Landgericht Bielefeld Urteil, 26. Aug. 2015 - 4 KLs 10/15
Gericht
Tenor
Der Urteilstenor wird teils klarstellend wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte wird wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in vier Fällen, Bedrohung in fünf Fällen und Beleidigung in zwei Fällen zu einem Dauerarrest von
4 (vier) Wochen
verurteilt.
Der Jugendarrest ist unter Berücksichtigung der erlittenen Freiheitsentziehung nicht zu vollstrecken.
Soweit die Dauer der Freiheitsentziehung die Dauer des Arrestes übersteigt, wird dem Angeklagten eine Entschädigung nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz versagt.
Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.
Von der Erhebung der Kosten und Auslagen des Verfahrens wird abgesehen. Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, fallen dessen notwendigen Auslagen der Staatskasse ganz, soweit sie im Revisionsverfahren entstanden sind zu einem Viertel zur Last.
Angewendete Vorschriften:
zusätzlich: §§ 52 JGG, 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 2 StrEG
es entfällt: § 63 StGB
1
Gründe:
2(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
3I. Prozessgeschichte
4Die III. große Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld hat den Angeklagten mit Urteil vom 02.12.2013, Az. 3 KLs 566 Js 1237/12, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in vier Fällen, Bedrohung in sechs Fällen und Beleidigung in zwei Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von acht Monaten verurteilt. Daneben hat sie dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Zu zwei weiteren Tatvorwürfen, sexuelle Nötigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowie ein weiterer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, ist ein Freispruch erfolgt.
5Auf die Revision des Angeklagten hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das vorgenannte Urteil mit Beschluss vom 15.01.2015 in Bezug auf das von der III. großen Strafkammer unter Ziffer II. Nr. 8 der Urteilsgründe festgestellte Tatgeschehen (ein Fall der Bedrohung) sowie im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung hat er die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere große Strafkammer – Jugendkammer – beim Landgericht Bielefeld zurückverwiesen. Die weitergehende Revision ist als unbegründet verworfen worden.
6Danach sind die im Urteil vom 02.12.2013 unter II. 1. bis 7. und 9. bis 10. getroffenen Feststellungen sowie der Schuldspruch wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in vier Fällen, Bedrohung in fünf Fällen und Beleidigung in zwei Fällen in Rechtskraft erwachsen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil unter II. 1. beginnend auf Bl. 7 des Urteils mit „Wie bereits erwähnt hatte der Angeklagte…“ und endend auf Bl. 15 des Urteils unter II. 7. endend mit „….was ihm jedoch gleichgültig war.“ und auf Bl. 16., beginnend unter II. 9. „Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war…“ bis Bl. 19 unter II. 10. endend mit „…von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen.“
7Aufgrund der erneuten Hauptverhandlung hat die Kammer nach Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 1, 2 StPO bezüglich des im angefochtenen Urteil unter II. 8. dargestellten Tatgeschehens folgende ergänzende Feststellung getroffen:
8II. Feststellungen zur Person
9Der Angeklagte kam am xxxxxx als einziges gemeinsames Kind seiner miteinander verheirateten leiblichen Eltern zur Welt. Er erhielt den Nachnamen seines Vaters, den er bis heute führt. Die Eltern trennten sich jedoch noch vor seinem ersten Geburtstag. Bis zur Auflösung ihrer Lebensgemeinschaft hatten sie in einem gemeinsamen Haushalt in V. gewohnt. Der Angeklagte blieb bei der Mutter, während der Kontakt zu seinem leiblichen Vater zunächst abbrach. Die Mutter ging eine neue Ehe ein, aus der zwei jüngere Halbbrüder hervorgingen. Bis 2006 wuchs der Angeklagte in N. gemeinsam mit den Halbbrüdern bei der Mutter und dem Stiefvater, zu dem er ein vertrauensvolles Verhältnis entwickelte, auf.
10An seinem Wohnort besuchte er zunächst einen regulären Kindergarten, konnte sich in die dortige Gruppe jedoch nicht einfügen, weshalb er 1999 in einem heilpädagogischen Kindergarten untergebracht wurde. Im Alter von sieben Jahren wurde er zum Schuljahr 2000/2001 in die E. Förderschule in I. eingeschult. 2003 wechselte er an die N. Schule für geistig Behinderte des Kreises H., später an die Förderschule im G. in H., welche er mit 18 Jahren ohne Abschluss verließ. Eine Übernahme in die dortige Werkstattklasse hatte die Lehreinrichtung abgelehnt. Obgleich der Angeklagte einen Abschluss nicht erreichte, lernte er während seiner Schulzeit leichte Texte zu lesen und, wenn auch nicht fehlerfrei, selbst zu schreiben. Zudem entwickelte er ein grundsätzliches Zahlenverständnis. Über eine Berufsausbildung verfügt er demzufolge nicht. Auch war er bislang nicht erwerbstätig.
11Seit 2006, etwa mit Beginn der Pubertät, nahmen Spannungen zwischen dem Angeklagten und seinen Eltern mehr und mehr zu. Die Situation verschärfte sich dadurch, dass seine leibliche Mutter, die selbst psychisch erkrankt ist, sich gegenüber ihrem ältesten Sohn äußerst ambivalent und unberechenbar verhielt. Wegen dieser innerfamiliären Konflikte musste er zunächst mehrfach vorübergehend, dann endgültig aus der Herkunftsfamilie herausgenommen und nacheinander in verschiedenen Behinderteneinrichtungen und schließlich forensischen Krankenhäusern untergebracht werden.
122006 wurde er zunächst durch seine Familie im Kurzzeitpflegeheim „B.“ in J. untergebracht. Der genaue Anlass dieser Unterbringung ist nicht vollständig aufzuklären gewesen. Soweit bekannt, hatte die Mutter von gewaltsamen Übergriffen auf die Halbbrüder, beispielsweise Fesselungen, berichtet. Nach seiner Rückkehr in die Familie spitzte sich die Situation weiter zu. Im Juli 2006 nahm die Jugendhilfe H. den Angeklagten in Obhut, bis er dort als nicht mehr tragbar beschrieben wurde. Am 07.08.2006 wechselte er daher in die Behinderteneinrichtung „C.“ in C.
13Nach diesen befristeten Aufenthalten nahm ihn im Jahr 2008 schließlich dauerhaft der M. in J., eine Wohngruppe für geistig Behinderte, auf. Dort lebte er bis zum Mai 2012. Er zeigte im Zusammenleben ein teils wechselhaftes Verhalten. Über längere Zeiträume verhielt er sich angepasst und fiel durch positive Charakterzüge wie Hilfsbereitschaft auf. Es gab jedoch auch Phasen, in denen er mit anderen Jugendlichen und Betreuern in Konflikte geriet. Wegen aggressiven Durchbrüchen brachte man ihn 2010 in die Kinder- und Jugendpsychiatrie in P.. Zudem hatte er sich selbst leichte Verletzungen in Gestalt von oberflächlichen Schnittwunden an den Armen zugefügt. Während der stationären Behandlung fanden die behandelnden Ärzte bei ihm einen kleinen Hirntumor, wahrscheinlich ein gutartiges Gliom, der aus neurologischer Sicht als nicht notwendigerweise zu behandeln beurteilt wurde. Um eine Stabilisierung des Verhaltens zu erreichen, wurde der Angeklagte zeitweise, letztlich erfolglos, mit Valproinsäure behandelt.
14Im Mai 2012 wechselte der mittlerweile volljährige Angeklagte in eine Wohngruppe der F. in C.. Seinem Umzug war im März 2012 eine Auseinandersetzung mit einer Lehrerin vorausgegangen, bei der er handgreiflich geworden war, was einen – seinen insgesamt dritten – Schulverweis nach sich gezogen hatte. Die F. war bereit, den Angeklagten trotz dessen schwierigen Sozialverhaltens aufzunehmen, nachdem mehrere andere Einrichtungen ihn abgelehnt hatten. Es zeigte sich jedoch bald, dass die Gruppenunterbringung in der evangelischen Stiftung den Angeklagten überforderte. Von Beginn an kam es dort zu verbalen Auseinandersetzungen mit Mitpatienten und Angestellten, die in einen Teil der hier verfahrensgegenständlichen Anlasstaten gipfelten. Gegen Ende 2012 begann der Angeklagte zudem erneut, sich gelegentlich selbst oberflächliche Schnittverletzungen an den Armen beizubringen. Die Situation verschlimmerte sich zum Jahreswechsel 2012/2013 insgesamt, weshalb er schließlich am 11.01.2013 im Rahmen einer ordnungsbehördlichen Unterbringung in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in C., Haus H. IV, verbracht wurde. Dort blieb er bis zum 22.02.2013.
15Von dort aus wechselte er im unmittelbaren Anschluss ins LWL-Zentrum für forensische Psychiatrie in M., wo die in diesem Verfahren vom Amtsgericht Bielefeld angeordnete einstweilige Unterbringung gegen ihn anfangs vollzogen wurde. Der Angeklagte verblieb, lediglich unterbrochen durch einen kürzeren Aufenthalt in der LWL-Klinik S., bis zum 03.02.2014 in M.. Unter diesem Datum wurde er nach N. in die Fachklinik für forensische Psychiatrie des B. Krankenhauses verlegt. Auch dort fiel er regelmäßig, im Abstand von wenigen Tagen bis zu drei Wochen durch verbale Aggressionen gegenüber Mitpatienten und Mitarbeitern auf, oftmals ausgelöst durch eine Fehlinterpretation des Verhaltens Anderer als Angriff. Auch wenn er häufig mit Fremd- oder Selbsttötung drohte, zu tatsächlichen körperlichen Übergriffen auf andere Personen oder Suizidversuchen kam es jedoch nicht. Teilweise provozierte er Mitarbeiter durch penetrantes Nachfragen zu bereits geklärten Sachverhalten, wobei er durch diese jedoch stets begrenzt und zu Entschuldigungen angehalten werden konnte. Gelegentlich musste gegen ihn eine sogenannte Zimmerbegrenzung ausgesprochen werden, während derer er für einige Stunden in einem speziellen Raum isoliert wurde. Anschließende Wohlverhaltensphasen des Angeklagten blieben jedoch stets vorübergehend. Im März 2015 kam es während einer dieser Zimmerbegrenzungen zu einer mutmaßlichen weiteren Selbstverletzung des Angeklagten, denn nach Beendigung der Maßnahme fand sich bei ihm ein blutbeflecktes Handtuch. Seine Unterbringung erlebte er einerseits als belastend, weil er in den forensischen Kliniken nur wenige Freiheiten genoss. Andererseits habe er dort auch hinzulernen können. Er habe z.B. gelernt, zu erkennen, wenn ein Anderer einen Scherz mache. Auch könne er auf Scherze nunmehr angemessen reagieren. Mit Beschluss der Kammer vom 26.06.2015 wurde der Unterbringungsbefehl gegen den Angeklagten schließlich aufgehoben und dessen Entlassung zum 30.06.2015 angeordnet.
16Da es dem durch das Amtsgericht bestellten Betreuer nicht möglich war, den Angeklagten kurzfristig in einer Behinderteneinrichtung unterzubringen, erklärte sich dessen leiblicher Vater bereit, den Angeklagten vorübergehend in seiner Wohnung in K. aufzunehmen. Das zunächst nur für wenige Tage geplante, jedoch bis zur Hauptverhandlung andauernde Zusammenwohnen der Beteiligten verlief bislang konfliktfrei, obgleich die Wohnung aufgrund der geringen Größe nur wenig Rückzugsmöglichkeiten bietet. Tagsüber wird der Angeklagte seit Mitte August 2015 in K. in einer Tagesgruppe gemeinsam mit mehreren anderen behinderten Menschen betreut. Auch dort ist er bislang nicht durch unangepasstes Verhalten aufgefallen, wenngleich es ihm bisher auch nicht gelungen ist, persönliche Kontakte zu knüpfen. Perspektivisch plant der Betreuer, den Angeklagten in einer betreuten Wohngruppe für Behinderte unterzubringen. Über ein regelmäßiges Einkommen verfügt der Angeklagte derzeit nicht. Er hat Leistungen nach dem SGB II beantragt und rechnet damit, gemeinsam mit seinem leiblichen Vater als Bedarfsgemeinschaft anerkannt zu werden.
17Neben dem bereits erwähnten kleinen Hirntumor (vermutlich niedergradiges Gliom ICD-10 D43.0) leidet der Angeklagte an einer leichten, möglicherweise auch mittelgradigen Intelligenzminderung (ICD-10 F70.1/71.1), einer kombinierten Störung der Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10 F92.0), die möglicherweise den Grad einer antisozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.2) erreicht, und einer Bindungsstörung des Kindesalters (ICD-10 F94.1). Im heranwachsenden Alter, insbesondere im hier in Rede stehenden Tatzeitraum, trank er gelegentlich Alkohol in Form von Bier. Den Konsum von alkoholischen Getränken hat er mittlerweile jedoch aufgegeben. Er steht unter umfassender zivilrechtlicher Betreuung.
18III. Ergänzende Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose
19Ergänzend zu den bereits in Rechtskraft erwachsenen Umständen hat die Kammer festgestellt, dass von dem Angeklagten aufgrund dessen festgestellten Krankheitsbildes in Zukunft zwar weiterhin beleidigende Äußerungen und verbale Bedrohungen zu erwarten sind, insbesondere auch innerhalb von betreuten Wohneinrichtungen gegenüber Mitpatienten und Personal. Eine bedeutsame erhöhte Gefahr tätlicher Übergriffe auf andere Personen oder Körperverletzungen geht von ihm jedoch nicht aus. Die Wahrscheinlichkeit der Begehung solcher Delikte ist aufgrund dessen eingeschränkten Hemmungsvermögens lediglich leicht erhöht.
20IV. Beweiswürdigung
21Die ergänzenden Feststellungen zur Gefährlichkeit des Angeklagten beruhen auf den sachverständigen Ausführungen des Dr. med. O. D., Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
22Der Sachverständige hat dargelegt, dass vom Angeklagten zwar eine erhöhte Gefahr für die Begehung weiterer Straftaten ausgehe, die den Grad einer signifikant erhöhten Gefährlichkeit jedoch nicht erreiche. Als für seine Gefahrenprognose ungünstige Prädikatoren hat er die erhöhte Impulsivität des Angeklagten, sein auch aufgrund seiner Intelligenzminderung eingeschränktes Hemmungsvermögen, seinen Mangel an Empathie sowie die von ihm begangenen Tierquälereien herausgestellt. Die letztgenannten Umstände träten in der Vorgeschichte von Gewalttätern deutlich häufiger als in der Gesamtbevölkerung auf. Die bekannt gewordenen Selbstverletzungen seien bei der Beurteilung von nachrangiger Bedeutung. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass Selbstverletzungen durch Jugendliche an sich noch nicht ungewöhnlich seien. Insoweit stellten die zwei bis drei nachhaltbaren Selbstverletzungen des Angeklagten, die dieser in den letzten drei Jahren vorgenommen habe, keine auffällige Häufung dar. Dies gelte insbesondere, weil sie in einem Zeitraum erfolgt seien, während dem der Angeklagte häufig Spannungssituationen ausgesetzt gewesen sei. Für eine günstige Legalprognose spreche, dass der Angeklagte noch keine Angriffe auf andere Personen verübt habe. Während der letzten Unterbringung in N. sei es zu keinen konkreten Übergriffen auf Mitpatienten oder Pflegepersonal gekommen. Er habe zwar regelmäßig – im Abstand von regelmäßg drei bis zehn Tagen, ausnahmsweise bis zu drei Wochen – verbal provoziert und auch gedroht, er sei jedoch jeweils zu begrenzen gewesen und habe sich lediglich einmal während einer sogenannten Zimmerbegrenzung selbst verletzt. Dies sei zudem nur indirekt dadurch belegt, dass bei ihm ein blutiges Handtuch gefunden worden sei. Eine signifikant erhöhte Gefährlichkeit des Angeklagten sei daher trotz der vorliegenden Risikoprädikatoren nicht feststellbar.
23Dieser gutachtlichen Einschätzung ist die Kammer nach eigener Abwägung gefolgt.
24V. Erziehungsentscheidung
25Der Angeklagte war bei Begehung der Straftaten zwischen 18 Jahren und 9 Monaten und 19 Jahren und 5 Monaten alt und damit Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG.
26Auf ihn ist gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden gewesen. Bei Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit stand er bei Begehung der Taten nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleich. Dies ergibt sich zunächst aus der erheblichen Intelligenzminderung, die die Persönlichkeitsentwicklung in allen Bereichen eingeschränkt hat. Darüber hinaus verfügt er über keinerlei abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung und konnte sich bis zu seiner Unterbringung in der F. aufgrund der wiederholten Aufnahme in Einrichtungen der Behindertenhilfe mit engmaschigen Betreuungsrahmen kaum verselbstständigen.
27Jugendstrafe ist gegen den Angeklagten nicht mehr zu verhängen gewesen. Aufgrund der seit dem letzten Tatgeschehen verstrichenen Zeit, insbesondere der Dauer der Unterbringung und der hierdurch veranlassten zaghaften positiven Veränderung, sind schädliche Neigungen i. S. d. § 17 JGG für die Kammer nicht mehr feststellbar gewesen.
28Die Kammer hat einen Dauerarrest von vier Wochen für tat- und schuldangemessen, vor allem aber auch zur erzieherischen Einwirkung auf den Angeklagten für unerlässlich gehalten. Ihm ist durch die Verurteilung zu einer nicht unerheblichen Freiheitsentziehung vor Augen zu führen, dass die von ihm begangenen massiven Tierquälereien ein nicht tolerierbares Unrecht darstellen. Ihm ist deutlich zu machen gewesen, dass ein solches Tun nicht nur gesellschaftlich geächtet, sondern auch von der Strafjustiz nachdrücklich verfolgt wird.
29Dabei hat die Kammer zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er bei der Begehung sämtlicher Delikte in der Steuerungsfähigkeit eingeschränkt im Sinne des § 21 StGB war. Bei den Taten zu 4. und 7. handelte er gemeinsam mit Dritten, weshalb sie zusätzlich durch gruppendynamische Effekte begünstigt wurden. Zudem war der Angeklagte nicht vorgeahndet und zum Tatzeitpunkt in einer Betreuungseinrichtung untergebracht, in der ihm ein hohes Maß an persönlichen Freiheiten eingeräumt war, deren Wahrnehmung ihn jedoch überforderte. Die abgeurteilten Straftaten hat er zudem schon im Ermittlungsverfahren überwiegend gestanden. Soweit ihm dies aufgrund seines Krankheitsbildes möglich ist, zeigt der Angeklagte sich einsichtig und reuig. Gegen einen gesteigerten Erziehungsbedarf spricht zudem, dass bei ihm im Rahmen der durch seine Erkrankungen gesetzten Grenzen auch eine Persönlichkeitsnachreife eingetreten ist. Diese zeigt sich darin, dass er das Verhalten seiner Mitmenschen seltener als Provokation missinterpretiert und eine gesteigerte Bereitschaft aufweist, sich Konflikten zu entziehen. Schließlich muss bezüglich der Taten zum Nachteil des Vaters gesehen werden, dass dieser sich mit ihm wieder versöhnt hat und beide derzeit konfliktfrei in einem gemeinsamen Haushalt leben.
30Zu seinen Lasten ist jedoch ausgefallen, dass er mehrfach unterschiedlichste Tiere auf grausamste Art quälte und tötete, wobei er ihnen massive Schmerzen und Leiden zufügte. Hinsichtlich der von ihm getöteten Igel ist ferner zu berücksichtigen gewesen, dass diese Tiere in verschiedenen Regionen Deutschlands in der Roten Liste gefährdeter Arten geführt werden.
31Von einer Vollstreckung des Jugendarrestes ist indes gemäß § 52 JGG abzusehen gewesen, denn der Angeklagte befand sich infolge seiner Straftaten für deutlich über zwei Jahre in einstweiliger Unterbringung, die mit einer massiven Freiheitsbeschränkung verknüpft war. Innerhalb der Unterbringung wurde er zudem intensiv therapeutisch behandelt, so dass er mittlerweile seinen früheren Alkoholkonsum kritischer betrachtet und seine Fähigkeit zur Impulskontrolle in einem gewissen Maße verbessert hat. Der Zweck des Zuchtmittels kann daher als erreicht angesehen werden.
32VI. Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
33Die Kammer hat erwogen, dem Angeklagten gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG eine Entschädigung für die über vier Wochen hinausgehende Dauer seiner einstweiligen Unterbringung zuzubilligen. Das ihr nach § 6 Abs. 2 StrEG zustehende Ermessen hat sie jedoch dahingehend ausgeübt, ihm eine Entschädigung insgesamt zu versagen. Nach dieser Norm kann eine Entschädigung für eine Freiheitsentziehung bei der Anwendung von Jugendrecht ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht bei der Bestimmung der Rechtsfolge die zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung mitberücksichtigt hat. So liegt der Fall hier. Zwar wären angesichts der die Dauer des verhängten Arrestes deutlich überschreitenden Dauer der Unterbringung die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Entschädigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG erfüllt, letztlich hat der Angeklagte von der engmaschigen Betreuung und Behandlung in dieser Zeit jedoch profitiert. So waren insbesondere im Jahr 2012 bei ihm noch bestehende schädliche Neigungen nicht mehr festzustellen. Er selbst und sein Betreuer haben zudem angegeben, dass der Angeklagte sich in der Einrichtung weiterentwickelt habe, was sich aus Sicht der Kammer auch gerade in seinem derzeit konfliktfreien Zusammenleben mit seinem leiblichen Vater zeigt. Die Kammer hat zudem auch gerade wegen des Vollzugs der Unterbringung das Absehen von der Vollstreckung des Arrestes angeordnet. Da der Erziehungserfolg, der durch den Vollzug des Dauerarrestes zu erwarten gewesen wäre, letztlich wohl geringer geblieben wäre als die Fortschritte, die der Angeklagte durch die Förderung während seiner Unterbringung erarbeiten konnte, ist die vollständige Versagung einer Entschädigung auch nicht unverhältnismäßig.
34VII. Kostenentscheidung
35Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 465 Abs. 1 Satz 1, 467 Abs. 1 StPO und § 74 JGG.
36Die Gerichtsgebühr für das Revisionsverfahren ist um 1/4 zu ermäßigen gewesen, da der Angeklagte wegen einer im angefochtenen Urteil festgestellten Bedrohung im Ergebnis nicht verurteilt wurde und die Rechtsfolge deutlich herabzusetzen gewesen ist. Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, wäre es unbillig gewesen, ihn mit Kosten und Auslagen des Verfahrens zu belasten, denn er ist mittellos und hat keinerlei Aussicht auf eine zukünftige Erwerbsquelle.
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Wird auf Jugendarrest erkannt und ist dessen Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere wegen der Tat erlittene Freiheitsentziehung ganz oder teilweise erreicht, so kann der Richter im Urteil aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest nicht vollstreckt wird.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Wird auf Jugendarrest erkannt und ist dessen Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere wegen der Tat erlittene Freiheitsentziehung ganz oder teilweise erreicht, so kann der Richter im Urteil aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest nicht vollstreckt wird.
(1) Für die in § 2 genannten Strafverfolgungsmaßnahmen kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit dies nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht,
- 1.
wenn das Gericht von Strafe abgesehen hat, - 2.
soweit die in der strafgerichtlichen Verurteilung angeordneten Rechtsfolgen geringer sind als die darauf gerichteten Strafverfolgungsmaßnahmen.
(2) Der strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 steht es gleich, wenn die Tat nach Einleitung des Strafverfahrens nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit geahndet wird.
(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte
- 1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.
(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.
(1) Für die in § 2 genannten Strafverfolgungsmaßnahmen kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit dies nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht,
- 1.
wenn das Gericht von Strafe abgesehen hat, - 2.
soweit die in der strafgerichtlichen Verurteilung angeordneten Rechtsfolgen geringer sind als die darauf gerichteten Strafverfolgungsmaßnahmen.
(2) Der strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 steht es gleich, wenn die Tat nach Einleitung des Strafverfahrens nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit geahndet wird.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.