfehler anzusehen (vgl. BGH, Urteile vom 24. Januar 2001 - IV ZR 264/99 - MDR 2001, 830; vom 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121, 122). Ein solcher Verstoß liegt hier vor. Im Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2004 findet sich kein Hinweis darauf, dass die Parteien nach Anhörung des Gerichtssachverständigen zum Beweisergebnis verhandelt haben.
4
Dieser Verfahrensfehler stellt zugleich eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör dar, weil nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf ihm beruht. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Beweisergebnis hätte nämlich zu einer für ihn günstigeren Entscheidung führen können (vgl. BVerfG NJW 1994, 1210). Der Beschwerdeführer hat mit der Nichtzulassungsbeschwerde und in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 29. Oktober 2004 und vom 5. November 2004 Umstände vorgetragen, die die Ausführungen des Gerichtssachverständigen, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, in Frage stellen, soweit dieses die hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Befund verneint hat, der am 23. März 1995 bereits in der Zeit vor 10.20 Uhr ein sofortiges Handeln erforderlich gemacht hätte. Wenn dem Kläger Gelegenheit zu einer Stellungnahme zum Beweisergebnis gegeben worden wäre und er diese Gesichtspunkte vorgetragen hätte, hätte sich das Berufungsgericht damit auseinandersetzen und die Beweisaufnahme ergänzen müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass es in diesem Fall unter Berücksichtigung der hierfür geltenden Kriterien (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1027 f.; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 19. Juni 2001 - VI ZR 286/00 - VersR 2001, 1115, 1116 und vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030, jeweils m.w.N.) einen etwaigen Behandlungsfehler als grob fehlerhaft bewertet hätte und damit zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Ursächlichkeit des Fehlers für die Behinderung des Klägers gekommen wäre.
5
Das Berufungsgericht wird nach einer Zurückverweisung Gelegenheit haben, auch die im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Einwände des Klägers zu berücksichtigen und in seine Entscheidung einzubeziehen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 28.05.2004 - 4 O 31/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 08.11.2004 - 1 U 51/04 -

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 43/05 Verkündet am:
10. Januar 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten, die dem Geschädigten durch die
anwaltliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen eigenen Unfallversicherer
entstehen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - LG Osnabrück
AG Meppen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 26. Januar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. Februar 2000, bei dem er erheblich verletzt wurde. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, dessen volle Haftung außer Streit steht. Der Kläger beauftragte seinen Rechtsanwalt auch mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen seine private Unfallversicherung. Diese zahlte ihm nach Begutachtung seines Gesundheitszustands eine Invaliditätsentschädigung von 57.258,71 €. Der Kläger verlangt Ersatz des insoweit angefallenen Anwaltshonorars von 1.098,69 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass Rechtsanwaltskosten, die dem Geschädigten aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den eigenen Unfallversicherer entstehen, nicht zu den infolge des Schadensereignisses adäquat kausal angefallenen und gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten zählen, weil es dabei nicht um die Durchsetzung eines auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs gehe, sondern um die Geltendmachung einer vertraglichen Leistung. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht dargetan, weshalb die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Streitfall erforderlich gewesen sei.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
1. Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich der Umfang der auf §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG beruhenden Ersatzpflicht der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). Ist wegen der Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. Ersatz der erforderlichen Herstellungskosten verlangen, d.h. insbesondere die Kosten für notwendige Heilbehandlungen sowie Kur- und Pflegekosten. Daneben umfasst der zu ersetzende Schaden gemäß § 252 BGB auch den entgangenen Gewinn. Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist ihm darüber hinaus gemäß § 843 BGB Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten.
5
Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile BGHZ 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - VersR 1968, 1145, 1147; BGHZ 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02 - VersR 2004, 869, 871, jeweils m.w.N.) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
6
Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich , anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung OLG Hamm, ZfS 1983, 12; OLG Karlsruhe, VRS 77, 6, 9; VersR 1991, 1297 und NZV 1990, 431; LG Kaiserslautern, DAR 1993, 196, 197; Böhm, DAR 1988, 213 f.; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1401 f.; Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; Gött- lich/Mümmler/Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort: "Kaskoversicherung" , Anm. 2, jeweils m.w.N.; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden LG Münster, VersR 2003, 98 f.). Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ersatzfähig sein, nämlich dann, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558). Macht der Geschädigte gegenüber seinem Versicherer eine Forderung geltend, die zwar nach den Versicherungsbedingungen begründet ist, vom Schädiger aber nicht zu ersetzen ist, weil es insoweit an einem Schaden des Geschädigten fehlt, ist allerdings auch zu prüfen, inwieweit die durch die Anmeldung entstandenen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 109/03 - VersR 2004, 876 und vom 6. Juli 2004 - VI ZR 266/03 - VersR 2004, 1180, 1181 m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1996 - V ZR 158/95 - NJW 1997, 520).
7
2. Im Falle der Verletzung einer Person ist die Grenze der Ersatzpflicht dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der Gesundheit, dem Ersatz entgangenen Gewinns oder der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse dienen. Dies kann der Fall sein, wenn der Geschädigte Kosten aufwendet, um von seinem privaten Unfallversicherer Leistungen zu erhalten, die den von dem Schädiger zu erbringenden Ersatzleistungen weder ganz noch teilweise entsprechen. Das ist zu erwägen, wenn dem Geschädigten nach den Vertragsbedingungen seiner Unfallversicherung ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zusteht, insoweit ein Ersatzanspruch - etwa unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs vermehrter Be- dürfnisse - gegen den Schädiger nach Lage des Falles aber nicht besteht. Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Dies wird das Berufungsgericht zu klären haben.
8
3. Eine Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten kann im Einzelfall aber auch dann in Betracht kommen, wenn es an einer derartigen Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehlt. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Geschädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1994, VersR 1995, 183, 184). Vorliegend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen privaten Unfallversicherer verneint und ausgeführt, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei hierfür nicht erforderlich gewesen, denn der Kläger hätte die Ansprüche selbst geltend machen können. Zu den erheblichen Verletzungen, dem Inhalt der Gutachten und dem Verhalten des Unfallversicherers fehle es an substantiiertem Sachvortrag.
9
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht überspannt die Darlegungslast des Klägers. Dieser hat nämlich vorgetragen, er sei aufgrund seiner schweren Verletzungen, von denen die Beklagte gewusst habe, auf unbestimmte Zeit nicht in der Lage gewesen, sich selbst um die Geltendmachung und Wahrung seiner Ansprüche zu kümmern. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, befand sich der Kläger für längere Zeit in stationärer Krankenhausbehandlung. Diese Umstände hat das Berufungsgericht nicht ausreichend bedacht. Seine Beurteilung, die Rechtsverfolgungskosten seien nicht erforderlich gewesen, begegnet bei dieser Sachlage durchgreifenden Bedenken und kann deshalb keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die Umstände des Streitfalls umfassend zu würdigen und gegebenenfalls noch fehlende Feststellungen zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nachzuholen. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Meppen, Entscheidung vom 10.09.2004 - 3 C 720/04 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 26.01.2005 - 2 S 678/04 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

(1) Über das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Parteien unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln.

(2) Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozessgericht erfolgt, so haben die Parteien ihr Ergebnis auf Grund der Beweisverhandlungen vorzutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 307/04
vom
20. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. November 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 305.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, weil er nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe die Wiedereinsetzung innerhalb der zweiwöchigen Frist beantragt und zugleich die Nichtzulassungsbeschwerde begründet hat (§§ 233, 234 ZPO).

II.

2
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht sein Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Deshalb verweist der Senat den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
3
Nach §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO ist über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln und der Sach- und Streitstand erneut mit den Parteien zu erörtern. Findet sich im Protokoll kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt haben, steht ein Verstoß gegen §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO fest (§§ 165, 160 Abs. 2 ZPO). Dies ist - schon im Hinblick auf die damit regelmäßig verbundene Verletzung des rechtlichen Gehörs - grundsätzlich als Verfahrensfehler anzusehen (vgl. BGH, Urteile vom 24. Januar 2001 - IV ZR 264/99 - MDR 2001, 830; vom 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121, 122). Ein solcher Verstoß liegt hier vor. Im Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2004 findet sich kein Hinweis darauf, dass die Parteien nach Anhörung des Gerichtssachverständigen zum Beweisergebnis verhandelt haben.
4
Dieser Verfahrensfehler stellt zugleich eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör dar, weil nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf ihm beruht. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Beweisergebnis hätte nämlich zu einer für ihn günstigeren Entscheidung führen können (vgl. BVerfG NJW 1994, 1210). Der Beschwerdeführer hat mit der Nichtzulassungsbeschwerde und in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 29. Oktober 2004 und vom 5. November 2004 Umstände vorgetragen, die die Ausführungen des Gerichtssachverständigen, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, in Frage stellen, soweit dieses die hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Befund verneint hat, der am 23. März 1995 bereits in der Zeit vor 10.20 Uhr ein sofortiges Handeln erforderlich gemacht hätte. Wenn dem Kläger Gelegenheit zu einer Stellungnahme zum Beweisergebnis gegeben worden wäre und er diese Gesichtspunkte vorgetragen hätte, hätte sich das Berufungsgericht damit auseinandersetzen und die Beweisaufnahme ergänzen müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass es in diesem Fall unter Berücksichtigung der hierfür geltenden Kriterien (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1027 f.; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 19. Juni 2001 - VI ZR 286/00 - VersR 2001, 1115, 1116 und vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030, jeweils m.w.N.) einen etwaigen Behandlungsfehler als grob fehlerhaft bewertet hätte und damit zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Ursächlichkeit des Fehlers für die Behinderung des Klägers gekommen wäre.
5
Das Berufungsgericht wird nach einer Zurückverweisung Gelegenheit haben, auch die im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Einwände des Klägers zu berücksichtigen und in seine Entscheidung einzubeziehen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 28.05.2004 - 4 O 31/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 08.11.2004 - 1 U 51/04 -

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 43/05 Verkündet am:
10. Januar 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten, die dem Geschädigten durch die
anwaltliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen eigenen Unfallversicherer
entstehen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - LG Osnabrück
AG Meppen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 26. Januar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. Februar 2000, bei dem er erheblich verletzt wurde. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, dessen volle Haftung außer Streit steht. Der Kläger beauftragte seinen Rechtsanwalt auch mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen seine private Unfallversicherung. Diese zahlte ihm nach Begutachtung seines Gesundheitszustands eine Invaliditätsentschädigung von 57.258,71 €. Der Kläger verlangt Ersatz des insoweit angefallenen Anwaltshonorars von 1.098,69 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass Rechtsanwaltskosten, die dem Geschädigten aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den eigenen Unfallversicherer entstehen, nicht zu den infolge des Schadensereignisses adäquat kausal angefallenen und gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten zählen, weil es dabei nicht um die Durchsetzung eines auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs gehe, sondern um die Geltendmachung einer vertraglichen Leistung. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht dargetan, weshalb die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Streitfall erforderlich gewesen sei.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
1. Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich der Umfang der auf §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG beruhenden Ersatzpflicht der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). Ist wegen der Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. Ersatz der erforderlichen Herstellungskosten verlangen, d.h. insbesondere die Kosten für notwendige Heilbehandlungen sowie Kur- und Pflegekosten. Daneben umfasst der zu ersetzende Schaden gemäß § 252 BGB auch den entgangenen Gewinn. Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist ihm darüber hinaus gemäß § 843 BGB Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten.
5
Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile BGHZ 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - VersR 1968, 1145, 1147; BGHZ 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02 - VersR 2004, 869, 871, jeweils m.w.N.) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
6
Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich , anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung OLG Hamm, ZfS 1983, 12; OLG Karlsruhe, VRS 77, 6, 9; VersR 1991, 1297 und NZV 1990, 431; LG Kaiserslautern, DAR 1993, 196, 197; Böhm, DAR 1988, 213 f.; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1401 f.; Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; Gött- lich/Mümmler/Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort: "Kaskoversicherung" , Anm. 2, jeweils m.w.N.; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden LG Münster, VersR 2003, 98 f.). Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ersatzfähig sein, nämlich dann, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558). Macht der Geschädigte gegenüber seinem Versicherer eine Forderung geltend, die zwar nach den Versicherungsbedingungen begründet ist, vom Schädiger aber nicht zu ersetzen ist, weil es insoweit an einem Schaden des Geschädigten fehlt, ist allerdings auch zu prüfen, inwieweit die durch die Anmeldung entstandenen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 109/03 - VersR 2004, 876 und vom 6. Juli 2004 - VI ZR 266/03 - VersR 2004, 1180, 1181 m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1996 - V ZR 158/95 - NJW 1997, 520).
7
2. Im Falle der Verletzung einer Person ist die Grenze der Ersatzpflicht dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der Gesundheit, dem Ersatz entgangenen Gewinns oder der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse dienen. Dies kann der Fall sein, wenn der Geschädigte Kosten aufwendet, um von seinem privaten Unfallversicherer Leistungen zu erhalten, die den von dem Schädiger zu erbringenden Ersatzleistungen weder ganz noch teilweise entsprechen. Das ist zu erwägen, wenn dem Geschädigten nach den Vertragsbedingungen seiner Unfallversicherung ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zusteht, insoweit ein Ersatzanspruch - etwa unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs vermehrter Be- dürfnisse - gegen den Schädiger nach Lage des Falles aber nicht besteht. Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Dies wird das Berufungsgericht zu klären haben.
8
3. Eine Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten kann im Einzelfall aber auch dann in Betracht kommen, wenn es an einer derartigen Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehlt. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Geschädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1994, VersR 1995, 183, 184). Vorliegend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen privaten Unfallversicherer verneint und ausgeführt, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei hierfür nicht erforderlich gewesen, denn der Kläger hätte die Ansprüche selbst geltend machen können. Zu den erheblichen Verletzungen, dem Inhalt der Gutachten und dem Verhalten des Unfallversicherers fehle es an substantiiertem Sachvortrag.
9
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht überspannt die Darlegungslast des Klägers. Dieser hat nämlich vorgetragen, er sei aufgrund seiner schweren Verletzungen, von denen die Beklagte gewusst habe, auf unbestimmte Zeit nicht in der Lage gewesen, sich selbst um die Geltendmachung und Wahrung seiner Ansprüche zu kümmern. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, befand sich der Kläger für längere Zeit in stationärer Krankenhausbehandlung. Diese Umstände hat das Berufungsgericht nicht ausreichend bedacht. Seine Beurteilung, die Rechtsverfolgungskosten seien nicht erforderlich gewesen, begegnet bei dieser Sachlage durchgreifenden Bedenken und kann deshalb keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die Umstände des Streitfalls umfassend zu würdigen und gegebenenfalls noch fehlende Feststellungen zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nachzuholen. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Meppen, Entscheidung vom 10.09.2004 - 3 C 720/04 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 26.01.2005 - 2 S 678/04 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.