Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 27. Juni 2016 - 5 O 2/14

ECLI:ECLI:DE:LGFRAPF:2016:0627.5O2.14.00
bei uns veröffentlicht am27.06.2016

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 387.298,21 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem gesetzlich festgelegten Basiszinssatz jährlich seit 23.Oktober 2013.

2. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen Schaden aus auf ihn übergegangenem Recht zu ersetzen, der auf die physischen oder psychischen Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, den die Landesbeamten A, B, C, D und durch die Geschehnisse vom 18.02.2010 im Bereich der Berufsbildenden Schule II in Ludwigshafen erlitten haben.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung haftet.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/10 und der Beklagte 9/10 zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten nach vorangegangenem Mahnverfahren auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht (§ 72 LBG RLP, früher § 98 LBG RLP) und Feststellung in Anspruch.

2

Er wirft dem Beklagten vor, im Zuge eines „Amoklaufes“ teils schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen von Landesbediensteten und daraus resultierende Behandlungs- und weitere Kosten verursacht zu haben vor nachstehendem Hintergrund:

3

Am Vormittag des 18.Februar 2010 drang der im Monat Jahr geborene Beklagte in das Schulgebäude der Berufsbildenden Schule Technik II in Ludwigshafen-Mundenheim ein, wo zu diesem Zeitpunkt regulärer Unterricht stattfand. Der Beklagte, ein ehemaliger Schüler der Berufsschule, der im Jahre 2003 mit durchschnittlichen bis eher schlechten Noten den Hauptschulabschluss erreicht hatte und der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, führte dabei ein Messer und eine geladene Schreckschusspistole sowie mehrere bengalische Feuer mit sich. Er hatte die Absicht, seinen früheren Lehrer F, von dem er sich ungerecht behandelt fühlte sowie den amtierenden Schulleiter G, umzubringen. Mit Hilfe der bengalischen Feuer wollte er Feueralarm und damit Chaos auslösen und im Zuge dessen auch noch weitere Lehrer und Schüler töten.

4

Seit seiner Geburt leidet der Beklagte am sogenannten Klinefelter-Syndrom, welches im Jahre 2007 diagnostiziert wurde.

5

Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine numerische Chromosomenaberration der Geschlechtschromosomen, die sich sowohl auf die körperliche Entwicklung als auch auf die Leistungsfähigkeit des Beklagten auswirkt. Neben einer typischerweise überdurchschnittlichen Körpergröße mit ungewöhnlich langen Armen und Beinen ergibt sich regelmäßig ein deutliches Übergewicht. Weitere für die Krankheit charakteristische Symptome sind Antriebsarmut, Kontaktarmut, geringes Selbstvertrauen, Stimmungsschwankungen sowie eine sprachliche Entwicklungsstörung. Aufgrund des Klinefelter-Syndroms hat der Beklagte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung entwickelt mit schizoiden, paranoiden und selbstunsicheren Anteilen.

6

Der bewaffnete Beklagte traf an dem fraglichen Tag im Haupttreppenhaus der Berufsschule auf seinen früheren Lehrer F und verletzte ihn durch insgesamt fünf Messerstiche tödlich. Im Anschluss daran löste der Beklagte Feueralarm in der Schule aus.

7

Die Lehrerin A unterrichtete unterdessen und nahm gegen ca. 10:00 Uhr den Feueralarm wahr. Sie wies daraufhin ihre Schulklasse an, das Gebäude zu verlassen, was auch geschah. Zusammen mit ihren Kollegen H, einem angestellten Lehrer und C wollte sie danach selbst das Gebäude verlassen. Im Haupttreppenhaus trafen die drei Personen auf den Beklagten. Er bedrohte die Lehrkräfte mit der geladenen Schreckschusspistole bedrohte, wobei für sie nicht erkennbar war, dass es sich nicht um eine echte Waffe handelte. H redete zunächst auf den Beklagten ein und versuchte in der Folge, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen, was aber nicht gelang. Vielmehr ging er durch einen Schlag des Beklagten zu Boden. Die anderen Lehrer forderte der Beklagte auf, sich auf den Boden zu legen, was sie auch taten. In der Folgezeit gab der Beklagte in Anwesenheit der Lehrer mehrere Schüsse mit der Schreckschusspistole ab.

8

Der Lehrer I führte an diesem Tag eine Unterrichtsprüfung an der Berufsbildenden Schule durch und wurde auf das Geschehen aufgrund einer erhöhten Geräuschkulisse außerhalb des Unterrichtsraums aufmerksam. Er verließ den Klassenraum und sprach auf dem Schulhof einen dort anwesenden Kollegen an, der ihm mitteilte, ein anderer Kollege liege verletzt im Haupttreppenhaus. I machte sich auf den Weg zu dem schwer verletzten Lehrer F. Zum Zeitpunkt seines Eintreffens waren bereits zwei Sanitäter vor Ort, die mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen hatten. I half bei der Wiederbelebung mit, indem er bei F eine Herzdruckmassage durchführte.

9

Der Lehrer B war, ebenso wie I, an der Lehrprobe beteiligt. Nachdem dieser den Klassenraum verlassen hatte, um Klarheit über die Geschehnisse zu erlangen, beaufsichtigte Thomas B zusammen mit einer Kollegin die Schüler bis zur Rückkehr von I. Nachdem dieser die Situation geschildert hatte, verbarrikadierte B die Tür des Klassenraumes von innen mit zwei Besenstielen, bis sich nach ca. 15 bis 20 Minuten zwei Polizeibeamte bemerkbar machten und die im Unterrichtsraum befindlichen Personen aufforderten, sich nach draußen zu begeben.

10

Die Lehrerin C vernahm den Feueralarm in ihrem Büro und verließ dieses, um die umliegenden Räume zu kontrollieren. Danach begab sie sich zusammen mit A und H in das Haupttreppenhaus, um das Schulgebäude zu verlassen. Dort trafen die Lehrer auf den Beklagten, der sie, wie vorstehend geschildert, mit der Schreckschusspistole bedrohte und sie zwang, sich auf den Boden zu legen. Von C ließ er sich unter Androhung des Schusswaffengebrauchs deren Schlüssel aushändigen. Danach zwang er die Lehrkräfte, vor ihm das Treppenhaus hinunterzugehen. Auf etwa halber Strecke drehte er sich um und begab sich in den oberen Gebäudeteil, während die Lehrer das Schulgebäude verlassen konnten.

11

Der Schulleiter G traf den Beklagten im dritten Obergeschoss des Schulgebäudes an und versuchte zunächst, ein Gespräch mit ihm zu führen, um ihn von anderen Lehrkräften bzw. Schülern fernzuhalten. Im Verlauf dieses Gespräches bewegten sich beide in Richtung einer im Rücken von G befindlichen Feuerschutztür. Der Beklagte nahm wahr, dass der Lehrer einen Schlüsselbund in seiner Hand hielt und forderte diesen heraus. Er zog die Scheckschusspistole und lief auf J zu. Unmittelbar vor ihm stehend gab er einen Schuss ab. Der Mündungsdruck traf den Lehrer im Bereich der Brust. Als der Beklagte kurz zurückwich, konnte J durch die hinter ihm befindliche Feuerschutztür fliehen.

12

Der Lehrer K unterrichtete an dem betreffenden Vormittag in einem Klassenraum in unmittelbarer Nähe zu dem Treppenhausaufgang, in welchem der Beklagte seinen Kollegen F tödlich verletzte. Weil ein Schüler einen Karton brauchte, verließ K den Klassenraum, um sich über das Treppenhaus in den Keller zu begeben. Er fand den Kollegen F im Treppenhausaufgang in einer Blutlache liegend. Nachdem er Atmung und Puls überprüft, aber keine Lebensfunktionen mehr hatte feststellen können, verständigte er über das nächstgelegene Telefon den Rettungsdienst. Danach eilte er zu dem verletzten Kollegen zurück und wartete bei diesem, bis der Rettungsdienst eintraf und die Versorgung übernahm.

13

Der Lehrer E unterrichtete an diesem Morgen in dem Klassenraum neben dem von F. Er verließ den Unterrichtsraum, um seinen Kollegen F um Verbrauchsmaterialien für seinen Unterricht zu bitten, traf diesen jedoch nicht an. Danach begab er sich in den Toilettenbereich, wo jemand mit Wucht eine Tür aufschlug. Als er dem Geräusch nachging, konnte E eine schwarz gekleidete Person am Ende des Flurs erkennen, die sich schnell entfernte. E wusch sich dann die Hände und sah seinen auf dem Weg in den Keller befindlichen Kollegen K. Er folgte ihm und bemerkte, dass dieser im Treppenhausaufgang stehen geblieben war. Da K auf Zurufen nicht reagierte, ging er zu ihm, worauf dieser auf den im Treppenhaus liegenden, offensichtlich verletzten Kollegen F wies. Nachdem K keine Vitalfunktionen feststellen konnte, verblieb E bei F, während K den Rettungsdienst verständigte. Nach einigen Minuten wurde er von Polizeibeamten aufgefordert, das Gebäude zu verlassen und begab sich dann zurück zu den Unterrichtsräumen um seine Schüler und die des Kollegen F nach draußen zu bringen.

14

Der Lehrer L wurde an dem fraglichen Morgen von einem Lehrerkollegen drüber unterrichtet, dass im zweiten Obergeschoss der Schule eine sogenannte bengalische Fackel gezündet worden war. Nach Überprüfung der Lage teilte er eine Brandwache ein und verständigte vom Telefon seiner Sekretärin im ersten Obergeschoss aus die Feuerwehr, und unmittelbar danach wurde der Feueralarm ausgelöst. Daraufhin begab sich L in seiner Eigenschaft als Sicherheitsbeauftragter zu seinem im Brandfall vorgesehenen Standort. Auf dem Weg erfuhr er von einem Schüler, dieser habe eine bewaffnete Person im vierten Obergeschoss des Gebäudes gesehen. L setzte daraufhin einen Notruf über das Hausmeisterbüro ab. Nach dem Eintreffen der Polizeibeamten begleitete er diese in das vierte Obergeschoss, wo der Beklagte als Täter identifiziert und festgenommen werden konnte. Über Funk erhielt L dann die Meldung, dass ein Lehrerkollege verletzt worden sei, und er führte daraufhin zwei der im Gebäude befindlichen Polizeibeamten zum beschriebenen Aufenthaltsort des Verletzten. Bei diesem führte er nach Feststellung fehlender Vitalfunktionen Wiederbelebungsmaßnahmen durch. Damit fuhr er nach Anweisung auch fort, als die herbeigerufenen Rettungskräfte sich um den verletzten Kollegen kümmerten.

15

Die Lehrerin M unterrichtete an dem betreffenden Vormittag ebenfalls an der Berufsbildenden Schule und verließ diese wegen des Feueralarms. Zusammen mit ihren Schülern wartete sie vor dem Gebäude, bis der Polizei- und Rettungseinsatz beendet war.

16

Auch die Lehrerin D unterrichtete an dem betreffenden Tag in der Berufsbildenden Schule. Nachdem sie den Feueralarm wahrgenommen hatte, bat sie einen Kollegen, ihre Klasse nach draußen an einen festgelegten Sammelpunkt zu bringen, während sie kontrollierte, ob alle Säle geräumt und die Türen verschlossen waren. Danach begab sie sich ebenfalls zum Sammelplatz.

17

An der Identifizierung und Festnahme des Beklagten war unter anderem der Polizeibeamte N beteiligt, der mit drei weiteren Kollegen das Schulgebäude betreten und dieses systematisch nach dem mutmaßlichen Amokläufer durchsucht hatte. Der Beklagte wurde zwischen dem 2. und 3. Obergeschoss angetroffen und von den Polizisten unter Vorhalt ihrer Dienstwaffen zur Aufgabe aufgefordert. Er warf schließlich seine Schreckschusswaffe und eine Umhängetasche Weg und ließ sich anschließend festnehmen.

18

Der Beklagte wurde aufgrund des Geschehens vom 18.Februar 2010 durch Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 20.Oktober 2010 (Az.: 5120 Js 6452/10 I Kls - ) wegen heimtückisch begangenen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, und es wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, wo er sich gegenwärtig noch befindet.

19

Die Lehrer A, I, B, C, G, K und E sowie der Polizeibeamte N, die sämtlich Symptome einer Traumatisierung zeigten, wurden im Auftrag des Klägers von Unv.-Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. O, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Mainz hinsichtlich eventueller Folgen der Geschehnisse vom 18.Februar 2010 für ihre Gesundheit begutachtet.

20

Vorliegend verlangt der Kläger, der im Mahnverfahren von dem Beklagten noch die Zahlung von insgesamt 439.745,76 € gefordert hatte, nach Teilklagerücknahme von ihm zuletzt 387.298,21 €.

21

Er bringt dazu im Wesentlichen vor,
nach den Ereignissen vom 18.Februar 2010 hätten zahlreiche Landesbedienstete infolge der Taten des Beklagten psychische Schäden erlitten, deren Spätfolgen bei einigen der Betroffenen nach wie vor bestünden. Insbesondere die Lehrkräfte, die unmittelbar mit dem Beklagten in Kontakt gekommen seien bzw. an der – im Nachhinein vergeblichen – Erstversorgung des infolge der Messerangriffe des Beklagen verletzten Lehrerkollegen beteiligt gewesen seien, hätten an unterschiedlich ausgeprägten psychischen Beeinträchtigungen gelitten. Soweit es sich bei ihnen um Landesbeamte handle, seien die ihnen entstandenen Schadenspositionen durch das Land Rheinland-Pfalz als Dienstherr ersetzt worden und damit aus übergegangenem Recht regressfähig. Auch betreffend den angestellten Lehrer H schulde der Beklagte Ersatz.

22

Der Kläger beantragt,

23

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 387.298,21 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem gesetzlich festgelegten Basiszinssatz jährlich aus 266.214,58 € ab dem 11.11.2012, aus weiteren 57.763,66 € ab dem 02.08.2013 sowie aus weiteren 63.319,87 € seit Rechtshängigkeit,

24

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen Schaden aus auf ihn übergegangenem Recht zu ersetzen, der auf die physischen oder psychischen Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, den die Landesbeamten A, B, C, D und Weller durch die Geschehnisse vom 18.02.2010 im Bereich der Berufsbildenden Schule II in Ludwigshafen erlitten haben,

25

3. festzustellen, dass der Beklagte aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung haftet.

26

Der Beklagte beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Er bringt dazu im Wesentlichen vor,
die vom Kläger behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Lehrer und des Polizeibeamten und deren Folgen sowie die Höhe der geltend gemachten Ansprüche würden bestritten. Soweit die betroffenen Personen nicht konkret an dem Geschehen vom 18.Februar 2010 beteiligt gewesen seien, könnten Schadensersatzansprüche gegen ihn schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die bloße Anwesenheit bei einem schrecklichen Ereignis dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuschreiben und der Verursacher des Ereignisses für eventuell erlittene Schäden nicht ersatzpflichtig sei.

29

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 10.April 2014 (Bl. 286 – 288 d.A.) in Verbindung mit Verfügung vom 5.Juni 2014 (Bl. 324 d.A.) und Beschluss vom 17.November 2015 (Bl. 728 729 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Ferner hat es die Sachverständigen Dr. P, Q und Dr. R mündlich angehört. Diese Sachverständigen haben mit Zustimmung des Gerichts anstelle des ursprünglich mit der Begutachtung beauftragten Sachverständigen Dr.med. S, stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Frankfurt, außer K, der von der Sachverständigen Dr. med. T untersucht wurde, die im Beweisbeschluss aufgeführten Personen begutachtet. Außerdem wurde die Strafakte betreffend den Beklagten beigezogen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten betreffend Birgit C (Bl. 465 – 474 d.A.), G (Bl. 475 – 486 d.A.), Rainer E (Bl. 512 – 539 d.A.), I (Bl. 540 – 560 d.A.), Renate A (Bl. 561 – 577 d.A.), N (Bl. 578- 593 d.A.) und K (Bl. 745 – 765 d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 9.Mai 2016 (Bl. 798 – 803 d.A.) und zur Ergänzung des Tatbestandes im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Die zulässige Klage führt auch in der Sache zum Erfolg.

31

Der Kläger kann von dem Beklagten aus übergegangenem Recht gem. §§ 72 LBG RLP, 823 Abs.1 BGB Schadensersatz wegen der von den Landesbeamten infolge der Ereignisse am 12.Februar 2010 erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen verlangen und betreffend den Angestellten H gem. § 72 LBG i.V.m. §§ 6 f EntgFG, 22 TV-L.

32

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

33

In Bezug auf die Lehrer G, den Polizeibeamten N, die Lehrerinnen C, A und den angestellten Lehrer H räumt der Beklagte ein, dass sie anlässlich seiner Tat konkret mit ihm konfrontiert waren und deshalb dem Grunde nach Ansprüche gerechtfertigt sein können.

34

Das erkennende Gericht hält nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf diese Personen in vollem Umfange für begründet:

G

35

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 21.816,34 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungs- und damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 11.263,03 €. Davon entfallen 1.040,66 € auf Kosten für die Begutachtung durch Prof. Dr. O sowie 5.745,00 € und 1.149.00 € auf Aufenthalte in der AHG Klinik in Überherrn-Berus. Diese Kosten sind sämtlich belegt (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 23 = Bl. 120 – 128 d.A.). Vom Kläger werden darüber hinaus 250 € Erstattungsbetrag für die angebliche Beschädigung von Sakko und Hemd des Zeugen infolge des aufgesetzten Schusses des Beklagten gefordert sowie 10.302,71 € für die Fortzahlung der Dienstbezüge in den Zeiträumen 16.04.2010 – 11.05.2010; 30.06.2010 sowie 01.09.2010 – 06.10.2010.

36

Der Sachverständige Dr. R hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.Februar 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach G infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung (mittelgradig) verbunden mit depressiv gefärbtem Erschöpfungszustand erlitten hat, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und zu einer Dienstunfähigkeit in dem behaupteten Umfang geführt hat. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige auch die beiden Klinikaufenthalte des Zeugen J, für die der Kläger Kostenersatz begehrt, als medizinisch erforderlich bezeichnet.

37

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen J, der seinerzeit Leiter der von dem Angriff des Beklagten betroffenen Berufsschule und ursprünglich von ihm sogar als weiteres Opfer eines tödlichen Angriffs vorgesehen war, überaus naheliegend.

38

Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die Aufwendungen für die Begutachtung durch Prof. Dr. O müssten von ihm nicht erstattet werden, da sie lediglich zur Aufklärung der Frage gedient hätten, ob eine etwaige Verletzung vorliege, für die der Kläger ersatzpflichtig ist, kann dem nicht gefolgt werden.

39

Der Zeuge litt nach dem Geschehen am 18.Februar 2010 an Beschwerden, die augenscheinlich auf die Taten des Beklagten zurückzuführen waren, und deshalb hatte der Zeuge auch selbst ein massives eigenes Interesse an der Diagnostik durch Prof Dr. O, für die die in Rechnung gestellten Kosten angefallen sind.

40

Soweit der Beklagte bestreitet, dass Sakko und Hemd des Zeugen J irreparabel beschädigt waren, hilft ihm dies nicht weiter. Dass ein aufgesetzter Schuss mit einer Schreckschusswaffe im Bereich des Oberkörpers einer Person deren Kleidung nicht unversehrt lässt, liegt auf der Hand. Selbst wenn dabei nur geringfügige Beschädigungen aufgetreten waren, konnte dem Zeugen jedenfalls nicht zugemutet werden, die Kleidungsstücke reparieren zu lassen und diese künftig weiter zu tragen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte das erneute Tragen der reparierten Kleidung die Erinnerung an das traumatische Geschehen wiederaufleben lassen. Einen Schaden in Höhe von 250 € für ein unbrauchbar gewordenes Hemd und ein Sakko schätzt (§ 287 ZPO) das Gericht als angemessen und sogar äußerst moderat ein.

N

41

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 3.053,77 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungskosten in Höhe von 1.117,56 €, welche sämtlich belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 48 = Bl. 223 – 227 d.A.). Davon entfielen 721,44 € auf die Begutachtung durch Prof. Dr. O. 1.936,21 € fordert der Kläger für die Fortzahlung der Dienstbezüge im Zeitraum vom 22.02. 2010 – 13.03.2010.

42

Die Sachverständige Q hat in ihrem schriftlichen Gutachten vom 3.Mai 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach N infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine psychische Störung als Reaktion auf eine schwere Belastung, die als Anpassungsstörung einzuordnen ist, erlitten hat, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und zu einer Dienstunfähigkeit in dem behaupteten Umfang geführt hat. Anlässlich ihrer mündlichen Anhörung hat die Sachverständige diese Diagnose und deren Konsequenzen bestätigt.

43

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen der Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihr gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen N naheliegend.

44

Die Kosten für die Begutachtung durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten von ihm zu tragen. Insoweit kann auf die Ausführungen betreffend den Zeugen J Bezug genommen werden. Auch der Zeuge N hatte ein eigenes Interesse an einer fundierten Diagnose seiner Erkrankung.

45

Der Einwand des Beklagten im Zusammenhang mit dem Zeugen N, die Ermittlungen von Gewaltverbrechen gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko eines Polizeibeamten, und deshalb könne der Kläger keine Ansprüche in Bezug auf ihn geltend machen, erscheint zynisch und vermag den Beklagte nicht zu entlasten. Der Zeuge N sah sich einem bewaffneten Täter unmittelbar gegenüber und musste in der konkreten Situation von einem Amoklauf des Beklagten also von der Möglichkeit, dass dieser eine Vielzahl willkürlich ausgewählter Opfer körperlich und seelisch schädigen würde, ausgehen. Er war zudem mit der Möglichkeit konfrontiert, selbst von der Schusswaffe Gebrauch machen zu müssen. Dieses Geschehen geht über die Erlebnisse, mit denen ein Polizist im Vergleich zu zivilen Personen als Berufs- oder Lebensrisiko rechnen muss, weit hinaus.

46

Birgit C

47

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 5.099,89 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungskosten in Höhe von 4.152,62 €, welche sämtlich belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 18 = Bl. 94 – 104 d.A.). Davon entfielen 725,90 € sowie 616,72 € nebst Fahrtkosten in Höhe von 65,00 € auf die Begutachtung durch Prof. Dr. O. 947,27 € fordert der Kläger für die Fortzahlung der Dienstbezüge im Zeitraum vom 01.03.2010 – 03.03.2010; 16.06.2010 und 26.09.2010.

48

Der Sachverständige Dr. R hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.Februar 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach Birgit C infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine akute posttraumatische Belastungsstörung und eine depressive Anpassungsstörung erlitten hat, die medizinisch behandlungsbedürftig war und zu einer Dienstunfähigkeit in dem behaupteten Umfang geführt hat. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige diese Diagnose und deren Konsequenzen bestätigt.

49

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse der Zeugin, die von dem Beklagten mit der Schreckschusspistole bedroht und gezwungen worden war, sich auf den Boden zu legen, naheliegend.

50

Die Kosten für die Begutachtungen durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten von ihm zu tragen. Insoweit kann auf die Ausführungen betreffend die Zeugen J und N Bezug genommen werden. Dass in Bezug auf die Zeugin C zwei Gutachten erforderlich waren, hat der Sachverständige Dr. S. anlässlich seiner Anhörung überzeugend damit begründet, dass in Bezug auf ihre Person zunächst im Jahre 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung und im Jahre 2011 zusätzlich eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert wurde.

51

Renate A

52

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 3.082,46 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungs- und damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 774,19 €, die belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 3 = Bl. 41 d.A.). Dieser Betrag entfällt auf die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. O. 2.308.27 € fordert der Kläger für die Fortzahlung der Dienstbezüge im Zeitraum vom 22.02.2010 – 05.03.2010 und 15.06.2010.

53

Der Sachverständige Dr. Ps hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 15.März 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach Renate A infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine psychische Störung als Reaktion auf eine schwere Belastung erlitt, die er am ehesten als posttraumatische Belastungsstörung einordnet, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und jedenfalls im Zeitraum vom 22.02.2010 bis 05.03.2010 zur Dienstunfähigkeit geführt hatte. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige diese Einschätzung bestätigt.

54

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse der Zeugin A, die von dem Beklagten mit der Schreckschusspistole bedroht worden war, naheliegend.

55

Soweit der Sachverständige eine Dienstunfähigkeit der Zeugin am 15.Juni 2010 nicht feststellen konnte, geht das Gericht davon aus, dass sich die Zeugin an diesem Tag dem vom Kläger mit der Diagnostik beauftragten Prof: Dr. O vorgestellt hat und deshalb ihren Schuldienst nicht verrichten konnte.

56

Die Kosten für die Begutachtung durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten von ihm zu tragen. Insoweit kann auf die Ausführungen betreffend die vorstehend aufgeführten Zeugen Bezug genommen werden.

H

57

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 5.826,64 €, den vom Kläger zu erstattenden Entgeltfortzahlungsanspruch des Zeugen für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit vom 20.10.2010 bis 22.12.2010.

58

Der Zeuge nahm in dieser Zeit an einer Rehabilitationsmaßnahme in Form einer stationären Behandlung in der Helios Klinik D. teil (vgl. dazu Anlage K 34 = Bl. 181 d.A.) wegen einer bei ihm diagnostizierten und auf die Geschehnisse im Februar 2010 zurückzuführenden posttraumatischen Belastungsstörung (vgl. dazu Anlage K 56 = Bl. 311 – 316 d.A.), und seine Bruttobezüge in dieser Zeit beliefen sich auf den genannten Betrag (vgl. dazu Anlage K 33 = Bl. 179, 180 d.A.).

59

Das Bestreiten einer Arbeitsunfähigkeit des Zeugen aufgrund des Ereignisses vom 18.Februar 2010 durch den Beklagten hält das Gericht für nicht durchgreifend. Angesichts der Erlebnisse des Zeugen H, der versucht hatte, dem Beklagten die Schreckschusspistole zu entwinden und infolge eines Schlages des Beklagten zu Boden ging, erscheint es naheliegend, dass sich der Zeuge einer stationären Behandlung unterziehen musste. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens auch in Bezug auf den Zeugen H war nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, nachdem der Beklagte gegen den Befundbericht der Helios Klinik D. keine durchgreifenden Einwände erhoben hat.

60

Soweit der Kläger Schadensersatz für weitere in das Geschehen am 18.Februar 2010 involvierte Personen verlangt, hält das Gericht die geltend gemachten Ansprüche ebenfalls in vollem Umfange für begründet.

61

Der Einwand des Beklagten, der unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (Az. VI ZR 17/06) meint, eventuelle Gesundheitsschäden dieser Zeugen seien dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen, das sich bei jedem verwirklichen könne, der zufällig einem schrecklichen Ereignis beiwohne, kann nicht durchgreifen.

62

Der Beklagte hatte, wie die Strafkammer in ihrem Urteil gegen ihn festgestellt hat, die streitgegenständlichen Vorfälle längerfristig geplant und neben der Tötung seines früheren Lehrers F auch die Tötung weiterer Lehrer und Schüler beabsichtigt.

63

In Anlehnung an die Abläufe früherer Amokläufe (insbesondere denjenigen an der Columbine Highschool in Littleton/Colorado) hatte er sich mehrere bengalische Feuer besorgt, durch deren Zündung er Feueralarm und damit nachfolgendes Chaos auslösen wollte, um nach der Tötung des Lehrers F bei den von ihm geplanten Aktionen gegen weitere Lehrer und Schüler „leichteres Spiel“ zu haben.

64

Mit diesem Tatplan des Beklagten waren sonach sämtliche am 18.Februar 2010 anwesenden Lehrer der Berufsbildenden Schule nicht nur zufällig präsente Beobachter eines „nur“ fremde Personen betreffenden schrecklichen Ereignisses. Vielmehr waren auch sie selbst, ihre Kollegen und ihrer Obhut anvertraute Schüler, allesamt also ihnen mehr oder weniger nahestehende, ihnen zumindest aber bekannte Personen potentielle Opfer des Beklagten. Die von ihnen erlittenen Gesundheitsschäden sind damit ohne weiteres dem Beklagten zuzurechnen. Sie waren von ihm auch von vornherein einkalkuliert, denn er hatte die Tötung weiterer Lehrer und Schüler sogar geplant und ein durch seine Handlungen ausgelöstes chaotisches Geschehen war von ihm ausdrücklich beabsichtigt.

65

Vor diesem Hintergrund gilt in Bezug auf die Lehrer I, B, K, E , L und M hinsichtlich der Zahlungsansprüche des Klägers im Einzelnen Folgendes:

I

66

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 17.816,29 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungskosten in Höhe von insgesamt 11.071,75 €, die belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 8 = Bl. 295 – 310 d.A.). Davon entfielen Beträge von 1.135,86 € sowie 620,29 € auf die Begutachtungen durch Prof. Dr. O. 6.744,54 € verlangt der Kläger für die Fortzahlung der Dienstbezüge im Zeitraum vom 29.04.2010 – 17.06.2010.

67

Der Sachverständige Dr. R hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 16.Februar 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach I infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hat, die seine medizinische Behandlung erforderte und seine zeitweise Dienstunfähigkeit zur Folge hatte. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige diese Einschätzung bestätigt.

68

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen I, der an den vergeblichen Wiederbelebungsversuchen in Bezug auf seinen schwerverletzten Kollegen F beteiligt war und konstatieren musste, dass dieser einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, naheliegend.

69

Die Kosten für die Begutachtungen durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten von ihm zu tragen. Insoweit kann auf die Ausführungen betreffend die vorstehend aufgeführten Zeugen J und N Bezug genommen werden.

70

Thomas B

71

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 4.712,34 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungs- und damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 4.578,08 €, die belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 13 = Bl. 67 – 82 d.A.). Davon entfielen Beträge von 725,90 € sowie 616,72 € auf die Begutachtungen durch Prof. Dr. O und 65,00 € Fahrkosten im Zusammenhang damit. 133,76 € verlangt der Kläger für die Fortzahlung von Dienstbezügen für den 01.09.2010.

72

Der Sachverständige Dr. R hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.Februar 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach B infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion erlitten hat, die seine medizinische Behandlung erforderte und seine Dienstunfähigkeit an dem betreffenden Tag zur Folge hatte. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige diese Einschätzung bestätigt.

73

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen B, der von seinem Kollegen I über die schweren Verletzungen bzw. das Ableben des Kollegen F und dessen Ursache informiert worden war und sich anschließend zusammen mit einer Kollegin mit den Schülern im Klassenraum verbarrikadiert hatte, naheliegend.

74

Die Kosten für die Begutachtungen durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten von ihm zu tragen. Insoweit wird auf die Ausführungen betreffend die vorstehend aufgeführten Zeugen J und N Bezug genommen.

K

75

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 87.034,10 €. Dieser setzt sich zusammen aus Heilbehandlungs- und damit zusammenhängenden Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 21.281,36 €, die belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 29 = Bl. 141 – 170 d.A.). Davon entfielen Beträge von 63,90 € und 615,83 € auf die Begutachtung durch Prof. Dr. O. Weitere 65.752,74 € verlangt der Kläger für die Fortzahlung von Dienstbezügen für die Zeiträume vom 25.04.2010 – 30.04.2010; 26.08.2010; 04.10.2010 – 08.10.2010; 10.11.2010 – 31.12.2010.

76

Die Sachverständige Dr. med. T hat in ihrem schriftlichen Gutachten vom 12.Februar 2016 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach K infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung (leichtgradig) und depressiv gefärbte Anpassungsstörung im Sinne einer längeren depressiven Reaktion erlitten hatte, die seine medizinische Behandlung erforderte und seine Dienstunfähigkeit in der betreffenden Zeit zur Folge hatte.

77

Die Ausführungen der Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihr gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen K, der seinen Kollegen F leblos aufgefunden hatte und nach Auslösung des Notrufes bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes und der Polizei bei ihm verharrte, naheliegend.

78

Die Angriffe des Beklagten gegen das Gutachten der Sachverständigen Dr. T sind nicht durchgreifend. Wenngleich der Kläger sich zum Beweis für seine Behauptungen über die Erkrankung des Zeugen und die daraus resultierenden Folgen für seine Dienstfähigkeit nicht ausdrücklich auf ein Sachverständigengutachten berufen sondern auf die Erkenntnisse des von ihm vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. O berufen hatte, war die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht angezeigt, weil ein Privatgutachten den Sachverständigenbeweis nur entbehrlich macht, wenn, das Gericht es gem. § 286 ZPO für ausreichend hält, um die Beweisfrage zuverlässig zu beantworten (vgl. dazu Zöller, ZPO, 31.Aufl., Rdnr. 6 c zu § 402 m.w.N.). Nachdem der Beklagte im Streitfall sämtliche Diagnosen und Schlussfolgerungen des Privatsachverständigen bestritten hatte, wurde die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht für erforderlich und angezeigt erachtet, was in der mündlichen Verhandlung vom 10.April 2014 auch erörtert wurde. Dies gilt auch in Bezug auf die Sachverständigengutachten betreffend die weiteren Personen, für die der Kläger Schadensersatzansprüche geltend macht. Das Gericht kann die Begutachtung durch einen Sachverständigen gem. § 144 ZPO auch von Amts wegen veranlassen (vgl. dazu Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Rdnr. 1 zu § 403 m.w.N.). Sachverständigenbeweis muss das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen erheben (§§ 174, 287, 442 ZPO), wenn die eigene Sachkunde zur Auswertung der Tatsachen nicht ausreicht. Es muss einen Sachverständigen hinzuziehen (§ 327 ZPO), wenn es selbst nicht in der Lage ist, die Behauptungen der Parteien zu überprüfen (vgl. dazu Zimmermann in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., 2012, Rdnr. 2 zu § 403).

79

Die von dem Beklagten an die Sachverständige Dr. med. T gerichteten Fragen bedurften einer ergänzenden Beauftragung der Sachverständigen nicht, weil sich die Antworten teilweise bereits aus dem Gutachten selbst ergeben. Die Sachverständige hat dort ausgeführt, dass die Folgen des traumatischen Erlebnisses bei dem Zeugen K durch die bei ihm durchgeführten ambulanten und stationären Behandlungen abgemildert werden konnten und letztlich zur Wiedererlangung seiner uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit geführt haben. Dass ohne das schädigende Ereignis eine entsprechende Behandlungsbedürftigkeit des Zeugen K vorhanden gewesen wäre, welche entsprechende Maßnahmen wie die durchgeführten ausgelöst hätte, ist nach den Ausführungen der Sachverständigen auszuschließen.

80

Wann genau die Arbeitsfähigkeit des Zeugen K wieder eintrat, wird die Sachverständige anhand der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht exakt beantworten können.

81

Die Kosten im Zusammenhang mit der Begutachtung durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls von ihm zu tragen. Insoweit wird auf die Ausführungen betreffend die Zeugen J und N Bezug genommen.

E

82

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 238.529,36 €. Dieser setzt sich zusammen en aus Heilbehandlungskosten in Höhe von 16.715,96 €, die belegt sind (vgl. dazu Anlagenkonvolut K 39 = Bl. 192 – 202 d.A.). Davon entfiel ein Betrag in Höhe von 1.859,97 € auf die Begutachtung durch Prof. Dr. O. Weitere 164.500,76 € verlangt der Kläger für die Fortzahlung von Dienstbezügen für den Zeitraum vom 01.03.2010 – 29.02.2012 und den Betrag von 57.312,66 € für Unfallruhegehalt.

83

Der Sachverständige Dr. med. P hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 15.März 2015 die Behauptung des Klägers bestätigt, wonach Rainer E infolge des Vorfalls am 18.Februar 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung (schwergradig) erlitten hatte, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und zu einer Dienstunfähigkeit in der betreffenden Zeit führte. Daneben hat er bestätigt, dass er infolge des Ereignisses weiterhin auf unabsehbare Zeit dienstunfähig sein wird.

84

Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und überzeugend und die von ihm gestellte Diagnose angesichts der Erlebnisse des Zeugen E, der den fliehenden Angeklagten gesehen hatte und danach im Treppenhaus auf den sterbenden oder schon toten Kollegen F und den Zeugen K traf, naheliegend.

85

Die Kosten im Zusammenhang mit der Begutachtung durch Prof. Dr. O sind entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls von ihm zu tragen. Insoweit wird auf die Ausführungen betreffend die Zeugen J und N Bezug genommen.

L

86

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 163,51 €. Dabei handelt es sich um Heilbehandlungskosten betreffend den Zeugen, die belegt sind (vgl. Anlage K 36 = Bl. 185 d.A.).

87

Nach vom Beklagten bestrittener Darstellung des Klägers soll der Zeuge L die Rettungskräfte bei der vergeblichen Reanimierung seines Lehrerkollegen unterstützt und dabei einen Schwächeanfall in Form eines Kreislaufzusammenbruchs erlitten haben, weshalb er vor Ort in einem der bereitstehenden Rettungswagen ärztlich versorgt worden sei.

88

Die Forderung des Klägers ist ungeachtet des Bestreitens des Beklagten begründet. Dass L Wiederbelebungsmaßnahmen an seinem von dem Beklagten erstochenen Kollegen F durchgeführt, ist unstreitig, und dass er am 18.Februar 2010 in einem Notarzteinsatzfahrzeug medizinisch behandelt wurde, ergibt sich aus der als Anlage K 36 vorgelegten Rechnung des Rettungsdienstes Vorderpfalz GmbH. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Einsatz des Zeugen L bei dem tödlich verletzten Kollegen und seiner eigenen ärztlichen Behandlung im Rettungswagen liegt auf der Hand und bedarf deshalb keiner Beweiserhebung.

M

89

Der Kläger verlangt insoweit den Ersatz eines Betrages in Höhe von 163,51 €. Dabei handelt es sich um Kosten für die medizinische Versorgung der Zeugin, die belegt sind (vgl. Anlage K 45 = Bl. 216 d.A.).

90

Nach vom Beklagten bestrittener Darstellung des Klägers soll die Zeugin Z. am Vormittag des 18.Februar 2010 gezwungen gewesen sein, zusammen mit ihren Schülern längere Zeit bei niedrigen Temperaturen vor dem Schulgebäude auszuharren, bis der Polizei- und Rettungseinsatz beendet war. Infolgedessen sollen sich bei ihr Kreislaufprobleme und ein Erschöpfungszustand eingestellt haben, weshalb eine Behandlung in einem vor Ort befindlichen Rettungswagen erforderlich gewesen sei.

91

Die Forderung des Klägers ist ungeachtet des Bestreitens des Beklagten begründet. Dass M infolge des auf das Handeln des Beklagten zurückzuführenden Feueralarms die Schule verlassen und vor dem Schulgebäude auf das Ende des Polizei- und Rettungseinsatzes warten musste, ist unstreitig, und dass sie an diesem Tag in einem Notarzteinsatzfahrzeug medizinisch behandelt wurde, ergibt sich aus der als Anlage K 45 vorgelegten Rechnung des Rettungsdienstes Vorderpfalz GmbH. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der infolge der Taten des Beklagten erforderlich gewordenen Evakuierung des gesamten Schulgebäudes und der ärztlichen Behandlung der Zeugin im Rettungswagen liegt auf der Hand und bedarf deshalb keiner Beweiserhebung.

92

Nach alledem kann der Kläger von dem Beklagten die Zahlung des gesamten zuletzt geforderten Betrages von insgesamt 387.298,21 € verlangen.

93

Zinsen auf diese Summe in gesetzlicher Höhe (§ 288 Abs.1 BGB) schuldet der Beklagte allerdings erst ab Zustellung des Mahnbescheides (§ 286 Abs.1 S.2 BGB), die am 22.Oktober 2013 erfolgte. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs war die Klage abzuweisen.

94

Der Beklagte hat den Erhalt des Schreibens vom 10.Oktober 2012 (Anlage K 53 = Bl. 234, 235 d.A.), mit dem er nach Darstellung des Klägers wegen eines Zahlungsbetrages in Höhe von 266.214,58 € in Verzug gesetzt worden sein soll bestritten. Einen Zustellungsnachweis hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Beklagte hat ferner in Abrede gestellt, dass die Rechtsanwältin U, an die ein Schreiben vom 11.Juli 2013 (Anlage K 54 = Bl. 236, 237 d.A.) gerichtet war, mit dem er zur Zahlung weiterer 57.763,66 € aufgefordert wurde, zustellungsbevollmächtigt zur Regulierung von zivilrechtlichen Forderungen war. Die genannte Rechtsanwältin war die Verteidigerin des Beklagten in dem Strafverfahren und damit nicht ohne weiteres empfangsbevollmächtigt für Schreiben mit zivilrechtlichen Forderungen. Der Kläger hat ihre Zustellungsbevollmächtigung für sein Forderungsschreiben auch nicht dargetan.

95

Der Feststellungsantrag des Klägers betreffend die Zeugen B, C, D und E ist demgegenüber begründet.

96

Hinsichtlich der Zeugen B, C und E liegt es nach den Ausführungen der Sachverständigen, die diese Personen begutachtet haben, nahe, dass in Zukunft weitere Schäden entstehen werden, für die der Beklagte aufgrund des Geschehens vom 18.Februar 2010 verantwortlich ist.

97

In Bezug auf die Zeugin D ist nach der vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme (Anlage K 55 = Bl. 238 d.A.) davon auszugehen, dass bei ihr eine posttraumatische Belastungsreaktion infolge der Ereignisse vom 18.Februar 2010 besteht, in deren Folge die Zeugin seit dem 24.Oktober 2013 dienstunfähig ist. Angesichts der Erlebnisse der Zeugin, die an dem fraglichen Tag mit dem Beklagten oder dem getöteten Kollegen zwar nicht persönlich konfrontiert war, angesichts seiner Pläne, wie vorstehend dargelegt, allerdings ebenfalls sein potentielles Opfer war, erscheinen die von dem Nervenarzt Dr. V diagnostizierten depressiven Verstimmungszustände, Intrusionen im Zusammenhang mit dem traumatischen Erlebnis sowie Alpträume und Flash backs naheliegend, auch wenn sie erst ab Oktober 2013 zur Arbeitsunfähigkeit der Zeugin geführt haben.

98

Dass der Beklagte aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung haftet, wird von ihm nicht in Abrede gestellt.

99

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 27. Juni 2016 - 5 O 2/14

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Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 27. Juni 2016 - 5 O 2/14 zitiert 17 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 174 Zustellung durch Aushändigung an der Amtsstelle


Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 144 Augenschein; Sachverständige


(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hi

Landbeschaffungsgesetz - LBG | § 72


In den Fällen, in denen der Landverlust auf einen großen Kreis von Eigentümern verteilt oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermieden werden sollen (§ 87 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes vom 14. Juli 1953 - Bundesgesetzbl. I S. 591), ka

Zivilprozessordnung - ZPO | § 327 Rechtskraft bei Testamentsvollstreckung


(1) Ein Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergeht, wirkt für und gegen den Erben. (2) Das Gleiche gilt von einem Urteil, das zwischen einem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 442 Würdigung der Schriftvergleichung


Über das Ergebnis der Schriftvergleichung hat das Gericht nach freier Überzeugung, geeignetenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, zu entscheiden.

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06

bei uns veröffentlicht am 22.05.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 17/06 Verkündet am: 22. Mai 2007 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 823 C Wird eine ps

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In den Fällen, in denen der Landverlust auf einen großen Kreis von Eigentümern verteilt oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermieden werden sollen (§ 87 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes vom 14. Juli 1953 - Bundesgesetzbl. I S. 591), kann der zuständige Bundesminister oder die von ihm bestimmte Bundesbehörde den Antrag auf Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens stellen. An die Stelle der vorläufigen Planfeststellung (§ 87 Abs. 2 des Flurbereinigungsgesetzes) tritt die Anordnung nach § 1 Abs. 3. Der zuständige Bundesminister oder die von ihm bestimmte Bundesbehörde ist zuständige obere Behörde im Sinne des § 88 Nr. 3 des Flurbereinigungsgesetzes. Die nach § 8 zuständige Behörde trifft die Entscheidung nach § 89 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 17/06
Verkündet am:
22. Mai 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung auf das Miterleben eines schweren
Unfalls zurückgeführt, so kommt eine Haftung des Schädigers regelmäßig nicht
in Betracht, wenn der Geschädigte nicht selbst unmittelbar an dem Unfall beteiligt
war.
BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 21. Dezember 2005 wird auf Kosten des Klägers hinsichtlich eines Klagebetrages in Höhe von 598,50 € verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Das klagende Land verlangt von der beklagten Versicherung aus übergegangenem Recht Ersatz von Leistungen für zwei in seinem Dienst stehende Polizeibeamte, die nach einem Verkehrsunfall ein posttraumatisches Belastungssyndrom erlitten haben sollen.
2
Am 21. Dezember 2002 befuhr ein Versicherungsnehmer der Beklagten (nachfolgend: Schädiger) als "Geisterfahrer" die Autobahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung. Er stieß frontal mit einem entgegenkommenden PKW zusammen, in dem sich eine vierköpfige Familie befand. Beide PKW fin- gen im weiteren Verlauf Feuer und brannten völlig aus; sämtliche Insassen verbrannten.
3
Auf dem Heimweg vom Nachtdienst näherten sich die Polizeibeamten H. und sein Beifahrer T. der Unfallstelle. Ihr Fahrzeug geriet bei dem Versuch, den Unfallfahrzeugen auszuweichen, gegen die Leitplanke, wobei T. eine HWS/ BWS-Distorsion erlitt. Nach Behauptung des Klägers hat T. einen Rettungsversuch unternommen, der unstreitig abgebrochen worden ist, als die Fahrzeuge in Flammen aufgingen. Sodann kam der Polizeibeamte D. zur Unfallaufnahme hinzu.
4
Wegen der HWS/BWS-Distorsion war T. vom 23. Dezember 2002 bis 2. Januar 2003 dienstunfähig. Der Kläger macht geltend, T. und D. hätten durch den Unfall eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten. Darauf führt der Kläger die mehrmonatige Dienstunfähigkeit des T. ab September 2003 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des D. zurück.
5
Die Beklagte hat Heilbehandlungskosten wegen der HWS/BWSDistorsion des T. erstattet. Im Rechtsstreit hat der Kläger insoweit weitere Heilbehandlungskosten und insbesondere weiteren Schadensersatz und Feststellung einer Ersatzpflicht für alle künftigen Schäden aus dem Dienstunfall wegen der behaupteten posttraumatischen Belastungsstörungen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte lediglich hinsichtlich des Ersatzes weiterer Heilbehandlungskosten wegen der HWS/BWSDistorsion Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger nur wegen der Dienstunfähigkeit im Zusammenhang mit der HWS/BWS-Distorsion weiterer Schadensersatz zu (§§ 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG, 98 LBG RheinlandPfalz

).

7
Wegen der behaupteten posttraumatischen Belastungssyndrome bestehe kein Schadensersatzanspruch. Auch wenn man durch den Unfall psychisch vermittelte Gesundheitsschädigungen mit Krankheitswert unterstelle, fielen diese nicht in den Schutzbereich der §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1 StVG; sie seien vielmehr Teil des allgemeinen Lebensrisikos, das jeder grundsätzlich selbst zu tragen habe. Vor diesem Hintergrund setze ein solcher Schadensersatzanspruch eine Sonderverbindung des psychisch geschädigten Dritten zu dem schrecklichen Ereignis voraus, die die Beobachtung des Geschehens gerade für ihn zu einer Belastung werden lasse. Für Polizeibeamte gehörten die mit der Berufsausübung verbundenen psychischen Belastungen infolge Wahrnehmung eines schrecklichen Geschehens indes zum allgemeinen Berufsrisiko als einem Unterfall des allgemeinen Lebensrisikos. Eine durch eine Rettungshandlung gesteigerte Gefahrenlage für die Polizeibeamten am Unfallort oder eine dadurch begründete Sonderverbindung zwischen dem Helfer und dem Opfer habe nicht vorgelegen.

II.

8
1. Soweit der Kläger geltend macht, die Klage sei zu Unrecht in Höhe von 598,50 € hinsichtlich der Dienstbezüge für die Zeit vom 23. bis 31. Dezember 2002 abgewiesen worden, ist die Revision unzulässig, weil sie das Berufungsgericht insoweit nicht zugelassen hat.
9
Das Berufungsgericht hat zum Ausdruck gebracht, dass es die Revision nur zur Klärung der Frage zulassen will, ob die Polizeibeamten die unterstellten psychisch vermittelten Gesundheitsbeeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen müssen. Zwar enthält der Tenor des Berufungsurteils eine solche Einschränkung nicht. Es genügt jedoch, dass sich die Einschränkung mit ausreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen ergibt (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 86; ebenso BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f.). Hat das Berufungsgericht über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche entschieden und ist die Rechtsfrage, deretwegen es die Revision zugelassen hat, nur für einen von ihnen erheblich, so ist in der Angabe des Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; BGHZ 48, aaO; 153, 358, 361 f.).
10
Nach ständiger Rechtsprechung kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffes beschränken, auf den auch die Partei selbst ihre Revision begrenzen könnte (vgl. Senatsurteile BGHZ 76, 397, 398 f.; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO). Der Teil des Prozessstoffs, für den die Zulassung ausgesprochen wird, muss vom restlichen Prozessstoff abtrennbar sein; im Falle einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil geraten (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; BGH, Urteile vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02 - NJW-RR 2003, 1192, 1194; vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02 - NJW 2003, 3703). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Dienstunfähigkeit vom 23. bis 31. Dezember 2002 beruhte allein auf der erlittenen HWS/BWS-Distorsion und somit auf einer andersartigen Gesundheitsbeeinträchtigung und Schadensursache als das behauptete posttraumatische Belastungssyndrom.
11
2. Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms abgelehnt hat, hält das Berufungsurteil der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht Schadensersatzansprüche der Polizeibeamten T. und D. verneint, weil es sowohl für Ansprüche aus § 823 BGB als auch aus §§ 7, 18 StVG an dem erforderlichen haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang fehlt.
12
a) Durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert können eine Verletzung des geschützten Rechtsguts Gesundheit im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 341, 344 m.w.N. und vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874, 875). Im Streitfall ist revisionsrechtlich zu unterstellen , dass die vom erkennenden Senat an eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne dieser Vorschrift gestellten Anforderungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 56, 163, 165 f.; 132, 341, 344; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82 - VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88 - VersR 1989, 853, 854) erfüllt sind, weil nach den Ausführungen des Berufungsgerichts eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung der Polizisten schlüssig dargetan ist und das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die für eine Gesundheitsschädigung im Sinne des § 823 BGB erforderliche Erheblichkeitsschwelle überschritten ist.

13
b) Gleichwohl hat das Berufungsgericht im Ergebnis eine Haftung ohne Rechtsfehler verneint. Die geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen durch ein posttraumatisches Belastungssyndrom sind nicht unmittelbar durch das Falschfahren auf der Autobahn und den dadurch verursachten Zusammenstoß mit dem Gegenverkehr verursacht. Im Unterschied zu dem von T. erlittenen und gesondert zu beurteilenden Gesundheitsschaden in Form einer HWS/BWS-Distorsion beruhen sie auch nicht auf einer Handlung zur Vermeidung einer Kollision mit dem falsch fahrenden Fahrzeug. Sie sind vielmehr auf eine psychisch vermittelte Schädigung zurückzuführen, die nach dem Vorbringen des Klägers nicht Folge einer HWS/BWS-Verletzung ist, sondern dadurch entstanden ist, dass die Polizeibeamten mit ansehen mussten, wie die Insassen der beteiligten Unfallfahrzeuge verbrannten, ohne helfend eingreifen zu können. Unter diesen Umständen kann ein solcher Gesundheitsschaden dem Schädiger nicht zugerechnet werden.
14
aa) Der erkennende Senat hat eine Haftpflicht des Unfallverursachers in Fällen anerkannt, in denen der Geschädigte als direkt am Unfall Beteiligter infolge einer psychischen Schädigung eine schwere Gesundheitsstörung erlitten hat (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84 - VersR 1986, 240, 241; vom 9. April 1991 - VI ZR 106/90 - VersR 1991, 704, 705; vom 16. März 1993 - VI ZR 101/92 - VersR 1993, 589, 590). Maßgeblich für die Zurechnung war in diesen Fällen, dass der Schädiger dem Geschädigten die Rolle eines unmittelbaren Unfallbeteiligten aufgezwungen hat und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht verkraften konnte (vgl. Senatsurteil vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84 - VersR 1986, 240, 242). Solche Umstände sind hier nicht gegeben, vielmehr waren die Polizeibeamten an dem eigentlichen Unfallgeschehen, das zu ihrer psychischen Schädigung geführt haben soll, nämlich der Kollision zwischen dem "Geisterfahrer" und dem PKW der Familie nicht beteiligt.

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bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision angesprochenen Gesichtspunkt einer Herausforderung zu einer Rettungshandlung. Insoweit hat der Senat entschieden, dass jemand, der durch vorwerfbares Tun einen anderen zu selbst gefährdendem Verhalten herausfordert, diesem anderen dann, wenn dessen Willensentschluss auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruht, aus unerlaubter Handlung zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein kann, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist (vgl. BGHZ 57, 25, 28 ff.; 63, 189, 191 ff.; 70, 374, 376; 101, 215, 219 ff.; 132, 164, 166 ff.). Eine auf solcher Grundlage beruhende deliktische Haftung ist insbesondere in Fällen bejaht worden, in denen sich jemand der (vorläufigen) Festnahme durch Polizeibeamte oder andere dazu befugte Personen durch die Flucht zu entziehen versucht und diese Personen dadurch in vorwerfbarer Weise zu einer sie selbst gefährdenden Verfolgung herausgefordert hat, wobei sie dann infolge der gesteigerten Gefahrenlage einen Schaden erlitten haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 164, 166 f.; vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90 - VersR 1991, 111, 112 m.w.N.).
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Im Unterschied zu diesen Fällen haben die Geschädigten hier keinen Schaden bei einem sie selbst gefährdenden Verhalten erlitten, zu dem sie sich aufgrund einer durch die "Geisterfahrt" des Schädigers bestehenden gesteigerten Gefahrenlage herausgefordert fühlen durften. Der vom Kläger behauptete Rettungsversuch des T. wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls abgebrochen, als die Fahrzeuge in Flammen aufgingen, und hat als solcher zu keinem Gesundheitsschaden des Polizeibeamten geführt.
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cc) Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Polizeibeamten wie zufällige Zeugen des Verkehrsunfalls behandelt hat. Der Senat hat in seinem Urteil vom 12. November 1985 (VI ZR 103/84, aaO) offen gelassen, ob auch völlig fremde, mit den eigentlichen Unfallbeteiligten nicht in einer näheren Beziehung stehende Personen bei besonders schweren Unfällen Schadensersatz für eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung erhalten können. Diese Frage ist aus den oben dargelegten Gründen zu verneinen. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, ob es sich bei den Geschädigten um Polizeibeamte oder andere Personen handelt, die zufällig das Unfallgeschehen miterleben. In beiden Fällen ist eine Schädigung, die aus der bloßen Anwesenheit bei einem schrecklichen Ereignis herrührt, dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 23.06.2005 - 3 O 102/05 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 21.12.2005 - 1 U 107/05 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Über das Ergebnis der Schriftvergleichung hat das Gericht nach freier Überzeugung, geeignetenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, zu entscheiden.

(1) Ein Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergeht, wirkt für und gegen den Erben.

(2) Das Gleiche gilt von einem Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechtsstreits berechtigt ist.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.