Landgericht Hamburg Urteil, 13. Apr. 2016 - 318 S 62/15

bei uns veröffentlicht am13.04.2016

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 05.06.2015, Az. 881 C 18/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger und die Beklagte zu 1), deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) bis 4) sind, sind Mitglieder der WEG v.-A.-Straße ..., (PLZ) H.. Sie streiten über die Nutzung eines Kellerraums. Der Kläger nimmt die Beklagten, die bis zur Aufteilung des Objektes in Wohnungseigentum im Jahr 1997 Alleineigentümer waren, auf Unterlassung der Nutzung/Vermietung eines Kellerraums in Anspruch, hilfsweise auf Kündigung eines bestehenden Mietverhältnisses über den Kellerraum und Herausgabe. Die Beklagten hatten bereits vor der Aufteilung in Wohnungseigentum die jetzige Wohneinheit Nr. 13 vermietet und in diesem Zusammenhang dem Mieter auch den Keller mit der jetzigen Nr. 16 als zur Mietwohnung gehörig zugewiesen (Anlage B 1 = Bl. 95 d.A.). Nach Aufteilung in Wohnungseigentum erwarb zunächst im Jahr 2012 ein Herr L. die Wohneinheit Nr. 16 (Anlage K 8 = Bl. 139 d.A.). 2013 veräußerte er diese an den Kläger (Anlage K 1 = Bl. 7 d.A.).

2

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

3

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.06.2015 als jedenfalls unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Kündigung des Mietverhältnisses. Dabei könne dahinstehen, ob die Beklagten als mittelbare Handlungsstörer grundsätzlich gemäß § 1004 BGB i.V.m. §§ 14, 15 WEG hafteten. Jedenfalls habe der Kläger sein Sonder-/Teileigentum mit dem Mietverhältnis am Keller belastet erworben. Es gelte § 566 Abs. 1 BGB. Danach trete der Erwerber von vermietetem Wohnraum - hier bereits der Ersterwerber L., von dem der Kläger sein Eigentum erworben habe - in das Mietverhältnis ein. Dies gelte auch, wenn eine Wohnung (hier Nr. 13) und Nebenräume (hier Nr. 16) nach Aufteilung an verschiedene Erwerber veräußert würden. Soweit die Beklagten sich gegenüber dem Ersterwerber zur mietfreien Übergabe verpflichtet hätten, bestehe allenfalls ein kaufrechtlicher Gewährleistungsanspruch. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt zweckbestimmungswidriger Nutzung. Eine solche Nutzung liege nicht vor, weil die Räumlichkeit wie in der Teilungserklärung vorgesehen als Keller genutzt werde. Ein Anspruch aus dem Eigentümer-Besitzerverhältnis gemäß §§ 985 ff. BGB scheitere daran, dass auch der Kläger Mitvermieter und mittelbarer Besitzer sei. Auch ein Anspruch auf Kündigung des Mietverhältnisses bestehe nicht, weil es keinen Kündigungsgrund gebe.

4

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 11.06.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 30.06.2015 per Telefax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem 09.09.2015 per Telefax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten begründet hat.

5

Er trägt vor, bei Aufteilung sei jeder Eigentumswohnung ein Keller zugeordnet worden, mithin auch der Wohnung Nr. 13. An wen der Keller Nr. 13 vermietet sei, wisse er nicht. Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagten nicht in der Lage seien, dem Mieter P. anstelle des streitgegenständlichen Kellerraums Nr. 16 den Kellerraum Nr. 13 oder einen anderen zuzuweisen. Der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag sei zulässig; dies gelte auch für den Leistungsantrag. Der insoweit vom Amtsgericht in Bezug genommenen Entscheidung des BGH habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen (Mietzinsansprüche). Jedenfalls könne er Mitwirkung an einer Kündigung verlangen, denn ein von Vermieterseite praktisch unkündbarer Vertrag verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Ob die Kündigung berechtigt sei, sei dabei noch nicht zu prüfen. (Hans. OLG, NZG 1999, 1211; NJW-RR 2002, 1165).

6

Hinzu komme, dass die Beklagten sich bei Veräußerung der Wohnung Nr. 16 verpflichtet hätten, das Kaufobjekt mietfrei zu übergeben. Auf ein Besitzrecht könnten die Beklagten sich jedenfalls nicht berufen. Spätestens mit der Veräußerung der Wohneinheit Nr. 16 hätten sie etwaige aus dem Besitz folgende rechtshindernde Ansprüche verloren. Im Übrigen hätten sie auch Einwirkungspflichten gemäß § 14 Nr. 2 WEG dahingehend, den Mieter zu einem Tausch zu bewegen. Eine Rückfrage bei diesem habe ergeben, dass er sich gar nicht dagegen sperre. Dies könne er auch in der Berufungsinstanz noch geltend machen, denn erst durch die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung sei auch deutlich geworden, dass für ihn Anlass bestanden habe, sich selbst mit dem Mieter in Verbindung zu setzen.

7

Er beantragt,

8

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 05.06.2015, Az.: 881 C 18/14, abzuändern und die Beklagten - jeden für sich - zu verurteilen, die Nutzung und Vermietung des Kellers 16 belegen im Haus v.-A.-Straße ... in (PLZ) H. wie in der Anlage 1 zum Urteil rot gekennzeichnet zu unterlassen und für den Eintritt der rechtlichen Verhältnisse und der tatsächlichen Umstände zu sorgen, die Beklagte zu 1) in die Lage versetzen, den Kläger in den unmittelbaren Besitz des Kellers 16 einweisen zu können.

9

Hilfsweise,

10

1. die Beklagten - jeden für sich - zu verurteilen, das zwischen Ihnen und Herrn M. P., v.-A.-Straße 13 in (PLZ) H. bestehende Mietverhältnis über den im Hauptantrag genannten Kellerraum mit der Maßgabe zu kündigen, dass dieser den Kellerraum geräumt an den Kläger herauszugeben hat und für den Fall der Nichträumung gegen ihn Klage mit dem Antrag zu erheben, dass er den im Hauptantrag genannten Keller geräumt an den Kläger herauszugeben hat,

11

2. die Beklagten - jeden für sich - zu verurteilen, das zwischen Ihnen und Herrn M. P., v.-A.-Straße 13 in (PLZ) H. bestehende Mietverhältnis über den im Hauptantrag genannten Kellerraum mit der Maßgabe zu kündigen, dass dieser den Kellerraum geräumt an die Beklagten zur gesamten Hand herauszugeben hat und für den Fall der Nichträumung gegen ihn Klage mit dem Antrag zu erheben, dass er den im Hauptantrag genannten Keller geräumt an die Beklagten zur gesamten Hand herauszugeben hat,

12

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den im Hauptantrag genannten Kellerraum an den Kläger herauszugeben.

13

Die Beklagten beantragen,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie verteidigen das amtsgerichtliche Urteil und tragen vor, sie hätten sich erfolglos bemüht, dem Kläger im Wege eines “Ringtausches“ den streitgegenständlichen Kellerraum zur Verfügung stellen zu können. Es gebe jedoch keinen anderweitigen verfügbaren Kellerraum, der dem Mieter P. überlassen werden könne. Den vom Kläger in Bezug genommenen gerichtlichen Entscheidungen lägen andere Sachverhalte zu Grunde. Dies gelte auch für die Entscheidungen des Hans. OLG, zumal der Klageantrag ohnehin nicht auf eine Zustimmung der Beklagten zu einer Kündigung gerichtet sei.

16

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

17

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

1.

18

Die Klage ist zwar auch hinsichtlich des auf Unterlassung der Nutzung und Vermietung gerichteten Hauptantrags zulässig, weil auch der vermietende Wohnungseigentümer grundsätzlich als mittelbarer Handlungsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. In welcher Weise er einem berechtigten Unterlassungsbegehren nachkommt, kann dabei dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben (BGH NJW 2014, 2640 ff., zitiert nach juris). Eine Auslegung des Klageantrags ergibt, dass der Kläger trotz der weitergehenden sprachlichen Formulierung im Kern Unterlassung begehrt.

2.

19

Die Klage ist jedoch sowohl bezüglich des Hauptantrags als auch in Bezug auf die hilfsweise gestellten Anträge unbegründet, weil dem Kläger – wie das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen, denen die Kammer sich anschließt, angenommen hat - kein Anspruch zusteht.

20

a) Hinsichtlich des Hauptantrages auf Unterlassung gilt Folgendes:

21

aa) Ein Anspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 BGB, 14 Nr. 2, 15 Abs. 3 WEG besteht nicht. Voraussetzung hierfür ist, dass die Beklagten Handlungs- oder Zustandsstörer sind. Daran fehlt es. Bei Vermietung des Kellerraums im Jahr 1986 waren die Beklagten noch Alleineigentümer und damit zur Vermietung berechtigt. Ein Eingriff in Miteigentumsrechte (des Klägers oder seines Rechtsvorgängers) war damit schon mangels Bestehens einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht verbunden. Die Beklagten sind aber auch nicht etwa dadurch zu (Zustands-)Störern geworden, dass sie das vor Aufteilung in Wohnungseigentum wirksam begründete und bestehende Mietverhältnis in Bezug auf den Kellerraum nach Begründung der WEG nicht beendet haben. Hierin ist keine Aufrechterhaltung eines beeinträchtigenden Zustandes zu sehen. Ebenso wie die Veräußerung einer vermieteten Eigentumswohnung keine Beeinträchtigung des (Sonder-)Eigentums darstellt, ist dies auch vorliegend nicht der Fall. Der Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit denjenigen Fällen, in denen der vermietende Eigentümer deshalb als Störer angesehen wird, weil er eine zweckwidrige Nutzung seines Mieters nicht unterbindet (vgl. hierzu Kümmel in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29). Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an einer zweckwidrigen Nutzung des streitgegenständlichen Kellerraums. Auf die Frage, ob dem Kläger aufgrund bestimmter kaufvertraglicher Zusagen der Beklagten gegenüber seinem Rechtsvorgänger schuldrechtliche Gewährleistungsansprüche zustehen, kommt es nicht an.

22

bb) Ein Anspruch auf Unterlassung ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB). Wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat, wird in den Fällen, in denen im Zusammenhang mit der Aufteilung in Wohnungseigentum die Zuordnungsverhältnisse zwischen Wohnungen und sonstigen Räumen – hier Kellerräumen - nicht beachtet werden, hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag zwischen den Wohnungseigentümern in Bezug auf den Mietvertrag eine Gemeinschaft gemäß §§ 741 ff. BGB begründet. Danach obliegt es den Mitgliedern der Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 745 BGB, den gemeinschaftlichen Gegenstand ordnungsgemäß zu verwalten (BGH NJW 2005, 3781 ff., zitiert nach juris). Dass eine ordnungsgemäße Verwaltung vorliegend darin besteht, die Nutzung/Vermietung des Kellerraumes zu unterlassen, ist nicht ersichtlich.

23

cc) Ein Anspruch des Klägers aus Besitzschutz gemäß § 862 Abs. 1 BGB besteht schon deshalb nicht, weil ihm der Besitz nicht durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde.

24

b) Hinsichtlich der auf Kündigung des Mietverhältnisses über den Kellerraum durch die Beklagten gerichteten Hilfsanträge zu 1) und 2) gilt Folgendes:

25

Soweit der Kläger unter Berufung auf zwei Entscheidungen des Hans. OLG (NZG 1999, 1211 und NJW-RR 2002, 1165, beide zitiert nach juris) geltend macht, ein Anspruch ergebe sich aus §§ 741, 749 BGB, greift dies nicht durch. Dabei kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen ein Aufhebungsanspruch gemäß § 749 Abs. 1 BGB inhaltlich auf die Mitwirkung bei der Kündigung eines bestehenden Mietverhältnisses gerichtet sein kann und ob die Voraussetzungen hier gegeben sind.

26

Dies erscheint fraglich, weil bei allem auch zu berücksichtigen ist, dass bei Gemeinschaften, auf die die gesetzlichen Teilungsregelungen nicht passen, (nur) verlangt werden kann, dass die Teilung in einer nach Lage des Falles zweckmäßigen Weise durchgeführt wird (Staudinger/Eickelberg (2015), BGB, § 749 Rn. 11, zitiert nach juris). Der Entscheidung des Hans. OLG vom 01.06.2001 (Az.: 11 U 47/01) lag insoweit ein in jeder Hinsicht anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde. So ging es dort um das gesamte Objekt betreffende Mietverhältnisse über Wohnraum, wohingegen der hier zu entscheidenden Sachverhalt einen von zwei der Eigentumswohnung des Klägers zugeordneten Kellerräumen betrifft. Dass der Kläger jedenfalls einen Kellerraum nutzen kann, ist mithin nicht streitig. Anders als in dem vom Hans. OLG entschiedenen Sachverhalt steht hier auch nicht zu befürchten, dass der Kläger von der persönlichen Nutzung seiner Eigentumswohnung auf Dauer ausgeschlossen und damit nachhaltig in seinen Eigentumsrechten beeinträchtigt wird. Auch die Frage der Zulässigkeit einer Kündigung, die in den Entscheidung des Hans. OLG unter dem Gesichtspunkt der Eigenbedarfskündigung nicht ohne weiteres zu beantworten war, stellt sich hier nicht in vergleichbarer Weise. So hat auch das Hans. OLG, wenn auch nur obiter dictum, angenommen, dass eine Zustimmung zu einem von vorneherein erfolglosen Kündigungs-/Räumungsbegehren nicht verlangt werden kann. Insoweit ist das Amtsgericht hier zu Recht davon ausgegangen, dass ein Kündigungsgrund ersichtlich nicht vorliegt. Dies ist im Hinblick darauf, dass der Kellerraum als Nebenraum im Rahmen eines einheitlichen Wohnraummietvertrages überlassen wurde (Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 89), zutreffend. Unerheblich ist, dass nach dem Vorbringen des Klägers der Mieter zu einem Tausch bereit wäre, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten ein verfügbarer anderer Kellerraum nicht vorhanden ist.

27

Jedenfalls nimmt der Kläger die Beklagten vorliegend nicht auf Zustimmung zu einer von ihm ausgesprochenen Kündigung in Anspruch. Er begehrt vielmehr, dass diese ihrerseits den Vertrag kündigen, den Mieter zur Herausgabe - an ihn oder an sich - anhalten und dies gegebenenfalls im Klagewege durchsetzen. Sein Antrag kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er auf die Abgabe einer Zustimmungserklärung gerichtet ist.

28

c) Auch mit dem auf Herausgabe gerichteten Hilfsantrag zu 3) hat die Klage keinen Erfolg. Ein Herausgabeanspruch des Klägers gegen die Beklagten aus dem Eigentümer-Besitzerverhältnis gemäß §§ 985 ff. BGB besteht schon deshalb nicht, weil beide Parteien Miteigentümer und (mittelbare) Mitbesitzer sind.

III.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10 Satz 1, 711, 713 ZPO zu entnehmen. Eines Ausspruchs nach § 708 Ziff. 10 Satz 2 ZPO bedarf es nicht, weil das amtsgerichtliche Urteil bereits nach §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 29.09.2015 - 310 S 3/15, BeckRS 2015, 17192).

31

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Kammer weicht nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung zu den Voraussetzungen und dem Inhalt eines Aufhebungsanspruchs gemäß § 749 Abs. 1 BGB ab.

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Landgericht Hamburg Urteil, 29. Sept. 2015 - 310 S 3/15

bei uns veröffentlicht am 29.09.2015

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg, Gz. 36a C 40/14, vom 09.01.2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin und Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:

1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend;
2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen.

(2) Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

(3) Eine wesentliche Veränderung des Gegenstands kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

(1) Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.

Steht ein Recht mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, die Vorschriften der §§ 742 bis 758 Anwendung (Gemeinschaft nach Bruchteilen).

(1) Jeder Teilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.

(2) Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg, Gz. 36a C 40/14, vom 09.01.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin und Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin und Berufungsklägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte und Berufungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Internettauschbörse über den Internetanschluss der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten).

2

Die Beklagte wohnte in einem Mehrfamilienhaus. In dem Haushalt der Beklagten bestand ein WLAN-Internetzugang, wobei ein Router der Marke „Alice Modem WLAN 1421“ verwendet wurde. Dieser war in der Zeit von etwa Februar bis Mai 2012 eingerichtet worden und war mit einem vom Hersteller vergebenen WPA2-Schlüssel gesichert, der aus 16 Ziffern bestand, die auf der Rückseite des Routers aufgedruckt waren und lauteten: „2...4“ (vgl. Foto Anlage B 1 = Bl. 66 d.A.). Dieser Schlüssel hätte individuell geändert werden können. Die Beklagte hatte den Schlüssel bei der Einrichtung des Routers nicht geändert bzw. ändern lassen. Den Namen des Modems, mit dem ihr Netz angezeigt wurde, hatte die Beklagte dagegen auf „O.“ ändern lassen.

3

Im November und Dezember 2012 wurde eine Datei, die den Film „T. E.“ enthielt, an drei Tagen zu insgesamt fünf verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der Beklagten in einer Dateitauschbörse zum Download angeboten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Rechtsverletzungen von einem unbekannten Dritten begangen wurden, der sich unberechtigten Zugang zum WLAN-Netzwerk der Beklagten verschafft hatte.

4

Die Klägerin ist Inhaberin von Nutzungsrechten am streitgegenständlichen Film und hatte die Rechtsverletzungen sowie die Beklagte als Anschlussinhaberin ermitteln lassen. Auf eine klägerische anwaltliche Abmahnung und Schadensersatz- sowie Kostenerstattungsforderung vom 07.06.2013 (Anlage K 8) gab die Beklagte eine modifizierte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, leistet aber keine Zahlung.

5

Später stellte sich heraus, dass der werksseitig vergebene WPA2-Schlüssel nach einem unsicheren Verfahren generiert worden war und mit überschaubarem Zeitaufwand von einem unberechtigten Dritten „geknackt“ werden konnte. Dazu hieß es am 18.03.2014 auf www. h..de u.a. (vgl. Anlage B 5), ein Reverse-Engineering-Spezialist habe festgestellt, „dass der Algorithmus, der den Standard-Key bestimmt, nicht sicher genug“ sei; und weiter: „Anhand öffentlicher Informationen, die jeder in Funkreichweite mitbekommt, lässt sich die Anzahl der möglichen Keys erheblich reduzieren.“ Am 19.03.2014 folgte noch der Nachtrag, Details über die eingesetzten Algorithmen seien bereits seit einiger Zeit im Netz gewesen und stammten aus einer unabhängigen Analyse (weitere Einzelheiten vgl. Anlage B 5). Am 19.03.2014 gab die T. G. GmbH & Co. OHG auf ihrer Internetpräsenz www. o..de u.a. auch für den Router-Typ „1421“ der Beklagten eine Kundenwarnung unter der Überschrift „WLAN-Schlüssel - Sicherheitshinweis zu den Boxen 6431, 4421, 1421“ heraus (Anlage B 4), in der es u.a. wie folgt hieß:

Abbildung

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage in erster Instanz Erstattung von Abmahnkosten über € 755,80 sowie sogenannten lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von € 400,- sowie Erstattung von Ermittlungskosten in Höhe von € 100,- verlangt. Die Klägerin hat dabei mit Nichtwissen bestritten, dass es sich bei dem werksseitig eingestellten WPA2-Schlüssel um einen individuell vergebenen Schlüssel nur für das einzelne Routergerät gehandelt habe.

7

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, Schadensersatzansprüche schieden schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht als Täterin oder Teilnehmerin der durch den unbekannten Dritten begangenen Rechtsverletzung hafte. Jedoch bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten, weil auch eine Störerhaftung der Beklagten nicht gegeben sei, weil der Beklagten keine Verletzung von zumutbaren Pflichten vorzuwerfen sei. Es könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden, den Router nicht ausreichend gesichert zu haben. Zwar sei unstreitig, dass die Beklagte den werksseitig vergebenen 16-stelligen WPA2-Schlüssel nicht verändert habe. Da aber die Beklagte substanziiert behauptet und (ohne Beweislast) sogar unter Beweis gestellt habe, dass es sich bei dem werkseitigen Schlüssel um einen individuell, d.h. einen nur für ihr Routergerät vergebenen Schlüssel gehandelt habe, hätte die Klägerin dafür, dass es sich um kein solches individuelles Passwort gehandelt habe, Beweis anbieten müssen. Das habe die Klägerin nicht getan. Daher sei von einem werksseitig vergebenen individuellen, nur dem Inhaber des jeweiligen WLAN-Routers bekannten WPA2-Kennwort auszugehen. Dieses sei grundsätzlich mindestens ebenso sicher wie ein selbstgewähltes WPA2-Kennwort. Dass im vorliegenden Fall das werksseitig vergebene Kennwort deshalb nicht ausreichend sicher gewesen sei, weil es werkseitig fehlerhaft generiert worden sei, könne eine Störerhaftung der Beklagten nicht begründen, weil diese Sicherheitslücke erst im März 2014 und damit lange Zeit nach den hier in Rede stehenden Rechtsverletzungen öffentlich bekannt geworden sei.

8

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in erster Instanz wird auf das angegriffene Urteil des Amtsgerichts Hamburg zum Geschäftszeichen 36a C 40/14 vom 22.12.2014 verwiesen.

9

Das Urteil ist der Klägerin am 19. Januar 2015 zugestellt worden. Sie hat mit Schriftsatz vom 9. Februar 2015, eingegangen an diesem Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13. März 2015, eingegangen an diesem Tag, begründet.

10

Die Klägerin beschränkt ihre Klageforderung in der Berufungsinstanz auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von € 755,80 zzgl. Zinsen. Sie beruft sich auf eine Störerhaftung der Beklagten. Diese habe die ihr als Betreiber des WLAN-Anschlusses obliegende Prüfungspflicht hinsichtlich ausreichender Sicherungsmaßnahmen durch Beibehaltung des werkseitig voreingestellten Passwortes verletzt.

11

Die BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (vom 12.05.2010 - I ZR 121/08) gelte nicht nur in Fällen eines für eine Vielzahl von Geräten vergebenen werkseitigen Passworts. Vielmehr habe im damaligen Fall der Beklagte ein werksseitiges individualisiertes Kennwort verwendet und auch für diesen Fall habe der BGH entschieden, dass der Anschlussbetreiber seiner Prüfungspflicht nur dann nachkomme, wenn er ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort vergebe.

12

Diese Pflicht bestehe auch unabhängig davon, ob sich in der Bedienungsanleitung des Routers ein Hinweis zur Abänderung des voreingestellten Schlüssels befinde, und ebenso unabhängig davon, ob dem Anschlussinhaber bekannt gewesen sei, dass es über seinen Anschluss zu einer Rechtsverletzung gekommen sei. Eine solche Sicht sei auch sachgerecht, denn einem unbekannten Dritten sei ja gerade nicht bekannt, welche Verschlüsselungsart und welches Kennwort der Anschlussinhaber gewählt habe. Im vorliegenden Fall werde der unbekannte Dritte vermutlich auf die sog. Brute-Force-Methode zurückgegriffen haben, um das ihm unbekannte Passwort zu knacken, wofür er bei einem 13-Zeichen-Passwort nur circa 80 Minuten benötigt habe und daher für ein 16-stelliges Passwort, welches lediglich aus Zahlen bestehe, nicht wesentlich länger gebraucht haben werde. Die Ansicht des Amtsgerichts, dass ein werksseitig vergebenes Passwort immer aus 16 Zahlen bestehe und ebenso sicher sei wie ein individuell gewähltes Passwort sei, könne nicht geteilt werden.

13

Wenn es sich bei dem vorgegebenen Passwort um ein individuell vergebenes Passwort gehandelt habe, so sei es entscheidend, ob dieses voreingestellte Passwort ein ausreichendes Schutzniveau gewährleistet habe. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen, weil unstreitig sei, dass das Passwort werkseitig fehlerhaft generiert und daher von einem unbekannten Dritten ohne großen Aufwand zu knacken gewesen sei. Diese Sicherheitslücke wäre im vorliegenden Fall zu vermeiden gewesen, wenn die Beklagte das Passwort geändert und bei Inbetriebnahme ihres Anschlusses ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort gewählt hätte.

14

Die Störerhaftung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten die Sicherheitslücke unbekannt gewesen sei, denn die Pflicht zur Sicherung des Anschlusses bestehe unabhängig davon, ob bereits Urheberrechtsverletzungen über den eigenen Anschluss begangen worden seien oder dem Anschlussinhaber bekannt sei, ob eine fehlerhafte Generierung des voreingestellten Passwortes vorliege.

15

Die Klägerin beantragt,

16

unter Abänderung des am 9. Januar 2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hamburg, Az. 36a C 40/14, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 755,80 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Sie meint, der dem BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ zu Grunde liegende Sachverhalt sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, denn dort sei nur ein so genannter WPA-Schlüssel verwandt worden; vorliegend habe die Beklagte einen WPA2-Schlüssel verwandt, eine solche Verschlüsselung werde heute empfohlen. Außerdem sei im genannten BGH-Fall der dort verwandte Schlüssel gerade nicht individualisiert gewesen; vorliegend sei dagegen das werkseitig vergebende Passwort individuell und daher nur dem Inhaber des jeweiligen WLAN-Routers bekannt gewesen.

20

Ein solches individuelles werkseitig vergebenes Passwort sei mindestens ebenso sicher, in vielen Fällen sogar sicherer als ein selbstgewähltes Passwort. Ein höherer Verschlüsselungsstandard könne von der Beklagten nicht verlangt werden; soweit im Übrigen die Klägerin zur Entschlüsselungsmethoden des unbekannten Dritten vortrage, erfolge dieser Vortrag unzulässig „ins Blaue hinein“.

21

Es sei auch nicht der Beklagten zuzurechnen, das der Hersteller des Routers das individuelle Passwort offensichtlich fehlerhaft generiert habe.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, sowie auf das Protokoll der am 25. Juni 2015 geschlossenen mündlichen Verhandlung verwiesen.

23

Nach Schluss der Berufungsverhandlung haben die Parteien nicht nachgelassene Schriftsätze vom 29.7.2015 (Beklagte) und vom 10.8.2015 (Klägerin) jeweils mit Rechtsausführungen zur Akte gereicht.

II.

24

Die zulässige Berufung ist zurückzuweisen. Das Amtsgericht hat die Klage auch bezüglich des jetzt noch im Streit befindlichen Anspruchs auf Abmahnkosten zuzüglich Zinsen zu Recht zurückgewiesen.

25

Es lässt sich nicht feststellen, dass der Klägerin der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zusteht. Anspruchsgrundlage ist § 97a UrhG a.F. Voraussetzung ist eine berechtigte Abmahnung. Diese erfordert vorliegend, dass die Beklagte als Störerin für die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen haftet (Täterschaft oder Teilnahme macht die Klägerin in der Berufung nicht mehr geltend). Eine Störerhaftung der Beklagten lässt sich jedoch nicht feststellen.

26

Grundlage einer Störerhaftung können nur Verletzungen solcher Verhaltenspflichten sein, deren Einhaltung dem Anschlussinhaber zumutbar ist. In der sog. „BearShare“-Entscheidung (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12 -, BGHZ 200, 76-86) hat der BGH in Fortsetzung und Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt (zit. nach juris-Volltext Tz. 22):

27

„Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 - Morpheus; BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013, 1612 - Kinderhochstühle im Internet II, mwN).“

28

Danach vermag die Kammer vorliegend keine Prüfpflichtverletzung der Beklagten zu erkennen.

1.

29

Eine Prüfpflichtverletzung desjenigen Inhalts, dass die Beklagte einen schon generell nicht ausreichenden Verschlüsselungsstandard gewählt hätte, ist zu verneinen.

30

Zu den generell zumutbaren Prüfpflichten bei Sicherung eines WLAN-Anschlusses hat der BGH in der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08 -, BGHZ 185, 330-341) ausgeführt (zit. nach juris-Volltext Rz. 22 und 23):

31

bb) Auch Privatpersonen, die einen WLAN-Anschluss in Betrieb nehmen, ist es zuzumuten zu prüfen, ob dieser Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend dagegen geschützt ist, von außenstehenden Dritten für die Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht zu werden. Die Zumutbarkeit folgt schon daraus, dass es regelmäßig im wohlverstandenen eigenen Interesse des Anschlussinhabers liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von außen zu schützen. Zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen durch unberechtigte Dritte ergriffene Sicherungsmaßnahmen am WLAN-Zugang dienen zugleich diesem Eigeninteresse des Anschlussinhabers. Die Prüfpflicht ist mit der Folge der Störerhaftung verletzt, wenn die gebotenen Sicherungsmaßnahmen unterbleiben.

32

cc) Welche konkreten Maßnahmen zumutbar sind, bestimmt sich auch für eine Privatperson zunächst nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten (vgl. BGHZ 172, 119 Tz. 47 - Internet-Versteigerung II).Es würde die privaten Verwender der WLAN-Technologie allerdings unzumutbar belasten und wäre damit unverhältnismäßig, wenn ihnen zur Pflicht gemacht würde, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines WLAN-Routers konkretisiert sich vielmehr dahin, dass jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind (vgl. dazu für den Bereich der Verkehrssicherungspflichten BGH, Urt. v. 31.10.2006 - VI ZR 223/05, NJW 2007, 762 Tz. 11; Urt. v. 2.3.2010 - VI ZR 223/09 Tz. 9 f., VersR 2010, 544).

33

Zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht im Streit, dass zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Verletzungshandlungen im November und Dezember 2012 der von der Beklagten verwendete Verschlüsselungsstandard WPA2 in technischer Hinsicht generell geeignet war, eine ausreichende Sicherung eines WLAN-Routergeräts gegen unberechtigte Zugriffe zu garantieren.

2.

34

Eine Störerhaftung der Beklagten lässt sich auch nicht mit der Begründung feststellen, sie habe einen nicht-individualisierten WLAN-Schlüssel verwendet, der werkseitig vom Hersteller auch für andere Geräte desselben Router-Typs vergeben worden sei. Die rechtliche Beurteilung eines solchen Falles kann offen bleiben, weil sich schon die entsprechenden Tatsachen vorliegend nicht feststellen lassen.

35

Darlegungs- und beweisbelastet für diejenige Pflichtverletzung, aus der sich eine Störerhaftung des Anschlussinhabers ergeben soll, ist der die Störerhaftung geltend machende Rechteinhaber. Will er geltend machen, der Router des Anschlussinhabers sei lediglich mit einem nicht-individualisierten Passwort gesichert gewesen, bei welchem die Gefahr bestanden habe, dass dieses Passwort auch anderen Personen von anderen Geräten her bekannt gewesen sein könne, und bestreitet der Anschlussinhaber diese Behauptung, so trägt der Rechteinhaber für seine Behauptung als einer anspruchsbegründenden Tatsache die Beweislast. Diese Beweislast greift jedenfalls dann ein, wenn der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu seinem Router nach Hersteller, Gerätetyp und verwendetem Schlüssel substanziiert vorgetragen hat.

36

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt, denn sie hat ihren Routertyp und das Passwort benannt und ein Foto von der Rückseite des Routers mit dem dort wiedergegebenen Passwort vorgelegt; damit war substanziiert vorgetragen, welche konkreten Sicherungsmaßnahmen getroffen worden waren. Die Klägerin hat weder in erster noch in zweiter Instanz Beweis dafür angeboten, dass es sich bei dem Passwort der Beklagten um ein nicht allein für dieses Gerät, sondern auch für andere Geräte vergebenes Passwort gehandelt haben soll.

3.

37

Der Beklagten ist aber auch keine Prüfpflichtverletzung vorzuwerfen, den (nach vorstehend 2.) hier anzunehmenden individuellen WLAN-Schlüssel des Herstellers nicht noch einmal selbst geändert zu haben.

a)

38

Eine solche generelle Pflicht zur Änderung eines werkseitig voreingestellten individuellen Schlüssels lässt sich nicht schon der BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ entnehmen.

39

Zwar war nach den Entscheidungsgründen, (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010, I ZR 121/08, zit. nach juris-Rn. 33 und 34) der Router des dortigen Beklagten

40

„bei aktivierter WLAN-Unterstützung werkseitig durch eine WPA-Verschlüsselung geschützt, die für die Einwahl in das Netzwerk des Beklagten einen 16-stelligen Authentifizierungsschlüssel erfordert. […] Der Beklagte hat es nach dem Anschluss des WLAN-Routers bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen belassen und für den Zugang zum Router kein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort vergeben. Der Schutz von Computern, Kundenkonten im Internet und Netzwerken durch individuelle Passwörter gehörte auch Mitte 2006 bereits zum Mindeststandard privater Computernutzung und lag schon im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer. Sie war auch mit keinen Mehrkosten verbunden.“

41

Es ist jedoch der Kammer nicht nachvollziehbar, dass im dortigen Sachverhalt ein individuell vergebenes Passwort streitgegenständlich war. Dem Tatbestand der BGH-Entscheidung lässt sich dies nicht entnehmen, er verweist insofern auf die Feststellungen der ersten Instanz. Der Tatbestand des voraufgegangenen oberlandesgerichtlichen Urteils (OLG Frankfurt, Urteil vom 01. Juli 2008 - 11 U 52/07 -, vgl. dort juris-Rn 18) lässt den Sachverhalt insofern ebenfalls nicht erkennen. Das voraufgegangene landgerichtliche Urteil (LG Frankfurt, 5. Oktober 2007, Az: 2/3 O 19/07) ist - soweit der Kammer bekannt - nicht in Fachzeitschriften oder -publikationen veröffentlicht, wird aber teilweise in Volltextauszügen im Internet zitiert; danach soll die einschlägige Passage in den Entscheidungsgründen wie folgt lauten (zit. nach http://www. f.- a..de/rechtsanwalt/it-recht/gewichtige-anderung-in-sachen-bgh-und-storerhaftung/1734/, abgerufen am 28.09.2015, Unterstreichungen hinzugefügt):

42

„Schließlich sorgte der Beklage auch nicht dadurch für eine hinreichende Sicherung seines Routers, dass der Zugang auf diesen Router bei aktivierter WLAN-Funktion werkseitig mit einer WPA-Verschlüsselung gesichert worden war. Dabei kann dahinstellt bleiben, ob eine WPA-Verschlüsselung nach derzeitigem Standard noch als sicher und zuverlässig angesehen werden kann oder bereits - wie die Klägerin behauptet - gängige Methode die Verwendung von WPA2 ist.

43

Denn der Beklagte hat seinem eigenen Vorbringen zufolge es nach dem Anschluss des WLAN-Routers bei den Standardsicherheitseinstellungen belassen, die der Hersteller vorgegeben hat. Dies stellt nach Auffassung der Kammer indes keinen ausreichend sicheren WPA-Netzwerkschlüssel dar. Zum einen sind solche Standardsicherheitseinstellungen bei vielen Herstellern auf allen ausgelieferten Geräten gleich und damit auch den Internet-Kriminellen bekannt.

44

Zum anderen befindet sich auf der Fritz-Box, wie sie auch von dem Beklagten genutzt wird; ein Aufkleber, auf welchem sich neben der Seriennummer auch der werkseitig voreingestellte Code befindet. Für eine ausreichende Sicherung seines WLAN-Anschlusses gegen Passwort-Attacken hätte der Beklagte daher das Standard-Passwort für die Fritz Box durch ein persönliches, ausreichend langes Passwort aus einer losen Kombination von Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen ändern müssen.“

45

Danach ist der Kammer jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass dem Urteil „Sommer unseres Lebens“ ein Sachverhalt zugrunde gelegen haben soll, bei dem ein werkseitig individualisiertes Passwort vergeben worden sein soll.

b)

46

Ob eine Änderung des werkseitig-individuellen Passworts notwendig sein kann, weil der vergebene Schlüssel auf der Rückseite des Gerätes aufgedruckt ist und daher für einen unberechtigten Dritten sichtbar ist, wenn er Zutritt zum Routergerät hat, kann hier offen bleiben, weil sich ein entsprechender Kausalzusammenhang vorliegend nicht feststellen lässt (so dass ebenfalls offen bleiben kann, inwieweit dieser Gefahr durch andere Maßnahmen, z.B. Zugangsbeschränkungen, ausreichend vorgebeugt werden kann).

47

Der Kausalzusammenhang wäre vorliegend nur gegeben gewesen, wenn der unberechtigte Dritte die Kenntnis des WPA2-Schlüssels der Beklagten gerade dadurch erlangt hätte, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, von der Aufschrift auf dem Gerät der Beklagten Kenntnis zu nehmen.

48

Davon ist aber im vorliegenden Verfahren keine der Parteien ausgegangen; vielmehr sehen beide Parteien die Ursache für den unberechtigten Drittzugriff in einer Entschlüsselung des Codes von außen wegen der in Anlagen B 4 und B 5 beschriebenen Sicherheitslücke des werkseitig vergebenen individuellen Passworts. Zu diesem Geschehensverlauf besteht jedoch kein Schutzzweckzusammenhang bzgl. einer Pflicht zur Verhinderung eines Ausspähens des Aufdrucks auf der Rückseite des Gerätes.

c)

49

Der Beklagten ist auch nicht vorzuwerfen, den werkseitig vergebenen individuellen 16-stelligen Zahlencode nicht zur Erschwerung eines über das WLAN erfolgenden Ausspähens überhaupt und möglichst in einen Code unter Verwendung auch von Buchstaben und/oder Sonderzeichen geändert zu haben.

50

Wie gesehen, hatte der BGH in der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (a.a.O., vgl. oben 1.) eine Prüfpflicht des privaten Internetanschlussbetreibers angenommen, „jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen“. Der BGH begründete seine Annahme einer insofern anlasslosen Prüfpflicht damit, das „hoch zu bewertende, berechtigte Interesse, über WLAN leicht und räumlich flexibel Zugang zum Internet zu erhalten, [werde] nicht dadurch in Frage gestellt, dass die zum Zeitpunkt der Installation des WLAN-Routers auch im Privatbereich verkehrsüblich vorhandenen Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung angewandt [würden]“ (a.a.O., zit. nach juris-Rz. 24). Die Anknüpfung an „für den privaten Bereich marktübliche Sicherungen“ und „verkehrsüblich vorhandene Sicherungsmaßnahmen“ lässt erkennen, dass der BGH dem privaten Anschlussinhaber die im privaten Verkehr gebotene, letztlich in seinem eigenen Interesse liegende Sorgfalt abverlangt und ihm diesem Rahmen - aber auch nur diesem - entsprechende Erkundigungspflichten zumutet.

51

Nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Verfahren ist nicht erkennbar, dass ein 16-stelliger reiner Zahlenschlüssel schon generell oder auch hier im Besonderen nicht als ausreichend sicher hätte beurteilt werden müssen:

52

Zwar ist es auch für einen mathematisch nur durchschnittlich vorgebildeten Anschlussinhaber leicht nachvollziehbar, dass ein 16-stelliger Zahlenschlüssel bei Verwendung allein der zehn Ziffern 0-9 weniger Kombinationsmöglichkeiten eröffnet als ein 16-stelliger Schlüssel unter Einbeziehung auch von Buchstaben und Sonderzeichen.

53

Andererseits eröffnet ein 16-stelliger reiner Zahlenschlüssel bereits 1016 Kombinationsmöglichkeiten. Zudem ist dem von außen zugreifenden Dritten auch nicht bekannt, ob der Anschlussinhaber sich auf einen reinen Zahlencode beschränkt hat; das gilt zumindest im vorliegenden Fall, in welchem die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, den Modem-Namen, der bei der Anzeige des WLAN-Netzes angegeben wird, in „O.“ geändert zu haben, so dass der verwendete Routertyp einem außenstehenden Dritten nicht erkennbar war und er daher keinen Rückschluss auf einen reinen Zahlencode vornehmen konnte.

d)

54

Bei dieser Ausgangslage wäre der Beklagten eine Prüfpflichtverletzung nur dann vorzuwerfen gewesen, wenn sie Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass ein 16-stelliger Zahlenschlüssel generell oder der auf ihrem Gerät spezielle verwendete Schlüssel im Besonderen ausspähbar gewesen wäre. Solche Anhaltspunkte lagen aber nach Sach- und Streitstand im vorliegenden Verfahren nicht vor.

55

Insbesondere hat die Beklagte unbestritten geltend gemacht, dass die dem Gerät beigefügte Betriebsanleitung den Erwerber nicht dazu aufforderte, den voreingestellten 16-stelligen Code durch einen eigenen Code mit Ziffern, Buchstaben und Sonderzeichen (oder überhaupt durch ein eigenes Passwort) zu ersetzen (die entsprechenden Empfehlungen in der Kundenwarnung der T. G. GmbH & Co OHG gem. Anlage B 4 erfolgten vorliegend erst nach Inbetriebnahme des Routers und den streitgegenständlichen Verletzungshandlungen); anderes hätte von der Klägerin substanziiert dargelegt und ggf. bewiesen werden müssen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte über besondere persönliche Kenntnisse verfügt hätte, die sie sich hätte entgegen halten lassen müssen.

56

Anhaltspunkte dafür, dass der auf dem Router voreingestellte konkrete 16-stellige Zahlencode „2...4“ eine für einen solchen Code unsichere Kombination aufwies, bestanden für die Beklagte ebenfalls nicht. Weder folgte der Code einem bestimmten für den Laien erkennbaren Muster noch hatte er irgendeinen Bezug zur Beklagten und deren sonstigen persönlichen Daten (Geburtstag, Hausnummer, Telefonnummer o.ä.), aus denen ein außenstehender bei Kenntnis auf den Code hätte rückschließen können. Auch die späteren Veröffentlichungen zur Sicherheitslücke gem. Anlagen B 4 und B 5 geben keinen Anhaltspunkt, inwiefern der Beklagten bei Inbetriebnahme des Routers eine Unsicherheit des voreingestellten individuellen Passworts hätte auffallen müssen.

57

Dass der Code in einer offenbar unsicheren Weise vom Hersteller generiert worden war, war der Beklagten ebenfalls nicht erkennbar. Sie hatte keine Möglichkeit, das Generierungsverfahren zu kontrollieren, und die späteren Mitteilungen B 4 und B 5, mit denen die Sicherheitslücke öffentlich bekannt wurde, wurden erst im März 2014 veröffentlicht und damit nach dem Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Verletzungshandlungen.

III.

58

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

59

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1, § 711 ZPO. Eines Ausspruches nach § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO bedarf es nicht, da das amtsgerichtliche Urteil bereits nach § 708 Nr. 11, § 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

60

Die Revision ist zuzulassen nach § 543 II Nr. 2 ZPO. Die Kammer teilt die Bewertung der Klägerin, die die Zulassung ausdrücklich beantragt hat (Ss 10.08.2015), dass eine Revisionsentscheidung zur Rechtsfortbildung und Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist. Wie gezeigt, können Zweifel darüber entstehen, wie weit die in der BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ angenommene Sicherungspflicht des Anschlussinhabers bzgl. der Änderung voreingestellter Router-Passwörter reicht. Der BGH hatte in jener Entscheidung - soweit ersichtlich - über die Änderung eines werkseitig für eine Vielzahl von Geräten vergebenen Standardkennworts zu entscheiden. Es stellt sich die - vorliegend von der Kammer bejahte - Frage, ob werkseitig individuell nur für das jeweilige Gerät vergebene Passwörter anders zu beurteilen sind. Diese Frage ist bisher, soweit ersichtlich, höchstrichterlich nicht geklärt; eine Pflicht zur Änderung verneint haben auch das Amtsgericht Hamburg in der hiesigen Vorinstanz sowie das AG Frankfurt am Main (Urteil 14.06.2013, MMR 2013, 605). Die Frage hat erhebliche praktische Bedeutung schon aufgrund der Vielzahl der von der Fragestellung betroffenen privaten Internetanschlüsse.

61

Die Kammer hat ferner am 29.09.2015 beschlossen:

62

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 755,80 festgesetzt.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Jeder Teilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.

(2) Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.