Landgericht Dortmund Urteil, 20. Mai 2016 - 3 O 199/15
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 320.000,00 €.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages nach erklärtem Widerruf.
3Zur Finanzierung des Erwerbs seiner eigengenutzten Wohnimmobilie schloss der Kläger mit der Beklagten im Juni 2007 einen Forward-Darlehensvertrag zur Kontonummer ########## über einen Nennbetrag von 100.000,00 € (Anlagenkonvolut K1).
4Der Darlehensantrag enthielt in separater Anlage (S. 6/18 und 7/18) folgende Widerrufsbelehrung:
5An dieser Stelle befindet sich eine Widerrufsbelehrung.
6Dem Vertrag beigefügt war ferner eine fünfseitige Broschüre mit der Überschrift „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“. Auf den S. 4/5 und 5/5 dieser Broschüre ist unter C.2. folgende weitere „Widerrufsbelehrung für den Kunden“ abgedruckt:
7An dieser Stelle befindet sich eine weitere Widerrufsbelehrung.
8Mit Schreiben vom 06.11.2014 (Anlage K3) erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages, den die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2015 (Anlage K4) zurückwies.
9Der Kläger ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
10Ursprünglich – mit der Klageschrift vom 20.04.2015 – hat der Kläger in Bezug auf den Klageantrag zu Ziff. 1. die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer löschungsfähigen Quittung für die nachfolgend näher bezeichneten Grundschulden Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 71.618,72 € beantragt. Nach (Teil-)Erledigungserklärung des Klägers in Höhe des Differenzbetrages (von 12.170,71 €), der die Beklagte nicht zugestimmt hat, beantragt der Kläger nunmehr:
11- 12
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine löschungsfähige Quittung nach den §§ 1192 Abs. 1, 1168 BGB
für die im Grundbuch von D des Amtsgerichts D, Blatt Nr. ####, Abt. III, lfd.-Nr. 6, Flur ##, Flurstücke G1 und G2 eingetragene Grundschuld über 135.492,35 € sowie
14für die im Grundbuch von D des Amtsgerichts D, Blatt Nr. ####, Abt. III, lfd.-Nr. 2, Flur ##, Flurstück G3 eingetragene Grundschuld über 135.492,35 €
15zu erteilen Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 59.448,01 €.
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2. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer ########## durch den Widerruf des Klägers vom 06.11.2014 beendet worden ist.
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3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen wirtschaftlichen Nachteilen, die mittelbar oder unmittelbar aus der Zurückweisung des Widerrufs der Vertragserklärung zu dem Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer ########## resultieren, freizustellen.
- 21
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.610,07 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf des Klägers verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27I.
28Die zulässige Klage ist unbegründet.
291.
30Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Landgericht Dortmund für sämtliche Klageanträge örtlich zuständig.
31Beim hiesigen Gericht besteht der ausschließliche dingliche Gerichtsstand der §§ 24, 25 ZPO. Mit dem Klageantrag zu Ziff. 1. begehrt der Kläger die Erteilung einer löschungsfähigen Quittung für zwei im Grundbuch von D eingetragene Grundschulden. Insoweit handelt es sich um eine Klage im Sinne von § 24 Abs. 1, 3. Alt. ZPO, für die aufgrund der Belegenheit der Grundstücke eine ausschließliche Zuständigkeit in Dortmund begründet ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 28.01.2016 – 32 SA 75/15 – zit. nach juris, Rn. 12 ff.). Für die weiteren Klageanträge (Ziff. 2.: negativer Feststellungsantrag, Ziff. 3.: Freistellung von wirtschaftlichen Nachteilen, Ziff. 4.: Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten) besteht der dingliche Gerichtsstand des Sachzusammenhanges nach § 25 ZPO.
322.
33In der Sache hat die Klage dagegen keinen Erfolg.
34Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung einer löschungsfähigen Quittung für die im Grundbuch von D eingetragenen Grundschulden Zug-um-Zug gegen Zahlung von 59.448,01 € zu. In Höhe des überschießenden Differenzbetrages von 12.170,71 € hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht (teilweise) erledigt, weil die ursprüngliche Klage auch insoweit unbegründet war.
35Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung des Klägers liegt nicht vor.
36Zwar stand dem Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der streitgegenständliche Widerruf aus dem Jahre 2014 entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung längst abgelaufen war.
37Die von der Beklagten in dem Darlehensvertrag auf den S. 6/18 und 7/18 verwendete Widerrufsbelehrung genügt in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010. Die vom Kläger eingewandten Bedenken inhaltlicher Art lassen die Belehrung nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
38a. keine Irreführung des Klägers durch Verwendung von zwei – voneinander abweichenden – Widerrufsbelehrungen
39Grundsätzlich ist ein Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt, wenn ihm zwei Widerrufsbelehrungen erteilt werden, von denen eine inhaltlich unzutreffend ist, weil es wegen des Widerspruchs zwischen beiden Belehrungen insgesamt an einer unmissverständlichen Belehrung fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2004 – II ZR 352/02 – NJW-RR 2005, 180, 181; LG Düsseldorf, Urt. v. 21.08.2015 – 8 O 138/14 – BeckRS 2015, 19504; LG Karlsruhe, Urt. v. 11.04.2014 – 10 O 544/13 – BeckRS 2016, 05031).
40So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Mit Erhalt des Informations- und Merkblatts mit der dort abgedruckten – eindeutig fehlerhaften (vgl. nur BGH, Beschl. v. 10.02.2015 – II ZR 163/14 – BeckRS 2015, 07952, Rn. 14 m.w.N.) und auch von der Belehrung auf den S. 6/18 und 7/18 in mehrfacher Hinsicht abweichenden – „frühestens“-Widerrufsbelehrung wird der Verbraucher nicht in der Weise irritiert, dass er letztlich nicht wissen kann, welche der Belehrungen richtig ist und gelten soll; insofern weicht der Sachverhalt ab von den Fällen, über die der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Hamm in den von den Klägervertretern genannten Entscheidungen (vgl. Urt. v. 24.05.2012 – I-4 U 48/12 – BeckRS 2012, 13246; Urt. v. 26.05.2011 – I-4 U 35/11 – MMR 2011, 586, 587) zu befinden hatte.
41Denn bei dem Informations- und Merkblatt handelt es sich eindeutig nicht um eine zur Vertragserklärung gehörende Belehrung, sondern um eine allgemeine Information (vgl. LG Bonn, Urt. v. 12.11.2015 – 17 O 59/15 – BeckRS 2016, 05455; LG Köln, Urt. v. 05.08.2010 – 15 O 601/09 – zit. nach juris, Rn. 19, bestätigt durch OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2010 – 13 U 176/10 – zit. nach juris).
42b. keine fehlerhafte Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist, über die Folgen des Widerrufs, über verbundene Geschäfte und durch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ (statt „Widerruf“)
43Die Formulierung „Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer (…)“ – es folgen im Einzelnen dort aufgeführte Unterlagen – „erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“ ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Belehrung über die Folgen des Widerrufs. Der Umstand, dass die Belehrung Angaben für verbundene Geschäfte enthält, ist nicht geeignet, den Verbraucher zu verwirren. Dass in der Passage mit der Überschrift „Adressat des Widerrufs“ einmal – offensichtlich versehentlich – das Wort „Widerspruch“ auftaucht, ist ebenfalls unschädlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der vorgenannten Gesichtspunkte auf die von der Kammer geteilten Ausführungen in den nachfolgenden – zu wortgleichen Widerrufsbelehrungen der hiesigen Beklagten ergangenen – Entscheidungen des Landgerichts Bonn (vgl. Urt. v. 12.11.2015 – a.a.O. – Rn. 43 ff.; Urt. v. 09.11.2015 – 17 O 136/15 – zit. nach juris, Rn. 40 ff.; Urt. v. 07.09.2015 – 3 O 336/14 – zit. nach juris, Rn. 59 ff.; Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – zit. nach juris, Rn. 46) Bezug genommen.
44Da der von dem Kläger im Jahre 2014 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
453.
46Die weiteren Klageanträge (Ziff. 2.: negativer Feststellungsantrag, Ziff. 3.: Freistellung von wirtschaftlichen Nachteilen, Ziff. 4.: Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten) sind damit, da sie dem Schicksal des Hauptantrages zu Ziff. 1. folgen, ebenfalls unbegründet.
47II.
48Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
49Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den § 3, 5 ZPO festgesetzt. Für die Bemessung des Streitwerts sind zunächst die Leistungen maßgeblich, die der Kläger gemäß den §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint, nämlich die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, nicht dagegen, da es sich um eine Nebenforderung handelt, der Nutzungsersatz; bei der Schätzung des Wertes des klägerischen Interesses ist ein (Feststellungs-)Abschlag nicht vorzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – XI ZR 366/15 – BeckRS 2016, 04425, Rn. 6 u. 12). Bis zum Widerruf hat der Kläger nach eigenem Vorbringen (S. 4 des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 01.04.2016) 44.479,08 € an Zins- und Tilgungsleistungen erbracht. Hinzuzurechnen waren nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Beschl. v. 04.03.2016 – XI ZR 39/15 – BeckRS 2016, 05324, Rn. 4; vgl. ferner: OLG Koblenz, Beschl. v. 31.03.2016 – 8 W 143/16 – zit. nach juris, Rn. 5; LG Düsseldorf, Urt. v. 08.04.2016 – 8 O 258/15 – zit. nach www.nrwe.de, Rn. 80) die Nennwerte der beiden Grundschulden in Höhe von – jeweils – 135.492,35 €. Dies ergibt einen Gesamtstreitwert von 315.463,78 € (= bis zu 320.000,00 €).
50III.
51Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.
(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.
(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.
(1) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine dingliche Belastung oder die Freiheit von einer solchen geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.
(2) Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend.
In dem dinglichen Gerichtsstand kann mit der Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuldklage, mit der Klage auf Umschreibung oder Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Klage auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mit der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die verbundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet sind.
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht C.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin beansprucht die Erteilung der Löschungsbewilligung durch die Beklagte für eine auf ihrem Grundstück eingetragene Grundschuld Zug-um-Zug gegen Zahlung der Restvaluta sowie vorgerichtliche Kosten.
4Die Klägerin und ihr früherer Ehemann schlossen zwei Darlehensverträge mit der Beklagten. Zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs wurde auf dem zum damaligen Zeitpunkt noch im Miteigentum der Darlehensnehmer stehenden Grundstück eine Grundschuld zugunsten der Beklagten eingetragen. Die Klägerin ist mittlerweile Alleineigentümerin. Nach ihrem Vorbringen haben ihr früherer Ehemann und sie die Darlehensverträge, der der Grundschuldbestellung zugrundelagen, widerrufen.
5Das Landgericht C hat die Parteien auf Zweifel an seiner Zuständigkeit hingewiesen. Die Klägerin hat daraufhin ihre Auffassung vertieft, das Landgericht C sei gem. den §§ 24, 25 ZPO zuständig und hilfsweise Verweisung beantragt. Die Beklagte hat die Auffassung der Klägerin geteilt.
6Das Landgericht C hat nachfolgend zunächst darauf hingewiesen, sich für zuständig zu halten, durch weiteres Schreiben an die Parteien aber wiederum darauf hingewiesen, seine Zuständigkeit verneinen zu wollen. Zur beabsichtigten Verweisung hat es Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16.11.2015 gegeben.
7Mit Schriftsatz vom 13.11.2015, der am 16.11.2015 bei der gemeinsamen Annahmestelle der Justizbehörden C eingegangen ist, hat die Klägerin erklärt, sie nehme ihren hilfsweise gestellten Verweisungsantrag zurück.
8Das Landgericht C hat durch - ausführlich begründeten - Beschluss vom 17.11.2015 seine Zuständigkeit verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht C2 verwiesen. Dieses hat sich durch Beschluss vom 10.12.2015 ebenfalls für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht C zurückverwiesen. Es hat ausgeführt, der Verweisungsbeschluss des Landgerichts C sei willkürlich, weil er den Schriftsatz der Klägerin vom 13.11.2015 nicht berücksichtige und auch übergehe, dass die Beklagte sich ausdrücklich mit der dortigen Zuständigkeit einverstanden erklärt habe.
9Das Landgericht C hat das Verfahren dem OLG Hamm zur Entscheidung über die Zuständigkeit vorgelegt.
10II.
11Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
121.
13Das Landgericht C und das Landgericht C2 haben sich beide rechtskräftig für örtlich unzuständig erklärt.
14Das Landgericht C hat sich durch einen grundsätzlich gem. § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss für unzuständig erklärt. Das Landgericht C2 hat sich durch Beschluss vom 10.12.2015, der den Parteien bekannt gemacht worden ist, ebenfalls für unzuständig erklärt und das Verfahren zurückgegeben. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung den Anforderungen, die an rechtskräftige Unzuständigerklärungen im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.1987 - I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338, 339f., juris; BGH, Beschluss vom 10.09.2002 - X ARZ 217/02, juris Rn. 6; Senat, Beschluss vom 25.07.2013, 32 SA 46/13, juris Rn. 9).
152.
16Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen. Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht über den Landgerichten C und C2 ist der Bundesgerichtshof. Das zuerst mit der Sache befasste Landgericht C gehört zu dem Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.
173.
18Gem. § 24 Abs. 1 3. Alt. ZPO örtlich zuständig ist das Landgericht C.
19Mit der Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der Löschungsbewilligung über die Grundschuld geltend, mit der das in ihrem Eigentum stehende Grundstück belastet ist. Diese Klage stellt eine Klage im Sinne von § 24 Abs. 1 3. Alt. ZPO dar, für die aufgrund der Belegenheit des Grundstücks eine ausschließliche Zuständigkeit in C begründet ist.
20Nach § 24 Abs. 1 3. Alt. ZPO ist für Klagen, durch die Freiheit von einer dinglichen Belastung geltend gemacht wird, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist. Eine Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für eine Grundschuld stellt unabhängig davon, ob der Klagegrund persönlich oder dinglich ist, eine Klage im
21Sinne dieser Vorschrift dar. Wesentlich ist allein, dass der Klageantrag auf Bewilligung der Löschung gerichtet und der Beklagte Inhaber der dinglichen Belastung ist.
22a)
23Die vorliegende Klage unterfällt nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 3. Alt. ZPO der Vorschrift. Mit dem geltend gemachten Anspruch auf Löschung wird die Freiheit von der dinglichen Belastung des Grundstücks durch die Grundschuld geltend gemacht. Eine Einschränkung ist auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht deshalb geboten, weil die Klage auch auf einen schuldrechtlichen Anspruch gestützt ist.
24b)
25Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Hypothek ist die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 3. Alt. ZPO – sofern sie von dem eingetragenen Eigentümer gegen den eingetragenen Grundpfandrechtsinhaber erhoben wird - allein von dem Klageanspruch abhängig (Urteil vom 15.12.1885 - II 287/85, RGZ 15, 386, 387, juris; Urteil vom 18.01.1890, V 242/89, RGZ 25, 384, 385, juris). Maßgeblich sei, dass die Befreiung von einem dem Grundstück anhaftenden, gegenüber jedem Dritten gegenüber bestehenden Recht verlangt werde (RG, a.a.O., Z 15, 386, 387). Dabei sei gleichgültig, ob der Kläger Freiheit von der Hypothek behaupte oder die Befreiung von bestehenden Hypotheken erwirken wolle und ob der Kläger die Freiheit des Grundstücks von der Last behaupte oder die Befreiung von bestehenden Lasten, solange die Klage auf Löschung gerichtet sei (RG, a.a.O., Z 25, 384, 385).
26Das gilt nach der - jedenfalls weit überwiegenden Meinung - auch für die entsprechende Klage auf Löschung einer Grundschuld (vgl. z.B. OLG Naumburg, Urteil vom 31.03.2004, 5 U 4/04, OLGR 1004, 366-367, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.04.2014 - 1 (Z) Sa 13/14, BeckRS 2014, 08192, beck-online; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 14.10.2014 - 11 SV 97/14, BeckRS 2015, 08027 Rn. 6, beck-online; LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.07.2015 - 19 O 95/15, BeckRS 2015, 20244, beck-online; Prütting in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Auflage 2015, § 24 ZPO Rn. 6; Smid/Hartmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Auflage 2015, § 24 ZPO Rn. 36; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 24 ZPO, Rn. 13; Toussaint in: BeckOK ZPO, § 24 ZPO Rn. 11, beck-online; Heinrich in: Musielak/Heinrich, ZPO, 12. Auflage 2015, § 24 ZPO Rn. 11, beck-online).
27c)
28Dem schließt sich der Senat an. Mit der Anknüpfung an den Klageanspruch ist im Übrigen eine einfache und klare Möglichkeit der Bestimmung des Gerichtsstands verbunden. Würde von der ganz herrschenden Meinung abweichend auf den Klagegrund abgestellt, wäre bereits für die Zulässigkeit der Klage auf Löschung zu differenzieren, ob der Anspruch (nur) schuldrechtlich oder (auch) dinglich begründet wird. Das erscheint dem Senat nicht zweckmäßig. Es ist auch nicht ersichtlich, warum eine Klage auf Löschung einer Grundschuld anders als die auf § 1169 BGB gestützte Klage auf Löschung einer Hypothek behandelt werden sollte. Dem Anspruch auf Löschung liegt hier der – über den Gedanken des § 1169 BGB aus dem Sicherungsvertrag hergeleitete - Anspruch zugrunde liegt.
29Zwar hat der Bundesgerichtshof, wie das Landgericht C zutreffend ausführt, die Anwendbarkeit des § 24 ZPO für den schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruch des Grundstückseigentümers gegen die Grundstücksgläubigerin, der die Grundschuld kraft Vertrags zur Sicherung der Forderung übertragen worden war, verneint (Urteil vom 26. 6. 1970 - V ZR 168/67, NJW 1970, 1789, 1790, beck-online). Die Entscheidung stützt sich aber maßgeblich darauf, dass die Klage in dem zu entscheidenden Fall gerade nicht auf Löschung gerichtet war, sondern auf Rückübertragung. Es sei (dann) nicht ausreichend, dass die geforderte Übertragung der Grundschuld von der Grundstücksgläubigerin auf den Eigentümer wirtschaftlich in gewisser Hinsicht der Löschung gleichgestellt werden könne.
30Ob die Rechtsprechung über Klagen, mit denen schuldrechtliche Ansprüche auf Löschung geltend gemacht werden, aufrechtzuerhalten sei, hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung ausdrücklich dahingestellt sein lassen (BGH, a.a.O., NJW 1970, 1789, 1790, beck-online). Das ist jedoch aus den dargelegten Erwägungen zu bejahen.
314.
32Die Zuständigkeit des Landgerichts C2 folgt auch nicht aus dem Verweisungsbeschluss des Landgerichts C.
33a)
34Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist, da ein auf der Grundlage von § 281 ZPO ergangener Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend und im Bestimmungsverfahren zu beachten ist. Nun Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (BGH, Beschluss vom 09.06.2015 - X ARZ 115/15, BeckRS 2015, 11660, beck-online).
35b)
36Der Beschluss des Landgerichts C ist nicht bindend, weil er auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin beruht.
37aa)
38Das rechtliche Gehör der Klägerin ist verletzt, weil das Landgericht C den Schriftsatz vom 13.11.2015 vor der Verweisung nicht zur Kenntnis genommen hat.
39Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht verstößt gegen diesen Grundsatz, wenn es einen ordnungsgemäß eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt; auf ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (st. Rspr., z.B. BVerfG, Beschluss vom 12.12.2012 - 2 BvR 1294/10, BeckRS 2013, 46039, beck-online).
40Danach war das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, weil das Landgericht C den Schriftsatz der Klägerin vom 13.11.2015 nicht zur Kenntnis genommen hat. Der
41Schriftsatz ist in der Posteingangsstelle der Cer Justizbehörden ausweislich des Eingangsstempels am 16.11.2015 und damit binnen der gesetzten Frist zur Stellungnahme zu der Frage der Zuständigkeit des Landgerichts C eingegangen. Er musste daher durch das Landgericht C bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden. Der Schriftsatz ist aber offenbar bis zur Abfassung des Verweisungsbeschlusses nicht zur Akte gelangt und ist erst nach Abgabe an das Landgericht C2 dorthin nachgesandt worden.
42bb)
43Die Entscheidung beruht auch auf der Rechtsverletzung.
44Das Landgericht C hat seinem Verweisungsbeschluss – unzweifelhaft zu Recht - zugrunde gelegt, dass die Verweisung nach § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO einen Antrag der Klägerseite voraussetzt. Einen solchen Antrag hatte die Klägerin zwar zunächst hilfsweise gestellt. Sie hat ihn in dem von dem Landgericht nicht zur Kenntnis genommenen Schriftsatz jedoch zurückgenommen.
45Die Klägerin konnte ihren Verweisungsantrag auch wirksam zurücknehmen. Anträge auf Verweisung sind nicht bindend in dem Sinne, dass die Partei, die sie stellt, sie nicht zurücknehmen könnte (vgl. KG, Beschluss vom 04.09.2008 - 2 AR 37/08, BeckRS 2008, 20559, beck-online).
46Es ist davon auszugehen, dass das Landgericht C die Verweisung nicht ausgesprochen hätte, hätte es von der Antragsrücknahme Kenntnis gehabt.
47Nach alledem war das Landgericht C gem. § 24 Abs. 1 S. 3 ZPO zuständig und ist seine Zuständigkeit auch nicht durch den nicht bindenden Verweisungsbeschluss entfallen.
In dem dinglichen Gerichtsstand kann mit der Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuldklage, mit der Klage auf Umschreibung oder Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Klage auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mit der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die verbundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet sind.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
4Der Kläger nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht des Herrn L (fortan Zedent) in Anspruch. Diesem gewährte die Beklagte mit am 10. August 2005 geschlossenen Vertrag ein grundpfandrechtlich besichertes Darlehen über insgesamt € 252.000. Der Vertrag sah die Aufteilung des Darlehens in zwei Teilbeträge über € 177.000 bzw. € 75.000 zu für zehn Jahre festgeschriebenen Sollzinsen von 3,91 % und 3,8 % vor. Wegen der Einzelheiten des Vertrages einschließlich des Wortlauts der auf Blatt 4 des Vertrages enthaltenen Widerrufsbelehrung wird auf die von dem Kläger als Anlage K1 zu den Akten gereichte Ablichtung des Darlehensvertrages Bezug genommen. Bestandteil der dem Kläger insgesamt zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen vom 10. August 2005 ist außerdem eine „Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzende Vereinbarung“. Dieser ist ebenfalls eine Widerrufsbelehrung beigefügt, wegen deren Wortlauts auf die Anlage K1 Bezug genommen wird.
5Wegen Y-Straße des Zedenten kündigte die Beklagte den Darlehensvertrag. Mit Schreiben vom 29. November 2013 (Anlage K3) widerrief der Zedent seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 (Anlage K4) zurück und rechnete angesichts einer von dem Zedenten am 4. Dezember 2013 geleisteten Zahlung die Darlehensverträge ab, wobei sie Vorfälligkeitsentschädigungen von € 3.290,87 und € 7.468,85 sowie als Kosten für den zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung zweimal einen Betrag von € 74,77 in Ansatz brachte. Unter Berücksichtigung der von dem Zedenten geleisteten Zahlungen verblieb ein noch offener Restbetrag von € 69,85 und weiteren € 33,74. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3. Januar 2014 forderte der Zedent die Beklagte auf, das Darlehen unter Berücksichtigung des Widerrufs neu abzurechnen, was die Beklagte zurückwies.
6Der Kläger ist der Ansicht, der Zedent habe den Darlehensvertrag wirksam widerrufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung der von der Beklagten einbehaltenen Vorfälligkeitsentschädigung nebst den Kosten für den zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung und den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.
7Er beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 10.909,26 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und vorgerichtliche Kosten von € 565,59 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Ansicht, das Widerrufsrecht des Zedenten sei mit Ablauf der zweiwöchigen Frist erloschen.
12Entscheidungsgründe
13I.
14Die Klage ist unbegründet.
151. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und der in Rechnung gestellten Kosten nicht gemäß § 398 BGB in Verbindung mit § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu. Die Beklagte hat diese Positionen nicht ohne rechtlichen Grund vereinnahmt. Ihr stand gegen den Zedenten, nachdem dieser mit seinem Zahlungsverzug die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrages durch die Beklagte verursacht hatte, dem Grunde nach ein auf Ersatz ihres Erfüllungsinteresses gerichteter Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB (vgl. dazu OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Februar 2015 – 9 U 153/14, BKR 2015, 237 [unter B II 2]) zu. Davon gehen die Parteien unausgesprochen übereinstimmend ebenso aus wie von dem Umstand, dass die Beklagte ihren Auflösungsschaden der Höhe nach zutreffend berechnet hat.
162. Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst der Auflösungskosten lässt sich nicht aus § 398 BGB in Verbindung mit §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, 355 Abs. 1, 495 Abs. 1 des gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB im Streitfall weiter anzuwendenden Bürgerlichen Gesetzbuches in der am 10. Juni 2010 geltenden Fassung (fortan BGB a.F.) herleiten. Der Zedent hat seine im August 2005 abgegebene, auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen.
17a) Dem Zedent stand bezüglich des im August 2005 geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. zu.
18b) Dieses Widerrufsrecht konnte von dem Zedenten im Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung vom 29. November 2013 nicht mehr wirksam ausgeübt werden. Es ist aufgrund des Ablaufs der zweiwöchigen Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 und 3 BGB a.F. bereits im August 2005 erloschen. Die dem Zedenten erteilte Widerrufsbelehrung hat die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt. Die Belehrung genügt den gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. an sie zu stellenden Anforderungen.
19aa) Nach den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. ist dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen. Die Belehrung muss ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich machen und hat Namen und Anschrift desjenigen zu enthalten, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts. Entsprechend dem mit dem Widerrufsrecht bezweckten Schutz des Verbrauchers muss die Belehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein und soll ihm nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht verschaffen, sondern ihn auch in die Lage versetzen, dieses tatsächlich auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b]).
20bb) Diesen Vorgaben genügt die dem Zedenten erteilte Belehrung.
21(1) Dies gilt zunächst für die Unterrichtung über den Fristbeginn.
22Zu dieser Frage lautet die von der Beklagten erteilte Belehrung:
23„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
24 ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
25 eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrags
26zur Verfügung gestellt wurden.“
27Aus dieser Belehrung ergibt sich aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen unbefangenen, rechtsunkundigen aber verständigen Kunden (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 224/04 [unter II 3 b]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b bb]; Urteil vom 24. März 2009 – XI ZR 456/07 [unter II 1 a aa]), dass die Widerrufsfrist nicht etwa schon dann beginnt, wenn der Verbraucher einen Vertragsantrag der Bank erhält, sondern erst, nachdem ihm seine eigene Vertragserklärung oder eine Vertragsurkunde vorliegt. Anders als in dem von dem Kläger herangezogenen Fall (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08) wird nicht auf den Erhalt „eines Vertragsantrags“ abgestellt, sondern es wird durch die Verwendung des Possessivpronomens („mein Vertragsantrag“) einem Missverständnis dahingehend vorgebeugt, dass es unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers auf den Erhalt des Angebots der Bank ankommt (so auch OLG Celle, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 3 W 34/14 [unter II 1]).
28(2) Ebenso nicht zu beanstanden ist die Bezeichnung des Gegenstands des Widerrufsrechts.
29Hierzu lautet die von der Beklagten erteilte Belehrung:
30„Ich bin an meine Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der E AG bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.“
31Diese Formulierung klärt den Verbraucher entsprechend der Vorgaben des § 355 BGB a.F. darüber auf, dass Gegenstand des Widerrufsrechtes die von ihm abgegebene (und unterschriebene) Erklärung gerichtet auf Abschluss des Vertrages über die Baufinanzierung ist. Die Frage, ob die Willenserklärung nur insgesamt oder auch teilweise, namentlich beschränkt auf einen der in dem Darlehensvertrag ausgewiesenen Teilbeträge, für die hinsichtlich der Zinssätze und Gesamtlaufzeiten abweichende Konditionen gelten, widerrufen werden kann, beurteilt sich im Grundsatz nach den allgemeinen Regelungen, insbesondere nach § 139 BGB (vgl. Staudinger/Kaiser, § 355 BGB Rn. 27 f.; MünchKomm/Masuch, § 355 BGB Rn. 24). Eine Pflicht des Unternehmers, den Verbraucher hierüber zu belehren, sieht § 355 BGB a.F. nicht vor.
32(3) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass in der Widerrufsbelehrung nicht über die Widerrufsfolgen zu belehren war, zieht der Kläger die dem Zedenten erteilte Belehrung unter diesem Gesichtspunkt bereits nicht in Zweifel. Abgesehen davon enthält die Widerrufsbelehrung diesbezüglich Ausführungen, die den Anforderungen, wie sie für – hier mangels Eingreifen von § 312 Abs. 2 BGB a.F. – gesetzlich nicht vorgeschriebene Zusätze gelten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 55/00 [unter II 3 a]), genügen.
33(4) Die Widerrufsbelehrung ist hinreichend deutlich gestaltet. Sie befindet sich auf einem Blatt, ist von der Schriftgröße her gut lesbar, mit der die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich ziehenden, größer, fett und kursiv gedruckten Überschrift „Widerrufsbelehrung“ versehen, in Absätze untergliedert und durch Zwischenüberschriften unterteilt.
34cc) Die dem Zedenten erteilte Widerrufsbelehrung ist schließlich nicht deshalb zu beanstanden, weil ihm am 10. August 2005 eine weitere Widerrufsbelehrung mit etwas anderem Wortlaut erteilt wurde.
35Allerdings ist ein Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt, wenn ihm zwei Widerrufsbelehrungen erteilt werden, von denen eine inhaltlich unzutreffend ist, weil es wegen des Widerspruchs zwischen beiden Belehrungen insgesamt an einer unmissverständlichen Belehrung fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 – II ZR 352/02 [unter II 4]). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Dem Zedenten sind nicht zu einem Geschäft zwei unterschiedliche Widerrufsbelehrungen erteilt worden (wie in dem Fall, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2004 zugrundelag), sondern ihm ist für zwei Geschäfte – den Abschluss des Darlehensvertrages einerseits und den Abschluss der Vereinbarung über die Sicherheitenbestellung andererseits – jeweils eine Widerrufsbelehrung erteilt worden. Beide Widerrufsbelehrungen beziehen sich jeweils nur auf eine Willenserklärung, nämlich diejenige, die in ihnen ausdrücklich bezeichnet ist und mit der sie – durch Aufnahme in bzw. Verbindung mit der betreffenden Erklärung – zudem körperlich verbunden sind.
36Zwar weichen die beiden Belehrungen inhaltlich voneinander ab. Außerdem mag davon auszugehen sein, dass die dem Zedenten erteilte Widerrufsbelehrung zur Sicherheitenbestellung den – für sie allerdings gar nicht geltenden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – II ZR 233/10 [unter B II 2 b]) – Anforderungen des § 355 BGB a.F. nicht genügt. Denn die Beklagte, die für die Frage des Beginns der Widerrufsfrist die Darlegungs- und Beweislast trifft (§ 355 Abs. 2 S. 4 BGB a.F., nunmehr § 361 Abs. 3 BGB), hat keine Tatsachen vorgetragen aus denen sich ergibt, dass angesichts der maßgeblichen Umstände des konkreten Vertragsschlusses (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Februar 2015 – 17 U 125/14, bei juris Rn. 6) für den Verbraucher kein Missverständnis hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auftreten konnte. All dies ändert aber nichts daran, dass die dem Zedenten zu dem Darlehensvertrag erteilte Belehrung ordnungsgemäß war und die ihm am gleichen Tag erteilte weitere Widerrufsbelehrung nicht geeignet war, die Ordnungsgemäßheit der zu dem Darlehensvertrag erteilten Belehrung in Zweifel zu ziehen. Denn die weitere Widerrufsbelehrung betraf ausdrücklich nur die Sicherheitenbestellung, weshalb sie ein unbefangener Verbraucher nur auf sie und nicht auf den Darlehensvertrag bezieht.
37III.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
39Streitwert: € 10.909,26.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Da beide Parteien ihre Rechtsmittel mit der Kostenfolge des nach § 565 ZPO in der Revisionsinstanz entsprechend anwendbaren § 516 Abs. 3 ZPO zurückgenommen haben, sind die Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verhältnismäßig zu teilen, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog.
- 2
- Maßgeblich für die Verteilung der Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unter den Parteien ist das Verhältnis der Werte ihrer Rechtsmittel. Der Kläger wollte mit seinen Rechtsmitteln den abgewiesenen Zahlungsantrag über 42.500 € (Hauptantrag zu III.) weiterverfolgen. Die Beklagte hat sich gegen das Berufungsurteil gewandt, soweit dem Hauptantrag zu II. und dem Hilfsantrag zu 1 in erster Stufe stattgegeben worden ist.
- 3
- Der wirtschaftliche Wert der berufungsgerichtlichen Feststellung zum Hauptantrag zu II., das Beteiligungsverhältnis zwischen den Parteien sei durch Widerruf des Klägers beendet worden, bemisst sich, da der Widerruf wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zur Beendigung der Beteiligung ex nunc führt, nach dem zu erwartenden Abfindungsguthaben des Klägers. Vor Durchführung der nötigen Berechnungen durch die Beklagte ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe dem Kläger ein Guthaben zusteht. Insbesondere kann dieses nicht ohne weiteres mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung seiner Einlage gleichgesetzt werden. Wegen dieser Unsicherheit bewertet der Senat das Abwehrinteresse der Beklagten mit 1.000 €.
- 4
- In Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Errechnung des Abfindungsguthabens nach dem Hilfsantrag zu 1 ist sie durch den voraussichtlichen Aufwand und die zu erwartenden Kosten beschwert. Angesichts dessen, dass die Beklagte nach § 17 Nr. 4 des atypisch stillen Gesellschaftsvertrags bei der Berechnung einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen muss, erscheint ein Betrag von 1.000 € angemessen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2011 - 323 O 150/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.03.2014 - 11 U 201/12 -
Tenor
1.
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 70% und die Beklagte zu 30%.
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht Ansprüche wegen des Widerrufs seiner auf Abschluss zweier Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen geltend.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten am 22.10/07.11.2007 im sogenannten Antragsverfahren einen Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz von 4,73% p.a. Die Widerrufsbelehrung zu diesem Darlehensvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
4„ Beginn der Widerrufsfrist
5Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
6 ein Exemplar dieser Belehrung
7 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmer, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
8 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312c BGB, § 1 BGB-InfoV)
9erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“
10Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage L 1,Bl. ## ff. d.A.) verwiesen. Der Kläger erhielt zu diesem Darlehensvertrag ein Informations- und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für Verbraucher, welches eine weitere Widerrufsbelehrung enthielt. Diese lautet u.a. wie folgt: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Informations- und Merkblatt (Anlage B 1, Bl. ### ff. d.A.) verwiesen.
11Der Kläger schloss mit der Beklagten im sogenannten Angebotsverfahren am 02.11./05.11.2007 einen weiteren Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) über einen Nominalbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz in Höhe von 4,8% p.a. Auch diese Widerrufsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt:
12„ Beginn der Widerrufsfrist
13Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
14 ein Exemplar dieser Belehrung
15 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmer, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
16 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312c BGB, § 1 BGB-InfoV)
17erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“
18Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage L 2, Bl. ## ff. d.A.) verwiesen.
19Beide Darlehen wurden mit einer Buchgrundschuld abgesichert.
20Am 21./23.02.2001 trafen die Parteien eine Änderung der Tilgungsvereinbarung für das Darlehen über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Änderung der Tilgungsvereinbarung wird auf die Anlage B 2, Bl. ### ff. d.A. Bezug genommen. Am 21./29.11.2012 schlossen die Parteien eine weitere Änderungsvereinbarung für das Darlehen über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Änderung der Tilgungsvereinbarung wird auf die Anlage B 3, Bl. ### ff. d.A. Bezug genommen.
21Mit Schreiben vom 26.11.2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro gerichteten Willenserklärungen (Anlage L 3 und L 4, BL. ## f. d.A.). In der Klageschrift vom 01.04.2015 erklärte der Kläger erneut den Widerruf beider auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
22Der Kläger ist der Auffassung, der von ihm erklärte Widerruf sei wirksam, da er nie ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert worden sei. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine selbständig formulierte Widerrufsbelehrung verwendet habe. Zudem sei die Belehrung über die Widerrufsfolgen falsch, da nur einseitig auf die Pflicht zum Wertersatz und die Pflicht der Beklagten zur Erstattung binnen 30 Tagen hingewiesen werde. Die Bezeichnung „Widerspruch“ sowie die Angaben zu verbundenen Geschäften seien falsch und verwirrend. Der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern unter der Unterschrift des Darlehensnehmers sei ebenfalls verwirrend. Jedenfalls aufgrund der abweichenden Widerrufsbelehrung in dem Informations- und Merkblatt sei der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Der Kläger behauptet zudem, die Information zu Fernabsatzverträgen nur für den Darlehensvertrag vom 22.10./07.11.2007 erhalten zu haben, nicht aber für den Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007.
23Der Kläger beantragt,
241. festzustellen, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge vom 22.10.2007 und 02.11.2007 mit der Hauptdarlehensnummer ########## wirksam widerrufen wurden und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurden,
252. die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 2.217,45 Euro freizustellen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage mangels Feststellungsinteresse unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen entsprächen in allen Punkten den gesetzlichen Vorgaben. Darüber hinaus sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich bzw. verwirkt.
29Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger einen Betrag in Höhe von 2.217,45 Euro an seine Prozessbevollmächtigten gezahlt hat.
30Mit Beschluss vom 17.09.2015 hat das Gericht den Übergang ins schriftliche Verfahren angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 29.10.2015 gesetzt.
31Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2015 (Bl. ### ff. d.A.) Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
34I. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
351. Die Klage ist zulässig.
36Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Der Antrag zielt ausdrücklich auf die Klärung eines zwischen den Parteien geführten Streits über ein Rechtsverhältnis. Mit der Feststellung, dass sich das Darlehensverhältnis durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, begehrt der Kläger Feststellungen zum (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses und nicht nur die Klärung bezüglich einer Vorfrage. Das Feststellungsinteresse des Klägers entfällt auch nicht im Hinblick auf den Vorrang einer Leistungsklage. Auf eine solche Leistungsklage ist der Kläger nicht zu verweisen, denn im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses wird sich bei einer Aufrechnung der wechselseitigen Zahlungsansprüche aufgrund der Höhe der von Klägerseite zu erstattenden Darlehensvaluta im Ergebnis ein negativer Saldo zu Lasten des Klägers ergeben. Auch ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bankinstitut im Falle eines zusprechenden Urteils der tenorierten Feststellung bei der Darlehensabwicklung Rechnung tragen wird.
372. Die Klage ist nur teilweise begründet
38a. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) vom 22.10./07.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
39Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger rechtsmissbräuchlich oder verwirkt ist. Der Widerruf des Klägers vom 26.11.2014 war jedenfalls verfristet.
40Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung) beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutliche Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 118/08; OLG Hamm, Beschl. v. 25.08.2014, 31 U 79/14).
41Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist gemessen daran nicht zu beanstanden.
42Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu §14 Abs. 1 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung unterfällt, da sie von dieser inhaltlich abweicht.
43Indes ist dies nicht relevant. Es bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, die Musterbelehrung zu verwenden. Die Verwendung einer Musterbelehrung ist nur fakultativ. Es genügt vielmehr, dass die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. entspricht, was hier der Fall ist.
44Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung macht die Rechte eines Verbrauchers im Zusammenhang mit dem ihm zustehenden Widerrufsrecht hinreichend deutlich (vgl. § 355 Abs. 2 BGB a.F.).
45Insbesondere entspricht die Formulierung den Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung vom 08.12.2004 – 10.06.2010) sowie § 312c BGB (in der Fassung 2004-2010) i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 BGB-InfoV (in der Fassung 2004 – 2010). Letztlich erfordert § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14; OLG Köln, Hinweis v. 23.03.2015 und Urteil v. 22.04.2015, 13 U 168/14; Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15).
46Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von dem Kläger beanstandete Belehrung über die Folgen eines Widerrufs. Entgegen der Auffassung der Kläger, die Belehrung sei unvollständig und missverständlich, genügt die erteilte Belehrung den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist zutreffend, hinreichend vollständig und aus Verbrauchersicht nicht irreführend (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14). Aus der Widerrufsbelehrung lässt sich eindeutig und unzweifelhaft entnehmen, dass beide Seiten – Darlehensnehmer und Darlehensgeber – zur Rückgewährung der empfangenen Leistungen verpflichtet sind und zudem ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben haben. Dies ist ausreichend, um den Anforderungen der § 355 Abs. 2 BGB sowie § 312c Abs. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 Info-V in der Fassung bis 10.06.2010 zu entsprechen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15; LG Bonn, a.a.O.; LG Bielefeld, Urt. v. 22.08.2014, 1 O 268/13, Rn. 82, zitiert nach juris).
47Soweit der Kläger beanstandet, dass in der Folge missverständlich und fälschlicherweise nur auf die Pflicht des Darlehensnehmer hingewiesen werde, Zahlungen innerhalb von 30 Tages zu erstatten, dringt er mit diesem Einwand gegen die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht durch. Eine besondere Hinweispflicht über die grundsätzlichen Pflichten des Darlehensgebers zur Rückerstattung empfangener Leistungen und ggf. Zahlung von Nutzungsersatz hinaus traf die Beklagte nicht (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15). Aus der gewählten Formulierung ergeben sich Rechte und Pflichten der Parteien hinreichend vollständig und verständlich. Der den Darlehensgeber grundsätzlich ebenfalls treffenden Erstattungspflicht innerhalb von 30 Tagen kommt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vom Vertrag gesehen her keine Bedeutung zu. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152,331), welche die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen regelmäßig übersteigt. Damit verbleibt nach erfolgter Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen (vgl. zur Saldierungsfolge OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981, 2 U 43/81 zu § 325 BGB a.F., BGH, Urt. v. 20.02.2008, VIII ZR 334/06, LG Hagen, Urt. v. 30.10.2014, 9 O 9 O 73/14, Rn. 27, zitiert nach juris), während ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers in der vorliegenden Konstellation mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen praktisch ausgeschlossen ist (vgl. LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 80, zitiert nach juris). Auf solche, vom Vertrag nicht vorgesehene, Konstellationen muss durch den Darlehensgeber nicht hingewiesen werden (LG Dortmund, Urt. v. 05.02.2015, Az. 7 O 274/14, Rdnr. 39 - juris).
48Selbst wenn man vorliegend Gegenteiliges vertreten würde, würde nichts anderes gelten. Denn der angegriffene Teil der Belehrung hatte aus Sicht der Kläger nämlich insofern keine Relevanz, als die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war, bevor durch den Kläger Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden (vgl. dazu LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 83; LG Dortmund, a.a.O., Rn. 35). Ein anderer Ablauf war nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen, da Bereitstellungszinsen erst ab dem 22.01.2008 und Tilgungsleistungen nicht vor den auf die Vollauszahlung folgenden Monat zu erbringen waren.
49Sinn und Zweck des § 312 c Abs. 1 BGB a.F. und des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist es insofern, den Verbraucher nicht nur vor den mit Fernabsatzverträgen einhergehenden Gefahren zu schützen, sondern ihm eine gesicherte Grundlage für die Entscheidung zu geben, ob er das Widerrufsrecht ausüben will oder nicht (KG Berlin, Beschl. v. 09.11.2007, 5 W 276/07). Wenn er jedoch – anderes ist weder ersichtlich noch vertraglich vorgesehen noch vorgetragen worden – bei Ablauf der Widerrufsfrist noch keine Leistung erbracht bzw. zu erbringen hat, die die Darlehensgeberin zurückgewähren müsste, ist es für ihn für die Frage nach der Ausübung des Widerrufsrechts schlicht unerheblich, binnen welcher Frist die Rückgewähr etwaiger Leistungen durch die Darlehensgeberin zu erfolgen hat.
50Es ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht zu beanstanden, dass die Widerrufsbelehrung Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet, obwohl ein verbundenes Geschäft hier unstreitig nicht vorlag. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, ist die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Die Textpassage suggeriert auch nicht, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt. Durch den vorstehenden und mittels Fettdruck besonders hervorgehobenen Hinweis „Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass diese Textpassage lediglich musterhaft eingefügt ist und keinen Bezug zu den konkret vorliegenden Vertragsumständen darstellt. Dass der Darlehensnehmer selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht (OLG Köln Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14 [BeckRS 2015, 08374, Rz. 7]). Unzulässig sind lediglich verwirrende oder ablenkende Zusätze (vgl. BGH, Urteil v. 04.07.2002, I ZR 55/00), die vorliegend jedoch nicht festzustellen sind.
51Schließlich begegnet auch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Angaben des Darlehensvertrages unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden.
52Auch der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern war nicht geeignet, den Kläger von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15).
53Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in dem Informations- und Merkblatt eine fehlerhafte „frühestens“-Belehrung enthalten war (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.12.2009 - VIII ZR 219/08; Urt. v. 01.12. 2010, VIII ZR 82/10; Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11, OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12 - BeckRS 2013, 04235 jeweils m.w.N.). Bei dem Informations- und Merkblatt handelt es sich eindeutig nicht um eine zur Vertragserklärung gehörende Belehrung, sondern um eine allgemeine Information (vgl. LG Köln, Urt. v. 05.08.2010, 15 O 601/09, Rn. 19 - juris).
54b. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung, dass der Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
55Der Darlehensvertrag hat sich aufgrund des vom Kläger wirksam erklärten Widerrufs gem. §§ 346 Abs. 1, 355 Abs. 1, § 495 BGB a. F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Der Widerruf des Klägers war nicht verfristet, da die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hatte. Es kann dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung auch im Angebotsverfahren den gesetzlichen Anforderungen genügte. Die Frist hat jedenfalls nicht zu laufen begonnen, weil der Kläger bestritten hat, das Informations- und Merkblatt, an dessen Erhalt der Beginn der Widerrufsfrist geknüpft ist, zu diesem Darlehensvertrag erhalten zu haben. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis, dass die Widerrufsfrist ordnungsgemäß in Gang gesetzt worden ist, nicht erbracht, da der Kläger lediglich den Erhalt des Informationsblatts zu dem Darlehensvertrag vom 22.10/07.11.2007 bestätigt hat (vgl. Anlage B 2, Bl. ### d.A.).
56Die Ausübung des Widerrufsrechts ist weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt.
57Insbesondere begründen die etwaigen Motive der Klägerseite für den Widerruf keinen Rechtsmissbrauch. Das Gericht folgt insofern nicht der zum Teil in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen abweichenden Ansicht, wonach u.a. die Motivation des Widerrufenden den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung rechtfertigen kann. Nach Auffassung des Gerichts haben die Motive für eine Widerrufserklärung keinen Einfluss auf deren Wirksamkeit (vgl. zur Unbeachtlichkeit der Motivlage: BGH NJW 1986, 1679, 1681; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756 m.w.N.). Vielmehr trägt das Risiko, dass bei unzureichender Belehrung auch auf eine lange Laufzeit angelegte Verträge widerrufen werden können, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung für den Verbraucher nachteilig darstellt, nach der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen der Unternehmer (OLG Oldenburg, Urt. v. 28.05.2009 - 14 U 60/08- Rz. 51 – zitiert nach juris; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756).
58Auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerrufsrechts sind vorliegend nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
59Die Verwirkung eines Rechts tritt ein, wenn es vom Berechtigten über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte und sich auch tatsächlich darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, Urt. v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; Urt. v. 14.06. 2004 - II ZR 395/01). Ob das notwendige Zeitmoment angesichts der Zeitspanne zwischen Abschluss des Darlehensvertrags und der Widerrufserklärung vorliegend zu bejahen ist, kann offen bleiben, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urt. v. 09.10.2013 - XII ZR 59/12). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 09.10.2013 a.a.O.). Hierzu bot das Verhalten der Klägerseite indes keinen Anlass. Nach Ansicht des Gerichts kann ein Umstandsmoment nicht darin gesehen werden, dass die Klägerseite ihre Pflichten aus dem Darlehensvertrag erfüllt und vereinbarungsgemäß die Darlehensraten gezahlt hat. Die Änderung der Tilgungsvereinbarung, die im Rahmen des Umstandsmoments berücksichtigt werden kann, bezieht sich nur auf den Darlehensvertrag vom 22.10./07.11.2007.
60I. Der Klageantrag zu 2) ist unbegründet.
61Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Nur der Widerruf des Darlehensvertrages vom 02.11./05.11.2007 war wirksam. Insoweit fehlt es jedoch an einem kausalen Schaden, da der Widerruf diesbezüglich erst in der Klageschrift erklärt worden ist. Selbst wenn der Kläger bereits mit Schreiben vom 26.11.2014 (Anlage L 3 und L 4) den Widerruf auch für den Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 erklärt haben sollte, fehlt es an einem Verzug der Beklagten, da der Kläger die Beklagte lediglich zur Stellungnahme, nicht aber zur Leistung aufgefordert hat.
62Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte folgt auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB, da es keine allgemeine Vertragspflicht gibt, die richtige Rechtsansicht zu vertreten (OLG Köln, Hinweis v. 19.08.2015, 13 U 19/15).
63Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
64Die Rechtsausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 10.11.2015 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO.
65Der Streitwert wird auf bis zu 80.000,00 Euro festgesetzt.
66Rechtsbehelfsbelehrung:
67Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitsung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Zwischen den Parteien besteht Uneinigkeit über die Wirksamkeit eines am 13.10.2014 durch die Kläger erklärten Widerrufs eines inzwischen abgelösten Darlehensvertrages.
3Die Kläger schlossen am 02.06.2008 mit der Beklagten im Wege des Fernabsatzes einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme von insgesamt 107.000,00 €.
4Dieser Betrag war zunächst in zwei Unterkonten mit jeweils eigenem Nominalzinssatz aufgeteilt, nämlich über 50.000,00 € zu einem nominalen Zinssatz von 5,26 % p.a. (Unterkonto -###) sowie über 57.000,00 € zu einem nominalen Zinssatz von 5,34 % p.a. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Unterkonto über 57.000,00 € in zwei Unterkonten aufgeteilt. Es handelte sich um die Unterkonten -### über 45.000,00 € sowie -### über 5.000,00 €.
5Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, welche in Auszügen wie folgt lautete:
6„[…] Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
7- ein Exemplar dieser Belehrung
8- eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder des Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
9- und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB, § 1 BGB-InfoV)
10erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.
11[…]
12Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail-Adresse [email protected] senden.
13Widerrufsfolgen
14Wird der Widerruf form- und fristgerecht erklärt, ist der Darlehensnehmer an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Die beiderseits empfangenen Leistungen sind in diesem Fall zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. […] Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss der Darlehensnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Widerrufserklärung erfüllen.
15Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.
16Verbundene Geschäfte
17Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Steht dem Darlehensnehmer für das verbundene Geschäft ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages ausgeschlossen. Erklärt der Darlehensnehmer dennoch den Widerruf des Darlehensvertrages gegenüber der E Bank, so gilt das als Widerruf des verbundenen Geschäfts gegenüber dem Unternehmer.
18Bei einem finanzierter Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteresse ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
19[…]“
20Das Darlehen wurde in Höhe von 45.000,00 € und 5.000,00 € am 30.03.2009 sowie in Höhe von 57.000,00 € am 07.04.2009 an die Kläger ausgezahlt.
21Für die weiteren Einzelheiten dieses Darlehensvertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K1, Bl. ##ff.) Bezug genommen.
22Unter dem 02.05.2013 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung über vorzeitige Vertragsaufhebung“, die die Vertragsaufhebung zum 31.05.2013 sowie die Zahlung eines Vorfälligkeitsentgeltes in Höhe von 12.178,81 € vorsah. Die Vereinbarung enthielt zudem folgende Klausel:
23„Mit den vorgenannten Bedingungen erklärt/erklären sich der /die Darlehensnehmer einverstanden. Nach Zahlung der vorgenannten Beträge sind alle gegenseitigen Ansprüche bezüglich der v.g. Darlehensbeträge abgegolten.“
24Am 13.10.2014 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages vom 02.06.2008. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 17.12.2014 zurück.
25Die Kläger sind der Auffassung, ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen zu haben. Die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages vom 02.06.2008 sei fehlerhaft. Sie seien nicht ordnungsgemäß über die Folgen eines Widerrufs belehrt worden. Die Belehrung weise nur auf die Verpflichtung der Kläger zur Erstattung von Zahlungen innerhalb von 30 Tagen hin, nicht jedoch auf die entsprechende Verpflichtung der Beklagten. Darüber hinaus sei es verwirrend, dass es in der Belehrung an einer Stelle heiße, der „Widerspruch“ könne unter Verwendung einer bestimmten E-Mail-Adresse gesendet werden. Schließlich genüge die Widerrufsbelehrung auch nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 BGB a.F., da sie einen nicht einschlägigen und damit für die Kläger als Verbraucher verwirrenden Hinweis zu verbundenen Geschäften enthalte. Auf die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen. Somit stünde ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Vorfälligkeitsentgeltes in Höhe von 12.178,81 € zu. Zudem sei die Beklagte ihnen zur Zahlung von Nutzungsersatz in Höhe von 745,91 € auf das Vorfälligkeitsentgelt und in Höhe von 11.062,18 € auf die geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen verpflichtet.
26Die Kläger beantragen,
271. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 23.986,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen,
282. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.676,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagte ist der Auffassung, der von den Klägern erklärte Widerruf sei unwirksam. Es könne nur ein noch bestehendes Vertragsverhältnis widerrufen werden. Das Darlehensverhältnis sei jedoch aufgehoben worden. Auch stehe dem Widerruf die Erledigungsklausel der Aufhebungsvereinbarung vom 02.05.2013 entgegen. Zudem stelle diese Aufhebungsvereinbarung den Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung dar. Im Übrigen sei die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß, so dass der Widerruf im Übrigen verfristet sei. Mithin bestehe bereits aus diesem Grund kein Anspruch auf Nutzungsersatz. Jedenfalls sei ein etwaiges Widerrufsrecht verwirkt bzw. seine Ausübung rechtsmissbräuchlich.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2015 (Bl. ###) Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34Die zulässige Klage ist unbegründet.
35I. Die Kläger haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung oder auf Zahlung von Nutzungsersatz für die erbrachten Tilgungs- und Zinsleistungen.
361. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB auf Rückzahlung des Vorfälligkeitsentgelts scheidet aus. Die Beklagte hat das Vorfälligkeitsentgelt nicht ohne Rechtsgrund erhalten. Aufgrund der vorzeitigen Vertragsaufhebung stand der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Form der Vorfälligkeitsentschädigung aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB zu.
372. Die Kläger können auch weder gemäß §§ 357, 346 Abs. 1 BGB die Rückgewähr der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen noch ist der Rechtsgrund der Vorfälligkeitsentschädigung entfallen. Der Darlehensvertrag vom 02.06.2008 hat sich nicht durch den Widerruf der Kläger vom 13.10.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Die Kläger haben ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages vom 02.06.2008 gerichteten Willenserklärungen nicht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB (in der Fassung 2004-2010, im Folgenden a.F.) wirksam widerrufen.
38Der von den Klägern am 13.10.2014 erklärte Widerruf ist verfristet. Er ging nicht innerhalb der gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. geltenden Frist von zwei Wochen bei der Beklagten ein. Die Kläger können sich auch nicht auf den unbefristeten Fortbestand des Widerrufsrechts gemäß § 355 Abs. 3 S.3 BGB a.F. berufen, denn das Widerrufsrecht war im Oktober 2014 bereits erloschen. Die Kläger sind ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.
39Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Schutzwirkung der ab 01.04.2008 geltenden Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu §14 BGB InfoV unterfällt, da sie von dieser inhaltlich erheblich abweicht.
40Indes ist dies nicht relevant. Es bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, die Musterbelehrung zu verwenden. Die Verwendung einer Musterbelehrung ist nur fakultativ. Vorrangig ist zu prüfen, ob die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. genügt. Dies ist der Fall.
41Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung macht die Rechte eines Verbrauchers im Zusammenhang mit dem ihm zustehenden Widerrufsrecht hinreichend deutlich (vgl. § 355 Abs. 2 BGB a.F.).
42Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von den Klägern beanstandete Belehrung über die Folgen eines Widerrufs. Entgegen der Auffassung der Kläger, die Belehrung sei unvollständig und missverständlich, genügt die erteilte Belehrung den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist zutreffend, hinreichend vollständig und aus Verbrauchersicht nicht irreführend (vgl. LG Bonn, Urteil v. 13.07.2015, 3 O 209/14). Aus der Widerrufsbelehrung lässt sich eindeutig und unzweifelhaft entnehmen, dass beide Seiten – Darlehensnehmer und Darlehensgeber – zur Rückgewährung der empfangenen Leistungen verpflichtet sind und zudem ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben haben. Dies ist ausreichend, um den Anforderungen der § 355 Abs. 2 BGB sowie § 312c Abs. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 Info-V in der Fassung bis 10.06.2010 zu entsprechen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15, Ziff. 4; LG Bonn, a.a.O.; LG Bielefeld, Urt. v. 22.08.2014, 1 O 268/13, Rn. 82, zitiert nach juris).
43Soweit die Kläger beanstanden, dass in der Folge missverständlich und fälschlicherweise nur auf die Pflicht des Darlehensnehmer hingewiesen werde, Zahlungen innerhalb von 30 Tages zu erstatten, dringen sie mit diesem Einwand gegen die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht durch. Eine besondere Hinweispflicht über die grundsätzlichen Pflichten des Darlehensgebers zur Rückerstattung empfangener Leistungen und ggf. Zahlung von Nutzungsersatz hinaus traf die Beklagte nicht (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15, Ziff. 4). Aus der gewählten Formulierung ergeben sich Rechte und Pflichten der Parteien hinreichend vollständig und verständlich. Der den Darlehensgeber grundsätzlich ebenfalls treffenden Erstattungspflicht innerhalb von 30 Tagen kommt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vom Vertrag gesehen her keine Bedeutung zu. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152,331), welche die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen regelmäßig übersteigt. Damit verbleibt nach erfolgter Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen (vgl. zur Saldierungsfolge OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981, 2 U 43/81 zu § 325 BGB a.F., BGH, Urt. v. 20.02.2008, VIII ZR 334/06, LG Hagen, Urt. v. 30.10.2014, 9 O 9 O 73/14, Rn. 27, zitiert nach juris), während ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers in der vorliegenden Konstellation mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen praktisch ausgeschlossen ist (vgl. LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 80, zitiert nach juris). Auf solche, vom Vertrag nicht vorgesehene, Konstellationen muss durch den Darlehensgeber nicht hingewiesen werden (LG Dortmund, Urteil vom 05.02.2015, Az. 7 O 274/14, Rdnr. 39, zitiert nach juris).
44Selbst wenn man vorliegend Gegenteiliges vertreten würde, würde nichts anderes gelten. Denn der angegriffene Teil der Belehrung hatte aus Sicht der Kläger nämlich insofern keine Relevanz, dass die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war, bevor durch die Kläger Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden (vgl. dazu LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 83; LG Dortmund, a.a.O., Rn. 35). Ein anderer Ablauf war nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen, da Bereitstellungszinsen erst ab 02.09.2008 bzw. 31.03.2009 und Tilgungsleistungen nicht vor dem auf die Vollauszahlung folgenden Monat zu erbringen waren.
45Sinn und Zweck des § 312 c Abs. 1 BGB a.F. und des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist es insofern, den Verbraucher nicht nur vor den mit Fernabsatzverträgen einhergehenden Gefahren zu schützen, sondern ihm eine gesicherte Grundlage für die Entscheidung zu geben, ob er das Widerrufsrecht ausüben will oder nicht (KG Berlin, Beschl. v. 09.11.2007, 5 W 276/07). Wenn er jedoch – anderes ist weder ersichtlich noch vertraglich vorgesehen noch vorgetragen worden – bei Ablauf der Widerrufsfrist noch keine Leistung erbracht bzw. zu erbringen hat, die die Darlehensgeberin zurückgewähren müsste, ist es für ihn für die Frage nach der Ausübung des Widerrufsrechts schlicht unerheblich, binnen welcher Frist die Rückgewähr etwaiger Leistungen durch die Darlehensgeberin zu erfolgen hat.
46Es ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht zu beanstanden, dass die Widerrufsbelehrung Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet, obwohl ein verbundenes Geschäft hier unstreitig nicht vorlag. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, ist die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Die Textpassage suggeriert auch nicht, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt. Durch den vorstehenden und mittels Fettdruck besonders hervorgehobenen Hinweis „Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass diese Textpassage lediglich musterhaft eingefügt ist und keinen Bezug zu den konkret vorliegenden Vertragsumständen darstellt. Dass der Darlehensnehmer selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht (OLG Köln Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14 [BeckRS 2015, 08374, Rz. 7]). Unzulässig sind lediglich verwirrende oder ablenkende Zusätze (vgl. BGH, Urteil v. 04.07.2002, I ZR 55/00), die vorliegend jedoch nicht festzustellen sind.
47Schließlich begegnet auch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Angaben des Darlehensvertrages unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden.
483.) Bereits mangels der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis steht den Klägern auch kein Anspruch auf Nutzungsersatz zu und zwar weder im Hinblick auf das geleistete Vorfälligkeitsentgelt noch für gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen.
494.) Da der Widerruf der Kläger vom 13.10.2014 verfristet war, bedarf es im vorliegenden Fall keiner Entscheidung darüber, ob die von der Beklagten erhobenen Einwände der Verwirkung bzw. des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens durchgreifen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Vereinbarung über die vorzeitige Vertragsaufhebung einem Widerruf oder der Rückforderung des Vorfälligkeitsentgelts entgegen steht.
50II. Ein Anspruch der Kläger auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kommt bereits mangels eines Hauptanspruchs nicht in Betracht.
51III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
52Streitwert: 23.986,90 €
53Rechtsbehelfsbelehrung:
54Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt nach erklärtem Widerruf eines Verbraucherdarlehens die Erstattung vermeintlich zu viel erbrachter Zahlungen sowie die Zahlung von Nutzungsersatz durch die Beklagte.
3Im Dezember 2004 schlossen die Parteien ein Wohnungsbaudarlehen über einen Nennbetrag i.H.v. 150.000,00 EUR, wobei eine Festzinsperiode bis zum 23.09.2018 und ein anfänglicher effektiver Jahreszins von 5,07% vereinbart wurden. Das Darlehen wurde durch eine Grundschuld am Beleihungsobjekt M Weg ## in Q besichert.
4Der Vertrag kam zustande, indem der Kläger das ihm per E-Mail übersandte mit „Darlehensantrag“ überschriebene Vertragsformular unter den 21.07.2008 unterschrieben auf dem Postwege an die Beklagte übersandte. Diese bestätigte mit Schreiben vom 23.07.2008, dass sie den verbindlichen Antrag annehme und bestätigte ebenfalls auf dem Postweg, dass der Darlehensvertrag rechtsgültig zustande gekommen sei.
5In der dem Vertrag beigefügten Widerrufsbelehrung heißt es u.a.
6„WIDERRUFSBELEHRUNG
7Widerrufsrecht
8Der Darlehensnehmer kann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen.
9Form des Widerrufs
10[…]
11Beginn der Widerrufsfrist
12Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
13 ein Exemplar dieser Belehrung
14 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift - mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
15 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB, § 1 BGB InfoV)
16erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.
17Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
18Adressat des Widerrufs
19Der Widerruf ist zu richten an
20E2 Bank– ein Geschäftsbereich der E AG, C
21Frau S
22E3 B
23Postfach #### ##### C
24oder Telefax: ####/########
25Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse Widerruf@E2bank.de senden.
26Widerrufsfolgen
27[…]
28Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.
29Verbundene Geschäfte
30Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.
31[…]
32Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E2 Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E2 Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
33[…]“
34Für die Einzelheiten wird auf den Vertrag und die Belehrung verwiesen (Anl. K1, Bl. ## ff. d. A.). Darüber hinaus erhielt und unterzeichnete der Kläger das beigefügte Formblatt „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“, in dem u.a. über den Ablauf des Angebots- und Antragsverfahren, das Widerrufsrecht und den Adressat des Widerrufs hingewiesen wurde (Bl. ## ff. d. A.).
35Mit Kaufvertrag vom 23.05.2013 verkaufte der Kläger die finanzierungsgegenständliche Immobilie zu einem Preis von 265.000,00 EUR. Mit Schreiben vom 21.06.2013 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag unter Verweis auf die angesichts der fehlenden ladungsfähigen Anschrift vermeintlich falsche Widerrufsbelehrung und forderte die Beklagte dazu auf, den Widerruf unverzüglich zu bestätigen.
36Mit Schreiben vom 24.06.2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Angebot auf vorzeitige Darlehensrückzahlung, wozu sie die „Vereinbarung über vorzeitige Vertragsaufhebung“ übersandte, die eine Zahlung durch den Kläger in Höhe von 160.280,58 EUR, davon 18.055,33 EUR Vorfälligkeitsentschädigung vorsah. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an sondern forderte die Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 18.07.2013 erneut dazu auf, den Ablösebetrag bis zum 02.08.2013 mitzuteilen und den Widerruf zu beachten.
37Mit Schreiben vom 14.08.2013 erinnerte der Klägervertreter die Beklagte nochmals unter Fristsetzung bis zum 21.08.2013 an die Beantwortung des Schreibens vom 18.07.2013. Unter dem 12.09.2013 erklärte der Kläger die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrages und forderte die Beklagte dazu auf, bis um 19.09.2013 einen erfüllbaren Treuhandauftrag zu erteilen sowie den Ablösebetrag mitzuteilen.
38Nach einigen Verhandlungen und um die Abwicklung des Kaufvertrages nicht zu gefährden, kamen die Parteien überein, dass der Kläger unabhängig von dem Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung den Ablösebetrag unter Vorbehalt auf ein Treuhandkonto zahlt, und die Beklagte im Gegenzug eine Löschungsbewilligung erteilt. Daraufhin leistete der Kläger – gemäß dem Schreiben vom 27.09.2013 unter Vorbehalt – am 02.10.2013 einen Betrag von 161.251,18 EUR, der eine Vorfälligkeitsentschädigung von 18.016,57 EUR umfasste (Anl. K13, Bl. ##).
39Mit Schreiben vom 14.02.2014 forderte der Kläger die Beklagte über seinen Prozessbevollmächtigten dazu auf, bis zum 28.02.2014 einen Forderungsbetrag von 64.442,52 EUR abzgl. einer marktgerechten Verzinsung zu erstatten und die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 3.380,79 EUR bis zum 27.02.2014 zu begleichen.
40Der Kläger begehrt mit der Klage nunmehr die Erstattung vermeintlich zu viel geleisteter Beträge, die er wie folgt beziffert:
411. ab 30.09.2008 geleistete Zahlungen |
44.616,33 EUR |
2. am 02.10.2013 gezahlter Betrag |
161.251,18 EUR |
3. Nutzungsersatz auf 44.616,33 EUR |
5.555,35 EUR |
211.422,86 EUR |
|
abzgl. der Ansprüche der Beklagten: |
|
4. Nettokreditbetrag |
150.000,00 EUR |
5. Vertragszins auf Nettokreditbetrag |
35.610,08 EUR |
185.610,08 EUR |
, insgesamt mit 25.812,77 EUR.
43Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die von der Beklagten gezogenen Nutzungen unter dem gesetzlichen Verzugszins liegen.
44Er ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrung verstoße im Hinblick auf den Fristbeginn nicht nur gegen das Deutlichkeitsgebot – so sei unklar, dass die genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssten –, sondern enthalte auch unklare und verwirrende Rechtsbegriffe (wie „Vertragsschuss“, „Rechtsgeschäft“, „Darlehensvertrag“) sowie überflüssige Zusätze (etwa betreffend verbundene Geschäfte oder konkrete Widerrufsfolgen), bei denen dem Darlehensnehmer in unzulässiger Weise das Subsumtionsrisiko auferlegt werden. Die Widerrufsbelehrung entspreche weder den gesetzlichen Vorgaben noch dem gesetzlichen Muster. Insbesondere fehle die nach § 14 Abs. 4 BGB Info-VO a.F. erforderliche ladungsfähige Anschrift der Beklagten. Durch die Konkretisierung in der BGB-InfoVO werde der Begriff der „Anschrift“ in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. dahingehend konkretisiert, dass eine Hausanschrift bzw. der Geschäftssitz benannt werden müsse. Da gemäß Art. 245 EGBGB eine wirksame Ermächtigungsgrundalge zum Erlass der Verordnung bestanden habe, sei das Gericht an die Vorgabe der BGB-Info-VO a.F. auch nach Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
45Eine Verwirkung sei nicht anzunehmen, weil in der bloßen Vertragserfüllung kein Verzicht zu sehen sei. Auch auf Rechtsmissbrauch könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie u.a. mangels Erteilung einer Nachbelehrung nicht schutzwürdig sei. Die Beklagte schulde überdies Nutzungsersatz für die klägerseitig ab dem 30.09.2008 erbrachten Leistungen in Höhe von 44.616,33 EUR.
46Der Kläger beantragt,
471. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.812,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.10.2014 zu zahlen.
482. Den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.897,25 EUR freizustellen.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Sie bestreitet, Nutzungen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen zu haben; das Darlehen sei refinanziert worden sei. Darüber hinaus bestreitet sie die Richtigkeit der klägerseitigen Berechnung in den Anlagen K18 und K19.
52Die Beklagte ist der Ansicht, der Widerruf sei verfristet. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß, da sie trotz einiger redaktioneller aber nicht inhaltlicher Änderungen Veränderungen der Musterbelehrung sowie den gesetzlichen Vorgaben des § 355 BGB a.F. entspreche. Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. sei die Benennung von Name und Anschrift ausreichend, eine Hausanschrift sei hingegen nicht geschuldet. Unter einer Anschrift iSd § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. sei nach der Rechtsprechung des BGB auch eine Postfachanschrift zu verstehen; Sinn und Zweck des § 355 BGB geböten keine Mitteilung einer Hausanschrift. Dies gelte nach §§ 312 b Abs. 1, 312 c Abs. 2, 312 d s BGB a.F. i.V.m. Art. 240, 245 EGBGB, § 1 Abs. 4 S. 1 N. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. erst recht im Falle des Vorliegens eines Fernabsatzgeschäfts. So sei der Verbraucher durch die Mitteilung der Postfachadresse in die Lage versetzt, das Widerrufsrecht wirksam auszuüben. Die Angabe der Postfachanschrift hindere den Verbraucher nicht an der Ausübung des Widerrufsrechts.
53Ein etwaiger Anspruch sei angesichts des Abschlusses des Darlehensvertrages sechs Jahre vor Widerrufserklärung und der allmonatlichen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag verwirkt. Ein Nutzungsersatzanspruch könne sich allenfalls auf die Differenz zwischen Vertragszins und Refinanzierungszins beziehen; eine gesetzliche Vermutung greife bei Realkrediten nicht ein.
54Das Landgericht Hannover hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29.08.2014 ans Landgericht Bonn verwiesen.
55Für die Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2015 verwiesen (Bl. ### f. d. A.).
56Entscheidungsgründe
57I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
581. Der Kläger hat infolge des mit Schreiben vom 21.06.2013 ausgeübten Widerrufs gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Betrages von 25.812,77 EUR.
59a. Dem Kläger stand im Hinblick auf den Darlehensvertrag kein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 02.12.2004 (im Folgenden: BGB a.F.) zu. Die Widerrufsfrist war bis zur Erklärung mit Schreiben vom 21.06.2013 bereits abgelaufen. Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist.
60Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az. XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709; OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014, Az. 31 U 79/14, juris). Gemessen an diesem Maßstab war die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß. Sie entspricht nach der Rechtsprechung der Kammer betreffend eine im Wortlaut identische Widerrufsbelehrung (vgl. u.a. das Urteil in der Sache 3 O 278/13, welches mittlerweile vom OLG Köln, Az. 13 U 168/14, bestätigt worden ist) den gesetzlichen Anforderungen der § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. sowie § 312c BGB a.F. ("nicht jedoch vor Vertragsschluss") i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 InfoV a.F.. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn – wie vorliegend – der Darlehensvertrag im Antragsverfahren geschlossen worden ist.
61Sie genügt insbesondere den Anforderungen des in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. geregelten Deutlichkeitsgebots. Dass die nach dem Spiegelstrich genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, wird durch das im Fettdruck hervorgehobene Wort „und“ hinter dem dritten Spiegelstrich hinreichend klar verdeutlicht. § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB a.F. erfordern im Hinblick auf den Fristlauf überdies keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997, Az. VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist. Aus Sicht eines durchschnittlichen Darlehensnehmers war damit ohne weiteres zu erkennen, dass die Frist („nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“, wobei dieser in Ziffer C. 1. des Information und Merkblatt konkretisiert ist) mit Erhalt der „Annahmeerklärung der Bank“ zu laufen begann (vgl. LG Bonn, a.a.O; OLG Köln, a.a.O.).
62Auch die Verwendung von Rechtsbegriffen wird klägerseitig zu Unrecht beanstandet. So sieht es das Gesetz gerade nicht vor, dass Rechtsbegrifflichkeiten für den Verbraucher definiert werden müssen. Dementsprechend kann dem Unternehmer, der die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben und dem gesetzlichen Wortlaut entsprechend vornimmt (vgl. etwa § 312 d Ab. 2 BGB „nicht vor dem Vertragsschluss“), nicht auferlegt werden, die im Gesetz – und im Übrigen auch in der Musterwiderrufsbelehrung – auftauchenden Rechtstermina zu definieren oder umzuformulieren. Das Risiko eines Subsumtionsirrtums hat insofern vielmehr derjenige zu tragen, der im Wege des Fernabsatzes Vertragserklärungen abgibt, ohne sich deren Bedeutung im Klaren zu sein bzw. vorher entsprechend rückvergewissert zu haben. Hinzu kommt vorliegend, dass in Ziffer C.1 des Information und Merkblatt, welche der Kläger eigenhändig unterzeichnet hat, das Antragsverfahren erläutert und den Zeitpunkt des Vertragsschlusses näher darlegt.
63Darüber hinaus begegnet auch der Hinweis zu „verbundenen Geschäften“ keinen Bedenken, da aufgrund der ausführlichen Erläuterung dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegt, die Belehrung für den Durchschnittsverbraucher durch den Fettdruck hinreichend deutlich und transparent erkennen lässt, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht (LG Bonn, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.)
64Schließlich stellt der Hinweis betreffend die Rechtsfolgen zu der Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers, wenn dieser die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren kann, keinen, die Ausübung des Widerrufsrechts beeinträchtigenden überflüssigen Zusatz dar. Dies gilt unabhängig davon, dass bei Geldschulden unter Zugrundelegung einer rein rechtlichen Betrachtung keine Unmöglichkeit eintreten kann. Die Belehrung bezieht sich insofern – für einen Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres erkennbar – auf die eintretende Folge, wenn das Darlehen ganz oder teilweise nicht weiter getilgt werden kann, mithin ein individuelles wirtschaftliches Unvermögen des Darlehensnehmers eintritt.
65b. Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht etwa unwirksam, weil der Adressat des Widerrufs nicht hinreichend deutlich bezeichnet worden wäre.
66Der Hinweis
67„Adressat des Widerrufs
68Der Widerruf ist zu richten an
69E2 Bank – ein Geschäftsbereich der E AG, C
70Frau S
71E3 B
72Postfach #### ##### C
73oder Telefax: ####/########
74Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse
75[email protected] senden“
76genügt den gesetzlichen Anforderungen.
77Gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist, die auch „Namen und Anschrift“ desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, enthält. Demgegenüber bedarf es gemäß § 14 Abs. 4 BGB-InfoV a. F. (Form der Widerrufs- und Rückgabebelehrung, Verwendung eines Musters) in dem Fall, in dem der Unternehmer den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 oder 3 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt, der Angabe der „ladungsfähigen(n) Anschrift“ des Unternehmers.
78Wiederum abweichend davon schreibt § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. zu den besonderen „Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen“ fest, dass gemäß § 312c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs insbesondere über „Namen und Anschrift“ desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, informiert werden muss. Soweit die Mitteilung durch Übermittlung der Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt, sind u.a. die Informationen nach Absatz 1 Nr. 10 in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form mitzuteilen, vgl. § 1 Abs. 4 S. 3 BGB-InfoV a.F. Die in § 1 BGB-InfoVO a.F. aufgeführten Informationen sind dem Verbraucher in Textform mitzuteilen, wobei die Erfüllung der Informationspflicht eine Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist.
79Die Angabe einer Postfachanschrift in der Widerrufsbelehrung ist ungeachtet von § 14 Abs. 4 BGB-InfoVO a.F., der die Angabe einer "ladungsfähigen" Anschrift verlangt, vorliegend ausreichend gewesen. Denn die Angabe eines Postfachs ist jedenfalls im Falle eines Fernabsatzvertrages gemäß § 312 b Abs. 1, § 312 c Abs. 2, § 312 d Abs. 2 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 240, 245 EGBGB, § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. als Widerrufsadresse nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11, Rn. 11, juris).
80§ 1 BGB-InfoV ist als spezialgesetzliche Ausprägung der Informationspflichten im Falle der Ausübung des Widerrufs anzusehen, wenn – wie vorliegend – ein Fernabsatzgeschäft vorliegt.
81Unter Zugrundelegung einer am Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ausgerichteten teleologischen Auslegung ist der – in der BGB-InfoV nicht legal definierte – Begriff der "ladungsfähigen Anschrift“ nach Sinn und Zweck derjenigen Vorschrift zu definieren, in der er verwendet wird (vgl. LG Kassel, Urteil vom 10.11.2006, WM 2007, 499 ff.). Unter dem Begriff "Anschrift" i.S. des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ist nicht die Hausanschrift, sondern die Postanschrift und dementsprechend auch die Postfachanschrift zu verstehen (vgl. BGH NJW 2002, 2391 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 21.07.2005, Az. 2 U 44/05, Rn. 31, juris). Da im Fall des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB ausschließlich verbraucherschutzrechtliche Zwecke verfolgt wurden und sich daran durch den Erlass der BGB-InfoVO nichts geändert hat, gibt es ausgehend von den vorstehenden Erwägungen keinen Grund dafür, an die Widerrufsbelehrung andere Anforderungen zu stellen als bisher (vgl. LG Essen, Urteil vom 03.02.2011, 10 S 313/10, Rn. 20, juris).
82Die Widerrufsbelehrung verfolgt den Zweck, dass der Verbraucher, insbesondere wenn der am Verbrauchervertrag beteiligte Unternehmer einen Dritten als Empfangsvertreter oder Empfangsboten benannt hat, keinem Zweifel unterliegt, an wen er den Widerruf zu richten hat. Diesen Anforderungen genügt die Angabe der Postfachanschrift des Widerrufsadressaten. Der Verbraucher wird dadurch in gleicher Weise wie durch die Mitteilung der Hausanschrift des Widerrufsadressaten in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen (BGH, Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11, juris). Die Angabe der Postfachanschrift ist eindeutig, unmissverständlich und auch ansonsten nicht geeignet, den Verbraucher an der Ausübung seines Widerrufsrechts zu hindern. Dies gilt erst recht, wenn – wie vorliegend – die Postfachadresse ergänzt wird durch weitere erläuternde Angaben wie einen konkreten Namen oder Ansprechpartner.
83Diese Betrachtung lässt auch Schutzwürdigkeitsaspekte des Verbrauchers nicht außer Acht. So soll der Verbraucher durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses effektiv auszuüben. Die Belehrung hat ihn darüber zu informieren, dass und wie er seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung widerrufen kann. Dazu gehört auch die Angabe der Anschrift des Widerrufsadressaten, damit der Verbraucher Gewissheit hat, dass ein Widerruf den Adressaten auch tatsächlich erreicht, und zwar unabhängig davon, dass für die Wirksamkeit des Widerrufs – was der Widerrufsbelehrung ebenfalls unmissverständlich zu entnehmen ist – grundsätzlich dessen rechtzeitige Absendung ausreicht (§ 355 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB a.F.). Auf jeden Fall darf der Verbraucher in der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht unangemessen beschränkt werden. Dieses Risiko ist jedoch durch die Angabe einer Postfachanschrift nicht gegeben (zur näheren Begründung vgl. BGH NJW 2002 239 ff.; LG Kassel WM 2007, 499 ff., LG Essen, a.a.O.).
84Der Umstand, dass der Verbraucher seine Widerrufserklärung regelmäßig nicht selbst in den Hausbriefkasten des Widerrufsempfängers einwerfen kann, steht dem mit der Einräumung des Widerrufsrechts bezweckten Verbraucherschutz nicht entgegen (BGH, Urteil vom 11.02.2002, Az. I ZR 306/99), zumal für den Verbraucher (auch) bei Angabe einer Postfachanschrift als Widerrufsadresse die Möglichkeit besteht, seine Widerrufserklärung durch Einwurfeinschreiben an den Unternehmer zu übersenden.
85Dieses Verständnis ist insbesondere im Zusammenhang mit Fernabsatzgeschäften sachlich gerechtfertigt, in denen der Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgt, auf den persönlichen Kontakt seitens des Verbrauchers also bewusst verzichtet wird. In der hier vorliegenden Antragskonstellation gilt dies umso mehr, als der Vertragsschluss bereits für sich genommen die Kenntnis der Adresse des Unternehmers voraussetzt, da ohne erfolgreiche Übermittlung des vom Verbraucher vorunterschriebenen Vertragsantrages an den Unternehmer gar kein Vertrag zustande kommt. Durch das Schreiben, in dem die Beklagte dem Kläger das Zustandekommen des Vertrages bestätigt und welches ebenfalls die ladungsfähige Anschrift der Beklagten enthält (vgl. Bl. ## d. A.), wird dem Verbraucher unmissverständlich verdeutlicht, dass sein Antrag den Vertragspartner erreicht hat. Es ist ihm daher nicht nur ohne Weiteres möglich, klar zu erkennen, an wen er seinen Widerruf richten muss. Er hat vielmehr sogar die Gewissheit, dass der Widerruf den Adressaten auch erreichen wird.
86Damit kann offen bleiben, ob § 14 Abs. 4 BGB-InfoVO mangels wirksamer Ermächtigungsgrundlage überhaupt Anwendung findet.
87c. Folglich schuldet die Beklagte weder die Rückzahlung der ihr nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB gebührenden Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 18.016,57 EUR noch eine – ohnehin bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähige (vgl. LG Bonn, Az. 3 O 206/14) – Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.555,35 EUR (insg. 23.571,92 EUR). Soweit die Klageforderung sich darüber hinaus auf einen Betrag von weiteren 2.240,85 EUR erstreckt, so steht dieser Betrag dem Kläger infolge des Widerrufs nicht zu. Die Zusammensetzung des auf den ausgeübten Widerruf und die dadurch ausgelösten Rechtsfolgen gestützten Betrages ist unter Berücksichtigung der klägerseitig zu den Akten gereichten Unterlagen nicht schlüssig dargetan. Inwieweit der Kläger durch die vorgenommene Zahlung eine Leistung erbracht haben sollte, die die Beklagte nicht vereinnahmen konnte, ist nicht ersichtlich. Die Richtigkeit der Abrechnung wird klägerseitig – ausgenommen von der Rechtsfrage nach der Berechtigung zur Vereinnahmung einer Vorfälligkeitsentschädigung trotz des erklärten Widerrufs – nicht substantiiert bestritten. Auch ergibt sich aus der Darlehensabrechnung vom 17.02.2014 (Anl. K13, Bl. ##), dass die Beklagte an den Kläger einen Betrag von 981,70 EUR zurückgezahlt hat, welcher in der Berechnung des Klageantrages soweit ersichtlich nicht in Ansatz gebracht wurde; dass und inwieweit darüber hinaus eine Zuvielzahlung erfolgt ein sollte, vermag das Gericht nicht zu erkennen.
88d. Auf die Frage, ob der Kläger sein Widerrufsrecht darüber hinaus verwirkt hat bzw. die Beklagte sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs berufen kann, kommt es vorliegend mithin ebenso wenig an wie auf die Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe im Falle der Rückabwicklung eines Darlehens infolge eines wirksamen Widerrufs Nutzungsersatz geschuldet ist (vgl. dazu 3 O 206/14).
892. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
90II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
91Streitwert: 25.812,77 EUR
92Rechtsbehelfsbelehrung:
93Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
941. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
952. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
96Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
97Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
98Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
99Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung einer Bank zur Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.
3Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann, Herr H, nahmen bei der Beklagten im Jahre 2009 ein Wohnungsbaudarlehen über 100.000,00 € auf. Dieses wurde über einen Herrn L vermittelt, der nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag Mitarbeiter des selbständigen Finanzberatungsunternehmens O GMBH war und die Vermittlung über die D GmbH, eine Handelsvertreterin und Vertriebspartnerin der Beklagten, vorgenommen hatte. Die Korrespondenz über die D GmbH erfolgte ausschließlich auf schriftlichem Wege. Einen persönlichen Kontakt zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann einerseits und der Beklagten andererseits gab es nicht.
4Die Klägerin und ihr Ehemann unterzeichneten unter dem 11.08.2009 einen von der Beklagten vorgefertigten schriftlichen Darlehensantrag, auf dessen Wortlaut Bezug genommen wird (Anlage B2, Bl. ## ff. d.A.). Der Darlehensantrag enthält eine Widerrufsbelehrung mit folgendem Wortlaut:
5Widerrufsrecht
6Widerrufsrecht
7Der Darlehensnehmer kann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen.
8Form des Widerrufs
9(…)
10Beginn der Widerrufsfrist
11Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
12 ein Exemplar dieser Belehrung
13 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift - mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
14 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB, § 1 BGB InfoV)
15erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.
16Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
17Adressat des Widerrufs
18(…)
19Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse Widerruf@#######.de senden.
20Widerrufsfolgen
21(…)
22Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.
23Verbundene Geschäfte
24Widerruf der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…)
25Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt (…).
26Ziffer 27 der Finanzierungsbedingungen, die Anlage zu dem Darlehensvertragsangebot waren (Anlage B1, Bl. ## ff. d.A.), enthält die Aussage, dass Personen, die den Darlehensvertrag vermitteln oder bei der Vertragsabwicklung tätig werden, weder Vertreter noch Erfüllungsgehilfen der Bank seien und eine Haftung der Bank für diese Personen ausgeschlossen sei.
27Die Beklagte nahm den Darlehensantrag mit Schreiben vom 14.08.2009 (Anlagen B3, B4, Bl. ## ff. d.A.) an.
28Als die Klägerin und ihr Ex-Mann im Jahre 2013 in die Immobilie veräußern wollten, verlangte die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 11.492,72 EUR. Die Beklagte übersandte der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 21.05.2014 einen Vertragsentwurf über die vorzeitige Vertragsaufhebung (Bl. #d d.A.), den die Klägerin und ihr Ehemann letztlich zwar unterzeichneten und die darin geforderte Zahlung leisteten, vorab jedoch anwaltlich mit Schreiben vom 08.07.2013 mitteilen ließen, dass sie sich vorbehalten, die Vorfälligkeitsentschädigung zurückzufordern (Bl. #b d.A.).
29Herr H hat der Klägerin seinen Anspruch gegen die Beklagte in Bezug auf einen einbehaltenen Betrag von 11.492,72 EUR mit Vereinbarung vom 17.09.2013 abgetreten.
30Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.09.2014 ließ die Klägerin während des laufenden Prozesses über die Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigung den Widerruf des Darlehensvertrages erklären.
31Die Klägerin behauptet, sie sei über Herrn I, ihren heutigen Lebensgefährten, in Kontakt zu Herrn L gelangt, der als Finanzierungsmittler vor Ort gewesen sei und zunächst einen Bausparvertrag angeboten habe. In diesem Gespräch habe die Klägerin erwähnt, dass sie ihr Haus nicht mehr halten könne und mit dem Gedanken spiele, es zu verkaufen. Herr L habe angegeben, dass es die Möglichkeit einer Umfinanzierung gebe, welche die monatliche Belastung senken würde. Die Klägerin sei mit ihrem Ex-Mann übereingekommen, dass eine Umfinanzierung sinnvoll sei, damit die Kinder bis zum Ende der Schulausbildung im Haus wohnen könnten. Die Schulausbildung des jüngeren Sohnes sei für das Jahr 2013 angestrebt gewesen. Herr L sei bei Abschluss des Vertrages mehrfach gefragt worden, ob eine Vorfälligkeitsentschädigung anfalle, wenn der Vertrag im Jahre 2013 durch die Veräußerung der Immobilie vorzeitig getilgt werde, was Herr L verneint habe. Als man dann bei Abschluss des Vertrages in X zusammen am Tisch gesessen habe, habe Herr H nochmals angesprochen, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu zahlen sei, was Herr L, der über die gesamten persönlichen Umstände und den beabsichtigten Verkauf informiert gewesen sei, bestätigt habe. Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund dieser Vereinbarung seien sie und ihr Ex-Mann nicht verpflichtet gewesen, eine irgendwie geartete Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten, zumal der Darlehensvertrag lediglich der Zwischenfinanzierung gedient habe.
32Die Klägerin ist darüber hinaus der Ansicht, der im Prozess erklärte Widerruf des Darlehensvertrages sei noch möglich gewesen, da die Widerrufsklausel unwirksam sei. Diese entspreche nicht dem gesetzlichen Muster und weise eine Reihe von Mängeln auf. Das Widerrufsrecht sei in seiner Form nicht deutlich hervorgehoben gewesen. Für den Beginn der Widerrufsfrist sei nicht ausreichend dargestellt worden, ob für den Lauf der Frist der Tag des Erhalts der Widerrufsklausel mitzähle oder nicht und der Textzusatz „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“ sei unklar und intransparent, weil nicht offen hervortrete, ob der Tag des Abschlusses mitzählen soll oder nicht, was einen Verstoß gegen § 187 Abs. 1 BGB darstelle. Im Rahmen der Mitteilung, dass ein Widerruf auch unter Verwendung der E-Mail-Adresse erfolgen kann, sei fälschlicherweise der Begriff „Widerspruch“ verwendet worden. Zudem könne der Verbraucher nicht entscheiden, ob die Hinweise für ein verbundenes Geschäft einschlägig seien; der Darlehensgeber müsse deutlich aufführen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, ansonsten sei die Widerrufsklausel intransparent.
33Die Klägerin rügt zudem, dass die Berechnungsgrundlagen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung von der Beklagten nicht angegeben worden seien und deswegen eine intransparente Berechnung vorliege; der Betrag sei bei weitem übersetzt.
34Die Klägerin beantragt,
351.
36die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.492,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 01.10.2013 zu bezahlen.
372.
38die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Die Beklagte bestreitet den Zweck der Darlehensaufnahme und die geführten Gespräche mit Nichtwissen. Sie wisse nur, dass das streitgegenständliche Darlehen – was an sich unstreitig ist - dazu gedient habe, ein Darlehen der M, drei Darlehen der Q Bank und vier Darlehen der Beklagten abzulösen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Zusage gegeben, bei einem späteren Verkauf des Hauses auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, warum die Beklagte sich etwaige Zusagen des Herrn L zurechnen lassen müsse. Weder die O GmbH noch die D GmbH habe die Befugnis, die Beklagte zu vertreten oder sonstige Erklärungen für die Beklagte abzugeben oder Darlehenszusagen zu machen; dies sei in den Finanzierungsbedingungen auch ausdrücklich klargestellt. Es sei auch schwer vorstellbar, dass ein Finanzierungsberater derartige Zusagen mache. Ebenfalls sei es verwunderlich, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann die angebliche Zusage nicht haben schriftlich bestätigen lassen.
42Die Beklagte ist der Ansicht, ein Widerruf des Darlehensvertrages sei nicht mehr möglich gewesen. Blatt 5 des Darlehensantrags vom 11.08.2009 zeige, dass die Darlehensnehmer deutlich und unübersehbar auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen worden seien. Die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist verstoße auch nicht gegen § 187 Abs.1 BGB. Vielmehr entspreche sie dem Wortlaut des §§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB, dessen Voraussetzungen hier – was an sich unstreitig ist – auch erfüllt gewesen seien. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Frist, sollte die Belehrung vor Vertragsschluss erfolgt sein, erst nach Vertragsschluss zu laufen beginne und darüber zu belehren wäre. Die Verwendung des Wortes „Widerspruch“ sei unschädlich, da aufgrund des übrigen Textes unzweifelhaft deutlich werde, dass es in dem Hinweis um den „Widerruf“ gehe. Auf Blatt 6 des Darlehensvertrages sei auch unmissverständlich erläutert, wann eine wirtschaftliche Einheit als Voraussetzung eines verbundenen Geschäfts vorliege, so dass der durchschnittliche Verbraucher problemlos erkennen könne, dass der Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages kein verbundenes Geschäft darstellt.
43Die Beklagte ist der Ansicht, ein Widerrufsrecht sei auch aufgrund der Abgeltungsklausel in der Vertragsaufhebungsvereinbarung vom 21.05.2013 ausgeschlossen. Ein Widerruf könne ohnehin nur in einem bestehenden Vertragsverhältnis und nicht bei erloschenen Vertragsverhältnissen erfolgen. Darüber hinaus sei die Ausübung eines Widerrufsrechts auch rechtsmissbräuchlich und verwirkt, weil im Zeitpunkt der Widerrufserklärung der Vertragsschluss mehr als fünf Jahre zurück lag und das Darlehen bereits aufgrund der Vereinbarung vom 21.05.2013 zurückgezahlt wurde.
44Im Hinblick auf die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung legt die Beklagte umfassend dar, wie sie zu der errechneten Summe gekommen ist (Bl. ## ff. d.A und Anlage B5, Bl. ## ff. d.A.).
45Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 Bezug genommen.
46Entscheidungsgründe:
47Die zulässige Klage ist unbegründet.
48Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigung zu.
49Der Beklagten stand aufgrund der vorzeitigen Vertragsablösung nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ein Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu. Gegen die Höhe der abgerechneten Vorfälligkeitsentschädigung hat die Klägerin, nachdem die Beklagte im Prozess ihre Berechnungsmethode, die sich an den Vorgaben des Bundesgerichtshofs orientiert, genau offengelegt hat, auch keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben, so dass die Anspruchshöhe als zugestanden gilt.
50Ein Ausschluss des Anspruchs der Beklagten aufgrund einer Verzichtsvereinbarung im Jahre 2009 ist von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden. Die Vermittlung des Darlehens erfolgte unstreitig über einen selbständigen Finanzierungsvermittler, der regelmäßig keine Vertretungsmacht für die Geschäfte einer Bank besitzt. Die für eine solche Verzichtsvereinbarung beweisbelastete Klägerin hat auch nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass und weswegen der Vermittler hier ausnahmsweise für Zusagen im Namen der Beklagten bevollmächtigt gewesen sein sollte.
51Der Klägerin steht wegen etwaiger falscher Zusagen des Finanzierungsvermittlers auch kein Schadensersatzanspruch zu, den sie der Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung entgegenhalten könnte. Denn nach dem Klagevortrag ist nicht ersichtlich, weswegen der Finanzierungsvermittler als Erfüllungsgehilfe der Beklagten i.S.v. § 278 BGB einzustufen sein sollte, dessen Pflichtverletzungen die Beklagte sich zurechnen lassen müsste. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen einer anderen Person in deren Pflichtenkreis tätig wird (Palandt, BGB, 72. Aufl., § 278 Rz. 7 m.w.N.). Denn § 278 BGB setzt voraus, dass sich jemand einer anderen Person zur Erfüllung seiner Verbindlichkeitenbedient. Hier liegen nach dem Klagevortrag aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass Herr L mit Wissen und Wollen der Beklagten tätig wurde, zumal er Mitarbeiter eines selbständigen Finanzberatungsunternehmens war und sich – nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Beklagtenvortrag – an ein weiteres selbständiges Vermittlungsunternehmen gewandt hatte. Sein Handeln dürfte deshalb ausschließlich im Auftrag und Interesse der Klägerin und ihres Ehemannes erfolgt sein und nicht der Beklagten zuzurechnen sein. Die der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 gesetzte Frist zur Ergänzung ihres Sachvortrags ist fruchtlos verstrichen.
52Darüber hinaus wäre auch nicht ersichtlich, welcher konkrete Schaden durch eine entsprechende Pflichtverletzung entstanden sein sollte, da ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Angaben bei Vertragsschluss nach § 280 BGB nur auf das sog. negative Interesse und nicht auf das sog. positive Interesse in Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung gerichtet sein könnte.
53Der Klägerin stand am 02.09.2014 auch kein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages mehr zu. Die Widerrufsbelehrung begegnet in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung keinen durchgreifenden Bedenken, so dass der Klägerin lediglich eine zweiwöchige Widerrufsfrist zustand. Die maßgebliche Widerrufsbelehrung, die sich auf den Seiten 5 und 6 des Darlehensantrages mit fettgedruckten Überschriften in einem separaten Kasten befindet, in welchem gesonderte Unterschriften der Darlehensnehmer erfolgen mussten, ist optisch deutlich genug hervorgehoben worden und genügt den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der Fassung 2004-2010). Der Beginn der Widerrufsfrist ist nach Auffassung des Gerichts auch hinreichend erläutert worden, weil er exakt den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) entspricht, wobei der letzte Spiegelstrich und der Zusatz „nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“ auf § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB (in der Fassung ab dem 29.07.2009) zurückgehen, da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes i.S.v. § 312 d BGB erfolgte. Entgegen der Auffassung der Klägerin erforderte § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist. Darüber hinaus begegnet auch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Angaben auf Seite 5 des Darlehensvertrages unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden. Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass die Belehrung vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen.
54Da nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag alle Voraussetzungen des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) erfüllt waren und der Darlehensantrag nebst Anlagen auch den Anforderungen des § 312c BGB (in der Fassung 2004-2010) i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 InfoV (in der Fassung 2004 – 2010) genügt, ist das Widerrufsrecht der Klägerin bereits im Jahre 2009 erloschen.
55Die Entscheidungen über die Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
56Streitwert: 11.492,72 €.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die aus eigenem Recht eingelegte Gegenvorstellung der Verkehrsanwälte der Kläger gibt keinen Anlass, den Streitwert heraufzusetzen.
- 2
- Zwar ist die Gegenvorstellung in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und auch innerhalb der analog geltenden sechsmonatigen Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden.
- 3
- Sie ist aber unbegründet. Für die Bewertung des Streitwerts sind die Grundsätze maßgeblich, die der Senat in dieser Sache mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 434 Rn. 4 ff.) aufgestellt hat. Der Streitwert bestimmt sich demgemäß nach den Zins- und Tilgungsleistungen, die die Kläger auf die in Streit stehenden Verträge bis zum Widerruf vom 20. Juni 2014 erbracht haben. Dies sind die Verträge mit den Nummern 005 … , 015 … und 055 … . Allein über die Rückabwicklung dieser Verträge haben die Vorinstanzen, was der Senat durch Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 16. März 1999 - XI ZR 209/98, NJW-RR 1999, 1006 unter II. 2; BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, NJW 2016, 3244 Rn. 29), erkannt. Die Zins- und Tilgungsleistungen belaufen sich auf insgesamt 137.388,66 €, so dass der Streitwert wie geschehen auf bis 140.000 € festzusetzen war.
- 4
- Anders als von den Verkehrsanwälten der Kläger beantragt, besteht auch kein Anlass, den Streitwert der Vorinstanzen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG abzuändern (BGH, Beschlüsse vom 17. März 2015 - II ZR 391/13, juris Rn. 1 ff. und vom 8. Oktober 2015 - I ZB 10/15, juris Rn. 1).
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.02.2015 - 8 O 278/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.07.2015 - 6 U 41/15 -