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| Die Antragstellerin beantragt gem. § 1 ThUG die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung. |
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| Mit Urteil des Landgerichts R. vom 20. März 1990 wurde der Betroffene wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich wurde die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung angeordnet. |
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| Zehn Jahre der Sicherungsverwahrung waren am 12. September 2006 vollstreckt. |
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| Mit einem am 09. Juli 2010 beim Landgericht Freiburg eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers beantragte der Betroffene, im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (vgl. StV 2010, 181 ff.) die Erledigung der Sicherungsverwahrung festzustellen. Das Landgericht Freiburg entsprach diesem Antrag nicht, sondern ordnete mit Beschluss vom 13. Januar 2011 unter Berufung auf ein kriminalprognostisches Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 23. September 2010 die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an. |
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| Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen ordnete das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 18. März 2011 gemäß § 132 GVG das Ruhen des Beschwerdeverfahrens bis zum Abschluss des mit Anfragebeschluss des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 09. November 2010 (BGHSt 56, 73 ff.) eingeleiteten Verfahrens an und verwarf im Übrigen das Rechtsmittel des Betroffenen als unbegründet. |
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| Parallel hierzu beantragte die Justizvollzugsanstalt Freiburg, in deren Räumlichkeiten die Maßregel der Sicherungsverwahrung gegen den Betroffenen vollstreckt wurde, mit Schriftsatz vom 14. Februar 2011 gem. § 1 ThUG die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung. |
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| Sie vertrat hierbei die Auffassung, dass bei dem Betroffenen als so genanntem Parallelfall die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 – rechtskräftig seit dem 10. Mai 2010 – zu berücksichtigen sei, wonach die nachträgliche Aufhebung der Höchstgrenze (von zehn Jahren) der ersten Sicherungsverwahrung gegen die Artikel 5 und 7 der EMRK verstoße. Das Landgericht Freiburg habe mit Beschluss vom 13. Januar 2010 - 12 StVK 263/10 - trotz dieser Entscheidung die Sicherungsverwahrung nicht für erledigt erklärt, wogegen der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt habe. Eine rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgericht Karlsruhe liege hierzu zwar noch nicht vor. Eine solche sei jedoch zu erwarten, sobald höchstrichterlich geklärt sei, ob sich aus der EMRK in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die Maßregel der Sicherungsverwahrung keine die Rückwirkung generell hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB ergebe. Da im Übrigen bei dem Betroffenen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Zügen bestehe – darüber hinaus auch der Verdacht auf eine wahnhafte Störung – und eine Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse ergebe, dass dieser infolge seiner psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen werde, sei im Falle der Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung erforderlich. |
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| Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Urteil vom 04. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - (NJW 2011, 1931 ff.) die Verfassungswidrigkeit der Regelungen über die Sicherungsverwahrung fest, ordnete jedoch deren Weitergeltung für die Dauer von zwei Jahren (bis zum 31. Mai 2013) an, wobei eine nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere Zehnjahreshöchstfrist hinaus nur nach Maßgabe strikter Verhältnismäßigkeitsprüfung und zum Schutz höchster Verfassungsgüter zulässig sei. |
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| Mit Beschluss vom 07. Juni 2011 nahm das Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 43/11 - das Verfahren wieder auf und beauftragte Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens zur Kriminalprognose und zur Frage des Vorliegens einer psychischen Störung bei dem Untergebrachten. Dieses Gutachten wurde letztlich mit Datum vom 14. Oktober 2011 vorgelegt. |
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| Das Oberlandesgericht Karlsruhe erklärte mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 2 Ws 43/11 - (juris) dann die Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts R. vom 20. März 1990 für erledigt. Der Betroffene leide unter keiner relevanten psychischen Störung, auch bestehe keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch eine psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr. |
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| Im Einzelnen führte das Oberlandesgericht Karlsruhe hierzu folgendes aus: |
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| 1. Die Sicherungsverwahrung ist für erledigt zu erklären. Zwar folgt diese Erledigung nicht - wie vom Senat früher vertreten (vgl. NStZ-RR 2010, 322) - aus dem Umstand, dass in sog. Altfällen, zu denen auch der vorliegende Fall zählt, in konventionskonformer Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR vom 17. Dezember 2009 (StV 2010, 181 ff.) das Rückwirkungsverbot mit der Folge einer zehnjährigen Befristung der ersten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 1 StGB gilt. Nachdem diese Rechtsprechung des Senats mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2011 (NJW 2011, 198 f.) für rechtsfehlerhaft erklärt wurde, liegt ein Vollstreckungshindernis nicht vor, so dass eine Erledigung der Sicherungsverwahrung aus diesem Grund nicht in Betracht kommt. |
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| 2. Doch kam eine Fortdauer der unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4.5.2011 (NJW 2011, 1931 ff.) geforderten strikten Verhältnismäßigkeitsgebots nicht mehr in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil die Regelung des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB für unvereinbar mit dem Freiheitsgrundrecht der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 104 Abs. 1 S. 1 GG und, soweit sie wie hier zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auch dann ermächtigt, wenn die Anlasstaten vor dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten u.a. vom 26.1.1998 begangen worden waren, mit den Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 20 Abs. 3 GG erklärt. Die Vorschritt darf allerdings bis zu einer spätestens am 31.5.2013 zu schaffenden Neureglung durch den Gesetzgeber nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung weiter angewandt werden. Danach ist eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne des ThUG leidet. |
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| Dieser Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. |
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| a) Der Untergebrachte leidet an keiner relevanten psychischen Störung. |
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| b) Es besteht zudem auch keine auf gegenwärtige und konkrete Umstände in der Person oder im Verhalten des Untergebrachten gestützte, durch die psychische Erkrankung bedingte hohe Rückfallgefahr. |
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| Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. P. geht von dem Untergebrachten keine Gefahr von Gewalt- oder Sexualdelikten aus. |
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| Auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter der richterlichen Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB Rechnung tragen (BVerfG NJW 2004, 739, 742 f.), hat sich der Senat angeschlossen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit neuer Straffälligkeit, die sich auf konkrete und gegenwärtige Umstände in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen stützen könnte, ist danach nicht positiv festzustellen. |
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| Die Maßregel der Sicherungsverwahrung war deshalb nach § 67d Abs. 3 StGB für erledigt zu erklären. |
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| Es tritt nach § 67d Abs. 3 S. 2 StGB Führungsaufsicht ein. Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat der Senat wegen der Sachnähe der Strafvollstreckungskammer übertragen. |
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| In Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 hatte bereits die Justizvollzugsanstalt Freiburg mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 ihren Antrag auf Unterbringung des Betroffenen nach dem ThUG zurückgenommen (AS. 257 der Akte 7 O 3/11). |
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| Die Kammer hatte daraufhin mit Beschluss vom 24.06.2011 - 7 O 3/11 - dem Land die zweckentsprechenden Auslagen des Betroffenen auferlegt (vgl. AS. 259 ff. der Akte 7 O 3/11) |
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| Der Betroffene wurde am 14. Dezember 2011 aus der Sicherungsverwahrung entlassen. |
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| Er lebt seither unter der im Rubrum genannten Anschrift und wird bislang dauerhaft polizeilich überwacht. |
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| Mit Schriftsatz vom 02. April 2012 (AS. 1 bis 7) hat die Antragstellerin den Antrag gestellt, gem. § 5 Abs. 1 ThUG das gerichtliche Verfahren gegen den Betroffenen mit dem Ziel seiner Therapieunterbringung einzuleiten und den Betroffenen gem. § 1 Abs. 1 ThUG in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung unterzubringen. |
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| Sie behauptet, es liege beim Betroffenen eine psychische Störung im Sine des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG vor, und stützt sich dabei auf das oben angeführte Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 23. September 2010, wonach bei dem Betroffenen einen kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen dissozialen Zügen (ICD 10: F61) bestehe und zudem eine wahnhafte Störung vorliegen könne (ICD 10: F22.0). Der Betroffene sei aufgrund seiner Störung weder erreichbar noch therapierbar. Es liege deshalb nach einer Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse die begründete Vermutung nahe, dass der Betroffene infolge der psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen werde. Zum Schutz der Allgemeinheit sei deshalb die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung erforderlich. |
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| In einem weiteren Schriftsatz vom 26. April 2012 (AS. 23-25) hat die Antragstellerin auf Hinweis des Gerichts die angestrebte Dauer der Unterbringung mit zwölf Monaten angegeben und als geeignete Einrichtung das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch benannt. |
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| Der Betroffene tritt dem Antrag entgegen. |
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| Er meint, die gesetzlichen Regelungen im ThUG seien verfassungswidrig, u.a. liege so ein unzulässiges Gesetz für den Einzelfall vor, was gegen Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG verstoße. |
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| Weiter sei fraglich, ob das ThUG überhaupt auf den Betroffenen angewendet werden könne. Zwar hätte der Betroffene bereits nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 entlassen werden müssen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe habe in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 aber ausdrücklich klargestellt, dass der Betroffene nicht aufgrund dieser Rechtsprechung, sondern deshalb zu entlassen gewesen sei, weil eine Gefahr für die Allgemeinheit von ihm nicht mehr ausgehe. |
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| Er ist darüber hinaus der Auffassung, dass das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch keine geeignete Einrichtung gem. § 2 ThUG sei, da weder das Abstandsgebot noch die weiter dort normierten Anforderungen gewahrt seien. |
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| Letztlich sei eine Therapieunterbringung aber auch unverhältnismäßig. Der Betroffene solle im Rahmen der Führungsaufsicht eine Therapie durchführen, die einer stationären Therapie nach dem ThUG vorzuziehen sei. |
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| Die weitere Beteiligte Ziffer 2 hat keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben. |
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| Mit Beweisbeschluss vom 09. Juli 2012 (AS. 77-78) hat die Kammer eine schriftliche Auskunft des Landesministeriums Baden-Württemberg für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren eingeholt. Auf den Inhalt der schriftlichen Erklärung vom 23. Juli 2012 (AS. 81 ff.) wird Bezug genommen. |
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| Des Weiteren hat das Gericht die Akten des Landgerichts Freiburg - 12 StVK … -, 7 O 3/11 - und - 7 AR 4/11 - beigezogen. |
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| Am 07. Dezember 2012 hat die Kammer eine Anhörung der Beteiligten durchgeführt, im Hinblick auf den Inhalt der Anhörung wird auf das Anhörungsprotokoll (AS. 241 ff.) Bezug genommen. |
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| Im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. |
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| Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. |
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| Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 ThUG liegen nicht vor. Die Anordnung einer Therapieunterbringung hat zu unterbleiben, weil der vorliegende Fall nicht dem Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes unterliegt. |
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| Nach § 1 Abs. 1 ThUG kommt die Anordnung einer Unterbringung nach diesem Gesetz nur dann in Betracht, wenn auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung feststeht, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 S. 1 StGB genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist. |
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| In der Gesetzesbegründung wird hierbei ausdrücklich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Nr. 19359/04) Bezug genommen. Hierin erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die nachträgliche Verlängerung der früheren Zehnjahreshöchstfrist des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB als eine Verletzung von Art. 7 Abs. 1 der EMRK, nach dem niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden darf, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung um eine Strafe in diesem Sinne, so dass deren nachträgliche Verlängerung eine zusätzliche Strafe darstellt (EGMR, Urteil vom 17.12.2009 - Nr. 19359/04 - juris Rn. 133-135). In der Folge wurden unter Bezugnahme auf dieses Urteil in einer ganzen Reihe obergerichtlicher Entscheidungen (vgl. die Nachweise in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/3403 vom 26.10.2010, S. 14) und das darin angenommene Rückwirkungsverbot Sicherungsverwahrte nach Erreichen der Zehnjahresgrenze entlassen. |
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| Der Gesetzgeber schuf das Therapieunterbringungsgesetz genau für diese sogenannten Parallelfälle, in denen infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 weiterhin als gefährlich eingestufte Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder künftig noch entlassen werden mussten. Er nahm aufgrund der angeführten obergerichtlichen Entscheidungen an, dass die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betroffenen Personen durch das aktuelle Recht der Sicherungsverwahrung nicht mehr weiter inhaftiert bzw. untergebracht werden können, so dass er für diesen Teil der „Altfälle“ das Therapieuntergesetz als eine eng begrenzte Übergangsregelung bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Neuordnung erließ (BT-Drs. 17/3403, S. 19). |
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| Im vorliegenden Fall ist der Betroffene gerade nicht aufgrund einer solchen rechtskräftigen Entscheidung aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden. |
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| Die nach dem Erlass des Therapieunterbringungsgesetz am 22.12.2010 ergangenen Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - (NJW 2011, 1931 ff.) und des Bundesgerichtshofs vom 23.05.2011 (BGHSt 56, 248) sprachen sich entgegen der Erwartung des Gesetzgebers für eine wenn auch zeitlich begrenzte Fortgeltung der aktuellen Regelungen über die Sicherungsverwahrung aus. Das Bundesverfassungsgericht knüpfte die Fortgeltung der hier relevanten Norm des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB aber an strenge Voraussetzungen unter Rückgriff auf die materiellen Voraussetzungen des Therapieunterbringungsgesetzes. |
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| Dabei begründete das Bundesverfassungsgericht die eingeschränkte Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB ausdrücklich nicht mit einem Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung, wie dies der Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 1 ThUG voraussetzt. Das Rückwirkungsverbot gelte nicht für die Maßregel der Sicherungsverwahrung, da sich der schuldunabhängige präventive Freiheitsentzug der Sicherungsverwahrung von einer „Strafe“ qualitativ unterscheide (BVerfG, a.a.O., Rn. 100). Das Vertrauen auf ein Ende der Sicherungsverwahrung nach Ablauf von zehn Jahren sei vielmehr im Rahmen des Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) verfassungsrechtlich zu berücksichtigen (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). |
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| Folgerichtig nahm deshalb auch die Justizvollzugsanstalt Freiburg im Verfahren - 7 O 4/11 - ihren vorsorglich gestellten Antrag auf Unterbringung des Betroffenen nach dem ThUG mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 zurück, weil anhand dieser Grundsätze eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung weiterhin möglich war. |
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| Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe setzte in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 über die Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung die Vorgaben dieser neuen Rechtsprechung in allen Einzelheiten um. |
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| Es legte ausdrücklich dar, die Erledigung der Sicherungsverwahrung beruhe nicht darauf, dass aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 ein Rückwirkungsverbot gelten würde. Diese Rechtsprechung sei mit bindendem Beschluss des Bundesgerichtshofs für rechtsfehlerhaft erklärt worden, so dass ein Vollstreckungshindernis nicht vorliege (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.12.2011 - 2 Ws 43/11 - juris Rn. 5). Es änderte insoweit seine frühere ständige Rechtsprechung ausdrücklich ab. |
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| Die Erledigung der - nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2011 noch weiter vollstreckbaren, obwohl über zehn Jahre hinausgehenden - Sicherungsverwahrung wurde vielmehr deshalb angeordnet, weil die an den materiellen Vorgaben des § 1 Abs. 1 ThUG orientierten weiteren Beweiserhebungen weder eine relevante psychische Störung des Betroffenen ergaben, noch eine von ihm ausgehende erhöhte Rückfallgefahr bejaht werden konnte. |
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| Die Tatsache, dass die Antragstellerin mit diesen rechtskräftigen Feststellungen des Oberlandesgericht Karlsruhe nicht übereinstimmt, rechtfertigt kein Unterbringungsverfahren gem. § 5 ThUG, da für ein solches Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem Willen des Gesetzgebers nur Raum besteht, wenn die zuständige Strafvollstreckungskammer aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 an einer inhaltlichen Überprüfung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung gehindert gewesen wäre. |
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| Zwar ist nach dem Wortlaut dieser Regelung eine Beiordnung vorzunehmen, ohne dass insoweit Ausnahmen vorgesehen sind. Nach der Gesetzesbegründung ist Zweck der Beiordnung aber lediglich die Sicherstellung einer ausreichenden Rechtsverteidigung des Betroffenen. Dies soll durch die Beiordnung eines vertretungsbefugten Rechtsanwalts geschehen, der die Beistandschaft übernehmen muss, da die Bestellung eines Verfahrenspflegers, der nicht im Namen des Betroffenen auftreten kann, als nicht ausreichend erachtet wird. Der Betroffene soll so dem beigeordneten Rechtsanwalt auch eine Verfahrensvollmacht erteilen können, die dann zu einer umfassenden Vertretungsmacht des Rechtsanwalts führen würde (BT-Drucks. 17/3403, S. 56). |
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| Da der Betroffene vorliegend in ausreichendem Maße anwaltlich vertreten ist, ist eine Beiordnung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ThUG nicht geboten. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 3 ThUG, 81, 337 Abs. 2 FamFG; die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 2 S. 1 KostO. |
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