Landgericht Freiburg Beschluss, 22. Jan. 2013 - 7 O 1/12 TH

bei uns veröffentlicht am22.01.2013

Tenor

1. Der Antrag auf Unterbringung des Betroffenen nach dem Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) wird zurückgewiesen.

2. Die Auslagen des Betroffenen werden - soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren - der Antragstellerin auferlegt.

3. Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

4. Der Antrag des Betroffenen auf Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 7 Abs. 1 ThUG wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin beantragt gem. § 1 ThUG die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung.
A.
1.
Mit Urteil des Landgerichts R. vom 20. März 1990 wurde der Betroffene wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich wurde die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
Zehn Jahre der Sicherungsverwahrung waren am 12. September 2006 vollstreckt.
Mit einem am 09. Juli 2010 beim Landgericht Freiburg eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers beantragte der Betroffene, im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (vgl. StV 2010, 181 ff.) die Erledigung der Sicherungsverwahrung festzustellen. Das Landgericht Freiburg entsprach diesem Antrag nicht, sondern ordnete mit Beschluss vom 13. Januar 2011 unter Berufung auf ein kriminalprognostisches Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 23. September 2010 die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an.
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen ordnete das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 18. März 2011 gemäß § 132 GVG das Ruhen des Beschwerdeverfahrens bis zum Abschluss des mit Anfragebeschluss des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 09. November 2010 (BGHSt 56, 73 ff.) eingeleiteten Verfahrens an und verwarf im Übrigen das Rechtsmittel des Betroffenen als unbegründet.
2.
Parallel hierzu beantragte die Justizvollzugsanstalt Freiburg, in deren Räumlichkeiten die Maßregel der Sicherungsverwahrung gegen den Betroffenen vollstreckt wurde, mit Schriftsatz vom 14. Februar 2011 gem. § 1 ThUG die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung.
Sie vertrat hierbei die Auffassung, dass bei dem Betroffenen als so genanntem Parallelfall die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 – rechtskräftig seit dem 10. Mai 2010 – zu berücksichtigen sei, wonach die nachträgliche Aufhebung der Höchstgrenze (von zehn Jahren) der ersten Sicherungsverwahrung gegen die Artikel 5 und 7 der EMRK verstoße. Das Landgericht Freiburg habe mit Beschluss vom 13. Januar 2010 - 12 StVK 263/10 - trotz dieser Entscheidung die Sicherungsverwahrung nicht für erledigt erklärt, wogegen der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt habe. Eine rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgericht Karlsruhe liege hierzu zwar noch nicht vor. Eine solche sei jedoch zu erwarten, sobald höchstrichterlich geklärt sei, ob sich aus der EMRK in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die Maßregel der Sicherungsverwahrung keine die Rückwirkung generell hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB ergebe. Da im Übrigen bei dem Betroffenen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Zügen bestehe – darüber hinaus auch der Verdacht auf eine wahnhafte Störung – und eine Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse ergebe, dass dieser infolge seiner psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen werde, sei im Falle der Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung erforderlich.
3.
Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Urteil vom 04. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - (NJW 2011, 1931 ff.) die Verfassungswidrigkeit der Regelungen über die Sicherungsverwahrung fest, ordnete jedoch deren Weitergeltung für die Dauer von zwei Jahren (bis zum 31. Mai 2013) an, wobei eine nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere Zehnjahreshöchstfrist hinaus nur nach Maßgabe strikter Verhältnismäßigkeitsprüfung und zum Schutz höchster Verfassungsgüter zulässig sei.
4.
Mit Beschluss vom 07. Juni 2011 nahm das Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 43/11 - das Verfahren wieder auf und beauftragte Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens zur Kriminalprognose und zur Frage des Vorliegens einer psychischen Störung bei dem Untergebrachten. Dieses Gutachten wurde letztlich mit Datum vom 14. Oktober 2011 vorgelegt.
10 
Das Oberlandesgericht Karlsruhe erklärte mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 2 Ws 43/11 - (juris) dann die Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts R. vom 20. März 1990 für erledigt. Der Betroffene leide unter keiner relevanten psychischen Störung, auch bestehe keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch eine psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr.
11 
Im Einzelnen führte das Oberlandesgericht Karlsruhe hierzu folgendes aus:
12 
1. Die Sicherungsverwahrung ist für erledigt zu erklären. Zwar folgt diese Erledigung nicht - wie vom Senat früher vertreten (vgl. NStZ-RR 2010, 322) - aus dem Umstand, dass in sog. Altfällen, zu denen auch der vorliegende Fall zählt, in konventionskonformer Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR vom 17. Dezember 2009 (StV 2010, 181 ff.) das Rückwirkungsverbot mit der Folge einer zehnjährigen Befristung der ersten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 1 StGB gilt. Nachdem diese Rechtsprechung des Senats mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2011 (NJW 2011, 198 f.) für rechtsfehlerhaft erklärt wurde, liegt ein Vollstreckungshindernis nicht vor, so dass eine Erledigung der Sicherungsverwahrung aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.
13 
2. Doch kam eine Fortdauer der unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931 ff.) geforderten strikten Verhältnismäßigkeitsgebots nicht mehr in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil die Regelung des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB für unvereinbar mit dem Freiheitsgrundrecht der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 104 Abs. 1 S. 1 GG und, soweit sie wie hier zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auch dann ermächtigt, wenn die Anlasstaten vor dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten u.a. vom 26.1.1998 begangen worden waren, mit den Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 20 Abs. 3 GG erklärt. Die Vorschritt darf allerdings bis zu einer spätestens am 31.5.2013 zu schaffenden Neureglung durch den Gesetzgeber nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung weiter angewandt werden. Danach ist eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne des ThUG leidet.
14 
Dieser Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
15 
a) Der Untergebrachte leidet an keiner relevanten psychischen Störung.
16 
(…)
17 
b) Es besteht zudem auch keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch die psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr.
18 
(…)
19 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. P. geht von dem Untergebrachten keine Gefahr von Gewalt- oder Sexualdelikten aus.
20 
(…)
21 
Auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter der richterlichen Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB Rechnung tragen (BVerfG NJW 2004, 739, 742 f.), hat sich der Senat angeschlossen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit neuer Straffälligkeit, die sich auf konkrete und gegenwärtige Umstände in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen stützen könnte, ist danach nicht positiv festzustellen.
22 
Die Maßregel der Sicherungsverwahrung war deshalb nach § 67d Abs. 3 StGB für erledigt zu erklären.
23 
Es tritt nach § 67d Abs. 3 S. 2 StGB Führungsaufsicht ein. Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat der Senat wegen der Sachnähe der Strafvollstreckungskammer übertragen.
5.
24 
In Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 hatte bereits die Justizvollzugsanstalt Freiburg mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 ihren Antrag auf Unterbringung des Betroffenen nach dem ThUG zurückgenommen (AS. 257 der Akte 7 O 3/11).
25 
Die Kammer hatte daraufhin mit Beschluss vom 24.06.2011 - 7 O 3/11 - dem Land die zweckentsprechenden Auslagen des Betroffenen auferlegt (vgl. AS. 259 ff. der Akte 7 O 3/11)
6.
26 
Der Betroffene wurde am 14. Dezember 2011 aus der Sicherungsverwahrung entlassen.
27 
Er lebt seither unter der im Rubrum genannten Anschrift und wird bislang dauerhaft polizeilich überwacht.
B.
28 
Mit Schriftsatz vom 02. April 2012 (AS. 1 bis 7) hat die Antragstellerin den Antrag gestellt, gem. § 5 Abs. 1 ThUG das gerichtliche Verfahren gegen den Betroffenen mit dem Ziel seiner Therapieunterbringung einzuleiten und den Betroffenen gem. § 1 Abs. 1 ThUG in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung unterzubringen.
29 
Sie behauptet, es liege beim Betroffenen eine psychische Störung im Sine des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG vor, und stützt sich dabei auf das oben angeführte Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 23. September 2010, wonach bei dem Betroffenen einen kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen dissozialen Zügen (ICD 10: F61) bestehe und zudem eine wahnhafte Störung vorliegen könne (ICD 10: F22.0). Der Betroffene sei aufgrund seiner Störung weder erreichbar noch therapierbar. Es liege deshalb nach einer Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse die begründete Vermutung nahe, dass der Betroffene infolge der psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen werde. Zum Schutz der Allgemeinheit sei deshalb die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung erforderlich.
30 
In einem weiteren Schriftsatz vom 26. April 2012 (AS. 23-25) hat die Antragstellerin auf Hinweis des Gerichts die angestrebte Dauer der Unterbringung mit zwölf Monaten angegeben und als geeignete Einrichtung das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch benannt.
C.
31 
Der Betroffene tritt dem Antrag entgegen.
32 
Er meint, die gesetzlichen Regelungen im ThUG seien verfassungswidrig, u.a. liege so ein unzulässiges Gesetz für den Einzelfall vor, was gegen Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG verstoße.
33 
Weiter sei fraglich, ob das ThUG überhaupt auf den Betroffenen angewendet werden könne. Zwar hätte der Betroffene bereits nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 entlassen werden müssen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe habe in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 aber ausdrücklich klargestellt, dass der Betroffene nicht aufgrund dieser Rechtsprechung, sondern deshalb zu entlassen gewesen sei, weil eine Gefahr für die Allgemeinheit von ihm nicht mehr ausgehe.
34 
Er ist darüber hinaus der Auffassung, dass das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch keine geeignete Einrichtung gem. § 2 ThUG sei, da weder das Abstandsgebot noch die weiter dort normierten Anforderungen gewahrt seien.
35 
Letztlich sei eine Therapieunterbringung aber auch unverhältnismäßig. Der Betroffene solle im Rahmen der Führungsaufsicht eine Therapie durchführen, die einer stationären Therapie nach dem ThUG vorzuziehen sei.
D.
36 
Die weitere Beteiligte Ziffer 2 hat keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben.
E.
37 
Mit Beweisbeschluss vom 09. Juli 2012 (AS. 77-78) hat die Kammer eine schriftliche Auskunft des Landesministeriums Baden-Württemberg für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren eingeholt. Auf den Inhalt der schriftlichen Erklärung vom 23. Juli 2012 (AS. 81 ff.) wird Bezug genommen.
38 
Des Weiteren hat das Gericht die Akten des Landgerichts Freiburg - 12 StVK … -, 7 O 3/11 - und - 7 AR 4/11 - beigezogen.
39 
Am 07. Dezember 2012 hat die Kammer eine Anhörung der Beteiligten durchgeführt, im Hinblick auf den Inhalt der Anhörung wird auf das Anhörungsprotokoll (AS. 241 ff.) Bezug genommen.
40 
Im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
41 
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
42 
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 ThUG liegen nicht vor. Die Anordnung einer Therapieunterbringung hat zu unterbleiben, weil der vorliegende Fall nicht dem Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes unterliegt.
43 
Nach § 1 Abs. 1 ThUG kommt die Anordnung einer Unterbringung nach diesem Gesetz nur dann in Betracht, wenn auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung feststeht, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 S. 1 StGB genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist.
44 
In der Gesetzesbegründung wird hierbei ausdrücklich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Nr. 19359/04) Bezug genommen. Hierin erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die nachträgliche Verlängerung der früheren Zehnjahreshöchstfrist des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB als eine Verletzung von Art. 7 Abs. 1 der EMRK, nach dem niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden darf, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung um eine Strafe in diesem Sinne, so dass deren nachträgliche Verlängerung eine zusätzliche Strafe darstellt (EGMR, Urteil vom 17.12.2009 - Nr. 19359/04 - juris Rn. 133-135). In der Folge wurden unter Bezugnahme auf dieses Urteil in einer ganzen Reihe obergerichtlicher Entscheidungen (vgl. die Nachweise in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/3403 vom 26.10.2010, S. 14) und das darin angenommene Rückwirkungsverbot Sicherungsverwahrte nach Erreichen der Zehnjahresgrenze entlassen.
45 
Der Gesetzgeber schuf das Therapieunterbringungsgesetz genau für diese sogenannten Parallelfälle, in denen infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 weiterhin als gefährlich eingestufte Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder künftig noch entlassen werden mussten. Er nahm aufgrund der angeführten obergerichtlichen Entscheidungen an, dass die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betroffenen Personen durch das aktuelle Recht der Sicherungsverwahrung nicht mehr weiter inhaftiert bzw. untergebracht werden können, so dass er für diesen Teil der „Altfälle“ das Therapieuntergesetz als eine eng begrenzte Übergangsregelung bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Neuordnung erließ (BT-Drs. 17/3403, S. 19).
46 
Im vorliegenden Fall ist der Betroffene gerade nicht aufgrund einer solchen rechtskräftigen Entscheidung aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden.
47 
Die nach dem Erlass des Therapieunterbringungsgesetz am 22.12.2010 ergangenen Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - (NJW 2011, 1931 ff.) und des Bundesgerichtshofs vom 23.05.2011 (BGHSt 56, 248) sprachen sich entgegen der Erwartung des Gesetzgebers für eine wenn auch zeitlich begrenzte Fortgeltung der aktuellen Regelungen über die Sicherungsverwahrung aus. Das Bundesverfassungsgericht knüpfte die Fortgeltung der hier relevanten Norm des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB aber an strenge Voraussetzungen unter Rückgriff auf die materiellen Voraussetzungen des Therapieunterbringungsgesetzes.
48 
Dabei begründete das Bundesverfassungsgericht die eingeschränkte Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB ausdrücklich nicht mit einem Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung, wie dies der Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 1 ThUG voraussetzt. Das Rückwirkungsverbot gelte nicht für die Maßregel der Sicherungsverwahrung, da sich der schuldunabhängige präventive Freiheitsentzug der Sicherungsverwahrung von einer „Strafe“ qualitativ unterscheide (BVerfG, a.a.O., Rn. 100). Das Vertrauen auf ein Ende der Sicherungsverwahrung nach Ablauf von zehn Jahren sei vielmehr im Rahmen des Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) verfassungsrechtlich zu berücksichtigen (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.).
49 
Folgerichtig nahm deshalb auch die Justizvollzugsanstalt Freiburg im Verfahren - 7 O 4/11 - ihren vorsorglich gestellten Antrag auf Unterbringung des Betroffenen nach dem ThUG mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 zurück, weil anhand dieser Grundsätze eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung weiterhin möglich war.
50 
Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe setzte in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 über die Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung die Vorgaben dieser neuen Rechtsprechung in allen Einzelheiten um.
51 
Es legte ausdrücklich dar, die Erledigung der Sicherungsverwahrung beruhe nicht darauf, dass aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 ein Rückwirkungsverbot gelten würde. Diese Rechtsprechung sei mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs für rechtsfehlerhaft erklärt worden, so dass ein Vollstreckungshindernis nicht vorliege (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.12.2011 - 2 Ws 43/11 - juris Rn. 5). Es änderte insoweit seine frühere ständige Rechtsprechung ausdrücklich ab.
52 
Die Erledigung der - nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 noch weiter vollstreckbaren, obwohl über zehn Jahre hinausgehenden - Sicherungsverwahrung wurde vielmehr deshalb angeordnet, weil die an den materiellen Vorgaben des § 1 Abs. 1 ThUG orientierten weiteren Beweiserhebungen weder eine relevante psychische Störung des Betroffenen ergaben, noch eine von ihm ausgehende erhöhte Rückfallgefahr bejaht werden konnte.
53 
Die Tatsache, dass die Antragstellerin mit diesen rechtskräftigen Feststellungen des Oberlandesgericht Karlsruhe nicht übereinstimmt, rechtfertigt kein Unterbringungsverfahren gem. § 5 ThUG, da für ein solches Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem Willen des Gesetzgebers nur Raum besteht, wenn die zuständige Strafvollstreckungskammer aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 an einer inhaltlichen Überprüfung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung gehindert gewesen wäre.
III.
54 
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 ThUG ist nicht geboten.
55 
Zwar ist nach dem Wortlaut dieser Regelung eine Beiordnung vorzunehmen, ohne dass insoweit Ausnahmen vorgesehen sind. Nach der Gesetzesbegründung ist Zweck der Beiordnung aber lediglich die Sicherstellung einer ausreichenden Rechtsverteidigung des Betroffenen. Dies soll durch die Beiordnung eines vertretungsbefugten Rechtsanwalts geschehen, der die Beistandschaft übernehmen muss, da die Bestellung eines Verfahrenspflegers, der nicht im Namen des Betroffenen auftreten kann, als nicht ausreichend erachtet wird. Der Betroffene soll so dem beigeordneten Rechtsanwalt auch eine Verfahrensvollmacht erteilen können, die dann zu einer umfassenden Vertretungsmacht des Rechtsanwalts führen würde (BT-Drucks. 17/3403, S. 56).
56 
Da der Betroffene vorliegend in ausreichendem Maße anwaltlich vertreten ist, ist eine Beiordnung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ThUG nicht geboten.
IV.
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 3 ThUG, 81, 337 Abs. 2 FamFG; die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 2 S. 1 KostO.

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(1) Das Gericht hat dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung einen Rechtsanwalt beizuordnen. § 78c Absatz 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (2) Der beigeordnete Rechtsanw

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Dez. 2011 - 2 Ws 43/11

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tenor Die Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts C. vom 20. März 1990 wird für erledigt erklärt. Es tritt Führungsaufsicht ein, deren Dauer auf fünf Jahre festgesetzt wird. Der Untergebrachte wird der Bewährungshilfe

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(1) Das Gericht hat dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung einen Rechtsanwalt beizuordnen. § 78c Absatz 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt hat die Stellung eines Beistands. § 48 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung gilt entsprechend.

(3) Die Beiordnung ist auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts oder des Betroffenen nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens aufzuheben, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Die Aufhebung der Beiordnung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Wird die Beiordnung während der Therapieunterbringung aufgehoben, so ist dem Betroffenen unverzüglich ein anderer Rechtsanwalt beizuordnen.

(4) Von der Beiordnung ausgenommen sind Vollzugsangelegenheiten.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

Tenor

Die Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts C. vom 20. März 1990 wird für erledigt erklärt.

Es tritt Führungsaufsicht ein, deren Dauer auf fünf Jahre festgesetzt wird.

Der Untergebrachte wird der Bewährungshilfe unterstellt.

Er hat sich am Tag nach seiner Entlassung bei der örtlich zuständigen Bewährungshilfe zu melden.

Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht wird der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. übertragen.

Die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Landgerichts D. vom 13. Januar 2011 und die dem Untergebrachten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Mit Urteil des Landgerichts C. vom 20.3.1990 wurde der Untergebrachte A., wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der neben zahlreichen Delikten wie Diebstahl, gefährlicher Körperverletzung usw. insbesondere wegen Totschlags und sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung vorverurteilte Untergebrachte hatte in mehreren Fällen einen ... 20-Jährigen zum Analverkehr gezwungen. Zuvor war der Untergebrachte mit Urteil vom 22.12.1977 wegen Tötung eines 13-Jährigen aus Eifersucht nach homosexuellem Verkehr zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Rund vier Monate nach Teilverbüßung dieser Jugendstrafe hatte er unter Würgen und Todesdrohung einen 19-Jährigen zum Anal- und Oralverkehr gezwungen und war deshalb mit Urteil vom 25.2.1982 wegen sexueller Nötigung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Nachdem die Reststrafe aus diesem Urteil zum 1.9.1987 zur Bewährung ausgesetzt worden war, hatte er im April 1989 die verfahrensgegenständlichen Straftaten begangenen. Gestützt auf ein Gutachten des Sachverständigen Dr. E. ging die Strafkammer von einer neurotischen Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Zügen aus, die sich allerdings auf die Schuldfähigkeit nicht ausgewirkt habe.
Nach einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt F. vom 9.6.1994, aus der sich ergibt, dass der Untergebrachte am 6.3.1991 in die Sozialtherapie verlegt, bereits am 24.4.1991 wegen Therapieunwilligkeit aber zurückverlegt worden war, lehnte das Landgericht G. mit Beschluss vom 1.7.1994 die bedingte Aussetzung der Restfreiheitsstrafe ab. Das Strafende war - nach Verbüßung auch des o.g. Strafrests nach Bewährungswiderruf - am 12.9.1996 erreicht. Seither befindet sich der Untergebrachte in der Sicherungsverwahrung, deren Vollziehung mit Beschluss des Landgerichts G. vom 6.12.1996, der sich auf ein kriminalprognostisches Gutachten der Sachverständigen Dr. H. vom 11.9.1996 stützte, angeordnet wurde. Mit Beschluss des Landgerichts D. vom 29.7.1999 wurde der Untergebrachte nach Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. I. am 31.5.1999 in den Vollzug in die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überwiesen. Nach kurzem Aufenthalt im PLK J. wurde er am 27.9.1999 in das örtlich für ihn zuständige PLK K. eingewiesen. Bereits am 29.2.2000 stellte die Anstalt einen Antrag auf Abbruch der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, dem das Landgericht L. mit Beschluss vom 17.4.2000 entsprach. Seit dem 19.6.2000 befindet sich der Untergebrachte wieder in der JVA D.. Einem neuerlichen Antrag auf Überweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus lehnte die Strafvollstreckungskammer nach gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. M. vom 24.5.2005, 15.8.2005 und 28.2.2006 sowie des Sachverständigen Dr. N. vom 24.1.2006 am 11.4.2006 ab.
Zehn Jahre der Sicherungsverwahrung waren am 12.9.2006 vollstreckt.
Mit am 9.7.2010 eingekommenen Schriftsatz seines Verteidigers beantragte der Untergebrachte die Erledigung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.). Dem gab die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. nicht statt, sondern ordnete - gestützt auf ein unter dem Datum vom 23.9.2010 erstelltes Gutachten der Sachverständigen Dr. O. - mit Beschluss vom 13.1.2011 die die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an. Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten hat der Senat mit Beschluss vom 18.3.2011 bis zum Abschluss des mit Anfragebeschluss des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9.11.2010 (BGHSt 56, 73ff.) eingeleiteten Verfahrens nach § 132 GVG das Ruhen des Verfahrens angeordnet und im übrigen das Rechtsmittel des Untergebrachten als unbegründet verworfen, da weiterhin eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten sei (vgl. BGHSt 56, 73ff.). Mit Beschluss vom 7.6.2011 hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und gleichzeitig den Sachverständigen Prof. P. mit der Erstellung eines Gutachtens, das sich mit der Kriminalprognose und der Frage des Vorliegens einer psychischen Störung befassen sollte, beauftragt.
II.
1. Die Sicherungsverwahrung ist für erledigt zu erklären. Zwar folgt diese Erledigung nicht - wie vom Senat früher vertreten (vgl. NStZ-RR 2010, 322) - aus dem Umstand, dass in sog. Altfällen, zu denen auch der vorliegende zählt, in konventionskonformer Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.) das Rückwirkungsverbot mit der Folge einer zehnjährigen Befristung der ersten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs.1 StGB gilt. Nachdem diese Rechtsprechung des Senats mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.5.2011 (NJW 2011, 1981f.) für rechtsfehlerhaft erklärt wurde, liegt ein Vollstreckungshindernis nicht vor, so dass eine Erledigung der Sicherungsverwahrung aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.
2. Doch kam eine Fortdauer der unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931ff.) geforderten strikten Verhältnismäßigkeitsgebots nicht mehr in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil die Regelung des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB für unvereinbar mit dem Freiheitsgrundrecht der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 104 Abs. 1 S. 1 GG und, soweit sie wie hier zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auch dann ermächtigt, wenn die Anlasstaten vor dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten u.a. vom 26.1.1998 begangen worden waren, mit den Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 20 Abs. 3 GG erklärt. Die Vorschrift darf allerdings bis zu einer spätestens am 31.5.2013 zu schaffenden Neuregelung durch den Gesetzgeber nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung weiter angewandt werden. Danach ist eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne des ThUG leidet.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
a) Der Untergebrachte leidet an keiner relevanten psychischen Störung.
Bei der Voraussetzung einer psychischen Störung, deren Vorliegen zuverlässig nachgewiesen werden muss (OLG Hamm B. v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; OLG Celle, B. v. 19.7.2011, 2 Ws 380/10; EGMR EuGRZ 1979, 650, 654; Entscheidung vom 20.5.2003, Nr. 50272/99; vom 13.1.2011, Nr. 17792/07), handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Richter auszufüllen ist (BVerfG StraFo 2011, 416). Dieser hat sich dabei an Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK zu orientieren. Denn mit dem Erfordernis des Vorliegens einer psychischen Störung für die Fortdauer der Unterbringung soll der Rechtsprechung des EGMR Rechnung getragen werden, der in seiner Entscheidung vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.) den sonst die Freiheitsentziehung bei Straftätern erlaubenden Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. a EMRK für die weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei nachträglichem Wegfall der 10-Jahres-Frist nicht ausreichen lässt, so dass in diesen sog. Altfällen die fortwährende Freiheitsentziehung nur auf die Grundlage des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK gestützt werden kann. Eine Ausweitung des Begriffs der psychischen Störung über Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK hinaus hätte wiederum eine Verletzung der EMRK zur Folge (vgl. auch Pfister in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, S. 58, 71).
10 
Den in der EMRK verwendeten Begriff der „unsound mind“ („un aliéné“), der im Ratifizierungsgesetz für die MRK mit „Geisteskrankheit“ übersetzt wird (vgl. weiteren englischen Begriff Dittmann in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, S. 131, 147), haben die Organe der EMRK bisher allerdings nicht abschließend definiert, um dem Wandel des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Verständnisses psychischer Störungen Rechnung zu tragen (EGMR EuGRZ 1979, 650, 653; Renzikowski ZIS 2011, 531, 536 mit ausf. Nachw.; Dittmann in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, 131, 144f.). Eine im engen Sinne psychiatrische Erkrankung wird deshalb nicht verlangt. Vielmehr sind darunter auch charakterliche Anomalien, was nach neuerer Nomenklatur einer Persönlichkeitsstörungen entsprechen dürfte, subsumiert worden (EKMR, Entscheidung vom 12.7.1976, Nr. 7493/76). Damit kann tatsächlich das Vorliegen einer dauernden schweren Störung der Verstandestätigkeit, des Willens oder des Gefühls- und Trieblebens genügen (Renzikowski ZIS 2011, 531, 537 m.w.Nachw.; BT-Drs. 17/3403 S. 54). Dagegen reicht ein normabweichendes Verhalten nicht aus, um eine Störung anzunehmen (EGMR EuGRZ 1979, 650, 653). Ebensowenig genügt die Feststellung eines „abnorm aggressiven und ernsthaft unverantwortlichen Verhaltens“ (vgl. aber BT-Drs. 17/3403 S. 53; BVerfG StraFo 2011, 416), da nach der sich im Tatbestand der Entscheidung des EGMR vom 20.2.2003 (Nr. 50272/99) zu findenden Formulierung die Störung sich in dem umschriebenen Verhalten äußern muss („manifested“), so dass dieses eine psychische Störung nicht definiert, sondern voraussetzt.
11 
Damit rechtfertigt die Rechtsprechung der Konventionsorgane es, eine psychische Störung auch bei Persönlichkeitsstörungen - einschließlich der dissozialen Persönlichkeitsstörung - anzunehmen (vgl. BVerfG NJW 2011, 1931ff.; StraFo 2011, 416; BGH NJW 2011, 2744ff.; auch OLG Hamm B.v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; EKMR, Entscheidung vom 12.7.1976, Nr. 7493/76; vgl. aber EGMR, Entscheidung vom 13.1.2011, Nr. 17792/07), wenn sie über eine bloße Persönlichkeitsprägung oder ein sozial abweichendes Verhalten hinausgehen, ohne dass sie den Grad erreichen müssten, bei dem von einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20, 21 StGB auszugehen ist (BVerfG NJW 2011, 1931ff.; StraFo 2011, 416; BGH StV 2011, 485; NJW 2011, 2744ff.). Die geforderte zuverlässige Feststellung einer solchen Störung kann aber nur in Anlehnung an die Begriffswahl der anerkannten Diagnoseklassifikationen ICD 10 und DSM IV erfolgen, wobei die dort umschriebene Symptomatik - auch um eine Abgrenzung zur Persönlichkeitsakzentuierung zu ermöglichen - für den Betroffenen mit einer Beeinträchtigung auf der individuellen, aber auch kollektiven und sozialen Ebene verbunden sein muss, die über das Begehen von Straftaten hinausgeht (BT-Drs. 17/3403 S. 54; BVerfG StraFo 2011, 416; OLG Hamm B. v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; vgl. auch OLG Celle B. v. 19.7.2011, 2 Ws 380/10).
12 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 14.10.2011, das er in der Anhörung vom 23.11.2011 auf Fragen der Verfahrensbeteiligten näher erläutert hat, lässt sich eine spezifische bzw. kombinierte Persönlichkeitsstörung nicht objektivieren. Der Untergebrachte sei bei seiner Exploration durch den Sachverständigen im wesentlichen konturiert, gefasst und verbindlich aufgetreten. Dissoziale Absichten habe er nicht zur Sprache gebracht. Von Gewalttätigkeiten habe er sich distanziert. Emotionale Instabilität, aggressive Aufladung oder Erregung seien ebensowenig erkennbar gewesen wie ein narzisstisches Agieren. Über das Verhalten einzelner Beamter habe er einen differenzierten Bericht abgegeben. Destruktive Tendenzen habe er nur im Hinblick auf suizidales Verhalten geäußert. Von den im ICD 10 genannten Kriterien für die dissoziale Persönlichkeitsstörung konnte der Sachverständige - neben der bereits Jahrzehnte zurückliegenden deliktischen Vorgeschichte - allenfalls das Kriterium der „Unfähigkeit zum Erleben von Schuldgefühlen und Lernen aus der Bestrafung“ als erfüllt ansehen. Merkmale für eine emotional instabile Störung vom impulsiven oder Borderlinetypus konnte der Sachverständige bei dem Untersuchten nicht feststellen. Auch die Beschreibungen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die nach DSM IV zu erfassen sei, träfen auf das aktuelle Befinden und Verhalten des Untergebrachten nicht zu. Im Übrigen räume der Untergebrachte selbst Cannabismissbrauch ein. In welchem Umfang dieser stattfinde, sei nicht geklärt. Dies sei aber unschädlich, da der Untergebrachte Cannabis nur zur Beruhigung einnehme.
13 
Mit diesen Ausführungen weicht der Sachverständige allerdings von früheren Gutachten ab, mit denen er sich ausführlich und nachvollziehbar kritisch auseinandergesetzt hat. Diese weisen ihrerseits keineswegs übereinstimmende Einschätzungen auf, wobei nach der Bewertung des Sachverständigen - sehe man von der Begutachtung im Verfahren vor dem Landgericht R. im Jahr 1977 ab, in dem dem Untergebrachten eine eingeschränkte Schuldfähigkeit zugebilligt wurde, den seit der letzten Verurteilung erstellten Gutachten eine Steigerung der Pathologie zu entnehmen sei. Die Sachverständige Dr. H. habe 1996 eine emotionale Instabilität, mangelnde Impulskontrolle und dissoziale Verhaltensweisen festgestellt, gleichzeitig aber schon darauf hingewiesen, dass der Untergebrachte ruhiger und verträglicher geworden sei, wenn sich auch die Persönlichkeitsstruktur nicht geändert habe. Auch der Sachverständige Dr. I. sei im Jahr 1999 - neben einer Neigung zu aggressiven Reaktionen und einem kompensatorischen Geltungsbedürfnis - von emotionaler Instabilität ausgegangen. Der Sachverständige Prof. M. habe im Jahr 2005 zwar keine psychopathischen Störungen erkennen können, den Untergebrachten aber als stark persönlichkeitsgestört eingestuft, was widersprüchlich sei. In dem ersten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. aus dem Jahr 2006 werde er einerseits als gesund, nämlich ohne psychische Erkrankung im engeren Sinne, andererseits als unbehandelbar beschrieben. Explizit von einer - kombinierten - Persönlichkeitsstörung, die in Verbindung mit einer Polytoxikomanie sogar das Merkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit begründen solle, sei - unter Berücksichtigung absurd vieler Testverfahren, die in der Untersuchungszeit gar nicht hätten durchgeführt werden können - dann Dr. E. in seinem handwerkliche Fehler aufweisenden Gutachten ebenfalls aus dem Jahre 2006 ausgegangen, obgleich der dargelegte psychische Befund einen durchschnittlich gesunden Menschen beschreibe. Einschränkungen habe Dr. E. allein im Bereich einer gewissen Herabgestimmtheit, einer Logorrhoe und der Projektion persönlicher Probleme und Konflikte auf Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt erkennen können. Dass dies die genannte Diagnose begründen könne, sei nicht ersichtlich. Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung sei dann von Dr. N. bei seiner Begutachtung im Jahre 2008 aufgegriffen worden, der diese als dissoziale und narzistische umschrieben und um eine wahnhafte Störung ergänzt habe. Demgegenüber habe sich Frau Dr. O. in der Folgebegutachtung eher zurückhaltend geäußert, indem sie formuliert habe, dass man die Persönlichkeitsauffälligkeiten des Untergebrachten „am ehesten als kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Anteilen fassen könne“. Auch habe sie lediglich noch einen Verdacht auf eine wahnhafte Störung für möglich gehalten. Er selbst habe keinerlei Anzeichen für eine wahnhafte Störung gefunden. Der Langzeitverlauf spreche vielmehr eindeutig gegen eine solche Erkrankung. Die frühere Diagnose lasse sich möglicherweise mit dem Umstand erklären, dass der Hungerstreik, in dem sich der Untergebrachte zum Untersuchungszeitpunkt befunden habe, sich euphorisierend auf sein Verhalten ausgewirkt habe. Zwar hätten dissoziale und emotional instabile Züge tatsächlich früher vorgelegen. Doch seien diese nicht mehr erkennbar. Dies gelte auch für das narzistisch geprägte Auftreten des Untergebrachten, das bei der Begutachtung durch die Sachverständigen Dr. N. und Dr. O. ersichtlich noch virulent gewesen sei.
14 
Damit läge keine Diagnose nach den Klassifikationssystemen des ICD 10 oder DSM IV vor. Eine Persönlichkeitsstörung, die über eine gewisse Persönlichkeitsakzentuierung hinausgehe, sei nicht (mehr) festzustellen.
15 
Nach diesen überzeugenden Ausführungen, der sich der Senat in Kenntnis der Vorgutachten und nach eingehender Überprüfung angeschlossen hat, liegt damit nach dem oben genannten rechtlichen Maßstab eine psychische Störung im Sinne des ThUG nicht vor.
16 
b) Es besteht zudem auch keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch die psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr.
17 
Das Erfordernis der hochgradigen Gefahr, deren Vorliegen positiv festzustellen ist (vgl. schon BVerfG NJW 2004, 739, 742; Senat NStZ-RR 2006, 93f.; auch BGHSt 56, 73ff.), verlangt eine hohe Wahrscheinlichkeit (eine Steigerung zu „hoch“ ist dem Begriff „hochgradig“ nicht zu entnehmen) neuer Straffälligkeit. An diese Gefährlichkeitsprognose, die an konkreten und gegenwärtigen (BVerfG NJW 2004, 739, 742f.) Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen ansetzen muss (BVerfG NJW 2011, 1931ff.; BGHSt 56, 73ff.), sind höhere Anforderungen zu stellen als an die bisher vom Gesetz als Beurteilungsgrundlage geforderte Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten (BGH StV 2011, 672). Da allgemeine Erwägungen und die schlichte Fortschreibung unwiderlegter Gefährlichkeitshypothesen zur Begründung einer ungünstigen Prognose nicht genügen (BVerfG NJW 2004, 739, 742), kann nicht allein auf die begangenen Straftaten abgestellt werden, die zwar zum Verhalten des Untergebrachten zählen, dieses aber nicht erschöpfend beschreiben. Vielmehr müssen sich positive Hinweise im Verhalten und in der Person des Untergebrachten dafür ergeben, dass die durch eine psychische Störung begründete Gefährlichkeit, die sich in den Anlasstaten ausgewirkt hat, unverändert und aktuell fortbesteht und sich deshalb bei Wegfall des gesicherten Vollzugsrahmens zu konkretisieren droht. Für diese Bewertung können u.a. das Vollzugsverhalten, die Rückfallgeschwindigkeit nach früheren Strafvollstreckungen sowie der soziale Empfangsraum herangezogen werden (vgl. OLG Celle B.v.21.6., 2 Ws 150/11). Eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Untergebrachte nach einer Entlassung alsbald mit Sexualdelikten rückfällig werden wird, besteht vorliegend nicht.
18 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. P. geht von dem Untergebrachten keine Gefahr von Gewalt - oder Sexualdelikten aus. Diese mit den früheren Prognosebeurteilungen in Widerspruch stehende Bewertung stützt der Sachverständige auf den klinischen Eindruck und die kritische Durchsicht der Akten. In früheren Begutachtungen sei die ungünstige Prognose insbesondere auf die massiven psychischen Auffälligkeiten und die rasche Rückfälligkeit gestützt worden. Wende man - wie einige dieser Vorgutachten - rein aktuarische Prognosekriterien an, so werde man schon wegen der deliktischen Vorgeschichte immer eine ungünstige Kriminalprognose annehmen müssen. Auch statistisch gehöre der Proband zu der Gruppe mit hohem Rückfallrisiko. Allerdings hätten Untersuchungen ergeben, dass 50% der dieser Gruppe Zugehörigen sich als falsch positiv darstellen, weshalb immer eine klinische Diskussion des Einzelfalls nötig sei. Das größte Problem sei bisher darin gesehen worden, dass der Untergebrachte seine Straftaten weithin bestreite und damit auch eine Auseinandersetzung mit den Taten nicht stattgefunden habe. Eine Deutungssicherheit, warum der Untergebrachte die Vortaten leugne, könne nicht gewonnen werden. Entscheidend sei aber, dass ein Zusammenhang zwischen Leugnen der Tat und Rückfallgefahr wissenschaftlich nicht belegt sei, so dass allein aus der Tatleugnung keine ungünstigen Prognosen abgeleitet werden könnten. Die klinische Befundlage habe sich bei seiner Begutachtung deutlich günstiger als früher dargestellt. Der Angeklagte sei älter und reifer geworden. Er sei nicht mehr so impulsiv, insgesamt ruhiger geworden und gehe - soweit seine Gesundheit dies zulasse - regelmäßig der Arbeit nach. Der Suizidversuch im Frühjahr diesen Jahres zeige, dass er bei Konflikten eher gegen sich selbst als gegen andere agiere. Mit seiner desaströsen Primärsozialisation habe er sich abgefunden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die beobachtete Verbesserung der Impulskotrolle durch die eingenommenen Antidepressiva bedingt sei, so dass man bei deren Absetzen eine Verhaltensänderung befürchten müsse. Denn Antidepressiva hätten gerade keine dämpfende Wirkung. Ebensowenig müsse befürchtet werden, dass die in einer Entlassungssituation möglicherweise auftretenden Belastungen zu einer relevanten Veränderung im Verhalten des Untergebrachten führen werden. Denn dieser verbinde mit einer Entlassung keine besonderen Erwartungen mehr, was die beste Möglichkeit sei, mit den Belastungen und möglichen Enttäuschungen zurecht zu kommen. Insgesamt sei von einer deutlichen Nachreifung der Person auszugehen, was gegen die Erwartung spreche, dass er weiterhin gefährlich sei.
19 
Auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter der richterlichen Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB Rechnung tragen (BVerfG NJW 2004, 739, 742f.), hat sich der Senat angeschlossen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit neuer Straffälligkeit, die sich auf konkrete und gegenwärtige Umstände in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen stützen könnte, ist danach nicht positiv festzustellen.
20 
Die Maßregel der Sicherungsverwahrung war deshalb nach § 67d Abs. 3 StGB für erledigt zu erklären.
21 
Es tritt nach § 67d Abs. 3 S. 2 StGB Führungsaufsicht ein. Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat der Senat wegen der Sachnähe der Strafvollstreckungskammer übertragen.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Das gerichtliche Verfahren wird eingeleitet, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Den Antrag stellt die untere Verwaltungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung, so ist auch der Leiter der Einrichtung antragsberechtigt, in der diese vollstreckt wird. Der Betroffene ist über die Antragstellung zu unterrichten.

(2) Der Antrag ist bereits vor der Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung zulässig. Er gilt als zurückgenommen, wenn nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Antragstellung die in § 1 Absatz 1 vorausgesetzte Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

(3) Die für die Sicherungsverwahrung des Betroffenen zuständige Vollstreckungsbehörde, der in Absatz 1 Satz 3 genannte Antragsberechtigte sowie die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen teilen der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde die für die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens notwendigen Daten mit, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Die Übermittlung personenbezogener Daten zu dem in Satz 1 genannten Zweck ist zulässig, wenn dem keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen. Der Betroffene ist über die Mitteilung und den Inhalt der Mitteilung zu unterrichten.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Die Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts C. vom 20. März 1990 wird für erledigt erklärt.

Es tritt Führungsaufsicht ein, deren Dauer auf fünf Jahre festgesetzt wird.

Der Untergebrachte wird der Bewährungshilfe unterstellt.

Er hat sich am Tag nach seiner Entlassung bei der örtlich zuständigen Bewährungshilfe zu melden.

Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht wird der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. übertragen.

Die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Landgerichts D. vom 13. Januar 2011 und die dem Untergebrachten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Mit Urteil des Landgerichts C. vom 20.3.1990 wurde der Untergebrachte A., wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der neben zahlreichen Delikten wie Diebstahl, gefährlicher Körperverletzung usw. insbesondere wegen Totschlags und sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung vorverurteilte Untergebrachte hatte in mehreren Fällen einen ... 20-Jährigen zum Analverkehr gezwungen. Zuvor war der Untergebrachte mit Urteil vom 22.12.1977 wegen Tötung eines 13-Jährigen aus Eifersucht nach homosexuellem Verkehr zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Rund vier Monate nach Teilverbüßung dieser Jugendstrafe hatte er unter Würgen und Todesdrohung einen 19-Jährigen zum Anal- und Oralverkehr gezwungen und war deshalb mit Urteil vom 25.2.1982 wegen sexueller Nötigung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Nachdem die Reststrafe aus diesem Urteil zum 1.9.1987 zur Bewährung ausgesetzt worden war, hatte er im April 1989 die verfahrensgegenständlichen Straftaten begangenen. Gestützt auf ein Gutachten des Sachverständigen Dr. E. ging die Strafkammer von einer neurotischen Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Zügen aus, die sich allerdings auf die Schuldfähigkeit nicht ausgewirkt habe.
Nach einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt F. vom 9.6.1994, aus der sich ergibt, dass der Untergebrachte am 6.3.1991 in die Sozialtherapie verlegt, bereits am 24.4.1991 wegen Therapieunwilligkeit aber zurückverlegt worden war, lehnte das Landgericht G. mit Beschluss vom 1.7.1994 die bedingte Aussetzung der Restfreiheitsstrafe ab. Das Strafende war - nach Verbüßung auch des o.g. Strafrests nach Bewährungswiderruf - am 12.9.1996 erreicht. Seither befindet sich der Untergebrachte in der Sicherungsverwahrung, deren Vollziehung mit Beschluss des Landgerichts G. vom 6.12.1996, der sich auf ein kriminalprognostisches Gutachten der Sachverständigen Dr. H. vom 11.9.1996 stützte, angeordnet wurde. Mit Beschluss des Landgerichts D. vom 29.7.1999 wurde der Untergebrachte nach Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. I. am 31.5.1999 in den Vollzug in die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überwiesen. Nach kurzem Aufenthalt im PLK J. wurde er am 27.9.1999 in das örtlich für ihn zuständige PLK K. eingewiesen. Bereits am 29.2.2000 stellte die Anstalt einen Antrag auf Abbruch der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, dem das Landgericht L. mit Beschluss vom 17.4.2000 entsprach. Seit dem 19.6.2000 befindet sich der Untergebrachte wieder in der JVA D.. Einem neuerlichen Antrag auf Überweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus lehnte die Strafvollstreckungskammer nach gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. M. vom 24.5.2005, 15.8.2005 und 28.2.2006 sowie des Sachverständigen Dr. N. vom 24.1.2006 am 11.4.2006 ab.
Zehn Jahre der Sicherungsverwahrung waren am 12.9.2006 vollstreckt.
Mit am 9.7.2010 eingekommenen Schriftsatz seines Verteidigers beantragte der Untergebrachte die Erledigung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.). Dem gab die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. nicht statt, sondern ordnete - gestützt auf ein unter dem Datum vom 23.9.2010 erstelltes Gutachten der Sachverständigen Dr. O. - mit Beschluss vom 13.1.2011 die die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an. Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten hat der Senat mit Beschluss vom 18.3.2011 bis zum Abschluss des mit Anfragebeschluss des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9.11.2010 (BGHSt 56, 73ff.) eingeleiteten Verfahrens nach § 132 GVG das Ruhen des Verfahrens angeordnet und im übrigen das Rechtsmittel des Untergebrachten als unbegründet verworfen, da weiterhin eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten sei (vgl. BGHSt 56, 73ff.). Mit Beschluss vom 7.6.2011 hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und gleichzeitig den Sachverständigen Prof. P. mit der Erstellung eines Gutachtens, das sich mit der Kriminalprognose und der Frage des Vorliegens einer psychischen Störung befassen sollte, beauftragt.
II.
1. Die Sicherungsverwahrung ist für erledigt zu erklären. Zwar folgt diese Erledigung nicht - wie vom Senat früher vertreten (vgl. NStZ-RR 2010, 322) - aus dem Umstand, dass in sog. Altfällen, zu denen auch der vorliegende zählt, in konventionskonformer Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.) das Rückwirkungsverbot mit der Folge einer zehnjährigen Befristung der ersten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs.1 StGB gilt. Nachdem diese Rechtsprechung des Senats mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.5.2011 (NJW 2011, 1981f.) für rechtsfehlerhaft erklärt wurde, liegt ein Vollstreckungshindernis nicht vor, so dass eine Erledigung der Sicherungsverwahrung aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.
2. Doch kam eine Fortdauer der unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931ff.) geforderten strikten Verhältnismäßigkeitsgebots nicht mehr in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil die Regelung des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB für unvereinbar mit dem Freiheitsgrundrecht der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 104 Abs. 1 S. 1 GG und, soweit sie wie hier zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auch dann ermächtigt, wenn die Anlasstaten vor dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten u.a. vom 26.1.1998 begangen worden waren, mit den Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 20 Abs. 3 GG erklärt. Die Vorschrift darf allerdings bis zu einer spätestens am 31.5.2013 zu schaffenden Neuregelung durch den Gesetzgeber nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung weiter angewandt werden. Danach ist eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne des ThUG leidet.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
a) Der Untergebrachte leidet an keiner relevanten psychischen Störung.
Bei der Voraussetzung einer psychischen Störung, deren Vorliegen zuverlässig nachgewiesen werden muss (OLG Hamm B. v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; OLG Celle, B. v. 19.7.2011, 2 Ws 380/10; EGMR EuGRZ 1979, 650, 654; Entscheidung vom 20.5.2003, Nr. 50272/99; vom 13.1.2011, Nr. 17792/07), handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Richter auszufüllen ist (BVerfG StraFo 2011, 416). Dieser hat sich dabei an Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK zu orientieren. Denn mit dem Erfordernis des Vorliegens einer psychischen Störung für die Fortdauer der Unterbringung soll der Rechtsprechung des EGMR Rechnung getragen werden, der in seiner Entscheidung vom 17.12.2009 (StV 2010, 181ff.) den sonst die Freiheitsentziehung bei Straftätern erlaubenden Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. a EMRK für die weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bei nachträglichem Wegfall der 10-Jahres-Frist nicht ausreichen lässt, so dass in diesen sog. Altfällen die fortwährende Freiheitsentziehung nur auf die Grundlage des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK gestützt werden kann. Eine Ausweitung des Begriffs der psychischen Störung über Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. e EMRK hinaus hätte wiederum eine Verletzung der EMRK zur Folge (vgl. auch Pfister in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, S. 58, 71).
10 
Den in der EMRK verwendeten Begriff der „unsound mind“ („un aliéné“), der im Ratifizierungsgesetz für die MRK mit „Geisteskrankheit“ übersetzt wird (vgl. weiteren englischen Begriff Dittmann in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, S. 131, 147), haben die Organe der EMRK bisher allerdings nicht abschließend definiert, um dem Wandel des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Verständnisses psychischer Störungen Rechnung zu tragen (EGMR EuGRZ 1979, 650, 653; Renzikowski ZIS 2011, 531, 536 mit ausf. Nachw.; Dittmann in: Nedopil, Die Psychiatrie und das Recht - Abgrenzung und Brückenschlag, 131, 144f.). Eine im engen Sinne psychiatrische Erkrankung wird deshalb nicht verlangt. Vielmehr sind darunter auch charakterliche Anomalien, was nach neuerer Nomenklatur einer Persönlichkeitsstörungen entsprechen dürfte, subsumiert worden (EKMR, Entscheidung vom 12.7.1976, Nr. 7493/76). Damit kann tatsächlich das Vorliegen einer dauernden schweren Störung der Verstandestätigkeit, des Willens oder des Gefühls- und Trieblebens genügen (Renzikowski ZIS 2011, 531, 537 m.w.Nachw.; BT-Drs. 17/3403 S. 54). Dagegen reicht ein normabweichendes Verhalten nicht aus, um eine Störung anzunehmen (EGMR EuGRZ 1979, 650, 653). Ebensowenig genügt die Feststellung eines „abnorm aggressiven und ernsthaft unverantwortlichen Verhaltens“ (vgl. aber BT-Drs. 17/3403 S. 53; BVerfG StraFo 2011, 416), da nach der sich im Tatbestand der Entscheidung des EGMR vom 20.2.2003 (Nr. 50272/99) zu findenden Formulierung die Störung sich in dem umschriebenen Verhalten äußern muss („manifested“), so dass dieses eine psychische Störung nicht definiert, sondern voraussetzt.
11 
Damit rechtfertigt die Rechtsprechung der Konventionsorgane es, eine psychische Störung auch bei Persönlichkeitsstörungen - einschließlich der dissozialen Persönlichkeitsstörung - anzunehmen (vgl. BVerfG NJW 2011, 1931ff.; StraFo 2011, 416; BGH NJW 2011, 2744ff.; auch OLG Hamm B.v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; EKMR, Entscheidung vom 12.7.1976, Nr. 7493/76; vgl. aber EGMR, Entscheidung vom 13.1.2011, Nr. 17792/07), wenn sie über eine bloße Persönlichkeitsprägung oder ein sozial abweichendes Verhalten hinausgehen, ohne dass sie den Grad erreichen müssten, bei dem von einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20, 21 StGB auszugehen ist (BVerfG NJW 2011, 1931ff.; StraFo 2011, 416; BGH StV 2011, 485; NJW 2011, 2744ff.). Die geforderte zuverlässige Feststellung einer solchen Störung kann aber nur in Anlehnung an die Begriffswahl der anerkannten Diagnoseklassifikationen ICD 10 und DSM IV erfolgen, wobei die dort umschriebene Symptomatik - auch um eine Abgrenzung zur Persönlichkeitsakzentuierung zu ermöglichen - für den Betroffenen mit einer Beeinträchtigung auf der individuellen, aber auch kollektiven und sozialen Ebene verbunden sein muss, die über das Begehen von Straftaten hinausgeht (BT-Drs. 17/3403 S. 54; BVerfG StraFo 2011, 416; OLG Hamm B. v. 9.6.2011, 4 Ws 207/10; vgl. auch OLG Celle B. v. 19.7.2011, 2 Ws 380/10).
12 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 14.10.2011, das er in der Anhörung vom 23.11.2011 auf Fragen der Verfahrensbeteiligten näher erläutert hat, lässt sich eine spezifische bzw. kombinierte Persönlichkeitsstörung nicht objektivieren. Der Untergebrachte sei bei seiner Exploration durch den Sachverständigen im wesentlichen konturiert, gefasst und verbindlich aufgetreten. Dissoziale Absichten habe er nicht zur Sprache gebracht. Von Gewalttätigkeiten habe er sich distanziert. Emotionale Instabilität, aggressive Aufladung oder Erregung seien ebensowenig erkennbar gewesen wie ein narzisstisches Agieren. Über das Verhalten einzelner Beamter habe er einen differenzierten Bericht abgegeben. Destruktive Tendenzen habe er nur im Hinblick auf suizidales Verhalten geäußert. Von den im ICD 10 genannten Kriterien für die dissoziale Persönlichkeitsstörung konnte der Sachverständige - neben der bereits Jahrzehnte zurückliegenden deliktischen Vorgeschichte - allenfalls das Kriterium der „Unfähigkeit zum Erleben von Schuldgefühlen und Lernen aus der Bestrafung“ als erfüllt ansehen. Merkmale für eine emotional instabile Störung vom impulsiven oder Borderlinetypus konnte der Sachverständige bei dem Untersuchten nicht feststellen. Auch die Beschreibungen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die nach DSM IV zu erfassen sei, träfen auf das aktuelle Befinden und Verhalten des Untergebrachten nicht zu. Im Übrigen räume der Untergebrachte selbst Cannabismissbrauch ein. In welchem Umfang dieser stattfinde, sei nicht geklärt. Dies sei aber unschädlich, da der Untergebrachte Cannabis nur zur Beruhigung einnehme.
13 
Mit diesen Ausführungen weicht der Sachverständige allerdings von früheren Gutachten ab, mit denen er sich ausführlich und nachvollziehbar kritisch auseinandergesetzt hat. Diese weisen ihrerseits keineswegs übereinstimmende Einschätzungen auf, wobei nach der Bewertung des Sachverständigen - sehe man von der Begutachtung im Verfahren vor dem Landgericht R. im Jahr 1977 ab, in dem dem Untergebrachten eine eingeschränkte Schuldfähigkeit zugebilligt wurde, den seit der letzten Verurteilung erstellten Gutachten eine Steigerung der Pathologie zu entnehmen sei. Die Sachverständige Dr. H. habe 1996 eine emotionale Instabilität, mangelnde Impulskontrolle und dissoziale Verhaltensweisen festgestellt, gleichzeitig aber schon darauf hingewiesen, dass der Untergebrachte ruhiger und verträglicher geworden sei, wenn sich auch die Persönlichkeitsstruktur nicht geändert habe. Auch der Sachverständige Dr. I. sei im Jahr 1999 - neben einer Neigung zu aggressiven Reaktionen und einem kompensatorischen Geltungsbedürfnis - von emotionaler Instabilität ausgegangen. Der Sachverständige Prof. M. habe im Jahr 2005 zwar keine psychopathischen Störungen erkennen können, den Untergebrachten aber als stark persönlichkeitsgestört eingestuft, was widersprüchlich sei. In dem ersten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. aus dem Jahr 2006 werde er einerseits als gesund, nämlich ohne psychische Erkrankung im engeren Sinne, andererseits als unbehandelbar beschrieben. Explizit von einer - kombinierten - Persönlichkeitsstörung, die in Verbindung mit einer Polytoxikomanie sogar das Merkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit begründen solle, sei - unter Berücksichtigung absurd vieler Testverfahren, die in der Untersuchungszeit gar nicht hätten durchgeführt werden können - dann Dr. E. in seinem handwerkliche Fehler aufweisenden Gutachten ebenfalls aus dem Jahre 2006 ausgegangen, obgleich der dargelegte psychische Befund einen durchschnittlich gesunden Menschen beschreibe. Einschränkungen habe Dr. E. allein im Bereich einer gewissen Herabgestimmtheit, einer Logorrhoe und der Projektion persönlicher Probleme und Konflikte auf Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt erkennen können. Dass dies die genannte Diagnose begründen könne, sei nicht ersichtlich. Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung sei dann von Dr. N. bei seiner Begutachtung im Jahre 2008 aufgegriffen worden, der diese als dissoziale und narzistische umschrieben und um eine wahnhafte Störung ergänzt habe. Demgegenüber habe sich Frau Dr. O. in der Folgebegutachtung eher zurückhaltend geäußert, indem sie formuliert habe, dass man die Persönlichkeitsauffälligkeiten des Untergebrachten „am ehesten als kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Anteilen fassen könne“. Auch habe sie lediglich noch einen Verdacht auf eine wahnhafte Störung für möglich gehalten. Er selbst habe keinerlei Anzeichen für eine wahnhafte Störung gefunden. Der Langzeitverlauf spreche vielmehr eindeutig gegen eine solche Erkrankung. Die frühere Diagnose lasse sich möglicherweise mit dem Umstand erklären, dass der Hungerstreik, in dem sich der Untergebrachte zum Untersuchungszeitpunkt befunden habe, sich euphorisierend auf sein Verhalten ausgewirkt habe. Zwar hätten dissoziale und emotional instabile Züge tatsächlich früher vorgelegen. Doch seien diese nicht mehr erkennbar. Dies gelte auch für das narzistisch geprägte Auftreten des Untergebrachten, das bei der Begutachtung durch die Sachverständigen Dr. N. und Dr. O. ersichtlich noch virulent gewesen sei.
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Damit läge keine Diagnose nach den Klassifikationssystemen des ICD 10 oder DSM IV vor. Eine Persönlichkeitsstörung, die über eine gewisse Persönlichkeitsakzentuierung hinausgehe, sei nicht (mehr) festzustellen.
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Nach diesen überzeugenden Ausführungen, der sich der Senat in Kenntnis der Vorgutachten und nach eingehender Überprüfung angeschlossen hat, liegt damit nach dem oben genannten rechtlichen Maßstab eine psychische Störung im Sinne des ThUG nicht vor.
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b) Es besteht zudem auch keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch die psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr.
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Das Erfordernis der hochgradigen Gefahr, deren Vorliegen positiv festzustellen ist (vgl. schon BVerfG NJW 2004, 739, 742; Senat NStZ-RR 2006, 93f.; auch BGHSt 56, 73ff.), verlangt eine hohe Wahrscheinlichkeit (eine Steigerung zu „hoch“ ist dem Begriff „hochgradig“ nicht zu entnehmen) neuer Straffälligkeit. An diese Gefährlichkeitsprognose, die an konkreten und gegenwärtigen (BVerfG NJW 2004, 739, 742f.) Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen ansetzen muss (BVerfG NJW 2011, 1931ff.; BGHSt 56, 73ff.), sind höhere Anforderungen zu stellen als an die bisher vom Gesetz als Beurteilungsgrundlage geforderte Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten (BGH StV 2011, 672). Da allgemeine Erwägungen und die schlichte Fortschreibung unwiderlegter Gefährlichkeitshypothesen zur Begründung einer ungünstigen Prognose nicht genügen (BVerfG NJW 2004, 739, 742), kann nicht allein auf die begangenen Straftaten abgestellt werden, die zwar zum Verhalten des Untergebrachten zählen, dieses aber nicht erschöpfend beschreiben. Vielmehr müssen sich positive Hinweise im Verhalten und in der Person des Untergebrachten dafür ergeben, dass die durch eine psychische Störung begründete Gefährlichkeit, die sich in den Anlasstaten ausgewirkt hat, unverändert und aktuell fortbesteht und sich deshalb bei Wegfall des gesicherten Vollzugsrahmens zu konkretisieren droht. Für diese Bewertung können u.a. das Vollzugsverhalten, die Rückfallgeschwindigkeit nach früheren Strafvollstreckungen sowie der soziale Empfangsraum herangezogen werden (vgl. OLG Celle B.v.21.6., 2 Ws 150/11). Eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Untergebrachte nach einer Entlassung alsbald mit Sexualdelikten rückfällig werden wird, besteht vorliegend nicht.
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Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. P. geht von dem Untergebrachten keine Gefahr von Gewalt - oder Sexualdelikten aus. Diese mit den früheren Prognosebeurteilungen in Widerspruch stehende Bewertung stützt der Sachverständige auf den klinischen Eindruck und die kritische Durchsicht der Akten. In früheren Begutachtungen sei die ungünstige Prognose insbesondere auf die massiven psychischen Auffälligkeiten und die rasche Rückfälligkeit gestützt worden. Wende man - wie einige dieser Vorgutachten - rein aktuarische Prognosekriterien an, so werde man schon wegen der deliktischen Vorgeschichte immer eine ungünstige Kriminalprognose annehmen müssen. Auch statistisch gehöre der Proband zu der Gruppe mit hohem Rückfallrisiko. Allerdings hätten Untersuchungen ergeben, dass 50% der dieser Gruppe Zugehörigen sich als falsch positiv darstellen, weshalb immer eine klinische Diskussion des Einzelfalls nötig sei. Das größte Problem sei bisher darin gesehen worden, dass der Untergebrachte seine Straftaten weithin bestreite und damit auch eine Auseinandersetzung mit den Taten nicht stattgefunden habe. Eine Deutungssicherheit, warum der Untergebrachte die Vortaten leugne, könne nicht gewonnen werden. Entscheidend sei aber, dass ein Zusammenhang zwischen Leugnen der Tat und Rückfallgefahr wissenschaftlich nicht belegt sei, so dass allein aus der Tatleugnung keine ungünstigen Prognosen abgeleitet werden könnten. Die klinische Befundlage habe sich bei seiner Begutachtung deutlich günstiger als früher dargestellt. Der Angeklagte sei älter und reifer geworden. Er sei nicht mehr so impulsiv, insgesamt ruhiger geworden und gehe - soweit seine Gesundheit dies zulasse - regelmäßig der Arbeit nach. Der Suizidversuch im Frühjahr diesen Jahres zeige, dass er bei Konflikten eher gegen sich selbst als gegen andere agiere. Mit seiner desaströsen Primärsozialisation habe er sich abgefunden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die beobachtete Verbesserung der Impulskotrolle durch die eingenommenen Antidepressiva bedingt sei, so dass man bei deren Absetzen eine Verhaltensänderung befürchten müsse. Denn Antidepressiva hätten gerade keine dämpfende Wirkung. Ebensowenig müsse befürchtet werden, dass die in einer Entlassungssituation möglicherweise auftretenden Belastungen zu einer relevanten Veränderung im Verhalten des Untergebrachten führen werden. Denn dieser verbinde mit einer Entlassung keine besonderen Erwartungen mehr, was die beste Möglichkeit sei, mit den Belastungen und möglichen Enttäuschungen zurecht zu kommen. Insgesamt sei von einer deutlichen Nachreifung der Person auszugehen, was gegen die Erwartung spreche, dass er weiterhin gefährlich sei.
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Auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter der richterlichen Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB Rechnung tragen (BVerfG NJW 2004, 739, 742f.), hat sich der Senat angeschlossen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit neuer Straffälligkeit, die sich auf konkrete und gegenwärtige Umstände in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen stützen könnte, ist danach nicht positiv festzustellen.
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Die Maßregel der Sicherungsverwahrung war deshalb nach § 67d Abs. 3 StGB für erledigt zu erklären.
21 
Es tritt nach § 67d Abs. 3 S. 2 StGB Führungsaufsicht ein. Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat der Senat wegen der Sachnähe der Strafvollstreckungskammer übertragen.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das gerichtliche Verfahren wird eingeleitet, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Den Antrag stellt die untere Verwaltungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung, so ist auch der Leiter der Einrichtung antragsberechtigt, in der diese vollstreckt wird. Der Betroffene ist über die Antragstellung zu unterrichten.

(2) Der Antrag ist bereits vor der Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung zulässig. Er gilt als zurückgenommen, wenn nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Antragstellung die in § 1 Absatz 1 vorausgesetzte Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

(3) Die für die Sicherungsverwahrung des Betroffenen zuständige Vollstreckungsbehörde, der in Absatz 1 Satz 3 genannte Antragsberechtigte sowie die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen teilen der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde die für die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens notwendigen Daten mit, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Die Übermittlung personenbezogener Daten zu dem in Satz 1 genannten Zweck ist zulässig, wenn dem keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen. Der Betroffene ist über die Mitteilung und den Inhalt der Mitteilung zu unterrichten.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung einen Rechtsanwalt beizuordnen. § 78c Absatz 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt hat die Stellung eines Beistands. § 48 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung gilt entsprechend.

(3) Die Beiordnung ist auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts oder des Betroffenen nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens aufzuheben, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Die Aufhebung der Beiordnung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Wird die Beiordnung während der Therapieunterbringung aufgehoben, so ist dem Betroffenen unverzüglich ein anderer Rechtsanwalt beizuordnen.

(4) Von der Beiordnung ausgenommen sind Vollzugsangelegenheiten.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.