Landgericht Dessau-Roßlau Urteil, 15. Apr. 2016 - 2 O 222/12

ECLI:ECLI:DE:LGDESSA:2016:0415.2O222.12.0A
bei uns veröffentlicht am15.04.2016

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.990,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.405,40 € seit dem 27.05.2012 und aus 3.584,78 € seit dem 06.01.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 88% und die Beklagte 12% zu tragen.

Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar;


Beschluss

Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 18.11.2014 auf 27.300,00 € und für die Zeit danach auf 50.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung für die Nutzung von in seinem Eigentum stehenden Grundstücken in Anspruch.

2

Der Kläger ist Eigentümer der 1998 restituierten, in der Gemarkung B., Flur 9, gelegenen Flurstücke 31/1 mit einer Größe von 920 m², 31/3 mit einer Größe von 565 m² und 31/4 mit einer Größe von 8018 m² (insgesamt 9503 m², vorgetragen im Grundbuch von B., Blatt 512, lfd. Nr. 1 - 3). Am 27.03.1997 wurde für das Flurstück 31/4 (lfd. Nr. 3) ein Besitzrecht der Beklagten gem. Art. 233 § 2a EGBGB im Grundbuch eingetragen. Mit Zuordnungsbescheid vom 23.07.1999 stellte das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen auf Antrag der Beklagten selbständiges Gebäudeeigentum an einem früher vom Agrochemischen Zentrum Bad F. (ACZ) genutzten Verwaltungsgebäude hinsichtlich des Flurstücks 31/4 sowie der nicht streitgegenständlichen Flurstücke 32/1 und 33/5 fest. Die Beklagte ist infolge Umwandlung und späterer Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin des ACZ. Auf Ersuchen der OFD C. wurde daraufhin unter gleichzeitiger Anlegung eines Gebäudegrundbuchs (Grundbuch von B., Blatt 703) am 04.04.2006 für die Flurstücke 31/3 und 31/4 selbständiges Gebäudeeigentum gem. Art. 233 § 2b EGBGB auf einer Teilfläche von ca. 1.900 m² eingetragen. Ein vom Kläger gegen die Feststellung des selbständigen Gebäudeeigentums angestrengtes verwaltungsgerichtliches Verfahren blieb ohne Erfolg. Das BVerwG wies eine Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das VG Frankfurt/Oder mit Beschluss vom 06.12.2005 zurück. Eine dagegen gerichtete Individualbeschwerde zum EGMR wurde 2009 nicht zur Entscheidung angenommen.

3

Parallel dazu beantragte der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 28.09.1999 bei dem Notar A. mit Amtssitz in P. die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens gem. § 87ff SachenRBerG zur Durchsetzung eines Anspruchs aus § 82 SachenRBerG auf Beteiligung des Beklagten an den Abbruchkosten für die Flurstücke 31/4, 32/1 und 33/5. Der Notar teilte der Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tage die Verfahrenseröffnung mit. Mit Beschluss vom 18.10.1999 entschied der Notar, das Verfahren nur für das Flurstück 31/4 zu führen, weil der Kläger hinsichtlich der beiden übrigen Flurstücke nicht antragsberechtigt sei. In einem nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens am 31.08.2011 durchgeführten Erörterungstermin änderte und erweiterte der Kläger seinen Antrag und bat um Vermittlung eines Kaufvertrages nunmehr für die Flurstücke 31/1, 31/3 und 31/4. Ein daraufhin von der Beklagten unterbreitetes Angebot vom 16.01.2012 über einen Ankauf der Flurstücke sowie des nicht streitgegenständlichen Flurstücks 53/1 zu einem Kaufpreis von insgesamt 20.200,00 € nahm der Kläger nicht an. Mit Beschluss vom 13.08.2014 setzte der Notar das Vermittlungsverfahren aus und verwies die Beteiligten auf den Klageweg.

4

Der Kläger hat anfänglich, gestützt auf § 988 BGB, für die Jahre 2008 bis 2010 eine Nutzungsentschädigung von 27.300,00 € gefordert. Er behauptet, die in seinem Eigentum stehenden Flächen seien im maßgeblichen Zeitraum durchgängig von der Beklagten selbst oder im Wege der Vermietung unentgeltlich genutzt worden. Die Beklagte habe ferner die Flurstücke ohne jede Beschränkung auf Teilflächen zur Vermietung angeboten. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der Lage des Verwaltungsgebäudes sei der Kläger auch von der dahinterliegenden unbebauten Fläche abgeschnitten. Bei einem angenommenen Gesamtwert von ca. 130.000,00 € und einem Nutzungsentgelt von 7% p.a. ergebe sich ein jährlicher Betrag von 9.100,00 €.

5

Mit Schriftsatz vom 14.11.2014 hat der Kläger die Klage um eine weitere Nutzungsentschädigung in Höhe von 22.750,00 € für die Jahre 2011 bis 2014 erweitert. Diesen Anspruch beziffert der Kläger unter Berücksichtigung zuvor erteilter gerichtlicher Hinweise auf nur noch auf 4.550,00 € jährlich (3,5% p.a., woraus sich rechnerisch für vier Jahre ein Betrag von 18.200,00 €) ergibt.

6

Der Kläger beantragt zuletzt,

7

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.050,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 27.300,00 € seit dem 27.05.2012 sowie aus weiteren 22.750,00 € seit dem 06.01.2015 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie meint, ein Anspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts komme allenfalls für die Funktionsfläche von 1.900 m² in Betracht, an der selbständiges Gebäudeeigentum bestehe. Die übrige, weitgehend verwilderte Fläche werde von der Beklagten nicht genutzt und stehe dem Kläger zur Nutzung zur Verfügung. Die Flurstücke seien nicht eingezäunt und könnten vom Kläger frei betreten werden. Die hinteren Bereiche der Flurstücke 31/4 und 31/1 seien über befestigte Zuwegungen auf den Flurstücken 101, 102 und 103 unschwer zu erreichen. Die Beklagte erhebt ferner die Einrede der Verjährung.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

12

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.10.2014, erweitert durch Beschluss vom 29.01.2015 sowie hinsichtlich der Person der Sachverständigen geändert durch Beschluss vom 05.03.2015, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen G.-K. vom 28.08.2015 nebst Ergänzung vom 24.11.2015 sowie auf die Erläuterung in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

14

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB einen Anspruch auf Zahlung eines Moratoriumszinses in Höhe von insgesamt 5.990,18 €. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

15

1.1 Nach Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB kann der Grundstückseigentümer vom 01.01.1995 an vom Nutzer ein Entgelt bis zur Höhe des nach dem SachenRBerG zu zahlenden Erbbauzinses unter anderem dann verlangen, wenn er ein notarielles Vermittlungsverfahren nach den §§ 87 – 102 SachenRBerG beantragt oder sich in dem Verfahren auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte oder eine Übereignung eingelassen hat. Der Anwendungsbereich der Norm ist für sämtliche streitbefangenen Flurstücke eröffnet. Während das Gericht für das Flurstück 31/4 ohne weitere Sachprüfung daran gebunden ist, dass das Besitzrecht der Beklagten gem. Art. 233 § 2a EGBGB im Grundbuch eingetragen ist, lässt sich für das offenbar nicht mit einem Gebäude bebaute Flurstück 31/3 zwar nicht ohne weiteres erkennen, auf welcher materiell-rechtlichen Grundlage die Eintragung selbständigen Gebäudeeigentums im Grundbuch erfolgt ist. Auf das Flurstück 31/1 hingegen erstreckt sich der Zuordnungsbescheid von vornherein nicht, sodass insoweit kein selbständiges Gebäudeeigentum der Beklagten besteht. Allerdings ist dem rechtskräftigen Urteil des VG Frankfurt/Oder vom 23.02.2005 zu entnehmen, dass das im Volkseigentum stehende ursprüngliche Flurstück 31 im Jahre 1963 in die Flurstücke 31/1, 31/3 und 31/4 trennvermessen wurde und 1971 ohne weitere Differenzierung für das Flurstück 31 eine Standortgenehmigung des Rates des Kreises Bad F. für das Investitionsvorhaben "Aufbau des Agro-Chemischen Zentrums Bad F. (…)" erteilt worden ist. Nach den örtlichen Gegebenheiten, wie sie sich aus dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster und aus den Feststellungen der Sachverständigen ergeben, gehörten damit auch die Flurstücke 31/1 und 31/3 zum Betriebsgelände der vormaligen ACZ, deren Rechtsnachfolger die Beklagte ist. Die Sachverständige hat insoweit festgestellt, dass über eine Teilfläche von ca. 340 m² des Flurstücks 31/3 die Straße "Am Gewerbepark" verläuft, bei der es sich um eine öffentlich genutzte Zufahrtstraße zum ehemaligen Betriebsgelände handelt, und der restliche Teil des Flurstücks mit einer Fläche von 225 m² nicht separat nutzbar ist. Aus dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster wird ferner deutlich, dass das Flurstück 31/1 nach Lage und Zuschnitt in die zum ehemaligen Betriebsgelände gehörenden weiteren Flurstücke gleichsam eingebettet ist.

16

Dem Besitzmoratorium des Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB unterfallen indes auch solche Grundstücke, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einem auf einem anderen Grundstück errichteten Gebäude stehen. Einzelne Grundstücke können bei der Frage, ob das Moratorium eingreift, nicht isoliert ohne den Zusammenhang der Bebauung und Bebauungskonzeption betrachtet werden, die neben Gebäuden auch Freiflächen und Nebenanlagen enthalten darf (KG, Urt. v. 18.01.1996 – 8 U 4745/94, juris; Staudinger/Rauscher, 2016, Art. 233 § 2a EGBGB Rn. 23).

17

Damit erstreckt sich das Nutzungsrecht der Beklagten gem. Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 1 Buchst. a EGBGB auf sämtliche Flurstücke in ihrer gesamten Größe, die unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 12 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SachenRBerG angesichts der ursprünglichen Gesamtkonzeption, auch soweit sie nicht bebaut sind, als Funktionsflächen anzusehen sind.

18

Der Entgeltanspruch richtet sich unabhängig davon, ob die Beklagte einzelne Grundstücksflächen vermietet hat, gegen sie als die zum Besitz berechtigte Nutzerin (vgl. Staudinger/Rauscher, aaO Rn. 101 m.w.N.).

19

1.2 Der Kläger hat ein notarielles Vermittlungsverfahren gem. §§ 87ff SachenRBerG eingeleitet. Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB setzt nicht voraus, dass der zum Besitz berechtigte Nutzer die Durchführung des Vermittlungsverfahrens beantragt (BGH, Urt. v. 20.04.2007 – V ZR 45/56; juris). Der Auffassung des Klägers, sein Anspruch richte sich nach Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 4 EGBGB, ist in diesem Zusammenhang bereits deshalb nicht beizutreten, weil der dort geregelte Entgeltanspruch nur den Zeitraum vom 22.07.1992 bis zum 31.03.1995 erfasst, der nicht streitgegenständlich ist. Der Anspruch auf Zahlung des Moratoriumszinses besteht für die Dauer des notariellen Vermittlungsverfahrens. Ihm steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die Beteiligten es über mehrere Jahre nicht gefördert haben, weil der faktische Verfahrensstillstand auf das vom Kläger zwischenzeitlich betriebene verwaltungsgerichtliche Verfahren zurückzuführen ist und darin keine Verweigerung der Einlassung oder sonst ein dem Vermittlungsverfahren entgegenwirkendes obstruktives Verhalten des Klägers zu erblicken ist. Die Dauer der in Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB enumerativ aufgeführten Verfahren soll sich nicht zum Nachteil des Grundstückseigentümers auswirken (BT-Drs. 12/5992 S. 184). Das Vermittlungsverfahren ist auch noch nicht formell – etwa durch Einstellung gem. § 95 SachenRBerG oder durch Abschlussprotokoll gem. § 99 SachenRBerG – beendet, sondern derzeit lediglich ausgesetzt. Es ist deshalb auch unschädlich, dass der Kläger Anfang 2012 ein Kaufangebot der Beklagten abgelehnt hat.

20

Allerdings hat der Kläger das notarielle Vermittlungsverfahren zunächst nur für das Flurstück 31/4 beantragt und seinen Antrag erst am 31.08.2011 auf die Flurstücke 31/1 und 31/3 erweitert. Der Anspruch auf Moratoriumszins steht ihm damit – bezogen auf die streitgegenständlichen Jahre 2008 bis 2014 – für das Flurstück 31/4 unbeschränkt und für die Flurstücke 31/1 und 31/3 nur im Zeitraum vom 31.08.2011 bis 31.12.2014 zu. Zwar bleiben gem. Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 9 EGBGB vertragliche (die vorliegend nicht ersichtlich sind) oder gesetzliche Regelungen, die ein abweichendes Nutzungsentgelt oder einen früheren Beginn der Zahlungspflicht begründen, vom Anspruch auf den Moratoriumszins unberührt. Mit der Untätigkeit des Eigentümers wollte der Gesetzgeber allerdings die Entgeltlosigkeit der Nutzung verknüpfen (Staudinger/Rauscher, aaO Rn. 101). Die Entgeltregelungen in Art. 233 § 2a EGBGB stellen damit grundsätzlich eine abgeschlossene Sondermaterie dar.

21

1.3 Das Entgelt bemisst sich gem. Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB bis zur Höhe des nach dem SachenRBerG zu zahlenden Erbbauzinses. Hierin liegt eine Verweisung auf §§ 43 ff. SachenRBerG (BGH, Urt. v. 26.10.1999 – LwZR 9/99; juris). Danach ist für die landwirtschaftlich bzw. gewerblich genutzten Flächen gem. § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SachenRBerG, sofern sich nicht aus § 43 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG ein anderer Zinssatz ergibt, ein Zinssatz von 3,5% in Ansatz zu bringen (vgl. zur Berechnung OLG Brandenburg, Urt. v. 26.05.2011 – 5 U 102/07; juris). Die Ansicht des Klägers, auch bei der Bemessung des Moratoriumszinses sei von einem Zinssatz von 7% auszugehen, weil keine Ankaufs- bzw. Erbbaurechtsbestellungsansprüche in Rede stünden, lässt sich mit der insoweit eindeutigen Regelung in § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SachenRBerG nicht in Einklang bringen.

22

1.4 Im Ergebnis des hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens, das das Gericht für überzeugend hält und dem die Parteien nicht in erheblicher Weise entgegen getreten sind, besteht der Anspruch des Klägers in der zugesprochenen Höhe. Die Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Grundsätze in § 19 SachenRBerG einen durchgängigen Bodenrichtwert von 4,00 €/m² ermittelt und hierzu dargelegt, dass der erschließungsbeitragsfreie Bodenrichtwert während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums 5,00 €/m² betrug, der Wert jedoch gem. § 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SachenRBerG zu vermindern ist um einen Betrag von 10,00 DM bzw. 5,11 € für Erschließungskosten. Aus diesem Grund hat sie folgerichtig als Mindestwert den Wert herangezogen, der sich für das Grundstück im Entwicklungszustand des Rohbaulandes ergeben würde (§ 19 Abs. 3 S. 2 SachenRBerG). Diesen wiederum hat die Sachverständige mit eingehender Begründung, die sich das Gericht zu Eigen macht, auf 4,00 €/m² beziffert.

23

Die Sachverständige hat in der mündlichen Erläuterung ihres Gutachtens zugleich dargelegt, sie habe eine Verminderung um die Kosten des Abbruchs des auf dem Flurstück 31/4 aufstehenden, derzeit ungenutzten Gebäudes gem. § 19 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SachenRBerG nicht vorgenommen, weil das Gebäude im Zeitpunkt der Begutachtung zwar einen abbruchreifen Zustand habe erkennen lassen, sie sich jedoch außer Stande gesehen habe, von diesem auf den Zustand am 01.01.2008 rückzuschließen. Die Beklagte selbst hat es insoweit zumindest für möglich gehalten, dass das Gebäude zu diesem Zeitpunkt noch genutzt worden ist, was gegen die Erforderlichkeit eines alsbaldigen Abbruchs sprechen würde. Zudem wäre ein Abzug gem. § 19 Abs. 4 S. 2 SachenRBerG ohnehin nicht vorzunehmen, weil ein etwaiges Erfordernis alsbaldigen Abbruchs jedenfalls aus unterlassener Instandhaltung des Gebäudes durch die Beklagte als dessen Eigentümerin gem. Art. 233 § 2b EGBGB beruhen würde.

24

Soweit die Sachverständige als Bewertungsstichtage auf den 01.01.2008 bzw. 01.01.2011 und 31.12.2012 abgestellt hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unter analoger Anwendung von § 19 Abs. 1 SachenRBerG auf den Zeitpunkt der Einleitung eines der in Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB aufgeführten Verfahren abgestellt (OLG Brandenburg, aaO Rn. 24). Dieser Schluss erscheint jedoch jedenfalls dann nicht zwingend, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und dem Beginn des Zeitraums, für den der Moratoriumszins gefordert wird, eine erhebliche Zeitspanne liegt. Für die Bemessung der Entgeltansprüche in Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 4 und 5 EGBGB hat der Gesetzgeber in Satz 6 der Vorschrift mit dem 22.07.1992 einen festen Bewertungsstichtag vorgegeben. Für den Anspruch nach Satz 8 der Regelung hat er es demgegenüber bei der Verweisung auf die Vorschriften des SachenRBerG bewenden lassen und damit bewusst auf die Festlegung des Beginns der den Anspruch auslösenden Verfahren als Stichtag verzichtet. Im Übrigen hat die Sachverständige ausgeführt, dass der erste Bodenrichtwert für Gewerbeland in der Gemarkung B. per 01.01.2011 ausgewiesen ist. Sie ist lediglich im Wege eines Vergleichs zu der Schlussfolgerung gelangt, dass dieser auch am 01.01.2008 bei 5,00 €/m² lag. Ein hiervon abweichender Bodenwert für einen Stichtag 28.08.1999, an dem der Antrag auf Einleitung des notariellen Vermittlungsverfahrens eingegangen ist, ließe sich damit ohnehin nicht verlässlich ermitteln.

25

1.5 Allerdings hat die Sachverständige, wie ihr im Beweisbeschluss aufgegeben war, zusätzlich einen unter 7% liegenden üblichen Erbbauzins im Sinne von § 43 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG ermittelt. Nach ihren Recherchen lagen die üblichen Erbbauzinssätze für Gewerbegrundstücke im Landkreis Märkisch-Oderland 2010 bei lediglich 5%, den sie auch für den streitgegenständlichen Zeitraum für angemessen hält. Dieser Einschätzung ist zu folgen.

26

Damit ergibt sich für das Flurstück 31/4 mit einer Größe von 8.018 m² unter Zugrundelegung eines Bodenwertes von 32.072,00 € und eines Zinssatzes von 2,5% ein jährliches Nutzungsentgelt von 801,80 € bzw. ein tägliches Nutzungsentgelt von 2,20 €. Der Sachverständigen ist allerdings nicht in der Berechnung der maßgeblichen Tage zu folgen, weil sie – gegebenenfalls unter Fehlinterpretation des Beweisbeschlusses – den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.08.2011 außer Ansatz gelassen hat. Anzusetzen sind vielmehr sieben volle Jahre (2008 bis 2014), woraus sich ein Moratoriumszins von 5.612,60 € errechnet.

27

Für das Flurstück 31/1 mit einer Größe von 920 m² hat die Sachverständige, bezogen auf den Zeitraum vom 31.08.2011 bis 31.12.2014 zutreffend einen Zins in Höhe von 304,50 € ermittelt. Für das Flurstück 31/3 mit einer Größe von 565 m² ist die Sachverständige davon ausgegangen, dass ein Teil von 340 m² als öffentliche Verkehrsfläche dient und insoweit keinerlei Nutzungsentgelt anzusetzen ist. Dieser Einschätzung ist zu folgen. Für die Restfläche von 225 m² hat die Sachverständige einen Zins von 73,08 € ermittelt.

28

Damit beläuft sich der Anspruch des Klägers auf insgesamt 5.990,18 €.

29

1.6 Die Zinsforderung beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

30

1.7 Die Ansprüche sind nicht verjährt. Der Anspruch auf Zahlung des Moratoriumszinses unterliegt der regelmäßigen Verjährung gem. § 195 BGB (Staudinger/Rauscher, aaO Rn. 110a m.w.N.). Danach verjährten Ansprüche für das Jahr 2008 mit Ablauf des 31.12.2011. Der Kläger hat die Verjährung des Anspruchs jedoch mit am 23.12.2011 rechtzeitig eingegangenem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gehemmt. Gem. § 167 ZPO ist auf den Zeitpunkt des Eingangs abzustellen, weil der Mahnbescheid der Beklagten nach anfänglicher Unzustellbarkeit und daraufhin erfolgter Mitteilung der aktuellen ladungsfähigen Anschrift am 30.01.2012 und damit noch demnächst zugestellt worden ist (vgl. BHG, Urt. v. 27.04.2006 – I ZR 237/03; juris).

31

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.


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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2006 - I ZR 237/03

bei uns veröffentlicht am 27.04.2006

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1.
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2.
den Erwerb der Fläche gegen Zahlung des nach Absatz 5 zu berechnenden Entschädigungswerts verlangen, auf der das Gebäude oder die bauliche Anlage errichtet wurde.

(3) Der Grundstückseigentümer kann die in den Absätzen 1 und 2 bestimmten Ansprüche erst geltend machen, nachdem er dem Nutzer Gelegenheit gegeben hat, das Gebäude oder die bauliche Anlage zu beseitigen. Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer hierzu eine angemessene Frist zu setzen. Die Ansprüche verjähren in fünf Jahren von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an; die Verjährung der Ansprüche wird durch die Einleitung des erforderlichen notariellen Vermittlungsverfahrens wie durch Klageerhebung gehemmt.

(4) Der Nutzer kann den Anspruch des Grundstückseigentümers aus Absatz 2 Nr. 1 durch Erwerb der Fläche, auf der das abzureißende Gebäude steht, gegen Zahlung des nach Absatz 5 zu berechnenden Entschädigungswerts abwenden.

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(6) Abweichende vertragliche Vereinbarungen bleiben unberührt.

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(1) Das Urteil enthält:

1.
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2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Bebauungen im Sinne dieses Kapitels sind die Errichtung von Gebäuden sowie bauliche Maßnahmen an bestehenden Gebäuden, wenn

1.
schwere Bauschäden vorlagen und die Nutzbarkeit des Gebäudes wiederhergestellt wurde (Rekonstruktion) oder
2.
die Nutzungsart des Gebäudes verändert wurde
und die baulichen Maßnahmen nach ihrem Umfang und Aufwand einer Neuerrichtung entsprechen.

(2) Hat der Nutzer das Grundstück aufgrund eines Überlassungsvertrages vom staatlichen Verwalter erhalten, sind

1.
Aus- und Umbauten, durch die die Wohnfläche oder bei gewerblicher Nutzung die Nutzfläche um mehr als 50 vom Hundert vergrößert wurden, oder
2.
Aufwendungen für bauliche Investitionen an Gebäuden und massiven Nebengebäuden, insbesondere Garagen, Werkstätten oder Lagerräume, deren Wert die Hälfte des Sachwerts des überlassenen Gebäudes und überlassener Nebengebäude ohne Berücksichtigung der baulichen Investitionen des Nutzers zum Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen überstiegen,
baulichen Maßnahmen im Sinne des Absatzes 1 gleichzustellen; räumlich und zeitlich zusammenhängende bauliche Investitionen des Nutzers gelten als einheitliche Investition, sofern sie sich über einen Zeitraum von höchstens drei Jahren erstreckt haben. Für die Zeit vom Abschluss des Überlassungsvertrages bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 sind unabhängig vom Zeitpunkt der durch den Nutzer erbrachten nachweisbaren Investitionen jährlich
a)
für die ersten fünf Jahre nach dem Vertragsabschluss zwei vom Hundert des jeweiligen Gebäuderestwertes,
b)
für die folgenden Jahre einhalb vom Hundert des jeweiligen Gebäuderestwertes
für nicht nachweisbare bauliche Investitionen des Nutzers zusätzlich zu den nachgewiesenen Aufwendungen in Ansatz zu bringen. Frühere Investitionen des Nutzers sind mit ihrem Restwert zu berücksichtigen. Ist der Zeitpunkt der Aufwendungen nicht festzustellen, ist der 2. Oktober 1990 als Wertermittlungsstichtag zugrunde zu legen. Hat der Nutzer nach Ablauf des 2. Oktober 1990 notwendige Verwendungen vorgenommen, sind die dadurch entstandenen Aufwendungen dem nach Satz 1 Nr. 2 zu ermittelnden Wert seiner baulichen Investitionen hinzuzurechnen. Satz 5 ist nicht anzuwenden, wenn mit den Arbeiten nach dem 20. Juli 1993 begonnen wurde. Die nach Satz 1 Nr. 2 erforderlichen Wertermittlungen sind gemäß den §§ 21 bis 25 in Verbindung mit § 7 der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2209), die durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081) geändert worden ist, vorzunehmen.

(3) Der Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude steht die Errichtung oder die bauliche Maßnahme an einer baulichen Anlage im Sinne des Satzes 2 gleich. Bauliche Anlagen sind alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind, wenn

1.
deren bestimmungsgemäßer Gebrauch durch den Nutzer einen Ausschluß des Grundstückseigentümers von Besitz und Nutzung des Grundstücks voraussetzt,
2.
die zur bestimmungsgemäßen Nutzung der baulichen Anlage erforderliche Fläche (Funktionsfläche) sich so über das gesamte Grundstück erstreckt, daß die Restfläche nicht baulich oder wirtschaftlich nutzbar ist, oder
3.
die Funktionsfläche der baulichen Anlage nach den baurechtlichen Bestimmungen selbständig baulich nutzbar ist und vom Grundstück abgetrennt werden kann.

(1) Der Notar hat die Vermittlung einzustellen, wenn

1.
ein Bodenneuordnungsverfahren eingeleitet worden ist, in das das Grundstück einbezogen ist, oder
2.
ein Antrag auf Zusammenführung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum nach § 64 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes vor Einleitung des Vermittlungsverfahrens gestellt worden ist.

(2) Wird ein Antrag nach Absatz 1 Nr. 2 während des notariellen Vermittlungsverfahrens gestellt, so hat der Notar die Beteiligten aufzufordern, mitzuteilen, ob sie das Bodenordnungsverfahren fortsetzen wollen. Wird das von einem Beteiligten erklärt, so ist nach Absatz 1 zu verfahren.

Kommt es nicht zu einer Einigung, so hält der Notar das Ergebnis des Verfahrens unter Protokollierung der unstreitigen und der streitig gebliebenen Punkte fest (Abschlußprotokoll). Sind wesentliche Teile des abzuschließenden Vertrages unstreitig, so können die Beteiligten verlangen, daß diese Punkte im Protokoll als vereinbart festgehalten werden. Die Verständigung über diese Punkte ist in einem nachfolgenden Rechtsstreit bindend.

(1) Der regelmäßige Zins beträgt die Hälfte des für die entsprechende Nutzung üblichen Zinses.

(2) Als Zinssatz ist in Ansatz zu bringen

1.
für Eigenheime
a)
zwei vom Hundert jährlich des Bodenwerts,
b)
vier vom Hundert jährlich des Bodenwerts, soweit die Größe des belasteten Grundstücks die gesetzliche Regelgröße von 500 Quadratmetern übersteigt und die darüber hinausgehende Fläche abtrennbar und selbständig baulich nutzbar ist oder soweit die Größe des belasteten Grundstücks 1.000 Quadratmeter übersteigt und die darüber hinausgehende Fläche abtrennbar und angemessen wirtschaftlich nutzbar ist,
2.
für im staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau errichtete Gebäude zwei vom Hundert jährlich des Bodenwerts,
3.
für öffentlichen Zwecken dienende oder land-, forstwirtschaftlich oder gewerblich genutzte Gebäude dreieinhalb vom Hundert jährlich des Bodenwerts.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 kann jeder Beteiligte verlangen, daß ein anderer Zinssatz der Erbbauzinsberechnung zugrunde gelegt wird, wenn der für diese Nutzung übliche Zinssatz mehr oder weniger als sieben vom Hundert jährlich beträgt.

(1) Erbbauzins und Ankaufspreis sind nach dem Bodenwert in dem Zeitpunkt zu bestimmen, in dem ein Angebot zum Vertragsschluß nach diesem Kapitel abgegeben wird.

(2) Der Bodenwert bestimmt sich nach dem um die Abzugsbeträge nach Satz 3 verminderten Wert eines baureifen Grundstücks. Der Wert eines baureifen Grundstücks ist, vorbehaltlich der Regelung in § 20, der Verkehrswert im Sinne des § 194 des Baugesetzbuchs, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre. Der Wert des baureifen Grundstücks ist zu vermindern um

1.
einen nach Absatz 3 zu bemessenden Abzug für die Erhöhung des Werts des baureifen Grundstücks durch Aufwendungen zur Erschließung, zur Vermessung und für andere Kosten zur Baureifmachung des Grundstücks, es sei denn, daß der Grundstückseigentümer diese Kosten getragen hat oder das Grundstück bereits während der Dauer seines Besitzes erschlossen und vermessen war, und
2.
die gewöhnlichen Kosten des Abbruchs eines aufstehenden Gebäudes oder einer baulichen Anlage, wenn ein alsbaldiger Abbruch erforderlich und zu erwarten ist, soweit diese Kosten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr berücksichtigt werden.

(3) Der Abzug nach Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 beträgt

1.
25DM/qm in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern,
2.
15DM/qm in Gemeinden mit mehr als 10.000 bis zu 100.000 Einwohnern und
3.
10DM/qm in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern.
Als Bodenwert ist jedoch mindestens der Wert zugrunde zu legen, der sich für das Grundstück im Entwicklungszustand des Rohbaulandes ergeben würde.

(4) Der Abzug nach Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 darf nicht zu einer Minderung des Bodenwerts unter das Doppelte des in § 82 Abs. 5 bestimmten Entschädigungswertes führen. Der Abzug ist nicht vorzunehmen, wenn die Erforderlichkeit alsbaldigen Abbruchs auf unterlassener Instandhaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage durch den Nutzer beruht oder der Nutzer sich vertraglich zum Abbruch verpflichtet hat.

(5) Soweit für das Grundstück Bodenrichtwerte nach § 196 des Baugesetzbuchs vorliegen, soll der Wert des baureifen Grundstücks hiernach bestimmt werden. Jeder Beteiligte kann eine hiervon abweichende Bestimmung verlangen, wenn

1.
Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Bodenrichtwerte nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechen, oder
2.
aufgrund untypischer Lage oder Beschaffenheit des Grundstücks die Bodenrichtwerte als Ermittlungsgrundlage ungeeignet sind.

(1) Der regelmäßige Zins beträgt die Hälfte des für die entsprechende Nutzung üblichen Zinses.

(2) Als Zinssatz ist in Ansatz zu bringen

1.
für Eigenheime
a)
zwei vom Hundert jährlich des Bodenwerts,
b)
vier vom Hundert jährlich des Bodenwerts, soweit die Größe des belasteten Grundstücks die gesetzliche Regelgröße von 500 Quadratmetern übersteigt und die darüber hinausgehende Fläche abtrennbar und selbständig baulich nutzbar ist oder soweit die Größe des belasteten Grundstücks 1.000 Quadratmeter übersteigt und die darüber hinausgehende Fläche abtrennbar und angemessen wirtschaftlich nutzbar ist,
2.
für im staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau errichtete Gebäude zwei vom Hundert jährlich des Bodenwerts,
3.
für öffentlichen Zwecken dienende oder land-, forstwirtschaftlich oder gewerblich genutzte Gebäude dreieinhalb vom Hundert jährlich des Bodenwerts.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 kann jeder Beteiligte verlangen, daß ein anderer Zinssatz der Erbbauzinsberechnung zugrunde gelegt wird, wenn der für diese Nutzung übliche Zinssatz mehr oder weniger als sieben vom Hundert jährlich beträgt.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 237/03 Verkündet am:
27. April 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
ZPO § 693 Abs. 2 a.F., § 167
Die Zustellung eines Mahnbescheids ist dann nicht mehr demnächst i.S. von
§ 693 Abs. 2 ZPO a.F., § 167 ZPO erfolgt, wenn der Antragsteller es unterlassen
hat, beim Mahngericht nach Ablauf einer je nach den Umständen des Einzelfalls
zu bemessenden Frist nachzufragen, ob die Zustellung bereits veranlasst
worden ist, und dieses Unterlassen nachweislich zu einer Verzögerung der
Zustellung um mehr als einen Monat geführt hat.
BGH, Urt. v. 27. April 2006 - I ZR 237/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 2. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. & Co. (GmbH & Co.) (im Weiteren: Schuldnerin). Diese betrieb einen Obst- und Gemüsehandel und stand mit der Beklagten, einer internationalen Spedition, in einer langjährigen Geschäftsverbindung.
2
Im Mai 1999 beauftragte die Schuldnerin die Beklagte mit dem Transport von 31 Paletten Spargel mit einem Gesamtgewicht von 20.956 kg und drei Paletten Kirschen mit einem Gesamtgewicht von 1.365 kg von Giannitsa/ Griechenland nach Hamburg zu festen Kosten. Die Beklagte übernahm die im Kühl-Lkw zu befördernde Sendung am 19. Mai 1999.
3
Beim Eintreffen der Ware in Hamburg wurden Schäden am Spargel und an den Kirschen festgestellt. Die Schuldnerin errechnete auf der Grundlage eines von ihr in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens einen Güterschaden in Höhe von 81.036,24 DM und unter Hinzunahme der Kosten einen Gesamtschaden in Höhe von umgerechnet 46.954 €. Mit Schreiben vom 20. Juli 1999 nahm sie die Beklagte wegen dieses Schadens in Anspruch. Der Versicherer der Beklagten wies den Anspruch mit Schreiben vom 8. September 1999 zurück. Das Schreiben ist bei der Schuldnerin am 17. September 1999 eingegangen.
4
Die Schuldnerin hat behauptet, die Ware sei der Beklagten vereinbarungsgemäß vorgekühlt mit einer Kerntemperatur von +2° C übergeben worden. Die Ladung sei aufgrund leichtfertigen Verhaltens der Beklagten während des Transports wegen Unterbrechung der Kühlkette zu hohen wie auch zu niedrigen Temperaturen ausgesetzt gewesen. Für den dadurch verursachten Schaden habe die Beklagte unbeschränkt zu haften.
5
Die Schuldnerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Schuldnerin 46.954 € nebst 5 % Zinsen seit dem 20. Juli 1999 zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Vereinbarung einer Transporttemperatur von +2° C bestritten. Die bei der Entladung in Hamburg festgestellten Schäden könnten nur darauf beruhen, dass die Ware mit viel zu hoher Eigentemperatur in Griechenland verladen worden sei. Die Höhe der geltend gemachten Kosten sei zu bestreiten. Im Übrigen sei der Klageanspruch verjährt.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
8
Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt.
9
Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im vollen Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte für den Schaden zwar aus Art. 17 Abs. 1 CMR hafte, der sich hieraus ergebende Anspruch aber verjährt sei. Hierzu hat es ausgeführt:
11
Da das Gut am 25. Mai 1999 abgeliefert worden sei, sei die einjährige Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR grundsätzlich am 26. Mai 2000 abgelaufen. Die Verjährung sei aber gemäß Art. 32 Abs. 2 CMR in der Zeit vom 22. Juli 1999 bis zum 17. September 1999 gehemmt gewesen und daher erst am 23. Juli 2000 eingetreten. Der Mahnbescheidsantrag sei von der Schuldnerin zwar bereits am 10. Juli 2000 beim Mahngericht eingereicht, der Mahnbe- scheid aber erst am 10. November 2000 und damit nicht mehr demnächst i.S. von § 693 Abs. 2 ZPO a.F. zugestellt worden. Eine Zustellung demnächst nach Einreichung des Mahnbescheids bedeute eine Zustellung innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliege, unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan habe. Das sei nicht der Fall, wenn sie durch nachlässiges Verhalten zu einer mehr als zwei Wochen betragenden und daher nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen habe. Im Streitfall habe die Schuldnerin zur verzögerten Zustellung des Mahnbescheids lediglich vorgetragen , das Mahngericht habe beanstandet, dass der auf dem für die maschinelle Bearbeitung vorgeschriebenen Vordruck erfolgte Mahnbescheidsantrag vom 10. Juli 2000 zunächst per Telefax eingereicht worden sei. Die weitere Verzögerung, aufgrund der es erst am 8. November 2000 zum Erlass des Mahnbescheids gekommen sei, werde von der Schuldnerin nicht näher erläutert , obwohl es dieser oblegen hätte, für eine zeitnahe Bescheidung ihres Antrags zu sorgen. Eine Nachfrage in angemessener Zeit wäre angezeigt gewesen. Der Akte sei nicht zu entnehmen, dass Versäumnisse des Mahngerichts zum verspäteten Erlass des Mahnbescheids geführt hätten.
12
Die Voraussetzungen für eine der dreijährigen Verjährungsfrist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR unterliegenden unbeschränkten Haftung der Beklagten nach Art. 29 CMR seien nicht gegeben.
13
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten nach Art. 29 CMR im Streitfall nicht gegeben sind und dass die dreijährige Verjährungsfrist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR daher nicht gilt. Es ist in diesem Zu- sammenhang zutreffend davon ausgegangen, dass die Schuldnerin für ein vorsatzgleiches Verschulden der Beklagten oder der Personen, deren diese sich bei der Ausführung der Beförderung bedient hat, darlegungs- und beweispflichtig ist. Das Berufungsgericht hat hierbei auch nicht - wie die Revision geltend macht - die sekundären Einlassungspflichten der Beklagten zu Unrecht unberücksichtigt gelassen; denn die Beklagte ist den für sie in dieser Hinsicht bestehenden Obliegenheiten nachgekommen. Die von der Revision im Blick auf eine verschärfte Haftung der Beklagten ferner erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
15
2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass der aus Art. 17 Abs. 1 CMR begründete Schadensersatzanspruch des Klägers nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR verjährt sei.
16
a) Das Berufungsgericht ist von einer Haftung der Beklagten aus Art. 17 Abs. 1 CMR ausgegangen. Es hat insoweit festgestellt, die von der Beklagten in einwandfreiem Zustand übernommene Ware habe bei ihrem Eintreffen am Bestimmungsort erhebliche Schäden aufgewiesen. Die Beklagte sei von ihrer Haftung weder nach Art. 17 Abs. 4 lit. d CMR noch nach Art. 17 Abs. 2 CMR befreit. Diese Beurteilung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revisionserwiderung nicht mit Gegenrügen angegriffen.
17
b) Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung der Verjährungsfrage mit Recht davon ausgegangen, dass die einjährige Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR im Hinblick darauf, dass das Gut am 25. Mai 1999 abgeliefert worden ist, grundsätzlich am 26. Mai 2000 abgelaufen wäre. Es hat des weiteren zutreffend angenommen, dass die Verjährung im Hinblick auf die Anspruchsgeltendmachung durch die Schuldnerin mit Schreiben vom 20. Juli 1999 und die Zurückweisung der Ansprüche mit Schreiben des Versicherers der Beklagten vom 8. September 1999, das bei der Schuldnerin am 17. September 1999 eingegangen ist, für insgesamt 57 Tage gehemmt war, so dass die Verjährung danach am 23. Juli 2000 eingetreten ist. Zutreffend ist auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Zustellung sei dann nicht mehr als i.S. von § 693 Abs. 2, § 270 Abs. 3 ZPO a.F. (und nunmehr § 167 ZPO) demnächst erfolgt anzusehen, wenn ein nachlässiges Verhalten der Partei zu einer nicht nur geringfügigen Verzögerung der Zustellung beigetragen habe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Verzögerung allerdings nicht schon dann als nicht nur geringfügig anzusehen, wenn sie mehr als zwei Wochen beträgt , sondern im Hinblick auf die Regelung in § 691 Abs. 2 ZPO erst dann, wenn das nachlässige Verhalten zu einer Verzögerung von mehr als einem Monat führt (BGHZ 150, 221, 225 f.).
18
aa) Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass es der Schuldnerin oblegen hätte, beim Mahngericht nach angemessener Zeit nachzufragen, aus welchem Grund bislang noch keine Zustellung des Mahnbescheids erfolgt war. Welcher Zeitraum dabei angemessen ist, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urt. v. 1.4.2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575, 1576 m.w.N.; Beschl. v. 9.2.2005 - XII ZB 118/04, NJW 2005, 1194, 1195; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 167 Rdn. 13; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 167 Rdn. 13).
19
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das insoweit gegebene Untätigbleiben der Schuldnerin zu keiner erheblichen Verzögerung der Zustellung geführt habe, liege - wie auch sonst für die Voraussetzungen des Merkmals "demnächst" (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 167 Rdn. 14) - bei dem Zustellungsbetreiber. Es hat dabei je- doch nicht berücksichtigt, dass diesem bei der Frage, ob eine Zustellung demnächst erfolgt ist, Versäumnisse allein insoweit zuzurechnen sind, als sich feststellen lässt, dass die geforderte Handlung den Verfahrensgang verkürzt hätte (BGH, Urt. v. 5.2.2003 - IV ZR 44/02, NJW-RR 2003, 599, 600 m.w.N.). Das Berufungsgericht hätte sich daher nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, die Schuldnerin habe zu der verzögerten Zustellung des Mahnbescheids nur sehr eingeschränkt vorgetragen und es sei der Akte nicht zu entnehmen, dass Versäumnisse des Mahngerichts zum verspäteten Erlass des Mahnbescheids geführt hätten.
20
III. Das Urteil des Berufungsgerichts konnte danach keinen Bestand haben. Es war daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
21
Diese wird im Rahmen der neuen Verhandlung zunächst festzustellen haben, zu welchem Zeitpunkt die Schuldnerin im Hinblick auf die bis dahin noch nicht erfolgte Zustellung des Mahnbescheids gehalten gewesen wäre, insoweit beim Mahngericht Nachfrage zu halten. Sodann wird das Berufungsgericht Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob und gegebenenfalls inwieweit eine solche Nachfrage zu einer früheren Zustellung des Mahnbescheids geführt hätte. Im Anschluss daran wird es gegebenenfalls noch zu prüfen haben, ob der Zeitraum, um den sich die Zustellung infolge des Unterbleibens der gebotenen Nachfrage verzögert hat, als erheblich in dem zu vorstehend II. 2. b) dargestellten Sinne anzusehen ist. Eine in dieser Hinsicht etwa verbleibende Unerweislichkeit führte dazu, dass der Klageanspruch als nicht nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR verjährt zu behandeln wäre.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.11.2002 - 418 O 66/01 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.10.2003 - 6 U 236/02 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.