Landgericht Itzehoe Beschluss, 07. Jan. 2016 - 4 T 4/16

ECLI:ECLI:DE:LGITZEH:2016:0107.4T4.16.0A
bei uns veröffentlicht am07.01.2016

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 30.12.2015 wird wie folgt geändert:

Die Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses wird längstens bis zum 09.02.2016 angeordnet.

Die Betroffene darf bis zum 25.01.2016 zeitweise durch eine Fixierung in ihrer körperlichen Bewegungsfreiheit beschränkt werden, wenn und solange die Gefahr besteht, dass sie gegen Personen gewalttätig wird, sich selbst tötet oder erheblich verletzt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Die Betroffene ist … Jahre und ledig. Sie leidet nach den Gutachten der Sachverständigen … an einer schweren und verfestigten dissoziativen Persönlichkeitsstörung mit Gewaltneigung sowie suizidalen Tendenzen; sie verfügt über keine Empathie. Die Aktenlage ist geprägt durch nachhaltige und sich wiederholende auto- und fremdaggressive Handlungen der Betroffenen in der Vergangenheit.

2

(wird weiter ausgeführt)

3

Die Unterbringung der Betroffenen ist auch betreuungsgerichtlich nach § 1906 Abs. 1 BGB genehmigt bis Mai 2016.

4

Der Kreis Steinburg stellte am 8. Dezember 2015 einen ersten Antrag auf Unterbringung der Betroffenen nach PsychKG in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses mit der Möglichkeit der Fixierung der Betroffenen.

5

Das Amtsgericht Itzehoe hat am 8. Dezember 2015 im Beisein des Verfahrenspflegers die Betroffene angehört, ein Sachverständigengutachten eingeholt und sodann mit Beschluss vom gleichen Tag die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses sowie ihre Vollfixierung im Bett bis zum 29. Dezember 2015 angeordnet.

6

Mit Unterbringungsantrag vom 29.12.2015 beantragte der Kreis Steinburg die Verlängerung der angeordneten Maßnahmen.

7

Das Amtsgericht Itzehoe hat die Betroffene daraufhin am 30.12.2015 erneut angehört und in dieser Anhörung ein mündliches Gutachten durch die Sachverständige … eingeholt. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es die Verlängerung der Unterbringung und Vollfixierung der Betroffenen bis längstens zum 09.02.2015 angeordnet, wobei die Fixierung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken sei. Mit gleichem Beschluss hat es den Verfahrenspfleger für das Verfahren der Verlängerung der Unterbringung bestellt.

8

Das Beschwerdegericht hat die Betroffene im Beisein ihres Verfahrenspflegers am … erneut angehört und ein ergänzendes Gutachten der Sachverständigen … eingeholt, nachdem diese mit Beschluss vom gleichen Tag zur Sachverständigen bestellt worden war.

II.

9

Die nach §§ 58, 59 FamFG zulässige Beschwerde der Betroffenen hat teilweise Erfolg.

10

1. Die Anordnung der weiteren Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis zum 09.02.2016 ist im Ergebnis rechtmäßig.

11

Denn psychisch kranke Menschen können gemäß §§ 1, 7 PsychKG gegen oder ohne ihren Willen in einem geeigneten Krankenhaus untergebracht werden, wenn und solange sie infolge ihrer Krankheit ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderer erheblich gefährden und die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Eine Gefahr im o.g. Sinne besteht insbesondere dann, wenn sich die Krankheit so auswirkt, dass ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder unvorhersehbar ist, jedoch wegen besonderer Umstände jederzeit damit gerechnet werden muss. Die (erstinstanzlichen) Entscheidungen über die Unterbringung und eine ärztliche Zwangsmaßnahme werden vom Amtsgericht getroffen, § 9 PsychKG.

12

Diese materiellrechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Unterbringung der Betroffenen sind zweifelsfrei nach wie vor gegeben.

13

Die Betroffene leidet nach den Gutachten der Sachverständigen … an einer schweren und verfestigten dissozialen Persönlichkeitsstörung mit Gewaltneigung sowie suizidalen Tendenzen. Dabei verfügt die Betroffene über keinerlei Frustrationstoleranz, es imponiert eine Impulskontrollstörung mit vornehmlicher Fremdgefährdung und auch einer Tendenz zur Eigengefährdung bei suizidaler Neigung. Als Nebendiagnose wurde eine frühe und bislang unbehandelte ADHS Störung diagnostiziert. Die Sachverständige führte zur Überzeugung des Gerichts aus, dass die Betroffene bei grundsätzlich erhaltenen intellektuellen Fähigkeiten über keinerlei Empathie verfüge. Hierzu im Einklang ist die Aktenlage geprägt durch nachhaltige und sich wiederholende auto- und fremdaggressive Handlungen bis in die frühe Jugend der Betroffenen, welche strafrechtliche Verfolgungen nach sich zogen und z.T noch ziehen.

14

Auch im Rahmen der erneuten Anhörung am … wurde deutlich, dass bei der Betroffenen eine geringe Frustrationstoleranz besteht und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges oder autoaggressives Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten anzubieten, durch das die Betroffene in Konflikte mit ihrem Umfeld geriet.

15

Die Betroffene erscheint krankheitsbedingt nicht in der Lage zu sein, sich in sozialadäquater Weise in den Klinikalltag zu integrieren und eine tragfähige Compliance zu entwickeln. Nach den Ausführungen der Sachverständigen erschien sie in der jüngsten Vergangenheit in Gesprächen nicht erreichbar, bedrohlich und aggressiv. Sie bedrohte Menschen aus ihrer Umgebung, warf mit Gegenständen um sich und beging Fehlhandlungen. Sie versuchte, möglicherweise in suizidaler Absicht, Gegenstände zu schlucken (einen Kamm) und sich selbst zu verletzen, wodurch die Gefahr lebensbedrohlicher Verletzungen bestand. Mildere Alternativen zur Unterbringung der Betroffenen zum Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung und ihrer Behandlung in einem engmaschig überwachten Rahmen sind nicht erkennbar.

16

Die Unterbringung der Betroffenen nach dem PsychKG ist auch nicht dadurch obsolet, dass bereits eine Unterbringung der Betroffenen betreuungsgerichtlich bis Mai 2016 genehmigt worden ist. Denn die Unterbringungsvorschriften nach § 1906 BGB und nach § 7 PsychKG entstammen unterschiedlichen Rechtsgebieten, nämlich einerseits dem Zivilrecht, andererseits dem öffentlichen Recht der Gefahrenabwehr; sie stehen in keinem juristischen Konkurrenzverhältnis zueinander mit der Folge, dass die Unterbringungen jeweils unabhängig voneinander angeordnet und damit auch wieder aufgehoben werden können, so dass die Unterbringung nach dem PsychKG nicht bereits deswegen entbehrlich sein kann, weil eine - jederzeit aufhebbare - Unterbringungsmaßnahme nach dem BGB vorliegt.

17

In verfahrensrechtlicher Hinsicht war - da vorliegend nicht gem. § 10 PsychKG i.V.m. §§ 331 ff. FamFG im Wege der einstweiligen Anordnung verfahren worden ist - entsprechend der Vorgaben des BGH (Beschluss vom 16.09.2015 - XII ZB 250/15)  die Gutachterin gehalten, die Betroffene zum Zweck der Gutachtenerstattung zu untersuchen, wobei sie vor der Untersuchung der Betroffenen bereits zur Sachverständigen bestellt sein und der Betroffenen den Zweck der Untersuchung eröffnet haben musste (BGH FamRZ 2013, 1725).

18

Zusätzlich war der Verfahrenspfleger so rechtzeitig zu bestellen, dass er auf die gerichtliche Entscheidung noch Einfluss nehmen konnte (BGH, Beschluss vom 02. März 2011 - XII ZB 346/10 -, juris), mithin nicht erst mit dem angefochtenen Beschluss.

19

Diese erforderlichen Verfahrenshandlungen sind durch das Beschwerdegericht mit der Anhörung vom … und dem Beschluss vom gleichen Tag entsprechend § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG nachgeholt worden.

20

2. Insoweit das Amtsgericht Itzehoe „entsprechend § 16 Abs. 1. Ziff. 1 PsychKG“ auch die Fixierung der Betroffenen für den Zeitraum der Unterbringung angeordnet hat, greift die hiergegen gerichtete Beschwerde teilweise durch.

21

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts, auch über die Maßnahme der Fixierung eine richterliche Entscheidung in erster Instanz zu treffen, ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 9 PsychKG. Denn der hierin niedergelegte Richtervorbehalt für Entscheidungen über ärztliche Zwangsmaßnahmen umfasst nach dem Dafürhalten der Kammer auch Entscheidungen über die Fixierung von (auch bereits untergebrachten) Betroffenen (a.A. LG Lübeck, Beschluss vom 27.11.2012 - 7 T 732/12 - juris, Rdnr. 27).

22

§ 16 PsychKG stellt keine Grundlage für die richterliche Anordnung derartiger Maßnahmen dar, da er im Abschnitt 2 des PsychKG die Rechtsstellung Betroffener während der Unterbringung und Behandlung bei der Anwendung besonderer Sicherungsmaßnahmen lediglich näher beschreibt und dabei die behandelnden Ärzte adressiert, § 16 Abs. 4 PsychKG.

23

In entsprechender Anwendung des § 9 PsychKG ist der Richtervorbehalt für die Genehmigung von Fixierungsmaßnahmen im Anwendungsbereich des PsychKG von dieser Norm gedeckt, wenn auch vom Wortlaut der Norm Fixierungsmaßnahmen von der Entscheidungsbefugnis der Gerichte nicht umfasst sind.

24

Denn die entsprechende Anwendung von § 9 PsychKG erscheint vorliegend geboten vor dem Hintergrund eines Vergleichs mit der Rechtslage von zusätzlichen freiheitsentziehenden Maßnahmen im Rahmen der Unterbringung gem. § 1906 Abs. 1 und Abs. 4 BGB. Dort beschränkt § 1906 Abs. 4 BGB das Genehmigungserfordernis seinem Wortlaut nach auf Betroffene, die sich in einer Einrichtung befinden, ohne untergebracht zu sein. Da eine Unterbringung Betroffene tatsächlich aber oft sehr viel weniger beeinträchtigt als die in § 1906 Abs. 4 BGB benannten, zusätzlichen freiheitsentziehenden Maßnahmen, wird im Wege einer gesetzeskorrigierenden Rechtsfortbildung auch für untergebrachte Betroffene eine zusätzliche Genehmigung von Fixierungsmaßnahmen entsprechend § 1906 Abs. 4 BGB als geboten erachtet, selbst wenn schon bei der Genehmigung der Unterbringung von einem Einsatz fixierender Maßnahmen in der betroffenen Klinik auszugehen war (Palandt-Götz, 75. Aufl. 2016, § 1906 Rdnr. 34 m.w. N.).

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es daher auch im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB der gesonderten betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB, wenn dem Betroffenen (durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise) über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll, wobei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen ist (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 44/15 -, juris BGH FamRZ 2010, 1726 Rn. 27; BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 -, juris = BGH FamRZ 2012, 1866 Rdnr. 14 und BGHZ 166, 141, 153 = FamRZ 2006, 615, 618).

26

Diese Sichtweise entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der übrigen Rechtsprechung und dem Schrifttum (OLG Frankfurt FamRZ 2007, 673; OLG München FamRZ 2005, 1196; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 118; BayObLG FamRZ 1994, 721, 722; Staudinger/Bienwald BGB [2013] § 1906 Rn. 94; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 39; BeckOK BGB/Gabriele Müller [Stand: November 2014] § 1906 Rn. 21; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 80; a. A. LG Baden-Baden FamRZ 2010, 1471; LG Ulm FamRZ 2010, 1764; LG Freiburg FamRZ 2010, 1846).

27

Zusätzliche freiheitsentziehende Maßnahmen sind auch im Fall der Unterbringung nach PsychKG gesondert gerichtlich zu genehmigen, weil die Interessenlage der Betroffenen gleich gelagert erscheint. Die Frage des Richtervorbehalts hängt von der Intensität des Eingriffs in grundgesetzlich geschützte Rechte ab. Dass die Unterbringung selbst Betroffene im Einzelfall weniger beeinträchtigt als eine (zusätzliche) freiheitsentziehende Maßnahme ist in gleicher Weise der Fall, wenn eine Unterbringung nach PsychKG angeordnet worden ist. Im vorliegenden Einzelfall drückte die Betroffene sehr eindrücklich die nachhaltigen Beeinträchtigungen durch die bereits über Wochen andauernde Fixierung  im Anhörungstermin am … zur Überzeugung des Gerichts aus. Zudem käme einer nach dem PsychKG untergebrachten Person sonst keine Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Fixierungsmaßnahme zu; anders als im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 und 4 BGB.

28

Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Fixierung der Betroffenen sind grundsätzlich noch erfüllt. Nach den fachpsychiatrischen Ausführungen der Sachverständigen … dauern sowohl die Eigen- wie auch die Fremdgefährdung durch die Betroffene an. Auf obige Ausführungen wird insoweit verwiesen.

29

Der Zeitraum der genehmigten Fixierung war nach dem Ergebnis der Ermittlungen jedoch zu beschränken. Eine Unterbringung kann nach § 7 Abs. 1 PsychKG nur angeordnet werden, „solange“ die Gefahr andauert. Hierzu muss sich die Krankheit gem. § 7 Abs. 2 PsychKG so auswirken, dass ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder unvorhersehbar ist, jedoch wegen besonderer Umstände jederzeit damit gerechnet werden muss. Unter Berücksichtigung dieser legislativen Vorgaben, ergänzt durch § 16 PsychKG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, muss die Klinik der Betroffenen eine Chance auf eine entfixierte Unterbringung gewährleisten. Dazu ist im (vorliegenden) Einzelfall engmaschig zu prüfen, ob die Gefahrenlage tatsächlich noch andauert. Eine Fixierungsmaßnahme darf nach § 16 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 PsychKG nur befristet durch die behandelnden Ärzte angeordnet werden, flankiert durch entsprechende Vorgaben für die ärztliche Dokumentation gem. § 16 Abs. 5 PsychKG.

30

Die Kammer hat im vorliegenden Fall Bedenken hinsichtlich der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angesichts einer wochenlangen Vollfixierung der noch jungen Betroffenen, welche im Rahmen der Anhörung am … aufgrund der Fixierung sichtlich „mit ihren Nerven am Ende war“, im Gespräch recht klar und weder von ihrer körperlichen Verfassung noch von der Stimmungslage her aktuell gewalttätig wirkte. Der Zeitraum für die Überprüfung der Fixierungsmaßnahme war vor diesem Hintergrund zu verkürzen.

31

Die Möglichkeit einer Entfixierung der Betroffenen wird in den nächsten Wochen zu prüfen und möglichst auch zu erproben sein. Versuche dieser Art werden ärztlicherseits zu dokumentieren sein, damit auf dieser Grundlage bei Auslaufen des Beschlusses ggf. über eine Verlängerung der Maßnahmen substantiiert neu entschieden werden kann.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 26 Abs. 3 GNotKG, 81 FamFG.


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(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 250/15
vom
16. September 2015
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gutachter in einer Unterbringungssache muss schon vor der Untersuchung
des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ
2013, 1725).

b) Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage
setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den
Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014,
649).
BGH, Beschluss vom 16. September 2015 - XII ZB 250/15 - LG Itzehoe
AG Itzehoe
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2015
durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter,
Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 28. April 2015 und der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 30. April 2015 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 25 Abs. 2 GNotKG). Die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt (§ 337 Abs. 1 FamFG in entsprechender Anwendung

).



Gründe:

I.

1
Die 79jährige Betroffene leidet an einer schizomanischen Störung bei teilweise ausgeprägtem paranoiden Wahn- und Beziehungserleben mit assoziativer Lockerung und Affektlabilität, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Seit September 2010 steht sie unter rechtlicher Betreuung.
2
Auf Antrag des Betreuers hat das Amtsgericht am 17. März 2015 die Unterbringung der Betroffenen zwecks Heilbehandlung bis längstens zum 28. April 2015 genehmigt. Durch Beschluss vom 28. April 2015 hat es die weitere Unterbringung bis längstens zum 19. Mai 2015 genehmigt.
3
Dagegen hat der Verfahrenspfleger Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

4
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Der Rechtsbeschwerdeantrag richtet sich ausdrücklich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen und des landgerichtlichen Beschlusses. Die Rechtsbeschwerde hat zwar daneben auch beantragt, den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben. Weil das Verfahren indes durch Zeitablauf erledigt ist und hier eine Zurückverweisung nicht in Betracht kommt, ist eine zusätzliche Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses ausgeschlossen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 6 mwN).
6
2. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 7 mwN). Nachdem es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine einstweilige Anordnung handelt, steht § 70 Abs. 4 FamFG der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.
7
3. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht haben die Betroffene in ihren Rechten verletzt, was nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8 mwN) festzustellen ist.
8
a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Unterbringung sei gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB zulässig. Die Betroffene erlebe aufgrund ihrer psychischen Erkrankung ein antriebsgesteigertes, denkgestörtes maniformes Syndrom mit derzeit starker Tendenz zur unmittelbaren Selbstschädigung. Nach den eingeholten Sachverständigengutachten sei eine stationäre Behandlung zur Neueinstellung der von der Betroffenen benötigten Neuroleptika dringend notwendig. Unbehandelt sei davon auszugehen, dass sich der aktuelle Zustand weiter chronifiziere und dann mit einem zunehmenden Residualsyndrom zu rechnen sei, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken würde. Es bestehe bei ihr keine Krankheitseinsicht und keine Behandlungsbereitschaft. Die Unterbringung zwecks Heilbehandlung sei verhältnismäßig, um eine erneute Exazerbation bei der Betroffenen zu vermeiden.
9
b) Die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie sind - wie die Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht rügt - verfahrensfehlerhaft ergangen.
10
Gemäß § 329 Abs. 2 Satz 1 FamFG gelten für die Verlängerung der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme die Vorschriften für die erstmalige Anordnung oder Genehmigung entsprechend. Das bedeutet, dass sämtliche Verfahrensgarantien für die Erstentscheidung uneingeschränkt auch im Verlängerungsverfahren gelten, insbesondere die zwingende Anhörung des Betroffenen gemäß § 319 FamFG sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum (Fort-)Bestehen der Unterbringungsvoraussetzungen gemäß § 321 FamFG (Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 329 Rn. 10; SchulteBunert /Weinreich/Dodegge FamFG 4. Aufl. § 329 Rn. 8).
11
aa) § 321 Abs. 1 FamFG ordnet im Hinblick auf die mit der Unterbringung einhergehenden erheblichen Eingriffe in die Freiheitsrechte des Betroffenen zwingend die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Dadurch soll eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung zur Feststellung der medizinischen Voraussetzungen einer Unterbringung sichergestellt werden (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 14 mwN).
12
Gemäß § 321 Abs. 1 Satz 2 FamFG hat der Sachverständige den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen , wobei er vor der Untersuchung des Betroffenen bereits zum Sachverständigen bestellt sein und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnet haben muss, damit der Betroffene sein Recht, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, sinnvoll ausüben kann (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ 2013, 1725 Rn. 8 mwN).
13
Dem wird das vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht gerecht. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass weder aus den gerichtlichen Feststellungen noch aus der Akte ersichtlich wird, dass der Betroffenen die Bestellung ihrer behandelnden Ärztin zur gerichtlichen Sachverständigen vor Beginn der Begutachtung bekannt gegeben worden ist. Darüber hinaus kann dem mündlich erstatteten Gutachten nicht entnommen werden, dass die Sachverständige die Betroffene überhaupt auf ihre Funktion als solche hingewiesen und dass sie die Betroffene zum Zwecke der Gutachtenerstattung gesondert untersucht hat. Denn die Bestellung zur Sachverstän- digen ist erst im Anhörungstermin unmittelbar vor der Abgabe der gutachterlichen Stellungnahmen erfolgt.
14
bb) Weiterhin rügt die Rechtsbeschwerde zutreffend, dass das Sachverständigengutachten der Betroffenen nicht bekannt gegeben worden ist.
15
Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Grundlage einer Entscheidung in der Hauptsache setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Insoweit ist das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut grundsätzlich auch dem Betroffenen persönlich im Hinblick auf dessen Verfahrensfähigkeit (§ 275 FamFG) zur Verfügung zu stellen. Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 FamFG abgesehen werden (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 16 mwN).
16
Auch diesen Anforderungen wird das vorliegende Verfahren nicht gerecht. Das Gutachten ist mündlich in Abwesenheit der Betroffenen erstattet worden. Aus der Gerichtsakte lässt sich nicht ersehen, dass sein Inhalt der Betroffenen in vollem Umfang bekannt gegeben worden ist, so dass diese zu den getroffenen Indikationen und möglichen Behandlungsalternativen keine Nachfragen stellen konnte und keine Möglichkeit hatte, durch die Erhebung von Einwendungen und Vorhalte an die Sachverständige eine andere Einschätzung der Sachverständigen zu erreichen. Ebenso wenig enthält das Sachverständigengutachten einen Hinweis darauf, dass die Betroffene durch dessen Bekanntgabe an sie Gesundheitsnachteile entsprechend § 288 Abs. 1 FamFG zu befürchten hätte.
17
c) Die Betroffene ist durch diese Verfahrensmängel in ihrem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 22 ff.). Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Itzehoe, Entscheidung vom 28.04.2015 - 82 XVII 390/10 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 30.04.2015 - 4 T 118/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 346/10
vom
13. Juni 2012
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbem. 3.2.2, Nr. 6300
Die Vergütung des in einer Unterbringungssache im Wege der Verfahrenskostenhilfe
beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach Nummer 6300 RVG VV (im Anschluss
an BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris).
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 346/10 - LG Lübeck
AG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2012 durch die
Richter Dose, Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat dem Betroffenen für die Rechtsbeschwerde gegen die betreuungsrechtliche Genehmigung der Unterbringung Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm die Erinnerungsführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führte, hat die Erinnerungsführerin bei dem Bundesgerichtshof beantragt, ihre Vergütung nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2011 teilweise zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung.

II.

2
Die - nicht fristgebundene (vgl. BT-Drucks. 15/4952, S. 51) - Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Erinnerungsführerin nach Nr. 6300 RVG in Höhe von 172 € (zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ) festgesetzt.
3
1. Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin bestimmt sich die Vergütung des im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gemäß § 78 Abs. 1 FamFG beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nicht nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG, sondern nach Nr. 6300 VV RVG.
4
Danach beträgt die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG für jeden Rechtszug 172 €. Diese Vergütungsregelung ist auch maßgeblich, wenn ein Rechtsanwalt in einer Unterbringungssache für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof beigeordnet wird.
5
Für Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG in der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG nicht erwähnt und insbesondere nicht von Nr. 1 b der Vorbemerkung erfasst werde. Danach sei der Unterabschnitt 2 zwar auch in Verfahren über Rechtsbeschwerden in Familiensachen anzuwenden. Mit dem Begriff "Familiensachen" knüpfe das Gesetz jedoch an § 111 FamFG an, der den Kreis der Familiensachen definiert (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe RVG 19. Aufl. VV Vorb. 3.2.2 Rn. 4). Keine Familiensachen seien deshalb die in Buch 3 bis 8 des FamFG geregelten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit , also auch nicht die in Buch 7 geregelten Freiheitsentziehungssa- chen. Da die Definition des § 111 FamFG auch für andere Gesetze maßgeblich sei, die den Begriff der Familiensache verwenden (BT-Drucks. 16/6308, S. 223), gelte sie ebenfalls im Rahmen der Nr. 1 b der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG. Hätte der Gesetzgeber dort alle Rechtsbeschwerden nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht lediglich die Rechtsbeschwerden in Familiensachen erfassen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - ebenso wie in den vergleichbaren Fällen der Nr. 1 c bis 1 e der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG - durch die Formulierung "Rechtsbeschwerden nach dem FamFG" zum Ausdruck zu bringen.
6
2. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG an. Für Unterbringungssachen nach § 312 FamFG enthält Teil 6 des Vergütungsverzeichnisses in Nummer 6300 VV RVG eine Sonderregelung. Entgegen der Auffassung der Erinnerung gilt diese Vergütungsregelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Unterbringungssachen (vgl. BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Denn nach der Anmerkung zu Nummer 6300 RVG VV entsteht die dort geregelte Gebühr für jeden Rechtszug. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Rechtsbeschwerde von dieser Vergütungsregelung ausgenommen sein soll, lässt sich der Norm nicht entnehmen (vgl. BGH aaO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lübeck, Entscheidung vom 27.05.2010 - 4 XVII H 15914 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 30.06.2010 - 7 T 300/10 -

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB44/15
vom
28. Juli 2015
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1
BGB bedarf es der gesonderten betreuungsgerichtlichen Genehmigung
nach § 1906 Abs. 4 BGB, wenn dem Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen
, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren
Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 - FamRZ
2012, 1866).

b) Ohne ausdrücklichen Antrag des Betreuers kann eine unterbringungsähnliche
Maßnahme nur genehmigt werden, wenn sich aus dem Verhalten
des Betreuers ergibt, dass er die Genehmigung wünscht.
BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 44/15 - LG Chemnitz
AG Freiberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juli 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2015 aufgehoben. Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts Freiberg vom 21. Oktober 2014 aufgehoben. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 2 wendet sich als Verfahrenspfleger gegen die betreuungsgerichtliche Genehmigung einer unterbringungsähnlichen Maßnahme für den Betroffenen.
2
Für diesen besteht seit November 2000 eine rechtliche Betreuung u. a. mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Sorge für die Gesundheit. Im März 2013 hat der Betreuer beantragt, die Unterbringung des Betroffenen, der zu diesem Zeitpunkt in einer offenen Pflegeinrichtung gelebt hat, betreuungsgericht- lich zu genehmigen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen hat das Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines fachpsychiatrischen Krankenhauses oder einer geschlossen geführten Pflegeeinrichtung für die Dauer von zwei Jahren genehmigt (Ziffer 1). Ferner heißt es in Ziffer 2 des Tenors der Entscheidung: "Die zeitweise oder regelmäßige Freiheitsentziehung des Betroffenen durch – Verschließen der Zimmertür wird bis zum 21.10.2016 durch die Unterbringungsanordnung mitumfasst und bedarf keiner weiteren gesonderten gerichtlichen Genehmigung. Der Betreuer und der anordnende Arzt haben sich jedoch vor und während der Maßnahme jeweils von deren Unbedenklichkeit und davon zu überzeugen, dass sich die Beschränkung der Freiheit des Betroffenen nur auf ein unbedingt erforderliches Maß erstreckt, eine schriftliche Aufzeichnung über Art und Dauer erstellt wird und das Pflegepersonal für den Betroffenen stets erreichbar sein muss."
3
Zugleich hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 2 zum Verfahrenspfleger bestellt. Dessen Beschwerde hat es abgeholfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Bezeichnung der Art der Unterbringungseinrichtung in Ziffer 1 des Entscheidungsausspruchs gerichtet hat. Die weitergehende Beschwerde, mit der sich der Beteiligte zu 2 gegen die Anordnungen in Ziffer 2 des Tenors wendet, hat das Landgericht zurückgewiesen.
4
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Beteiligte zu 2 weiterhin die Aufhebung der in Ziffer 2 des angefochtenen amtsgerichtlichen Beschlusses ge- troffenen Anordnungen, die sich auf die zeitweise oder regelmäßige Freiheitsentziehung des Betroffenen durch Verschließen der Zimmertür beziehen.

II.

5
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
7
Die in Rechtsprechung und Literatur diskutierte Rechtsfrage, ob der Genehmigungsvorbehalt nach § 1906 Abs. 4 BGB auch dann gelte, wenn die unterbringungsähnliche Maßnahme eine bereits untergebrachte Person betreffe, sei durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Der Bundesgerichtshof habe es als zulässig erachtet, dass die regelmäßige Freiheitsentziehung des untergebrachten Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen in entsprechender Anwendung des § 1906 Abs. 4 BGB genehmigt werden könne.
8
Diese Frage stelle sich im vorliegenden Fall jedoch nicht als Problem dar. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers habe der Betreuungsrichter in Ziffer 2 des Tenors den Umfang der von ihm getroffenen Unterbringungsanordnung genau beschrieben. Er habe die freiheitsentziehende Maßnahme, deren Dauer, die Pflichten von Betreuer, Arzt und Pflegepersonal zur Begrenzung der Maßnahme und die Pflicht zur Dokumentation sowie zur ständigen Erreichbarkeit genau bezeichnet. Der Betreuungsrichter habe damit für die handelnden Verfahrensbeteiligten präzise die Befugnisse im Rahmen der Unterbringung benannt. Er habe damit eine unterbringungsähnliche Maßnahme gemäß § 1906 Abs. 4 BGB einer richterlichen Kontrolle unterworfen und für zulässig erachtet. Der entgegenstehende Inhalt der Beschlussbegründung könne daran nichts ändern, weil nur die Beschlussformel maßgeblich sei. Danach handele es sich um eine Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB.
9
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die zeitweise oder regelmäßige Freiheitsentziehung des nach § 1906 Abs. 1 BGB untergebrachten Betroffenen durch Verschließen der Zimmertür als freiheitsbeschränkende Maßnahme (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 7. Januar 2015 - XII ZB 395/14 - FamRZ 2015, 567 Rn. 22; BT-Drucks. 11/4528 S. 149) gemäß § 1906 Abs. 4 BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf.
11
Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es auch im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB der gesonderten betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB bedarf, wenn dem Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 27; vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 - FamRZ 2012, 1866 Rn. 14 und BGHZ 166, 141, 153 = FamRZ 2006, 615, 618). Zwar sieht der Wortlaut des § 1906 Abs. 4 BGB eine Genehmigungspflicht für unterbringungsähnliche Maßnahmen nur für Betreute vor, die sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhalten, ohne untergebracht zu sein. Da die Unterbringung den Betroffenen im Einzelfall jedoch regelmäßig weniger beeinträchtigt als eine zusätzliche freiheitsentziehende Maßnahme iSv § 1906 Abs. 4 BGB, ist letztere stets auch dann gesondert gerichtlich zu genehmigen, wenn der Betroffene nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB untergebracht ist (Senatsbeschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 - FamRZ 2012, 1866 Rn. 14 mwN). Diese Sichtweise entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und dem Schrifttum (OLG Frankfurt FamRZ 2007, 673; OLG München FamRZ 2005, 1196; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 118; BayObLG FamRZ 1994, 721, 722; Staudinger/Bienwald BGB [2013] § 1906 Rn. 94; Palandt/Götz BGB 74. Aufl. § 1906 Rn. 34; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 39; BeckOK BGB/Gabriele Müller [Stand: November 2014] § 1906 Rn. 21; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 80; a. A. LG Baden-Baden FamRZ 2010, 1471; LG Ulm FamRZ 2010, 1764; LG Freiburg FamRZ 2010, 1846).
12
b) Die zeitweise oder regelmäßige Freiheitsentziehung des Betroffenen durch Verschließen der Zimmertür durfte jedoch deshalb nicht betreuungsrechtlich genehmigt werden, weil weder den Feststellungen der Instanzgerichte zu entnehmen noch sonst ersichtlich ist, dass der Betreuer das Verschließen der Zimmertür des Betroffenen begehrt, geschweige denn die Genehmigung hierzu beantragt hat. Dies ist aber notwendige Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 1906 Abs. 4 BGB (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 27).
13
Dabei kann dahinstehen, ob das Genehmigungsverfahren nach § 1906 BGB einen förmlichen Antrag des Betreuers voraussetzt (ablehnend Staudinger/ Bienwald BGB [2013] § 1906 Rn. 131; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 57; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 180; bejahend NK-BGB/Heitmann 2. Aufl. § 1906 Rn. 34, 64; vgl. auch BVerfG FamRZ 2009, 945 Rn. 17 zur Notwendigkeit eines Antrags des Vorsorgebevollmächtigten nach §§ 1906 Abs. 5 Satz 2, Abs. 4 BGB). Da das Gericht nach § 1906 BGB nur die Genehmigung zu einer vom Betreuer beabsichtigten Maßnahme erteilt, dieser für den Vollzug der Maßnahme indes allein verantwortlich bleibt (vgl. Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 27; BeckOK BGB/Gabriele Müller [Stand: November 2014] § 1906 Rn. 18), muss zumindest aus dem Verhalten des Betreuers ersichtlich sein, dass er die Ge- nehmigung der Unterbringung oder unterbringungsähnlichen Maßnahme wünscht (BayObLG FamRZ 2000, 566, 567; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 57).
14
Dies lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Der Betreuer hat mit Schreiben vom 28. März 2013 und 21. Mai 2014 nur beantragt , den Betroffenen in einer geschlossenen Wohnstätte unterzubringen. In beiden Schreiben finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betreuer auch beabsichtigte, gegenüber der Unterbringungseinrichtung sein Einverständnis zu einem - regelmäßigen oder über einen längeren Zeitraum andauernden - zusätzlichen Verschließen der Zimmertür des Betroffenen zu erteilen. Das Amtsgericht hat diese freiheitsentziehende Maßnahme nur deshalb für erforderlich erachtet, weil der zur Vorbereitung der Entscheidung beauftragte Sachverständige einen Einschluss des Betroffenen bei starken Erregungs- oder Unruhezuständen für eine geeignete und notwendige Interventionsmaßnahme gehalten hat. Dass sich der Betreuer diese Einschätzung zu Eigen gemacht hat und über die bloße Unterbringung des Betroffenen hinaus auch eine Genehmigung für einen entsprechenden Einschluss des Betroffenen in seinem Zimmer wünschte, ist nicht festgestellt.
15
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Betreuer in der Vergangenheit wiederholt die Genehmigung freiheitsbeschränkender Maßnahmen in Form des zeitweisen Einschließens des Betroffenen in seinem Zimmer beantragt hat. In dieser Zeit hielt sich der Betroffene in einer offenen Pflege- und Behinderteneinrichtung auf. Im vorliegenden Fall hat der Betreuer jedoch erstmals die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung beantragt, weil der Betroffene in dem bisherigen Pflegeheim für das Personal nicht mehr führbar war. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Betreuer mit der erstmaligen Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung die Er- wartung verbunden hat, auf ein regelmäßiges oder über einen längeren Zeitraum andauerndes zusätzliches Verschließen des Zimmers könne nunmehrverzichtet werden, durfte das Beschwerdegericht nicht davon ausgehen, dass der Betreuer auch die Genehmigung dieser zusätzlichen freiheitsbeschränkenden Maßnahme wünscht.
16
3. Danach kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst befinden, weil diese zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).
Dose Weber-Monecke Schilling Günter Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
AG Freiberg, Entscheidung vom 21.10.2014 - 2 XVII 394/07 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 16.01.2015 - 3 T 717/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 543/11
vom
12. September 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Betreuungsgericht den anwaltlichen Verfahrenspfleger in einem Verfahren
über die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB einerseits
und einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB andererseits
bestellt, kann er beide Tätigkeiten jeweils nach Nr. 6300 VV RVG abrechnen; es
handelt sich insoweit nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2
Satz 1 RVG.
BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 - LG Siegen
AG Siegen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 27. September 2011 aufgehoben. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 28. Juni 2011 dahin abgeändert, dass auf den Antrag des Beteiligten zu 1 vom 11. April 2011 ein Betrag von insgesamt 357 € festgesetzt wird. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1 werden dem Beteiligten zu 2 auferlegt (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Wert: bis 300 €

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 1 begehrt für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger für den Betroffenen eine Gesamtvergütung von 357 €.
2
Mit Beschluss vom 7. April 2011 genehmigte das Amtsgericht die geschlossene Unterbringung des an Demenz leidenden Betroffenen. Zudem be- stellte es den Beteiligten zu 1, der Rechtsanwalt ist, für den Betroffenen zum Verfahrenspfleger. Dabei stellte es fest, dass die Verfahrenspflegschaft in Ausübung des Berufes geführt werde. Mit einem weiteren Beschluss vom gleichen Tage genehmigte das Amtsgericht die zeitweise Beschränkung der Freiheit des Betroffenen unter anderem durch den Einsatz von Bettgittern und sedierender Medikamente. Auch für dieses Verfahren bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 1 unter den vorgenannten Bedingungen zum Verfahrenspfleger.
3
Dem Antrag des Beteiligten zu 1, ihm seine Gebühren und Auslagen in einer Gesamthöhe von 357 € festzusetzen (eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6300 VV RVG iHv 172 € und eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6302 VV RVG in Höhe von 108 € zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer), hat das Amtsgericht nur in Höhe von 228,48 € entsprochen; im Übrigen hat es das Rechtsmittel der Beschwerde zugelassen. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u. a. ausgeführt , seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2010 (XII ZB 244/10) stehe fest, dass die - auch hier erfolgte - gerichtliche Feststellung , wonach eine anwaltsspezifische Tätigkeit erforderlich sei, für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend sei. Folglich habe der Beteiligte zu 1 nach den Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes liquidieren dürfen.
6
Dem Beteiligten zu 1 stehe allerdings lediglich die einfache Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer zu. Der Gebührentatbestand gemäß Nr. 6302 VV RVG sei bereits nicht erfüllt. Soweit der Beteiligte zu 1 seinen Antrag hilfsweise darauf stütze, dass er in zwei unterschiedlichen Angelegenheiten tätig geworden sei und jeweils eine Verfahrensgebühr verdient habe, bleibe dem ebenfalls der Erfolg versagt. Denn er sei in derselben Angelegenheit im Sinne von § 15 RVG für den Betroffenen tätig geworden, mit der Folge, dass er die Verfahrensgebühr nur einmal fordern könne. Gemäß § 15 Abs. 1 RVG würden die Gebühren, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimme, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheiten entgelten; nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG könne der Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Entscheidend für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts sei daher, ob seine Dienste sich auf "dieselbe" Angelegenheit bezogen hätten. "Dieselbe Angelegenheit" sei im Gesetz selbst nicht definiert. Allgemein sei eine Angelegenheit ein einheitlicher Lebensvorgang. Es müssten ein Auftrag, ein Rahmen der Tätigkeit und ein innerer Zusammenhang vorliegen. Bezogen auf den vorliegenden Fall könnte insoweit nur die Frage des einheitlichen Auftrages fraglich sein, da die Beauftragung vorliegend in zwei Beschlüssen erfolgt sei. Ein einheitlicher Auftrag liege aber auch dann vor, wenn der Rechtsanwalt zu verschiedenen Zeiten beauftragt worden sei, sofern Einigkeit bestehe, dass die Ansprüche gemeinsam behandelt werden sollten. So liege es im vorliegenden Fall. Der zum Verfahrenspfleger bestellte Beteiligte zu 1 habe den einheitlichen Sachverhalt der Unterbringung des Betroffenen mit einhergehenden weiteren Beschränkungen dessen Freiheit überprüfen sollen. Eine getrennte Behandlung sei insoweit nicht erforderlich. Entsprechend habe der Beteiligte zu 1 den Betroffenen auch nur einmal aufgesucht und einmal an das Gericht berichtet. Es wäre lebensfremd, hieraus verschiedene Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne zu kon- struieren. Dem widerspreche nicht, dass es sowohl für die Unterbringung sowie auch für die Genehmigung freiheitsbeschränkender Maßnahmen einer Entscheidung durch das Gericht bedürfe. Dass dies aus Gründen im Zusammenhang mit der Verwendung des Programms "BetreuTex" in zwei Beschlüssen geschehen sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Dies werde auch durch die Regelung in § 18 Nr. 2 RVG gestützt, wonach im Falle von einstweiligen Anordnungen mehrere Anordnungen in derselben Hauptsache eine Angelegenheit seien.
7
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass der Beteiligte zu 1 als anwaltlicher Verfahrenspfleger nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen kann. Dabei stellen seine Tätigkeiten als Verfahrenspfleger in dem Verfahren der Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Betreuten nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB i.V.m. § 312 Nr. 1 FamFG einerseits und in dem Verfahren der Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB i.V.m. § 312 Nr. 2 FamFG andererseits allerdings verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 RVG dar.
9
aa) Wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsbeschluss vom 17. November 2010 - XII ZB 244/10 - FamRZ 2011, 203 Rn. 12 ff.), kann der anwaltliche Verfahrenspfleger eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde. Dabei ist die - auch hier getroffene - gerichtliche Feststellung, dass eine anwaltsspezifische Tätigkeit erforderlich ist, für die anschließende Kostenfestsetzung bindend.
10
bb) Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich in Unterbringungssachen im Sinne von § 312 FamFG nach Teil 6 Abschnitt 3 - und dort grundsätzlich nach Nr. 6300 - des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2012, 1377 Rn. 6). Der - vom Beteiligten zu 1 in seinem Vergütungsantrag ebenfalls in Bezug genommene - Tatbestand der Nr. 6302 VV RVG bezieht sich auf Verlängerungs- oder Aufhebungsentscheidungen, um die es hier nicht geht.
11
cc) Die Frage, ob der anwaltliche Verfahrenspfleger die Vergütung nach Nr. 6300 VV RVG in Unterbringungssachen - wie vom Beschwerdegericht entschieden - nur einmal fordern kann, richtet sich nach § 15 Abs. 2 RVG. Danach kommt es darauf an, ob es sich bei der Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB und der Genehmigung der weiteren freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB kostenrechtlich um dieselbe Angelegenheit handelt. Werden allerdings mehrere Verfahren nebeneinander geführt , so liegen stets verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 RVG vor (N. Schneider in Anwaltkommentar RVG 5. Aufl. § 15 Rn. 80 mwN).
12
dd) Das Gesetz unterteilt die Unterbringungssachen in § 312 FamFG in verschiedene Verfahren. Dessen Nummer 1 erfasst die Verfahren zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 bis 3, 5 BGB. Nummer 2 bezieht sich auf die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB durch einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten (Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 - XII ZB 24/12 - FamRZ 2012, 1372 Rn. 12).
13
Dass es sich bei den Genehmigungen im vorgenannten Sinn nach Nummer 1 und Nummer 2 um verschiedene Verfahren mit entsprechend unterschiedlichen Voraussetzungen handelt, zeigt bereits die Regelung des § 321 FamFG. Während vor einer Unterbringungsmaßnahme nach § 1906 Abs. 1 und 2 BGB eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden hat, genügt gemäß § 321 Abs. 2 FamFG für eine Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB ein ärztliches Zeugnis.
14
Es handelt sich vorliegend auch nicht etwa deshalb um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG, weil eine Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB bereits in der Genehmigung der Unterbringung als solcher enthalten wäre. Da die Unterbringung den Betroffenen im Einzelfall weniger beeinträchtigt als eine freiheitsentziehende Maßnahme iSv § 1906 Abs. 4 BGB, ist letztere stets auch dann gesondert gerichtlich zu genehmigen, wenn der Betroffene nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB untergebracht ist (Senatsbeschluss BGHZ 166, 141, 153 = FamRZ 2006, 615, 618; Marschner in: Marschner /Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 43 mwN;Palandt/Diederichsen BGB 71. Aufl. § 1906 Rn. 34 mwN). Die materiell-rechtlich verschiedenen Angelegenheiten sind deswegen auch gebührenrechtlich nicht als dieselbe Angelegenheit iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG zu behandeln.
15
b) Gemessen an den vorstehenden Anforderungen ist der Beteiligte zu 1 als anwaltlicher Verfahrenspfleger nicht (nur) in derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG tätig geworden.
16
Dass das Amtsgericht die beiden Beschlüsse am selben Tag und unter demselben Aktenzeichen erlassen hat, steht der gebührenrechtlichen Behandlung als verschiedene Angelegenheiten nicht entgegen. Denn maßgeblich ist allein, dass es sich bei den der Bestellung zugrundeliegenden Verfahren bzw. Verfahrensgegenständen nicht um dieselbe Angelegenheit handelt (vgl. zur Vergütung des Verfahrensbeistandes Senatsbeschluss vom 1. August 2012 - XII ZB 456/11 - juris). Zwar mag die Tätigkeit des Verfahrenspflegers dadurch erleichtert worden sein, dass er den Betroffenen - in beiden Angelegenheiten - nur einmal aufsuchen musste und insgesamt auch nur einmal dem Gericht berichtet hat. Das ändert aber nichts daran, dass der Beteiligte zu 1 im Interesse des Betroffenen die Rechtmäßigkeit sowohl der Genehmigung der Unterbringung als auch der Genehmigung der freiheitsentziehenden Maßnahmen zu überprüfen hatte. Denn die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der Unterbringung geht nicht mit der Rechtmäßigkeit der Genehmigung der freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB einher.
17
Zwar hat das Beschwerdegericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der von dem Beteiligten zu 1 zusätzlich geltend gemachte Gebührentatbestand der Nr. 6302 VV RVG nicht einschlägig ist, weil er sich auf Verlängerungs- bzw. Aufhebungsentscheidungen bezieht. Die unzutreffende Bezeichnung hindert das Gericht indes nicht, dem Verfahrenspfleger den richtigen Vergütungstatbestand (hier also ein weiteres Mal die Nr. 6300 VV RVG) zuzuerkennen, wenn auch im Ergebnis - seinem Antrag entsprechend - in reduzierter Höhe. Dose Klinkhammer Schilling Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 28.06.2011 - 33 XVII K 1831 -
LG Siegen, Entscheidung vom 27.09.2011 - 4 T 190/11 -

(1) Die Dokumentenpauschale schuldet ferner, wer die Erteilung der Ausfertigungen, Kopien oder Ausdrucke beantragt hat. Sind in einem gerichtlichen Verfahren Kopien oder Ausdrucke angefertigt worden, weil der Beteiligte es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, schuldet nur der Beteiligte die Dokumentenpauschale.

(2) Die Auslagen nach Nummer 31003 des Kostenverzeichnisses schuldet nur, wer die Versendung der Akte beantragt hat.

(3) In Unterbringungssachen schuldet der Betroffene nur Auslagen nach Nummer 31015 des Kostenverzeichnisses und nur, wenn die Gerichtskosten nicht einem anderen auferlegt worden sind.

(4) Im Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und im Verfahren auf Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller Schuldner der Auslagen, wenn

1.
der Antrag zurückgenommen oder vom Gericht abgelehnt wird oder
2.
die Übermittlung des Antrags von der Übermittlungsstelle oder das Ersuchen um Prozesskostenhilfe von der Empfangsstelle abgelehnt wird.

(5) Die Auslagen einer öffentlichen Zustellung in Teilungssachen schulden die Anteilsberechtigten.