Landgericht Heidelberg Urteil, 24. Sept. 2012 - 1 O 96/11

bei uns veröffentlicht am24.09.2012

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch das beklagte Land gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt von dem beklagten Land eine Geldentschädigung wegen seiner Unterbringung in Hafträumen der Justizvollzugsanstalt H., O. F. P.
Der Kläger befand sich vom 06.01.2009 bis zum 30.06.2009 in der JVA H. in Untersuchungshaft. Er war wie folgt untergebracht:
06.01.2009:
Haftraum 3315, Größe 16,73 qm, mit zwei Mitgefangenen;
07.01.2009 - 17.01.2009:    
Haftraum 3307, Größe 8,97 qm, mit einem Mitgefangenen;
18.01.2009 - 28.01.2009:
Haftraum 3307, Größe 8,97 qm, allein;
29.01.2009 - 18.02.2009:
Haftraum 3317, Größe 7,88 qm, allein;
18.02.2009 - 27.02.2009:
Haftraum 3119, Größe 16,58 am, mit einem Mitgefangenen;
27.02.2009 - 10.03.2009:
Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, mit einem Mitgefangenen;
10.03.2009 - 16.03.2009:
Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, allein;
16.03.2009 - 26.03.2009:
Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, mit einem Mitgefangenen;
26.03.2009 - 30.03.2009:
Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, allein;
30.03.2009 - 30.06.2009:
Einzelhaftraum bis zur Entlassung.
Bei seiner Aufnahme am 06.01.2009 beantragte der Kläger schriftlich, in einem Einzelhaftraum untergebracht zu werden. Er erklärte sich jedoch für den Fall, dass ein Einzelhaftraum nicht zur Verfügung steht, vorläufig mit der gemeinsamen Unterbringung mit anderen Untersuchungsgefangenen in demselben Raum und der Aufnahme in die Warteliste für Einzelhafträume für einverstanden.
Die Gemeinschaftsräume, in denen der Kläger untergebracht war, verfügten nicht über eine räumliche getrennte und gesondert zu entlüftende Toilette. Vielmehr war die Toilette nur durch einen sog. Schamvorhang vom Rest des Haftraums getrennt.
Der Kläger nahm ab 29.01.2009 am Arbeitsbetrieb teil, so dass er sich von 7.15 Uhr bis 15.30 Uhr nicht im Haftraum befand. Ab dem 13.03.2009 war er zusätzlich als Essensträger eingeteilt, so dass er sich täglich bis einschließlich 17 Uhr außerhalb des Haftraums befand.
Der Kläger war während der Untersuchungshaft anwaltlich vertreten. Seine Strafverteidigern besuchte ihn das erste Mal am 13.01.2009 und sodann wöchentlich in der Justizvollzugsanstalt.
Während seiner Unterbringung in den Gemeinschaftshafträumen hat der Kläger keine schriftlichen Beschwerden gegen seine Unterbringung bei der Anstaltsleitung eingereicht, auch hat er keine schriftlichen Verlegungsanträge oder Anträge auf gerichtliche Entscheidung wegen der Gemeinschaftsunterbringung gestellt.
Der Kläger behauptet, er habe seinen Antrag auf Einzelunterbringung gegenüber den zuständigen Wachbeamten mehrfach mündlich wiederholt. Einen schriftlichen Antrag habe er nicht gestellt, da ihm stets gesagt worden sei, die Einzelzellen würden der Reihe nach verteilt, ein schriftlicher Antrag sei sinnlos. Von der Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, habe er keine Kenntnis gehabt.
10 
Der Kläger ist der Auffassung, die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle habe gegen seine Menschenwürde verstoßen. Sie sei daher auch nicht von § 201 Nr. 3 StVollzG gedeckt. Der Verstoß gegen die Menschenwürde ergebe sich insbesondere daraus, dass die Toilette nicht räumlich fest abgetrennt und gesondert zu entlüften gewesen sei. Da er einen Antrag auf Einzelunterbringung mehrfach erfolglos gestellt habe, sei sein Anspruch auch nicht wegen schuldhafter Nichteinlegung eines Rechtsmittels ausgeschlossen. Einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung habe er nicht stellen müssen, da die Anstaltsleitung einer gerichtlichen Anordnung der Einzelunterbringung wegen der angespannten Belegungssituation nicht habe Folge leisten können. Durch die Dauer der menschenunwürdigen Unterbringung sei die Erheblichkeitsschwelle überschritten, ab der eine Geldentschädigung zu gewähren sei. Dies gelte umso mehr, als die Hafträume mit Milchglasfenster ausgestattet seien, so dass ihm die Sicht nach draußen verwehrt war. Die menschenunwürdige Situation sei nicht durch Arbeit oder Freizeitaktivitäten entschärft worden. Auch hier habe er der Gemeinschaftskontrolle unterlegen und keine Privatsphäre genossen. Der Kläger hält in Anlehnung an den Prozesskostenhilfebeschluss vom 23.02.2012 einen Entschädigungsbetrag von 1.000 EUR für angemessen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 1.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2009 zu zahlen.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Das beklagte Land behauptet, der Kläger habe sich zu keiner Zeit während der Dauer seiner Haft in der JVA H. über die Unterbringung zusammen mit anderen Mitgefangenen beschwert. Er habe nie eine Belastung oder konkrete Beeinträchtigung durch seine Mitgefangenen geäußert. Das beklagte Land behauptet weiter, dass im Falle einer gerichtlichen Entscheidung zur Einzelunterbringung des Klägers diese unverzüglich umgesetzt worden wäre. Dem Kläger wäre entweder in der JVA H. oder in einer anderen Justizvollzugsanstalt des beklagten Landes eine Einzelzelle zur Verfügung gestellt worden.
16 
Das beklagte Land ist der Auffassung, dass die Gemeinschaftsunterbringung des Klägers als Untersuchungsgefangener wegen der Auslastung der Kapazität der Justizvollzugsanstalt H. zulässig war. Eine schikanöse Absicht liege der Gemeinschaftsunterbringung nicht zu Grunde. Die durch die fehlende räumliche Abtrennung der Toilette gegebene Einschränkung habe keine solche Intensität, dass in den Kernbereich der Menschenwürde eingegriffen werde. Denn der Antragsteller habe sich ja einen Teil des Tages nicht in seiner Zelle aufgehalten. Zudem habe der Antragsteller es schuldhaft unterlassen, gegen die Gemeinschaftsunterbringung Rechtsmittel einzulegen.
17 
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.
18 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Gefangenenpersonalakte des Klägers und durch Vernehmung der Zeugin M. T.. Zu den Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 1.000 EUR wegen Amtspflichtverletzung des beklagten Lands gem. § 839 BGB, Art. 34 GG zu.
20 
1. Das beklagte Land hat gegen seine Amtspflicht gem.§ 119 StPO, Ziffer 23 Abs. 1 und 3 UVollzO i.V.m. Art. 1 GG verstoßen, als es den Kläger während der Untersuchungshaft gemeinschaftlich unterbrachte. Entgegen dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Prozesskostenhilfeverfahren befand sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt H. nicht in Straf-, sondern in Untersuchungshaft, so dass nicht § 18 StVollzG, sondern Ziffer 23 UVollzO einschlägig ist.
21 
Zwar hat sich der Kläger bei seiner Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt H. mit der vorläufigen Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden erklärt, so dass an sich die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Unterbringung gem. Ziffer 23 Abs. 1 Satz 2 UVollzO vorliegen. Ziffer 23 UVollzO ist nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung aber dahingehend einzuschränken, dass durch diese Vorschrift nicht eine Gemeinschaftunterbringung unter menschenunwürdigen Bedingungen erlaubt werden soll (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2005, 12 U 300/04, Rz. 15, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss vom 07.11.2011, 1 BvR 1403/09, Rn. 37, 42 f.m.w.N., zitiert nach juris).
22 
Hier wurden die Haftbedingungen des Klägers dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht. Den in dieser Zeit doppelt und auch wechselnd belegten Zellen fehlte eine räumlich abgetrennte und gesondert zu entlüftende Toilette. Es bestand keinerlei Sicht-, Geräusch- und Geruchsschutz, so dass der Kläger innerhalb der Gemeinschaftszelle nicht ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren konnte. Darin liegt nach der ständigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ein Verstoß gegen die Menschenwürde (BVerfG, a.a.O., Rz. 39). Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kommt es nicht darauf an, dass noch zusätzliche erschwerende Umstände wie die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohls hinzutreten. Die Rechtsprechung hat Zusatzerfordernisse nicht für die Ebene der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgestellt, sondern ausschließlich für die Ebene der Rechtsfolgen, also bei der Frage, ab welcher Erheblichkeit des Eingriffs eine Geldentschädigung zu gewähren ist (BGH, Beschluss vom 28.09.2006 - III ZB 89/05, NJW 2006, 3572; BVerfG, a.a.O., Rz. 33). Gleiches gilt für die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit als die Haftsituation mildernder Faktor. Dies wird von der Rechtsprechung allenfalls bei der Bemessung der Geldentschädigung, nicht aber als Ausschluss der Menschenwürdeverletzung herangezogen (BVerfG, a.a.O., Rz. 34).
23 
Die Verletzung der Menschenwürde ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger bei seiner Aufnahme in die JVA H. in die Gemeinschaftsunterbringung eingewilligt hat. Bei der Menschenwürde handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein nicht disponibles Grundrecht, das einen Grundrechtsverzicht nicht zulässt (BVwerG, Urteil vom 17.10.2000, 2 WD 12/00, NJW 2001, 2343; BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 11 AL 11/08, juris, Rn. 25; offen gelassen von BVerfG, a.a.O., Rz. 42).
24 
2. Es ist auch von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des beklagten Landes auszugehen. Die Rechtsprechung bejaht in Fällen der menschenunwürdigen Unterbringung grundsätzlich ein Organisationsverschulden des betroffenen Landes, da die Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes bekannt sind und das Land Vorkehrungen treffen muss, vorsorglich Abhilfe für Überbelegung zu schaffen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2005, Az. 12 U 300/04, Rz. 19, zitiert nach juris). Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall gegen ein Organisationsverschulden des beklagten Landes sprechen, wurden hier nicht vorgetragen. Vielmehr lässt sich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt H. vom 16.01.2012 entnehmen, dass die dortigen Hafträume zwischenzeitlich alle über abgetrennte Nasszellen verfügen, eine Beseitigung der menschenunwürdigen Zustände also durchaus möglich war.
25 
3. Ob der Anspruch des Klägers gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, da er es schuldhaft versäumt hat, ihm mögliche und zumutbare Rechtsmittel gegen die Gemeinschaftsunterbringung einzulegen, kann hier dahinstehen. Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB sind alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinn, die sich unmittelbar gegen ein bereits erfolgtes, sich als Amtspflichtverletzung darstellendes Verhalten richten. Dazu gehören insbesondere auch Verlegungsanträge an die Anstaltsleitung sowie für die Zeit der Untersuchungshaft Anträge nach §§ 119 a, 126 StPO in Verbindung mit Nr. 73, 75 Abs. 1 UVollzO (BVerfG, a.a.O., Rz. 37). Die Versäumung der Einlegung dieser Rechtsmittel führt dann zum Anspruchsausschluss, wenn das insofern beweisbelastete Land darlegt, dass bei Einlegung von Rechtsmitteln eine Änderung der Unterbringungssituation erfolgt wäre (sog. hypothetische Kausalität; vgl. BVerfG, a.a.O., Rz. 48; BGH, Urteil vom 11.03.2010, II ZR 124/09, Ziffer 11, zitiert nach juris). Hier spricht für einen Anspruchssauschluss nach § 839 Abs. 3 BGB, dass der Kläger keine schriftlichen Verlegungsanträge oder Anträge auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat und das Land durch die Aussage der Zeugin M. T. als Leiterin der Justizvollzugsanstalt H. beweisen konnte, dass gerichtliche Entscheidungen zur Einzelunterbringung innerhalb von max. zwei Wochen umgesetzt würden. Nicht darlegen und beweisen konnte das beklagte Land jedoch, innerhalb welchen Zeitraums eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 119 a, 126 StPO in Verbindung mit Nr. 73, 75 Abs. 1 UVollZO ergangen wäre, ob der Kläger also während seiner innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten erfolgten Gemeinschaftsunterbringung überhaupt eine Anordnung zur Einzelunterbringung hätte erreichen können. Insofern konnte nicht darauf abgestellt werden, dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt haben, dass eine Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Mannheim innerhalb von 6 Wochen erfolgen würde, da zuständig für Entscheidungen gem. § 119 a StPO gem. § 126 StPO das Amtsgericht Heidelberg als das den Haftbefehl erlassende Gericht gewesen wäre. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, da dem Kläger aus den im folgenden unter Ziffer 4 genannten Gründe eine Geldentschädigung nicht zuzusprechen war.
26 
4. Jedenfalls ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände die Erheblichkeitsgrenze für die Gewährung einer Geldentschädigung bei Verstößen gegen die Menschenwürde im vorliegenden Fall nicht überschritten. Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG und der Zuerkennung einer Geldentschädigung besteht kein zwingendes Junktim. Ein Anspruch auf Geldentschädigung besteht nur dann, wenn die Beeinträchtigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann, der Eingriff also ein Mindestmaß an Schwere erreicht und dem Opfer nur durch Zubilligung einer Geldentschädigung Genugtuung zu teil werden kann. Dies hängt von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Zu beurteilen sind alle Umstände des Einzelfalls in einer Gesamtbetrachtung, wie beispielweise die Dauer der Gemeinschaftsunterbringung, ihre psychischen oder physischen Folgen, Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, die konkrete Ausgestaltung der Zelle und die Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert werden kann (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 21; BGH, Urteil vom 04.11.2004 - III ZR 361/03, NJW 2005, 58 f.). Für die subjektiv als erheblich empfundene Beeinträchtigung seiner Menschenwürde trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Da der Nachwies innerer Sachverhalte jedoch erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kann auf objektive Beweisanzeichen zurückgegriffen werden (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 22).
27 
Für einen die Erheblichkeitsschwelle überschreitenden Eingriff spricht hier, dass sich die menschenunwürdige Unterbringung über einen Zeitraum von insgesamt 41 Tagen erstreckte. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird ein Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle regelmäßig angenommen, wenn die gemeinschaftliche Unterbringung etwa einen Monat andauert (OLG Hamm, Urteil vom 05.07.2006, Az. 11 W 73/05; OLG Hamburg, Urteil vom 14.01.2005, Az: 1 U 43 /04; zustimmend BVerfG a.a.O. Rz. 31). Ferner ist zu beachten, dass die Hafträume, in denen der Kläger untergebracht war, nicht nur über eine räumlich nicht abgetrennte Nasszelle verfügten, sondern zum Teil auch eine so kleine Grundfläche pro Gefangenen auswiesen, dass dies nach der Rechtsprechung der Oberlandesgericht ebenfalls einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellen würde. Die Rechtsprechung fordert eine Mindestfläche von 6 - 7 qm pro Gefangenen (vgl. BVerfG a.a.O., Rz. 31 m.w.N.). Allein bei einer Mitbelegung mit nur einem weiteren Gefangenen ergeben sich aber für die Hafträume 3307 und 3111, in denen der Kläger insgesamt 30 Tage verbrachte, nur eine Fläche pro Gefangenen von 4,485 qm bzw. 4,125 qm. Auch war ein Ausblick aus den Fenstern durch Milchglasscheiben versperrt.
28 
Andererseits wird der Verstoß gegen die Menschenwürde aber durch die Ausgestaltung des Vollzugs deutlich gemildert. Die Rechtsprechung erkennt die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit als einen die Haftsituation abmildernden Faktor an (BGH, Beschluss vom 28.09.2006 - III ZB 89/05, NJW 2006, 3572). Hier ging der Kläger ab dem 29.01.2009 einer Arbeitstätigkeit außerhalb seiner Zelle nach und war ab dem 13.03.2009 zusätzlich als Essensträger beschäftigt, so dass er sich an 10 Stunden pro Tag nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen in dem Haftraum aufhalten musste. Als den Eingriff mildernd ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger im Zeitraum vom 06.01.2009 bis 26.03.2009 nicht dauerhaft gemeinschaftlich untergebracht war. Vielmehr war er nach einer ersten zehntätigen gemeinschaftlichen Unterbringung für die Dauer von einem Monat allein untergebracht, um dann wieder für einen Monat gemeinschaftlich und sodann nochmals je eine Woche allein bzw. gemeinschaftlich untergebracht zu sein. Das beklagte Land hat sich somit erkennbar bemüht, für eine Einzelunterbringung des Klägers zu sorgen, dem Kläger wurden regelmäßig menschenwürdige Haftbedingungen ermöglicht.
29 
Ausschlaggebend für die Ablehnung der Geldentschädigung ist nach Ansicht der Kammer jedoch schließlich, dass sich der Kläger während seiner Gemeinschaftsunterbringung nicht gegen diese gewehrt hat. Die dargestellten menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer Gemeinschaftszelle werden von nicht wenigen Gefangenen hingenommen, da sie sie der Isolation von der Außenwelt und der fehlenden Möglichkeit der Kommunikation in einer Einzelzelle vorziehen. Zudem werden die Haftbedingungen je nach Herkunft und Persönlichkeit der Betroffenen unterschiedlich empfunden. Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation diese als nicht mehr hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung der Kammer einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der Justizvollzugsanstalt (so auch OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 25). Insofern ist nicht auf den Antrag auf Einzelunterbringung bei Aufnahme des Klägers in die JVA abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch nicht gemeinschaftlich untergebracht, er kannte also die konkrete Art und Weise der Gemeinschaftsunterbringung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen noch nicht. Entscheidend für die Beurteilung der subjektiv als erheblich empfundenen Beeinträchtigungen der Menschenwürde können daher nur Äußerungen nach erfolgter Gemeinschaftsunterbringung sein. Zwar hat der Kläger behauptet, sich wiederholt beim zuständigen Wachpersonal mündlich über die Haftbedingungen beschwert zu haben. Diese vom beklagten Land bestrittene Behauptung hat er jedoch nicht unter Beweis gestellt, die Benennung des „Zeugnis des Mituntergebrachten aus dem streitbefangenen Haftraum“ ist mangels ladungsfähiger Anschrift kein tauglicher Beweisantritt. Zudem geht die Kammer nach Verwertung der Gefangenenpersonalakte des Klägers davon aus, dass dieser für den Fall, dass er sich subjektiv erheblich beeinträchtigt gefühlt hätte, schriftliche Anträge bei der Anstaltsleitung eingereicht hätte. Der Kläger stellt sich ausweislich seiner Gefangenenpersonalakte als aktiver Gefangener dar, der keine Scheu hatte, seine Bedürfnisse gegenüber der Anstaltsleitung zu kommunizieren und von seinen Rechten Gebrauch zu machen. Der Kläger hat bereits eine Woche nach seiner Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an Beschäftigung und Sport schriftlich beantragt und sodann sich in beinahe wöchentlichen Abständen mit Bitten und Anträgen an die Anstaltsleitung gewandt. Die Anträge sind in deutscher Sprache gut verständlich und höflich formuliert abgefasst, sie betreffen Wünsche nach Musikinstrumenten, CDs sowie persönlichen Gesprächen. Die Kammer hat daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger sich mit schwerwiegenderen Bedürfnissen, wie einer als menschenunwürdig empfundenen Unterbringung, ebenfalls schriftlich an die Anstaltsleitung gewandt hätte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits während der Untersuchungshaft von seiner Strafverteidigerin betreut und regelmäßig besucht wurde. Hätte ihn die gemeinschaftliche Unterbringung ohne räumlich abgetrennte Toilette bereits damals so sehr gestört wie er es heute behauptet, ist nicht erklärbar, warum er die Situation nicht gegenüber seiner Verteidigerin angesprochen haben sollte, um sodann mit ihrer Hilfe dagegen vorzugehen. Aus alldem schließt die Kammer, dass der Kläger die menschenunwürdige Gemeinschaftsunterbringung als nicht so schwerwiegend empfunden hat, dass ihm eine Geldentschädigung zuzusprechen wäre.
II.
30 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 2. Alt., 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 1.000 EUR wegen Amtspflichtverletzung des beklagten Lands gem. § 839 BGB, Art. 34 GG zu.
20 
1. Das beklagte Land hat gegen seine Amtspflicht gem.§ 119 StPO, Ziffer 23 Abs. 1 und 3 UVollzO i.V.m. Art. 1 GG verstoßen, als es den Kläger während der Untersuchungshaft gemeinschaftlich unterbrachte. Entgegen dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Prozesskostenhilfeverfahren befand sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt H. nicht in Straf-, sondern in Untersuchungshaft, so dass nicht § 18 StVollzG, sondern Ziffer 23 UVollzO einschlägig ist.
21 
Zwar hat sich der Kläger bei seiner Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt H. mit der vorläufigen Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden erklärt, so dass an sich die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Unterbringung gem. Ziffer 23 Abs. 1 Satz 2 UVollzO vorliegen. Ziffer 23 UVollzO ist nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung aber dahingehend einzuschränken, dass durch diese Vorschrift nicht eine Gemeinschaftunterbringung unter menschenunwürdigen Bedingungen erlaubt werden soll (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2005, 12 U 300/04, Rz. 15, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss vom 07.11.2011, 1 BvR 1403/09, Rn. 37, 42 f.m.w.N., zitiert nach juris).
22 
Hier wurden die Haftbedingungen des Klägers dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht. Den in dieser Zeit doppelt und auch wechselnd belegten Zellen fehlte eine räumlich abgetrennte und gesondert zu entlüftende Toilette. Es bestand keinerlei Sicht-, Geräusch- und Geruchsschutz, so dass der Kläger innerhalb der Gemeinschaftszelle nicht ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren konnte. Darin liegt nach der ständigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ein Verstoß gegen die Menschenwürde (BVerfG, a.a.O., Rz. 39). Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kommt es nicht darauf an, dass noch zusätzliche erschwerende Umstände wie die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohls hinzutreten. Die Rechtsprechung hat Zusatzerfordernisse nicht für die Ebene der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgestellt, sondern ausschließlich für die Ebene der Rechtsfolgen, also bei der Frage, ab welcher Erheblichkeit des Eingriffs eine Geldentschädigung zu gewähren ist (BGH, Beschluss vom 28.09.2006 - III ZB 89/05, NJW 2006, 3572; BVerfG, a.a.O., Rz. 33). Gleiches gilt für die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit als die Haftsituation mildernder Faktor. Dies wird von der Rechtsprechung allenfalls bei der Bemessung der Geldentschädigung, nicht aber als Ausschluss der Menschenwürdeverletzung herangezogen (BVerfG, a.a.O., Rz. 34).
23 
Die Verletzung der Menschenwürde ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger bei seiner Aufnahme in die JVA H. in die Gemeinschaftsunterbringung eingewilligt hat. Bei der Menschenwürde handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein nicht disponibles Grundrecht, das einen Grundrechtsverzicht nicht zulässt (BVwerG, Urteil vom 17.10.2000, 2 WD 12/00, NJW 2001, 2343; BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 11 AL 11/08, juris, Rn. 25; offen gelassen von BVerfG, a.a.O., Rz. 42).
24 
2. Es ist auch von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des beklagten Landes auszugehen. Die Rechtsprechung bejaht in Fällen der menschenunwürdigen Unterbringung grundsätzlich ein Organisationsverschulden des betroffenen Landes, da die Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes bekannt sind und das Land Vorkehrungen treffen muss, vorsorglich Abhilfe für Überbelegung zu schaffen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2005, Az. 12 U 300/04, Rz. 19, zitiert nach juris). Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall gegen ein Organisationsverschulden des beklagten Landes sprechen, wurden hier nicht vorgetragen. Vielmehr lässt sich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt H. vom 16.01.2012 entnehmen, dass die dortigen Hafträume zwischenzeitlich alle über abgetrennte Nasszellen verfügen, eine Beseitigung der menschenunwürdigen Zustände also durchaus möglich war.
25 
3. Ob der Anspruch des Klägers gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, da er es schuldhaft versäumt hat, ihm mögliche und zumutbare Rechtsmittel gegen die Gemeinschaftsunterbringung einzulegen, kann hier dahinstehen. Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB sind alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinn, die sich unmittelbar gegen ein bereits erfolgtes, sich als Amtspflichtverletzung darstellendes Verhalten richten. Dazu gehören insbesondere auch Verlegungsanträge an die Anstaltsleitung sowie für die Zeit der Untersuchungshaft Anträge nach §§ 119 a, 126 StPO in Verbindung mit Nr. 73, 75 Abs. 1 UVollzO (BVerfG, a.a.O., Rz. 37). Die Versäumung der Einlegung dieser Rechtsmittel führt dann zum Anspruchsausschluss, wenn das insofern beweisbelastete Land darlegt, dass bei Einlegung von Rechtsmitteln eine Änderung der Unterbringungssituation erfolgt wäre (sog. hypothetische Kausalität; vgl. BVerfG, a.a.O., Rz. 48; BGH, Urteil vom 11.03.2010, II ZR 124/09, Ziffer 11, zitiert nach juris). Hier spricht für einen Anspruchssauschluss nach § 839 Abs. 3 BGB, dass der Kläger keine schriftlichen Verlegungsanträge oder Anträge auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat und das Land durch die Aussage der Zeugin M. T. als Leiterin der Justizvollzugsanstalt H. beweisen konnte, dass gerichtliche Entscheidungen zur Einzelunterbringung innerhalb von max. zwei Wochen umgesetzt würden. Nicht darlegen und beweisen konnte das beklagte Land jedoch, innerhalb welchen Zeitraums eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 119 a, 126 StPO in Verbindung mit Nr. 73, 75 Abs. 1 UVollZO ergangen wäre, ob der Kläger also während seiner innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten erfolgten Gemeinschaftsunterbringung überhaupt eine Anordnung zur Einzelunterbringung hätte erreichen können. Insofern konnte nicht darauf abgestellt werden, dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt haben, dass eine Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Mannheim innerhalb von 6 Wochen erfolgen würde, da zuständig für Entscheidungen gem. § 119 a StPO gem. § 126 StPO das Amtsgericht Heidelberg als das den Haftbefehl erlassende Gericht gewesen wäre. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, da dem Kläger aus den im folgenden unter Ziffer 4 genannten Gründe eine Geldentschädigung nicht zuzusprechen war.
26 
4. Jedenfalls ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände die Erheblichkeitsgrenze für die Gewährung einer Geldentschädigung bei Verstößen gegen die Menschenwürde im vorliegenden Fall nicht überschritten. Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG und der Zuerkennung einer Geldentschädigung besteht kein zwingendes Junktim. Ein Anspruch auf Geldentschädigung besteht nur dann, wenn die Beeinträchtigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann, der Eingriff also ein Mindestmaß an Schwere erreicht und dem Opfer nur durch Zubilligung einer Geldentschädigung Genugtuung zu teil werden kann. Dies hängt von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Zu beurteilen sind alle Umstände des Einzelfalls in einer Gesamtbetrachtung, wie beispielweise die Dauer der Gemeinschaftsunterbringung, ihre psychischen oder physischen Folgen, Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, die konkrete Ausgestaltung der Zelle und die Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert werden kann (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 21; BGH, Urteil vom 04.11.2004 - III ZR 361/03, NJW 2005, 58 f.). Für die subjektiv als erheblich empfundene Beeinträchtigung seiner Menschenwürde trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Da der Nachwies innerer Sachverhalte jedoch erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kann auf objektive Beweisanzeichen zurückgegriffen werden (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 22).
27 
Für einen die Erheblichkeitsschwelle überschreitenden Eingriff spricht hier, dass sich die menschenunwürdige Unterbringung über einen Zeitraum von insgesamt 41 Tagen erstreckte. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird ein Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle regelmäßig angenommen, wenn die gemeinschaftliche Unterbringung etwa einen Monat andauert (OLG Hamm, Urteil vom 05.07.2006, Az. 11 W 73/05; OLG Hamburg, Urteil vom 14.01.2005, Az: 1 U 43 /04; zustimmend BVerfG a.a.O. Rz. 31). Ferner ist zu beachten, dass die Hafträume, in denen der Kläger untergebracht war, nicht nur über eine räumlich nicht abgetrennte Nasszelle verfügten, sondern zum Teil auch eine so kleine Grundfläche pro Gefangenen auswiesen, dass dies nach der Rechtsprechung der Oberlandesgericht ebenfalls einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellen würde. Die Rechtsprechung fordert eine Mindestfläche von 6 - 7 qm pro Gefangenen (vgl. BVerfG a.a.O., Rz. 31 m.w.N.). Allein bei einer Mitbelegung mit nur einem weiteren Gefangenen ergeben sich aber für die Hafträume 3307 und 3111, in denen der Kläger insgesamt 30 Tage verbrachte, nur eine Fläche pro Gefangenen von 4,485 qm bzw. 4,125 qm. Auch war ein Ausblick aus den Fenstern durch Milchglasscheiben versperrt.
28 
Andererseits wird der Verstoß gegen die Menschenwürde aber durch die Ausgestaltung des Vollzugs deutlich gemildert. Die Rechtsprechung erkennt die Verkürzung der täglichen Einschlusszeit als einen die Haftsituation abmildernden Faktor an (BGH, Beschluss vom 28.09.2006 - III ZB 89/05, NJW 2006, 3572). Hier ging der Kläger ab dem 29.01.2009 einer Arbeitstätigkeit außerhalb seiner Zelle nach und war ab dem 13.03.2009 zusätzlich als Essensträger beschäftigt, so dass er sich an 10 Stunden pro Tag nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen in dem Haftraum aufhalten musste. Als den Eingriff mildernd ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger im Zeitraum vom 06.01.2009 bis 26.03.2009 nicht dauerhaft gemeinschaftlich untergebracht war. Vielmehr war er nach einer ersten zehntätigen gemeinschaftlichen Unterbringung für die Dauer von einem Monat allein untergebracht, um dann wieder für einen Monat gemeinschaftlich und sodann nochmals je eine Woche allein bzw. gemeinschaftlich untergebracht zu sein. Das beklagte Land hat sich somit erkennbar bemüht, für eine Einzelunterbringung des Klägers zu sorgen, dem Kläger wurden regelmäßig menschenwürdige Haftbedingungen ermöglicht.
29 
Ausschlaggebend für die Ablehnung der Geldentschädigung ist nach Ansicht der Kammer jedoch schließlich, dass sich der Kläger während seiner Gemeinschaftsunterbringung nicht gegen diese gewehrt hat. Die dargestellten menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer Gemeinschaftszelle werden von nicht wenigen Gefangenen hingenommen, da sie sie der Isolation von der Außenwelt und der fehlenden Möglichkeit der Kommunikation in einer Einzelzelle vorziehen. Zudem werden die Haftbedingungen je nach Herkunft und Persönlichkeit der Betroffenen unterschiedlich empfunden. Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation diese als nicht mehr hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung der Kammer einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der Justizvollzugsanstalt (so auch OLG Karlsruhe, a.a.O., Rz. 25). Insofern ist nicht auf den Antrag auf Einzelunterbringung bei Aufnahme des Klägers in die JVA abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch nicht gemeinschaftlich untergebracht, er kannte also die konkrete Art und Weise der Gemeinschaftsunterbringung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen noch nicht. Entscheidend für die Beurteilung der subjektiv als erheblich empfundenen Beeinträchtigungen der Menschenwürde können daher nur Äußerungen nach erfolgter Gemeinschaftsunterbringung sein. Zwar hat der Kläger behauptet, sich wiederholt beim zuständigen Wachpersonal mündlich über die Haftbedingungen beschwert zu haben. Diese vom beklagten Land bestrittene Behauptung hat er jedoch nicht unter Beweis gestellt, die Benennung des „Zeugnis des Mituntergebrachten aus dem streitbefangenen Haftraum“ ist mangels ladungsfähiger Anschrift kein tauglicher Beweisantritt. Zudem geht die Kammer nach Verwertung der Gefangenenpersonalakte des Klägers davon aus, dass dieser für den Fall, dass er sich subjektiv erheblich beeinträchtigt gefühlt hätte, schriftliche Anträge bei der Anstaltsleitung eingereicht hätte. Der Kläger stellt sich ausweislich seiner Gefangenenpersonalakte als aktiver Gefangener dar, der keine Scheu hatte, seine Bedürfnisse gegenüber der Anstaltsleitung zu kommunizieren und von seinen Rechten Gebrauch zu machen. Der Kläger hat bereits eine Woche nach seiner Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an Beschäftigung und Sport schriftlich beantragt und sodann sich in beinahe wöchentlichen Abständen mit Bitten und Anträgen an die Anstaltsleitung gewandt. Die Anträge sind in deutscher Sprache gut verständlich und höflich formuliert abgefasst, sie betreffen Wünsche nach Musikinstrumenten, CDs sowie persönlichen Gesprächen. Die Kammer hat daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger sich mit schwerwiegenderen Bedürfnissen, wie einer als menschenunwürdig empfundenen Unterbringung, ebenfalls schriftlich an die Anstaltsleitung gewandt hätte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits während der Untersuchungshaft von seiner Strafverteidigerin betreut und regelmäßig besucht wurde. Hätte ihn die gemeinschaftliche Unterbringung ohne räumlich abgetrennte Toilette bereits damals so sehr gestört wie er es heute behauptet, ist nicht erklärbar, warum er die Situation nicht gegenüber seiner Verteidigerin angesprochen haben sollte, um sodann mit ihrer Hilfe dagegen vorzugehen. Aus alldem schließt die Kammer, dass der Kläger die menschenunwürdige Gemeinschaftsunterbringung als nicht so schwerwiegend empfunden hat, dass ihm eine Geldentschädigung zuzusprechen wäre.
II.
30 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 2. Alt., 711 Satz 1 und 2 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass 1. der Empfang von B

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(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, da

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 18 Unterbringung während der Ruhezeit


(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht. (2) Im offe

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Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes: 1. Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organi

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Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, ne

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Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes:

1.
Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern.
2.
Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988.
3.
Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig.
4.
Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können.
5.
Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 361/03
Verkündet am:
4. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Strafgefangenen ein Anspruch
auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung
in der Justizvollzugsanstalt zustehen kann.
BGH, Urteil vom 4. November 2004 - III ZR 361/03 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verbüßte eine Freiheitsstrafe in der JVA Am berg. Am 3. Juli 2002 wurde er für eine Besuchszusammenführung in die JVA Bielefeld-Brackwede 1 verlegt. Vom 10. bis 12. Juli 2002 befand er sich als sogenannter Durchgangsgefangener in der Transportabteilung der JVA Hannover. Er war in einem 16 qm großen Haftraum mit vier weiteren Gefangenen untergebracht. Der Raum war mit einem Etagenbett, drei Einzelbetten, fünf Stühlen, zwei Tischen und zwei Spinden ausgestattet. Ein Waschbecken und eine Toilette waren mit einem Sichtschutz abgetrennt. Die Inhaftierten durften den Haftraum täglich für eine Stunde zum Hofgang verlassen.

Auf Antrag des Klägers stellte die Strafvollstreckungskamme r des Landgerichts Hannover mit Beschluß vom 16. September 2002 die Rechtswidrigkeit der Unterbringung fest. Die gemeinsame Unterbringung von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz sei unzulässig und verstoße gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung.
Im vorliegenden Amtshaftungsprozeß nimmt der Kläger da s beklagte Land auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung (mindestens 200 €) in Anspruch. Das Landgericht (StV 2003, 568 mit Anm. Lesting) hat ihm 200 € nebst Zinsen zugesprochen; das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Unterbringung des Klägers gemeinsam mit vier weiteren Gefangenen in dem viel zu kleinen Haftraum rechtswidrig gewesen ist sowie gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener verstieß und daß die zuständigen Amtsträger des beklagten Landes dadurch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger begangen haben.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß di e rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 109 StVollzG, die die Rechtswidrigkeit der Unterbringung des Klägers festgestellt hat, auch für den jetzigen Amtshaftungsprozeß Bindungswirkung entfaltet. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, die der Senat für die Bindungswirkung einer im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ergangenen Entscheidung des Strafsenats eines Oberlandesgerichts entwickelt hat (Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93 = NJW 1994, 1950; s. auch Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 439, 440).

b) Die tatrichterliche Würdigung, daß durch die Art u nd Weise der Unterbringung die Menschenwürde der betreffenden Strafgefangenen verletzt wurde, läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revisionserwiderung des beklagten Landes nicht angegriffen.

c) Ebenso ist den Vorinstanzen darin zu folgen, daß die Amtsträger des beklagten Landes auch ein Verschulden trifft. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen, sondern auch darauf, daß das beklagte Land sich nach seinem Sachvortrag in einer Notsituation befand , weil die Transportabteilung der Justizvollzugsanstalt in dem hier interessierenden Zeitraum mit mehr als 90 Gefangenen belegt war, obwohl sie nur über 47 Einzelhafträume (inkl. vier Sicherheitszellen) und zehn Gemeinschaftshafträume verfügte. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der danach bestehende erhebliche Mangel an Einzelhaftplätzen keinen hinreichenden Grund dafür darstellt, geltendes Recht zu unterlaufen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach
Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (Staudinger/Wurm aaO Rn. 228).
2. Das Berufungsgericht läßt jedoch - im Gegensatz zum Landgericht - den hieraus hergeleiteten Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) daran scheitern, daß unter den hier vorliegenden besonderen Umständen des Falles die Zuerkennung einer Entschädigung für die zweitägige Unterbringung in dem gemeinschaftlichen Haftraum aus Gründen der Billigkeit weder unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichs- noch der Genugtuungsfunktion geboten sei. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Der geltend gemachte Schaden des Klägers ist einersei ts kein Vermögensschaden , andererseits jedoch auch kein (bloßes) Schmerzensgeld im Sinne des hier noch anwendbaren § 847 BGB a.F. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, daß es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits-
rechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGHZ 128, 1, 15 m.w.N.; BVerfG NJW 2000, 2187 f).

b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht verkenne mit se inen Erwägungen , daß die von Verfassungs wegen unantastbare Menschenwürde einer Abwägung mit anderen Interessen oder Verfassungswerten nicht zugänglich sei. Die Würde des Menschen sei nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbar und absolut geschützt. Die Berücksichtigung der Dauer und der Intensität des Eingriffs in Art. 1 Abs. 1 GG führe im Ergebnis zur Aufgabe des Grundrechtsschutzes und zur Preisgabe der Würde des Menschen. Sie würde bedeuten, daß kurze, wenig intensive Eingriffe zulässig seien.
Damit verkennt die Revision, daß zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits kein zwingendes Junktim besteht.
aa) Zwar trifft es zu, daß dem Recht auf Achtung der M enschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, daß dann, wenn das Recht eines Strafgefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde durch menschenunwürdige Unterbringung verletzt wird, die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens auf nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Unterbringung nicht davon abhängen kann, ob dies nur vorübergehend geschehen war (BVerfG NJW 2002, 2699 f; 2002, 2700 f; 1993, 3190 f). Dem Gefangenen muß das Recht zustehen, diese Rechtsverletzungen mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehel-
fen des Strafvollzugsgesetzes (§§ 108 ff) anzugreifen. Diesen Weg hat der Kläger hier auch erfolgreich beschritten.
bb) Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Der Senat sieht vielmehr keine durchgreifenden Bedenken dagegen , einen Anspruch auf Geldentschädigung von dem weiteren Erfordernis abhängig zu machen, daß die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 128, 1, 12).
cc) Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze de r Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, daß eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urteil vom 16. Dezember 1997 [Raninen ./. Finnland], ÖIM Newsletter [NL] 1998/1/7; Urteil vom 19. April 2001 [Peers ./. Griechenland], Nr. 28524/95 Slg. 2001 Sec. III, 277 f, 294 ff Rn. 67-79; vgl. auch EKMR in der Sache Brincat ./. Italien, Beschwerde Nr. 13867/88; mitgeteilt von Strasser, EuGRZ 1993, 425, 426). Im
übrigen kann auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein dem Anliegen des Rechtsmittelführers Rechnung tragendes Urteil selbst eine ausreichend gerechte Entschädigung darstellen, so daß eine weitergehende Entschädigung in Geld für den erlittenen immateriellen Schaden nicht mehr geboten ist (vgl. Nikolova ./. Bulgarien, Urteil vom 25. März 1999, NL 1999/2/8).

c) Das Berufungsgericht führt aus, die räumlichen Verhäl tnisse, unter denen der Kläger untergebracht gewesen sei, seien zwar menschenunwürdig (Art. 1 GG) gewesen. Jedoch mache der Kläger selbst nicht geltend, daß der - nur zwei Tage andauernde - rechtswidrige Zustand ihn seelisch oder körperlich nachhaltig belastet habe. Vielmehr habe der Kläger über die mit den räumlichen Verhältnissen unvermeidlich verbundenen Belästigungen und Unannehmlichkeiten hinaus keine Beeinträchtigungen seines körperlichen oder seelischen Wohles erlitten. Dem Mißstand habe zudem keine schikanöse Absicht, sondern eine akute, aus der Überbelegung resultierende Zwangslage zugrunde gelegen. Eingriffsintensität und Verschulden seien insgesamt als gering zu bewerten. Zudem habe der Kläger bereits durch die von der Strafvollstreckungskammer getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit Schutz und Genugtuung erfahren.

d) Diese Feststellungen sind weder nach ihrem Inhalt no ch nach den ihnen zugrundeliegenden Beurteilungskriterien - in die das Berufungsgericht auch das Organisationsverschulden des beklagten Landes (s.o. 1. b) einbezogen hat - revisionsrechtlich zu beanstanden. Die Revision setzt bei ihrer abwei-
chenden Beurteilung lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.

(2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
15 
1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
17 
2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 361/03
Verkündet am:
4. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Strafgefangenen ein Anspruch
auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung
in der Justizvollzugsanstalt zustehen kann.
BGH, Urteil vom 4. November 2004 - III ZR 361/03 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verbüßte eine Freiheitsstrafe in der JVA Am berg. Am 3. Juli 2002 wurde er für eine Besuchszusammenführung in die JVA Bielefeld-Brackwede 1 verlegt. Vom 10. bis 12. Juli 2002 befand er sich als sogenannter Durchgangsgefangener in der Transportabteilung der JVA Hannover. Er war in einem 16 qm großen Haftraum mit vier weiteren Gefangenen untergebracht. Der Raum war mit einem Etagenbett, drei Einzelbetten, fünf Stühlen, zwei Tischen und zwei Spinden ausgestattet. Ein Waschbecken und eine Toilette waren mit einem Sichtschutz abgetrennt. Die Inhaftierten durften den Haftraum täglich für eine Stunde zum Hofgang verlassen.

Auf Antrag des Klägers stellte die Strafvollstreckungskamme r des Landgerichts Hannover mit Beschluß vom 16. September 2002 die Rechtswidrigkeit der Unterbringung fest. Die gemeinsame Unterbringung von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz sei unzulässig und verstoße gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung.
Im vorliegenden Amtshaftungsprozeß nimmt der Kläger da s beklagte Land auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung (mindestens 200 €) in Anspruch. Das Landgericht (StV 2003, 568 mit Anm. Lesting) hat ihm 200 € nebst Zinsen zugesprochen; das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Unterbringung des Klägers gemeinsam mit vier weiteren Gefangenen in dem viel zu kleinen Haftraum rechtswidrig gewesen ist sowie gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener verstieß und daß die zuständigen Amtsträger des beklagten Landes dadurch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger begangen haben.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß di e rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 109 StVollzG, die die Rechtswidrigkeit der Unterbringung des Klägers festgestellt hat, auch für den jetzigen Amtshaftungsprozeß Bindungswirkung entfaltet. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, die der Senat für die Bindungswirkung einer im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ergangenen Entscheidung des Strafsenats eines Oberlandesgerichts entwickelt hat (Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93 = NJW 1994, 1950; s. auch Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 439, 440).

b) Die tatrichterliche Würdigung, daß durch die Art u nd Weise der Unterbringung die Menschenwürde der betreffenden Strafgefangenen verletzt wurde, läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revisionserwiderung des beklagten Landes nicht angegriffen.

c) Ebenso ist den Vorinstanzen darin zu folgen, daß die Amtsträger des beklagten Landes auch ein Verschulden trifft. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen, sondern auch darauf, daß das beklagte Land sich nach seinem Sachvortrag in einer Notsituation befand , weil die Transportabteilung der Justizvollzugsanstalt in dem hier interessierenden Zeitraum mit mehr als 90 Gefangenen belegt war, obwohl sie nur über 47 Einzelhafträume (inkl. vier Sicherheitszellen) und zehn Gemeinschaftshafträume verfügte. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der danach bestehende erhebliche Mangel an Einzelhaftplätzen keinen hinreichenden Grund dafür darstellt, geltendes Recht zu unterlaufen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach
Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (Staudinger/Wurm aaO Rn. 228).
2. Das Berufungsgericht läßt jedoch - im Gegensatz zum Landgericht - den hieraus hergeleiteten Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) daran scheitern, daß unter den hier vorliegenden besonderen Umständen des Falles die Zuerkennung einer Entschädigung für die zweitägige Unterbringung in dem gemeinschaftlichen Haftraum aus Gründen der Billigkeit weder unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichs- noch der Genugtuungsfunktion geboten sei. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Der geltend gemachte Schaden des Klägers ist einersei ts kein Vermögensschaden , andererseits jedoch auch kein (bloßes) Schmerzensgeld im Sinne des hier noch anwendbaren § 847 BGB a.F. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, daß es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits-
rechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGHZ 128, 1, 15 m.w.N.; BVerfG NJW 2000, 2187 f).

b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht verkenne mit se inen Erwägungen , daß die von Verfassungs wegen unantastbare Menschenwürde einer Abwägung mit anderen Interessen oder Verfassungswerten nicht zugänglich sei. Die Würde des Menschen sei nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbar und absolut geschützt. Die Berücksichtigung der Dauer und der Intensität des Eingriffs in Art. 1 Abs. 1 GG führe im Ergebnis zur Aufgabe des Grundrechtsschutzes und zur Preisgabe der Würde des Menschen. Sie würde bedeuten, daß kurze, wenig intensive Eingriffe zulässig seien.
Damit verkennt die Revision, daß zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits kein zwingendes Junktim besteht.
aa) Zwar trifft es zu, daß dem Recht auf Achtung der M enschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, daß dann, wenn das Recht eines Strafgefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde durch menschenunwürdige Unterbringung verletzt wird, die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens auf nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Unterbringung nicht davon abhängen kann, ob dies nur vorübergehend geschehen war (BVerfG NJW 2002, 2699 f; 2002, 2700 f; 1993, 3190 f). Dem Gefangenen muß das Recht zustehen, diese Rechtsverletzungen mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehel-
fen des Strafvollzugsgesetzes (§§ 108 ff) anzugreifen. Diesen Weg hat der Kläger hier auch erfolgreich beschritten.
bb) Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Der Senat sieht vielmehr keine durchgreifenden Bedenken dagegen , einen Anspruch auf Geldentschädigung von dem weiteren Erfordernis abhängig zu machen, daß die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 128, 1, 12).
cc) Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze de r Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, daß eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urteil vom 16. Dezember 1997 [Raninen ./. Finnland], ÖIM Newsletter [NL] 1998/1/7; Urteil vom 19. April 2001 [Peers ./. Griechenland], Nr. 28524/95 Slg. 2001 Sec. III, 277 f, 294 ff Rn. 67-79; vgl. auch EKMR in der Sache Brincat ./. Italien, Beschwerde Nr. 13867/88; mitgeteilt von Strasser, EuGRZ 1993, 425, 426). Im
übrigen kann auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein dem Anliegen des Rechtsmittelführers Rechnung tragendes Urteil selbst eine ausreichend gerechte Entschädigung darstellen, so daß eine weitergehende Entschädigung in Geld für den erlittenen immateriellen Schaden nicht mehr geboten ist (vgl. Nikolova ./. Bulgarien, Urteil vom 25. März 1999, NL 1999/2/8).

c) Das Berufungsgericht führt aus, die räumlichen Verhäl tnisse, unter denen der Kläger untergebracht gewesen sei, seien zwar menschenunwürdig (Art. 1 GG) gewesen. Jedoch mache der Kläger selbst nicht geltend, daß der - nur zwei Tage andauernde - rechtswidrige Zustand ihn seelisch oder körperlich nachhaltig belastet habe. Vielmehr habe der Kläger über die mit den räumlichen Verhältnissen unvermeidlich verbundenen Belästigungen und Unannehmlichkeiten hinaus keine Beeinträchtigungen seines körperlichen oder seelischen Wohles erlitten. Dem Mißstand habe zudem keine schikanöse Absicht, sondern eine akute, aus der Überbelegung resultierende Zwangslage zugrunde gelegen. Eingriffsintensität und Verschulden seien insgesamt als gering zu bewerten. Zudem habe der Kläger bereits durch die von der Strafvollstreckungskammer getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit Schutz und Genugtuung erfahren.

d) Diese Feststellungen sind weder nach ihrem Inhalt no ch nach den ihnen zugrundeliegenden Beurteilungskriterien - in die das Berufungsgericht auch das Organisationsverschulden des beklagten Landes (s.o. 1. b) einbezogen hat - revisionsrechtlich zu beanstanden. Die Revision setzt bei ihrer abwei-
chenden Beurteilung lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzeigen zu können.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 89/05
vom
28. September 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von Strafgefangenen
in einem Haftraum.
BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 - OLG Naumburg
LG Halle
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.250 €

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Halle stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 StVK 1085/02 und 30 StVK 244/03) fest, dass die zu den vorgenannten Zeiten erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war.

2
Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbringung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt worden. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmerzensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 € je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haftraum Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter.

II.


4
1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbeschwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO).

5
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsverfolgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
6
Dem a) Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amtspflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht.
7
Aufgrund aa) der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaftungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war.
8
Strafvollstreckungskammer Der sind bei der Rechtswidrigkeitsfeststellung allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG, die abweichend von § 18 StVollzG bei bestehenden Anstalten die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umgestaltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 StVollzG eingestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsanstalt , in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist.
9
Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG wiegt und ob den Bediensteten des Landes ein Verschulden vorzuwerfen ist.
10
bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststellung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unterbringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner BVerfG aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 StVollzG kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. BGHSt aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten Unterbringungsverhältnissen einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. BGHSt aaO S. 240): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte Zeit in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken.
11
cc) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsamen Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der (rechtswidrigen ) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal behauptet , derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu haben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen Zeitraum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinreichende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu vernehmen (§§ 447, 448 ZPO).
12
b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant- wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZR 33/05 - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerdegericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.